Hochauflösende optische Absorptionsspektroskopie: Cavity-Ring-Down-Spektroskopie

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Die Absorption von Licht gehört zu den fundamentalen Prozessen der optischen Spektroskopie seit deren Begründung durch Joseph Fraunhofer. Absorptions- messungen spielen nicht nur in der Grundlagenforschung der Astronomie, Molekül- und Festkörperphysik eine be- deutsame Rolle, sondern auch in zuneh- mendem Maße in der Analytik und Dia- gnostik im Bereich der Umweltforschung. Die Methoden und Techniken, die zu Ab- sorptionsmessungen herangezogen wer- den, haben sich in den letzten Jahrzehn- ten, je nach den untersuchten Systemen, stark weiterentwickelt. Eine dieser Wei- terentwicklungen auf dem Gebiet der hochauflösenden optischen Spektroskopie mit Lasern, die zur Messung schwächster Absorptionen in gasförmigen Medien ein- gesetzt wird und den englischen Namen „Cavity Ring-Down“-Technik trägt, wird in diesem Artikel vorgestellt. Einleitung In einem konventionellen, direkten optischen Absorptionsexperiment wird bekannterweise die Intensität eines Lichtstrahls vor (I 0 ) und nach (I) dem Durchlaufen eines absorbieren- den Mediums der Länge l gemessen. Die In- tensitätsabschwächung wird dabei durch das Lambert-Beer-Gesetz I()= I 0 exp(–l ) beschrieben, wobei () der wellenlängen- abhängige Absorptionskoeffizient ist. Zu einer exakten Bestimmung von ()= l –1 ln(I/I 0 ), meist ausgedrückt in [cm –1 ], muß das Verhältnis I/I 0 sehr genau bestimmt werden, was für sehr schwache Absorptio- nen, mit beispielsweise ln(I/I 0 )<10 –6 , eine offensichtliche experimentelle Herausforde- rung ist. Die im folgenden vorgestellte Cavi- ty-Ring-Down-Technik (CRD) ist eine laser- spektroskopische Methode, die gerade für solche Messungen schwächster Absorptio- nen in gasförmigen Medien geeignet ist. Von schwächster Absorption spricht man, wenn das Produkt aus Teilchenzahldichte n und Absorptionsquerschnitt () sehr klein ist (n()= (); in der Physikalischen Chemie wird () sehr häufig auch als Produkt der molaren Größen Konzentration und Extinkti- onskoeffizient c() ausgedrückt). Im Fall kleiner Teilchenzahldichten (Konzentratio- nen) liegen die Anwendungen der CRD- Technik folglich mehr im analytischen Bereich, im Fall kleiner Absorptionswahr- scheinlichkeiten (Querschnitte) liegt der An- wendungsschwerpunkt auf spektroskopi- schen Fragestellungen. Das Meßprinzip der Cavity-Ring-Down-Technik Ausgegangen ist die Entwicklung der CRD- Spektroskopie (CRDS) Anfang der achtziger Jahre von dem Ziel, Spiegelreflektivitäten mit sehr hoher Genauigkeit zu bestimmen [1]. Die Methode der CRD-Absorptions- spektroskopie, wie sie gegenwärtig in vielen Forschungseinrichtungen Anwendung fin- det, wurde von O’Keeffe und Deacon im Jahr 1988 veröffentlicht [2]. In einem typi- schen CRD-Experiment wird der Lichtpuls eines abstimmbaren Lasers in einen optisch stabilen Resonator hoher Güte eingekoppelt, der von zwei sphärischen, höchstreflektie- renden, dielektrischen Spiegeln gebildet wird (Abb. 1). Der Einfachheit halber – und um die Diskussion von Modeneffekten im Resonator zu vermeiden – wird angenom- men, daß die Dauer des Laserlichtpulses kür- zer ist als die Umlaufzeit im Resonator. Bei genügend hohen Reflektivitäten der Spiegel (R> 0,9999) und in Abhängigkeit des Spie- gelabstandes d, kann der Laserpuls für viele Mikrosekunden im Resonator gehalten wer- den, wobei dieser mehrere tausend mal durchlaufen wird. Mit einem geeigneten De- tektor (typischerweise ein Photomultiplier oder eine Photodiode) wird das vom Resona- tor transmittierte Licht nachgewiesen, das auf Grund der Resonatorverluste zeitlich ab- nimmt 1) . Betrachtet man zunächst einen lee - ren (evakuierten) Resonator, so wird nach dem ersten Durchgang eine Intensität I 0 = T 2 I ein am Detektor registriert, wobei T die Transmission je Spiegel ist (Abb. 1). Bei jedem weiteren Umlauf wird die Lichtinten- sität um einen Faktor R 2 abgeschwächt, d. h. nach n Umläufen mißt man eine Intensität I n = I 0 R 2n = I 0 exp(2nlnR). Betrachtet man anstelle der diskreten Variablen n (Anzahl der Umläufe, die je einer Weglänge von 2d entsprechen) die kontinuierliche Größe der Zeit, t = n(2d)/c, so erhält man für die ge- messene Intensität der Lichtpulse am Reso- natorausgang (1) wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Das bedeutet, daß die Intensität des Lichtpulses exponentiell mit einer Abklingzeit (2) abnimmt (lnR R – 1 < 0), die bei gegebener Resonatorlänge allein von der Reflektivität der Spiegel abhängt und als Cavity-Ring- Down-Zeit bezeichnet wird. Auf diese Weise läßt sich die Spiegelreflektivität als Funktion der Wellenlänge ermitteln, indem man den Laser durchstimmt und crd mißt: (3) In dieser Beschreibung wurden keine Dif- fraktionsverluste berücksichtigt, weil diese für viele geeignete stabile optische Resona- R d c bg bg = F H G I K J exp – crd . crd ln = d c R , It I c R d t bg = F H G I K J 0 exp ln , Hochauflösende optische Absorptionsspektroskopie A. A. Ruth Dr. Albert A. Ruth, Institut für Atomare und Analytische Physik, Fachbereich Physik, TU Berlin, Hardenbergstr. 36, D-10623 Berlin Aus der Wissenschaft Cavity-Ring-Down-Spektroskopie 1) Eine gedämpfte Oszillation wird im umgangs- sprachlichen Englisch mit dem Wort „ringing“ bezeichnet. Da man bei der vorgestellten Technik eine zeitlich abnehmende Impulsfolge in einem Resonator (Englisch= „cavity“) nachweist, hat sich auch im Deutschen der Name Cavity-Ring- Down als feststehender Ausdruck für dieses Meßprinzip durchgesetzt. 47 Phys. Bl. 55 (1999) Nr. 2 0031–9279/99/0202–0047 $17.50 +.50/0 – © WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1999

