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Hochwasserschutzfibel Bauliche Schutz- und Vorsorgemaßnahmen in hochwassergefährdeten Gebieten

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HochwasserschutzfibelBauliche Schutz- und Vorsorgemaßnahmen in hochwassergefährdeten Gebieten

HerausgeberBundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Invalidenstraße 4410115 BerlinTelefon +49 (0)30 / 20 08-0Telefax +49 (0)30 / 20 08-19 42

KonzeptionRuiz Rodriguez + Zeisler + Blank, GbR, Wiesbaden

GestaltungDesign Partner, Stuttgart

DruckDruckerei desBundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Bonn

Auflage2. überarbeitete und ergänzte Auflage, 10.000, August 2008 

Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung: Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ............................................................................................................................................ 3

Einführung ...................................................................................................................................... 4

Hochwasser – ein Naturereignis .................................................................................................... 4

Hochwasser und Statistik................................................................................................................ 6

Mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Hochwassersituation ................................ 6

Strategien zur Hochwasservorsorge ............................................................................................ 8

Teil A Bau- und Verhaltensvorsorge für betroffene Bürger ............................................................ 9

1 Einwirkungen von Hochwasser auf Gebäude .............................................................................. 10

1.1 Wasserdruck und Auftrieb .............................................................................................................. 10

1.2 Maßnahmen gegen Auftrieb.......................................................................................................... 10

1.2.1 Ausreichende Gebäudelasten und Wand- / Sohlendimensionierung ........................................ 10

1.2.2 Flutung von Gebäuden .................................................................................................................. 11

1.3 Eindringen von Wasser ins Gebäude.............................................................................................. 11

1.4 Strömung ........................................................................................................................................ 12

2 Schutz der Gebäude vor Oberflächenwasser .............................................................................. 13

3 Schutz der Gebäude vor eindringendem Grundwasser .............................................................. 16

4 Schutz der Gebäude vor eindringendem Kanalisationswasser (Rückstau) ................................ 18

5 Bauliche Vorsorge .......................................................................................................................... 20

5.1 Heizung und Installation ................................................................................................................ 20

5.2 Sicherung des Heizöltanks vor Aufschwimmen / Auftrieb .......................................................... 20

5.3 Lagerung und Umgang mit sonstigen wassergefährdenden Stoffen ........................................ 21

5.4 Baustoffe / -materialien (wasserbeständige Materialien) ............................................................ 22

6 Verhaltensvorsorge ........................................................................................................................ 23

6.1 Hochwassergefahrenkarten: „Wissen um die Gefahr“ ................................................................ 23

6.2 Persönliche Alarm- und Einsatzpläne (Hochwassercheckliste) .................................................. 24

6.2.1 Organisation einer Nachbarschaftshilfe ...................................................................................... 24

6.2.2 Hochwasserausrüstung .................................................................................................................. 24

6.2.3 Evakuierung des Mobiliars .............................................................................................................. 25

6.2.4 Notgepäck und Dokumente, Notquartier .................................................................................... 25

7 Risikovorsorge ................................................................................................................................ 26

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Teil B Grundsätze beim vorsorgenden Hochwasserschutz ............................................................ 27

8 Gesetzliche Vorgaben .................................................................................................................... 28

9 Hochwasserflächenmanagement ................................................................................................ 32

10 Verhaltenvorsorge und Hochwasservorhersage .......................................................................... 33

11 Technischer Hochwasserschutz .................................................................................................... 34

11.1 Funktion der technischen Hochwasserschutzsysteme ................................................................ 34

11.2 Wirtschaftlichkeit von Hochwasserschutzmaßnahmen.............................................................. 34

11.3 Mögliche Versagensarten von Schutzeinrichtungen .................................................................. 35

11.4 Hochwasserschutz im Kanalsystem / Sicherung der Binnenentwässerung .............................. 37

11.5 Küstenschutz .................................................................................................................................. 38

12 Planung von Abwehrmaßnahmen ................................................................................................ 40

12.1 Alarmplan ........................................................................................................................................ 40

12.2 Einsatzplan ...................................................................................................................................... 41

12.3 Vorbereitung und Durchführung von Evakuierungen ................................................................ 41

12.4 Mechanismen zur Maßnahmenoptimierung................................................................................ 43

12.5 Materialien zur Hochwasserabwehr / Technische Ausrüstung .................................................... 43

13 Öffentlichkeitsarbeit / Bewusstseinsbildung bei den von Hochwasser Betroffenen ................ 44

Anhang 1: Hochwasserbeständige (Bau-)Materialien .................................................................. 45

Anhang 2: Checklisten zur privaten Hochwasservorsorge .......................................................... 46

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Vorwort

Mit dem Hochwasser leben – gestern, heute und morgen.

Hochwasser sind wiederkehrende Naturereig-nisse als Teil des natürlichen Wasserkreislaufs,die jedes Jahr erhebliche Schäden verursachen.Die Auswirkungen des Klimawandels lasseneinen Anstieg der Intensität und Häufigkeit vonHochwassern erwarten.

Wo und wann das nächste Mal ein Hoch-wasser entsteht, ist kaum vorhersehbar. Auchmehrere Jahre ohne Hochwasser durch Sturm-fluten an den Küsten oder an einem Binnen-gewässer dürfen nicht zu dem Trugschluss verleiten, dass die Gefahr gebannt sei. Deshalbwerden überall große Anstrengungen unter-nommen, um der Bedrohung entgegen zu treten. Während beim Küstenschutz vor allemtechnische Schutzmaßnahmen im Vorder-grund stehen, sind beim Binnenhochwasser-schutz Vorsorgemaßnahmen in gleichem Maßewichtig wie technische Schutzbauten oder der Hochwasserrückhalt in der Fläche.

