HK Broschüre Familienunternehmen Broschuere A4...Herausgeber: Hamburger Institut für...

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Benchmark Familienunternehmen Eine Analyse anhand der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage für die Metropolregion Hamburg

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  • Benchmark FamilienunternehmenEine Analyse anhand der Vermögens-, Finanz- und Ertragslagefür die Metropolregion Hamburg

  • Benchmark Familienunternehmen

    Eine Analyse anhand der Vermögens-, Finanz- und Ertragslagefür die Metropolregion Hamburg

  • Herausgeber:

    Hamburger Institut für Familienunternehmen Handelskammer Hamburgc/o Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut Adolphsplatz 1 | 20457 Hamburggemeinnützige GmbH (HWWI) Telefon + 49 40 36138-138Heimhuder Straße 71 | 20148 Hamburg Fax + 49 40 36138-401Telefon + 49 40 340576-462 Mail [email protected] + 49 40 340576-776 www.hk24.deMail [email protected]

    Bearbeitung:

    Hamburger Institut für FamilienunternehmenFabian Bähr, Henrik Harms, Professor Dr. habil. Stefan Prigge (ebenfalls HSBA), Jonas Steeger,Professor Dr. habil. Günther Strunk

    Handelskammer Hamburg, Geschäftsbereich Existenzgründung & Unternehmensförderung, MittelstandspolitikChristoph Herting, Dr. Michaela Ölschläger

    Mit Unterstützung von:Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (Professor Dr. habil. Thomas Straubhaar)KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Dr. Jochen Haußer)Esche Schümann Commichau (Dr. Dirk Meinhold-Heerlein)Strunk Kolaschnik (Helge F. Kolaschnik)

    Grafiken: Michael HolfelderAlle Grafiken © Handelskammer Hamburg

    Stand: November 2013

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Einleitung 5

    1 Besonderheit und Nutzen des Benchmarks Familienunternehmen für Unternehmen 8

    2 Methodische Grundlagen 9

    2.1 Unternehmensauswahl 92.2 Regionale Begrenzung auf die Metropolregion Hamburg 102.3 Messung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit 10

    3 Statistische Ergebnisse und Interpretation 12

    3.1 Die Unternehmensstichprobe: Familienunternehmen in der Metropolregion Hamburg 123.2 Benchmark-Funktion 153.3 Statistische Ergebnisse und Interpretation ausgewählter Kennzahlen 16

    Hypothese 1: Unabhängigkeit von Kredit- und Kapitalmärkten 16Hypothese 2: Unabhängigkeit vom Arbeitsmarkt 20Hypothese 3: Unabhängigkeit von Absatz- und Beschaffungsmärkten 22

    3.4 Überblick zu den Kennzahlen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage 25

    4 Wesentliche Erkenntnisse 26

    5 Ausblick des HWWI zum Benchmark Familienunternehmen 2013 27

    6 Anhang 30

    6.1 Erläuterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage 306.2 Kennzahlen der Vermögenslage 316.3 Kennzahlen der Finanzlage 336.4 Kennzahlen der Ertragslage 356.5 Darstellung der Eigenkapitalquote nach Branchen 396.6 Darstellung der Eigenkapitalrentabilität nach Branchen 446.7 Darstellung der Gesamtkapitalrentabilität nach Branchen 496.8 Darstellung der Personalaufwandsquote nach Branchen 546.9 Darstellung der Vorratsintensität nach Branchen 596.10 Darstellung der Forderungsquote nach Branchen 64

    Inhaltsverzeichnis

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    Familienunternehmen haben – je nach Definition – einenAnteil von bis zu 60 Prozent an der Gesamtbeschäftigungin Deutschland und erzeugen gut die Hälfte des Gesamt-umsatzes. Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Famili-enunternehmen ist also erheblich. Und für einen genauerenBlick auf diese Unternehmen gibt es noch weitere Gründe:So haben die 500 größten deutschen Familienunterneh-men auch während der Wirtschafts- und Finanzkrise ihreBelegschaft erweitert. Von 2006 bis 2010 ist die Beschäf-tigung in diesen Unternehmen durchgängig gewachsen –insgesamt um gut neun Prozent. Im gleichen Zeitraum sinddie Beschäftigtenzahlen der 26 DAX-Unternehmen, dienicht in Familienhand sind, kontinuierlich gesunken, unddas um über sieben Prozent. Deutschlandweit waren Familienunternehmen während der Krise damit überdurch-schnittlich stabil, auch in Hamburg. Zwar konnte die Hamburger Wirtschaft in den Krisenzeiten insgesamt mitwachsenden Beschäftigtenzahlen aufwarten, aber diegrößten hier ansässigen Familienunternehmen haben ihreBeschäftigtenzahlen überproportional ausgebaut.

    Trotz dieser hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung, ver-bunden mit einer augenscheinlich geringeren Krisenan -fälligkeit, entsteht der Eindruck, dass Familienunternehmenin der Politik noch nicht ausreichend als Wettbewerbsvorteilfür den Standort Deutschland wahrgenommen werden. EinBeispiel hierfür ist die Vermögensteuer beziehungsweiseVermögensabgabe, die im diesjährigen Bundestagswahl-kampf von einigen Parteien gefordert wurde. Durch diesezusätzliche Steuer beziehungsweise Abgabe soll nach derVorstellung ihrer Befürworter erreicht werden, dass Ver -mögen und Einkommen gerechter verteilt werden. Für dieFamilienunternehmen bedeuten sie aber in erster Linie einedreifache Belastung: durch Vermögen-, Erbschafts- undEinkommenssteuer. Die Gesamtsteuerlast würde erheblichansteigen. Im europäischen Vergleich der Steuerbelastun-gen würde Deutschland sich verschlechtern, was eine ver-mehrte Investitionstätigkeit im (europäischen) Ausland nachsich ziehen würde oder andere Verlagerungsaktivitäten. Derfür Familienunternehmen wichtigste Aspekt der vorge-schlagenen Vermögensteuern oder -abgaben ist aber die

    stärkere Belastung bei höheren Eigenkapitalquoten. Unserevorliegende Studie belegt, dass Familienunternehmen übereine höhere Ausstattung mit Eigenkapital verfügen alsandere Unternehmen. Die Vermögensteuer würde sie alsobesonders treffen. Gerade in Krisenzeiten mit sinkendenErträgen und steigenden Fremdkapitalkosten waren Fami-lienunternehmen bisher ein Garant für Beschäftigung.Durch eine Vermögensteuer würde Deutschland also einenwesentlichen Wettbewerbsvorteil verspielen und anfälligerwerden für zukünftige Krisen.

    Bei Drucklegung des Benchmarks Familienunternehmenstand zwar das Ergebnis der Bundestagswahl fest. Die Re -gierungsbildung war jedoch nicht abgeschlossen, sodasseine Renaissance der Vermögensteuer noch nicht endgültigausgeschlossen war. Aber auch wenn eine Vermögensteuerbeziehungsweise -abgabe in der aktuellen Legislaturpe -riode kein Thema mehr sein sollte, so dürfte sie es spätes-tens im nächsten Bundestagswahlkampf wieder sein. Hierist also eine konsequente Aufklärungsarbeit erforderlich,um die Auswirkungen der Substanzsteuern auf Familien-unternehmen und damit auch auf die Wettbewerbsfähigkeitder deutschen Volkswirtschaft in Politik und Wählerschaftzu verdeutlichen. Das erfordert aber ein konkretes Zahlen-werk, um die Unterschiede von Familienunternehmen undNicht-Familienunternehmen zu belegen. Gleichzeitig mussdiese Analyse über einen längeren Zeitraum erfolgen, umabweichendes Verhalten in verschiedenen wirtschaftlichenSituationen zu erkennen.

    Eine Analyse der Besonderheiten von Familienunternehmenauf solider Datengrundlage ist aber nicht nur für die Fragenach der Sinnhaftigkeit von Steuergesetzänderungen er -forderlich. Vielmehr sollte bei nahezu allen die Wirtschaftbetreffenden gesetzlichen Änderungen geprüft werden, obdas vom Gesetzgeber verfolgte Ziel auch mit der geringst -möglichen Belastung für die Familienunternehmen erreichtwird. Mehr noch: Die Politik benötigt eine belastbare wissenschaftliche Grundlage, um das Gedeihen von Fami-lienunternehmen aktiv und gezielt zu fördern – dies müsstedie Agenda einer nachhaltigen und verantwortungsvollen

    Einleitung

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    Wirtschaftspolitik sein. Eine wissenschaftlich fundierte Analyse der Besonderheiten und Bedürfnisse von Fami -lienunternehmen kann insbesondere als Grundlage für eineRechtsfolgenabschätzung neuer Gesetze dienen und beider Identifizierung notwendiger Änderungen der gesetz -lichen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen helfen.

    Allerdings gibt es bisher wenige solcher Studien auf regi -onaler Ebene. Mit diesem ersten von unserer Handels -kammer gemeinsam mit dem Hamburger Institut für Fami-lienunternehmen verfassten Benchmark Familienunter -nehmen soll hier Abhilfe geschaffen werden. Zu diesemZweck werden 27 Kennzahlen zur Vermögens-, Finanz-und Ertragslage (VFE-Lage) für Familienunternehmen undNicht-Familienunternehmen aus der Metropolregion Ham-burg berechnet und teilweise nach einzelnen Branchenaufgegliedert. Diese Kennzahlen werden zunächst für dieJahre 2008 bis 2011 ermittelt und künftig in einer jährlicherscheinenden Studie fortgeschrieben. In jeder Ausgabedes Benchmarks Familienunternehmen soll außerdem einezentrale These anhand ausgewählter Kennzahlen diskutiertwerden. Die vorliegende erste Ausgabe widmet sich derFrage, ob Familienunternehmen bewusst nach einer größeren Unabhängigkeit von externen Dritten streben, wiebeispielsweise Fremdkapitalgebern oder anderen Un -ternehmen, und dafür teilweise sogar Einbußen bei dereigenen Leistungsfähigkeit in Kauf nehmen. Dieses Strebennach Unabhängigkeit kann einhergehen mit der nachhal -tigen und langfristigen Ausrichtung der Geschäftspolitik,die kurzfristige Chancen möglicherweise bewusst auslässt,um langfristig den Unternehmensbestand zu sichern. In derAnalyse zeigt sich, dass …

    • … Familienunternehmen tatsächlich über eine bessereEigenkapitalausstattung verfügen und auch die Ren -tabilität des Eigenkapitals höher ist als bei Nicht-Fami-lienunternehmen. Familienunternehmen sind bei derFinanzierung also unabhängiger von externen Dritten.

    • … Familienunternehmen eine konstantere Personal -politik verfolgen als Nicht-Familienunternehmen undeine als angemessen betrachtete Personalausstattungauch in Krisenzeiten beibehalten. Damit sind Familien-

    unternehmen bei Nachfrageschüben unabhängiger vonder Verfügbarkeit passenden Personals.

    • … Familienunternehmen eine höhere Kapitalbindungdurch eine größere Vorratshaltung in Kauf nehmen, umzum Vorteil stabiler und langfristiger Kundenbeziehungenunabhängiger von ihren Zulieferern agieren zu können.

    Obwohl sich die meisten Ergebnisse des BenchmarksFamilienunternehmen in Bezug auf die zentrale These derUnabhängigkeit sehr gut interpretieren lassen, bedarf esteilweise weiterer Untersuchungen. Dies zeigt den Mehr-wert der Studie, deren Ziel es gerade ist, eine objektiveGrundlage für die Untersuchung von Familienunternehmenzu etablieren.