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Die Absorption von Licht gehört zu denfundamentalen Prozessen der optischenSpektroskopie seit deren Begründungdurch Joseph Fraunhofer. Absorptions-messungen spielen nicht nur in derGrundlagenforschung der Astronomie,Molekül- und Festkörperphysik eine be-deutsame Rolle, sondern auch in zuneh-mendem Maße in der Analytik und Dia-gnostik im Bereich der Umweltforschung.Die Methoden und Techniken, die zu Ab-sorptionsmessungen herangezogen wer-den, haben sich in den letzten Jahrzehn-ten, je nach den untersuchten Systemen,stark weiterentwickelt. Eine dieser Wei-terentwicklungen auf dem Gebiet derhochauflösenden optischen Spektroskopiemit Lasern, die zur Messung schwächsterAbsorptionen in gasförmigen Medien ein-gesetzt wird und den englischen Namen„Cavity Ring-Down“-Technik trägt, wirdin diesem Artikel vorgestellt.

Einleitung

In einem konventionellen, direkten optischenAbsorptionsexperiment wird bekannterweisedie Intensität eines Lichtstrahls vor (I0) undnach (I) dem Durchlaufen eines absorbieren-den Mediums der Länge l gemessen. Die In-tensitätsabschwächung wird dabei durch dasLambert-Beer-Gesetz I(�) = I0�exp(–�l )beschrieben, wobei �(�) der wellenlängen-abhängige Absorptionskoeffizient ist. Zueiner exakten Bestimmung von �(�) =– l –1�ln(I/I0), meist ausgedrückt in [cm–1],muß das Verhältnis I/I0 sehr genau bestimmtwerden, was für sehr schwache Absorptio-nen, mit beispielsweise ln(I/I0) < 10–6, eineoffensichtliche experimentelle Herausforde-rung ist. Die im folgenden vorgestellte Cavi-ty-Ring-Down-Technik (CRD) ist eine laser-