Eine weitsichtige Vorsorge dient demSchutz jedes Einzelnen und dem Schutz von Eigentum und Besitz. Dazu gibt diese Hoch-wasserschutzfibel Bauherren, Hausbesitzernund Mietern wertvolle Hinweise. Auch fürArchitekten und Ingenieure, die im Rahmender Gebäudeplanung die Schutzkonzepte ent-werfen, kann sie eine wichtige Planungshilfesein und dazu beitragen, dass größere Schäden

verhindert und unnötige finanzielle Belas-tungen vermieden werden. Damit sensibilisiertund stärkt die Fibel das Bewusstsein auch dort, wo es bisher keine Erfahrungen mit demHochwasser gab.

Hochwasserschutz im Binnenland und an der Küste ist immer eine Gemeinschafts-aufgabe. Die Fibel gibt deshalb den Betroffeneneinen Einblick in die Aufgaben der Kommunenbeim Hochwasserschutz. Die betroffenenBürgerinnen und Bürger profitieren nicht nurunmittelbar von den getroffenen Maßnahmen,sondern können diese partnerschaftlich unter-stützen. Durch zielgerichtete Flächen-, Bau-und Verhaltensvorsorge aller Partner kann dieSchadensminderung eine Größenordnungerreichen, die nicht weniger wirksam ist als dertechnische Hochwasserschutz.

Auch in Zukunft wird es als besondersattraktiv gelten, in der Nähe von Gewässern zuwohnen und zu leben. Die Hochwasser-vorsorge ist und bleibt hier ein wichtiger Teilder öffentlichen Daseinsvorsorge und der integrierten Flusspolitik der Bundesregierung.

Wolfgang Tiefensee  

Bundesminister für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung

Hochwasser an der ElbeEinführung

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Extreme Niederschlagsereignisse haben in denletzten Jahren im mitteleuropäischen Raum zuHochwassern mit hohen volkswirtschaftlichenSchäden geführt. Die Auswirkungen dieserHochwasser waren für viele der privaten Haus-halte und für viele der betroffenen Gemeindenohne Hilfe von Außen nicht zu bewältigen.

Auch die Nord -und Ostseeküsten bleibenvon extremen meteorologischen Ereignissennicht verschont. Nach der letzten verheerendenSturmflut in Deutschland im Jahr 1962 wurdenallerdings umfangreiche technische Maßnah-men ergriffen, um Siedlungsgebiete an dendeutschen Küsten gegen vergleichbare Flutenbesser zu schützen. Anders als beim Hochwasserschutz im Binnenland, sind die Hand-lungsmöglichkeiten des Einzelnen dort sehrbeschränkt. Allerdings können vor allem imBereich der Rückgangsküsten oder innerhalbder Städte wie z.B. Hamburg und Bremen die Inhalte dieser Broschüre auch für die dortvon Sturmfluten Betroffenen hilfreich sein.

Diese Hochwasserschutzfibel gibt Ratschlägeund Arbeitsanleitungen, damit bei der Mehr-zahl der zukünftigen Hochwasserereignisseschädigende Auswirkungen vermieden bzw.abgemindert werden. Sie soll Anwendung bei Wohn- und Verwaltungsgebäuden finden. Im Grundsatz sind alle Hinweise auch auf den gewerblichen Bereich übertragbar. Aller-dings entstehen durch die Besonderheitenjedes einzelnen Betriebes viele Einzelfälle, dieüber den Rahmen dieser Broschüre hinausgehen.

In Teil A gibt die Hochwasserfibel betrof-fenen Bürgerinnen und Bürgern wertvolle Hinweise für die Bau- und Verhaltensvorsorge.

In Teil B werden gesetzliche Grundlagendargestellt und mögliche Hochwasserschutz-maßnahmen sowie die Handlungsschwer-punkte der betroffenen Gemeinden aufgezeigt.

Im Anhang finden sich Materialien fürdie Organisation und die Durchführung vonMaßnahmen des vorbeugenden Hochwasser-schutzes. Die Verknüpfung von Hinweisen anPrivatpersonen und an öffentliche Entschei-dungsträger in dieser Fibel soll das Verständnisuntereinander verstärken.

Hochwasser – ein Naturereignis

In unregelmäßigen Zeitabständen führen außergewöhnliche Witterungsereignisse zu Hochwasser. Diese gehören – wie die Jahres-zeiten – zu den ständig wiederkehrenden Naturereignissen; Hochwasser sind einBestandteil des Naturhaushaltes. Viele Arten und Lebensgemeinschaften haben sich nicht nur an das Hochwassergeschehen ange-passt, sondern brauchen die regelmäßige Über-flutung zur Erhaltung ihrer Lebensräume. Der Mensch hingegen kann sich mit seinemLebensumfeld nicht immer an die Dynamikeines Hochwassers anpassen. Das Wissen über das Hochwasser zusammen mit der rich-tigen Vorsorge kann helfen, die Schäden,die ihm durch Hochwasser entstehen können,gering zu halten.

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Hochwasser lassen sich nach Entstehung undErscheinungsform wie folgt unterscheiden:

Starkniederschläge sind besonders in denSommermonaten als Folge von Gewitterfron-ten zu beobachten. Starkniederschläge weisendie größten Niederschlagintensitäten auf, sind räumlich begrenzt und haben eine relativkurze Dauer. Besonders Bäche und Flüsse mitkleinen Einzugsgebieten reagieren mit einemsehr schnellen Anstieg des Abflusses und desWasserstandes. In der Regel sind die Reaktions-zeiten so gering, dass für Ergreifen von Schutz-maßnahmen keine Zeit bleibt. Eine präziseVorhersage ist nicht möglich. Deshalb ist zurSchadensminderung eine bauliche Vorsorgeam Gebäude besonders wichtig.

Hochwasser in Flüssen treten immer dann auf,wenn räumlich ausgedehnte, lang anhal-tende Niederschläge häufig in Verbindung mitSchneeschmelze die Abflussmenge im Gewäs-ser so groß werden lassen, dass diese ausufern.Die Wasserstandsschwankungen liegen dabeiim Meterbereich. Aufgrund der an vielen Gewäs-sern vorhandenen Hochwasservorhersage-systeme lassen sich der zeitliche Verlauf und

der Höchstwasserstand des Hochwassers gutabschätzen. Hier erhält die Verhaltensvorsorgedes Einzelnen, aufgrund der vorhandenenReaktionszeit, eine besondere Bedeutung zurSchadensminderung. Selbstverständlich sindauch hier eine gute bauliche Vorsorge und einehochwasserangepasste Bauweise erforderlich.

