HO CHI MINH STADT - archinoah

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Dozentur für Städtebauliches Entwerfen • TU Dresden • Doz. Barbara Engel HO CHI MINH STADT L Lehre Außereuropäische Stadtentwicklung • Metropolen im 21. Jahrhundert Vertiefungsarbeit von Andreas Schmalz • WS 2004/2005,

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Dozentur für Städtebauliches Entwerfen • TU Dresden • Doz. Barbara Engel

HO CHI MINH STADT

LLehre

Außereuropäische Stadtentwicklung • Metropolen im 21. Jahrhundert

Vertiefungsarbeit von Andreas Schmalz • WS 2004/2005,

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Inhaltsverzeichnis

Zum Thema der Arbeit

Räumliche EinordnungÜberblick zu VietnamRegion & Kurzgechichte

StadtgeschichteDie SiedlungsanfängePerle de l’Extrême Orient 40 Jahre DekolonisationPhase der DeurbanisierungDoi Moi – die RenovierungHo Chi Minh Stadt Heute

StadtproblemeAspekte der Armut in VietnamSquatter und SlumsBedeutende Mängel der Infrastruktur

Strategien der StadtentwicklungSlum - UpgradingKahlschlagsanierungIntegrative EntwicklungskonzepteSpendenunterstützte ProjekteZukünftige Aufgaben & Herausforderungen Saigon South

Konklusion

AnhangGlossarQuellenangabeAbbildungsverzeichnis

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Zum Thema der Arbeit

Zum Thema dieser Arbeit

Diese Arbeit ist ein Beitrag zum Seminar 'außereuropäische Metropolen des 21. Jahr-hunderts', das im WS 2004/05 an der Dozentur für Städtebauliches Entwerfen der TU-Dresden gegeben wurde. Thema dieses Seminars war es eine Banbreite unterschiedlicher Städte, die von den Studenten selbst gewählt wurden, in deren individueller Entwicklung aufzuzeigen. Beschrän-kungen nach regionalen, problemtypischen, stadt-geschichtlichen, oder sonstigen Kriterien waren nicht gegeben, so das die Möglichkeit bestand mit den Arbeiten viele Aspekte der jeweiligen Stadt zu erläutern.

Es soll ein größtmöglicher Überblick der Stadt-entwicklung von Ho Chi Minh Stadt geben werden, soweit es die begrenzte Quellenlage erlaubt. Einen Spiegel der Stadt sozusagen, in dem die unterschiedlichen Quellen zu dieser in einem Text zusammengefügt und gegenübergestellt sind. Ein roter Faden wird schwer erkennbar sein, aufgrund der vielen, diversen Einflüsse, mal indogen, mal endogen, schweift die Arbeit weit ab um im Folgen-den wieder detailiert zu untersuchen. Es ist schwer eine Metropole, die sich aktuell in einem rapiden Wachstumsprozess befindet und sich von der eigenen Kultur und den eigenen Standards grund-legend unterscheidet, rational zu werten, zumal die Stadtentwicklung dem europäischen Vorbild einer organisch wachsenden Stadt stark widerspricht. Die Stadtentwicklung kann nicht um ihrer selbst betrachtet werden, oft spielen überregionale, sogar internationale Einflüsse eine Rolle, ande-rerseits sind stadtspezifische Eigenschaften von entscheidender Bedeutung. Diese Bandbreite ist nötig um die heutigen Strategien und Programme der Stadtentwicklung in ihrer Folgerichtigkeit und ihrem Sinngehalt zu verstehen.

Mit der wirtschaftlichen Öffnung Vietnams ab der Mitte der 1990er, verändert sich der Staat rapide. Dieser Wandel wird über die nächsten Dekaden fortschreiten, es sogar müssen, damit Vietnam nicht nur zu einem vollwertigen Mitglied der internationalen Gemeinschaft wird, sondern sich auch in sein regionales Umfeld neu eingliedert. Ho Chi Minh Stadt, das ehemalige Saigon der Perle de l’Extrême Orient, im südlichen Vietnam gelegen, hat eine vielbewegte 300 jährige Geschichte hinter sich. Heute gilt die größte Stadt des Landes mit

seinen unzähligen Industrien als Wachstumsmotor Vietnams, in die unaufhörlich Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben migrieren. Die Verhältnisse seit den Anfängen der Wirtschafts-reform haben sich stark geändert, doch haben ökonomischer Aufschwungs und höhere Lebens-standards auch ihre Kehrseite, die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit auseinander, die Infra-struktur wird stark überlastet und die ökologischen Probleme nehmen zu. Um die angestrebten Ziele, zusammengefasst unter dem Motto: Eine Perle die im 21ten Jahrhundert wieder glänzt, aus Ho Chi Minh Stadt eine bedeutende 'Techno-Polis' Asiens zu machen, zu erreichen, sehen sich die Administ-rationen von Staat und Stadt großen Aufgaben und Herausforderungen gegenübergestellt.

Die folgende Arbeit setzt sich daher aus zwei großen Bereichen zusammen. Im Ersten wird die Geschichte der Stadt behandelt, im zwei-ten werden die unterschiedlichen Strategien der Stadtentwicklung, die seit den 1986er Reformen implementiert wurden dargestellt. Ein Zwischenteil widmet sich besonderen Problemen, die die Stadt aktuell zu bewältigen hat, und stellt damit auch den Ist-Zustand der Stadt dar. Diese Anordnung wurde gewählt um über den leicht nachvollziehbaren, da chronologisch gegliederten, Werdegang der Stadt und deren momentanen Problemen zu der aktuellen Entwicklungspolitik vorzudringen. Welches Produkt der Stadtgeschichte, aktueller Probleme und Her-ausforderungen sowie angestrebter Ziele ist.

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt Räumliche Einordnung • Überblick zu Vietnam

Abb. 02: Vietnam - politische Karte

Die Sozialistische Republik Vietnam, eine der letzten kommunistischen Staaten, liegt im südos-tasiatischen Raum, näher gesagt in Indochina, dem einstigen Cochinchina. Zum Westen und Norden grenzt das Land an Kampuchea, Laos und China. In östlicher und südlicher Richtung erstrecken sich der Golf von Tonkin, das Südchinesische Meer und der Golf von Thailand. Von der Form her gleicht Viet-nam einem Streifen, der sich entlang der gesamten Ostküste Indochinas erstreckt und bei einer Nord-Süd Ausdehnung von rund 1650 km an manchen Stellen nicht breiter als 50 km ist. Die Landesfläche von 330.000 qkm ist geringfügig kleiner als die Deutschlands, die Bevölkerungszahl von 83 mio ist mit der Deutschlands vergleichbar sowie die sich daraus ergebende Dichte von 251 Einwohner pro qkm. Von der wirtschaftlichen Entwicklung her kann Vietnam zwischen Staaten wie Malaysia, Thailand, Indonesien, China, Indien und den Philippinen ein-gestuft werden [World Bank 2003].

Auffallend für Vietnam ist die, in vieler Hin-sicht starke Teilung des Landes in Nord und Süd. Durch einen Ausläufer der Annamitische Kette an der schmalsten Stelle, in der Mitte des Landes, wird dieser Bruch sowohl auch Naht Materie. Der Gebirgszug läuft direkt bis an die Küste, wo er dann steil abfällt und nur mittels Küstenstraße sowie einigen Pässen zu überqueren möglich ist. Die Teilung des Landes ist vielseitig erfahrbar, beim Klima angefangen über die Geschichte bis hin zum Charakter der Menschen, der Städte. Synonym dieser Teilung, ist der Dualismus der beiden wich-tigsten Städte Vietnams: Hanoi die Hauptstadt, im politischen und kulturellen Sinne im Norden und Ho Chi Minh Stadt das Wirtschaftszentrum des Landes, in der sich die Zukunft der Nation entscheidet, im Süden. Im subtropischen Hanoi, einer 2000 Jahre alten Stadt am Ufer des Roten Flusses die als ruhig, gesetzt und elegant angesehen wird, werden die politischen Entscheidungen gefällt, wird regiert. Der Kontrast dazu ist die tropische Ho Chi Minh Stadt, am Saigon gelegen einst ebenfalls schön und elegant, offen und grün, verkörpert sie heute eine überfüllte, vor Leben strotzende, ruhelose, aufgedrehte und flippige Metropole die zu einer der am schnellsten wachsenden Boomstädte der Welt zählt. Sie ist unangefochtenes wirtschaftliches Zentrum des Landes.

Eines haben Nord und Süd jedoch gemein, einen starken Kontrast zwischen urbanen und rura-

Hanoi

Da Nang

Vung Tau

Hai Phong

Dien Bien Phu

Hue

Ho Chi Minh Stadt

China

Laos

Kampuchea

Überblick zu Vietnam

Abb. 01: Vietnam in Südostasien

„Im Norden, in der Nähe der Berge Südchi-nas, befinden sich die Niederungen des Deltas des Roten Flusses, umgeben von Hügeln und niedrigen Bergketten. Im Süden erweitert sich das Land erneut in der Nähe des Mekong Deltas und der angeschwemmten Niederungen, die dieses Delta umgeben. Diese beiden Gebiete sind nur durch einen schmalen Streifen Land miteinander verbunden ...“

- Jean Chesneaux

Shanghai

Hong Kong

Taipei

Manila

Hanoi

Ho Chi Minh Stadt

Phnom Penh

Bangkok

Rangoon

Kuala Lumpur

Singapur

Jakarta

Räumliche Einordnung

0403

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Abb. 04: Verstädterungsgrad [Landesdurchschnitt: 23.5 %]

50 km 150 km

5.8 - 10 (Min.-Wert)

10 - 20

20 - 30

30 - 40

40 - 50

50 - 83.5 (Max.-Wert)

Ho Chi Minh City

Abb. 05: Städtesystem nach Stadtgrößenklassen

50 km 150 km

20.000 - 100.000 Einwohner [Provinz- od. Distriktstadt]

100.000 - 350.000 Einwohner [Große Mittelstädte]

350.000 - 1 Mio Einwohner [Großstadt]

über 1 Mio. Einwohner [Metropole]

Ho Chi Minh City

Abb. 03: Bevölkerungsdichte [Landesdurchschnitt: 231 E/qkm]

len Raum. Hanoi im Verbund mit seiner Hafenstadt Haiphong zählen 5,8 Millionen Einwohner, Ho Chi Minh Stadt 5,0 Millionen [United Nations 2001]. Zusammen leben in diesen drei Städten 58 % der urbanen Bevölkerung Vietnams, wobei der Anteil dieser an der Gesamtbevölkerung, im Vergleich zu Ländern ähnlichem Entwicklungsstands, nur geringe 21 % beträgt [UN-HABITAT 2003].

Der Kontrast wird um so deutlicher betrachtet man die Armutsraten: leben in den urbanen Gebie-ten 6,6 % unter der gesetzlichen Armutsgrenze, so sollen es in den ruralen bis zu 35,6 % sein [Viet-nam Development Report 2004]. Dieses Gefälle ergibt sich aus den signifikanten Differenzen im Bildungsangebot, der medizinischen Versorgung, der Erreichbarkeit von staatlichen Hilfsangeboten, der Möglichkeit einen sozialen Standard zu sichern und des Mitspracherechts an öffentlichen Entschei-dungen. Darüber hinaus sind bis jetzt einzig die Städte die Profiteure der Politik des Doi Moi, der wirtschaftlichen Öffnung des Landes. Sieht man von einer unterschiedlich starken Entwicklung von Hanoi und Ho Chi Minh Stadt ab, ist das Wachstum beider verglichen mit den ländlichen Gegenden überproportional hoch. Der sich aus dieser Mag-netwirkung ergebende Urbanisierungsprozess führt zum weiteren Anwachsen dieser Metropolen, denen je nach Quelle eine jährliche Wachstumsrate zwischen 2,3 und 3,5 % für den Zeitraum 2005 bis 2010 beschieden wird [United Nations 2001 & Marr 2002]. Somit liegt die derzeitige Hauptaufgabe der vietnamesischen Regierung neben der wirtschaft-lichen Entwicklung, im Kampf gegen die Armut sowie im Abbau der Disparitäten zwischen Stadt und Land.

50 km 150 km

32 - 100 (Min.-Wert)

100 - 250

250 - 500

500 - 1.000

1.000 - 2.000

2.000 - 2.901 (Max.-Wert)

Ho Chi Minh City

0605

Räumliche Einordnung • Überblick zu Vietnam

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Abb. 06: Ho Chi Minh Stadt | Mekong Delta | Phnom Penh

Bien Hoa

Vung TauMy Tho

Phnom Penh

Can ThoRach Gia

Versucht man Ho Chi Minh Stadt in den Fokus zu nehmen und nähert sich schrittweise dem Süden Vietnams, so dominiert sofort eine Struktur das Blickfeld: das weitverzweigte und -ausgedehnte Delta des Mekong. Der im Hochland von Tibet entspringende, in das Südschinesischen Meer mündende, 4500 km lange Fluss prägt mit seinem großflächigen Delta, das aus unzähligen Flussarmenarmen und Sumpfgebieten besteht die regionale Topographie und stellte die Basis für das erfolgreiche Wachstum Saigons. Das Delta ist Sinnbild dieser Region, Reisanbau und Fischfang sicherten die Ernährung der Bevölkerung, der Handel brachte den Reichtum sowie die überregi-onale Bedeutung. Die Flussarme durchschneiden das Land, trennen es in einen mäßig besiedelten, überwiegend landwirtschaftlich genutzten Land-zipfel im äußersten Süden und einem nördlichen dichtbesiedelten Metropolenraum: Ho Chi Minh Stadt.

Die weite Peripherie der Metropole erfüllt fast das gesamte Stadtgebiet von 2.100 qkm, um sich dann an einem winzigen Punkt, einer emporstehenden Nadel gleich, auf stellenweise bis zu 80.000 Einwohner pro qkm zu verdichten. Mit ihren 300 Jahren ist sie eine vergleichsweise junge Dame, jedoch von bewegter Geschichte. Ihr Anfang war anderen südostasiatischen Handels-städten sehr ähnlich, doch entwickelte sie sich während der französischen Kolonialzeit zur Grand Dame Indochinas, der Perle de l’Extrême Orient in der Belle Colonie [Franchini 1994, S. 26]. Unter der Leitung der Franzosen prosperierte die Stadt und gewann durch ihre Schönheit und ihren Reichtum internationales Renommee. Sie wurde Magnet für Menschen jeglicher Herkunft und Religion, ob dem europäischen Abenteurer, chinesischen Händler oder einheimischen Arbeiter, so nahm die Bevöl-kerung in diesen Jahren stetig zu.

Mit der Dekolonisation jedoch, in 40 Jahren und drei Kriegen ausgefochten, kehrte sich diese Entwicklung um. Missbraucht als Garnisionsstadt, Marionette amerikanischer Wirtschaft und Flücht-lingslager der Landbevölkerung verarmte und verslumte sie. Eine neue Bevölkerungsschicht bildete sich in der Stadt - die Squatter. Zum Groß-teil geflohene Bauern, unvertraut mit der urbanen Lebensweise, meist unter unsicheren und unsteten

Verhältnissen lebend, machte diese Gruppe aus, von der niemand sagen konnte wie groß sie in Wirklichkeit war. Das Image der ehemalig interna-tionalen und weltoffenen Stadt mit kolonialem Flair verschwand in nur wenigen Jahren.

Mit der Annexion Südvietnams an den kom-munistischen Norden 1975 folgte eine Phase der Geißelung. Als kapitalistischer Mitläufer und moral-loses Moloch wurde sie verteufelt und mit ihrer Umbenennung zu Ho Chi Minh Stadt gedemütigt. In den folgenden Jahren gebrandmarkt als schwarzes Schaf Vietnams, von Prinzip und Ideologie aus ver-nachlässigt und seiner traditionellen Aufgaben als Regierungs-, Handels- und Kulturzentrum beraubt, erhielt sie nur abfällige Aufmerksamkeit von den Regierenden aus dem nördlichen Konkurrenten Hanoi. Die aus dem Befreiungskrieg hervorgegan-genen Missstände minderten sich trotz oder auch aufgrund des kommunistisch geprägten Engage-ments der Regierung kaum, sie wurden vielmehr todgeschwiegen und ihrer Existenz beraubt.

Mit der 1986 angefangenen Politik des Doi Moi, der Renovierung Vietnams kam die Wende. Von der Unfähigkeit des eigenen Systems genötigt, musste die Politspitze um ihr Überleben zu sichern ihr Handeln neu ausrichten. Die folgende schritt-weise Öffnung des Landes westlichen Staaten und Investoren gegenüber ließ in Ho Chi Minh Stadt, die am meisten von den Reformen profitiert, eine zweite, zwar noch schwache, Blüte aufkommen. Die private Wirtschaft lebt auf, eine neue Bour-geoise formt sich, ausländische Investoren strömen in das Land. Zwar bestehen viele Mißstände weiter, doch scheinen die Zeichen der Zeit auf eine bessere Zukunft zu weisen. So wurde 1997 nicht nur das 300 jährige Jubiläum der oft bewegten Stadtgeschichte sondern auch die Wiederauferstehung aus 50 jäh-rigem Tiefschlaf gefeiert.

Heute darf wieder geschwelgt werden, von einer besseren Zukunft, auf und vorwärts zu frühe-rer Schönheit. Nur, wo soll man beginnen? Welche Möglichkeiten bieten sich einem? Und was ist die richtige Strategie, was Realität, was Utopie?

Region & Kurzgechichte

0807

Räumliche Einordnung • Region & Kurzgechichte

Page 7: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Überblick der Bevölkerungsentwicklung

Jahr1859

1862

1881

1900

1907

1911

1926

1939

1943

1945

1954

1958

1962

1967

Bevölkerung33.000

7.000

53.000

183.900

228.400

249.500

346.700

1975

1979

1989

1995

2000

2004

2020

495.800

498.100

976.000

1.723.400

1.383.000

1.431.000

1.736.900

2.377.000

2.701.000

2.796.200

3.555.000

3.992.000

5.479.000

Ca. 12.000.000

09

Abb. 07: Bevölkerungsentwicklung & geschichtliche Eckdaten von Ho Chi Minh Stadt

2.377.000

1.723.000

2.771.000

2.000.000

4.000.000

6.000.000

8.000.000

10.000.000

12.000.000

976.000

5.479.000

französische Kolonie Bürgerkrieg wirtschaftl.Öffnung

jap.

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n

Ein

führ

ung

von

Doi

Moi

20201911

19001954

194819791881 1907

18751926 1939

1943 19581962

1967

1975

19891995

20002004

18621859

1925 19501945

Räumliche Einordnung • Region & Kurzgechichte

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt Stadtgeschichte • Die Siedlungsanfänge

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Die Siedlungsanfänge

Die Bedeutung des Mekong Deltas für die Stadtentwicklung von Saigon oder später Ho Chi Minh Stadt kann seit jeher als sehr hoch angesehen werden. Am 80 km nördlich der Mekong Mündung gelegenen Zusammenfluss des Saigon und Dong Nai bildeten sich schon lange vor der offiziellen Stadtgründung dörfliche Siedlungen, die vor allem von Fischfang und Handel lebten und ihre Anfänge zwischen dem ersten und sechsten Jahrhundert hatten, lange bevor dieses Gebiet von Vietname-sen bewohnt wurde. Bis zum 17. Jahrhundert entwickelten sich diese Siedlungen, noch unter der Herrschaft des Angkor Reiches, zu einem wichtigen Handelszentrum, in dem sich sowohl malaiische, chinesische und indische Händler ansiedelten.

Die folgende Phase der Entwicklung begann 1698, als die Siedlung von den Vietnamesen ein-genommen und mit dem Aufbau von Verwaltungs-strukturen offiziell und urkundlich belegt gegründet wurde. Der Name Saigon tauchte zu diesem Punkt erstmals auf, welches vom vietnamesischen Wort Cay Gon kommt, und Kapokbaum, dessen Frucht-kapseln die Baumwolle liefern, bedeutet [Martin 2001].

“Die vietnamesische Religion lässt sich höchstens durch ein Bild beschreiben, ähnlich dem, das ein Marsch durch die annamitischen Berge hinterlässt. Überall große Baumstämme, deren Wurzeln in undefinierbare Tiefen reichen, darüber ein Blätterdach, das sich im Schatten ver-liert. Zweige hängen herunter und verwurzeln sich wieder, Rankengewächse, die scheinbar nirgendwo anfangen und nirgendwo enden, kriechen von Baum zu Baum, dazwischen unentwirrbare Dornen-hecken und feines, seltsames Blattgespinst. Blüten fremdartiger Herkunft besternen den Boden oder bringen Baumkronen zum Glühen. Die Rinde der Bäume ist schwarz, manchmal trocken und knorrig, manchmal nass und glitschig, man kann sie nicht anfassen, ohne zu schaudern. Tote Äste liegen auf einem dicken Teppich aus Moder und Fäulnis; allerorten aber sprosst es darüber, und das Leben verschwendet sich im Überfluss.”

- Leopold Cadière

Wirkliche Städte oder Stadtkultur gab es in dieser Epoche in Vietnam nicht. Bis zum Zeitpunkt der französischen Invasion 1859 bestand eine traditionelle vietnamesische Ansiedlung aus einer Gruppierung kleiner ländlicher und unabhängiger Kommunen, denen gemeinschaftlich das Land gehörte und dieses zusammen bestellten. An sich kann man von zwei unterschiedlichen Arten von Siedlungen sprechen: einer kleineren, Thi Tran genannt, welche eher einem Marktfleck mit schma-len Wegen, welche auf eine breite Hauptstraße endeten glich; und einer größeren, der Than Pho, die ein Raster gleichberechtigter Straßen aufwies, und von einer Mauer oder einem Wassergraben umgeben war.

Über alle historischen Entwicklungsphasen hinweg blieb der Hafen die Keimzelle der Stadt, war bestimmend für die politische, wirtschaftliche sowie militärische Bedeutung und prägend für die räumliche Ausformung der Siedlungsstruktur. Hier siedelten über die Jahrhunderte Händler unter-schiedlicher asiatischer Staaten. Anfangs waren es die Khmer aus Kambodscha, später, im 18. Jahrhundert, überwiegend chinesische Kaufleute. Da China der wichtigste Handelspartner in ganz Südostasien war, brachten sie nicht nur Taoismus und Buddhismus nach Vietnam, sondern auch ein Netzwerk von Handelsbeziehungen.

Als die Vietnamesen Anfang des 18. Jahrhun-derts, das Fischerdorf Gia Dinh einnahmen, es mit einer Zitadelle sicherten und somit Saigon grün-deten, existierte bereits die chinesische Kolonie Cholon, übersetzt Großer Markt, in unmittelbarer Nachbarschaft. Beide Strukturen gingen über die Jahre eine Symbiose ein, aus der sich die heutigen städtebaulichen Grundstrukturen, geprägt durch chinesische Bautraditionen und regionale Lebens-weisen formten. Die Wechselwirkung beider, Han-dels- und administratives Zentrum, führte zu wirt-schaftlichen und politischen Bedeutungsgewinn, welches im Aufstieg Saigons zum wichtigsten Handelshafen des jungen Nationalstaats Vietnam gipfelte. Mit der Kolonisierung Südostasiens in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch europäische Imperialstaaten bekam diese eine weitere Dimen-sion.

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Stadtgeschichte

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Abb. 09: Stadtplan Saigon & Cholon, 1878

Saigon Fluss

Dong Nai Fluss

Nhabe Fluss

Saigon

Cholon

Hafen

15

kmsn

Perle de l’Extrême Orient

„Die Stadt Saigon hat wohl proportionierte Straßen, die mit Bäumen bepflanzt sind, schöne Häuser reihen sich daran auf, es gibt einen großzü-gigen Hafen, ein mächtiges Zeughaus und einen Regierungspalast, der gut und gern gegenüber dem Louvre stehen könnte.“

- Gastron Gonnefont, 1886

Angetrieben im Wettlauf mit England um imperialistischen Einfluss in Asien ließ Napoleon III in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit massiver militärischer Unterstützung nicht nur Mis-sionare sondern auch Expeditionen von Kaufleuten und Abenteurern nach Indochina entsenden. Ziel war es, nachdem die Briten bereits Burma und Hong Kong eingenommen hatten, einen eigenen Brückenkopf in strategischer Nähe zu China zu errichten. Unter starkem Zeitdruck begannen daher die Franzosen 1859 fast panisch mit der Eroberung Saigons, welche in den folgenden Jahren zum Ausgangspunkt der Invasion Cochinchinas und Unterwerfung ganz Indochinas wurde.