spektroskopische Methode, die gerade fürsolche Messungen schwächster Absorptio-nen in gasförmigen Medien geeignet ist. Vonschwächster Absorption spricht man, wenndas Produkt aus Teilchenzahldichte n undAbsorptionsquerschnitt �(�) sehr klein ist(n�(�) = �(�); in der Physikalischen Chemiewird �(�) sehr häufig auch als Produkt dermolaren Größen Konzentration und Extinkti-onskoeffizient c��(�) ausgedrückt). Im Fallkleiner Teilchenzahldichten (Konzentratio-nen) liegen die Anwendungen der CRD-Technik folglich mehr im analytischenBereich, im Fall kleiner Absorptionswahr-scheinlichkeiten (Querschnitte) liegt der An-wendungsschwerpunkt auf spektroskopi-schen Fragestellungen.

Das Meßprinzip der Cavity-Ring-Down-Technik

Ausgegangen ist die Entwicklung der CRD-Spektroskopie (CRDS) Anfang der achtzigerJahre von dem Ziel, Spiegelreflektivitätenmit sehr hoher Genauigkeit zu bestimmen[1]. Die Methode der CRD-Absorptions-spektroskopie, wie sie gegenwärtig in vielenForschungseinrichtungen Anwendung fin-det, wurde von O’Keeffe und Deacon imJahr 1988 veröffentlicht [2]. In einem typi-schen CRD-Experiment wird der Lichtpulseines abstimmbaren Lasers in einen optischstabilen Resonator hoher Güte eingekoppelt,der von zwei sphärischen, höchstreflektie-renden, dielektrischen Spiegeln gebildetwird (Abb. 1). Der Einfachheit halber – undum die Diskussion von Modeneffekten imResonator zu vermeiden – wird angenom-men, daß die Dauer des Laserlichtpulses kür-zer ist als die Umlaufzeit im Resonator. Beigenügend hohen Reflektivitäten der Spiegel(R > 0,9999) und in Abhängigkeit des Spie-gelabstandes d, kann der Laserpuls für vieleMikrosekunden im Resonator gehalten wer-den, wobei dieser mehrere tausend maldurchlaufen wird. Mit einem geeigneten De-tektor (typischerweise ein Photomultiplieroder eine Photodiode) wird das vom Resona-tor transmittierte Licht nachgewiesen, dasauf Grund der Resonatorverluste zeitlich ab-

nimmt1). Betrachtet man zunächst einen lee-ren (evakuierten) Resonator, so wird nachdem ersten Durchgang eine IntensitätI0 = T2Iein am Detektor registriert, wobei Tdie Transmission je Spiegel ist (Abb.1). Beijedem weiteren Umlauf wird die Lichtinten-sität um einen Faktor R2 abgeschwächt, d. h.nach n Umläufen mißt man eine IntensitätIn = I0�R

2n = I0�exp(2n�lnR). Betrachtet mananstelle der diskreten Variablen n (Anzahlder Umläufe, die je einer Weglänge von 2dentsprechen) die kontinuierliche Größe derZeit, t = n�(2d)/c, so erhält man für die ge-messene Intensität der Lichtpulse am Reso-natorausgang

(1)

wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Dasbedeutet, daß die Intensität des Lichtpulsesexponentiell mit einer Abklingzeit

(2)

abnimmt (lnR �R – 1 < 0), die bei gegebenerResonatorlänge allein von der Reflektivitätder Spiegel abhängt und als Cavity-Ring-Down-Zeit bezeichnet wird. Auf diese Weiseläßt sich die Spiegelreflektivität als Funktionder Wellenlänge ermitteln, indem man denLaser durchstimmt und �crd mißt:

(3)

In dieser Beschreibung wurden keine Dif-fraktionsverluste berücksichtigt, weil diesefür viele geeignete stabile optische Resona-

Rd

c�

� �b g b g=

⋅FHG

IKJexp –

crd

.