    Neben der Diskussion der möglichen Besonderheiten vonFamilienunternehmen anhand des jeweiligen Schwerpunkt-themas bietet der Benchmark Familienunternehmen auchdie Möglichkeit, ein einzelnes Unternehmen mit einerGruppe von Wettbewerbern zu vergleichen. Im Wesent -lichen werden damit drei Zielgruppen angesprochen:

    Die erste und wichtigste Zielgruppe sind die (Familien-)Unternehmen der Metropolregion. Ihnen soll mit den Kenn-zahlen der VFE-Lage die Möglichkeit gegeben werden, dieeigene Leistungsfähigkeit mit der anderer Unternehmen inder Region zu vergleichen und damit eigene Stärken undSchwächen zu identifizieren. Die Kennzahlen sollten dabeiin den meisten Unternehmen bereits vorliegen oder zumin-dest ohne größeren Aufwand ermittelt werden können.

    Die zweite Zielgruppe sind die politischen Akteure in derRegion. Familienunternehmen sind meistens stark mit derRegion verbunden und besitzen eine hohe Standorttreue.Sie sind somit für die nationale und regionale Wettbewerbs-fähigkeit von großer Bedeutung. Wenn sich Familienunter-nehmen tatsächlich von anderen Unternehmen unterschei-den und eine größere Krisenresistenz aufweisen, müssenihre Interessen in der Politik auf Bundes- und auf Landes-ebene stärker berücksichtigt werden. Der BenchmarkFamilienunternehmen zeigt auf, wo die Besonderheiten derFamilienunternehmen tatsächlich liegen und welche spezifischen Bedürfnisse diese haben.

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    Die dritte Zielgruppe ist die Wissenschaft. Der BenchmarkFamilienunternehmen zeigt eine neue Möglichkeit auf fürden Vergleich von Familien- und Nicht-Familienunter -nehmen und bereichert damit die wissenschaftliche Dis-kussion. Interessant wären beispielsweise Vergleiche derKennzahlen für die Metropolregion Hamburg mit anderendeutschen Regionen oder anderen europäischen Staaten.

    Mit dem vorliegenden Benchmark möchten wir Familien-unternehmen entmystifizieren und sowohl positive als auchnegative Vorurteile anhand von Kennzahlen überprüfen. Wirmöchten (Familien-)Unternehmern ein Werkzeug an dieHand geben, das ihnen bei der Verfolgung ihrer Unter -nehmensziele neue Anregungen geben kann. Außerdemmöchten wir der Politik die wirtschaftliche Bedeutung vonFamilienunternehmen näherbringen und für eine inten -sivere Ausrichtung politischer Entscheidungen auf die spezifischen Anliegen von Familienunternehmen werben.Wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion mit unserenLesern.

    Fritz Horst Melsheimer Professor Dr. Hans-Jörg Schmidt-Trenz

    Präses Hauptgeschäftsführer

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    Familienunternehmen werden im öffentlichen Diskurs – inden Medien wie in der Wissenschaft – oftmals pauschalmit positiven Attributen besetzt: Ihnen wird eine langfristigeOrientierung statt kurzfristigem Gewinnmaximierungs -streben und eine Fokussierung auf den generationen -übergreifenden Erhalt des Unternehmens zugesprochen.Gleichzeitig gelten Familienunternehmen als flexibel in ihrerEntscheidungsstruktur und innovativ sowie selbsterneuerndhinsichtlich ihrer Positionierung am Markt. Sie zeigten sichsozial verantwortlicher, verlässlicher und standortbewuss-ter, so der öffentliche Leumund. Gleichzeitig gelten siejedoch bisweilen als wenig dynamisch, zu sehr ihren bisherigen Geschäftsmodellen verhaftet und als hoch emotionale Einheiten, die nicht immer rational handeln.

    Aber sind Familienunternehmen – ihrerseits eine in sichheteroge Unternehmensgruppe – wirklich anders? Da rüberliegen für Deutschland kaum und für die MetropolregionHamburg bislang keine Daten vor. Diese Lücke will derBenchmark Familienunternehmen mit einer jährlichen Auswertung schließen, denn bis dato gibt es keine periodisch erscheinende Studie zu Familienunternehmender Hamburger Metropolregion. Es existieren zwar anderestandortbezogene Studien wie der Haspa-Mittelstands -index; aber trotz einiger Überschneidungen sind Mittelstandund Familienunternehmen nicht identisch. Auf Bundes-ebene gibt es Publikationen, die in Teilen mit dem Bench-mark Familienunternehmen vergleichbar sind.1 Ihnen fehltjedoch der detaillierte Blick auf die Metropolregion Ham-burg und die Möglichkeit, einen unternehmensindividuellenBenchmark zu erzeugen. Darüber hinaus zeichnet sich derBenchmark Familienunternehmen durch die hohe Definiti-onsgenauigkeit der Begriffe „Familienunternehmen“ und„wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ aus. Für diese wurdenquantifizierbare und reproduzierbare Ansätze entwickelt.

    Der Benchmark Familienunternehmen basiert auf 27 Kenn-zahlen aus der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Diesehaben die Autoren für Familienunternehmen der Metropol-region erhoben und ausgewertet. Damit schafft die vorlie-gende Analyse die Grundlage, um Fragen aus folgendenBereichen zu behandeln:

    • Bestandsaufnahme: Wie groß ist die wirtschaftlicheBedeutung von Familienunternehmen für die Wirtschaftin der Metropolregion Hamburg und in einzelnen Teilre-gionen? Gibt es Unterschiede zwischen den Branchen?

    • Aggregierte Untersuchungen: Wie haben zum BeispielUnternehmen auf die Finanzkrise reagiert, und welcheErfolge konnten sie erzielen? Oder detailliertere Auswer-tungen der Kennzahlen der VFE-Lage, beispielsweiseüber die Rentabilität oder Finanzierungsstruktur vonFamilienunternehmen.

    • Unternehmensindividuelles Kennzahlen-Benchmarking:Die beiden oben genannten Bereiche sind eher globalerNatur. Aber auch für das einzelne Unternehmen enthältdie Datenbank nützliche Informationen. Hierbei handeltes sich um die eigentliche Vergleichsfunktion des Bench-marks Familienunternehmen: Das einzelne Familienun-ternehmen kann prüfen, wie es bei den 27 Kennzahlender VFE-Lage in Relation zu einer passgenau abgegrenz-ten Vergleichsgruppe abschneidet. So könnte ein Fami-lienunternehmen untersuchen, ob die eigene Eigen -kapitalquote im Vergleich zu anderen Unternehmen ausderselben Branche ungewöhnlich hoch oder niedrig istund möglicherweise Handeln geboten ist.

    Die drei Analysemöglichkeiten der Datenbank werden inKapitel 3 näher dargestellt. Sie sind im Übrigen nicht nurfür Familienunternehmen von Interesse: Denn da neben diesenimmer auch die Nicht-Familienunternehmen als Vergleichs-gruppe ausgewertet werden, sind alle Analysen, die hier fürFamilienunternehmen beschrieben werden, auch für Nicht-Familienunternehmen möglich und können somit auch für dieseUnternehmensgruppe aussagekräftige Kennzahlen liefern.

    1 Besonderheit und Nutzen des Benchmarks Familienunternehmen für Unternehmen

    1 Zu nennen sind hier insbesondere die Veröffentlichungen aus dem laufendenForschungsprojekt „Die größten Familienunternehmen in Deutschland“ desInstituts für Mittelstandsforschung in Bonn sowie die Publikationen „Dievolkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen“ vom Zentrum fürEuropäische Wirtschaftsforschung und dem Institut für Mittelstands forschungaus Mannheim, beides Studien für die Stiftung Familienunternehmen.

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    Da aktuell keine eigenständige Datenbank für die Ziel-gruppe Familienunternehmen existiert, wurde die Daten-bank „Dafne“ des Anbieters Bureau van Dijk ausgewählt.Sie beinhaltet Firmen- und Beteiligungsdaten inklusivewesentlicher Finanzkennzahlen für über eine Million deutsche Unternehmen. Somit ist sie geeignet, um bei derAuswahl der betrachteten Unternehmensstichprobe diegewünschte Definition von Familienunternehmen umzu -setzen.

    2.1 Unternehmensauswahl

    Die Autoren der Studie wählen eine im deutschen Sprach-raum vergleichsweise enge Definition von Familienunter-nehmen, die auf drei zentralen Merkmalen von Familien-unternehmen basiert:

    • Erstens muss hinsichtlich der Eigentumsstruktur eineGesellschaftsbeteiligung von mindestens 25,01 Prozenteiner namentlich bekannten Person oder Familie vor -liegen.

    • Zweitens muss ein maßgeblicher Einfluss der Familieauf die Unternehmensführung über den Besitzanteilgesichert sein. Dazu sollten mindestens 50,01 Prozentin Familienhand liegen oder – bei einem geringerenBesitzanteil von 25,01 bis 50 Prozent – mehr als einFamilienmitglied im Management beziehungsweise imBei- oder Aufsichtsrat des Unternehmens aktiv sein undEinfluss nehmen.

    • Drittens muss die Transgenerationalität beziehungsweisedynastische Ausrichtung gegeben sein. Sie gilt in derLiteratur als weiteres wichtiges Merkmal von Familien-unternehmen. Die Begriffe beschreiben die Eigenschaftvon Familienunternehmen, über einen langen Zeitraumunternehmerisch tätig zu sein. Das Kriterium des Unter-nehmensalters dient als Stellvertreter für langjährigeStabilität. Um in dieser Studie als Familienunternehmenklassifiziert zu werden, muss das Unternehmen seit

    mindestens sieben Jahren am Markt aktiv sein. DieseZeitdauer wird in der Literatur als Grenzwert für dasErreichen der Marktreife und somit einer stabilen Unter-nehmensentwicklung angesehen.

    Ergänzt wurde dieser Selektionsprozess um einen Abgleichmit weiteren Listen zu den größten deutschen Familienun-ternehmen sowie Einzelfallbetrachtungen und Experten -einschätzungen aus dem Initiatorenkreis des HamburgerInstituts für Familienunternehmen, um die Selektions -genauigkeit der Datenbankanalyse zu verifizieren.

    Um Selektionsverzerrungen aufgrund von Besonderheitenbestimmter Rechtsformen zu vermeiden, erfolgte ein Aus-schluss von Vereinen, Verbänden, Stiftungen, Gewerkschaf-ten und gemeinnützigen und öffentlichen Einrichtungen.Auch börsennotierte Unternehmen sind nicht Bestandteilder analysierten Unternehmensstichprobe, können jedochin einer gesonderten Untersuchung betrachtet werden, umden Besonderheiten in der UnternehmensausrichtungRechnung zu tragen. Somit erfolgte eine Konzentration derAnalyse auf nicht börsennotierte Kapitalgesellschaften.

    Weiterhin wurden ausschließlich jene Unternehmen in derUntersuchung berücksichtigt, die eine gewisse Mindest-größe aufweisen. Die Festlegung einer Mindestgrößeerscheint sinnvoll, um eine ausreichende Datenverfügbar-keit zu gewährleisten. Denn die handelsrechtlichen Ver -öffentlichungspflichten für den Jahresabschluss nehmenmit der Unternehmensgröße zu. Bei kleineren Unternehmenliegen deshalb häufig nicht alle Angaben vor, die für denBenchmark Familienunternehmen erforderlich sind. Einezu hohe Zahl an fehlenden Angaben würde die Repräsen-tativität der Studie verringern und die Interpretationerschweren.

    Deshalb orientieren sich die verwendeten Größenkriterienan der Offenlegungspflicht mittelgroßer und großer Kapital -gesellschaften gemäß § 267 Absatz 2 und 3 Handels -gesetzbuch. Dieser legt fest, dass eine mittelgroße odergroße Kapitalgesellschaft zwei von drei Kriterien in zwei

    2 Methodische Grundlagen

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    aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren erfüllen muss. Diessind eine Bilanzsumme von mindestens 4,84 MillionenEuro, ein Umsatz von mindestens 9,68 Millionen Euro undeine durchschnittliche Mitarbeiteranzahl von mindestens50. Die Kriterien der Bilanzsumme und der Umsatzerlösewurden auch als Richtwerte für die Aufnahme in die Unter-nehmensstichprobe gewählt. Die durchschnittliche Mit -arbeiterzahl hingegen ist als Kriterium ungeeignet, weil sienur indirekt aus dem Anhang der jeweiligen Jahres -abschlüsse zu entnehmen ist.