1861 war Saigon vollständig in französischer Hand und wurde zum administrativen Zentrum Cochinchinas ausgebaut. Bereits 1862 wurde vom Militäringenieur Colonel Coffyn ein Plan für die zukünftige Stadtentwicklung erstellt, womit der Grundstein für das Wachstum Saigons vom bescheidenen Marktflecken zur kolonialen Metro-pole Indochinas, der Perle de l’Extrême Orient in der Belle Colonie gelegt wurde [Franchini 1994, S. 26]. Der nach europäischem Vorbild entworfene Plan sah eine Erweiterung des Stadtgebiets auf 2.500 Hektar vor und war für 500.000 Einwohner ausge-legt. Zu diesem Zeitpunkt lebten jedoch nur 600 Europäer sowie 50.000 Vietnamesen und Chinesen in Saigon. Grundlage war ein am Reißbrett entwi-ckeltes Rechteckraster, bestehend aus Boulevards und Alleen, dessen Hauptachsen in zur Stadtbelüf-tung sinnvoller Nordost nach Südwest Richtung verliefen und gleichzeitig die wichtigen Bezüge zum Hafen und zur Nachbargemeinde Cholon bediente. Standorte für öffentliche Gebäude wie Rathaus, Kathedrale, Oper und Hauptpost waren bereits definiert, die restliche Struktur sollte nach französischen Vorbild mit einer Blockrandbebauung gefüllt werden, welches letztendlich jedoch nur zu 10 % durchgeführt wurde. Neben der sensiblen

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Abb. 08: Bvd. Charner & Rathaus im Hintergrund, um 1890

“Es ist mehr als tragisch für uns Vietnamesen, dass wir so viel Zeit damit verbracht haben, die chinesische Kultur zu absorbieren, und so viel Zeit damit verbracht haben, uns ihr zu widersetzen.”

- Nguyen Huy Thiep, vietnamesischer Autor

Stadtgeschichte • Perle de l’Extrême Orient

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Neue Straßen und Kanäle wurden angelegt, die Cholon, Saigon und den Hafen enger aneinan-der bunden und die logistische Effizienz steigerten. Das für chinesische Siedlungen typische Raster wurde von der Kolonialmacht leicht überformt und die wenigen vorhandenen Tempel und Pagoden in diese Struktur implantiert. Die neue Ordnung erwies sich als vorzüglich für die Integration des in allen Handelsdomainen im südostasiatischen Raum auffindbaren Chinese Shophouse, dem städtebauli-chen Grundstein der chinesischen Siedlung, ob in Vietnam, Malaysia oder Kampuchea.

Abb. 11: Plan der Achsenlegung durch Saigon, 1891

Kathedrale

Palast desGeneralgouverneurs

Rathaus

botanischer Garten

Rue Catinat

Bvd. C

harn

er

Hafenareal

Mit der Bildung des Departement d’Urbanisme von Indochina durch Ernest Hebrard um 1920 ging die Stadtplanung in Cochinchina in eine neue Phase. Hebrard wollte die Stadtstrukturen von Saigon, Hanoi, Haiphong und anderer indochinesischer Städte modernisieren um gleichzeitig durch eine Auseinandersetzung mit außereuropäischen Ein-flüssen der französischen Architektur neue Impulse geben. Ferner sollten die kolonialen Ansprüche der Franzosen gefestigt werden, durch die Schaffung eines städtischen Ensemble, großartig und effizi-ent, einer großen Nation entsprechend.

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„Lassen Sie uns hoffen, dass der französische Urbanismus in Indochina ein experimentelles Terrain gefunden hat, das Früchte tragen wird. Besonders in Ländern, die noch jung sind, könnte diese neue Wissenschaft, die vor allem darin besteht, zukünftige Entwicklungen vorrauszusagen und gegenwärtige Zustände zu ordnen, zur Planung von gesunden Städten führen, von Städten, worin es sich leicht und angenehm leben lässt.“

- Ernest Hebard

Einbindung der natürlichen Vegetation in den neuen Stadtplan wurden zusätzlich 20.000 Bäume auf Anregung der Gouverneure und botanistes colo-niaux gepflanzt, wodurch une ville-parc entstand [Franchini 1994, S. 35].

Ausländisches Kapital strömte nach Saigon, die Stadt boomte, neue Wege und Straßen wurden angelegt, viele durch die ursprünglichen vietname-sischen Thi Trans und das Fort verlaufend sowie die alten Wege und Wassergräben nachzeichnend. Kreisverkehre entstanden und die Straßennumme-rierung wich neuen Namen, bekannten Franzosen zu Ehren. Der Aufschwung aus Handel und Spekula-tion brachte Banken, Hotels und Restaurants in die junge Metropole. So wurde es bereits 1865 nötig das koloniale Planwerk zu überarbeiten. Der dama-lige Stadtkommandant Admiral Bonnard erhielt den Auftrag Saigon zum Wettkampf mit Hong Kong und Singapur zu rüsten. Um die Entwicklung stärker vorrantreiben und neueste Ideen aufnehmen zu können, wurden die Planungen stärker europäi-schen Standards angeglichen.

Die Rue Catinat, heute Dong Khoi, vom Hafen zur Kathedrale verlaufend, wurde zur Hauptachse für Handel und Kommerz ausgebaut, das Blockras-ter vereinfacht und die Parzellierung optimiert. Ein 30 Hektar großer Botanischer Garten, geplant von Alphonse Germain, einen Orchideengarten, Zoo und Musikpavillon sowie den Regierungspalast ent-haltend, wurde angelegt und es hieß: „der Garten sei eine schicksalhafte Symbiose orientalischer Bildhaftigkeit und französischer Methodik.“

War Saigon stark nach französischem Vorbild geprägt und Bemühungen landesübliche Baufor-men zu integrieren oberflächlich geblieben, so entwickelte sich das benachbarte Cholon unbeirrt in regionaler Tradition weiter. Die chinesische Nach-barstadt genoss aufgrund ihrer guten Verbindungen in den südostasiatischen Raum umfangreiche Handelsprivilegien und Steuervorteile. Sie wurde zum unentbehrlichen Partner für die Franzosen die dadurch Zugang zu notwendigen Absatzmärkten in Cochinchina erhielten. Folglich prosperierte der Hafen immer mehr, von hier aus wurden die lukrativen Erzeugnisse der Kautschuk-, Kaffee- und Teeplantagen Indochinas verschifft. In den besten Jahren wurden insgesamt 60 % der Exporte und 40 % der Importe, die über den Mekong gehandelt wurden im Saigoner Hafen umgeschlagen [Forbes 1996]. Abb. 10: Rue Catinat & Theater, um 1890

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Stadtgeschichte • Perle de l’Extrême Orient

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Abb. 13: Stadtplan Saigon & Cholon, 1928

Dörfer in Baum- & Palmenhainen

vorstädtische Überbauung

chin. Friedhof

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kmsn

Als Grundlage für die Ausformung, bezie-hungsweise den Schutz des Stadtbilds, sowie als Reaktion auf die einzig den ökonomischen Inter-essen folgenden, unkontrollierten Bauaktivitäten, führte Hebrard 1929 eine Zonierung für die Boden-nutzung ein. Es wurden fünf Nutzungskategorien ausgewiesen, je nach primärer Bebauung unterteilt in: Verwaltung, Wohnungen, Erholung, Geschäft und Industrie. Setzte Hebrard einerseits auf der Ebene der Stadtplanung seine Ideen konsequent durch, konnte er andererseits jedoch das Problem der zunehmenden Wohnungsnot nicht lösen. Von dem Gedanken weitere großzügige Parks und Erho-lungsflächen anzulegen musste er sich bald wieder trennen da immer mehr obdachlose Bauern, die von französischen Minen- und Plantagenbesitzern von ihrem Land vertrieben wurden, in die Stadt migrier-ten. Mit der stetigen Zunahme der obdachlosen vietnamesischen Bauern an der Stadtbevölkerung begann Hebrard auf eine strikte Trennung zwischen europäischer und einheimischer Bevölkerung zu dringen.

„Jeder europäische Bezirk braucht einen viet-namesischen Bezirk, um zu überleben; nur dort findet man die unverzichtbaren Dienstboten, die kleinen Geschäfte, überhaupt Arbeitskräfte ... Diese einheimischen Bezirke entsprechen, wenn man so will, den Geschäftszentren und Arbeitersiedlungen in unseren modernen Städten, die auch dort von den bürgerlichen Wohngebieten klar getrennt sind, wenn auch nicht durch eine Markierung im Stadtplan...”

- Ernest Hebard

Als wohl letzte bedeutende planerische Hand-lung der Kolonialmacht kann die Verwaltungsreform von 1932 angesehen werden, mit der offiziell zum ersten Mal die gleichen stadttechnischen Standards für Cholon und Saigon galten. Leider bezeichnet dies auch der Schlusspunkt des geordnet urbanen Wachstums der Stadt. Über die folgenden 40 Jahre, geprägt durch sich abwechselnde Kriege und Kon-flikte, bestand keine Möglichkeit für eine vorraus-sehende und langzeitige Stadtentwicklung.

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Abb. 12: Rue Catinat hinter dem Theater, um 1890

Stadtgeschichte • Perle de l’Extrême Orient

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Abb. 15: Stadtplan Saigon & Cholon, 1945

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Stadtgeschichte • 40 Jahre Dekolonialisation

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40 Jahre Dekolonisation

Nach einer kurzen Phase japanischer Besat-zung während des zweiten Weltkriegs, in der keine bedeutenden Einflüsse auf die Stadtentwicklung geschahen, hatten Saigon und Cholon gemein-sam erstmals mehr als eine Million Einwohner [Gubry 2002, Seite 5]. Der Kapitulation der Japaner folgenden Wiederaufnahme kolonialer Ansprüche Frankreichs an Vietnam führte zum Dekolonialkrieg, dem sogenannten ersten Indochinakrieg von 1945 bis 1954.

Mit der Niederlage der Franzosen und deren Rückzug aus Vietnam, war praktisch die gesamte Infrastruktur zerstört: 10 % des Eisenbahnnet-zes waren noch befahrbar, die meisten Straßen untauglich und das Telefonnetz demontiert. Die Franzosen hinterließen weder Geräte noch nötige Netzpläne, welches die Städte in ihren typischen Funktionen weit stärker traf als den ländlichen Raum. Hatte Saigon mit der Niederlage Frankreichs in der Schlacht von Dien Bien Phu 1954 und deren Kapitulation noch ein Bevölkerungszahl von nahezu 1,75 Millionen [Gubry 2002, Seite 5], so setzte trotz ihrer starken Pull-Faktoren, die als neue Hauptstadt Südvietnams Arbeit, Sicherheit und die Chance eines sozialen Aufstiegs bot, eine Deurbanistation ein. Die Deflation der Stadtbevölkerung hatte ihre hauptsächlichen Gründe in der Rückkehr der geflohenen Landbevölkerung in ihre Dörfer, der Weitersiedlung aus dem Norden vertriebener Katho-liken in periphere Provinzen und einer möglichen Unterschätzung der Einwohnerzahl bei dem `58er Zensus, da viele nicht gemeldet waren.

„Wichtig ist, dass in diesem gesamten Zeitraum [der Kolonialzeit] nicht ein Jahr ohne Widerstands-bewegung, ohne einen bewaffneten Aufstand oder eine politische Kampagne verging, das heißt ohne eine Willensbekundung der Vietnamesen, ihre verlorene Freiheit wiederzugewinnen.“

- Jean Chesneaux

Die Entwicklungsphase zwischen 1945 und 1960, kann als logische und folgerichtige Verdich-tung der Lücken zwischen den Zentren von Cholon und Saigon, entlang des südlich verlaufenden Kanals Kinh Tau angesehen werden, wobei die in Ost-West Richtung laufenden Verbindungsstraßen der beiden Kerne, als Ausgangsbasis für das Raster

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Abb. 14: Tunneleingang der Viet Kong bei Cu Chi

Page 13: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

von Städten, der Verteilung der staatlichen Produk-tionsbasen, dem Entwickeln eines Systems kleiner Zentren und der Umsiedlung der Bevölkerung in dünn besiedelte Gebiete bestand. So waren es im Süden eine Mischung aus militärischen Interessen, profitorientierten Planungen, und der Evakuierung der Bevölkerung in fortähnlich geschützte Siedlun-gen, das zu einer Urbanisierung führte. Die Städte des Nordens standen denen des Südens diametral gegenüber.

Als amerikanisches Hauptquartier mit denen einer Garnisionsstadt typischen Nachteilen einer starken Ausbreitung von Prostitution, Drogen und Kriminalität. Die Entwicklung der Stadt verstärkte sich aufgrund der vermehrten Truppenbewegungen und der hauptsächlich aus Norden kommenden Flüchtlingsströme in dieser Richtung. Als einziger sicherer Zufluchtsort für die vertrieben Landbevöl-kerung führte dieser hohe Einwohnerzustrom zu einem Wachstum welches sich zweierlei Schemata bediente. Erstens der sternförmigen Entwicklung entlang der Ausfallstraßen in vornehmlich nördlicher Richtung, welches zu einem Ausfransen der Stadt-ränder führte, und zweitens der anhaltenden Ver-dichtung des Zentrums mit maximaler Ausnutzung der Parzellen und Füllung letzter Freiflächen. Auch Aufgrund der östlichen und südlichen Begrenzung Saigons durch natürliche Barrieren, erstreckten sich die neuen Wachstumsachsen in das nördliche bis westliche Umland und banden bald kleinere, in der Peripherie liegende Dörfer an die Stadt an, aus denen sich später die Sekundärzentren des Metropolenraums bilden sollten. Im Kontrast zu Hanoi sorgte sich Stadtverwaltung und Regierung Südvietnams minimal um das Wohnungswesen für die arme Bevölkerungsschicht. Die zugezogenen, veramten Bauern und Flüchtlinge erhielten keine regelmäßige Unterkunft, eine Verslumung setzte ein, Squatters und Bidonvilles wurden errichtet. Zum Zeitpunkt der amerikanischen Kapitulation am 30. April 1975 lebten in Saigon über 2,5 Millionen Menschen [Gubry 2002, Seite 5].

Mit dem Abzug der Amerikaner flüchteten auch viele Anhänger des alten Regimes von Gene-ral Thieu das Land. Gleichzeitig wurden mehrere hunderttausend Chinesen, die Aufgrund ihres wirt-schaftlichen Erfolges verhasst waren vertrieben, andere verließen als Boat People über das Südchi-nesische Meer das Land, welches für mehr als ein Jahrzehnt in Isolation erstarren sollte.

„Vergleicht man die begeisterten Schilderun-gen über Saigon vor dem Zweiten Weltkrieg mit dem Zustand der heutigen Kernstadt, so stellt sich die Frage, wann und warum das System zusam-mengebrochen ist. Von der wohlgegliederten, offenen Anlage des damaligen Saigons mit seinen Grünzonen, das sich deutlich von der Reislandschaft des stadtnahen Umlands abgrenzt, ist nichts mehr zu sehen. Grund dafür sind die exogenen Faktoren der Dekolonisierung und des Bürgerkriegs, die Zer-störungen mit sich brachten und zu einer immensen Migration führten.“

- Marr 2002

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dienten. Die Auffüllung der letzten zwischenstäd-tischen Freiflächen führte 1956 zur endgültigen politischen Vereinigung von Saigon und Cholon. Kurz vorher hatten die Amerikaner die Franzosen als Besatzungsmacht in Südvietnam abgelöst. Zwar kam zu dieser Zeit keine wichtige städtebauliche Initiative von Seiten der Amerikaner, jedoch Inves-tierten diese reichlich, wodurch neue Verwaltungs-bauten, Schulen und Universitäten entstanden. Dies führte zu einem abermaligen Boom in dessen Verlauf die Bevölkerungszahl bis 1967 wieder auf 1,75 Millionen stieg [Gubry 2002, Seite 5].

Nach dem Dekolonialkrieg wurden die beiden neuentstandenen Vietnams vom jeweiligen Macht-block als einer ihrer wichtigsten Vorposten betrach-tet und massiv unterstützt. Südvietnam erhielt zwischen 1946 und 1966 rund 3 Mrd. US$, Schät-zungen für den Norden beziffern die Zuwendung vom kommunistischen Block mit 1,5 Mrd. US$. Ausgenommen der britischen Hilfe an Malaysia und Singapur sollen Nord- und Südvietnam in diesem Zeitraum rund 50 % aller wirtschaftlicher Hilfsgel-der, die nach Südostasien flossen erhalten haben. China bilanziert nach eigenen Angaben die Unter-stützung während der Krisenjahre 1945 bis 1976 mit 20 Mrd. US$! Dies gipfelte im Vietnam Krieg, als ausländische Hilfe und Kredite teilweise das Doppelte des südvietnamesischen Bruttoinland-produkts übertrafen und 67 % des Staatsbudgets deckten. Verwunderlich ist jedoch, dass nur ein geringer Teil der Gelder, so scheint es, direkt oder indirekt in den Aufbau der Städte geflossen war.

Getrieben von der Angst einer über Nordviet-nam laufenden kommunistischen Infiltration ganz Südostasiens, der Dominotheorie, ließ sich die USA erst in einen Konflikt später in einen offenen Krieg hineinziehen, den zweiten Indochinakrieg, der bis 1975 anhalten sollte. Von anderen kom-munistischen Staaten, China, der UdSSR und den europäischen Ostblock finanziell und militärisch Unterstützt, führte Nordvietnam einen Stellvertre-terkrieg im globalen Ost-West Konflikt. Schon ab 1954 wurden aufgrund der langjährigen Kämpfe und unterschiedlichen Ideologien, die Beziehungen zwischen den Städten Vietnams, insbesondere die des prowestlichen Saigon zum kommunistischen Hanoi aufs empfindlichste gestört. Gab es im Norden eine strikte Politik der Deurbanisierung und Dezentralisierung, die ihre Gründe in sozialistischen Prinzipien hatte, und aus der Begrenzung der Größe Abb. 16: 'Friede sei mit euch!' Vietnam 1973

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Stadtgeschichte • 40 Jahre Dekolonialisation

Page 14: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Abb. 18: Stadtplan Ho Chi Minh Stadt, 1976

Stadtgeschichte • Phase der Deurbanisierung

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Highway # 1

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Phase der Deurbanisierung

Der Abzug der Amerikaner ebnete der nordvietnamesischen Armee den Siegeszug nach Saigon, so dauerte es nicht lange und das gesamte Land wurde Anfang Juli 1976 unter kommunisti-scher Kontrolle wiedervereint. Die Reaktion der durch die Niederlage gedemütigten USA folgte unmittelbar. Wirtschaftsembargo und Beeinflus-sung des internationalen Währungsfond schnitt Vietnam ökologisch, technologisch, politisch und gesellschaftlich vom Rest der Welt ab. Der ver-meintliche Sieg bekam mit dieser Isolation und Ächtung einen bitteren Nachgeschmack. Dem Triumph des kommunistischen Nordens folgte, nicht wie in Kambodscha ein Blutbad, sondern ein für Intellektuelle, Studenten, Mönche und Sym-pathisanten des 'falschen Kommunismus', des südvietnamesischen, oft jahrelanger Aufenthalt in sogenannten Umerziehungslagern. Insgesamt sollen zwischen 500.000 und einer Million Men-schen [Margolin, 1998] in diesen Lagern inhaftiert gewesen sein, wobei der Großteil aus Städten, ins-besondere Saigon stammte. Andere flohen, einige aus ethnischen Gründen, wie die Aufgrund ihres Erfolges verhassten Chinesen, oder aus ideologi-scher Überzeugung, Anhänger des alten von den USA unterstützten Regimes, häufig als Boat People auf entbehrungsreichem und qualvollem Weg über das Südchinesische Meer nach Malaysia und dann oft weiter nach Amerika.

Mit der Wiedervereinigung Vietnams 1976, wurde die Trophäe Saigon mit ihrer Umbenennung, dem großen vietnamesischen Revolutionär zu Ehren, in Ho Chi Minh Stadt zum Symbol des kom-munistischen Sieges über die konterrevolutionären Kräfte. Nur der erste Bezirk, das Gründungsviertel der Stadt wurde offiziell unter dem Namen Saigon weitergeführt, inoffiziell jedoch konnte sich der Adoptivname bei den Einheimischen nie durchset-zen, blieb ungenutzt und unbeliebt. Als Hauptstadt des besiegten Feindes, kam Saigon in den Augen des Siegers das Image einer Sündenstadt zu. Ein Bild was sogleich der ideologischen Sozialkritik über die westliche Stadt entsprach. Spekulationen einer Verlegung der Hauptstadt, wenn nicht gleich nach Saigon, so doch als Geste des guten Willens in die Mitte des Landes, in die traditionsbehaftete ehemalige Regentenstadt Hué haben die Macht-haber des 'geeinigten Landes' nie veranlasst. Viel-

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Abb. 17: Ho Chi Minh oder Onkel Ho - Revolutionär

Page 15: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Abb. 19: Mahnmal: nordvietnamesischer Panzer vor dem Palast der Wiedervereinigung

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„Was wird aus Ho Chi Minh Stadt werden: eine parasitäre Metropole, eine auf Verschwendung ori-entierte Gesellschaft, ein kolossaler Blutsauger der für seine Orgien und Freizügigkeiten des Landes Reichtum aufsaugt, oder ein industrielles, wissen-schaftliches, kulturelles und internationales Zentrum des gesamten Mekong Delta, ein Wachstumspol von dessen Aktivität das gesamt Land profitiert.“

- Thrift & Forbes 1986

Die Regierung hatte dadurch ein duales Umsiedlungsprogramm entworfen. Der erste Teil bestand in der Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatdörfer, die meist von allein die Stadt wieder verließen, wie es an der ersten spontanen Siedlungsbewegung in der unmittelbaren Zeit nach der Befreiung zu sehen war. Der zweite Teil jedoch bestand in der Reinigung der Städte von dem Regime unbeliebten Bewohnern, wobei die Regierung in drei verschiedene Härtefälle unter-schied: Kapitalisten und Offiziere des alten Regime; Kleinunternehmer und Soldaten des alten Regime; und ‚schlimme Elemente’ wie Kleinkriminelle und Prostituierte. Jedoch war es fast jeder, der nicht in das Bild einer sozialistischen Gesellschaft passte.

der Kriegszeit umzukehren und eine Land-Stadt Rate zu erreichen, die einem sich entwickelndem sozialistischen Staat angemessen ist. Viertens ein strategischer Zwang, der eine Verbesserung der Verteidigung forderte um eine sichere Zukunft der Nation zu schaffen, woraufhin eine große Anzahl nördlicher Landbevölkerung in das zentrale Hoch-land und den Süden umgesiedelt wurden. Fünftens und letztens aber auch ein moralischer Zwang, der die südvietnamesischen Städte als Symbol der kapitalistischen Exzesse verteufelte, was die Tota-lisierung der Gesellschaft, die massive Einführung sozialistischen Gedankenguts und die Umerziehung eines großen Teils der Gesellschaft in speziell für diesen Zweck eingerichteten Camps begründete.

mehr wurde die Position Hanois als politisches, wirtschaftliches, technologisches sowie kulturelles Zentrum Vietnams gefestigt und die Unterschiede zu Ho Chi Minh Stadt akzentuiert. Saigon wurde an die Seite gedrängt, bekam die Rolle des immer an zweiter Stelle stehenden Sündenbocks zu spüren, während Hanoi zum eigenartig künstlich erscheinendem, das ganze Land repräsentierenden Zentrum erhoben wurde.

Um die Siedlungspolitik des Südens dem Norden anzugleichen und verschiedenen Miß-ständen zu begegnen erließ die neue Regierung einen Vier-Punkte-Plan zur Neustrukturierung der südvietnamesischen Städte. Der Plan sah die komplette Umwälzung der urbanen Landschaft Südvietnams nach ideologischen Gesichtspunkten vor. Die Strategie bestand in der Deurbanisierung der großen urbanen Zentren, der gesteuerten Ver-langsamung des städtischen Wachstums durch die Vergabe von Wohnerlaubnissen, dem Ansatz kleine Städte zu fördern und der großmaßstäblichen Umsiedlung und Verteilung der Bevölkerung in Neue Ökonomische Zentren [NEZ]. Beide Einflüsse, der Flüchtlingsstrom und die staatlichen Eingriffe führten zu einer Stagnation des Wachstums, wel-ches im Falle von HCMC nur Aufgrund der Vergrö-ßerung des Stadtgebiets durch die Addition der Gia Dinh Provinz und der Zusiedlung von Beamten und deren Familien aus dem Norden kompensiert wurde.

Die Politik der Bevölkerungsumsiedlung in NEZs wurde im Norden bereits vor der Wiederver-einigung erfolgreich angewandt, um nun in größe-rem Maßstab direkt auf Südvietnam übertragen zu werden. Diese Politik hatte ihre Begründung in ver-schiedenen Zwängen die sich der neuen Regierung auftaten [Thrift & Forbes 1986]. Der Erste war der ökonomisch-praktische Zwang, Folge der immen-sen Zerstörung, der zuvor auf amerikanischen Hilfe basierten Industrie und der daraus resultierenden ungenügenden Versorgung der Bevölkerung, sowie der hohen Arbeitslosigkeit. Zweitens der ökono-misch-staatssicherheitliche Zwang, hervorgerufen durch die, in der südvietnamesischen Gesellschaft befindlichen Kontrollkonzentration in einer ein-flussreichen urbanen Mittelklasse, die die neue Regierung mittels verstärktem hierarischem Druck Seitens der Partei neutralisieren und deren Gewalt konsolidieren wollte. Drittens der demographische Zwang, die Notwendigkeit den Urbanisierungstrend

„Die Arbeitslosen und Teilbeschäftigten, Händ-ler, diese die Besitz haben, Studenten die nicht ihrer Ausbildung nachkommen, Offiziere, Beamte und Personal des alten Regime, Verwandte derer die Umerzogen werden, die Chinesen und Mitglieder religiöser Minderheiten müssen in die Neuen Öko-nomische Zentern gehen.“

- Desbarats 1987

Stadtgeschichte • Phase der Deurbanisierung

Page 16: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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„Erst haben sich die Vietnamesen die Japaner zu Feinden gemacht, dann die Franzosen, danach die Amerikaner und all ihre Verbündeten, dann die Chinesen, schließlich so gut wie alle Linken, die mal für sie demonstriert haben, und viele Blockfreie dazu. Bleiben eigentlich nur noch die Schweden, die Sowjets und ihre Verbündeten, aber auch bei denen bröckelt die Sympathie...“

- Cort Schnibben, 1989

Ho Chi Minh Stadt

Hanoi

Abb. 20: Migrationsströme der Umsiedlungsprogramme

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Der Plan sah es vor zwischen 1976 und 80 auf diese Weise rund 400.000 Menschen aus Ho Chi Minh Stadt auszusiedeln. Die Regierung versuchte auf verschiedenen Wegen die Menschen zu einem Umzug zu bewegen. So war die Transportation umsonst, man konnte Gepäck mitnehmen und bekam über die ersten Monate freie Verpflegung. Nichts desto trotz bestand der Großteil der Freiwil-ligen aus jenen, die nichts mehr hatten, was sie auf dem Schwarzmarkt verkaufen und die sich nicht länger in der Stadt ernähren konnten. Das System der Vergabe von Wohnerlaubnissen, deren Besitz einen berechtigte Rationskarten zu erhalten, stellte eine weitere Art der ‚Überzeugung’ dar, denn ohne diese konnte man weder Reis noch Kleidung zum staatlichen Preis erwerben.