Kanalrückstau kann sowohl als Folge von Stark-niederschlägen als auch als Folge von Hoch-wasser in Flüssen auftreten. Werden Abwasser-kanäle durch zu große Regenmengen über-lastet oder gelangt Flusswasser oder hohesGrundwasser in erheblicher Menge in das Kanal-system, kommt es zum Rückstau im Abwasser-kanal. Das über die Hausanschlussleitung in die Kellerräume einströmende Wasser kannerhebliche Schäden verursachen.

Grundwasseranstieg ist die Folge lang anhal-tender Niederschläge oder Nassperioden im Klimageschehen sowie von ausgedehntenHochwasserereignissen. Solche Hochwasser-ereignisse führen zuerst in der Aue später im Binnenland zu einem Grundwasseranstieg.

Eisgang in Flüssen kann in Verbindung mitkleineren Hochwasserereignissen lokal zuhohen Wasserständen führen. Besonders vorkünstlichen Hindernissen wie beispielsweiseBrücken können sich treibende Eisschollen ver-keilen, das Abflussprofil versperren und oberhalb zu einem Rückstau führen. Löst sich die Eisbarriere plötzlich auf, kann die dabei entstehende Schwallwelle unterhalb hohenSchaden anrichten.

Sturmflut wird ein Ereignis an der Nordsee-küste genannt, wenn durch entsprechendeDauer und Stärke des auflandigen Windes sowiedes Tidehubes der Wasserstand höher als 1,5 müber dem mittleren Tidehochwasserstand liegt.

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Hochwasser und Statistik

Hochwasser gibt es seit jeher. Allerdings existieren quantitative Aufzeichnungen vonhistorischen Hochwasserereignissen erst seit etwa 150 Jahren. Davor gibt es meist nurHinweise auf extreme Hochwasserereignissezum Beispiel durch historische Hochwasser-marken oder in Chroniken.

Aus den Aufzeichnungen der Pegeldatenlassen sich statistische Analysen durchführen,wie häufig ein bestimmter Pegelstand über-schritten wurde. Jedes neue Hochwasserereig-nis oder auch lange Zeiten ohne Hochwasserverändern die Statistik, weshalb sich die Wertegelegentlich verändern.

Für die Bewertung von Sturmflutereig-nissen spielen zusätzlich die Aufzeichnung undAuswertung des Meereswasserspiegelanstiegs,der Strömungsverhältnisse, der Wellenenergieund der Sturmereignisse eine entscheidendeRolle.

Mögliche Auswirkungen des Klimawandelsauf die Hochwassersituation

Klimawandel ist eines der wichtigsten Themenunserer Zeit und für unsere Zukunft. Dabeisteht außer Frage, dass wir uns in einem Prozessder Veränderung unseres Klimas befinden.Hauptindikator für den Klimawandel ist dieglobale Erderwärmung, die sich bisher und inden kommenden Jahren abzeichnen wird. DerProzess ist schleichend, aber erste Auswirkun-gen können wir bereits heute verspüren.

Die Erhöhung der Durchschnittstempe-ratur wird in den kommenden Jahrzehnten mitein bis zwei Grad Celsius prognostiziert. DieseKlimaprognose darf nicht mit der Wettervor-hersage verwechselt werden. Während bei der Wettervorhersage die Wetterentwicklungausgehend von den aktuellen Werten undBeobachtungen unter Einbeziehung der Erfah-rung aus der Wetteraufzeichnung für die kom-menden Tage vorhergesagt wird, erfolgt eineKlimaprognose auf Basis von Klimaszenarien,bei denen unter anderem die Konzentrationenvon Treibhausgasen in unserer Atmosphäre, die Veränderungen der Flächenversiegelung, die Bevölkerungsentwicklung oder der Umgangmit den Energieressourcen für die kommendenJahre vorausgeschätzt werden. Erst die Ergeb-nisse mehrerer Szenarien ergeben im Vergleichein Bild der möglichen großräumigen Klima-entwicklungen. Die Szenarien betrachten dabei die Großwetterlagen, also nicht die klein-räumigen Gewitterniederschläge. Alle Szena-rienmodelle haben eines gemeinsam; sie kön-nen das komplexe Klimageschehen nicht in seiner Gesamtheit erfassen. Zudem ist es für dieModellierung zukünftiger klimatischer Ver-hältnisse erforderlich, Annahmen und Verein-fachungen zu treffen, durch die die Rechen-ergebnisse immer mit Unsicherheiten behaftetsind. Unterschiedliche Annahmen bei der

Rheinpegel Köln

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Modellierung erschweren auch die Vergleich-barkeit verschiedener Szenarien.

Hochwasser im Binnenland ist die Folgevon Niederschlägen, die einen Teil des Wetter-geschehens ausmachen. Im ersten Grund-satz gilt: Mehr Wärme bedeutet mehr Energiebedeutet mehr Umsatz in Bezug auf denWasserhaushalt. Nach der bisherigen Einschät-zung werden sich die Niederschläge im jahres-zeitlichen Verlauf verschieben. Im Winter wird es mehr Niederschläge geben, allerdings weniger Schnee. Im Sommer hingegen wird es in der Gesamtbilanz vielerorts trockener. DiePrognosen beziehen sich dabei auf die langanhaltenden Tiefdruckniederschläge. Für diekonvektiven Starkniederschläge im Sommergeben die Klimamodelle keine Antwort. Bei denhäufig wiederkehrenden Hochwasserereig-nissen ist lokal eine Zunahme der Hochwasser-abflüsse bis zum Ende des Jahrhunderts um biszu 75 Prozent möglich. Bei den seltenen Ereig-nissen, die statistisch gesehen einmal in hun-dert Jahren oder seltener auftreten, könnenErhöhungen von 15 bis zu 25 Prozent auftreten.Je kleiner das Wiederkehrintervall bzw. je größer die Eintretenswahrscheinlichkeit, destohöher wird die Zunahme erwartet. Dies bedeu-tet, dass die kritischen Pegel zukünftig häufigererreicht und überschritten werden könnten.