    2.2 Regionale Begrenzung auf dieMetropolregion Hamburg

    Anschließend wurde eine regionale Abgrenzung vorgenom-men. Die Metropolregion Hamburg umfasst neben derFreien und Hansestadt Hamburg weitere 17 Kreise derangrenzenden Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-

    Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie die beidenkreisfreien Städte Lübeck und Neumünster (siehe Abbil-dung 1). Es handelt sich bei diesem etwa 26 000 Quadrat-kilometer und fünf Millionen Bundesbürger umfassendenGebiet um einen Zusammenschluss zur Förderung gemein-samer wirtschaftlicher Interessen.

    Kapitel 3, das statistische Ergebnisse und Interpretationenliefert, stellt die Zusammensetzung der Untersuchungs-stichprobe und damit auch die Unternehmenslandschaft inder Metropolregion Hamburg detailliert dar.

    2.3 Messung der wirtschaftlichenLeistungsfähigkeit

    In bestehenden Studien wird zumeist auf einzelne Kenn-zahlen, wie Jahresumsatz oder Eigen- beziehungsweiseGesamtkapitalrentabilität, abgestellt. Dies ermöglicht je -

    MECKLENBURG- VORPOMMERN

    NIEDERSACHSEN

    SCHLESWIG- HOLSTEIN O S T S E E

    N O R D S E E

    Neumünster

    Ratzeburg

    BadOldesloe

    Pinneberg

    Rotenburg (Wümme)

    Cuxhaven

    BadFallingbostel

    LüchowUelzen

    LüneburgWinsen

    Stade

    Itzehoe Bad Segeberg

    Heide

    Wismar

    Eutin

    Lübeck

    HAMBURG

    Parchim

    LandkreisNordwestmecklenburg

    KreisOstholstein

    LandkreisUelzen

    Alt-LandkreisLudwigslust

    LandkreisLüchow-Dannenberg

    LandkreisLüneburg

    LandkreisHarburg

    KreisHerzogtumLauenburg

    KreisSegeberg

    KreisStormarn

    LandkreisHeidekreis

    LandkreisStade

    KreisDithmarschen

    KreisPinneberg

    KreisSteinburg

    LandkreisRotenburg (Wümme)

    LandkreisCuxhaven

    Abbildung 1: Metropolregion Hamburg

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    doch keine umfassende Abbildung der wirtschaftlichenLeistungsfähigkeit. Daher verwenden die Autoren dieserStudie das in der Fachwelt zur Analyse des Jahres -abschlusses gängige Konzept der Vermögens-, Finanz- undErtragslage. Mithilfe der darin enthaltenen Kennzahlen

    können Unternehmen aussagekräftige Rückschlüsse aufdas Gesamtbild ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitziehen. Ferner können mit diesen Kennzahlen ganze Unter-nehmenssektoren analysiert werden. Abbildung 2 zeigt diein dieser Studie verwendeten Kennzahlen der VFE-Lage.

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    Vermögenslage Finanzlage Ertragslage

    Darstellung der Kapital- Darstellung Darstellung bindung und Kapitalstruktur der Liquidität der Ertragskraft

    • Anlagenintensität • Cashflow • Kapitalumschlag • Umlaufintensität • Dynamischer Verschuldungsgrad • Abschreibungsintensität • Vorratsintensität • Liquiditätsgrade 1 bis 3 • Zinsdeckungsgrad • Forderungsquote • Anlagendeckungsgrade 1 und 2 • Umsatzerlöse • Eigenkapitalquote • Working Capital • Jahresüberschuss • Fremdkapitalquote • EBIT • Verschuldungsgrad • EBITDA • Eigenkapitalrentabilität • Gesamtkapitalrentabilität • Umsatzrentabilität • Personalaufwandsquote • Materialaufwandsquote

    Die Kennzahlen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

    Quelle: eigene Darstellung

    Kenn

    zahl

    enIn

    halt

    Abbildung 2: Übersicht der Kennzahlen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

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    3.1 Die Unternehmensstichprobe:Familienunternehmen in derMetropolregion Hamburg

    Insgesamt erfüllen 1 283 Unternehmen laut Jahresab-schluss 20112 die Kriterien zu Unternehmensgröße,Rechtsform und Standort, die in dieser Studie aufgestelltworden sind. Werden die Familienunternehmenskriterienauf diese Unternehmensgruppe angewendet, setzt sich dieGruppe aus 318 Familienunternehmen und 965 Nicht-Familienunternehmen (Vergleichsgruppe) zusammen.3 Die

    Mehrzahl der Unternehmen ist in Hamburg angesiedelt(siehe Abbildung 3).

    Die Unternehmen verteilen sich sehr ungleichmäßig auf dieBranchen. Besonders stark vertreten sind VerarbeitendesGewerbe, Handel, Verkehr und Lagerei sowie freiberuf liche,wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (sieheAbbildung 4).4

    Weiterhin liegen starke regionale Unterschiede in der Branchenverteilung vor. Während beispielsweise Handels-

    3 Statistische Ergebnisse und Interpretation

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    absolut relativ absolut relativ

    Hamburg 147 46,23 % 530 54,92 %

    Mecklenburg-Vorpommern 12 3,77 % 35 3,63 %

    Niedersachsen 51 16,04 % 116 12,02 %

    Schleswig-Holstein 108 33,96 % 284 29,43 %

    Insgesamt 318 100,00 % 965 100,00 %

    Verteilung der Stichprobe nach Bundesländern

    Quelle: eigene Darstellung

    Abbildung 3: Verteilung der Stichprobe nach Bundesländern

    2 Zum Zeitpunkt der Datenerhebung hatte noch keine ausreichende Anzahlvon Unternehmen die Jahresabschlussdaten für 2012 übermittelt, sodassder Studie jene aus dem Jahr 2011 zugrunde liegen.

    3 Anhand der Vergleichsgruppe kann geprüft werden, inwieweit Familien -unternehmen tatsächlich besonders –also anders als Nicht-Familien -unternehmen – sind.

    4 Um repräsentative Aussagen für die betrachteten (Familien-)Unternehmentätigen zu können, muss eine ausreichende Fallzahl vorliegen, sodass dieAutoren dieser Studie an dieser Stelle lediglich zu den folgenden BranchenDetailanalysen veröffentlichen: Verarbeitendes Gewerbe, Handel, Verkehrund Lagerei sowie freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienst -leistungen. Auch zu den weiteren Wirtschaftsabschnitten liegen Ergebnissefür alle Kennzahlen vor. Da diese jedoch aufgrund der geringen Fallzahl keineRepräsentativität gewährleisten und eventuell einen Rückschluss auf die betrachteten Unternehmen zulassen würden, wird auf eine Darstellung imRahmen dieser Studie verzichtet.

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    absolut relativ absolut relativ

    Hamburg 9 14,29 % 62 32,98 %

    Mecklenburg-Vorpommern 8 12,70 % 17 9,04 %

    Niedersachsen 11 17,46 % 28 14,89 %

    Schleswig-Holstein 35 55,56 % 81 43,09 %

    Insgesamt 63 100,00 % 188 100,00 %

    Verteilung der Stichprobe im Verarbeitenden Gewerbe nach Bundesländern

    Quelle: eigene Darstellung

    Abbildung 5: Verteilung der Stichprobe in der Branche Verarbeitendes Gewerbe

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    absolut relativ absolut relativ

    Verarbeitendes Gewerbe 63 19,81 % 188 19,48 %

    Handel 121 38,05 % 245 25,39 %

    Verkehr und Lagerei 28 8,81 % 69 7,15 %

    freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen 50 15,72 % 129 13,37 %

    Sonstige 56 17,61 % 334 34,61 %

    Insgesamt 318 100,00 % 965 100,00 %

    Verteilung der Stichprobe nach Branchen

    Quelle: eigene Darstellung

    Abbildung 4: Verteilung der Stichprobe nach Branchen

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    absolut relativ absolut relativ

    Hamburg 18 64,29 % 49 71,01 %

    Mecklenburg-Vorpommern 0 0,00 % 1 1,45 %

    Niedersachsen 3 10,71 % 4 5,80 %

    Schleswig-Holstein 7 25,00 % 15 21,74 %

    Insgesamt 28 100,00 % 69 100,00 %

    Verteilung der Stichprobe in Verkehr und Lagerei nach Bundesländern

    Quelle: eigene Darstellung

    Abbildung 7: Verteilung der Stichprobe in der Branche Verkehr und Lagerei

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    absolut relativ absolut relativ

    Hamburg 65 53,72 % 147 60,00 %

    Mecklenburg-Vorpommern 2 1,65 % 2 0,82 %

    Niedersachsen 20 16,53 % 28 11,43 %

    Schleswig-Holstein 34 28,10 % 68 27,76 %

    Insgesamt 121 100,00 % 245 100,00 %

    Verteilung der Stichprobe im Handel nach Bundesländern

    Quelle: eigene Darstellung

    Abbildung 6: Verteilung der Stichprobe in der Branche Handel

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    unternehmen und Unternehmen aus den Bereichen Verkehrund Lagerei sowie Dienstleistungen überwiegend in Ham-burg ansässig sind, haben sich die – meist flächenintensi-ven – Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe zueinem Großteil im Hamburger Umland angesiedelt, vorzugs-weise in Schleswig-Holstein. Diese Beobachtungen geltensowohl für Familienunternehmen als auch für Unternehmender Vergleichsgruppe (siehe Abbildungen 5 bis 8).

    3.2 Benchmark-Funktion

    Für jedes Unternehmen ist es wichtig, die eigene Leistungs-fähigkeit im Vergleich zu den Wettbewerbern beurteilen zukönnen. Denn um am immer stärker umkämpften Markt zubestehen und hohe Renditen zu erzielen, müssen die aktu-ellen Marktentwicklungen beachtet, schnell reagiert undunverzüglich Maßnahmen eingeleitet werden. Um dies zuermöglichen, benötigen Unternehmen Kontrolle über dieeigene Leistungsfähigkeit. Doch reicht ein funktionierendesControlling nicht aus, um die wirtschaftliche Position imVergleich zu anderen Unternehmen zu bewerten. An dieserStelle setzt der Benchmark Familienunternehmen an. Die

    Unternehmen können mit den 27 ausgewählten Kennzahlenaus der VFE-Lage (siehe Abbildung 2 und Erläuterungen imAnhang) ihre Leistungsfähigkeit bewerten, indem sie dieeigenen Kennzahlenwerte mit jenen ihrer Wettbewerber inForm des statistischen Medians5 vergleichen. So identifizie-ren sie ihre eigenen Stärken und Schwächen und  können– bei auffälligen Abweichungen – frühzeitig gegensteuern.

    Zu beachten ist, dass manche Kennzahl stark branchen-oder unternehmensgrößenabhängig ist. Die Angaben indieser Studie sind meist in hohem Maße aggregiert. Des-halb kann ein Vergleich des eigenen Unternehmens mit denKennzahlen dieser Studie nur einen ersten Anhaltspunktfür die unternehmensindividuelle Analyse liefern. Einegehaltvolle Betrachtung erfordert das sorgfältige Definiereneiner Referenzgruppe, die dem betrachteten Unternehmeninsbesondere hinsichtlich Größe und Branche ähnelt. Dasist im Rahmen der vorliegenden Publikation jedoch nichtzu leisten. Da den Autoren der Studie aber detaillierte

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    Verteilung der Stichprobe in der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen nach Bundesländern

    Quelle: eigene Darstellung

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    absolut relativ absolut relativ

    Hamburg 29 58,00 % 99 76,74 %

    Mecklenburg-Vorpommern 1 2,00 % 1 0,78 %

    Niedersachsen 6 12,00 % 5 3,88 %

    Schleswig-Holstein 14 28,00 % 24 18,60 %

    Insgesamt 50 100,00 % 129 100,00 %

    Abbildung 8: Verteilung der Stichprobe in der Branche Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen

    5 Der Median oder Zentralwert halbiert das Datenmaterial, das heißt 50 Prozentaller Unternehmen liegen oberhalb und 50 Prozent aller Unternehmen liegenunterhalb dieses Wertes (vgl. Kuckartz/Rädiker/Ebert/Schehl (2010): Statistik:Eine verständliche Einführung, S. 62-64).