Der Nachteil dieses Programms war, dass die meisten umgesiedelten Menschen keinen ländlichen Ursprung hatten, zu landwirtschaftlicher Arbeit noch nie Kontakt hatten, sich demzufolge schwer allein ernähren konnten. Dazu kam, dass die meisten Neuen Ökonomische Zentern übereilt geöffnet und unvollständig vorbereitet waren.

„Die Menschen kamen oft in diesen abgele-genen Orten an, wo weiter nichts getan wurde sie zu empfangen, und zu sehen, daß die Unterkünfte Bambushütten waren, die keinen Schutz boten. Einen Monat bevor die Siedler kamen, wurden Studenten gesandt um das Terrain vorzubereiten; für jedes Haus stellten sie vier Bambusstützen auf, die mit Blättern bedeckt wurden, sie errichteten meh-rere Reihen dieser Unterkünfte in einer besonders gesäuberten Ecke der Zone: keine Wände, Boden aus verdichteter Erde.“

- Desbarats 1987

Ganz verständlich scheint es daher, das viele ex-urbanen Bewohner der Neuen Ökonomische Zentern sich wieder auf den Weg zurück in die Stadt machten, und auf ihrer Reise von vielen ländlichen Migranten begleitet wurden, denen die Arbeits-möglichkeiten der Städte verlockend schienen. So sollen bis zu 50 % der einst umgesiedelten Bevöl-kerung wieder auf illegalem Wege in die Städte zurückgelangt sein, wo sie meist ein Leben in Squattersiedlungen führten und mittels Schmuggel oder informellen Arbeiten auf dem Schwarzmarkt ihr Geld verdienten. In Ho Chi Minh Stadt sollen es bis 1981 rund 200.000 zurückgekehrte Menschen

gewesen sein. Viele waren arbeitslos, hatten keinen Zugang zur staatlichen Essensverteilung, lebten ille-gal auf Friedhöfen, in Parks oder an Flussufern. Eine Folge stellte die Zunahme von Raub und Kleinkri-minalität dar. Obwohl sie gesetzwidrig in der Stadt lebten, schienen die öffentlichen Behörden ihre Existenz zu negieren und sich ihrer Probleme nicht annehmen zu müssen. Sie wurden einerseits nicht bestraft, andererseits jedoch im 1979er Zensus nicht einbezogen.

War es 1976 das Ziel der Regierung die südvietnamesischen Städte zu deurbanisieren, so scheint dieses nur im Zentralen Hochland erfüllt worden zu sein. Im südlichen Flachland, wo die Städte ihre Bevölkerung, dank des reichen landwirt-schaftlichen Umlands besser versorgen können, scheint sich die Einwohnerzahlen eher stabilisiert zu haben. Besonders in Ho Chi Minh Stadt wurde die Rückkehr der ländlichen Flüchtlinge zu ihren Dörfern und die Zwangsumsiedlung der städtischen Bevölkerung, durch deren teilweise Rückkehr und eine intensive Nord-Süd Migration administrativer Mitarbeiter, mit ungefähr 700.000 Menschen, kompensiert. Von 1979 bis 1989 erlebte die Stadt eine quasi-demographische Stagnation mit 0,3 % Wachstum pro Jahr [Gubry 2002, Seite 7].

Neben dem Umsiedlungsprogramm der Regierung bewirkte auch die Enteignung privater Betriebe, als auch die Neutralisierung der selbst-ständigen Mittelschicht eine Veränderung der urbanen Bevölkerungszusammensetzung und bil-dete einen weiteren Störfaktor für die Entwicklung von Ho Chi Minh Stadt. Die für die vietnamesische Gesellschaft so wichtige, da sozial bedeutende und wirtschaftlich erfolgreiche, chinesische Minderheit wurde durch diese Eingriffe der Regierung, als auch aufgrund des 1979er Konflikts zwischen Vietnam und China vertrieben. Die Stadt wurde eines Teils ihrer Geschichte und Physiognomie – dem chine-sischen Cholon – beraubt.

Nach zehn Jahren der Umformung und Umwäl-zungen, der sozialistisch-ideologischen Anpassun-gen der Wirtschaft und Gesellschaft des Süden an den Norden, der immer höheren Verschuldung und dem geringeren Wachstum, des internationalen Boykotts und Isolation, kam mit dem Rücktritt der alten Garde beim Sechsten Parteikongress 1986 der Wunsch nach Innovation auf. Ein neuer Kurs des Landes wurde verlangt, der Grundstein für die Politik des Doi Moi - Der Renovation gelegt.

Stadtgeschichte • Phase der Deurbanisierung

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Abb. 22: Stadtplan Ho Chi Minh Stadt, 2000

Stadtgeschichte • Doi Moi - die Renovierung

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Doi Moi – die Renovierung

„They won the war, they lost the peace”- amerikanischer Spruch über Vietnam

Änderungen in der vietnamesischen Politik nach dem Sechsten Parteikongress 1986 leiteten eine neue Ära der sozialistischen Republik ein. Der Rücktritt bis dahin einflussreicher Politiker der alten Garde machte den Weg für Innovationen frei. Dem vorrausgegangen waren bereits 1979 eingeführte Reformen, die bis dahin gängige aber gesetzwidrige Praktiken legalisierten, jedoch beim Lösen der wachsenden heimischen und internati-onalen Probleme scheiterte. Das Ziel dieser neuen Reform war es das Land aus seiner internationalen Isolation zu holen und es kapitalistischen Prinzipien gegenüber offener zu gestalten, die finanzielle Abhängigkeit von der UdSSR sollte gelöst und die Lebensstandards der nach Jahren der Entbehrung geschwächten Bevölkerung gehoben werden. Im Nationalrat standen sich Konservative und Refor-mer im ausgeglichenen Verhältnis gegenüber, was einen radikalen Prozess nicht ermöglichte. Vietnam ist heute noch in diesem Umformungsprozess begriffen, und kann als ein Land sozialistischer Ausrichtung mit liberalen Wirtschaftsstrukturen definiert werden. Ein Vergleich mit den aktuellen Umformungsprozessen Chinas, nur in kleinerem Maßstab wäre zulässig.

Durch Doi Moi, einer Art vietnamesischer Perestroika, wurde persönliches Engagement wieder gefördert, man durfte für private Produktion Land pachten und anfallenden Überschuss verkau-fen. Die Wiederbelebung des privaten Sektors war essentiell für die Steigerung der vietnamesischen Wirtschaft und der Beruf des Unternehmers war erstmals seit Jahren wieder zulässig. Weitere Neue-rungen gab es im Bereich des internen Handels, so erhielten die staatlichen Betriebe mehr Freiheiten mussten aber gleichzeitig profitorientiert handeln, außerdem konnten sie mit ausländischen Firmen Verträge schließen. Ausländische Investitionen wurden möglich, die meisten Preisbindungen auf-gehoben und bald öffnete sich das Land dem Tou-rismus. 1989 wurde von der Regierung eine Bank speziell für Wohnbaufinanzierung eingerichtet, die Projekte der zentralen oder regionalen Regierung sowie nationaler und ausländischer Investoren finanziell unterstützt. Die neue wirtschaftliche Poli-

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Abb. 21: Doi Moi - Bauern dürfen Überschuss verkaufen

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Abb. 23: Symbol der neugewonnenen Freiheit: das Moped

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„What American B-52 bombers failed to do, commercial warriors are now attempting!“

- Kelly Shannon 2000

Die Städte entwicken sich mit der neuen Poli-tik schneller als das Umland, wodurch die Kontraste zwischen beiden sich verstärken, da gleichzeitig die Wohnkontrolle gelockert wurde setzte eine neue Migrationswelle ein. Nach Jahren der Stagnation und des Stillstands kam es wieder zu einem auf-fälligen Bevölkerungswachstum von rund 2,7 % im Zeitraum 1989 bis 1999 [Gubry 2002] welches sich in den folgenden Jahren steigern wird. Da es größ-ten Teils die arme Landbevölkerung ist, die es in die Städte zieht, verringert sich folglich im ländlichen Raum die Armut. In der Stadt führt dies jedoch zu der Entwicklung ungeplanter Siedlungen in denen die meist Veramten versuchen zu überleben. Diese Squatter bilden sich entweder am Stadtrand oder auf offenen Flächen im Stadtzentrum, oft entlang Kanälen und Flüssen, Schienen, Eisenbahnlinien, auf freigehaltenen Parzellen, fast überall wo es der Platz zulässt.

Ein weiteres Problem ist der negative Effekt der erneuten Metropolisierung auf die Umwelt. Zu geringe Investitionen wurden in den letzten Jahren getätigt um die Infrastruktur instandzuhalten oder dem demographischen Wachstum angepasst wei-terzuentwickeln. Die derzeitige Lage der Wasserver-sorgung, der Drainage, der Brauchwasserableitung sowie der Müllentsorgung ist sehr alarmierend. Mit Blick auf das Wunder des vietnamesischen Wirtschaftswachstums, sieht die Regierung jedoch die Verslumung und Umweltzerstörung als ein zu ertragendes Übel der Urbanisierung von Ho Chi Minh Stadt an.

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der Stadt. Die so entstandenen Knoten verweben sich zu einem Netz, dass einer gewissen Logik folgt. Diese städtebauliche Hierarchie hat ihren Ursprung in den zentralen Verdichtungen, die dann bis zu den Aussenbezirken abfällt und sich entlang wichtiger Straßen oder Infrastrukturen als Wachs-tumsachsen sternförmig auszubreiten.

Die bauliche Entwicklung war überwiegend profitorientiert und konzentrierte sich meist auf die spekulativen Errichtungen von Bürotürmen, Hotels, Wohnungen und Häusern, ohne aber einer übergeordneten Viertelplanung zu entsprechen. Dabei wurde selten für die einheimische Bevölke-rung gebaut, Zielgruppe waren die reichen, inves-tierenden Ausländer. Da das Immobliengeschäft als eines der einträglichsten galt, kam es bald zu einem weiteren Problem, der Korruption. 1997 galt Vietnam gemäß einer Umfrage der Transparency International unter Geschäftsleuten als ein Staat mit einer sehr hohen Bestechungsrate, was im Süden auch seine Tradition hat, da bereits zu Beginn der Siebzigerjahre die besonders in Saigon wütende Korruption zu einem der drei Hauptprobleme des Landes gezählt wurde. Doch kann in Entwicklungs-ländern nur unter Beteiligung der investierenden Industrieländer die Korruption aufblühen. Da der Bausektor und die Bodenspekulation für Beste-chung besonders anfällig sind kann man davon ausgehen, dass der Missbrauch einiger der durch Doi Moi gebrachten neuen Freiheiten sich negativ auf die Stadtplanung auswirkten.

Obwohl das ökonomische Wachstum zuge-nommen hat, bleiben die Effekte nur für einen Teil der Bevölkerung von Vorteil. Die Ausweitung des informellen Sektors zusammen mit dem Rück-gang frei zugänglicher Bildung, medizinischer und öffentlicher Dienste führt zu einer Polarisation der Bevölkerung. Zwar nimmt die Anzahl der Armen ab, die Lebensbedingungen derer aber, die es sind, werden schlechter. Zu den Hauptcharakteristika der Armen zählen niedriges und unregelmäßiges Einkommen aus Arbeiten im informellen Sektors, ungenügende oder keine Bildung, irreguläre und notdürftige Behausung, Mangel an Infrastruktur und Versorgung, Verschuldung, und ein hohes Risiko gesundheitlicher Probleme. Es ist daher nicht überraschend, dass die Anpassung an einen sozialen Wandel auch mit der Adaption von Ver-haltensweisen einhergeht, wie Drogenmissbrauch und Prostitution.

tik nach 1986 war auch der Beginn einer Neuaus-richtung zur bestehenden Wohnungsproblematik. Nach Infrastrukturentwicklung, der Steigerung der landwirtschaftlichen und Konsumgüterproduktion, und dem Export wurde diese auf die vierte Position der nationalen Prioritätenliste gesetzt.

Vietnam führte 1992 eine neue Verfassung ein, die den legalen Rahmen für weitere Reformen vorgab und Grundlage für die kommende Marktwirt-schaft war. Die Isolation wurde Schritt für Schritt abgebaut, dass 1993 nach einer Vereinbarung mit den USA Anleihen von der IMF, der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank aufgenommen werden konnten. Vietnam wurde Mitglied der Verei-nigung Südostasiatischer Nationen, der ASEAN. Am 5. Februar 1994 wiederriefen die USA endgültig das Embargo und nahmen bereits ein Jahr später die diplomatischen Beziehungen mit Vietnam wieder auf [Schätzl 1997]. Dabei folgte man auch eigenen wirtschaftlichen Interessen, da das Investitions-klima in Vietnam aufgrund der niedrigen Löhne, der tiefen Landpreise sowie des hohen Engagements der Arbeiter überaus günstig war. Die wirtschaftli-che Entwicklung gewann an Dynamik, betrug die Zunahme des Bruttosozialprodukts 1990 noch 5,1 %, so stieg es bis auf 9,5 % im Jahr 1994, um sich schließlich 1997, dem Jahr der asiatischen Wirt-schaftskrise, bei 8,3 % einzupegeln.

Die politischen und wirtschaftlichen Reformen hatten direkten Einfluss auf das gesellschaftliche Leben in Vietnam. Das stalinistische Planungsmo-dell weichte einer stärker dem Markt orientierten Herangehensweise, Presse, Radio, Fernsehen und Religion bekamen einene größeren Handlungsraum und wurden stärker toleriert. Kritik an der Partei-führung wurde sogar offiziell ermutigt, jedoch aus dem Grund nach den Krisen das Überleben der Partei zu sichern und diese als Führung erneut zu legitimieren.

Doch welche Folgen hatte Doi Moi auf die Städte? Besonders begünstigt waren natürlich die großen, urbanen Zentren Hanoi und Ho Chi Minh Stadt, wobei die Letztere wegen ihrer intimeren Einstellung dem Westen gegenüber, am meisten von den Veränderungen profitierte. Das Doi Moi aber direkt die Stadtplanung neu belebte kann nicht gesagt werden. Die Reformen verstärkten mit einer Aufwertung der Sekundärzentren die Tendenz der Dezentralisierung. In jedem Bezirk gab es die Nei-gung zur Entwicklung eigener Kerne, einer Stadt in

Stadtgeschichte • Doi Moi - die Renovierung

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Abb. 25: Ho Chi Minh Stadt Entwicklungsplanung bis 2020

Ho Chi Minh Stadt Heute

„The next decade may well be characterized by increasing inequality in Vietnam. The rising integra-tion of Vietnam into the world economy will prima-rily benefit the economic hubs of the country”

- World Bank 2003

Abb. 24: Satellitenbild, Ho Chi Minh Stadt: Distrikt 1, Saigon

Die nun schon fast 20 Jahre laufenden Refor-men scheinen über die Zeit zum Alltag geworden zu sein, die an die behutsamen und langwierigen Änderungen gewöhnten Menschen erleben die sich dauernd steigernde Lebensqualität als Nor-malität, als eine Art gegebener Grundoptimismus ihrer Gesellschaft, dass die Zukunft nur Besserun-gen bringen kann. Zwar hatte die Gründerzeit mit der Asienkrise 1997 einen herben Schlag erlitten, wurde dadurch aber auf einem realistischen Niveau eingependelt. Die Entwicklungen wurden in ihrer Umsetzung zeitlich etwas gedehnt um sich so dem langsameren Wachstum anzupassen. Trotz dieses Faktors blieb Ho Chi Minh Stadt, als größte vietnamesische Agglomeration, wichtigstes Ziel ausländischer Direktinvestitionen, festigte sogar ihre Position als Motor der Neuerung, des Wachs-tums und der Modernisierung Vietnams. So wuchs mit Beginn des Doi Moi im Süden die Produktivität um 40 %, im Rest des Landes jedoch nur um 8 % [Düttmann, 2001]. Mit 6,7 % der Bevölkerung und 0,6 % der Fläche Vietnams, erzeugt der Verwal-tungsbereich von Ho Chi Minh Stadt, 17,3 % des Bruttosozialprodukts und 33,8 % der regionalen

Einkommen des Staatshaushalts, verbraucht jedoch nur 11,5 % der Ausgaben dieses Budgets.

Im Umland schiessen Fabriken wie Pilze aus dem Boden, zwischen 1995 und 2001 hat sich die Bürofläche vervierfacht. Die Stadt ist Magnet für ausländische Kapitalanlagen in Vietnam, 26,9 % der direkten ausländischen Investitionen flossen nach Ho Chi Minh Stadt. Hier tummeln sich die Ausländer Vietnams, meist aus anderen Staaten Südostasiens, den Tigerstaaten kommend, aber auch Amerikaner und besonders Viet Kieu, den zurückgekehrten Exilvietnamesen. Angezogen von der Aufbruchstim-mung suchen sie hier das Abenteuer, fühlen sich als Pioniere, die für ihre heimatlichen Konzerne in Vietnam die ersten Vorposten errichten. Sie sind überwiegend jung, meist Mittzwanziger, kommen als Laptop-Kolonisatoren, verdienen im Monat bis zu 50.000 US-Dollar und bekleiden Positionen, die in den USA nur Mittvierzigern vorbehalten sind.

„Die Literaten der zwanziger Jahre gingen nach Paris, die Aussteiger der fünfziger Jahre entdeckten New Mexiko, die Unsteten der frühen Neunziger brachen auf Richtung Prag. Geschäfts-tüchtige Globals aber findet man überall, von Tanger bis Katmandu, und nun ist Saigon an der Reihe, sich von den jungen Kapitalisten erobern zu lassen, die hier ihr Corporate Bohemia aufschlagen.“

- Michael Paterniti

33

Stadtgeschichte • Ho Chi Minh Stadt Heute

Page 20: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

36

14

3

510

116

8

7

2

9

PNBTTB

GV

12

TD

Cu Chi

Hoc Mon

Binh Chanh

Nha Be

Can Gio

km 5 20

< 1.305 1.305 - 3.182 3.182 - 19.19419.194 - 40.020> 40.020

Abb. 26: Ho Chi Minh Stadt: administrative Grenzen

Abb. 27: Ho Chi Minh Stadt: Bevölkerungsdichte [Pers./qkm]

Distrikt

Total HCMS

Urbane Distrikte

'quan'

Urban Area

Distrikt 1

Distrikt 3

Distrikt 4

Distrikt 5

Distrikt 6

Distrikt 8

Distrikt 10

Distrikt 11

Go Vap

Tan Binh

Binh Thanh

Phu Nuan

Semi-Urban Area

Distrikt 2

Distrikt 7

Distrikt 9

Distrikt 12

Thuc Duc

Rurale Distrikte

'huyen'

Cu Chi

Hoc Mon

Binh Chanh

Nha Be

Can Gio

Fläche [qkm]

2.093,7

440,0

140,3

7,6

4,8

4,0

4,1

7,0

18,8

5,7

5,0

19,2

38,5

20,5

5,1

299,7

50,2

35,9

113,1

52,5

48,0

1.653,7

428,5

109,5

303,3

98,4

714,0

Einwohner

5.034.058

4.127.258

3.386.004

226.151

222.448

192.149

209.528

252.527

328.538

240.122

238.494

309.586

579.559

403.065

183.837

741.254

102.094

111.911

148.804

168.639

209.806

906.800

253.116

203.393

329.332

62.804

58.155

Dichte [Pers./qkm]

2.404

9.380

24.134

29.757

46.343

48.037

51.104

36.075

17.475

42.127

47.699

16.124

15.053

19.662

36.046

2.473

2.034

3.117

1.316

3.212

4.371

548

591

1.857

1.086

638

81

Fakten zu den Bezirken von Ho Chi MInh Stadt, 1999 Census nach General Statistical Office Vietnam 2001

ein Zehntel der Bevölkerung beherbergt, werden 40 % des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet, und es verzeichnet auch das schnellste Wachstum jüngster Zeit.“ 500.000 Chinesen wohnen wieder in dieser Enklave und eine weitere halbe Million verstreut im restlichen Stadtgebiet.

In Ho Chi Minh Stadt scheint die Wandlung des kommunistischen Vietnam zum kapitalis-tischen bereits vollzogen. "Saigon hat sich nie darum gekümmert, dass Vietnam ein Agrarland

Das mit den Reformen wieder zugelassene Recht auf Eingenengagement und Gründung von privaten Kleinbetrieben wirkte sich positiv und fördernd auf eine Neubelebung der in langer Han-delstradition lebenden chinesischen Gemeinden Vietnams aus. So kommt es, das heute Cholon wieder im Gebilde Ho Chi Minh Stadt eine beson-dere Rolle einnimmt. „Der Anteil Cholons an der Wirtschaftskraft von Saigon ist überwältigend“, schreibt Robert Templer, „in einem Gebiet, das etwa

35

Stadtgeschichte • Ho Chi Minh Stadt Heute

Page 21: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

- Gentelle 2000

“The way the Chinese cities, the largest in par-ticular, attract populations and activities by widening their sphere of influence on their surroundings does not work according to the pattern of an oil stain, with concentration in the centre and dilution on the edges, but according to the pattern of a bamboo, whose rhizomes run through a space without appa-rently modifying it to give shoots somewhere else, there where are small and medium sized towns with which the big city deals directly”.

38

hauptsächlich durch eine Land-Stadt Migration. Dabei liegt das jährliche Wachstum von Ho Chi Minh Stadt zur Zeit bei 3,6 %, mit steigender Ten-denz, wobei das natürliche Wachstum 1,1 % und die Zunahme aus den Urbanisierungsprozessen 2,5 % beträgt. Man kann annehmen, dass die Land-Stadt Migration in den folgenden Jahren aus verschiedenen Gründen sich intensivieren wird. Die Steigerung der Investitionen, ob heimi-sche oder ausländische, das daraus resultierende stärkere ökonomische Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen, besserer Infrastruktur und der Aufwertung der Lebensstandards in der Stadt, sowie die Lockerung der Wohnkontrollen und der immer noch große Anteil ländlicher Bevölkerung, mit 76,5 % an der gesamten Vietnams stellen ein hohes Potential für zunehmende Urbanisation dar [Gruby 2002].

Der Prozess der Metropolisierung beinhal-tet zum einen die Verdichtung der Vororte sowie der Gründung neuer urbaner Bezirke. In Ho Chi Minh Stadt wurden von der Administration drei Hauptentwicklungsgebiete definiert. Erstens, eine Verdichtung im Osten, im Bezirk Thu Duc, zweitens und drittens mit der Bildung neuer Stadtgebiete im Distrikt sieben und zwei, dem Thu Thiem urba-nen Zentrum und dem Gebiet der 'Saigon South' Parallelstadt. Mit der Metropolisierung geht auch eine Ausweitung des ökonomischen Einflusses von Ho Chi Minh Stadt auf mehrere umliegende Städte und Wirtschaftszonen einher, ohne dass es eine durchgehende Bebauung zwischen ihnen gibt. Dieses Phänomen wurde bereits in der chine-sischen Stadtentwicklung beobachtet und wurde wie folgt analysiert:

Hanoi - Haiphong - Ha Long

Hué - Da Nang - Quang Ngai

Ho Chi Minh - Bien Hoa - Vung Tau

Abb. 29: Wachstumsregionen in VietnamAbb. 28: insolvente Projekte, Folge der '97er Asienkrise

37

ist und das die Ideale des Konfuzianismus noch immer zählen könnten" [Paterniti 2001]. So ist sie heute nicht nur die meist internationalisierte und ökonomisch entwickelte Region Vietnams, sonder gleichzeitig auch die am stärksten gesellschaftlich polarisierte und fragmentarisierte. Sie plagt sich mit Verkehrsproblemen herum und duldet gleich-zeitig auf ihren Straßen Diebe, Kleinverbrecher und andere Kriminelle. Ihr Image passt so gar nicht in die Vorstellungen der Regierenden aus Hanoi, wird von denen als Abbild des Klassenfeindes verteufelt und gilt als schwarzes Schaf der vietnamesischen Familie. Doch die Stadt pulsiert, scheint ebenso bunt und quirlig wie sie als verdorben und morallos gilt. Aus dem kleinteiligen Häusermeer, den leben-digen Verkehrsadern und vereinzelten Spitzen der Hotel- und Bürotürme wächst ein Stadtbild heraus, welches einem kubistischen Gemälde ähnelt [Gotsch 2002].