Die Zunahme der Hochwasserabflüsseum einen bestimmten Prozentsatz bedeutetaber nicht bei jedem Pegel den gleichen Wasserstandsanstieg. Jeder Pegel hat seineeigene Charakteristik. Je nach Form des Gewäs-serquerschnitts am Pegel nimmt der Abflussmit steigendem Wasserstand unterschiedlichzu. Die Beziehung von Wasserstand zu Abflussam Pegel wird Pegelkurve genannt. Eine beispielhafte Auswertung verschiedener Pegel-kurven an unterschiedlichen Gewässern zeigteeinen möglichen Anstieg des Wasserstands um durchschnittlich ca. 0,5 bis 1,2 Metern bei

den häufig wiederkehrenden Hochwasser-ereignissen, die statistisch alle fünf Jahre bis alle 20 Jahre eintreten, und eine möglicheErhöhung von durchschnittlich ca. 0,2 bis 0,6 Metern bei den seltenen Hochwasserereig-nissen mit einem Wiederkehrintervall von hun-dert Jahren und mehr. Für ganz extremeEreignisse ab einem statistischen Wiederkehr-intervall von tausend Jahren wird keineErhöhung erwartet.

Bei aktuellen Hochwasserschutzplanun-gen wird die Klimaentwicklung von den Planern bereits berücksichtigt. Das bedeutetaber nicht, dass alle Schutzeinrichtungen in

Wetterextrem Trockenheit

Wetterextrem Starkniederschlag

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den kommenden Jahren mitwachsen werden.An vielen Stellen bedeutet dies, dass die vor-handenen Schutzgrade rechnerisch abnehmenwerden.

An den Küsten ist aufgrund des sichabzeichnenden Klimawandels mit verschiede-nen Veränderungen zu rechnen, die Auswir-kungen auf die Hochwassersituation habenkönnen. Dazu zählen der Anstieg des Meeres-spiegels, die Zunahme der Wellenenergie, die Veränderung der Strömungsverhältnisse,Tideänderungen und die Intensivierung derSturmtätigkeit. Bereits heute werden möglicheAuswirkungen von Klimaänderungen bei derPlanung sorgfältig abgewogen und berück-sichtigt. Zum Beispiel werden Küstenschutz-anlagen aus Gründen der Sicherheitsvorsorgeso ausgelegt, dass ein Meeresspiegelanstiegvon 30 bis 50 cm in hundert Jahren möglichwäre, obwohl im letzten Jahrhundert nur 10 bis20 cm zu beobachten waren. Die tatsächlicheintretenden Entwicklungen werden fortlau-fend beobachtet und ausgewertet damit zeit-nah die ggf. nötigen Maßnahmen ergriffenwerden können, um das heutige Schutzniveauaufrecht erhalten zu können.

Strategien zur Hochwasservorsorge

Die wirtschaftliche Entwicklung und der Sied-lungsdruck haben dazu geführt, dass Fluss-auen und Küstengebiete als Industrie-,Gewerbe- und Siedlungsfläche sowie als land-und forstwirtschaftliche Fläche genutzt wer-den. Der Schutz durch technische Hochwasser-schutzanlagen wie Mauern, Deiche, Sperr-werke an der Küste oder Hochwasserrückhalte-anlagen im Binnenland wirkt nur bis zumjeweiligen Bemessungshochwasser. Darüberhinausgehende Hochwasser überfluten die bis dahin geschützten Gebiete. Einen absolutenHochwasserschutz gibt es nicht.

Bereits 1995 wurde in der „Leitlinie füreinen zukunftweisenden Hochwasserschutz“der Länderarbeitsgemeinschaft LAWA daraufhingewiesen, dass ein umfassender Hochwas-serschutz neben dem technischen Hochwasser-schutz auch eine weitergehende Hochwasser-vorsorge beinhalten muss. Die weitergehendeHochwasservorsorge umfasst folgende Einzel-strategien:

Die Flächenvorsorge mit dem Ziel, möglichstkein Bauland in hochwassergefährdeten Gebie-ten auszuweisen.

Die Bauvorsorge, die Gebäude durch hoch-wasserangepasste Bauweisen und Nutzungenmögliche Hochwasserüberflutungen schadlosüberstehen lässt.

Die Verhaltensvorsorge, die vor anlaufendenHochwassern warnt und diese Warnung vorOrt in konkretes schadensminderndes Handelnumsetzt.

Die Risikovorsorge, die finanzielle Vorsorgefür den Fall trifft, dass trotz aller vorgenanntenStrategien ein Hochwasserschaden eintritt.

Flächenvorsorge Bauvorsorge

Verhaltensvorsorge Risikovorsorge

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Bau- und Verhaltensvorsorge für betroffene Bürger

Das Wissen um die Einwirkungen von Wasser auf Bauwerke und derenAusrüstung und das Wissen um das Hochwassergeschehen sindGrundvoraussetzung für eine effektive Bau- und Verhaltensvorsorge. Die überwiegende Anzahl der hier gegebenen Empfehlungen beziehensich auf bestehende Gebäude. Wo immer möglich sollten bei der Wahlneuer Siedlungsstandorte hochwassergefährdete Flächen gemiedenwerden. Als hochwassergefährdet können dabei alle Flächen angesehenwerden, die im Hochwasserfall „nass“ werden können; also auch Flächen,die jenseits von gesetzlichen Überschwemmungsgebieten liegen.Die nachfolgenden technischen Darstellungen stellen beispielhafteMöglichkeiten dar. Im Einzelfall empfiehlt es sich einen fachkundigenPlaner einzuschalten.