  • 16

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Analyseergebnisse zu einzelnen Branchen, Regionen undUnternehmensgrößen vorliegen, können Detailanalysenerstellt werden. Dabei legen die Autoren Wert auf die Wah-rung vollständiger Anonymität, sodass Detailanalysen stetsnur auf ausreichend aggregierter Ebene der Öffentlichkeitzugänglich gemacht werden.

    Da die Unternehmensstichprobe Familien- wie Nicht-Fa -milienunternehmen umfasst, ist die Benchmark-Funktionfür beide Unternehmenstypen gleichermaßen geeignet.

    3.3 Statistische Ergebnisse und Interpretation ausgewählter Kennzahlen

    Neben der grundsätzlichen Fragestellung, ob sich die Beson-derheit von Familienunternehmen anhand der ermitteltenstatistischen Ergebnisse trotz aller Individualität verallge-meinern lässt, wird nachfolgend vor allem der Frage nach-gegangen, ob es einen statistischen Beleg für die Hypo-these gibt, dass Familienunternehmen besonderen Wertauf Unabhängigkeit und Entscheidungsautonomie legen.

    Die zentrale These dieses Abschnitts lautet deshalb: Fami-lienunternehmen der Hamburger Metropolregion strebenbe wusst nach einer größeren Unabhängigkeit als Nicht-Familienunternehmen. So ist beispielsweise für den Be -reich der Finanzierung durch Befragungen sehr gut ab -gesichert, dass Familienunternehmen unbedingt die Aufnahme familienfremder Eigenkapitalgeber vermeidenwollen, damit ausschließlich die Familie die Geschicke desUnternehmens bestimmt.6 Es soll anhand der Daten über-prüft werden, inwieweit das Unabhängigkeitsstreben überden Anteilsbesitz hinausgeht.

    Die Leitthese lautet: Familienunternehmen streben nachUnabhängigkeit von externen Dritten wie Banken, insti -tutionellen Anlegern, Fremdkapitalgebern, anderen Unter-

    nehmen oder auch Akteuren des Beschaffungs-, Absatz-oder Arbeitsmarktes. Dies tun sie, um ihre Flexibilität imwirtschaftlichen Verhalten und ihre Autonomie in Entschei-dungssituationen zu wahren und um die langfristige Unter-nehmensfortführung als eigenständiges Unternehmen inFamilienhand zu sichern. Wesentlich hierbei ist die Über-legung, dass Familienunternehmen dies bewusst tun –möglicherweise zulasten der eigenen wirtschaftlichen Leis-tungsfähigkeit. Kurzfristige Renditeeinbußen würden dem-nach gegebenenfalls in Kauf genommen, wenn es demAufrechterhalten der Unabhängigkeit und dem Sichern derEntscheidungsgewalt dienlich ist. Somit entschieden sichFamilienunternehmer in einer Situation, die durch einenZielkonflikt zwischen kurzfristiger Gewinnmaximierung undlangfristiger Unabhängigkeit geprägt ist, auch aus rationa-len Erwägungen für langfristige Unabhängigkeit.

    Diese zentralen Überlegungen werden im Folgendenanhand dreier Hypothesen konkretisiert und unter Rückgriffauf einige Kennzahlen zur VFE-Lage der Familienunterneh-men der Metropolregion Hamburg hinterfragt.7 Neben denim Folgenden diskutierten Kennzahlen wird ausdrücklichauf den Anhang der Studie verwiesen. Dort ist ein Glossarmit Erläuterungen zu allen Kennzahlen zu finden, ebensowie die Entwicklung aller Kennzahlen im Zeitablauf – auchentschlüsselt nach den Ergebnissen für vier Branchen(Verarbeitendes Gewerbe; Handel; Verkehr und Lagerei;freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleis-tungen), für die eine ausreichende Fallzahl vorliegt, umaussagekräftige Analysen vornehmen zu können.

    Hypothese 1: Unabhängigkeit von Kredit-und Kapitalmärkten

    Hypothese. Familienunternehmen sind besser mit Eigenka-pital ausgestattet als Nicht-Familienunternehmen, insbeson-dere um unabhängig vom Kapital- und Kreditmarkt zu sein.

    Erläuterung. Familienunternehmen  –  so die einhellige Meinung – unterliegen bei ihrer Kapitalausstattung stärke-

    6 So hat für knapp 82 Prozent der Familienunternehmen das Erhalten der Anteilsmehrheit in der Familie sehr hohe oder hohe Bedeutung. Dies ist dasErgebnis einer Befragung unter den 500 größten deutschen Familienunter-nehmen (vgl. Institut für Mittelstandsforschung (2012): Die größten Familien-unternehmen in Deutschland – Daten, Fakten, Potenziale, Studie vomBundesverband der Deutschen Industrie und der Deutschen Bank, S. 17).

    7 Die Hypothesen werden auf Basis eines einfachen Vergleichs der Daten diskutiert. Ein Signifikanztest oder eine multivariate Analyse finden nicht statt.

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    UNTERNEHMERSTATEMENT

    ren Restriktionen als andere Unternehmen, weil sie sichvon diesen hinsichtlich der Struktur, der Kultur und der Pro-zesse im Unternehmen unterscheiden. Deshalb ist es ihrureigener Wille, eine hohe Kapitalausstattung mit eigenenMitteln zu erreichen, um langfristig unabhängig vom Ka -pitalmarkt zu sein. Mit einer hohen Eigenkapitalquote müs-sen keine familienfremden Eigenkapitalgeber aufgenom-men werden. Darüber hinaus ist ein Unternehmen mit guterEigenkapitalausstattung unabhängiger von Fremdkapital-gebern: Es besteht weniger Notwendigkeit, überhaupt

    Fremdkapital aufzunehmen. Weiterhin ist aufgenommenesFremdkapital durch das Eigenkapitalpolster sicherer, so -dass der Kreditgeber weniger Rechte und Sicherheiten ein-fordert und zumeist mit einem geringeren Zins zufrieden ist.

    Datenauswertung. Dies lässt sich auch an der Entwicklungdes Medians der Eigenkapitalquote der beiden Vergleichs-gruppen ablesen. Während die Eigenkapitalausstattung vonFamilienunternehmen im Jahr 2008 (ausnahmsweise)leicht niedriger ist als jene der Unternehmen aus der Ver-

    „Im Selbstverständnis der meisten Unternehmerfamilien spielt Unabhängigkeit eine wichtige

    Rolle. Diese Haltung zeigt sich auch bei der Kapitalstruktur. Bevorzugt werden Finanzierungs -

    formen, die mit geringem Einfluss auf die Führung der Geschäfte verbunden sind. Was das

    angeht, ist ‚familiäres‘ Eigenkapital nicht zu schlagen, und dort wo es die Lage erlaubt, wird

    davon Gebrauch gemacht. Obendrein fördern niedrige Zinsen und der Mangel an interessanten

    Anlagemöglichkeiten außerhalb der eigenen Unternehmung diese Entwicklung.“

    Benjamin Kirchhoff,

    CFO der Orion Bulkers GmbH & Co. KG

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    50

    40

    30

    20

    10

    0

    2008 2009 2010 2011

    25,1 25,5

    28,827,3

    29,9 29,0 30,0 30,1

    Eigenkapitalquote Median der Eigenkapitalquote in Prozent

    25,1 25,5

    28,8,27,327 3

    29,0

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    Abbildung 9: Median der Eigenkapitalquote von Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen

  • 18

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    gleichsgruppe, ist sie in den Folgejahren stets höher (sieheAbbildung 9).8 Weiterhin ist von 2008 auf 2009 zu erken-nen, dass Familienunternehmen stärker auf konjunkturelleSchwankungen reagieren und ihre Eigenkapitalbasis durcheine stärkere Thesaurierung von Gewinnen erhöhen.

    Derzeit führt das Hamburger Institut für Familienunterneh-men weitergehende Untersuchungen durch, um zu ermit-teln, welche weiteren Aspekte neben der Thesaurierungvon Gewinnen zur Erhöhung der Eigenkapitalquote geführthaben. Denkbar ist die Veräußerung von nicht betriebsnot-wendigem Vermögen und die Realisierung stiller Reservenoder die zusätzliche Eigenkapitalgewährung durch Famili-engesellschafter. Die Autoren der Studie hoffen, im Rahmeneiner Folgestudie oder in einer gesonderten Untersuchungeine entsprechende Analyse vorlegen zu können, glaubenaber, mit den bereits heute gewonnenen Erkenntnissenaussagefähige Ergebnisse vorweisen zu können. Auffälligist zudem, dass die Eigenkapitalquote der Familienunter-nehmen aus der Metropolregion Hamburg über dengesamten Zeitraum wesentlich höhere Werte aufweist alsim bundesdeutschen Durchschnitt. Während bundesweit2011 eine Eigenkapitalquote von etwa 18,3 Prozenterreicht wird, weisen sowohl Familienunternehmen alsauch Unternehmen der Vergleichsgruppe mit 25 bis 30Prozent einen wesentlich höheren Wert auf.9 Dies kann imWesentlichen auf die Unternehmensstruktur beziehungs-weise die Branchenverteilung, aber vermutlich auch auf dieUnternehmensgröße zurückgeführt werden. Ebenfalls vonbesonderem Interesse ist die beachtenswerte Spreizungzwischen dem obersten und dem untersten Quartil10 in derGruppe der Familienunternehmen, wobei jedoch gleichwohldie Eigenkapitalquote der meisten untersuchten Unter -nehmen über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt.

    Die Eigenkapitalrentabilität ist eng mit einer hohen Eigen-kapitalquote verknüpft. Aber anders als auf den ersten Blickzu vermuten ist, kann die Eigenkapitalrentabilität in denhier untersuchten Familienunternehmen gerade nichtdurch einen gezielten und hohen Leverage-Effekt durchFremdkapital erzielt worden sein. Es müssen für die ver-gleichsweise hohe Eigenkapitalrentabilität vor allem andereFaktoren entscheidend sein, die es in weiteren Untersu-chungen zu ergründen gilt.

    Bemerkenswerterweise erreichen Familienunternehmeneine höhere Rentabilität des eingesetzten Eigenkapitals undsogar des Gesamtkapitals als die Vergleichsgruppe. Ausbetriebswirtschaftlicher Sicht kann eine Erhöhung desFremdkapitalanteils sinnvoll sein, um die Rentabilität deseingesetzten Eigenkapitals zu erhöhen (Leverage-Effekt),wobei sich allerdings auch das finanzwirtschaftliche Risikodes Eigenkapitals erhöht. Die vorliegende Auswertung zeigtjedoch ein gänzlich anderes Bild: Familienunternehmenweisen eine höhere Eigenkapitalquote als Unternehmen derVergleichsgruppe auf, überkompensieren zeitgleich mög-liche Leverage-Effekte und erreichen so eine höhere Eigen-kapitalrentabilität als Nicht-Familienunternehmen (siehe

    Definitionen

    Eigenkapitalquote:

    Die Eigenkapitalquote beschreibt den Anteil des Eigen-

    kapitals am Gesamtkapital eines Unternehmens.

    Eigenkapitalrentabilität:

    Die Eigenkapitalrentabilität ist die Rentabilität des im

    Unternehmen eingesetzten Eigenkapitals. Sie ergibt sich

    aus dem Verhältnis von Jahresüberschuss und Eigen-

    kapital.

    Gesamtkapitalrentabilität:

    Die Gesamtkapitalrentabilität ist die Rentabilität des

    gesamten im Unternehmen eingesetzten Kapitals.