Die Stadtfläche erstreckt sich heute über 2.095 qkm vom Südchinesischen Meer bis nahe an die Grenze von Kampuchea. Die Bevölkerungszahl liegt bei 5,5 Millionen in Ho Chi Minh Stadt und bei weiteren 5,5 Millionen für die direkte Umgebung [General Statistical Office 2003]. Aufgeteilt in 22 Bezirke, 5 ländliche (huyen) und 17 städtische (quan), ist sie an ihrer Peripherie ebenso rural und dünn besiedelt, wie andere vergleichbare Regionen des Landes, um sich dann jedoch in den zentralen Vierteln extrem zu verdichten [Gotsch 2002].

Die ländlichen Bezirke,die huyen, nehmen dabei 79 % der Fläche von Ho Chi Minh Stadt ein und zählen bei einer Dichte von 550 Einwohnern pro qkm jedoch nur 18 % der Bevölkerung. Zu den städtischen Bezirken werden auch jene gezählt, welche an den Rändern der urbanen liegen und im Begriff sind sich zu verdichten, deswegen nur als semi-urban bezeichnet werden können. Ihre durch-schnittliche Dichte liegt bei 2.500 Einwohnern pro qkm [General Statistical Office Vietnam 2001]. Die dazu stark abweichende Verdichtung der zentralen Distrikte erschließt sich, wenn man die folgenden Fakten betrachtet: der Kern der Stadt nimmt nur 6,8 % des gesamten Stadtareals ein, wobei 71 % der Bevölkerung in diesem Teil leben. Bei einer durchschnittlichen Dichte von 25.000 Einwohnern pro qkm verdeutlicht sich die Polwirkung von Ho Chi Minh Stadt auf ihr Umfeld [Marr 2002].

Im Rahmen der fortgeschrittenen demogra-phischen Umformung erfolgt das Stadtwachstum

Stadtgeschichte • Ho Chi Minh Stadt Heute

Page 22: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

40

Abb. 30: Regionaler Entwicklungsplan 2000 - dezentrale Konzentration soll Zuwanderungs- & ökonom. Druck auf Zentrum mindern

Flug

hafe

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mili

täris

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Ein

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chen

15

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Pro

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Betrachtet man die zukünftigen Planungen, so sieht die übergeordnete Stadtentwicklung die Errichtung der Sonderwirtschaftszone ‚Greater Ho Chi Minh City 2020’ vor. Unterstützt von interna-tionalen Organisationen und Entwicklungsgesell-schaften verfolgt man das ehrgeizige Ziel einer Ausweitung der Stadtfläche auf 3.500 qkm und einer Verdopplung der Einwohnerschaft auf 12 Mil-lionen bei gleichzeitiger jährlicher Steigerungsrate des Bruttosozialprodukts von über 10 % [Martin 2001].

Um die Innenstadt zu entlasten, den ökono-mischen Druck auf Ho Chi Minh Stadt zu mindern und die Lebensbedingungen auch im Umland zu steigern, sollen die in 50 km Entfernung liegenden bis jetzt kleineren sowie mittleren Städte wie Bien Hoa oder Dau Mot zu Satellitenstädten entwickelt und gemeindeübergreifend in Infrastrukturmaßnah-men und neue Industrieparks investiert werden. Zwar hat das Ganze mit der bereits erwähnten Asienkrise von 1997 einen herben Schlag erlitten, jedoch wird nun um so verbissener an der Pla-nung festgehalten. Dennoch sind viele Probleme zu bewältigen, Armut, Verslummung, Vernichtung natürlicher Ressourcen, Infrastrukturmängel, Pola-risation und Fragmentation der Gesellschaft, oder mögliche erneute wirtschaftliche Einbrüche wie es 1997 geschah.

Zwischen 1999 und 2000 fanden in Ho Chi Minh Stadt mehrere Seminare im Rahmen der CDS [City Development Strategies], die sich der Entwicklung mehrerer asiatischer Städte annimmt statt. Das Programm wurde von der Weltbank und der japanischen Regierung unterstützt und sollte die von der Stadtregierung gestellten Ziele prüfen sowie mögliche Wege der Umsetzung mittels interdisziplinären Workshops herausarbeiten, dazu kam eine Neuordnung der unterschiedlichen städ-tischen Entwicklungsbehörden zur Besserung der Projektkoordination und deren Priorität.

Die Schlüsselthemen für die zukünftige Stadtentwicklung wurden wie folgt definiert: Bil-dung einer urbanen Struktur vielfacher Zentren, Entwicklung eines ausreichenden öffentlichen Transportsystems, die Stärkung der ökonomischen Funktionen, Verbesserung der urbanen Umwelt und der Lebensverhältnisse, Entwicklung einer ange-messenen urbanen Verwaltungsstruktur, sowie die Erhöhung der städtischen Einnahmen [World Bank 2000].

39

Stadtgeschichte • Ho Chi Minh Stadt Heute

Page 23: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

4241

Stadtprobleme

„Obwohl die Zunahme der Produktivität wegen der Urbanisation und der internationalen Rolle von Ho Chi Minh Stadt erwähnt wurde, wurden die negativen Aspekte eines schnellen urbanen Wachs-tums öfter analysiert und beschäftigen die Behörden für viele weitere Jahre.“

- Bolay 1998

Aktuell hat Ho Chi Minh Stadt, nach Jahren des Stillstands und der Regression, neben den positiven wirtschaftlichen Entwicklungen auch mit der Zunahme einiger Probleme oder dem Auftau-chen dieser zu kämpfen. Die meisten sind typisch für sich entwickelnde Megastädte der Dritten Welt. In einem kurzen Überblick gehören dazu: die Festigung, oder sogar die Zunahme der Armut und die Minderung der Lebensbedingungen der unteren Schichten, die hohe Bedeutung des infor-mellen Sektors in Wirtschaft und Arbeitsmarkt, die Wohnungsnot, Wasserprobleme bei Versorgung, Entsorgung und Qualität, räumliche Disparitäten und Migration, Überlastung des urbanen Verkehrs-systems, Ineffizienz der lokalen Administration, und einer Bandbreite an Umweltproblemen.

Im folgenden Kapitel werden daher exempla-risch städtische, gesellschaftliche und ökologische Probleme in drei Kategorien zusammengefasst auf-gewiesen. Die Trennung ist jedoch rein organisato-risch, da diese Probleme nicht autonom und isoliert von einander betrachtet werden können, sie sich gegenseitig Bedingen und Beeinflussen. Mit der Erläuterung sozialer Aspekte und der Armut in Viet-nam soll ein grober Überblick der gesellschaftlichen Struktur gegeben werden. Folgend geht es um die Ausbreitung von Slums und Squattersiedlungen und deren soziale und wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt. Der dritte Teil behandelt zusammen-gefasst beispielhafte Infrastrukturmängel, wie der Wasserver- und Entsorgung, Müllbeseitigung, Luftverschmutzung und Überlastung des Verkehrs-netzes.

Die dargestellten Tatsachen sollen als erklä-rende Beispiele des aktuellen Stadtzustands angesehen werden. Jedoch ist die Dramatik der Situation nicht auf allen Feldern in allen Stadtteilen gleichartig gravierend. So different Ho Chi Minh Stadt zwischen ihren urbanen und ruralen Gebieten ist, so sehr gelten die aufgezeigten Probleme nicht für die Stadt als ganzes. Weiterhin kann daher auch kein Anspruch auf Vollständigkeit der unterschiedli-chen Facetten der Stadtprobleme erhoben werden. Dieser Abschnitt dient als Basis für das folgende Kapitel, das sich mit den Möglichkeiten der Stad-taufwertung und Weiterentwicklung befasst, bei denen jedoch die aktuellen Probleme nicht ausser Acht gelassen werden können.

Stadtprobleme

Page 24: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

4443

1993 1998 2003

Armutsrate

urbane Bevölkerung

ländliche Bevölkerung

Chinesen

andere ethnische Minderheiten

Nahrungsarmut

urbane Bevölkerung

ländliche Bevölkerung

Chinesen

andere ethnische Minderheiten

Armutsdifferenz

urbane Bevölkerung

ländliche Bevölkerung

Chinesen

andere ethnische Minderheiten

58.1

25.1

66.4

53.9

86.4

37.4

9.2

45.5

31.1

75.2

28.9

6.6

35.6

23.1

69.3

24.9

7.9

29.1

20.8

52.0

15.0

2.5

18.6

10.6

41.8

10.9

1.9

13.6

6.5

41.5

18.5

6.4

21.5

16.0

34.7

9.5

1.7

11.8

7.1

24.2

6.9

1.3

8.7

4.7

22.8

Armutsraten sind als %ualer Anteil an der Gesamtbevölkerung gemessen. Die Armutsdifferenz gibt den durchschnittlichen Unter-

schied zwischen den Ausgaben der Armen und der Armutsgrenze, in % des letzteren Werts wieder.

Armutsraten und Armutsdifferenz nach Vietnam Development Report 2004

sehr arm arm mittel besser total

Verbesserung

Verringerung

kein Wandel

20.5

56.2

23.3

18.7

9.0

23.7

12.5

21

-

-

15.1

27.4

46.6

26.0

15.5

11.0

13.5

18.7

9.0

-

-

32.3

46.7

27.2

26.1

18.7

19.8

8.8

-

-

9.9

7.7

35.1

69.4

13.3

17.3

8.3

22.6

-

-

-

20.2

10.7

38.2

40.6

35.9

23.5

15.4

14.9

11.7

9.5

7.6

6.3

3.9

30.7

Themen hoher Bedeutung

Lebensstandard

sicherer Job & Einkommen

Bildung der Kinder

Geld für Grundbedürfnisse

Haus reparieren

Kredit nehmen / rückzahlen

soziale Mißstände

Überschwemmung /

Verschmutzung

Sonstige

Änderung des Standards exemplarisch gewälter Haushalte von HCMC über einen Zeitraum von fünf Jahren [an 410 Beispielen

getestet] & deren aktuelle Themen hoher Priorität nach Lao Cai, Ha Tinh & Tra Vinh, 1999

Abb. 31: Kochstelle in einer Hintergasse von Cholon

Abb. 32: Waterworld Spaßpark - Traum vom westlichen Luxus

Aspekte der Armut in Vietnam

Mit der folgenden Erläuterung einiger sozialer Aspekte der Verarmung in Vietnam soll ein Rahmen geschaffen werden, der die Intensität der sozialen Bindungen und der stadtstrukturellen Verpflechtun-gen der Slum- und Squattersiedlungen in Ho Chi Minh Stadt fassbar macht.

Die Leistungen der Armutsreduktion der letz-ten Jahre in Vietnam kann man nicht schmälern.Lebten 1993 noch 58 % der Bevölkerung unterhalb international vergleichbaren Grundbedürfnissen, so waren es 1998 bereits 37 % und 2002 schließ-lich 29 %, welches eine Halbierung innerhalb von 10 Jahren bedeutet [World Bank 1999]. In dieser Dekade verrignerte sich die Unterernährung bei Kindern um das vierfache und die Einschulungs-rate steigerte sich von 86 % auf 94.3 % [Douglas, Michael 2002].

Diese eindrucksvollen Zahlen weisen darauf hin, das die vietnamesische Regierung über die letzte Dekade große Anstrengungen und verfüg-baren Kapazitäten in die Armutsreduktion investiert hat. Wie im 2001 Human Development Record dargestellt, liegt die Armutsrate in Vietnam weit unter den dafür angemessenen Mittelwert abhän-gig vom BIP per Capita. 2001 liegt Vietnam bei der Armutsminderung an erster Stelle. Diese Minde-rung steht, wie die meisten Veränderungen der letzten Jahre, in einem engem Zusammenhang mit den Wirtschaftsreformen des Doi Moi von denen viele Vietnamesen durch eine Steigerung ihrer Lebensqualität profitieren.

Gleichzeitig muss aber auch bemerkt werden, dass es Gruppen in der Bevölkerung gibt die unter den Reformen keine signifikante Verbesserung ihrer Lage erfuhren. Einerseits hat die Armut in Vietnam eine starke räumliche Dimension, ist die Rate in den ländlichen Regionen mit 35,6 % relativ hoch, so beträgt sie in den Städten nur 6,6 %, wobei es dort eine höhere Dichte und Anzahl der Armen gibt. Es muß darüber hinaus angenommen werden, das die Statistiken zum Teil geschönt sind. In den Städten leben viele rural-urbane Migranten in Armut, die jedoch als illegale Stadtbewohner beim letzten Zensus nicht registriert wurden. Den Wert der städtischen Armut sollte man demnach wohl als höher liegend einschätzen.

Neben dem räumlichen Unterschied bei der Armutsminderung, gibt es auch eine ethnische

Komponente. Zwar kommen ethnische Minderhei-ten häufiger in den ländlichen Regionen vor, doch werden ebenso ihre Mitglieder in den Städten, so prognostiziert es die Regierung, verglichen zu der Mehrheit, für längere Zeit noch zu der in Armut lebenden Bevölkerung gehören. Die Chinesen konnten als einzige von den Reformen profitieren, doch andere Gruppen entwickeln sich deutlich langsamer. Von den 21 % der Bevölkerung die 2010 in Armut leben werden, sollen 37 % einer ethnischen Minderheit angehören, dies ist das Doppelte des Anteils den sie 1993 hatten, dabei machen sie nur 13 % der Gesamtbevölkerung aus. Die Armutsbekämpfung dieser Gruppen wird sich nicht auf Wirtschaftswachstum oder Maßnahmen die für die Majorität ergriffen wurden beschränken können. Es sind zielgerichtete Gesetze nötig, die

Stadtprobleme • Aspekte der Armut in Vietnam

Page 25: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

4645

Art der Migration

[Bevölkerung 5+]

Nicht-Migranten

Inraprovinzial

Interprovinzial

Gesamtbevölkerung

Migranten

rural - rural

rural - urban

urban - rural

urban - urban

Gesamtmigranten

männlich weiblich total

Anzahl

31,614,357

1,057,499

1,001,234

33,691,090

711,745

552,544

218,859

535,274

2,018,422

%

93.84

3.19

2.97

100.00

35.30

27.40

10.80

26.50

100.00

Anzahl

32,878,954

1,404,911

1,000,175

35,284,040

897,279

629,745

203,092

602,468

2,332,584

%

93.18

3.98

2.83

100.00

38.50

27.00

8.70

25.80

100.00

Anzahl

64,493,311

2,480,410

2,001,409

68,975,130

1,609,024

1,182,289

421,951

1,137,742

4,351,006

%

93.50

3.60

2.90

100.00

37.20

27.20

9.70

26.10

100.00

Art der inneren Migration V's zwischen 1994 und 1999 aufgelistet nach Geschlecht für Einwohner Älter als 5 Jahre nach GSO 1999

10 20 30 40 50 60 70Age

5 %

10 %

15 %

20 %

rural - rural rural - urban urban - rural urban - urban

Abb. 34: interne Migration Vietnams zwischen 1994 und 1999 aufgeschlüsselt nach Art und Alter nachAbb. 33: Straßenkinder in HCMS

den Minderheiten mehr Gleichberechtigung und Mitsprache einräumen.

Weiterhin besteht für die rural-ubanen Mig-ranten ein Risiko der Verarmung. Zwar scheint sich diese Gruppe der Gesellschaft während der letzten Jahre gut entwicket zu haben, doch wäre eine solche Einschätzung oberflächlich. Die unterentwi-ckelte urbane Infrastruktur und die administrative Beschränkung der Wohnfreiheit halten viele Mig-ranten weiterhin in Armut. Verschmutzte Umwelt, beschränkter Zugang zu öffentlichen Dienstleis-tungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Essensrationen etc. aufgrund des unregistrierten bzw. illegalen Aufenthalts in der Stadt, das Fehlen starker sozialer Netze wie sie charakteristisch für vietnamesische Dörfer sind, sowie eine gewisse gesellschaftliche Ausgeschlossenheit bereiten den Migranten Probleme, die sie nicht über ein höheres Einkommen, welches sie in den Städten erzielen kompensieren können. Selbst wenn nur ein Bruchteil der Zuwanderer verarmt, wird die Zahl bei geschätzten eine Million Migranten pro Jahr immer noch beachtlich Ausmaße haben. Eine rationale Einschätzung der Mißstände könnte weitreichende Folgen haben, von neuen Flächennutzungsplänen, über eine beschleunigte Entwicklung urbaner Infrastrukturen bis zum Liberalisieren sozialer Dienstleistungen.

Sicher ist jedenfalls eines: in Ho Chi Minh Stadt sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich am stärksten ganz Vietnams und das eine substantielle Erhöhung der Ungleichheit zu einer weniger ausgeglichenen Gesellschaft führt, wenn nicht gar zu einer ‚Sezession der Reichen’. Bleiben weitere Maßnahmen und Anstrengungen aus wird sich die reiche von der armen Schicht stärker absetzen. 1997 / 98 betrugen die pro Kopf Ausga-ben des reichsten fünftels der Bevölkerung das 16.5 fache des ärmsten Fünftels [Douglas, Michael 2002]. Ungleichheiten entstehen zum größten Teil durch die Verweigerung sozialer Dienstleistungen. Medizinische Grundversorgung und Bildung wird für die ärmeren Schichten immer unerreichbarer, obwohl diese einer höheren Gefahr der Erkrankung ausgesetzt sind und eine Minimalbildung für eine Steigerung des Lebensstandards überaus viel bewirken würde.

In den Squattersiedlungen und Slums von Ho Chi Minh Stadt können 28,4 % der Familienober-häupter weder lesen noch schreiben. Diese Pro-

bleme wurden über die Zeit erkannt und in Zusam-menarbeit mit Weltbank und Hilfsorganisationen entstanden verschiedene Projekte, durch die die Zahl der in Armut lebenden Familien in Ho Chi Minh Stadt verringert werden. Doch besteht für viele noch immer die Gefahr aufgrund der unzureichen-den sozialen Absicherung durch ein Unglück in die Armut zurückzufallen. Gesundheitliche Probleme, Arbeitsunfälle, unerwartete Preissteigerung, Unsi-cherheit bei Job und Einkommen sowie natürliche Disaster können wegen der fehlenden Auffang-netze viele wieder in den Ruin treiben. So können zwischen 7 und 10 % der Familien keine negative Einwirkung absorbieren und wären dem sozialen Abstieg ausgesetzt, welches eine abermalige Rep-likation der Verarmung mit sich bringen würde.

Stadtprobleme • Aspekte der Armut in Vietnam

Page 26: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

4847

„Die Änderungen der letzten Zeit in der Poli-tik scheinen positiv und negativ zugleich zu sein. Wohnbedinungen haben sich, für die, die es sich leisten können verbessert. Zur selben Zeit können die Armen sich nicht auf staatliche Unterstützung verlassen, und müssen in den zentralen Avenuen der großen Städte sich den Säuberungsaktionen der Polizei stellen.“

- Mathéy 1990

Squatter und Slums

Abb. 35: kanalbesetzende Squattersiedlung

Verteilung der mittleren Wohnfläche pro Person in den Gruppen der urbanen Distrikte [ohne Balkone, Nebenräume, etc.] in %

nach Bassand, M. [2000]

mittl. Wohnfläche pro Person

weniger als 3 qm

3 qm - 6 qm

6 qm - 12 qm

mehr als 12 qm

Haushalte

gesamt

43.5

38.0

15.7

2.8

zentrale

Distrike

43.3

36.1

17.2

3.4

nördliche

Distrike

36.4

41.1

18.5

4.0

südliche

Distrike

46.6

38.0

13.4

2.0

Verteilung der mittleren Wohnfläche pro Person in den Gruppen der urbanen Distrikte [inklusive Balkone, Nebenräume, etc.] in %

nach Bassand, M. [2000]

mittl. Wohnfläche pro Person

weniger als 3 qm

3 qm - 6 qm

6 qm - 12 qm

mehr als 12 qm

Haushalte

gesamt

29.6

40.5

24.5

5.4

zentrale

Distrike

22.3

38.6

32.8

6.3

nördliche

Distrike

33.1

42.4

19.2

5.3

südliche

Distrike

22.0

41.1

21.2

4.7

Mit der wirtschaftlichen Umformung setzte auch eine Umwälzung in der Bevölkerungsstruktur ein, die in einer starken Land-Stadt Migration mani-festierte. Ho Chi Minh Stadt übt als wichtigstes Wirtschaftszentrum des Landes einen gewaltigen Sogeffekt aus, der sich auf ihr weiteres Umland auswirkt. Die derzeitige Zuwachsrate der Einwoh-nerzahl liegt jährlich bei 3,6 %, hierbei macht das natürliche Wachstum nur 1,1 % aus, die restlichen 2,5 % entstehen durch die Migration, einem zuneh-menden Trend folgend [Gruby 2002].

Weder Stadt noch private Wirtschaft befinden sich in der Lage jährlich 50.000 neue Wohnungen für die Zugezogenen zu schaffen. Dieser Miß-stand wird durch den jährlichen, innerstädtischen Zuwachs 20.000 neuer Hauhalte weiter verstärkt. Trotz der Privatisierung des Wohnungsmarktes und der Lockerung der Gesetze zu Erwerb und Vermietung von Immobilien bleibt die Lage ange-spannt. Da viele keine Wohnung finden oder diese sich nicht leisten können, fangen viele an sich ihre Behausung selbst zu errichten. Auf freien Gebieten des Stadtgefüges, auf Rest- oder Ausgleichsflä-chen, für die die Siedler jedenfalls keinerlei Land-rechte besitzen, entstehen somit Quartiere, die aus zusammengetragenen Materialien und notdürftig gebauten Behausungen erwachsen, Squatter.

Vergleichbar zu anderen schnellwachsenden Metropolen der Dritten Welt findet man in Ho Chi Minh Stadt die Squatter entlang Bahnlinien, auf unbenutzten Parzellen, städtischen Restflächen und öffentlichen Grünbereichen. Besonders für die Stadt ist, das ein Großteil entlang der zahlreichen Kanäle und Flussarme entstanden. Durch diese ungeplante Bebauung gehen der Stadt Gebiete verloren, die bedeutend für eine zukünftige Entwicklungen, für Erholungsgebiete als auch für die Stadtklimatik sind. Gleichzeitig führt der hohe Siedlungsdruck

der migrierenden Bevölkerung zu einer extremen Verdichtung dieser Bezirke, welches zusätzlich eine Aufwertung oder Reinigung erschwert. Beträgt die mittlere Dichte des Kernbereichs von Ho Chi Minh Stadt 25.000 Einwohner pro qkm, so zählte ein Forschungsteam um René Parenteau, bei einer Untersuchung Mitte der neunziger Jahre in Teilen des ersten Bezirks, des Gründungsviertels Saigon, eine Dichte von 87.000 EW/qkm.

Zwar schreibt die Regierung in ländlichen Gebieten 10 qm und in städtischen 8 qm Wohn-fläche pro Kopf vor, doch kann diese Forderung in den Squatters und Slums nicht gehalten werden, wo dieser Wert im Mittel inhumane 4,5 qm beziffert. Lässt man Anbauten für sanitäre Zwecke ausser acht, so haben laut Parenteau [1997] nur 18,5 % aller Haushalte eine Wohnfläche, die größer ist als 6 qm pro Bewohner. Die Dichte verhindert eine adäquate Durchlüftung sowie Versorgung mit Tageslicht, als auch mögliche Aufwertungsversu-che mit Elektrizität, Wasserver- und Entsorgung, etc. werden erschwert. In Ho Chi Minh Stadt sind schätzungsweise 15 % der Wohnungen Squatter oder Slums [Marr 2002]. 1994 haben die Behör-den 67.000 behelfsmäßige Wohnbauten gezählt, sogenannte Nha o Chuot – Rattenlöcher, von denen über ein Drittel direkt an Kanälen und Flussarmen gebaut wurden.

Verglichen zu anderen Teilen der Stadt sind die Infarstrukturen in den Squattersiedlungen am schlechtesten entwickelt. Die Wasserversorgung basiert meist auf selbstgebauten Leitungssys-temen und vorhandenen oder neugebohrten Brunnen. Kommt an den Kanälen ein Wasserhahn auf 20 bis 30 Familien, so müssen die Bewohner von Siedlungen ohne freien Zugang zu Wasser ungefiltertes Trinkwasser zu überhöten Preisen von Händlern kaufen. Bei der Wasserentsorgung ist die Lage nicht besser, Abwasser kommt meist direkt in die Kanäle. Zwischen 37 und 80 % der dortigen Haushalte verfügen über keine eigene Sanitäreinrichtung, sondern müssen öffentliche Latrinen benutzen [Marr 2002]. Aus den Kanälen können die Schadstoffe oft nicht abfließen und mischen sich so zu einem gefährlichen Cocktail, der Nährboden unterschiedlichster Krankheiten ist. Hinzu kommt, dass auch die Müllabfuhr in diesen Gebieten häufig versagt.