�crd ln=

⋅d

c R,

I t Ic R

dtb g = ⋅ ⋅F

HGIKJ0 exp

ln,

Hochauflösende optische Absorptionsspektroskopie

A. A. Ruth

Dr. Albert A. Ruth, Institut für Atomare undAnalytische Physik, Fachbereich Physik, TUBerlin, Hardenbergstr. 36, D-10623 Berlin

Aus der Wissenschaft

Cavity-Ring-Down-Spektroskopie

1) Eine gedämpfte Oszillation wird im umgangs-sprachlichen Englisch mit dem Wort „ringing“bezeichnet. Da man bei der vorgestellten Technikeine zeitlich abnehmende Impulsfolge in einemResonator (Englisch=„cavity“) nachweist, hatsich auch im Deutschen der Name Cavity-Ring-Down als feststehender Ausdruck für diesesMeßprinzip durchgesetzt.

47Phys. Bl. 55 (1999) Nr. 2 0031–9279/99/0202–0047 $ 17.50 +.50/0 – © WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1999

(6)

Dabei ist ��crd =�crd(�a) – �crd(�b) die Ände-rung der CRD-Zeit mit und ohne Absorptioninnerhalb eines Spektrums (Abb. 1). Die er-reichbare Nachweisgrenze für Absorptions-koeffizienten ist gemäß Gleichung (6) umsoniedriger, je kleiner die gerade noch meßbareÄnderung der CRD-Zeit ist, je länger dieCRD-Zeit selbst ist und je höher die Reflekti-vität der Spiegel ist. Schätzt man für das Bei-spiel in Abb. 2 ab, daß die kleinste nachweis-bare Abweichung der CRD-Zeit etwa 1 % be-trägt (��crd/�crd � 0,01), dann ergibt sich eineNachweisgrenze von �I =2�10–6 =2 ppm proDurchgang, was bei einer Resonatorlängevon d =154 cm und R=0,9998 einem Ab-sorptionskoeffizienten von 1,3�10–8 cm–1 ent-spricht. Die kleinsten, mit Hilfe der CRD-Technik nachweisbaren Absorptionskoeffizi-enten liegen bei ca. 10–10 cm–1, entsprechendsind die besten erzielten Empfindlichkeitenvon der Größenordnung �I�10–8 (= 10 ppb)pro Resonatordurchgang. Solche Werte sindjedoch aufgrund der erforderlichen hohenSpiegelreflektivitäten nur im langwelligensichtbaren Spektralbereich erreichbar.

Vorteile der Cavity-Ring-Down-Spektroskopie

Es hat sich gezeigt, daß sich die CRD-Spek-troskopie über einen sehr großen Spektralbe-reich, vom Vakuum UV (�200 nm) bis weitins Infrarote (�10 m) hinein, einsetzenläßt. Der Anwendungsbereich ist im wesent-lichen nur durch die Erhältlichkeit ausrei-chend guter Spiegel begrenzt. Attraktiv istauch die sehr hohe spektrale Auflösung, dieman bei Einsatz kontinuierlicher Laser erzie-len kann (siehe weiter unten). Die wohl größ-te Stärke der CRD-Methode liegt jedoch inihrer experimentellen Einfachheit gegenüberanderen Techniken. In Bezug auf ihre Emp-findlichkeit ist die CRD-Spektroskopiedurchaus vergleichbar mit anderen hoch-empfindlichen Nachweismethoden wie derPhotoakustik oder der älteren Intracavity Ab-sorptionsspektroskopie. Für beide Methodenoder auch deren Kombination werden, wiebei CRDS, Absorptionskoeffizienten in derGrößenordnung von 10–10 cm–1 in der Litera-tur angegeben [6].

Einschränkungen der CRD-Technik

Die CRD-Technik bietet keine einfacheMöglichkeit, Absorptionseigenschaften ininhomogen verteilten Systemen räumlichaufzulösen. Darüber hinaus sind CRD-Mes-sungen praktisch noch auf gasförmige Medi-en beschränkt, obwohl eine Erweiterung aufdie kondensierte Phase Gegenstand jüngsterForschung ist. Bei Systemen, bei denen eszur Verschmutzung oder dauerhaften Be-