    Weitere Ausführungen zu sämtlichen Kennzahlen sind

    im Anhang der Studie aufgelistet.

    8 Eine detailliertere Darstellung der Verteilung der Eigenkapitalquote sowie eineAufschlüsselung nach Branchen sind in Anhang 6.5 aufgeführt.

    9 Vgl. Schnitzler/Fehr (2012): Mittelstand hat 2011 die Eigenkapitalquotestark erhöht, in: Wirtschaftswoche Online; www.wiwo.de/unternehmen/mittelstand/kapitalreserve-mittelstand-hat-2011-die-eigenkapitalquote-stark-erhoeht/6090500.html [abgerufen am 17.10.2013].

    10 Wird die Grundgesamtheit in vier verschiedene Bereiche unterteilt, markierendie Quartile die Intervallgrenzen und teilen den Datensatz in vier gleich großeAbschnitte, die jeweils 25 Prozent der Werte enthalten. Somit umfasst daserste Quartil die unteren 25 Prozent des Datensatzes, das zweite Quartil diefolgenden 25 Prozent usw. (vgl. Kuckartz/Rädiker/Ebert/Schehl (2012):Statistik: Eine verständliche Einführung, S. 70/71).

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

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    10

    0

    2008 2009 2010 2011

    21,923,7

    19,218,2

    22,621,2

    22,4

    18,7

    Eigenkapitalrentabilität Median der Eigenkapitalrentabilität in Prozent

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    Abbildung 10: Median der Eigenkapitalrentabilität von Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

    10

    8

    6

    4

    2

    0

    2008 2009 2010 2011

    6,6

    5,8 5,95,3

    6,6 6,56,8

    6,4

    Gesamtkapitalrentabilität Median der Gesamtkapitalrentabilität in Prozent

    ,

    5,8 5,95,3

    , 6,5 6,4

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    Abbildung 11: Median der Gesamtkapitalrentabilität von Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Abbildung 10).11 Zudem ist die Eigenkapitalrentabilitätgegenüber der Vergleichsgruppe in den Jahren ab 2009wesentlich höher. Zwar erleichtert die hohe Eigenkapital-quote den Zugang zum Kreditmarkt, doch bleibt Familien-unternehmen meist der Kapitalmarkt zur Kapitalbeschaf-fung verschlossen, da diese die Anforderungen nachGröße, aber auch nach Transparenz und Governance oftmals nicht erfüllen. Auch hierdurch mag die Möglichkeitzum Leverage eingeschränkt sein. Dennoch erreichenFamilienunternehmen im Ergebnis eine höhere Eigen-und auch Gesamtkapitalrentabilität (siehe Abbildung11)12

    gegenüber den Nicht-Familienunternehmen.

    Familienunternehmen der Metropolregion Hamburg wirt-schaften also höchst rentabel, besitzen gleichzeitig einehohe Eigenkapitalausstattung und sind letztlich unabhän-giger vom Kredit- und Kapitalmarkt als Unternehmen derVergleichsgruppe. Das Erreichen einer hohen Rentabilitätist wiederum förderlich zur Verfolgung der Unabhängig-keitsstrategie, da bei höherem Gewinn auch mehr thesau-riert werden kann. Familienunternehmen weisen der Eigen-kapitalausstattung folglich eine höhere Bedeutung zu, weilsie einen größeren Wert auf unternehmerische Eigenstän-digkeit sowie Unabhängigkeit von externen Dritten in derFinanzierung legen als Nicht-Familienunternehmen.

    Um die Kapitalausstattung sowie die Eigen- und Gesamt-kapitalrentabilität des eigenen (Familien-)Unternehmens imWettbewerb einzuordnen, gibt die Kennzahlentabelle zumBenchmark Familienunternehmen in der Heftmitte einenersten Anhaltspunkt.

    Hypothese 2: Unabhängigkeit vom Arbeitsmarkt

    Hypothese. Familienunternehmen sichern und erhaltensich unternehmens- und produktspezifisches Wissen durcheine Personalpolitik, die weniger von der Konjunktur ab -hängig ist als jene der Nicht-Familienunternehmen. Siesind dadurch weniger davon abhängig, dass bestimmte

    Qualifikationen kurzfristig auf dem Arbeitsmarkt verfügbarsind.

    Erläuterung. Nicht nur die Unabhängigkeit vom Kapitalmarktist für Familienunternehmen ein wesentliches und dauer-haftes Thema. Auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt strebenFamilienunternehmen nach Unabhängigkeit. Diese Hypo-these beschäftigt sich mit der Frage, ob Familienunterneh-men gegenüber der Vergleichsgruppe der Nicht-Familien-unternehmen anders auf Veränderungen im konjunkturellenUmfeld hinsichtlich ihrer Personalausstattung und -vergü-tung reagieren. Dieses Anpassungsverhalten kann sichunter Umständen im Personalaufwand widerspiegeln.

    Datenauswertung. Wie Abbildung 12 zeigt, weisen Fami-lienunternehmen im Vergleich zu Nicht-Familienunterneh-men stets eine höhere Personalaufwandsquote auf.13 Siehaben höhere Personalaufwendungen je Euro Umsatz zutragen. Berücksichtigt man den Umstand, dass in demBeobachtungszeitraum 2008 bis 2011 die Umsätze derFamilienunternehmen selbst 2009 nicht drastisch ein -gebrochen sind, kann die vorliegende These mit dem vergleichsweise kurzen Zeitfenster nicht validiert werden,da es in demselben Zeitraum auch keine nennenswerten Einbrüche des Gewinns gegeben hat. Was man jedochfeststellen kann ist, dass Familienunternehmen einenahezu unveränderte Relation von Personalaufwand zuUmsatz beibehalten, also eine als angemessen angese-hene Personalausstattung über Jahre hinweg nicht ändern.

    11 Eine detailliertere Darstellung der Verteilung der Eigenkapitalrentabilität sowieeine Aufschlüsselung nach Branchen sind in Anhang 6.6 aufgeführt.

    12 Eine detailliertere Darstellung der Verteilung der Gesamtkapitalrentabilitätsowie eine Aufschlüsselung nach Branchen sind in Anhang 6.7 aufgeführt.

    Personalaufwandsquote

    Die Personalaufwandsquote setzt den in der Gewinn-

    und Verlustrechnung ausgewiesenen Personalaufwand

    ins Verhältnis zur Gesamtleistung (Umsatzerlöse) des

    Unternehmens.

    Weitere Ausführungen zu sämtlichen Kennzahlen sind

    im Anhang der Studie aufgelistet.

    13 Eine detailliertere Darstellung der Verteilung der Personalaufwandsquotesowie eine Aufschlüsselung nach Branchen sind in Anhang 6.8 aufgeführt.

  • 21

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Die Personalaufwandsquote ist in Familienunternehmen imUntersuchungszeitraum weniger volatil als bei den Nicht-Familienunternehmen. Auch hier bedarf es längerer Zeit-reihen, um tatsächlich valide Aussagen zu treffen.

    Die im Verhältnis zu allen anderen Unternehmen in der Vergleichsstudie höhere Personalaufwandsquote könntejedoch die Hypothese unterstützen, dass Familienunter-nehmen personengebundenen Netzwerken und der Be -legschaft als wichtigem Speicher des Corporate Memory

    größeren Wert beimessen. Entsprechend ist die Personal-fluktuation in Familienunternehmen möglicherweise gerin-ger und die Anzahl der Mitarbeiter im Zeitverlauf wenigervolatil. Familienunternehmen versuchen folglich, betriebs-spezifisches Wissen langfristig zu binden. Eine derartigeUnternehmenssteuerung kann – insbesondere in Phasenwirtschaftlicher Erholung – positive Effekte haben, weilFamilienunternehmen schneller auf marktseitige Nach -frageschübe reagieren. Langfristig können Familienunter-nehmen mögliche Spill-over-Effekte der vorhandenen

    UNTERNEHMERSTATEMENT

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

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    20

    10

    0

    2008 2009 2010 2011

    15,1

    13,2

    15,714,8

    16,2

    14,115,9

    14,6

    Personalaufwandsquote Median der Personalaufwandsquote in Prozent

    15,1

    13,214,8

    14,1 14,6

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    Abbildung 12: Median der Personalaufwandsquote von Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen

    „Hier in der Metropolregion gelten wir als „größte Familie Hamburgs“ – und damit sind nicht nur

    die drei Generationen gemeint, die dieses Unternehmen führen. Auch die Mitarbeiter in den 170

    Filialen der Metropolregion gehören zur Großfamilie des kleinsten deutschen Drogeriemarktun-

    ternehmens BUDNI. Hier arbeiten die Menschen oft schon in zweiter und dritter Generation, weil

    sie das Zusammengehörigkeitsgefühl, die familiäre Atmosphäre und den sicheren Arbeitsplatz

    schätzen. Diese Mitarbeiter leben gemeinsam mit uns unsere Unternehmensphilosophie. Für

    BUDNI bedeutet dies Unverwechselbarkeit in einer globalisierten Welt.“

    Julia Wöhlke

    Mitglied der Geschäftsleitung der Iwan Budnikowsky GmbH & Co. KG

  • 22

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Mitarbeiter- und Wissensstruktur für neu eingestellte Mitarbeiter nutzen. Durch diese Politik profitieren Famili-enunternehmen gleichzeitig vom langfristig ausgerichtetenWissensaufbau. Sie werden ferner als Arbeitgeber attrak-tiver. Letztlich spiegelt sich das Streben nach einer Auf-rechterhaltung der langfristigen Eigenständigkeit – und derUnabhängigkeit von externem Wissen – somit auch in derPersonalaufwandsquote der Familienunternehmen wider.Ob die Höhe der Personalaufwandsquote auch von anderenunternehmens- oder branchenindividuellen Besonderheitenabhängt, kann nicht ausgeschlossen werden und sollteweiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben.

    Hypothese 3: Unabhängigkeit von Absatz-und Beschaffungsmärkten

    Hypothese. Familienunternehmen streben auch bei Absatzund Beschaffung nach Unabhängigkeit. Sie wollen auf kurz-fristige Nachfrageschwankungen flexibel reagieren können,ohne von Zulieferern abhängig zu sein. Auf dem Absatz-markt wollen sich Familienunternehmen gegen Nachfrage-schwankungen so gut es geht immunisieren, indem sielangfristige Beziehungen zu (Bestands-)Kunden pflegen.

    Erläuterung. Die Hypothese zielt auf Vorratshaltung undDebitorenmanagement ab. Demnach wird unterstellt, dassFamilienunternehmen größeren Wert auf hohe Flexibilitätauf dem Absatzmarkt legen, die gegebenenfalls zulasteneines effizienten Managements der Kapitalbindung gehenkann. Familienunternehmen neigen demzufolge dazu, Ineffizienzen in der Kapitalbindung bewusst einzugehen,indem sie beispielsweise nicht wie mancher Konzern„Just-In-Time“ bevorraten, sondern auch in schwächerenAbsatzzeiten einen vergleichsweise hohen Bestand anWaren, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und bezogenenLeistungen auf Lager halten. So können sie bei einem kurzfristigen Nachfrageanstieg flexibel auf die Markt -bewegung reagieren. Diese Unabhängigkeit hat – so dieThese – Priorität vor eventuellen Effizienzgedanken bei derKapitalbindung.

    Dies lässt sich anhand folgender Kennzahlen der VFE-Lageuntersuchen: Neben Vorratsintensität und Forderungsquote

    (Kennzahlen der Vermögenslage) sind hier vor allem dieLiquiditätsgrade 1 bis 3 (Kennzahlen der Finanzlage) rele-vant. Gemäß der Hypothese 3 wäre die Vorratsintensitätvon Familienunternehmen  –  insbesondere in Krisen -zeiten – größer als jene anderer Unternehmen. Nicht-Fami-lienunternehmen würden in Krisenzeiten entsprechendweniger Wert auf eine flexible Absatzstrategie, hingegeneinen stärkeren Fokus auf das Management der Kapital-bindung legen.