Stadtprobleme • Squatter und Slums

Page 27: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

5049

Abb. 37: Struktur einer Squattersiedlung, 3. Bezirk von HCMSAbb. 36: Squatter & einhergehende Verschmutzung

Minderentwickelte Wohngebiete sind auch durch soziale und wirtschaftliche Ausschließung gekenntzeichnet. Die meisten Bewohner sind arbeitslos, Kleinkriminelle oder haben Jobs im informellen Sektor in der direkten Nachbarschaft, sind selbstständig oder Gelegenheitsarbeiter. Die Tätigkeiten sind sehr spezialisiert und strikt nach Geschlecht getrennt, Männer arbeiten auf Baustel-len oder in Transportunternehmen, Frauen dagegen in handwerklichen Betrieben oder im Handel, üblich bei beiden ist, zur Sicherung des Einkommens, ein Zweitjob. Da die informellen Arbeiter, nur begrenz-ten Zugang zu Güterquellen und den freien Markt haben benötigen sie Versorgungsnetze, die sehr eng geknüpft sind und meist auf persönlicher Basis bestehen. Andere sind von Firmen abhängig, die sie direkt mit Rohmaterial und Kundschaft versorgen.

Die spontanen und sprunghaften Verhältnisse, unter denen die Bevökerung lebt führt auch zu einem Wandel des sozialen Verhaltens. Die Familie bleibt die Nabe der Gesellschaft, mit der Funktion der sozialen und finanziellen Absicherung. Neben der erweiterten Familie, versorgen sich meist meh-rere Haushalte der direkten Nachbarschaft unterei-nander, wobei die Hilfe neben kleineren Diensten auch Materiell werden kann. Die unterschiedlichen sozialen Verbindungen, die eine Familie mit ihrer Nachbarschaft versucht zu erreichen, zielen auf eine Festigung dieser in ihrem urbanen Umfeld. Besonders für arme Familien ist diese Verbindung mit der Nachbarschaft von existenziellen Wert. So werden abgewandelte dörfliche Gesellschaftsstruk-turen in die Stadt mittels der Schaffung sozialer Mirkrosysteme implementiert.

Die Häuser, meist Abarten der Chinese Shophouses oder vietnamesischen Landhäuser, werden von den Bewohnern aus allerhand Mate-rialien wie Holz, Metallblech, Bambus, recycelten Baustoffen, etc. selbst errichtet. Die Haltbarkeit der Unterkünfte ist aufgrund der schlechten Bausub-stanz und Konstruktion, dem extremen tropischen Klima und der Instabilität des Bodens sehr gering. Die Lebensstandards verringern sich neben der Minderversorgung an Wasser, Nahrung, Bildung und medizinischer Hilfe weiter. Da die Bewohner über kein staatliches Dokument verfügen welches ihre Siedlung legalisiert, besteht eine andauernde Gefahr der Zwangsräumung, Umsiedlung und oft folglichen Replikation der Verarmung. Die meis-ten Bewohner dieser Siedlungen sehen in ihr die

Chance des Überlebens und Integrierens in das urbane Umfeld. Obwohl die Behausung nicht die Ansprüche ihrer Nutzer befriedigt, ist sie perfekt an die Art deren Leben und finanziellen Möglichkeiten angeglichen. Nur 3 % des Einkommens wird in diesen Siedlungen für die Unterkunft ausgegeben, die Wohnung ist nicht fesselnd an deren Nutzer gebunden, wobei ein sozialer Aufstieg bei besseren Erwerbschancen möglich ist.

Stadtprobleme • Squatter und Slums

Page 28: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

5251

Bedeutende Mängel der Infrastruktur

Abb. 38: Verschmutzung in Squattersiedlungen

Küche

ohne Küche

Gemeinschaftsküche

Küche mit einem anderen

Haushalt zusammen

Küche mit zwei anderen

Haushalten zusammen

Bad

ohne eigenes Bad

Gemeinschaftsbad

Bad mit einem anderen

Haushalt zusammen

Bad mit zwei anderen

Haushalten zusammen

Toilette

Gemeinschaftstoilette

Toilette mit anderen

Haushalten zusammen

Entsorgung direkt in

Kanal oder Graben

in % der Gesamthaushalte

45.8

49.9

3.6

0.7

32.9

61.5

4.3

1.3

22.7

19.9

57.4

Stromversorgung

Haushalte mit eigenem

Stromzähler

Haushalte, die einen fremden

Stromzähler nutzen

Haushalte ohne Strom

Trinkwasserversorgung

Haushalte mit eigenem

Anschluss

Haushalte mit

Gemeinschaftsanschluss

Haushalte, die Wasser kaufen

Haushalte mit eigenem Brunnen

Brauchwasserentsorgung

Haushalte mit eigenem

Anschluss

Haushalte mit

Gemeinschaftsanschluss

Haushalte, die Wasser kaufen

Haushalte mit eigenem Brunnen

in % der Gesamthaushalte

23.1

67.5

9.4

23.5

32.8

23.9

19.8

23.3

30.7

20.7

25.3

Statistik zur Versorgung der Haushalte in den Slums und Squatters von HCMC nach Bassand, M. [2000]

Während der französischen Kolonialzeit Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in Saigon erste Infrastrukturmaßnahmen eingeführt. Die Dimiensionierung des Straßenrasters, der Wasser- und Abwasserleitungen sowie der Elektrizitäts-versorgung bezog sich damals auf eine Stadt der Größenordnung von 500.000 Einwohnern. Während der folgenden Jahre wurde das Netz kontinuierlich erweitert, jedoch nicht in dem Maß, in dem die Stadt wuchs. So haben seit den Sechzigerjahren große Teile der Bevölkerung keine eigene Frisch-wasserversorgung, sind weder an das Abwasser- noch an das Elektrizitätsnetz angeschlossen und werden von der Müllabfuhr nicht erreicht. Diese Gebiete liegen meist an der Peripherie der Stadt oder in jenen illegal gebauten Siedlungen im Stadt-zentrum.

Ho Chi Minh Stadt ist das größte Industrie- und Wirtschaftszentrum des Landes, innerhalb der Stadtgrenzen gibt es ca. 26.500 Betriebe, wovon der Großteil kleinmaßstäbliche sind, die sich vor-nehmlich in Wohngegenden befinden. Daneben gibt es 700 Mittel- oder Großunternehmen von denen 500 in den urbanen Distrikten liegen und nur ein Bruchteil Verschmutzungskontrollen betreiben [CITYNET 2002]. Das Industrieaufkommen, der Verbrauch der Haushalte und der Straßenverkehr fördern die ständig wachsende Umweltzerstörung. Das bedeutendste Element der Umwelt und Natur von Ho Chi Minh Stadt ist das Wasser, sie gehört zu den Typen der Megahydropolis, wie sie Timmerman und White 1997 definiert haben.

Mit der Wasserversorgung gibt es seit vielen Jahren Probleme, obwohl genügend Wasser vor-handen wäre. Die Pump- und Reinigungsanlagen in Tan Hiep, Thu Duc und Hoc Mon fördern über eine Million Kubikmeter Wasser, theoretisch ausrei-chend für zwei drittel der Bevölkerung, würden die Leitungen nich lecken, wodurch 40 % der Produk-tion wieder verloren gehen. Das System der Was-serversorgung erreicht nicht alle Bezirke der Stadt, so daß ein Großteil der Einwohner, besonders die der ärmeren Schichten, sich selbstständig, das heißt illegal durch eigene Bohrungen und Brunnen mit Wasser versorgen müssen oder gezwungen sind es zu überhöhten Preisen zu kaufen. Durch die private Ausbeutung des Grundwassers, steigt der Verseuchungsgrad der Wasser führenden

Schichten, was über kurz oder lang dazu führen wird, dass einige entgiftet oder neu angereichert werden müssen. Das Sinken des Grundwasserpe-gels führt weitergehend zu einer Zunahme dessen Salzgehalts.

Die Wasseraufbereitung ist kaum besser. Ho Chi Minh Stadt ist in vier große Auffanggebiete aufgeteilt, jedes hat ihr eigenes Drainagesystem, in denen jedoch Schmutz- und Regenwasser nicht getrennt werden. Nur ein geringer Teil des Regen- und Brauchwassers wird von der Kanalisation, die 70 % des Stadtgebiets erreicht aufgefangen. Es gibt in Ho Chi Minh Stadt keine großen Kläran-lagen, somit fließen circa 50 % des Abwassers

Stadtprobleme • Bedeutende Mängel der Infrastruktur

Page 29: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

5453

Abb. 40: die Straßen von Saigon: Mopeds und Motorräder auf dem VormarschAbb. 39: Einflüsse auf die Wasserqualität in den Kanälen

Regen

Entsorgung flüssiger& solider Abfälle

Algenkolonien

zyklische Änderungdes Wasserpegels

Sedimentation, Aufhalten der natürlichen Selbstreinigung

Anreicherung der Schadstoffe zwischen den Pfählen unter Behausungen

direkt in die Kanäle weiter. Jeden Tag gelangen so 360.000 Kubikmeter Haushalts- und 110.000 Kubikmeter Industrieabwasser direkt in das Kanal-system der Stadt, nur ein geringer Teil davon wird in Klärgruben aufgefangen oder von industriellen Kläranlagen gereinigt. Die Ökosysteme der meisten Wasserwege ist durch metallische und organische Giftstoffe so sehr gestört, dass der einzige biolo-gische Abbau bislang durch Anoxybiose erfolgt. Die Schmutzstoffe lagern sich zumeist in den Kanälen ab und werden aufgrund deren geringem Gefälle sowie den zweitägigen Gezeiten nur sehr langsam über den Saigon und den Dong Nai Fluss abgeschwemmt. In topographisch unvorteilhaft gelegenen Gegenden kann es so auch zu einer Überschwemmung mit dieser Kloake kommen. Projekte der jüngeren Zeit belegen jedoch das man, wenn auch erst in den Aussenbezirken, durch gezielte Maßnahmen die Wasserqualität einiger Flussarme verbessern kann, welches über längere Zeit zu einer Selbstreinigung dieser führt.

Auf der Ebene der Müllentsorgung gibt es vergleichbare Sorgen. Wie beim Abwasser addieren sich hier die Abfälle der Industrie und der Haushalte mit verheerenden Folgen. Mit der Steigerung der Lebensqualität wachsen auch die Müllberge. Die Müllproduktion hat sich zwischen 1987 und 1993 um das vierfache auf von 198.000 auf 893.000 Tonnen pro Jahr gesteigert [Wüst 2001]. Zwar erreicht heute die Müllabfuhr 80 % des Stadtge-biets, jedoch können die Müllhalden nur 2.500 der 4.000 Tonnen Abfall jeglicher Art die pro Tag entsorgt werden aufnehmen. Bei der Prognose von täglich 10.000 Tonnen im Jahr 2010, darf dieses Problem nicht unterbewertet bleiben [Volkskommis-sion von Ho Chi Minh Stadt 2004c]. Betrachtet man die Industriemüllentsorgung, so sind die Statistiken sehr vage. Die meisten Betriebe und Produktions-stätten bedienen sich veralteter Technik wodurch sie Schadstoffe aller Art produzieren, die dann mit anderen undefinierten und gefährlichen Stoffen zusammen unbehandelt auf den Mülldeponien der Stadt landen und eine Bedrohung für das Grund-wasser darstellen. Es existiert zwar Abfalltrennung jedoch ist deren Nutzen ohne die entsprechende staatliche Instanz für die Kontrolle der Industriemül-lentsorgung zu hinterfragen.

Obwohl von der Wasser- und Abfallinfrastruk-tur zur Zeit die größten Probleme ausgehen darf nicht verschwiegen werden, dass auch die zuneh-

mende Luftverschmutzung und Lärmbelästigung sich negativ auf die Stadt auswirken. Der Ausstoß des wachsenden Motorverkehrs und der sich multiplizierenden Industrieanlagen führt zu einem Anstieg von COx, NOx, SOx, Staub, Blei und Ruß auf ein gesundheitsgefährliches Level und so dem bekannten Phänomen starker Smogbildung.

Das steigende Verkehrsaufkommen überlastet das Straßensystem. Die Trishaw einst das meistge-nutzte Verkehrsmittel der Stadt, Einkommensquelle vieler die im informellen Sektor arbeiten und in anderen asiatischen Städten schon längst verboten, wird von einer immer größer werdenden Masse an Motorrollern verdrängt. Die Importmenge von Krafträdern übersteigt die der Kraftfahrzeuge um das 45fache [General Statistical Office Vietnam 2003]. Ende 2000 gab es 1,600,000 Motorräder zu 130,000 Automobilen die offiziell registriert waren und die Verkehrsdichte der Hauptstrassen lag bei 15,500 Fahrzeugen pro Stunde [CITYNET 2000]. Der Roller liegt im finanziellen Rahmen vieler Vietnamesen und gilt als Symbol der Freiheit und des Wohlstands, der Name des Klassikers ist hierbei Programm: Honda Dream. Die neugewon-nene Freiheit bezieht sich jedoch nicht nur auf die örtliche Ungebundenheit, so wird die Straßen-verkehrsordnung fast nie befolgt, es gibt keine Sicherheitsstandards und die Fahrzeuge werden nicht auf ihre Tauglichkeit geprüft. Die Folgen wie Lärm- und Abgasbelästigung sind bekannt, dazu kommen rund 80 Verkehrsstauungen pro Tag. Eine Verbesserung der Lage bei zunehmenden Verkehr, besonders der Kraftfahrzeuge, erhofft man sich im Ausbau des unterentwickelten öffentlichen Nah-verkehrs, so sieht ein Projekt es vor bis 2020 für 4 Milliarden Dollar ein 195 km Streckenlänge umfas-sendes System von Untergrund- und Schnellbahn zu schaffen [Volkskommission von Ho Chi Minh Stadt 2004e].

Stadtprobleme • Bedeutende Mängel der Infrastruktur

Page 30: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

5655

Strategien der Stadtentwicklung

Die Degeneration des ehemaligen Saigon, der heutigen Ho Chi Minh Stadt über die vierzig-jährige Periode der politischen Umwälzungen und der folgenden Dekade des Stillstands ist mit ihren Auswirkungen nun hinreichend bekannt. Die Pro-bleme, die die Stadt heute am meisten belasten wurden dargestellt und können in ihren Ausmaßen erahnt werden, so das die Dimension der Aufgabe der Stadtaufwertung nun erfassbar sein sollte. Mit dieser Aufgabe beschäftigt sich die Stadtregierung seit dem Anfang des Doi Moi – der Renovierung, einem passenden Namen für die anstehenden Herausforderungen.

Die nunmehr seit zwanzig Jahren laufenden ‚Renovierungen’ durchliefen speziell bei der Stad-taufwertung unterschiedliche Phasen. Von einem Mangel an Pilotprojekten kann man nicht sprechen, ob ‚top-down’ oder ‚bottom-up’, ob kooperativ oder integrativ, ob nur einzelne Straßen betreffend oder die gesamte Stadt, vieles wurde über die letzten Jahre versucht, vieles wieder verworfen, aber am wichtigsten: vieles wurde gelernt. Die Zeit des experimentieren scheint nun auszulaufen, es wird drauf gedrungen die erfolgreichen Projekte in größere Maßstäbe zu überführen um von den gewonnen Erkenntnissen stadt- und landesweit profitieren zu können.

Klar erkenntlich zeichnen sich hierbei zwei grundlegend unterschiedliche Strategien ab, die parallel voneinander laufend impliziert werden. Zum einen geht es um eine Aufwertung und Verbesserung der Lebensstandards der über-wiegend in Armut lebenden Bevölkerung, durch infrastrukturelle, sozioökonomische und administ-rative Maßnahmen, dem sogenannten Upgrading. Andererseits wird versucht mit der Erschließung exportfördernder Zonen und der Entwicklung großmaßstäblicher Tochterstädte westlichem Standards, ausländische Investoren in das Land zu ziehen und die wirtschaftliche Belebung weiter voranzutreiben.

Der millionenfache Wille nach besseren Lebensbedingungen der Stadtbewohner einerseits, Investmentgruppen, Banken und Jointventures auf der Suche nach neuen Märkten und Profitstei-gerung andererseits. Das Soziale und Informelle steht dem Neoliberalen gegenüber, ob sich diese Konkurrenz nach Adam Smiths Prinzip des ‚Wett-

bewerb belebt den Markt’ positiv oder eher nach Luhmans Prinzip ‚der sich behindernden Konkur-renten’ negativ auf die Stadtentwicklung auswirken wird, bleibt noch abzuwarten. Ho Chi Minh Stadt wird sich jedenfalls ändern, nicht nur weil die Stadt es muss - es besteht der Wille zur Transformation, zum Wachstum, zum Fortschritt.

Strategien der Stadtentwicklung

Page 31: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

5857

Slum - Upgrading

„Der Abriss von Slums und heruntergekomme-nen Häusern ist eine entscheidende und dringende Aufgabe. Es ist beabsichtigt die Probleme der Beam-ten und arbeitenden Bevölkerung zu lösen, das Gesicht der Stadt zu verschönern, und mit der Zeit dieses stark verschmutzte Gebiet zu urbanisieren. Dieses Projekt wird die Ansprüche der Menschen befriedigen und die Überlegenheit des Sozialismus demonstrieren.“

- aus dem Masterplan einer Slumaufwertung

Abb. 41: Elendsquartiere der Stadt - meist entlang Kanälen

Arrondissement

1.

3.

4.

5.

6.

8.

10.

11.

Go Vap

Tan Binh

Binh Thanh

Phu Nhuan

Hoc Mon

Thu Duc

Binh Chanh

Cu Chi

Nha Be

Can Gio

Total

Überbaut

[1994 in ha]

375

255

144

280

220

205

216

229

130

350

305

169

110

245

80

110

60

20

3,504

Slums

[in ha]

10.0

6.0

19.0

4.5

6.0

6.0

6.0

14.5

18.0

13.2

20.0

9.0

-

-

-

-

-

-

132.2

Squatters an

Kanälen [in ha]

10.0

15.0

6.0

4.5

10.0

6.0

-

1.5

-

3.6

7.5

4.5

-

-

-

-

-

-

68.6

neuüberbaute Fl.

['94 - '05 in ha]

mind. -10

mind. -15

ca. -10

0

220

80

-

30

50

220

160

-

-

1,250

220

-

600

-

2.850/-35

Quantitative Angabe zur Überbauung, zu Slums und Squatters und zu den Überbauungsprojekten nach Marr, 2002

International versteht man unter dem Begriff ‚Slum-Upgrading’ die Aufwertung der grundle-genden Infrastruktur und Versorgungsanlagen sowie öffentlicher Einrichtungen und die Rege-lung der Besitzverhältnisse mit einbeziehend, in ärmeren Gegenden häufig informell und mit der Beteiligung der gesamten Gemeinde umgesetzt. Das Upgrading beinhaltet jedoch nicht die Bereit-stellung oder Aufbesserung von Wohnungen und Häusern, es handelt sich eher um eine Aufwertung des Wohnumfelds und der Gemeinde an Ort und Stelle. In Vietnam folgt man jedoch dieser Defini-tion des Begriffs ‚Slum-Upgrading’ nicht. Es wird unterschieden zwischen ‚Infrastruktur-Upgrading’ und ‚Urban-Upgrading’. Ersteres bezieht sich auf die Aufwertung der Infrastruktur eines Entwick-lungsgebiets und ist daher mit der internationalen Auslegung des ‚Slum-Upgrading’ vergleichbar. Zweitere beinhaltet die Räumung und Umsiedlung der bestehenden, meist illegalen Gemeinden, sowie der staatlichen Neubebauung mit hohem und mittelhohem Wohnungsbau.

Mit dem Erkennen wachsender Probleme des Verfalls der Infrastruktur und der Ausweitung der Spontansiedlungen im generellen, befasst sich die Stadtadministration von Ho Chi Minh Stadt seit den achtziger Jahren. Von 1990 bis 2000 gab es über 4.000 Maßnahmen zur Aufwertung der Infrastruk-tur. Neben den allgemeinen Eingriffen, wie der Aufweitung von Strassen und Verbesserung der Wasserver- und -entsorgung gehören einige davon auch den ‚Urban-Upgrading-Projekten’ an.

Seit Beginn der 1990er haben sich verschie-dene NGOs mit Unterstützung der ACHR an der Stadtentwicklung beteiligt. So zum Beispiel in der Hiep Thanh Gemeinde wo Wasserhähne installiert, Gassen aufgewertet, die Müllentsorgung verbes-

sert und öffentliche Latrinen errichtet wurde. Das Projekt war erfolgreich, da die Gemeinde an der Aufwertung ihres Umfelds maßgebend beteiligt wurde. 1992 organisierte die städtische Entwick-lungsbehörde für die Verbesserung des sozialen Wohnungswesens ein Forum, an dem die unter-schiedlichen städtischen Bezirke, Verbände und etwa 100 Leiter verschiedener Sozialsiedlungen teilnahmen. Das Forum unterstützte das Upgra-ding als wichtige Alternative für die Besserung der Wohnqualität der Armen. Etliche NGOs waren interessiert und beteiligten sich an weiteren sieben Projekten von 1992 bis 1994.

1994 änderte sich jedoch die Entwicklungs-strategie mit dem großmaßstäblichen Aufwer-tungsprojekt des Nhieu Loc-Thi Kanals. Zur selben Zeit führte das Räumungsprogramm im 4. Distrikt zur Zerstörung des Pilotprojekts der Hiep Thanh Gemeinde, wodurch aufgewiesen wurde das selbst Gemeinden die schon aufgewertet wurden vor einer Zerstörung nicht zu schützen sind. Der genossenschaftliche Wohnungsbau wurde in der Folgezeit zum Standardmodell des ‚Upgrading’ der städtischen Wohngasbaubehörde und die Zusam-menarbeit zwischen Stadt und NGOs hörte auf [Banes 2001].

Strategien der Stadtentwicklung • Slum - Upgrading

Page 32: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

6059

Gesamtheit der Armen

Geld für Wohnraum-

verbesserung

absolut Arme Bevölkerung

[Einkommen zu gering für Lebenunterhalt]

Haushalte Haushalte

Einkommen

relativ stabil

um für den

täglichen

Bedarf aus-

zureichen

und einen

kleinen Teil

anzusparen

[120,000

- 200,000

Dong pro

Monat pro

Person]

Obdach-

lose, die in

temporären

Behausun-

gen wohnen

und die kein

Erbrecht

auf eigene

Wohnung

oder Land

besitzen

Die Wohn-

kriterien

sind

geringer

als die des

lokalen

Durch-

schnitts

[5 qm/

Person in

HCMS]

Umwelt,

Infrastruk-

tur und

Einrichtung

befinden

sich in sehr

schlechten

Zustand

Einkommen

ist unbe-

ständig und

instabil

[mittleres

Einkom-

men liegt

zwischen

50,000 und

120,000

Dong pro

Monat pro

Person]

Familien mit

Geldeng-

pässen au

unterschied-

lichsten

Gründen

[Krankheit,

Unfall,

Umweltpro-

bleme, etc.]

Personen

aus anderen

Regionen

zugezogen,

die länger

als fünf

Jahre ohne

stabilen

Einkom-

men sind

Alleinste-

hende,

Ältere,

Behinderte

ohne Fami-

lie, Waisen

Programm zur Bekämp-

fung von Armut und

Unterernährung

Unterstützung zur Verbes-

serung der Wohnungen und

Behausungen [inklusive

der Beachtung des örtli-

chen Arbeitsangebots]

Unterstützung bei Arbeits-

platzsuche um ein stabiles

und wachsendes Ein-

kommen sowie Lebens-

niveau zu ermöglichen

Genmeindehäuser

&

Waisenheime

Erschaffung einer gesunden

Umwelt durch eine Verbes-

serung der Infrastruktur

relativ Arme Bevölkerung

[Einkommen ausreichend für Lebenunterhalt]

Aufteilung der Bevölkerungsgruppen - Programme zu Wohnungsprojekten für die Armen und dem Kampf gegen die Armut

nach Bassand, M. [2000]

Kahlschlagsanierung

Das Nhieu Loc-Thi Aufwertungsprojekt umfasst ein Areal von circa 37 km entlang des Kanals und erstreckt sich über fünf zentrale Bezirke der Stadt. Dem Plan gab man anfänglich eine Laufzeit von sechs Jahren, jedoch muss man bei der Größe des Areals und dem Ehrgeiz des Projekts, so sollen zwischen 50 und 100 ha Kanalufer neu begrünt werden, wohl eher eine Periode von 20 Jahren beanschlagen [Marr 2002]. Er folgt verschiedenen Zielen: der Umweltverbesserung durch die Rei-nigung der Kanäle, den Ausbau der Kanalisation und die Errichtung von Klärgruben; der Umsied-lung der Squatterbewohner sowie den folgenden Abriss der Elendsquartiere; der Errichtung von Stadthäusern zum Arbeiten und Wohnen auf den leergeräumten Flächen und der Modernisierung als auch Verschönerung des neuen Quartiers mit-tels einer Begrünung der Böschungen der Kanäle und der Anlage von Uferwegen; und letztenendes einer Verbesserung der sozialen Ordnung durch die Erfassung derjenigen Bevölkerung, die eine Aufent-haltsgenehmigung vorweisen können. Bis heute wurde fast die gesamte ursprüngliche Bevölkerung von 40.000 Menschen umgesiedelt.