� �� �

II I

Id R≡ − ≈ = −0

0

1b g b g��crd

crd b

.wellenlänge wird so ein Absorptionspektrumauf einem „Untergrund“ gemessen, derdurch die begrenzte Spiegelreflektivität ge-geben ist. Die Wellenlängenabhängigkeit derSpiegelreflektivität läßt sich aus Messungenmit dem leeren Resonator bestimmen (Gl.(3)). Bei Kenntnis der Teilchenzahldichte noder der Konzentration c (äquivalente mola-re Größe) können auf diese Weise auch abso-lute Absorptionsquerschnitte �(�) oder Ex-tinktionskoeffizienten �(�) (äquivalente mo-lare Größe) ermittelt werden. Abb. 2 zeigt alsBeispiel für ein CRD-Spektrum einenschwachen Triplett-Singulett-Übergang inmolekularem Sauerstoff (O2 bei 1130 mbar,d = 154 cm). Die gemessene CRD-Zeit vonca. 30 s bei Wellenlängen ohne Sauerstoff-absorption entspricht dabei einer effektivenWeglänge von l �9 km.

Empfindlichkeit und Nachweisgrenzen

Aus Gleichung (5) wird ersichtlich, daß beimöglichst hoher Reflektivität der Spiegelund möglichst langer CRD-Zeit �crd diekleinsten Absorptionskoeffizienten gemes-sen werden können. Formal wird die Emp-findlichkeit der CRD-Methode über die rela-tive Abnahme der Lichtintensität pro Reso-natordurchgang �I definiert, die mit denMeßgrößen in einem CRD-Experiment wiefolgt zusammenhängt [5]:

tortypen entweder vernachlässigbar kleinoder in den meisten Fällen minimierbar ge-genüber den Verlusten durch die Spiegel sind[3, 4].

Für einen mit einem Gas gefüllten Resonatorkommt die Absorption pro Durchgang,exp(�d ), des entsprechenden Gases zu denGesamtverlusten hinzu, wobei angenommenwird, daß Streuverluste sehr viel kleiner sindals die Verluste durch die begrenzte Spiegel-reflektivität. Aus der Intensität nach n Umläu-fen im Resonator In = I0 [R�exp(–�d)]2n ergibtsich die zeitliche Abnahme der Intensität zu

(4)

In diesem Fall ist die reziproke CRD-Zeit1/�crd den Gesamtverlusten pro Umlauf pro-portional:

(5)

Der Absorptionskoeffizient des Gases wirddurch eine geeignete Anpassung von Glei-chung (4) an die gemessene Intensitätskurveermittelt (Abb.1). Bei der CRD Methodewird folglich die Rate einer Intensitätsände-rung gemessen und nicht die absolute Inten-sitätsänderung eines Lichtpulses auf Grundvon Absorption. Bei Abstimmung der Laser-

� � � � �crd–1 lnb g b g b g= + ⋅c R

c

d.

I t Id R

dctb g = −

+FHG

IKJ0 exp

ln�.

Abb. 1: Beim Cavity Ring-Down Meßprinzip wird ein Laserpuls in einen optisch stabilen Resona-tor eingekoppelt, der von zwei höchstreflektierenden Spiegeln gebildet wird (R> 0,9999) und mitdem zu untersuchenden Gas gefüllt ist. Der Einfachheit halber wird angenommen, daß der Ab-stand der Spiegel (d) größer ist, als die Länge des Laserlichtpulses. Das aus dem Resonator aus-tretende Licht wird über einen geeigneten Detektor als zeitlich abklingende Pulsfolge (I0 ... In) aufeinem Oszilloskop nachgewiesen. An das digitalisierte Signal wird an eine einfache Exponential-funktion angepaßt und daraus die Ring-Down-Rate ��crd

–1 ermittelt. ��crd–1 (��) gegen die Wellenlänge ��

aufgetragen liefert das zu messende Absorptionsspektrum gemäß den Gleichungen (4) und (5). Bei��b wurde eine kürzere Abklingzeit der Intensität gemessen als bei ��a.