    Der gleiche Effekt müsste demnach im Rahmen des De -bitorenmanagements bei Bestand und Entwicklung derForderungen aus Lieferungen und Leistungen zu erkennensein. Denn Familienunternehmen legen Wert auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihren Kunden, kennendiese in der Regel persönlich und hegen einen engen undzumeist langjährigen Kontakt. Familienunternehmen neigen – sofern sie es sich leisten können – dazu, nur mitverlässlichen und ihnen (langjährig) bekannten KundenGeschäftsbeziehungen zu unterhalten. Entsprechend habensie einen entscheidenden Informationsvorteil hinsichtlichder wirtschaftlichen Situation ihrer Kunden. Sie erlaubenihnen längere Zahlungsziele, um die Stabilität des ge -schäftlichen Verhältnisses nicht zu gefährden. Sie über -wachen ihren Debitorenbestand meist in Person der (Fami-lien-)Geschäftsführung und verzichten daher bewusst aufein ausgeprägtes internes Kontrollsystem, das in größerenkapitalmarktorientierten Unternehmen in der Regel ein -gerichtet ist. Analog zur Vorratsintensität ließe sich einehohe Forderungsquote bei Familienunternehmen, insbe-sondere in Krisenzeiten, durch ein bewusstes Debitoren-

    Vorratsintensität:

    Die Vorratsintensität beschreibt den Anteil des Vorrats-

    vermögens am Gesamtvermögen.

    Forderungsquote:

    Die Forderungsquote bezeichnet das Verhältnis des

    Buchwerts der Forderungen zum Gesamtvermögen.

    Weitere Ausführungen zu sämtlichen Kennzahlen sind

    im Anhang der Studie aufgelistet.

  • 23

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    management und einen engen Kontakt der Familienunter-nehmer zu ihren Kunden erklären.

    Es könnte nun angeführt werden, dass das Festhalten anKunden, die nicht innerhalb der Zahlungsziele ihre Rech-nungen bezahlen, nicht Ausdruck von Unabhängigkeit ist,sondern die Abhängigkeit gegenüber einigen Kunden garerhöhen kann. Gleichwohl erachten die Autoren der Studieein solches Verhalten als nicht untypisch für Familienun-ternehmen, zumal dies eine nachhaltige Sicherung der

    Absatzmärkte darstellt. Überleben in wirtschaftlich schwa-chen Zeiten nur einige wenige starke Abnehmer, wird sichdies bei einer oligopolistischen Nachfragestruktur auch fürdas Familienunternehmen negativ auswirken, da die rela-tive Abhängigkeit von einzelnen Kunden zunimmt.

    Nicht-Familienunternehmen reagieren hingegen in Krisen-zeiten wesentlich stärker und rigider. Sie versuchen, ihreForderungsquote beispielsweise durch eine Verkürzung derZahlungsziele zu drücken, um schneller an liquide Mittel

    UNTERNEHMERSTATEMENT

    „Sehr langfristige Kundenbeziehungen sind bei Familienunternehmen die Regel und stellen einen

    besonderen Wert dar. Die Basis dazu sind Fairness und Vertrauen im Umgang miteinander, auch

    und insbesondere in schwierigen Situationen, sowie die ausgeprägte Kontinuität bei den

    Ansprechpartnern in Familienunternehmen.“

    Dr. Henner Buhck

    Geschäftsführer der Buhck Umweltservices GmbH & Co. KG

    © Hamburger Institut für Familienunternehmen/Handelskammer Hamburg 2013

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    20

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    0

    2008 2009 2010 2011

    24,9

    11,4

    21,0

    10,8

    21,5

    11,0

    27,1

    11,1

    Vorratsintensität Median der Vorratsintensität in Prozent

    24,9

    11,4

    21,0

    10,8

    21,5

    11,0 11,1

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    Abbildung 13: Median der Vorratsintensität von Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen

  • 24

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    zu gelangen. Dies tun sie im Zweifel auch durch die Nut-zung von Factoring-Dienstleistungen. Die Interpretation derLiquiditätsgrade 1 bis 3 folgt diesen Überlegungen. DieLiquiditätsgrade messen die Deckung kurzfristiger Verbind-lichkeiten durch liquide Vermögensgegenstände wie liquideMittel, Vorräte und Forderungen.

    Datenauswertung. Die Hypothesen lassen sich durch dieDaten zumindest in Ansätzen unterstützen; es bedarf abersicherlich noch weiterer Informationen und Forschungsar-beiten, um abschließende Urteile abzugeben. Zunächst istin Abbildung 1314 erkennbar, dass Familienunternehmendurchgehend eine markant höhere Vorratsintensität auf-weisen als Nicht-Familienunternehmen. Das deutet daraufhin, dass Familienunternehmen tatsächlich vermehrt aufeinen hohen Bestand an Vorräten achten als Nicht-Famili-enunternehmen. Auch in Zeiten der Krise (ab etwa 2008)ist zwar der relative Rückgang der Vorratsintensität von2008 auf 2009 bei Familienunternehmen größer, jedochverbleibt sie insgesamt auf einem doppelt so hohen Niveau.

    In Zeiten konjunktureller Erholung und potenziell niedrigererRohstoff- und Warenpreise bauen Familienunternehmenihren Vorratsbestand hingegen schneller wieder aus. Dementsprechend scheint Familienunternehmen das Kapitalbindungsmanagement unwichtiger zu sein als dieFlexibilität in der Wertschöpfung und am Absatzmarkt.

    Zur Forderungsquote (siehe Abbildung 14)15 lassen sichfolgende Aussagen tätigen: Erstens ist das Niveau der For-derungsquote von Familienunternehmen höher als bei denanderen Unternehmen. Dies unterstützt den Grundtenorder obigen Überlegungen. Zweitens scheint es keinewesentlichen Abweichungen im Zeitverlauf zu geben. Erstbei näherem Hinsehen ist ersichtlich, dass der Rückgangder Forderungsquote von 2008 auf 2009 bei Familien -unternehmen stärker ist. Dies könnte grundsätzlich auf denwirtschaftlichen Abschwung zurückzuführen sein, der dazuführt, dass Familienunternehmen ihren Forderungsbestandmindern, um finanzielle Mittel zu erhalten. Bei der Betrach-tung der Entwicklung von 2009 bis 2011 wird jedoch deut-

    14 Eine detailliertere Darstellung der Verteilung der Vorratsintensität sowie eineAufschlüsselung nach Branchen sind in Anhang 6.9 aufgeführt.

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    20

    10

    0

    2008 2009 2010 2011

    18,1

    15,717,1

    15,2

    18,116,6

    18,7

    15,3

    Forderungsquote Median der Forderungsquote in Prozent

    ,

    15,717,1

    15,2

    ,16,6

    15,3

    Familienunternehmen Nicht-Familienunternehmen

    Abbildung 14: Median der Forderungsquote von Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen

    15 Eine detailliertere Darstellung der Verteilung der Forderungsquote sowie eineAufschlüsselung nach Branchen sind in Anhang 6.10 aufgeführt.

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    lich, dass Familienunternehmen den Bestand an Forderun-gen sukzessive wieder aufbauen, während die Forderungs-quote bei Nicht-Familienunternehmen unter leichtenSchwankungen insgesamt unverändert bleibt. Über dengesamten Beobachtungszeitraum nimmt der Abstand zwischen beiden Unternehmensgruppen sogar zu. Die rela-tive Kennzahl Forderungsquote spiegelt auch die Entwick-lung des absoluten Forderungsbestands wider, denn dieBilanzsummen beider Gruppen steigen von Jahr zu Jahr –bis auf einen kleinen Rückgang von 2008 auf 2009, deraber 2010 bereits wieder aufgeholt ist beziehungsweisebei Familienunternehmen sogar überkompensiert wurde.Familienunternehmen scheinen entsprechend ihre Kun-denbeziehungen, die damit verbundene Vertraulichkeit unddie persönliche Beziehung zu stärken, indem sie die Zah-lungsziele verlängern und die Erhöhung des Bestands anForderungen bewusst in Kauf nehmen. Es könnte auchargumentiert werden, dass sich die Geschäftsbeziehungenvon Familienunternehmen schneller und stabiler nach derKrise erholt haben, was ebenfalls für die Kundenorien -tierung sprechen würde. Folglich nutzen Familienunter -nehmen – anders als Nicht-Familienunternehmen – ihrKnow-how am Einkaufsmarkt und ihre persönlichen Bezie-hungen am Absatzmarkt, um die Stabilität der Geschäfts-entwicklung zu gewährleisten und um ihre Ressourcengezielt einzusetzen, um so konjunkturelle Schwächephasenschneller hinter sich lassen zu können. Das Kapital -bindungsmanagement im Umlaufvermögen scheint für siedagegen von geringerer Bedeutung zu sein.

    Einen ersten Eindruck darüber, wie das eigene (Familien-)Unternehmen im Wettbewerb aufgestellt ist, vermittelt derVergleich der beschriebenen und weiterer Kennzahlen derVFE-Lage des Benchmarks Familienunternehmen mit denunternehmensindividuellen Kennzahlen aus der Tabelle aufden Seiten 28/29. Für detailliertere Betrachtungen wirdeine Analyse mithilfe einer passgenauen Vergleichsgruppeempfohlen.

    3.4 Überblick zu den Kennzahlen derVermögens-, Finanz- und Ertragslage

    Nach vorangegangener Diskussion der Leitthese mittelsder drei Hypothesen, die das Unabhängigkeitsstreben vonFamilienunternehmen am Kapital-, Arbeits-, Beschaffungs-sowie Absatzmarkt formuliert, nehmen die Aufrechter -haltung der unternehmerischen Autonomie sowie die nach-haltige Sicherung der Entscheidungsmacht für Familien-unternehmen im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmeneine zentrale Rolle ein.

    In der Tabelle in der Heftmitte ist die Entwicklung der 27Kennzahlen16 zur VFE-Lage von in der Metropolregion Ham-burg ansässigen Familienunternehmen und Nicht-Famili-enunternehmen im Zeitraum von 2008 bis 2011 sowie dieprozentuale Wachstumsrate erfasst. Die tabellarische Ab -bildung der Kennzahlen aus der VFE-Lage eignet sichbesonders, um die Leistungsfähigkeit des eigenen Unter-nehmens mit dem Gesamtmarkt der Metropolregion Hamburg zu vergleichen. Stärken und Schwächen inner-halb des eigenen Unternehmens können so identifiziertwerden, um gegebenenfalls regulierende Maßnahmen ein-zuleiten. Zentraler Vorteil der Studie Benchmark Familien-unternehmen ist, dass die Benchmark-Funktion sowohl fürFamilienunternehmen als auch für Nicht-Familienunter -nehmen von Nutzen ist.

    16 Die Kennzahlen entsprechen dabei dem jeweiligen Median der Familien-beziehungsweise Nicht-Familienunternehmen.

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Folgende Erkenntnisse lassen sich zusammenfassend fest-halten:

    • Leitthese: Der Benchmark Familienunternehmen bestä-tigt, dass Familienunternehmen intensiver nach Unab-hängigkeit streben als andere Unternehmen, was sichauch anhand der ausgewählten Hypothesen zeigenlässt:

    – Hypothese 1: Familienunternehmen sind besser mitEigenkapital ausgestattet und weisen zudem aucheine höhere Eigenkapitalrentabilität auf. Sie sind somitunabhängiger vom Kredit- und Kapitalmarkt als Nicht-Familienunternehmen.

    – Hypothese 2: Familienunternehmen verändern ihrePersonalausstattung über die Jahre kaum, sodass sie– unabhängig von der Konjunkturlage – auf perso-nengebundenes Wissen zurückgreifen können. Somitkönnen Familienunternehmen schneller auf markt -seitige Nachfrageveränderungen reagieren und auchbeim Personalaufbau von Spill-over-Effekten profi -tieren, die ihnen eine langfristige Unabhängigkeit vonexternem Wissen sichern.