Private Hochwasservorsorge

Teil A

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1 Einwirkungen von Hochwasserauf Gebäude

1.1 Wasserdruck und Auftrieb

Steigt das Grundwasser über das Niveau derGründungssohle, entstehen Wasserdruck undAuftriebskräfte am Gebäude. Die Größe der Auf-triebskraft hängt von dem durch das Gebäudeverdrängten Wasservolumen ab und somit von der Höhe des Wasserstandes. Die Auftriebs-kraft nimmt mit dem steigenden Wasserstand und dem verdrängten Wasservolumen zu.

Wird die Auftriebskraft größer als dieSumme aller Gebäudelasten, schwimmt dasGebäude auf. Im ungünstigsten Fall kann das Gebäude dabei zerstört werden. Deshalbmuss die Gebäudestandsicherheit zu jeder Zeit – also auch bei höchsten Hochwasserereig-nissen – gewährleistet sein.

Sohlwasserdruck(Auftriebskraft)

Wasserdruckauf dieAußenwand

Gefahr des Aufschwimmens: Auftriebskraft ≥ Gebäudelasten

Hochwasser Hohes Grundwasser

Sohlwasserdruck(Auftriebskraft)

Summe aller Gebäudelasten

Wasserdruckauf dieAußenwand

HochwasserGelände-oberkante

Gefahr des Aufschwimmens: Auftriebskraft ≥ Gebäudelasten

Insbesondere in der Bauphase könnensich kritische Zustände ergeben, wenn dieGebäudelasten noch gering sind. Deshalb istdie Bauausführung so zu planen, dass gefähr-dete Bauabschnitte wie z. B. nach Fertig-stellung der Gründung nicht mit Jahreszeit typischen Hochwassern in den Winter- undFrühjahrsmonaten zusammenfallen. Vorsorg-lich sollte die Möglichkeit einer Flutung desGebäudes eingeplant werden.

Achtung: Wasserdichte Gebäude mit wenigen Geschossen haben normalerweisenicht das gegen Auftrieb erforderlicheEigengewicht.

Darüber hinaus entstehen zusätzliche Bean-spruchungen aus dem Wasserdruck auf dieGründungssohle und die Seitenwände. Häufigsind die Gebäude nicht für solche Belastungenausgelegt. Bei Hochwasser können dann dieSeitenwände eingedrückt und / oder die Sohlebeschädigt werden.

1.2 Maßnahmen gegen Auftrieb

1.2.1 Ausreichende Gebäudelasten, Wand- /Sohlendimensionierung

Nur geringfügig eingestaute Gebäude haben in der Regel eine ausreichende Auftriebssicher-heit. Es sollte aber unbedingt eine statischeÜberprüfung der Auftriebssicherheit durch denPlaner für jedes gefährdete Gebäude erfolgen.

Neben der Auftriebssicherheit des Gesamt-gebäudes müssen auch die einzelnen Gebäude-teile auf den erhöhten Wasserdruck bemessensein. Deshalb sind im Allgemeinen Keller-wände und Gründungssohlen in Stahlbetonauszuführen. Außerdem ist die Gründungssohledurch ausreichende Verankerungen gegenAufschwimmen oder Aufbrechen zu sichern.

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1.2.2 Flutung von Gebäuden

Gefährden Auftrieb oder Wasserdruck die Gebäudestandsicherheit, muss als einfachste und auch kurzfristig wirkungsvollste Gegen-maßnahme das Gebäude teilweise oder auch vollständig geflutet werden. Für diesen Fall sind Markierungen im Gebäude (Pegel) hilfreich, die die erforderliche Höhe für eineFlutung des Gebäudes anzeigen.

Eine Flutung mit sauberem Wasser kannFolgeschäden verringern. Die nebenstehendeAbbildung veranschaulicht das Kräftever-hältnis bei Wasserverdrängung und Flutung.Durch eine Flutung wird im Gebäudeinnerenein Gegendruck aufgebaut, der die von außenauf das Gebäude wirkenden Kräfte deutlichreduziert. Zusätzlich wird die Gebäudelast umdas Gewicht des Wassers erhöht.

Fazit: Flutung reduziert die resultierendenBelastungen auf das Gebäude.

Hochwasser

Wasserdruckauf dieAußenwand

Erhöhung desGegendrucksdurch teilweiseFlutung

Erhöhung des Gegendrucks durch teilweise Flutung des Gebäudes

Sohlwasserdruck(Auftriebskraft)

Hochwassermit ungeflutetem

Gebäude

Hochwassermit geflutetem

Gebäude

Sohlwasserdruck(Auftriebskraft)

Summe aller Gebäudelasten

Wasserdruckauf dieAußenwand

Gelände-oberkante

Erhöhung des Gegendrucks durch teilweise Flutung des Gebäudes

1.3 Eindringen von Wasser ins Gebäude

Das Eindringen von Wasser ins Gebäude führtim Allgemeinen nicht zu einer Gefährdung seiner Standsicherheit, jedoch zu nachhaltigenSchäden am Gebäude (z. B. an Türen, Fenstern,Haustechnik, Putz, Tapeten, Bodenbeläge) undan der Inneneinrichtung. Ziel gebäudebezo-gener Schutzmaßnahmen sollte daher sein, das Eindringen von Wasser in das Gebäude zu verhindern oder zumindest zu begrenzen, solange noch eine ausreichende Gebäudestand-sicherheit gegeben ist. Grundsätzlich werden nebenstehende Wege des Wassereintritts inGebäude im Falle eines Hochwasserereignissesunterschieden.

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Eindringen von Grundwasser durch Kellerwände/-sohleEindringen von Rückstauwasser durch KanalisationEindringen von Grundwasser durch Umläufigkeitenbei Hausanschlüssen(Rohrwege, Kabel sind i.d.R. nicht druckwasserdichtin das Mauerwerk eingebettet) oder durch undichte FugenEindringen von Oberflächenwasser durch Lichtschächteund KellerfensterEindringen von Oberflächenwasser infolge Durchsickerungder AußenwandEindringen von Oberflächenwasser durch Tür-/Fensteröffnungen

Wassereintrittsmöglichkeiten bei Gebäuden

Gelände-oberkanteHochwasser

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Wassereintrittsmöglichkeiten bei Gebäuden

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1.4 Strömung

Flussnah gelegene Gebäude werden zusätz-lich durch die Gewässerströmung beansprucht.Starke Strömungen können insbesondere kleine, in geringer Tiefe gegründete Gebäude zum Einsturz bringen und mit sich reißen. Mit-geführtes Treibgut kann die Situation zusätz-lich verschärfen.