Die Reinigungsaktionen der Kanäle, die zur Zeit im vollem Laufe sind, werfen verschiedene Fragen auf. So zum Beispiel nach den ökologischen Problemen, die aus dem Wiederverwenden und

Aufschütten des Schlamms, der aus den Kanälen gebaggert wurde und von Schwermetallen sowie biologischen Schadstoffen stark kontaminiert ist, erstehen können. Weiterhin scheinen auch die hydrologischen Maßnahmen zur Trockenlegung des Gebiets in solch einem Umfang umgesetzt zu sein, das es zukünftig zu Überschwemmungen anderer Wohngebiete kommen kann [Wüst, Bolay & Thai Thi Ngoc Du 2004]. Doch wird man sich diesen Proble-men wohl erst widmen wenn sie auftreten.

Am stärksten aber wurde das Umsiedlungs-programm selbst hinterfragt. Bestandteil dieses Plans ist ein Ausgleichsprogramm, nach dem die umgesiedelte Bevölkerung entschädigt wird, wodurch es dieser möglich ist anderswo einen neuen Wohnsitz und eine berufliche Existenz auf-zubauen. So werden den Familien neben dem Wert ihres Grund und Bodens, ihres Hauses und dem was sie an Infrastruktur selbst errichtet haben auch die Kosten für den Umzug erstattet. Allerdings sind diese Kompensationen mit Kriterien gekoppelt, wie der der Wohnberechtigung oder der Art des Berufs, durch die bei jeder Unregelmäßigkeit die Entschä-digung auf ein Minimum reduziert wird.

Das Programm bietet den Umgesiedelten zwei mögliche Systeme: Erstens private Initiative oder zweitens staatliche Maßnahmen. Suchen die Familien selbstständig nach einer neuen Wohnung,

Abb. 42: Wohnungsbauprojekte - Umsiedlung der Armen und Reproduktion des sozialen Abstiegs

Strategien der Stadtentwicklung • Kahlschlagsanierung

Page 33: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

6261

können sie von der Verwaltung eine Förderung erhalten, wenn sie an den Stadtrand ziehen, da eine Verringerung der Dichte der zentralen Bezirke von der Stadtentwicklungspolitik angestrebt wird. Nachteilig wirkt sich dann jedoch der schlechte infrastrukturelle Ausbau der peripheren Bezirke auf die Versorgung sowie die beruflichen Möglich-keiten aus.

Nimmt man die staatlichen Maßnahmen in Anspruch, so erhält man die Möglichkeit eine Woh-nung in einem staatlich geförderten Geschosswoh-nungsbau zu erwerben. Um örtliche Veränderun-gen, und deren Probleme wie Arbeitsplatzverlust, Neuorientierung, etc. gering zu halten, wurden die Neubauten in maximal drei Kilometer Entfernung von dem Umsiedlungsgebiet errichtet. Der Kauf-preis wird subventioniert, und wenn die finanziellen Mittel nicht ausreichen gibt es zinslose Kredite, beides ist jedoch wieder an das Maß der Entschä-digung und den vorherigen Wohnstatus gekoppelt, hat man diesen nicht, besteht keine Möglichkeit die staatlichen Förderungen in Anspruch nehmen zu können.

Ob jedoch diese Art der Aufwertung von Vor-teil für die betroffene Bevölkerung ist muss kritisch betrachtet werden. Oft sind die Konsequenzen der Zwangsumsiedlung auf die Lebensumstände negativ, die Hälfte der Nutzer der staatsgeförderten Wohnungsprogramme müssen hohe Schulden auf sich nehmen, der Familienverband wird geschwächt und die Möglichkeiten auf einen Verdienst des Lebensunterhalts erschwert. Zwar sind die neuen Unterkünfte größer und besser ausgestattet als die alten, doch sind sie einzig und allein auf die Funktion des Wohnens beschränkt. Die Geschoss-wohnungen schließen jegliche Art von Gewerbe aus und lassen keine freie Nutzung der Räume zu, beides galt jedoch in den Armensiedlungen als selbstverständlich. Die gewerblichen Probleme ergeben sich weniger aus den Grundrissen, als aus der Geschossigkeit der Gebäude, welche keinen direkten Zugang zu einer Straße bieten wodurch weiterhin sozialer Kontakt erschwert wird.

Noch schlechter sind die Auswirkungen, auf jene Familien, die sich nicht um eine staatlich sub-ventionierte Wohnung bewerben können, da ihre Entschädigung zu gering ausfällt. Die Strenge der Kriterien scheint oft selektiv und diskriminierend, die Mittel sind unzureichend und werfen die Evaku-ierten auf ihre eigenen beschränkten Möglichkeiten

zurück, die kaum genug sind für den Kauf oder Eigenbau eines neuen Heims. Für viele Umsiedler enden solche Aufwertungsprojekte mit dem Ver-lust ihres Landes, ihrer Bleibe und oft auch ihrer Verdienstmöglichkeiten, sie sehen sich von heute auf morgen einer rapiden Verschlechterung ihrer Lebensumstände ausgesetzt und in ihrer Existenz bedroht.

Mit der Umsiedlung kommen auch Verände-rungen auf sozialer und ökonomischer Ebene. Der Familienkreis, in Vietnam traditionell mehrere Gene-rationen umfassend, wird auf eine Standardfamilie reduziert. Das vietnamesische Familienfragment muss sich erst neu identifizieren, in dessen Pro-gress sie sich jedoch individualisiert und isoliert. Die Bindungen zu anderen Teilen der Verwandt-schaft schwächen sich ab oder gehen verloren, die klassische Solidarität innerhalb der Nachbarschaft lässt nach.

Die Umsiedlung bringt fast immer eine Ver-schlechterung der finanziellen Lage mit sich, die informellen Strukturen vom Kaufen und Verkaufen, vom Produzieren und Dienstleisten werden gestört. Für viele fällt es schwer ihre berufliche Aktivität nach dem Umzug fortzuführen, entweder wohnen sie zu weit von ihrer Arbeitsstelle entfernt oder das gesamte informelle Netzwerk wurde durch die Umstrukturierung zerstört. Bei einem Drittel der Familien führt dies zu niedrigeren Einkommen, wodurch die Einkünfte um bis zu 30 % sinken können. Am gravierendsten allerdings ist die Zunahme bei den Ausgaben für das Wohnen, waren es in den Squattersiedlungen und Slums noch 3 bis 4 % des Familieneinkommens, so sind es in den Geschosswohnungen bis zu 20 %.

Jedoch einmal umgezogen, scheinen viele Familien ihr neues soziales Umfeld als einen Aufstieg in eine höhere gesellschaftliche Schicht anzusehen. Sie sind mit den veränderten Umstän-den zufrieden, überzeugt, dass das moderne, saubere und komfortable Wohnen, der verkleinerte Familienkreis und die Individualität, als Gegenteil zu dem was sie aus den Elendsquartieren kennen, Eigenschaften einer bessergestellten Schicht sind. Manche fühlen sogar etwas wie Stolz und Prestige. Nur die wenigsten Familien sind jedoch in der Lage diesen Standard zu halten, die meisten sind gezwungen sich abermals in das informelle Netz einzubinden. Viele nutzen auf der Suche nach einem Verdienst einen Teil ihrer Wohnung gewerb-lich um. Zur Errichtung eines Arbeitsplatzes werden Fenster und Türen verschlossen, Wohnungen umgebaut, Verkehrswege und Gemeinschaftsflä-chen in Besitz genommen. Andere wiederum ver-suchen mit Sparmaßnahmen die Lebensqualität zu halten, doch dies können sie nur beim Essen und Schulausgaben. Und wer überhaupt nicht mehr weiter weiß, der zahlt seine Kredite an den Staat nicht zurück, obwohl dies mit erheblichen Strafen verbunden ist.

All diese Anpassungen dienen der Überwin-dung der Folgen der Isolierung und der sozioökono-mischen Situation des neuen Wohnumfelds. Viele müssen aufpassen um nicht aus dieser Anpassung gleich wieder in einen Abstieg zu rutschen. Der Aufwand ist oft zu groß, die Erwerbsmöglichkeit zu gering, um sich dem neuen Umfeld erfolgreich einzufügen. Nach zwei Jahren haben ein Viertel der umgezogenen Familien ihre Wohnung wieder verlassen. Trotz des höheren Lebensstatus und der neuen Bequemlichkeit konnten diese Menschen die Enge ihres Lebensraums und die sozialen sowie ökonomischen Bürden nicht weiter ertragen. Die hohen Ausgaben führen zu einer anhaltenden Ver-schuldung, so dass ihre letzte Chance darin liegt wieder auszuziehen und sich eine preiswertere Bleibe zu suchen. Viele von ihnen ziehen an die Peripherie, wo Häuser und Grundstücke billiger sind. Sie leben in ähnlicher Weise, wie es vor ihrer Zwangsumsiedlung war, können ihre Ausgaben besser beschränken und finden wieder Integration und Identifikation. Doch lässt die schlechte ökono-mische Situation der Vororte kaum eine berufliche Neuorientierung zu. In den schlimmsten Fällen ver-lieren die Menschen letztenendes auch noch diese Abb. 44: Reproduktion der Verarmung - Umzug an PeripherieAbb. 43: trotz Umsiedlung - Wohnraumenge unverändert

Behausung und müssen sich einem städtischen Nomadentum hingeben, sie wohnen und arbeiten wo es sich gerade ergibt, losgelöst vom Schutz einer eigenen Wohnstätte, obdachlos.

Die politischen Ziele im Rahmen des Nhieu Loc-Thi Nghe Programms bezeugen zwar den guten Willen der Behörden, doch zeigt es sich, das die gewählten Maßnahmen zur Aufwertung des Lebensstandards dem Wohlstand der Men-schen nicht entsprechen, diese sich den abrupten Lebenswandel nicht leisten können. Der Wille der Entwicklungsbehörden zur Integration dieser Bevöl-kerungsgruppen allein reicht nicht aus. Die Zwangs-umsiedlungen führten zu einer Aussonderung und Reproduktion der Elendsquartiere an anderen Stel-len, vereinzelt auch zu einem endgültigen sozialen Abstieg der betroffenen Familien.

Strategien der Stadtentwicklung • Kahlschlagsanierung

Page 34: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

6463

Ministerrat nationales Kontrollamt

nationales Komitee für

Wohnungswesen

[Ministerium für Bauwesen]

Zentralkomitee für

sozialen Wohnungsbau

Provinzkontrollamt ProvinzkontrollamtProvinzkomitee für

Wohnungswesen

Rat des Provinz-

volkskomitees

Organisationen

FrauenGewerkschaften Jugend

humanitäre Organisationen

nichtstaatliche Organisationen

humanitäre Hilfe

Volkskomitee des

Arrondissements

lokales

Bauaufsichtsamt

Dienststelle für

soziales Wohnen

Volkskomitee des

Quartiers

Volksgruppen

[Arbeitseinheiten]

Vereine

[Frauen, Jugend, ...]

lokales Amt für

Kontrolle und

Überwachung

Organisation, Administration & Kontrolle: Politik des Wohnungswesen nach Bassand, M. [2000]

Integrative Entwicklungskonzepte

1996 fand in der Stadtentwicklungsbehörde abermals ein Umdenken statt. Man erkannte das die großmaßstäblichen Maßnahmen, wie die des Nhieu Loc-Thi Nghe Programms, nicht die erwünschten Resultate brachten sondern Unmut und Widerstand unter den Betroffenen hervorriefen, was jedoch nicht ausschlaggebend war diese Projekte abzubre-chen. Doch für die Aufwertung neuer Siedlungen wurden nun wieder verstärkt NGOs, ehrenamtli-che Organisationen und Verbände beteiligt, die nun darauf achteten, dass nur Gebiete entwickelt werden bei denen die Möglichkeit für eine Räu-mung niedrig sind. Von französischen NGOs, Enda und Villes en Transition [VeT] initiiert, wurden in Partnerschaft mit lokalen Organisationen wie dem Jugendverband, der Frauenvereinigung, etc. vier Upgrading-Projekte auf den Weg gebracht.

Alle Projekte hatten ähnliche Zielstellungen, die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung durch eine kooperative Herangehensweise mittels Zusam-menarbeit zwischen städtischen Behörden und der Gemeinde für eine Besserung der Lebensstandards der Ärmsten und dem Schutz vor Überflutung. Die Programme arbeiten direkt mit den Menschen der Elendsquartiere, die für sich selbst entscheiden welche Verbesserungen am dringendsten benötigt werden. Dieses System basiert auf gegenseitigem Vertrauen, die Regierung überlässt den Bewohnern bestimmte Entscheidungen, erwartet aber auch, dass die Gemeinde sich organisiert um Lösungen zu erarbeiten.

Diese unterschiedlichen Projekte, wie die Ver-besserung der Abfallbeseitigung, Wasserver- und -entsorgung, die Vergabe von Gemeindekredite, die Aufwertung des Wohnumfelds durch Reinigungs-aktionen sowie einer allgemeinen ökologischen Bildung ermöglichen es innovative Herangehens-weisen zu entwickeln, die nutzernah sind und Selbstbeteiligung fördern.

Die lokale Ebene stellt weiterhin die beste Möglichkeit für interdisziplinäre Forschungen dar, dank dem kleinen Maßstab und der starken sozialen Strukturen bietet die Nachbarschaft einen idealen Raum für eine Kooperation zwischen Forschern, Stadtentwicklern und Einwohnern. Einfache und exakte Beispiele wie Gemeinschaftskredite, erlau-ben es Forschern und Technikern die Zusammen-hänge zwischen städtischer Politik und lokaler

Umsetzung zu untersuchen und zu dokumentieren. Als urbaner Problemansatz, basierend auf einer lokalen Entwicklung, muss dieser um eine Neue-rung zu sein von den ersten Anfängen an, wie der Identifikation der Mißstände und der Projektvorbe-reitung, auf der Initiative der Bevölkerung beruhen welches einen allmählichen pädagogischen Prozess der Bewohner und öffentlichen Behörden zur Folge hat. Gemeinschaftsprojekte in urbanen Gebieten die ein basisnahes Herangehen an ökologische Probleme fördern, müssen sich oft gegen die Vorstellungen der Administration behaupten die massive, schnelle und sichtbare Lösungen bevor-zugt und sich weniger um die Nachhaltigkeit sorgt sowie oft der Bodenspekulation Vorrang gibt und der Aufwertung zentrumsnaher Siedlungen wenig Bedeutung beimisst.

Betrachtet man die Vorraussetzungen die sich aus dem gemeinschaftlichen Herangehen ergeben und der Zeit die zur Mobilisierung der Nachbar-schaft nötig ist, so sind Konsultationen zwischen den verschiedenen Beteiligten von hoher Bedeu-tung. Verglichen zu ruralen Gegenden sind die Nachbarschaftsbeziehungen, über die eigene enge Gruppe hinaus in der Metropole relativ schwach. Es gilt die vietnamesische Lebensweise, dass ‘jeder unter seinem eigenen Dach lebt’ wodurch die Toleranz den Problemen anderer gegenüber erst vermittelt werden muss, um dann Projekte anzugehen die kurzfristig Wenigen hilft, längerfristig jedoch der gesamten Gemeinde zu Gute kommen [Kim Ha, Nguyen 2001].

Abb. 45: Squatter & chin. Shophouse - Vergleich

Dafür erlaubt die Methode der Eigeninitiative aber spezielle Strategien für die Besserung von Lebensstandards zu entwickeln sowie die Wahr-nehmung der eigenen Umwelt zu fördern und die Menschen zu einem selbstständigeren Denken zu führen. Der letzte, aber auch wichtige Aspekt der integrativen Zusammenarbeit an der lokalen städ-tischen Entwicklung und der aktiven Aufwertung der Wohngegend durch dessen Bevölkerung ist ein finanzieller. Die streng festgelegten Prioritäten und Eingriffsmethoden ermöglichen es Kosten zu reduzieren und die direkte Kontrolle der Bevöl-kerung über die eigenen Ressourcen wie Geld, Energie und Zeit mindert dessen Verschwendung und Veruntreuung.

Da es sich zeigt, das lokal angeregte Projekte für die Aufwertung von Spontansiedlungen funkti-

onieren und effektiv sind, stellt dieses Modell eine alternative Möglichkeit der urbanen Planung dar. Projekte diesen Typs können jedoch nicht als realis-tische Konkurrenz zu den großmaßstäblichen urba-nen Entwicklungsstrategien angesehen werden, da die Initiativen der NGOs stets kleinmaßstäblich sind und niemals auf die Stadt als ganzes wirken können. Doch liegt in dieser Kleinmaßstäblichkeit auch der Vorteil, das direkt die lokalen Behörden kontaktiert werden können, die meistens flexibler sind und Upgrading Projekte stärker Unterstützen. Auch von der beteiligten Bevölkerung werden Lösungen des kleinen Maßstabs bevorzugt. Erstens, da bei einer nötigen Umsiedlung das Wohnumfeld gleich bleibt und zweitens, da bei kleinen Projekten die Selbst-beteiligung höher und damit auch die Identifikation mit der Aufwertung stärker ist.

Strategien der Stadtentwicklung • Integrative Entwicklungskonzepte

Page 35: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Abb. 46: Verdichtung der urbanen Viertel durch Squatter

„Was ich hier sehe, sind Leute, die Geld brau-chen, nicht viel, und Eltern, die sich eine besser Zukunft für ihre Kinder wünschen. Ich erkenne Unschuld und Energie. Und wenn ich ganz genau hinsehe, dann erkenne ich die Anfänge von Ame-rika.“

- Paterniti 2001

Spendenunterstützte Projekte

Der Mittelweg zu Kahlschlagsanierung und integrativem Entwicklungskonzept, die beide nicht genügend Potential aufbauen konnten um sinn-volles Mittel für die Stadtentwicklung zu werden, stellen spendenunterstützte Projekte dar. Diese verbinden die integrative Herangehensweise der NGOs mit der Großmaßstäblichkeit der Projekte der Stadtentwicklungsbehörde. Auf der einen Seite wird das städtische und ökologische Umfeld der Armensiedlung verbessert, auf der anderen Seite die Institutionen durch das Einbeziehen unterschiedlicher Entscheidungsebenen, von der städtischen Entwicklungsbehörde bis zum Gemein-deoberhaupt gestärkt. Bei der Umsetzung wird, ähnlich zur Kahlschlagsanierung, darauf geachtet alle Sektoren der Infrastruktur aufzuwerten, dieses jedoch in den vorhandenen Siedlungen integrativ durchzuführen. Beispielhaft für diese Art Projekt gilt die Tan Hoa-Lo Gom Kanalreinigung im 6. Distrikt von Ho Chi Minh Stadt, welche durch die Belgische Technische Kooperation [BTK] unterstützt wurde.

Das Programm war Resultat eines Prozes-ses umfangreicher Zusammenarbeit zwischen den Behörden und der Gemeinde. In einer der 49 Armensiedlungen des Distrikts wurde auf einer Fläche von circa einem Hektar für 169 Hauhalte die Infrastruktur umfassend aufgewertet. Das Gebiet wies eine Siedlungsdichte von 980 Personen pro Hektar bei einer niedrigen Bebauungshöhe von maximal zwei Geschossen auf.

In einer ersten Phase war es das Ziel den Zugang zu den Grundlegenden Infrastrukturen zu erleichtern, Gassen zu befestigen und aufzuweiten und eine Straßenbeleuchtung zu installieren. Die zweite Phase ermöglichte es den Bewohnern für mindestens zehn Jahre im Quartier wohnhaft zu bleiben um in eigenständiger Initiative wichtige Ver-besserungen an deren Häuser und dem Wohnum-feld, mit technischer und finanzieller Hilfe der BTK,

durchzuführen. Die BTK beteiligte sich weiterhin bei fast allen Maßnahmen finanziell, lediglich die Gebühren für Wasser- und Stromanschluss musste von den Haushalten selbst bezahlt werden, jedoch standen dafür wiederum Kredite zur Verfügung. Zusätzlich zu den infrastrukturellen Aufwertungen gab es sozioökonomische Unterstützungen, wie ein Mirkokreditprogramm, berufliche Ausbildung und die Steigerung des ökologischen Bewusstseins.

Auf der behördlichen Seite lag der Sinn dieses Projekts in der Demonstration der Alternative der örtlichen Rehabilitation, der Verbesserung der sanitären Zustände und des Lebensumfelds durch infrastrukturelles Upgrading und sozioökonomische Unterstützung, zu den Kahlschlagumsiedlungs-programmen der armen Bevölkerung. Für die Stadtregierung ist diese Strategie sehr preiswert, da im Vergleich zu den Umsiedlungsprogrammen die hohen Kosten für Räumung, Entschädigung und Neubebauung entfallen und anders als bei den Stufenweisen Aufwertungen alle benötigten Leitungen effizient mit einem Mal verlegt werden, wodurch beispielsweise mehrfache, kosteninten-sive Erdarbeiten entfallen.

Gleichzeitig bietet diese Strategie der betei-ligten Bevölkerung ein hohes Maß an Respekt und Zufriedenheit. Die Vorteile aus der Mischung von Gemeindebeteiligung und integrativem Heran-gehens sind die einfache und unproblematische Umsetzung sowie die positive Resonanz der beteiligten Bevölkerung, auch anderen allgemeinen Aufwertungsprojekten der Stadt gegenüber.

Das Pilotprojekt der Tan Hoa-Lo Gom Kanal-reinigung erbrachte viele Kenntnisse, die bei Folgeprojekten Beachtung finden sollten. Neben den ermöglichten Vorteilen für die Bewohner der Siedlung, stellen sich auch kritische Fragen an Planung, Durchführung und Zielsetzung. Ein erstes Problem stellt die relativ lange Dauer der Umset-zung des Projekts dar, von den ersten Treffen bis zur endgültigen Ausführung wurden 15 Monate beansprucht. Will man in Zukunft größere Projekte dieser Strategie implementieren, so sollte der Prozess vereinfacht und beschleunigt werden. Erschwerend wirkten sich auch die unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten aus, da eine genaue Auf-stellung solcher Prioritäten die für eine Aufwertung des Wohnumfelds besonders lohnend sind, wenig Beachtung fanden.

Auch die Aufwertung in vollem Maßstab nach gegebenen staatlichen Standards und deren Umsetzung durch Baufirmen muss hinterfragt werden, da oft die gesamte Bandbreite infrastruk-

tureller Einrichtungen, wie Straßenbeleuchtung und Wegebefestigung, nicht benötigt werden, die Beachtung staatlicher Vorschriften mit deren Anforderungen an Sicherheit und Dauerhaftigkeit in einer Siedlung temporärer Behausungen absurd ist und viele Arbeiten von den Bewohnern selbst verrichtet werden können, es nur an Beratern und Vorarbeitern fehlt. Die Befolgung staatlicher Regelungen unter Beteiligung von Baufirmen wirkt sich darüber hinaus negativ auf eine Entwicklung innovativer Konzepte aus.

Nachteilig ist weiter der Ausschluss der ‚ille-galen’ Bewohner vom Projekt, die keinen Anspruch auf private Wasser- und Stromversorgung haben, wodurch die optimale Auslastung der neuen Infra-struktur verhindert und der Nutzen des gesamten Programms gemindert wird. Allgemein muss gesagt werden, dass die Bevölkerung bei zukünftigen Pro-jekten stärker integriert werden sollte, besonders wenn es darum geht kosteneffiziente und innova-tive Lösungen anzustreben [Banes 2001].

Strategien der Stadtentwicklung • Spendenunterstützte Projekte

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Abb. 47: Selbst mit erfolgreichen Pilotprojekten wird nur einer kleinen auserwählten Gruppe geholfen

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Zukünftige Aufgaben & Herausforderungen

„Was ich hier sehe, sind Leute, die Geld brau-chen, nicht viel, und Eltern, die sich eine besser Zukunft für ihre Kinder wünschen. Ich erkenne Unschuld und Energie. Und wenn ich ganz genau hinsehe, dann erkenne ich die Anfänge von Ame-rika.“

- Paterniti 2001

Trotz der positiven Entwicklung der letzten Jahre stellen sich der vietnamesischen Regierung auf staatlicher und lokaler Ebene beim Vorbereiten und Durchführen von urbanen Aufwertungsprojek-ten immer noch zahlreiche Herausforderungen und Probleme. Obwohl in der nahen Vergangenheit die Dezentralisierung der Regierung weiter fortschritt, wodurch lokale Behörden mehr Handlungsraum erhielten, müssen noch viele Hindernisse, die einer effizienten Verbesserung der Lebensstandards der Armen im Wege stehen beseitigt werden. Im Folgenden werden einige wichtige Faktoren und Themen dargestellt mit denen sich die Stadtent-wicklung in kommender Zeit zu beschäftigen hat.