    – Hypothese 3: Familienunternehmen nehmen mög -liche Ineffizienzen in der Kapitalbindung in Kauf, umihre Flexibilität am Absatz- und Beschaffungsmarktzu erhalten, indem sie beispielsweise eine höhereVorratshaltung aufweisen als Nicht-Familienunter -nehmen.

    • Eine noch stärker differenzierende Branchenanalysekann wegen der zum Teil geringen Grundgesamtheit undder Verteilung der Unternehmen bundesweit nicht inallen Fällen vorgenommen werden, ist aber erklärtes Zielder Autoren für Folgestudien in der Reihe „BenchmarkFamilienunternehmen“.

    • Die hier betrachteten Arbeitshypothesen wie die er -hobenen Daten sollen der Startpunkt weitergehenderDiskussionen und Untersuchungen sein. Hierfür suchendas Hamburger Institut für Familienunternehmen unddie Handelskammer Hamburg den Dialog mit Familien-unternehmern und am Thema Familienunternehmeninteressierten Personen.

    • Mit der vorliegenden Studie ist es erstmals gelungen,eine aussagefähige, quantitative Analyse von Familien-unternehmen der Metropolregion Hamburg vorzulegen,die hohe wissenschaftliche Standards erfüllt:

    – Die Identifizierung der Familienunternehmen erfolgteanhand der national wie international anerkanntenDefinition von Familienunternehmen und der zusätz-lichen Nutzung des Expertenwissens der Autorensowie der Initiatoren des Hamburger Instituts fürFamilienunternehmen.

    – Die Festlegung der Mindestunternehmensgröße folgtePraktikabilitätserwägungen, da nur ab dieser Größeentsprechende Informationen zu erhalten waren. Aus-sagen für Unternehmen geringerer Größen sind dahernicht oder nur sehr eingeschränkt möglich.

    – Durch Bezugnahme auf die statistische Größe desMedians sind die Ergebnisse objektiviert und gleich-zeitig als Vergleichsmaßstab von jedem Unternehmennutzbar.

    4 Wesentliche Erkenntnisse

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    „Familienunternehmen:Das Gesicht der deutschen Wirtschaft“

    Zentrales Wesensmerkmal des deutschen Familienbetriebsist das Streben nach Unabhängigkeit und Entscheidungs-autonomie. Dafür gibt es gute Gründe. So ist eine Flexibilitätgegeben, die es ermöglicht, rasch auf Veränderungen imunternehmerischen Umfeld reagieren zu können. Aber esgilt auch auf einen Zielkonflikt hinzuweisen. Das Strebennach langfristiger Unabhängigkeit ist nicht kostenlos. Diesgilt beispielsweise dann, wenn aus Prinzip auf Fremdkapitalverzichtet wird und alle Aktivitäten mit Eigenkapital finan-ziert werden.

    Kreditgeber und auch familienfremde Eigenkapitalgebersind stärker an Effizienz und Effektivität orientiert als Fami-lienangehörige. Sie sind in aller Regel strengere Schieds-richter und wollen eine möglichst hohe Rendite des einge-setzten Kapitals erzielen. Damit sorgen sie für ständigenDruck auf die Unternehmensleitung. A priori ist nicht zuentscheiden, ob das Fehlen eines solchen Drucks bei grö-ßerer Autonomie nicht erst den Spielraum für erfolgreichereStrategien eröffnet oder ob (maßvoller) Druck nicht auchdazu beitragen kann, dass Familienunternehmen nichtbequem werden und an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.Denn im Ergebnis können Familienunternehmen beidessein: einerseits ein Pfund, mit dem eine Volkswirtschaftnicht genügend wuchern kann, andererseits aber auch eineGefahr, wenn aufgrund ihres Strebens nach Unabhängigkeitdie betriebswirtschaftlichen Ergebnisse nicht stimmen.Einst blühende Familienbetriebe könnten rasch in den Ruinstürzen und Arbeitsplätze aufs Spiel setzen, wenn die Kosten der Unabhängigkeit ihre Existenz gefährden.

    Umso erfreulicher sind die nun vorliegenden Ergebnissedes „Benchmark Familienunternehmen“. Denn Familien-unternehmen der Metropolregion Hamburg wirtschaftenhöchst rentabel, besitzen gleichzeitig eine hohe Eigen -kapitalausstattung und sind letztlich unabhängiger vomKapitalmarkt als Unternehmen der Kontrollgruppe. DasErreichen einer hohen Rentabilität ist wiederum förderlich

    zur Verfolgung der Unabhängigkeitsstrategie, da bei höhe-rem Gewinn auch mehr thesauriert werden kann. Damitbietet der „Benchmark Familienunternehmen“ erstmaligfür die Metropolregion Hamburg starke Hinweise darauf,dass Familienunternehmen wirklich anders sind als dieübrigen Betriebe – nämlich rentabler und stabiler.

    Viel zu lange schon stagniert die Diskussion hinsichtlichder enormen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung von Fami-lienunternehmen und bei der Vermutung, dass Familien-unternehmen besonders sind. Es wird mehr faktenbasier-tes Wissen über die Spezifika von Familienunternehmenbenötigt, um die Besonderheiten von Familienunternehmenfür Forschung und Praxis kenntlich und nutzbar zu machen.Nur so können Familienunternehmen besser als makro-ökonomischer Faktor eingeschätzt und die Effekte wirt-schaftspolitischer Maßnahmen genauer prognostiziert wer-den. Ich freue mich, dass das HIF und die Handelskammerhierzu einen Beitrag leisten.

    Prof. Dr. Thomas Straubhaar

    Direktor und Geschäftsführer

    des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI)

    5 Ausblick des HWWI zum Benchmark Familienunternehmen 2013

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Kennzahlen17 Einheit 2008 2009

    in FU NFU FU NFU

    Vermögenslage

    Anlagenintensität20 % 26,77 26,66 29,92 26,8

    Umlaufintensität20 % 72,01 71,62 68,57 70,36

    Vorratsintensität % 24,91 11,41 20,96 10,84

    Forderungsquote % 18,05 15,67 17,14 15,19

    Eigenkapitalquote % 25,12 25,51 28,84 27,25

    Fremdkapitalquote % 74,88 74,49 71,16 72,75

    Verschuldungsgrad % 2,98 2,92 2,44 2,67

    Finanzlage

    Cashflow 2058 1.864 2.065 1.633

    Dyn. Verschuldungsgrad Jahre 6,65 8,38 6,79 8,74

    Liquiditätsgrad 1 % 11,98 12,73 17,32 13,39

    Liquiditätsgrad 2 % 80,24 99,31 88,67 105,08

    Liquiditätsgrad 3 % 142,49 135,91 151,14 141,21

    Anlagendeckungsgrad 1 % 94,26 102,24 99,45 104,17

    Anlagendeckungsgrad 2 % 106,36 105,64 107,55 105,46

    Working Capital 7163 4.500 6.197 4.026

    Ertragslage

    Kapitalumschlag % 217,16 176,31 208,43 170,88

    Abschreibungsintensität % 1,69 1,77 1,77 1,85

    Zinsdeckungsgrad % 3,26 4,62 3,56 5,41

    Umsatzerlöse 59121 44.089 55.468 41.541

    Jahresüberschuss 854 883 808 824

    EBIT 1811 1.840 1.866 1.608

    EBITDA 2987 3.243 2.891 2.703

    Eigenkapitalrentabilität % 21,92 23,66 19,23 18,25

    Gesamtkapitalrentabilität % 6,59 5,81 5,9 5,25

    Umsatzrentabilität % 1,9 2,32 1,82 2,06

    Personalaufwandsquote % 15,06 13,17 15,73 14,8

    Materialaufwandsquote % 67,21 63,06 62,56 61,87

    17 Die einzelnen Kennzahlen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage werden im Anhang erläutert.18 Die Wachstumsrate stellt das durchschnittliche jährliche Wachstum der jeweiligen Variable der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage dar.

    Hierzu wurde das Konzept der Compound Annual Growth Rate (CAGR) herangezogen.19 Aufgrund der vorhandenen Daten aus den Jahren 2008 bis 2011 kann die Entwicklung der jeweiligen Kennzahlen in der Vergangenheit

    analysiert und mit den eigenen Kennzahlen verglichen werden. Bitte beachten Sie, dass der Vergleich der eigenen Kennzahlen mit den Werten für die gesamte Gruppe der Familienunternehmen bzw. Nicht-Familienunternehmen nur erste Anhaltspunkte liefert und den Ver-gleich mit einem unternehmensindividuellen Benchmark nicht ersetzen kann.

    20

    L

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    2010 2011 Wachstumsrate18 Selbsteinschätzung19

    U FU NFU FU NFU FU NFU Wert Differenz

    8 29,19 25,6 30,24 26,29 � 4,1% � −0,5%

    6 69,61 70,86 67,94 71,2 � −1,9% � −0,2%

    4 21,52 11,04 27,06 11,1 � 2,8% � −0,9%

    9 18,05 16,61 18,72 15,31 � 1,2% � −0,8%

    5 29,89 28,99 30,4 30,14 � 6,6% � 5,7%

    5 70,11 71,01 69,6 69,86 � −2,4% � −2,1%

    7 2,35 2,45 2,29 2,32 � −8,4% � −7,4%

    3 2.548 2.035 2.667 2.044 � 9,0% � 3,1%

    4 6,53 8,04 6,64 7,8 � −0,1% � −2,4%

    9 15,56 11,52 13,36 11,52 � 3,7% � −3,3%

    8 92,89 105,67 87,25 101,33 � 2,8% � 0,7%

    1 154,89 146,8 143,48 140,61 � 0,2% � 1,1%

    7 105,21 111,66 113,33 111,36 � 6,3% � 2,9%

    6 108,24 109,01 109,66 112 � 1,0% � 2,0%

    6 7.280 4.370 8.187 4.860 � 4,6% � 2,6%

    8 210,82 175,66 216,86 176,97 � 0,0% � 0,1%

    5 1,67 1,76 1,48 1,68 � −4,3% � −1,7%

    1 4,45 5,96 4,65 5,7 � 12,6% � 7,3%

    1 60.466 44.000 69.086 49.446 � 5,3% � 3,9%

    4 1.143 972,5 1.350 941 � 16,5% � 2,1%

    8 2.288 2.085 2.525 1.959 � 11,7% � 2,1%

    3 3.613 3.197 3.756 3.207 � 7,9% � −0,4%

    5 22,58 21,24 22,38 18,66 � 0,7% � −7,6%

    5 6,6 6,5 6,8 6,38 � 1,1% � 3,2%

    6 2,11 2,39 2,13 2,11 � 3,9% � −3,1%

    8 16,22 14,11 15,91 14,58 � 1,8% � 3,4%

    7 65,53 62,49 65,94 63,56 � −0,6% � 0,3%

    20 Nicht getätigte Angaben einiger Unternehmen zum Anlage- und Umlaufvermögen in einzelnen Jahresabschlüssen führen zu geringen Abweichungen bei den entsprechenden Kennzahlen.

    Legende Wachstumsrate:

    � größer als −5,00% � −4,99% bis -2,01% � −2,00% bis 2,00% � 2,01% bis 4,99% � größer als 5,00%

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    6.1 Erläuterung der Vermögens-,Finanz- und Ertragslage

    Die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage stellt die wich-tigsten Kennzahlen der Jahresabschlussanalyse dar. Mitder Jahresabschluss- oder auch Bilanzanalyse werden Verfahren der Informationsgewinnung und -auswertungbezeichnet, mit deren Hilfe aus den Angaben des Jahres-abschlusses (im engeren Sinne bestehend aus der Bilanz,der Gewinn- und Verlustrechnung sowie dem Anhang)Erkenntnisse über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslageder Unternehmung gewonnen werden können.