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schädigung der Spiegeloberflächen kommenkann – beispielsweise bei agressiven Gasen,chemischen Reaktionen, Gasentladungen,Ablations- und Sublimationsvorgängen –kann sich die Spiegelreflektivität so raschverschlechtern, daß eine verläßliche CRD-Messung nicht mehr gewährleistet ist.Außerdem bietet die CRD-Methode bei stati-schen Messungen keine Möglichkeit, zwi-schen „echten“ Absorptionseigenschaftender zu untersuchenden Spezies und anderenFaktoren, die die CRD-Zeit verkürzen kön-nen, zu unterscheiden. Die CRD-Methode istdeshalb Verunreinigungen oder einer Akku-mulation von Nebenprodukten gegenüberanfälliger als andere Techniken, bei denenneben der Wellenlänge eine zweite Meß-größe in Zusammenhang mit der zu untersu-chenden Absorption gebracht werden kann(z. B. Lumineszenzanregung oder Photoelek-tronenanregung). Abhängig vom gewähltenLasersystem und der Resonatorgeometriekönnen auch Modeneffekte auftreten, die zueinem nichtexponentiellen Abfall der Inten-sität im Resonator oder zu unerwünschten In-terferenzeffekten (sog. „mode-beating“)führen, und damit die Messung stark beein-flussen. In der Praxis lassen sich jedoch fastimmer geeignete Meßbedingungen realisie-ren, so daß die CRD-Methode dadurch imGrunde genommen nicht eingeschränkt wird.

CRD-Spektroskopie mit kontinuierlichen Lasern

Neben den experimentell einfacheren gepul-sten Anwendungen spielt in zunehmendemMaße der Einsatz von kontinuierlichenLasern in der CRDS aufgrund der erreichba-ren spektralen Auflösung eine bedeutsameRolle. Um dabei die Lebensdauer der Photo-nen im Resonator zu messen, muß der konti-nuierliche Laser entweder schnell „abge-schaltet“ werden (typischerweise mit einemakusto-optischen Modulator), oder es wirddie Phasenverschiebung eines amplituden-modulierten cw-Lasers nachgewiesen, diedurch die Absorption hervorgerufen wird.Um eine hohe Auflösung zu erzielen, wirddie stabilisierte Laserfrequenz des schmal-bandigen kontinuierlichen Lasers mit der Re-sonatorlänge so in Einklang gebracht, daßnur eine der longitudinalen TEM00-Eigen-moden des Resonators angeregt wird. DieAnpassung der Laserstrahlgeometrie an dieTEM00-Moden des Resonators und die Län-genstabilisierung des Resonators sind dabeidie entscheidenden experimentellen Fakto-ren für die Leistungsstärke dieser Technik.Mit kontinuierlich betriebener CRD-Spek-troskopie lassen sich Auflösungen von unter1 MHz erzielen.

Darüber hinaus ist die CRD-Technik mitzahlreichen anderen Meßverfahren wie derFlugzeitmassenspektrometrie, der Lumines-zenzanregung, der Fourier-Spektrometrie

sowie mit Polarisations- und Magnetfeld-messungen kombiniert worden [7,8]. Kürz-lich wurden interessante Varianten der ur-sprünglichen Meßmethode bei kontinuierli-cher [9] und gepulster Anregung [10] publi-ziert.

Anwendungsgebiete

Neben der „klassischen“ Anwendung dersehr genauen Bestimmung von Reflektivitä-ten dielektrischer Spiegel sind die For-schungszweige, in denen die CRD-Technikzum tragen kommt, recht weitgespannt undreichen von der Astrophysik und Molekül-spektroskopie über die physikalische Analy-tik und Diagnostik bis zur Untersuchung derDynamik von Gasreaktionen und Verbren-nungsprozessen [7,8, 11, 12].

In der Molekülspektroskopie wurde bereitseine sehr große Zahl von Verbindungen durchAnregung von Schwingungs- oder elektroni-schen Übergängen untersucht. Bei den mei-sten Studien handelt es sich um Messungenmit Absorptionszellen an Verbindungen inder Gasphase oder um Moleküle in Moleku-larstrahlen. Insbesondere wurden sowohlkleine und mittelgroße Cluster wie Metalldi-mere und -trimere als auch Metall-Silizium-Verbindungen (CuSi, PtSi, AuSi etc.) aufdiese Weise studiert. In der Astrophysik gehtes um die Frage, welche Substanzen die dif-fusen interstellaren Absorptionssbanden her-vorrufen. Hier ist der direkte Vergleich der in-terstellaren Banden mit CRD-Absorpti-onspektren einer Vielzahl von relevanten Ver-bindungen vielversprechend (beispielsweiseneutrale und ionisierte Kohlenstoffketten und