Eine große Herausforderung für die Stadtent-wicklung der kommenden Jahre muss es sein, aus der Vielzahl der Pilotprojekte der Vergangenheit zu lernen um weiterschreitende Programme die die gesamte Stadt einbeziehen sowie landesweite Strategien erstellen zu können. Mit den aktuellen

Programmen, die mehr bedarfsgetrieben von unten her entwickelt werden und die aktive Beteiligung der Gemeinden zum Schlüsselgrundsatz für eine erfolgreiche Durchführung haben, entstünden bei einer Vergrößerung des Projektrahmens neben neuen Möglichkeiten auch Gefahren. Das Bestre-ben der Gemeinden für Verbesserungen und deren Finanzierung eigenständig zu sorgen sowie die Wahrscheinlichkeit das die erzielten Aufwertungen erhalten bleiben sind höher als bei der vorhergegan-genen ‚top-down’ Strategie, doch werden durch die große Anzahl beteiligter Parteien für die Phasen der Zielsetzung, Planung und Durchführung viel Zeit und finanzielle Mittel beansprucht. Ein Gleichge-wicht muss gefunden und die Implementierung in Grenzen definiert werden. Wenn dies nicht gelingt werden die informellen Siedlungen bald schneller wachsen als es möglich ist ihren Upgrading-Ansprü-chen nachzukommen.

Die Pläne unterschiedlicher Ebenen der Stadtentwicklung, vom Masterplan bis zum Gemeinde-upgradingplan werden momentan durch die Zentralregierung erstellt obwohl diese stadtspezifisch sind und deshalb von den Personen entwickelt werden sollten, die letztenendes durch diese auch beeinflusst werden. Es hat sich gezeigt, dass diese starren zentralen Planungsvorgaben selten mit den sozialen und ökonomischen lokalen

Strategien der Stadtentwicklung • Zukünftige Aufgaben & Herausforderungen

Entwicklungsplanungen übereinstimmen und die finanziellen Mittel sowie den Realisierungsrahmen derer überschreiten [World Bank 2000]. Ferner wird anstelle des Impulses innovative Lösungen für die Probleme der Stadt und dessen Bevölkerung zu entwickeln das Gegenteil erreicht, Probleme geschaffen. Daraus folgt, das die Dezentralisie-rung Vietnams weiter fortgeführt werden muss. Jede Stadt sollte ihre eigenen Ziele und Visionen definieren und die Möglichkeit erhalten diese auch zu verfolgen, solang sie realistisch sind. Weiterhin sollte das Bestreben der Stadtaufwertung nicht auf infrastrukturelle Maßnahmen und Verbesserung der Lebensbedingungen der Armen beschränkt werden, sondern als einen ersten Schritt einer langen Entwicklungsaufgabe betrachtet werden.

In Addition zu den Gesetzen und Regeln der Entwicklungsbehörden führen die vielen branchen-spezifischen Genehmigungsverfahren zu einem langwierigen Prozess der viel Zeit und Aufwand beansprucht um von den ersten Konzepten zur endgültigen Umsetzung zu gelangen. Bei einer Beteiligung unterschiedlicher NGOs und Geber-organisationen muss dieser Zeitrahmen weiter gestreckt werden. Demzufolge sollten die Geneh-migungsverfahren vereinfacht und verkürzt, Behör-den zusammengeführt, Kompetenzen eindeutig verteilt und überflüssige Regelungen gestrichen werden.

Die Projekte der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass durch ein intensives Einbeziehen der Bewohner bei Planung und Umsetzung, eine höhere Identifikation dieser mit der Aufwertung erreicht wird. Dies führt zu einer größeren Nach-haltigkeit der Projekte, so werden Verbesserun-gen stärker angenommen, Kompromisse leichter geschlossen, sogar finanzielle Beteiligung, selbst in sehr armen Siedlungen erreicht, die Dauerhaftigkeit der Maßnahmen erhöht und spätere eigenständige Aufwertungen angeregt. Eine stärkere Integration der Bevölkerung in die Planungs- und Umsetzungs-prozesse sollte daher angestrebt werden.

Weiterhin muss eine höhere Garantie auf die Sicherheit und Dauerhaftigkeit der Wohnverhält-nisse der armen Bevölkerung gegeben werden, besonders für die auf Arbeitssuche illegal in die Stadt migrierten Menschen, die aktuell kein Recht auf Wohnraum haben müssen stabile Bedingungen geschaffen werden. Die Sicherung des Anspruchs auf längerfristige Wohnverhältnisse schafft Anreize

zur selbstständigen Aufwertung von Behausung und Umfeld [LPRV Workshop 2001]. Die Restriktio-nen die von der Regierung zur Migrationsminderung aufgestellt wurden wirken sich nicht nur negativ auf die Wohnlage der Migranten aus. Der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wird verhindert, ein legaler Anschluss an das städtische Versorgungs-netz, Strom, Wasser, Entsorgung unterbunden, so das versucht wird dies auf illegale Weise zu errei-chen, wodurch den Netzwerkbetreibern Einkünfte verloren gehen und durch die zum Teil abenteuerli-chen Eigenanschlüsse zusätzlich Kosten entstehen. Die Beschränkung der Rechte der Migranten wirkt sich demzufolge negativ für beide Seiten aus, und ob mit diesem Mittel, welches auch human zu Hinterfragen wäre, der Landflucht wirklich entge-genwirkt wird ist zweifelhaft. Allein die Vergabe offizieller Adressen mit einer einhergehenden Registrierung dieser Bewohnerschicht würde bedeutende Folgen für die Wohnqualität und die Umweltzustände der armen, infrastrukturschwa-chen Siedlungen haben.

Eine Gefahr in der Planung von Aufwertungen, speziell für einkommensschwache Gemeinden ist das Infrastruktur und erbrachte Leistungen wirkungslos werden können. Die Planung und der Bau von Infrastrukturen für die Grundversor-gung [Abwasser, Strom, Trinkwasser] muss nach Beachtung der Einzugsgebiete erfolgen, damit die Bereitstellung der Dienstleistungen sinnvoll ist. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, das mit größerem Projektrahmen das erreichte Betei-ligungsniveau der Bewohner und viele Ergebnisse der Mikro-Infrastrukturverbesserungen annulliert werden können, falls diese bei der Maßstabsän-derung vernachlässigt werden. Dennoch, solange man nicht die Bemühungen vergrößert, damit die Mehrheit der urbanen Armensiedlungen noch während der Lebenszeit ihrer derzeitigen Bewohner wesentlich verbessert werden können, werden weiterhin Pilotprojekte einzelne kleine Gruppen unterstützen und die Mehrheit von den Verbesse-rungen ausschließen.

Wenngleich die Mehrzahl der urbanen Upgra-ding-Programme sich auf eine Versorgung mit grundlegender Infrastruktur und Dienstleistung konzentrieren, da diese normalerweise die höchste Dringlichkeit besitzen, bilden andere Komponenten der Aufwertung allgemeinere Upgrading-Projekte, die jedoch von ihrer Bedeutung als gleichberechtigt

Page 37: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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angesehen werden sollten. Soziale Infrastrukturen, wie Kindergärten, Grundschulen, medizinische Grundversorgung, Marktplatzverbesserungen, etc. sind oft Bestandteile der zu den Grundbedürfnis-sen entsprechenden Infrastrukturaufwertungen im Projekt parallel laufenden Initiativen. Zusätzlich sind Mikrofinanzierungsprogramme, die Kredite für die Entwicklung kleiner Gewerbe auf häuslicher Basis und die Aufwertung der Behausungen bieten, ein weiterer läufiger Bestandteil aktueller Upgrading-Programme in Vietnam. Die Sicherung der Wohn-verhältnisse und die Frage nach der Regelung des Wohn- und Pachtrechts werden als kritisch angesehen, Programme zu Verbesserung der Land-, Kataster- und Registrationsinstitute und Systeme sind oft notwendig und müssen in Upgrading Pro-jekte eingebunden oder in parallel laufenden Initi-ativen umgesetzt werden. Beachtet und integriert man die Gesamtheit der genannten Komponenten unterstützender Programme in großmaßstäbliche Aufwertungsprojekte, so können diese schnell an Komplexität und somit Anfälligkeit gewinnen. Somit sollte man große Sorgfältigkeit bei der Zielsetzung der Programme walten lassen, damit diese nicht in ihrer Komplexität undurchführbar werden. Das Bestreben bei einer räumlichen Ausweitung der Projekte diese auch in ihren Aufgabenfeldern zu erweitern muss man unterlassen. Das alte Sprich-

wort des ‚einfach halten’ sollte immer beachtet, eine Teilung und Spezifizierung auf die unterschied-lichen Sektoren der Aufwertung muss erfolgen um in Zukunft schlanke und schnell durchführbare Programme und Strategien erstellen zu können.

Ein letzter und wichtiger Punkt gilt der Nachhal-tigkeit der erstellten Infrastruktur, womit die dauer-hafte sowie richtige Benutzung und Instandhaltung der aufgewerteten und neuerrichteten Infrastruk-turen gemeint ist. Solange nicht entsprechende Regelungen getroffen werden besteht ein Risiko das die bereitgestellten Versorgungseinrichtungen aufgrund der hohen Nutzerdichte sowie der starken Auslastung schnell verfällt. Mit einem Besitzrecht der Gemeinden an der Infrastruktur und dem hohen Niveau der Arbeitslosigkeit sowie Unterbeschäfti-gung besteht die Möglichkeit die Gemeinden mit der Instandhaltung zu beauftragen, ohne das hohe Kosten anfallen würden. Doch müssen auch Nutzer und Stadt ihren Pflichten nachkommen, beide soll-ten für die laufenden Kosten Abgaben zahlen. Mit der Besteuerung der Infrastruktur wäre ein weiterer Schritt für die Eingliederung der Armensiedlungen in das städtische Umfeld erfolgt, die Bewohner würden über die Aufnahme von Verpflichtungen sich stärker mit ihrem Umfeld identifizieren und somit mehr zu einem Bestandteil der gesamten Stadt werden [Banes 2001].

Strategien der Stadtentwicklung • Zukünftige Aufgaben & Herausforderungen

Page 38: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Saigon South

“Ich glaube nicht, daß Ho Chi Minh sich eine Shopping Mall vorgestellt hatte, als er aufbrach, um den Süden zu befreien […] ich vermute, er wäre entsetzt.”

- Paterniti 2001

Ho Chi Minh Stadt entwickelt sich zur Zeit nicht nur durch die Aufbesserung vorhandener Quartiere oder dem kontinuierlichen Wachstum entlang der bereits bestehenden Achsen in nördli-che bis westliche Richtung, sondern auch mittels großmaßstäblicher Projekte, die privat finanziert vom Staat bevorzugt gefördert werden. So entsteht zum Beispiel das Thu Thiem Stadtzentrum im Osten von Ho Chi Minh Stadt, die Quang Trung Software City im Westen und die Saigon South Parallelstadt im Süden. Auf einen direkten Vergleich zwischen Upgrading und Stadtneubau will ich hierbei nicht eingehen, da beide Strategien diametral zueinander parallel nebeneinander implementiert werden und bei weitem noch nicht abgeschlossen sind, welches nur zu Spekulationen führen würde. Im folgenden Teil soll es daher exemplarisch um Saigon South „the largest international standard masterplanned city in Asia“ [Francey 2003] gehen.

Eine großdimensionale Entwicklung dieser Art wäre in nördliche Richtung am sinnvollsten, aus dieser kommt die Frischwasserversorgung der

Abb. 49: Stadtplan von Ho Chi Minh Stadt, Saigon South Erweiterung & Tan Thuan EPZAbb. 48: Werbung für Saigon South - Wohlstand, Fotschritt, Glück - Welt einiger auserwählter weniger oder weiteres 'Pilotprojekt'

Stadt und die Infrastruktur ist am besten entwickelt, jedoch wird diese durch die massiven Ausdehnung des Flughafens sowie der dichten Besiedlung dessen Umfelds blockiert. In westlicher Richtung stößt die Entwicklung jetzt schon an ihre Grenzen, die ungeplant dichte Bebauung und das unan-gemessene Erschließungsnetz erschwert längst den Zugang zur Innenstadt. In östlicher Richtung befindet sich das Thu Thiem Planungsgebiet, das sich auf dem den Zentrum gegenüberliegendem Saigonufer befindet und vor einiger Zeit noch als neuer Finanzdistrikt der Stadt favorisiert wurde, da es in natürlicher Nähe zu wichtigen Verkehrsknoten, dem Flughafen, der Wasserversorgung und einem Kraftwerk liegt. Jedoch müsste, damit dieses erreichbar und profitabel wird, eine Brücke über den Saigon Fluss gebaut werden, welches eine zu hohe Investition und Anlaufzeit erfordert. Nur mit Saigon South kann man, so lautet die Erklärung der Administration ‚kurzfristig und vergleichsweise kostengünstig’ die Stadt erweitern. Das Gebiet wird etwa die Größe der heutigen Innenstadtbezirke erreichen und einen Beitrag zur Gesamtstrategie ‚Greater Ho Chi Minh City 2020’, mit der die Kernbe-reiche entlastet und die Peripherie gestärkt werden soll, leisten.

Saigon South befindet sich vier Kilometer süd-lich des ersten Distrikts, des zentralen Geschäfts-

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Strategien der Stadtentwicklung • Saigon South

Page 39: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

viertels von Ho Chi Minh Stadt, gelegen auf der anderen Seite des Kinh Dôi Kanals und des Ben Luc Flusses. Durchzogen von Kanälen und Flussar-men beschreibt der Masterplan mit einem Mix aus Wohn- und Gewerbenutzungen natürlichen Bege-benheiten angepasst, einen neuen 3.300 Hektar umfassenden Bezirk. Ausgelegt für 500.000 bis 1.000.000 Bewohner sowie 100.000 Arbeitsplätze, sollen 35 Stockwerke zählende Hochhäuser, ein Stadtzentrum und Luxusgeschäfte, teures Wohnen und eine internationale Messe errichtet werden, es ist die größte Erweiterung in der Geschichte der Stadt. Ist das Projekt beendet, so prognostizieren die Verantwortlichen, soll das Industrieaufkommen in Südvietnam um ein Drittel erhöht und mehrere Städte, wie Bien Hoa und Vung Tau sowie indus-trielle Zonen, zur ‚Südlichen Wirtschaftszone’ zusammengeschlossen sein, alles in einer Region die bereits heute mehr als 60 % des nationalen Ein-kommens erwirtschaftet [Paterniti 2001]. Schenkt man weiterhin den Funktionären Glauben, so stellt Saigon South die historische Chance dar, aus Ho Chi Minh Stadt eine Drehscheibe internationaler und im besonderen südostasiatischer Finanz-, Handels-, Kultur- und Wissenschaftsentwicklung zu machen [Gotsch 2002] sowie Vietnam wieder in die globale Wirtschaft zu integrieren.

Für die Umsetzung dieses ehrgeizigen Plans wurde die Phu My Hung Corporation gegründet, die ein Joint-Venture aus der zu 70 % beteiligten taiwanesischen Central Trading & Development Group [CT&D Group] und der zu 30 % teilhabenden vietnamesischen Tan Thuan Industrial Promotion Corporation [IPC], die unter direkter Kontrolle der Volkskommission von Ho Chi Minh Stadt steht, ist. Die 30 %ige Beteiligung der IPC besteht in der Bereitstellung des Landes und der Arbeitskräfte. Im Rahmen eines größeren taiwanesischen Engage-ments in Vietnam, dass 1992 begann und dem die Central Trading and Development Group ein Budget von 4,1 Milliarden US-Dollar beimisst, finanziert diese Saigon South mit 700 Millionen US-Dollar [Paterniti 2001]. Aufgabe der CT&D Group ist es neben der Bereitstellung des Geldes das Projekt infrastrukturell zu erschließen und zu vermarkten. Bis 2001 entwickelte die CT&D Group, als größter ausländischer Investor in Vietnam, weitere 273 Projekte, so wurden auch die Tan Thuan Export Pro-cessing Zone [EPZ] im Osten sowie der Hiep Phuoc Industriepark südlich von Saigon South errichtet.

Beide Projekte bilden die Grundlage der Ver-sorgung von Saigon South, zum einem mit Gütern sowie Dienstleistungen und zum anderem mit Investitionsmöglichkeiten. Die Tan Thuan Exportför-derzone, östlich des neuen Stadtteils, am Saigon Fluss gelegen, bildet dessen wirtschaftliches Gegenstück und vermarktungstechnisch unmit-telbares Vorbild. Nach dem Beispiel einiger asiati-scher Nachbarn, den Tigerstaaten, hat man hier ein besonders günstiges Klima für ausländische Inves-titionen geschaffen, neben einem Containerhafen werden komplett erschlossene Grundstücke sowie schlüsselfertige Betriebe samt der Belegschaft zur Nutzung angeboten, das Werbeprospekt listet weiterhin auf:

Abb. 50: Organisationsstruktur des Joint-Venture um die CT&D

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„Infrastruktur nach westlichen Standards, Softwarepark, beschleunigte Bürokratie und Pro-zessabwicklung, landjährige Pachtverträge und Steuervorteile [50 Jahre Pacht, 4 Jahre Steuerfrei-heit], quasi-diplomatischer Status, arbeitsrechtliche Ausnahmeregelungen ...“

Die Tan Thuan exportorientierte Zone wurde aufgrund ihres Erfolgs zur besten EPZ Asiens gewählt [Gotsch 2002] und hat in die Wirtschafts-kurse des MIT Eingang gefunden. Das zweite Projekt der Hiep Phuoc Industriepark wartet mit Tiefseehafen und dem ersten privat finanzierten und betriebenen Kraftwerk [375 MW] von gesamt Asien auf [Jordan & Waibel 2004]. Von hier aus werden Saigon South und dessen Umland mit privater Infrastruktur versorgt, der Überschuss, immerhin 9 % der Landeskapazität und 45 % der Stromversorgung von Ho Chi Minh Stadt [Francey 2003], wird an das öffentliche Netz verkauft. Diese drei Projekte, Hiep Phuoc, Tan Thuan und Saigon South sollen sich gegenseitig beflügeln und ein vita-les industrielles Dreieck, bestehend aus Industrie, Export und Handel, formen.

Der Masterplan für Saigon South stammt von Skidmore Owings and Merrill, in Kooperation mit Kenzo Tange und Koetter & Kim, die bei einem 1994 von der Phu My Hung Corporation, in Zusammenar-beit mit der Weltbank ausgelobten internationalen Architekturwettbewerb den ersten Platz errangen. Die Auslober sind stolz, dass der Plan 1995 mit dem 42. Progressive Architecture Award und 1997 dem Honor Award für bester Urbaner Design vom Ame-rican Institute of Architects ausgezeichnet wurde. Das Projekt erlangte internationale Anerkennung und wurde sowohl vom AIA wie auch der Weltbank als den einzig richtigen Plan für die Erweiterung von Ho Chi Minh Stadt bezeichnet [Martin 2001].

Abb. 51: SOM • grüne Stadt in parkähnlichem Umfeld

Abb. 52: SOM • idyllische Parklandschaft - heile Welt

Abb. 53: Koetter & Kim • Saigon South New City Center

Abb. 54: Kenzo Tange • Saigon South New City Center

Tan Thuan EPZ1991

Sai South Development

1993

Hiep PhuocPower Plant

1993

Architectural Project Managment

Services Related to Electricity Industry

2003

China State Construction Co.

De Tang Intl' Dev. Co. [China]

Tan Thuan Industrial Promotion Co.

“This plan has its roots in the history of cityma-king, with its geometry derived from the history of the land. It serves as an example for other mega-developments that are occurring in areas like Asia and Southeast Asia, as it is sensitive to the cultures, site and urban traditions.”

- AIA, Honor Award for Best Urban Design 97

“Saigon South is planned as a modern, inter-national community that will provide HCMC with the necessary infrastructure, amenities and services to accommodate HCMC’s projected population of 10 million people within the next decade.”

- SOM Architects

In welcher traditionellen Weise aber eine Hochhausenklave, die hauptsächlich für Ausländer und die obere Mittelklasse vorbehalten ist, sich sen-sibel in die vietnamesische Baukultur eingliedert, muss jeder für sich beantworten. Jedoch wird das zeitgemäße Design eines amerikanisch, sorgenlos urbanen Umfelds, gepaart mit der Symbolik von Singapur und Hong Kong, den besten Rahmen für willige Investoren bieten. Insofern folgt Saigon South keinen urbanen Fantasien, ist einzig durch ökonomische Interessen bestimmt, die Stadt des Rasters, der Hochhäuser und der Suburbanität wird zu einem ‚ready-made’ vermischt und verdichtet um eine internationale Identität zu schaffen, die jegliche Ansprüche befriedigt. Fast kein Element der „universal toolbox of post-modern urbanity“, einer jeden internationalen modernen Metropole, fehlt [Gotsch & Peterek 2003].

Strategien der Stadtentwicklung • Saigon South

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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high tech center

zoological & water park

botanical garden

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university #1

university #2

golf course

new city center

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nature conservancy park

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Abb. 55: Saigon South Grundgerüst • zwei Grünstreifen fassen die perlenartig aufgereihten Entwicklungszonen ein

7675

“It seems quite unquestionable that these developments are the expression of an international standardisation of urban forms and functions. Within a neo-liberal context, [...] the city and its physical elements turn into mere exchange commodities.”

- Gotsch & Peterek 2003

Saigon South gliedert sich in drei Zonen, die es bandartig in Nord-Süd Richtung teilen. Jedes Band hat seinen eigenen Charakter, so ist das erste, der ‚Cultural and Recreational Parkway’, das nördliche und der Stadt zugewandte, für Kultur und Erholung reserviert. Es bietet Platz für zwei Univer-sitäten, einem Zoo, einem botanischen Garten, zwei Golfplätze, Wasserpark, Jahrmarkt und genügend Sportanlagen um die Asiatischen Spiele zu Gast zu haben. Die zweite Zone, der ‚Scenic Riverway’, liegt am südlichen Rand und grenzt das Gebiet zu der szenischen Landschaft des dort befindlichen Naturschutzgebiets ab, und soll über die Zeit zu einer Touristenattraktion ausgeweitet werden.

Das dritte Band, das mittlere, ist die eigentli-che bauliche Erweiterungszone, durch sie verläuft der 17,8 km lange, als Rückgrat funktionierende Nguyen Van Linh Parkway, an dem die einzelnen Glieder der Stadterweiterung, um zwei Meter angehoben und durch Kanäle gegliedert, einer Perlenkette gleich aufgereiht sind. Der Parkway, erweiterbar auf zehn Spuren und in einem 120 Meter breiten Korridor gelegen, ist die erste Ost-West Verbindung zwischen dem Hafen von Ho Chi Minh Stadt, der neuen Tan Thuan Export Processing Zone und dem Highway One [CT&D 2005]. Die Glie-der die sich an diesem Parkway aufreihen dienen jeweils einem bestimmten Zweck: Zentrum des neuen Stadtteils, Universitäts Campus, High-Tech Center, Geschäfts- und Warenumschlagszentrum. Jedes Glied hat seinen gewerblichen Kern und ist von Wohngebieten, Erholungseinrichtungen und Parks umgeben.

Strategien der Stadtentwicklung • Saigon South

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

7877

„… [Saigon South] has usurped America‘s latest stage in the process of constructing urban identity, where the gridded city, the city of skyscrapers and the suburban city are compressed into a ‚ready-made‘ …“

- Kelly Shannon, 2000

Die derzeitige Phase der Umsetzung von Saigon South konzentriert sich auf den Bau des neuen Stadtzentrums auf einer Fläche von 440 ha. Bis Januar 2004 wurden 1.400 Villen und Apartments fertiggestellt von denen rund 80 % verkauft werden konnten. Am Ende soll das neue Stadtzentrum Platz für 240.000 Einwohner bieten und mit einer gebauten Fläche von 6,5 Millionen qm der neue Finanzdistrikt von Ho Chi Minh Stadt werden. Man setzt auf die Errichtung einer Börse, einer Messe, etlicher Bürohochhäuser sowie ‘Businessparks’ um das Ziel überregionaler Bedeut-samkeit zu erreichen. Der neue Bezirk ist an sich in eine Vielzahl thematisierter Viertel aufgeteilt, die ihrer jeweiligen Nutzungen nach typische Charak-teristika aufweisen: Financial, Midtown, Crescent, Canal, Southside, Racetrack, Medical Campus sowie Hillview, welches in der pfannkuchenplatten Landschaft des Mekong Deltas wohl besonders erwähnenswert ist [Shannon 2000].

„Der Crescent Distrikt zum Beispiel, bezieht seine Inspiration aus der Uferbebauung Singapurs. Der Canal Distrikt, ein Bezirk entworfen für Unter-haltung, ist an San Antonio’s Riverwalk angelehnt, der Racetrack an Hong Kong’s Happy Valley.“

- Werbetext für Saigon South

“The New City Center has all expected func-tions within its comprehensive districts grouping. Neighbourhoods for residential use are adjacent to a medical campus, schools, leisure amenities and what is to become the business district of HCMC.

Added to this wide boulevards and open spaces, beautifully landscaped parkland and gardens and superb modern office and business developments within a 20-minute drive to the existing downtown, the New City Center offers the highest standard working and living environment in HCMC.”