Der Austrag von Bodenteilchen aus demBodengefüge bei nicht befestigten Flächenkann zu Hohlräumen im Baugrund führen undnachfolgend Gebäudeschäden durch Unter-spülungen und Setzungen bis hin zu Grundbrü-chen verursachen. Deshalb sollte bei erosions-gefährdeten Böden die Fundamentunterkante 1 m tiefer liegen als die zu erwartende Erosions-basis. Bei bestehenden Gebäuden kann durcheine nachträglich vorgesetzte Betonwand die Gefahr des Unterspülens der Fundamentevermindert werden.

Zerstörung von flussnah gelegenen Gebäuden durch Unterspülung der Fundamente

Hochwasser

Zerstörung von flussnah gelegenen Gebäuden durch Unterspülung der Fundamente

Schutzmaßnahmen gegen Unterspülung bei flussnah gelegenen Gebäuden

Hochwasser

Bei erosionsgefährdeten Böden solltedie Fundamentunterkante 1 m tiefer liegenals die zu erwartende Erosionsbasis

≥ 1 m

Schutzmaßnahmen gegen Unterspülungbei flussnah gelegenen Gebäuden

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2 Schutz der Gebäudevor Oberflächenwasser

In hochwassergefährdeten Gebieten könnenGebäude auf unterschiedliche Weise (Bau- und Verhaltensvorsorge) gegen das Eindringen von Oberflächenwasser geschützt werden:

————— Schutzanlagen (Wassersperren) imAußenbereich zur Verhinderung desZuströmens von Wasser zum Gebäude(nur sinnvoll, wenn kein Grundwassereindringen kann)

————— Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen unmittelbar am Gebäude zur Verhin-derung des Eindringens von Wasser indas Gebäude

Um zu verhindern, dass das Wasser zumGebäude zuströmen kann, ist dieses z. B. durchein umlaufendes Hochwasserschutzbauwerkzu sichern.

Je nach Art und Lage des zu schützendenGebäudes können in Abhängigkeit des zu erwar-tenden Hochwasserstands stationäre Hochwas-serschutzanlagen bzw. teilmobile oder mobileHochwasserschutzwände eingesetzt werden.

Stationäre Hochwasserschutzanlagen, wie z. B. Erddämme, Mauern oder Spundwände,stellen eigenständige Hochwasserschutzbau-werke dar, die speziell für ihren Anwendungs-bereich auszulegen und zu planen sind. Aller-dings bedeuten sie gleichzeitig eine Beein-trächtigung der Grundstücksnutzung, einendauerhaften Eingriff in das Stadt- oder Land-schaftsbild und können ein verkehrstechnischesHindernis sein.

Teilmobile Hochwasserschutzwände sindim allgemeinen „mobile“ Dammbalkensystemein Kombination mit einer ortsfesten Halte-rungskonstruktion, z. B. eingelassenen Funda-menten zur Verankerung der Hochwasser-schutzwand oder fest installierten Stützen mitFührungsschienen zur Aufnahme der Damm-balken. Auch hier gilt, dass nur dann ein wirk-

samer Hochwasserschutz gewährleistet werdenkann, wenn keine Umströmung (Oberflächen-wasser oder ansteigendes Grundwasser) undkein Rückstau aus dem Kanalnetz stattfindet.

Mobile Hochwasserschutzwände beste-hen aus transportablen Schutzelementen, meistDammbalken, die aus statischen Gründen nurbis zu einer maximalen Wandhöhe von 2,5 maufgestellt bzw. übereinander gestapelt wer-den sollten. Meist werden sie zusätzlich auf derdem Wasser abgewandten Seite durch eineStahlkonstruktion rückwärtig abgestützt. Deut-lich größere Wandhöhen sind aufgrund dersteigenden Wasserdruckbelastungen technischnicht sinnvoll. Beim Schutz von einzelnenGebäuden bietet sich die rückwärtige Abstüt-zung der Hochwasserschutzwand gegen dasGebäude selbst an.

Ein Sandsackwall kann bereits sehr wirkungsvoll sein.

Objektschutz an Gebäudeöffnungen

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Hochwasserschutztor mit Dammbalken

Umlaufender Hochwasserschutz mit teilmobilen Schutzelementen

Mit Ausnahme des mobilen Hochwasser-schutzes mittels Dammbalken, die auch zurAbsicherung von Tür- und Toröffnungen geeig-net sind, werden aufwändige stationäre oderteilmobile Systeme wegen ihrer hohen Inves-titionskosten überwiegend im Rahmen deröffentlichen oder der industriellen Hochwasser-sicherung eingesetzt.

Im privaten Bereich kann sich je nachLage des Gebäudes eine Einfassung undUmschließung des Grundstückes mit Mauernoder kleinen Erdwällen anbieten. Werden nur geringe Wasserüberstände erwartet, istggf. die Abschottung des Gebäudes durcheinen kleinen Damm aus Sandsäcken die ein-fachste und preiswerteste Lösung.

Bei den Hochwasserschutzwänden muss mit geringen Undichtigkeiten oder auch Unterläufigkeiten gerechnet werden. Dahersollten grundsätzlich Pumpen im Außen- und Innenbereich des Gebäudes zum Abpum-pen des anfallenden Wassers vorgesehen werden.

Grundregel: Ein Einsatz von Hochwasser-schutzwänden ist nur dann sinnvoll, wenngleichzeitig ein ausreichender Schutz gegen-über eindringendem Grundwasser und Rückstauwasser aus der Kanalisation besteht.

Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen amGebäude selbst sind im Allgemeinen einfacherzu realisieren und damit kostengünstiger alsMaßnahmen im Außenbereich. Voraussetzungist allerdings eine ausreichende Standsicher-heit, Wasserbeständigkeit und die Wasser-dichtigkeit der Außenwände. Zur Verhinderungdes Eindringens von Wasser durch Tür- oderFensteröffnungen bestehen folgende Siche-rungsmöglichkeiten:

————— Bei nur geringen Wasserüberständen (cm oder dm) können Sandsäcke einenausreichenden Schutz bieten.

————— Einen wirkungsvollenAbdichtungsschutz, auch bei höherenWasserständen (dm- bzw. m-Bereich) bieten Dammbalkensysteme, die unmit-telbar vor den Eingangsbereichen installiert werden.

————— Darüber hinaus sind andere Abdichtungs-systeme (z. B. passgenau zugeschnitteneEinsatzelemente für Eingangs- oder Fensteröffnungen, so genannte Schotts, mit Profildichtungen) auf dem Markterhältlich, die ebenfalls bis zu bestimm-ten Wasserständen einen ausreichendenSchutz vor Wassereintritt gewährleisten.

Damit kein Wasser durch die Außenwände sickern kann, sollte das Gebäude abgedichtetwerden. Dabei ist zu beachten, dass Hochwasser-schutz und Wärmedämmung, bauphysikalischgesehen, klassische Konfliktpunkte sind.Denn was für den Hochwasserschutz richtig ist (z. B. dichte Materialien, keine Öffnungen) hat

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für den Wärmeschutz / Energieeinsparung nega-tive Auswirkungen (keine Belüftung – schlechteWasserdampfdiffusion, gute Wärmeleitfähig-keit – schlechte Wärmedämmwirkung). Bei derGestaltung der Außenfassade sollten folgendeKriterien berücksichtigt bzw. gegeneinanderabgewogen werden:

————— maximaler Hochwasserstand————— Hochwasserwahrscheinlichkeit /

-häufigkeit————— Anforderungen an den Wärmeschutz /

Energieeinsparung————— Abtrocknungsgeschwindigkeit nach

Durchnässung————— Reparaturaufwand eines Systems————— ästhetischer Anspruch an die Fassade

Diese Kriterien gelten für Neu- und Altbauten.Für die Gestaltung des baulichen Hochwasser-schutzes müssen jeweils Einzelfallentschei-dungen getroffen werden.

Im Falle nicht ausreichend abgedichteterAußenwände ist im Gebäude mit durchsickern-dem Wasser zu rechnen. Insbesondere Undich-tigkeiten im Bereich von Fugen oder Wand-anschlüssen können hier zu einem nennens-werten Wasserandrang führen.

Die Verkleidung der Außenhaut miteinem Sperrputz (z. B. Zementputz) oder mitSteinzeugfliesen wirkt wassersperrend. Dabeiist auf eine sorgfältige Bauausführung zu achten. Insbesondere erfordert die Ausbildungvon Fugen (Fliesenfugen, Dehnungsfugen)höchste Sorgfalt.

Außenverkleidungen aus Verblend-mauerwerk sind nur bedingt widerstandsfähiggegenüber Stauwasser. Zum einen wirdVerblendmauerwerk systembedingt mit einerLuftschicht ausgeführt, die zur Belüftung mit Öffnungen im Sockelbereich versehen sind.Durch diese Öffnungen kann wiederum dasWasser hinter die Mauerschale fließen und vondort die Hintermauerung durchnässen. Zumanderen sind die meisten Verblendsteine nicht wasserdicht (z. B. Hohlraumziegel sowienicht bzw. bei niedrigen Temperaturengebrannte Steine). Auf Holzfassaden ist in hoch-wassergefährdeten Gebieten grundsätzlich zu verzichten.

Bei der Auswahl der Wärmedämmung istzu beachten, dass keine Wasser aufsaugendenMaterialien (z. B. Mineralwollplatten) verwen-det werden, denn eine durchnässte Dämm-schicht hat eine hohe Wärmeleitfähigkeit unddamit keine Dämmwirkung. Auf den Einsatzzweischaliger Wände mit Hinterlüftung ist in hochwassergefährdeten Gebieten sinnvollerWeise zu verzichten.

In den potenziell gefährdeten Sockel-bereichen empfiehlt sich die Verwendung vonKunststoffdämmmaterialien mit geschlossen-zelligem Porenaufbau, die nur relativ geringeWassermengen aufnehmen.

Umlaufender Hochwasserschutz mit mobilen Schutzelementen

Hochwasserschutz an Fensteröffnungen

16 T E I L A : B A U U N D V E R H A L T E N S V O R S O R G E F Ü R B E T R O F F E N E B Ü R G E R

3 Schutz der Gebäude vor eindringendem Grundwasser

Bei gut wasserdurchlässigen Bodenarten (z. B. Sande, Kiese) ist im Hochwasserfall mit einem kurzfristigen Ansteigen des Grund-wasserspiegels zu rechnen. Flussnah kann ver-einfacht angenommen werden: Hochwasser-stand = Grundwasserstand.

Bei einem Anstieg des Grundwasser-spiegels über die Gründungssohle entstehenauf Grund des Wasserdruckes zusätzlicheBeanspruchungen der Bauwerkssohle und -wände. Man spricht von drückendem Grund-wasser. Für diesen Fall gibt die DIN 18195(Bauwerkabdichtungen) technische Hinweisezur Bemessung und Ausführung der Abdich-tungsmaßnahmen. Bei drückendem Grund-wasser gelten folgende Anforderungen:

————— Die Gebäudeabdichtung ist in der Regelan der Außenseite der Außenwände anzuordnen; sie muss eine geschlosseneWanne bilden oder das Bauwerk allseitigumschließen. Ist eine außenliegende Dichtung nicht möglich, kann auch eine innenliegende Abdichtung zum Einsatz kommen.