aromatischer Kohlenwasserstoffe im Düsen-strahl). In der Analytik sollen Spurengasen inder Atmosphäre nachgewiesen werden; Un-tersuchungen behandeln beispielsweise NO2,18O2, Ammoniak und andere in der Umwelt-physik relevante Gase. Feldversuche mitCRDS stehen zur Zeit noch aus. In der Dia-gnostik wurde unter anderem das Wachstumvon polykristallinen Diamantfilmen unter-sucht. Für die Diamantbildung wird das Me-thylradikal CH3 als Schlüsselverbindung ver-antwortlich gemacht, dessen Dichtevertei-lung unter verschiedenen physikalischen Be-dingungen in einem Glühdrahtreaktor vordem Ablagerungprozeß bestimmt wurde.

Ein weites Feld sind Untersuchungen zurGasdynamik, beispielsweise zur Kinetik vonPhenylradikalreaktionen mit O2, HBr, CCl4und Cycloalkanen oder zu Fragmentierungs-vorgängen unterhalb der Dissoziationsener-gie von Molekülen (sog. Prädissoziationspro-zesse); derartige Studien wurden beispiels-weise an Verbindungen wie S2, HNO, BrOu. v. a. durchgeführt. Als eine Technik, vonder aufgrund ihres großen Potentials nochviele neue Anwendungen und Entwicklungenzu erwarten sind, hat sich die CRD-Spektro-skopie bereits jetzt als Standardverfahren inder Spektroskopie und Analytik etabliert.

[1] D. Z. Anderson, J.C. Frisch, C.S. Masser,Appl. Optics 23, 1238 (1984)

[2] A. O’Keefe, D.A. G. Deacon, Rev. Sci. Instr.59, 2544 (1988)

[3] W. Demtröder, Laserspektroskopie, Sprin-ger-Verlag, Berlin, Heidelberg, Kap 5.2(1991)

[4] A. E. Siegman, Lasers, University ScienceBooks, Mill Valley, California, S.744 ff.(1986)

[5] P. Zalicki, R.N. Zare, J. Chem. Phys. 102,2708 (1995)

[6] F. Harren, J. Reuss, Encyclopedia of Appl.Phys. 19, 413 (1997)

[7] M. D. Wheeler, S. M. Newman, A. J. Orr-Ewing, M.N. R. Ashfold, J. Chem. Soc., Fara-day Trans. 94, 337 (1998)

[8] J. J. Scherer, J. B. Paul, A. O’Keefe, R.J.Saykally, Chem. Rev. 97, 25 (1997)

[9] R. Engeln, G. Berden, R. Peeters, G. Meijer,Rev. Sci. Instr. (1998) im Druck

[10] A. O’Keefe, Chem. Phys. Lett. 293, 331(1998)

[11] J. B. Paul, J. J. Scherer, A. O’Keefe, R. J. Say-kally, Laser Focus World, 3/71 (1997)

[12] J. B. Paul, R. J. Saykally, Analytical Chemi-stry News & Features, 5/287A (1997)

Interessante Seiten von Gruppen im Internet, diesich mit CRD-Spektroskopie oder allgemein mit„Cavity Enhanced Absorption Methods“ beschäf-tigen: (a) http://www.lgr-home.com/crd.html (hier sind

weitere Internetseiten aufgeführt)(b) http://www.nist.gov/cstl/div838/crds_web/

index.htm#kinetics(c) [email protected]

(Mailing Liste an der TU Berlin als Forumfür Wissenschaftler mit Interesse an CRDS)

Abb. 2: Dieses CRD-Spektrum wurde in einemResonator der Länge d= 154 cm gemessen, dermit 1130 mbar O2 gefüllt war. Gezeigt ist derschwache elektrisch-dipolverbotene Triplett-Singulett-Übergang b1��+

g(��'=2)←← X3��–g(��''=0)

bei dem die Rotationsniveaus der beteiligtenZustände in P-, Q- und R-Zweig aufgelöst sind.Die linke Ordinate zeigt die gemessene rezipro-ke Ring-Down-Zeit ��–1

crd , die ein relatives Maßfür die Absorption ist. Auf der rechten Ordina-te ist der molare Extinktionskoeffizient �� aufge-tragen, bei dem, als absolute Größe für die Ab-sorption, der Gasdruck (≡≡Konzentration) beider Messung mitberücksichtigt ist.

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