- Phu My Hung Corporation, Werbetext

Abb. 56: Saigon South • neues Stadtzentrum • Nutzungen

Leerstand

Freizeit & Gesundheit

Bildung

Wohnungen

Gewerbe

Umfeld

Strategien der Stadtentwicklung • Saigon South

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

Bislang wurden 21 ausländische Investitionen mit einem Gesamtvolumen von 472 Millionen US-Dollar und 11 inländische zu 65 Millionen US-Dollar genehmigt [Volkskommission von HCMS 2004a]. Neben einigen Gewerbebauten wie dem ‚Broadway Office Park’ und dem ‚Gateway’ Gebäude, das als neues Hauptquartier des Entwicklers von Saigon South dient, handelt es sich überwiegend um Wohnungsbau. Drei Bereiche für Apartmenthäu-ser, fünf Villenquartiere sowie zehn Teilbereiche mit individuellen Grundstücken werden gerade in einer Art Testphase vermarktet. Besonders die preiswerten und kleineren Objekte zu ca. 30.000 US-Dollar waren nach kurzer Zeit verkauft, aber auch das Marktsegment kitschiger Luxusvillen, wie der ‚Phu Gia’ fehlen nicht, frei das Vorbild anderer internationaler Metropolen kopierend. Hier zeichnet sich eine Parallelen zu den Exportförderzonen [EPZ] ab: für jede Bequemlichkeit wird gesorgt, jeder Wunsch erfüllt und Sonderkonditionen eingeräumt. Es gibt closed communities, möblierte Apartments, Pools, Clubhäuser, Tennisplätze sowie die beste Infrastruktur Vietnams. Dazu wurden neben den vietnamesischen Bezeichnungen wie ‚My Canh’ oder ‚Hung Vuong’ zur besseren internationalen Vermarktung Namen wie ‚Waterfront’, ‚Sky Garden’ oder ‚Grand View’ verwandt.

Zwar gibt es zur Zeit keine empirischen Daten über mögliche Ambitionen und Vorlieben einer Ziel-gruppe zu dieser uniformen Architektur und dem kohärenten urbanen Konzepten. Doch wird sich das Klientel erstmal auf die ausländischen Investoren, die ‚Laptop-Kolonialisten’ [Paterniti 2001], Mitarbei-ter internationaler Konzerne, die zurückgekehrten, aber oft unbeliebten Exilvietnamesen, die Viet Kieu, sowie die Angehörigen der wohlhabenden Minderheiten, wie der Chinesen begrenzen. Doch wird man mit dieser kleinen Gesellschaftsschicht auf Dauer keine neue Stadt gründen können. Diese ist vielmehr Vorbild der eigentlichen Zielgruppe, die aus jungen Vietnamesen besteht, die mit der Öffnung ihres Landes zur realen Marktwirtschaft zu einem gewissen Reichtum gelangt sind und heute eine neue und wohlhabende Schicht von Unter-nehmern, Managern und mobilen Konsumenten formen.

Von den Planern wurde auch versucht eine gewisse Vielschichtigkeit in das Projekt einzu-bringen. Um dies zu erreichen wurde neben den Geschäfts- und Wohnnutzungen sowie der gut

ausgebauten Infrastruktur weiche Standortfaktoren für einen längerfristigen Erfolg integriert. Damit hält man sich an die Vorgaben der Regionalpla-nung, die in Saigon South eine Konzentration an Bildungs- und Freizeiteinrichtungen vorsieht zumal diese Projekte zusätzlich großzügig von der Weltbank subventioniert werden. Jedoch entstan-den bis heute mit der ‚Saigon South International School’, der ‚Saigon South Semi-Public School’, einer taiwanesischen, koreanischen, japanischen und englischen, ausschließlich private Schulen. Zwar sind diese hochwertig ausgestattet, bieten durchweg mit Campus, Turnhalle, Fußballfeld, Schwimmhalle, Bibliothek und anderen Einrichtun-gen jeder Altersklasse vom Kindergarten bis zum international anerkannten High School Diplom Platz, doch sind sie wegen ihrer Gebühren für die meisten Einheimischen nicht zugänglich. Das Bildungsan-gebot wird mit der 60 Millionen US-Dollar teuren Zweigstelle des australischen ‚Royal Melbourne Institute of Technology’, der ersten internationalen Universität Vietnams, und dem ‚College of Techno-logy and Industrial Management’, ein von der Tan Thuan EPZ geführten Einrichtung, abgerundet. Das französisch-vietnamesische Krankenhaus, das 32 Millionen US-Dollar gekostet hat und zu 100 % in ausländischer Hand liegt beendet mit seinen 200 Betten und 9 Operationssälen erstmals die Liste der

internationalen Institutionen. Unter den Sport- und Freizeiteinrichtungen, die in den bereits genannten Grünzonen liegen, fehlt weder der 36 Loch Golfplatz samt Countryclub und Driving Range, ebenso wenig wie der Freizeitpark ‚Saigon Wonderworld’ oder eine Sportanlage, die Platz genug böte, um die Asien-Spiele zu beherbergen.

Die glänzende, saubere und moderne Parallel-stadt bietet all das, was die Alte nicht hat. Bereits am Namen ‚Saigon’ kann man erkennen, das die Entwickler an der Vergangenheit anknüpfen wollen, an eine Zeit als es noch die Perle de l’Extrême Orient gab, doch im bestehenden heutigen Chaos dieses Erbes wäre solch eine Zielsetzung Utopie. „Geh in den Süden und hilf beim Bau des Saigon der Zukunft“, so ein Werbetext der Vermarktungsa-gentur. Die Geschichte soll sich wiederholen, aber-mals Kolonialisten, diesmal mit Laptops bewaffnet, wollen den Mythos, um vier Kilometer nach Süden verschoben, wiederauferstehen lassen. Allein von ökonomischen Interessen geleitet, scheinen sich weder die Investoren noch die Administration kriti-sche Fragen nach dem Einfluss eines derart großen Eingriffs auf städtisches Gleichgewicht, Gesell-schaft und Umwelt zu stellen. Doch ob die Gefahren und prognostizierten Probleme sich bewahrheiten, das kann nur die Zukunft beantworten, was einem bleibt sind Fragen, Szenarien und gute Hoffnung.

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Abb. 57: Gateway Büroturm

Abb. 58: My Hung - Villaquartier

Abb. 59: halböffentliche Schule

Abb. 60: Saigon Wonderworld

Strategien der Stadtentwicklung • Saigon South

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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Die Stadtentwicklung von Ho Chi Minh Stadt erlebt nach jahrzehntelangem Stillstand, politischer Unsicherheiten und ideologischer Zwänge mit den aktuellen Strategien der intensiven Slum- und Infra-strukturaufwertung sowie dem großmaßstäblichen Stadtneubau eine Dynamik, die an die Zeit der fran-zösischen Kolonialisation erinnert. Jedes der beiden Modelle verändert die Stadt in ihrem Bild, ihrer Bedeutung und Identitiät grundlegend. Die starke Unterschiedlichkeit beider, Parallelstadt versus auf-gewertetem Squatter, birgt in sich Chancen sowohl auch Gefahren. Doch wird sich Sinn und Wert der Programme an verschiedenen Herausforderungen und Fragen messen müssen.

Die Komplexität der stadtinternen Veränderun-gen und deren Steuerung bei der Gleichzeitigkeit zweier solch großer Strategien macht Prognosen-über die Wechselwirkung beider schwierig. Die vermeindlichen Nachteile des einen können zu Vor-teilen des anderen, Vorzüge gestärkt und negative Effekte abgeschwächt werden, Synergieprozesse entstehen. Genauso ist es jedoch möglich, das die dringenden städtischen Probleme wie urbane Armut, Bevölkerungswachstum, Segregation und ökologische Krise sich verstärken und irreversibler Schaden entsteht. Mir erscheint es daher sinnvol-ler Fragen aufzuwerfen und deren Bedeutung für die zukünftig Stadtentwicklung zu erläutern als über mögliche Folgen der aktuellen Strategien zu spekulieren. Hierbei möchte ich in vier Kategorien gliedern, die sich jedoch gegenseitig bedingen und nicht losgelöst von einander existieren.

Erstens: Polarisation & SegregationInwieweit kann eine Stadt die sich von ihrem

Umland in den unterschiedlichsten Eigenschaften abgrenzt und, so scheint es, autark existiert, gleich-zeitig Motor dieser gesamten Region sein? Wie sehr kann man die unterschiedlichen Lebensstandards in

einer Gesellschaft zu einander polarsieren ohne das es zu Sezession und Resignation kommt, sondern das ein Wechselspiel beider ökonomisches sowie kulturelles Wachstum bestärkt ?

Das zukünftige Saigon, HCMS & Saigon South vereint, als Stadt der freien Marktwirtschaft ist auch eine der Kontraste, der sozialen Unterschiede und physischen Abgrenzung. Saigon South wird mit dessen Planung immer den besonderen, geho-benen Ansprüchen dienen, und ob dies beitragen wird für die bestehenden Probleme Lösungen zu finden, scheint auf den ersten Blick eher unwahr-scheinlich. Closed Communities, die sich von den Unerwünschten mit modernsten Sicherheitsmaß-nahmen abgrenzen, sind in Saigon South bereits Realität. Sie ist dazu ausgelegt internationale Firmen und ertragsreiche Gewerbe sowie die populärsten kultuellen Institutionen, die besten Arbeitsmög-lichkeiten und reichsten Bevölkerungsschichten anzuziehen wodurch die Gefahr entsteht, dass der historische Kern, die müsam aufgewerteten Quartiere, ab einem bestimmten Punkt isoliert und ausgeschlossen werden. Denn der Normalbürger würde, als Bürger einer anderen Schicht, in seiner Metropole alleingelassen zurück bleiben.

Zweitens: Formell vs. InformellWird es möglich sein, den formellen mit den

informellen Sektor zu kombinieren, um ihre Vorteile zu vereinen und Nachteile zu verringern? Kann man sich neuentstehende Siedlungen und Planungen aus einer Kooperation der teilhabenden Herange-hensweise sowie organischem Wachstum zusam-men mit rational sowie schematisch arbeitenden Organisation vorstellen?

Saigon South zählt zu dem formellen Gebiet en von Ho Chi Minh Stadt. Sie ist Produkt eines global institutionalisierten Planungsapparats, welcher von technokratischen Organisationen und rationalen Methoden geleitet wird. Ein struktureller Nachteil derart gegliederter Unternehmen, ist die Gefahr der Entfremdung von Bedürfnissen des realen Lebens und deren Instrumente für das Wohlergehen einer bevorzugten Minderheit. Auf der anderen Seite steht die informelle Stadt: organisch, pulsierend, unkoordiniert und sich immer wieder von unten neu erfindend. Diese zwei Modelle scheinen unverein-bare Gegenspieler in einem hoch polarisierten urba-nen Umfeld zu sein. Eine wichtige Aufgabe besteht

“Metropolises as we know them are not compulsory. Generic city is not the penultimate model; Vietnam has the opportunity to develop an ambivalent urbanity – one where ‘place culture’ meets globalization. Where perhaps the richness of its complex land use patterns are embraced, and productive landscapes are enveloped in the urban system.”

- Kelly Shannon 2000

Konklusion

Konklusion

“The myth of development is a central myth of Western society. Once it becomes clear that the practices we call development depend on shared believes rather than on nature or density, it beco-mes possible to challenge them in a way that was not previously possible. In challenging the myth of development it then becomes possible to ask if Third World societies must reproduce themselves according to Western myth of development or else remain forever in misery and deprivation. Must they develop or perish?”

- Kelly Shannon 2000

darin Wege für eine gegenseitige Befruchtung und Kooperation zu finden.

Drittens: Die Stadt als WareKann Saigon South in der Zukunft zu mehr als

einem reinen Produkt ökonomischer Interessen werden? Kann es auch sozialer Raum sein, der die Anforderungen des täglichen Lebens erfüllt und sich den öffentlichen Interessen verpflichtet? Kann man überhaupt eine Stadt als ganzes planen, und gleichzeitig Respekt den spezifischen Kulturen und sozialen Bedürfnissen aller Einwohner zollen?

Der internationale Stil, die Uniformität und Austauschbarkeit macht Saigon South zu einer Stadt ohne lokalen Kontext, ohne traditionelle Verbundenheit, theoretisch an jedem beliebigen Ort platzierbar. Wenn ökonomische Werte zu der einzigen Relevante aller Aspekte der Gestalt und des Raums einer Stadt werden, wird diese zu einer Ware. Der Akt der Planung dient der Befriedigung von Angebot und Nachfrage. Die neo-liberale Stadt wird bestimmt durch eine Tendenz zur Größe, Pro-fitansammlung, Vermarktung öffentlichen Raums, Aufteilung und Spezialisierung ihrer Bestandteile und Standardisierung ihrer Elemente. Jedoch wider-strebt dem die organische Struktur der Stadt, in dem anhaltend neue Ströumungen in Gesellschaft und Kultur erprobt und verworfen werden. Ein Zyklus von Sub- zu Hochkultur, westlichem Vorbilds ähnlich, könnte bei einer gesunden Rivalität beider entstehen, sowohl auch die Gefahr der kulturellen Isolation besteht.

Viertens: Ökologische NachhaltigkeitWie weit will man für einen besseren Lebens-

standard und höhere wirtschaftliche Wachstumsra-ten die Zerstörung der Natur vorantreiben? Besteht die Möglichkeit neue zu Konzepte entwickeln, die aus einer Mischung von internationalem Know-How und regionalen, traditionellen Lösungen, nachhaltige Alternativen zum heutigen Raubbau bieten können?

Neben den sozialen Fragen, muss man sich auch den Problemen und Gefahren, die sich aus der Zerstörung der natürlichen Ressourcen ergeben zuwenden. Es gilt als gegeben, dass mit Saigon South der ökonomische Wachstum verstärkt wird, wodurch weiterführend die Lebensbedingungen eines Großteils der Bevölkerung im Umfeld ver-bessert werden sollen. Die Zunahme des Wohl-stands und Lebensstandards steht jedoch immer in Zusammenhang mit einem massiven Anwachsen

der Verschwendung von natürlichen Ressourcen. In der restlichen Stadt hat diese Zerstörung bereits enorme Ausmaße angenommen, und es wird vereinzelt versucht die ökologischen Probleme zu mindern, jedoch nur in solchem Rahmen wie diese nicht ökonomischen Ziele zu widerstrebend sind. Mit einer Verbesserung der Lebensstandards wird die Beeinflussung der Ökologie exponentiell gestei-gert. Zur längerfristigen Sicherung des Wohlstands sowie dem Beibehalt des weichen Standortfaktores der sauberen Umwelt, muss der Ökologie mehr Bedeutung zugemessen werden. Andernfalls sind die Strategien der Stadtaufwertung und des Stadt-neubaus in ihrer Dauerhaftigkeit und ihrem Erfolg stark gefährdet.

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Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

8483

ACHR [Asian Coalition for Housing Rights] In 1988 formed facility for NGO’s, profes-

sionals and grassroots groups working in Asian cities to exchange ideas, to share experiences, tackle the large problem of forced evictions in the regions cities, develop opportunities for organisations of the poor and consider their place in city planning. ACHR has become recognized as one of the most important players in urban poor development in the region by international agencies and urban actors.

[ACHR 2005]Annamitische Kette Gebirge, dessen Ausläufer eine Linie

bildet, an welcher Vietnam geo-graphisch, klimatisch und territo-rial in Nord und Süd geteilt wird.

[Schnibben, C. 1989]Anoxybiose Leben ohne Sauerstoff bei Eingewei-

dewürmern, die Kohlehydrate durch Gärung in Energie umsetzen.

[Dornblüth, O. 2005]Armut Vietnam accepts the general definition of

poverty agreed to at the Asian – Pacific Conference on poverty reduction orga-

nized by ESCAP in Bangkok, Thailand in September 1993: “Poverty is a situation in which a proportion of the population does not enjoy the satisfaction of basic human needs that have been recognized by the society depending on the level of economic and social development and local customs and practices.”

[Gurby, P. 2002]Bidonville frz.: SlumBIP Das Bruttoinlandsprodukt entspricht dem

Geldwert aller in der Periode von den inländischen Wirtschaftseinheiten pro-duzierten Waren und Dienstleistungen nach Abzug der im Produktionsprozess

Anhang

Glossar

als Vorleistungen verbrauchten Güter. Es ist gleicher der Summe der Erwerbs- und Vermögenseinkommen, die im Zuge der Produktion entstanden sind, zuzüglich Abschreibungen und indirekten Steuern.

[Gabler 2000]Boat People Südvietnamesische Flüchtlinge in mehre-

ren Phasen:Im Frühjahr 1975 versuchten 60000 Flüchtlinge, Schiffe der 7. US-Flotte zu erreichen: Operation »Frequent Wind«. 1979 war von 100000 Flüchtlingen die Rede; in den USA wurden bis 1995 insgesamt 480000 Vietnamesen aufgenommen.

[Steininger, R. 2005]Chinese Shophouse Diese Sino-koloniale Hausart ist die meist

verwandte Wohntypologie Südostasiens. Oft nicht breiter als 4 Meter erstreckt sich das Gebäude bis zu 36 Meter über die gesamte Tiefe der Parzelle. Die anpassungs-fähige Bauweise ist ideal für die meisten Nutzungen, einfach erweiterbar und somit vorteilhaft für hochverdichtetes Bauen.

[Martin, V. 2001]Cochinchina auch Kotschinchina, frz. Cochinchine, ist

eine alte Bezeichnung für den Süden Viet-nams und Teile des östlichen Kambodschas.

Deurbanisierung Von kommunistischer Regierung betrie-

ben Politik, die Bevölkerung und die Industriestandorte zu Dezentralisieren um somit eine bessere Versorgung und Sicherheit zu gewährleisten. Im Norden bereits während des Vietnamkriegs durch-geführt wurde sie nach der Vereinigung 1976 auf Südvietnam übertragen.

[Marr, R. L. 2002]Doi Moi 1986 wurde unter Nguyen Van Linh nach

dem sechsten Parteikongress Doi Moi, vietn.: wirtschaftliche Renovierung, ein-geführt, was bedeutete, dass die zentrale Planung aufgegeben, die Kollektivierung schrittweise abgeschafft und marktwirt-

schaftliche Reformen eingeführt wurden.Dominotheorie Von US-Präsident Eisenhower am 7. April

1954 verkündet: Wenn ein Staat »fällt«, d. h. kommunistisch wird, fallen die Nachbar-staaten wie Dominosteine. Für Ostasien hieß das: Falls Südvietnam kommunistisch wird, werden auch die umliegenden Staa-ten kommunistisch. Eisenhower billigte nach der Genfer Konferenz das entspre-chende Strategiepapier NSC 5429/2.

[Steininger, R. 2005]Export Processing Zone / Exportförderzone [EPZ] Strategie der Tigerstaaten der ersten Gene-

ration ökonomisches Wachstum durch die Entwicklung industrieller Sonderzonen, mit bester Infrastruktur, Steuervorteilen und qualifizierten Arbeitskräften, zu steigern und zu bündeln. In Vietnam, einem Land der dritten Generation der Tigerstaaten werden diese EPZ überwiegend von Staa-ten der ersten Generation entwickelt.

[Waibel, M. 2004]Huyen Bezeichnung für die fünf ländlichen

Bezirke von HCMS, die 79 % der Ober-fläche ausmachen, in denen aber nur 18 % der Bevölkerung leben.

[Gruby, P. 2002]Indochina Der Begriff Indochina wurde erstmals von

dem dänisch-französischen Geografen Conrad Malte-Brun (auch Malthe Konrad Bruun; 1775–1826) in seinem 1810 in Paris erschienen Werk „Précis de la Géographie Universelle“ verwendet. Damit sollte der prägende kulturelle Einfluss Indiens und Chinas auf die Völker und Länder des konti-nentalen Südostasien ausgedrückt werden.

[Turpin, F. 2005]Informeller Sektor Der Teil einer Volkswirtschaft, der

im Gegensatz zum formellen Sektor nicht durch formalisierte Beschäfti-gungsverhältnisse geprägt ist und sich staatlicher Kontrolle entzieht.

[GTZ 2005]Megastadt „... urban agglomerations with more than

10 million inhabitants are known as mega-

Anhang • Glossar

cities …” [UN 2001]Megahydropolis Von Timmermann und White 1997 defi-

nierte Kategorie Stadt, in der Wasser das entscheidende Element der Umwelt ist und eine essentiell Rolle einnimmt, da die Stadt mit zunehmendem Klimawan-del stark beeinträchtigt werden kann.

[Gurby, P. 2002]Metropole Bezeichnet im Allgemeinen einen politi-

schen, wirtschaftlichen und sozialen Mit-telpunkt eines Staates. Im Gegensatz zu anderen Begriffen für große Städte Metro-pole nicht eindeutig definiert. Metropole wird oft synonym zu Weltstadt gebraucht. Im Gegensatz zu einer Weltstadt, die inter-national “absolute” Bedeutung besitzen muss, muss eine Metropole nur relative Bedeutung innerhalb einer Region (die Westfalen-Metropole Dortmund) oder eines bestimmten Gesellschaftsbereiches besit-zen, z.B. Kunstmetropole, Finanzmetropole.

[Bronger, D. 2004]Neoliberal Bezeichnet man ein sozialphilosophi-

sches und wirtschaftspolitisches Konzept, das auf dem klassischen Liberalismus und der neoklassischen Theorie basiert und den Einfluss des Staates auf das Wirtschaftsgeschehen minimieren will, allerdings ein regulierendes Eingreifen des Staates zur Sicherstellung funktionie-render Märkte als notwendig ansieht.

Neue Ökonomische Zentren [NEZ] Neuerschlossene Gebiete in die, in den

1980ern, städtische Bevölkerung, im Rahmen des Deurbanisierungsprozesses, umgesiedelt wurde. Ziel war es, neben der Lösung des Versorgungsproblems der Städte und der Dezentralisierung der Wirt-schaft, unliebsame Bevölkerungsgruppen, den Anhängern des alten Regimes sowie den Armen, aus den Städten zu entfernen. Die NEZ waren meist zu unterentwickelt um die Versorgung sicherzustellen, wel-ches zu einer hohen Sterberate führte, viele Umgesiedelte migrierten wieder illegal in die Städte. Mit Doi Moi wurde

Page 45: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

8685

Anhang • Glossar

auch dieses Programm aufgegeben. [Gunnewiek, H. K. & Mosselman, C. 1995]NGO Eine nichtstaatliche Organisation [Non-

governmental Organisation] ist eine nicht-gewinn orientierte und auf freiwilliger Arbeit basierende Organisation von Bürgern, die sowohl lokal als auch national oder interna-tional organisiert und tätig sein kann. Auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet und von Leuten mit einem gemeinsamen Interesse gegründet, versuchen NGOs, eine Vielfalt von Leistungen und humanitären Funktionen wahrzunehmen, Bürgeranliegen bei Regie-rungen vorzubringen, die politische Land-schaft zu beobachten und das politische Engagement in der Bevölkerung zu erwe-cken. Sie stellen Analysen und Sachverstand zur Verfügung, dienen als Frühwarnmecha-nismus und helfen, internationale Überein-künfte zu beobachten und umzusetzen.

[www.un.org 2005]Quan Bezeichnung für die 17 urbanen oder semi-

urbanen Bezirke von Ho Chi Minh Stadt, die nur 21 % der Oberfläche ausmachen, in denen aber 82 % der Bevölkerung leben.

[Gruby, P. 2002]Slum UN-HABITAT defines a slum household

as a group of individuals living under the same roof who lack one or more (in some cities, two or more) of the follo-wing conditions: security of tenure, struc-tural quality and durability of housing, access to safe water, access to sanita-tion facilities and sufficient living area.

[UN-Habitat Def Code 504]Squatter "[...] Spontanbauten auf ungenutzten

Land, deren Bewohnerinnen und Bewoh-ner keinerlei Landrechte besitzen [...] Sehr viel der Squatters von HCMC aber liegen an den Kanälen und Flussar-men, die die Stadt durchziehen [...]"

[Marr, R. L. 2002]Than Pho Urtypisch vietnamesische Ansiedung,

die ein Raster gleichberechtigter Stras-sen aufwies, das von einer Mauer oder

einen Wassergraben umgeben war. [Martin, V. 2001]Thi Tran Kleinere urtypisch vietnamesische Ansied-

lung, welche eher ein Marktfleck mit schmalen Wegen glich, die an eine breite, an beiden Seiten durch Palisaden ver-schlossene Hauptstrasse mündeten.

[Martin, V. 2001]Tigerstaaten "Als ›vier kleine Tiger‹ werden jene vie

ost- und südostasiatischen Staaten - Hong-kong, Singapur, Südkorea und Taiwan - bezeichnet, die seit den 60er Jahren mit zum Teil zweistelligen Wachstumsraten, rapider Industrialisierung sowie steigenden Exportraten den Sprung von Entwicklungs- zu Industrieländern vollzogen haben."

[Jordan, R. & Waibel, M. 2004]Transparency International ist auch auf der internationalen Ebene eine

gemeinnützige, parteipolitisch unabhängige Bewegung von gleichgesinnten Menschen aus aller Welt, die sich dem globalen Kampf gegen die Korruption verschrieben haben.

[http://www.transparency.de]Urbanisierung Ist das beschleunigte Wachstum der städi-

schen Bevölkerung als Gesamtheit gegen-über der ländlichen Bevölkerung, wobei sich Urbanisation immer auf eine Verlage-rung der Bevölkerung von ländlichen zu städtischen Gebieten bezieht, welche ihre Ursache in einer Land-Stadt Migration hat.

[Forbes, D. 1996] Viet Kieu Die vietnamesische Bezeichnung, der

nach der amerikanischen Kapitulation 1975 emmigrierten heutigen Exilvietnamesen.

[Paterniti, M. 2001]ville-parc, une frz.: Gartenstadt

Page 46: HO CHI MINH STADT - archinoah

Metropolen des 21. Jahrhunderts • Ho Chi Minh Stadt

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