    Aufgrund der übersichtlichen, einfachen Struktur derVFE-Lage sollen (Familien-)Unternehmen ihre eigene Vermögensstruktur, ihre Kapitalverwendung und ihre wirt-schaftliche Leistungsfähigkeit auf einfache Art analysierenund bewerten können. Dabei generieren die Kennzahlender Vermögenslage eine aussagekräftige Darstellung derMittelverwendung, also der Kapitalbindung und der Ka -pitalstruktur eines Unternehmens. Sie geben einen Über-blick über die Struktur der Vermögenswerte innerhalb desGesamtvermögens des Unternehmens. Die Finanzlage hin-gegen bildet diejenigen Kennzahlen ab, die eine Auskunftüber die momentane Liquidität, also die Zahlungsbereit-schaft eines Unternehmens liefern. Unter die Kategorie derErtragslage fallen die wichtigsten Kennzahlen, mit denensich die Ergebnissituation und somit die Ertragskraft einesUnternehmens analysieren lässt. Sämtliche einbezogenenKennzahlen und deren Verwendung können diesemAnhang der Untersuchung entnommen werden.

    Die Zuteilung der einzelnen Kennzahlen zu den ebengenannten Kategorien erfolgte aus der Motivation heraus,ein übersichtliches, vereinfachtes, aber gleichzeitig auchwissenschaftlich fundiertes analytisches Schema zu finden.Die letztendliche Zuteilung der einzelnen Kennzahlen zuden Kategorien ist das Ergebnis sorgfältiger Untersuchungwissenschaftlicher Literatur und Analyse der von Unter -nehmen verwendeten Kennzahlen im Rahmen eigenerAnalysen.

    Um das Validitätsniveau aller Kennzahlen zu sichern,erfolgte neben der genannten Einschätzung der Qualität,also des Mehrwerts im Rahmen der VFE-Analyse für Unter-nehmen, auch eine datenbankbasierte Selektion nach derQuantität der verfügbaren Daten. So wurden alle Kenn -zahlen beziehungsweise Bestandteile der Kennzahlen imbetreffenden Analysezeitraum und somit auch in den einzelnen Geschäftsjahren hinsichtlich der Verfügbarkeitüberprüft. Kennzahlen, zu denen nicht genügend Infor -mationen vorhanden sind, werden aufgrund mangelnderAussagekraft nicht in der VFE-Lage des Benchmarks Familienunternehmen berücksichtigt.

    6 Anhang

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    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Anlagenintensität

    Umlaufintensität

    Vorratsintensität

    Die Anlagenintensität beschreibt den Anteil des

    Anlagevermögens am Gesamtvermögen:

    Anlagevermögen

    Gesamtvermögen

    Anlagevermögen: Vermögensgegenstände, die zur

    dauerhaften betrieblichen Nutzung bestimmt sind.

    Das Anlagevermögen umfasst Gegenstände, die

    langfristig im Unternehmen verbleiben.

    Gesamtvermögen/Gesamtkapital: Das Gesamt -

    vermögen errechnet sich aus dem bilanziellen Eigen -

    kapital zuzüglich der kurz-, mittel- und langfristigen

    Fremdmittel. Während das Gesamtvermögen als Begriff

    für die Aktivseite der Bilanzsumme steht, wird in dieser

    Studie für die (wertmäßig identische) Passivseite der

    Begriff Gesamtkapital verwendet.

    Die Umlaufintensität setzt das Umlaufvermögen eines

    Unternehmens in Relation zum Gesamtvermögen:

    Umlaufvermögen

    Gesamtvermögen

    Umlaufvermögen: Vermögensgegenstände, die nur

    zu einer vorübergehenden Nutzung im Unternehmen

    bestimmt sind und keine Posten der Rechnungs -

    abgrenzung darstellen.

    Gesamtvermögen: s. Anlagenintensität

    Die Vorratsintensität beschreibt den Anteil des Vor-

    ratsvermögens am Gesamtvermögen:

    Vorräte

    Gesamtvermögen

    Vorräte: Teil des Umlaufvermögens, der die Bestände

    an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, fertigen und unferti-

    gen Erzeugnissen sowie Waren erfasst.

    Gesamtvermögen: s. Anlagenintensität

    Eine hohe Anlagenintensität weist auf hohe Fixkosten

    und eine geringe Flexibilität hin, da langfristige

    Investitionen (in Vermögensgegenstände des Anlage -

    vermögens) bei Umsatz- und Ergebnisveränderungen

    schwer reduziert werden können.

    Eine hohe Umlaufintensität weist auf niedrige Fixkosten,

    eine kurzfristige Kapitalbindung und eine schnelle

    Verfügbarkeit liquider Mittel hin.

    Eine hohe Umlaufintensität kann aber auch durch hohe

    Lagerbestände entstehen oder auf einen hohen Bestand

    an Forderungen hindeuten.

    Eine hohe Vorratsintensität kann auf Absatzschwierig-

    keiten oder eine Unternehmenspolitik hinweisen,

    die auf Flexibilität am Absatzmarkt ausgerichtet ist.

    Zudem kann eine hohe Vorratsintensität ein Indikator

    für eine hohe Unabhängigkeit des Unternehmens von

    Zulieferern sein.

    6.2 Kennzahlen der Vermögensanlage

    Kennzahl21 Definition Anwendungs- und Interpretationsmöglichkeiten22

    21 Die Definitionen der Kennzahlen basieren auf Coenenberg/Haller/Schultze (2012): Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse.22 Die erläuterten Anwendungs- und Interpretationsmöglichkeiten dienen der Illustration und haben keinen abschließenden Charakter.

  • 32

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Forderungsquote

    Eigenkapitalquote

    Fremdkapital-

    quote

    Die Forderungsquote bezeichnet das Verhältnis des

    Buchwertes der Forderungen aus Lieferungen und

    Leistungen zum Gesamtvermögen:

    Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

    Gesamtvermögen

    Forderung: Anspruch eines Unternehmens, der sich

    auf von Dritten zu erbringende Geld- oder sonstige

    Leistungen richtet.

    Forderungen aus Lieferungen und Leistungen:

    Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen (Lieferungs-,

    Werks- oder Dienstleistungsverträge), die vom bilan -

    zierenden Unternehmen durch Lieferung oder Leistung

    bereits erfüllt sind, deren Erfüllung durch den Schuldner

    (Zahlung des Kaufpreises) aber noch aussteht.

    Gesamtvermögen: s. Anlagenintensität

    Die Eigenkapitalquote beschreibt den Anteil des

    Eigenkapitals am Gesamtkapital eines Unternehmens:

    Eigenkapital

    Gesamtvermögen

    Eigenkapital: Die dem Unternehmen von ihren

    Eigentümern ohne zeitliche Begrenzung zur Verfügung

    gestellten Mittel.

    Gesamtkapital: s. Anlagenintensität

    Die Fremdkapitalquote misst den Anteil des

    Fremdkapitals am Gesamtkapital:

    Fremdkapital

    Gesamtvermögen

    Fremdkapital: Die dem Unternehmen aufgrund von

    Schuldverpflichtungen für begrenzte Zeit überlassenen

    Mittel.

    Gesamtkapital: s. Eigenkapitalquote

    Ein hoher Anteil an ausstehenden Forderungen kann

    auf zukünftige Bareingänge hinweisen. Zudem kann

    dies späte Zahlungseingänge beziehungsweise eine

    schlechte Zahlungsmoral anzeigen.

    Die Kennzahl kann je nach vorherrschender Zahlungsart

    in einer Branche unterschiedlich ausfallen.

    Des Weiteren muss zur Interpretation der Kennzahl

    ein mögliches Factoring des Unternehmens beachtet

    werden. Folglich hat die Forderungsquote auch

    Auswirkungen auf die Finanzlage des Unternehmens.

    Eine hohe Eigenkapitalquote zeigt eine größere

    Unabhängigkeit des Unternehmens von Fremdkapital -

    gebern, ein geringeres Risiko der Zahlungsunfähigkeit

    oder der Überschuldung an.

    Eine hohe Fremdkapitalquote kann ein erhöhtes Risiko

    der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung anzeigen

    und damit auch auf eine geringe Bonität hindeuten.

    Ein hoher Fremdkapitalanteil kann sich aber auch

    positiv auf die Eigenkapitalrentabilität auswirken –

    allerdings verbunden mit einem höheren finanzwirt-

    schaftlichen Risiko (Leverage-Effekt).

    Darüber hinaus muss die potenzielle Vorteilhaftigkeit der

    Fremdfinanzierung durch die steuerliche Absetzbarkeit

    der Fremdkapitalzinsen beachtet werden (Tax -Shield).

    Kennzahl Definition Anwendungs- und Interpretationsmöglichkeiten

  • 33

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Verschuldungs-

    grad

    Der Verschuldungsgrad setzt das Fremdkapital in

    Relation zum Eigenkapital:

    Fremdkapital

    Eigenkapital

    Fremdkapital: s. Fremdkapitalquote

    Eigenkapital: s. Eigenkapitalquote

    Ein hoher Verschuldungsgrad zeigt eine geringe Bonität

    an. Das Risiko einer Überschuldung oder eines Zah-

    lungsausfalls steigt mit der Höhe des Verschuldungs-

    grades. Eine hohe Verschuldung kann aber auch positiv

    auf die Eigenkapitalrentabilität wirken – allerdings

    verbunden mit einem höheren finanzwirtschaftlichen

    Risiko (Leverage-Effekt).

    Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens ist stark

    branchenabhängig. So kann eine hohe Fremdkapital-

    quote und somit ein hoher Verschuldungsgrad ins -

    besondere in anlagenintensiven Geschäftsmodellen

    wie Immobilienbauprojekten branchenüblich sein.

    Kennzahl Definition Anwendungs- und Interpretationsmöglichkeiten

    6.3 Kennzahlen der Finanzlage

    Cashflow In allgemeinster Form wird der Cashflow als die

    Differenz der Einzahlungen abzüglich der Auszahlungen

    des Unternehmens in einer Periode bezeichnet:

    Einzahlungen – Auszahlungen

    Der Cashflow kann auch indirekt aus dem Jahres -

    abschluss ermittelt werden. Er wird dann als Residual-

    größe aus dem Jahreserfolg, den Abschreibungen

    sowie der Veränderung der langfristigen Rückstellungen

    gebildet. Aufgrund der Datenverfügbarkeit wird hier nur

    ein vereinfachter Cashflow aus der Summe der

    Abschreibungen und dem Jahreserfolg ermittelt:

    Jahreserfolg + Abschreibungen

    Dementsprechend ist der Cashflow nur eingeschränkt

    vergleichbar.

    Abschreibungen: s. Abschreibungsintensität

    Der Cashflow umfasst den aggregierten Zufluss

    beziehungsweise Abfluss von Zahlungsmitteln

    (Nettofluss liquider Mittel) während einer Periode und

    ist somit ein Indiz für die finanzielle Situation des

    Unternehmens. Ein positiver Cashflow weist auf eine

    hohe Innenfinanzierung hin.

    Kennzahl Definition Anwendungs- und Interpretationsmöglichkeiten

  • 34

    Benchmark Familienunternehmen © Handelskammer Hamburg/Hamburger Institut für Familienunternehmen 2013

    Dynamischer

    Verschuldungs-

    grad

    Liquiditätsgrad

    1 bis 3

    Der dynamische Verschuldungsgrad ist das Fremd-

    kapital eines Unternehmens im Verhältnis zum Cashflow:

    Fremdkapital

    Cashflow

    Fremdkapital: s. Fremdkapitalquote

    Cashflow: s. Kennzahl Cashflow

    Die Liquiditätsgrade setzen die liquiden Mittel

    beziehungsweise schnell liquidierbares Vermögen

    ins Verhältnis zu den Verbindlichkeiten.

    Liquiditätsgrad 1:

    liquide Mittel

    kurzfristige Verbindlichkeiten

    Liquiditätsgrad 2:

    liquide Mittel + kurzfristige Forderungen

    kurzfristige Verbindlichkeiten

    Liquiditätsgrad 3:

    liquide Mittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte

    kurzfristige Verbindlichkeiten

    Liquidität: Fähigkeit eines