————— Die Abdichtung ist bei wasserdurch-lässigen nichtbindigen Böden (Sand,Kies) mindestens 30 cm über den höch-sten Grundwasserstand, bei bindigenBoden (Lehm, Ton) mindestens 30 cmüber die geplante Geländeoberflächen zuführen. Bei Bauwerken im hochwasser-gefährdeten Gebieten ist der Bemessungs-wasserstand maßgebend.

————— Die Abdichtung darf bei den zu erwarten-den Bauwerksverformungen (Schwinden,Setzungen) ihre Schutzwirkung nicht verlieren.

Als Grundtypen der Gebäudeabdichtung werden die „Schwarze Wanne“ und die „WeißeWanne“ unterschieden.

Als „Schwarze Wanne“ bezeichnet maneine Abdichtung, bei der die betroffenenGebäudebereiche durch Bitumen- oder Kunst-stoffbahnen allseitig umschlossen werden.Diese Abdichtung wird im Regelfall als Außen-dichtung ausgeführt; d. h., dass die Dichtungs-bahnen auf der Gebäudeaußenseite ange-ordnet werden und damit in günstiger Weisegegen die Gebäudewände oder -sohle ange-drückt werden.

Technisch weitaus schwieriger und teurerist es, eine solche Dichtung (nachträglich) auf den Innenseiten des Gebäudes anzubringen(Innendichtung). Hier wird ein zusätzlicher

• keine besondere Berücksichtigung von Arbeitsfugen• Undichtigkeiten nicht lokalisierbar (Umläufigkeiten),

aufwändige Sanierung• kann i.d.R. nur unterhalb der Geländeoberkante

eingesetzt werden• Die Sohle kann nicht nachträglich von Außen

abgedichtet werden

tragende Wand

DichtungsbahnAusgleichsschicht(Schutz der Foliegegen Durchstoßen)

höchsterGrundwasserstand

geeignet für komplizierte Gebäudegeometrien

Geländeoberkante

„Schwarze Wanne“ Außendichtung(geeignet für komplizierte Gebäudegeometrien)

17T E I L A : B A U U N D V E R H A L T E N S V O R S O R G E F Ü R B E T R O F F E N E B Ü R G E R

Innentrog erforderlich, um die auf die Dichtung wirkenden Wasserdrücke statisch abzufangen.

Eine Innendichtung gegen drückendesWasser sollte daher nur in Einzelfällen beinachträglichen Ertüchtigungen von Altbautenzur Anwendung kommen.

Als „Weiße Wanne“ versteht man dieAusbildung der Außenwände und der Boden-platte als geschlossene Wanne aus wasser-undurchlässigem (wu) Beton. Zusätzliche Dichtungsbahnen sind nicht erforderlich. Bei der Bauausführung muss auf eine sorgfältigeAusführung der Arbeitsfugen geachtet werden.

Als Arbeitsfugen werden die Übergängevon Frischbeton zu bereits erhärteten Beton-

bauteilen bezeichnet. Eine Variante für die wasserdichte Ausführung einer Arbeitsfuge ist die Verwendung eines Arbeitsfugenbandes aus Kunststoff, das je zur Hälfte im bereits ausgehärteten Beton und im Frischbeton ein-gebunden ist. Unabhängig von der Art derAbdichtung sind Bauwerkssohle und -wändeauf die zu erwartenden Beanspruchungen ausWasserdruck zu bemessen. Für die Bauwerks-sohle aus Stahlbeton bedeutet dies im Allge-meinen den Einbau einer zusätzlichen oberenBewehrungslage.

• sorgfältige Ausführung von Arbeits- undDehnungsfugen

• sorgfältige Planung und Bemessung erforderlich• Undichtigkeiten leicht lokalisierbar• häufig preiswerter als „schwarze Wanne“• nicht nachträglich realisierbar

tragende Wand

Arbeitsfugenband

höchsterGrundwasserstand

wasserundurchlässigerBeton

Geländeoberkante

„Weiße Wanne“

• zusätzlicher Innentrog erforderlich

tragende Wand

Dichtungsbahn

höchsterGrundwasserstand Betontrog

Geländeoberkante

„Schwarze Wanne“ Innendichtung

18 T E I L A : B A U U N D V E R H A L T E N S V O R S O R G E F Ü R B E T R O F F E N E B Ü R G E R

4 Schutz der Gebäude vor eindringendem Kanalisationswasser (Rückstau)

Im Hochwasserfall steigt der Wasserspiegel im Kanalnetz oft an, weil die Kanäle bei Überlastung durch große Regen- und Grund-wassermengen (bei undichten Kanälen) oder durch den hohen Wasserstand des Vor-fluters zurück gestaut werden. Dieser Anstiegdes Wasserspiegels im Kanalnetz setzt sich durch die Abflussleitungen und Hausan-schlüsse bis ggf. ins Gebäudeinnere fort. Liegen keine Sicherungseinrichtungen, wie z. B. Rückstauklappen, Absperrschieber oderAbwasserhebeanlagen vor, steigt der Wasser-spiegel im Leitungsnetz des betreffendenGebäudes bis zur Höhe des Wasserspiegels imKanalnetz an. Dies kann zu Wasseraustrittenaus den Abflüssen der Sanitäranlagen o. ä. führen.

Absperr-schieber

Fäkalien-hebeanlage

Druckleitungoberhalb desHochwassers

öffentlicherKanalschacht

privater Kanal-schacht mit

geschlossenenDurchfluss

Gully

Absperrschieber Rückschlagklappe(Alternative 2)

Rückschlagklappe(Alternative 1)

Druckdeckel

GrundleitungSchmutzwasser

Entlüftung

gering wasser-durchlässiger Boden

Hochwasser

mobileHochwasser-schutzwand

Schutzmaßnahmen bei der Gebäudeentwässerung

Rückstausicherung im Gebäude

19T E I L A : B A U U N D V E R H A L T E N S V O R S O R G E F Ü R B E T R O F F E N E B Ü R G E R

In hochwassergefährdeten Gebieten mitlangen Einstauzeiten und entsprechendenVorwarnzeiten bieten Absperrschieber gegen-über Rückschlagklappen eine größere Sicher-heit. Absperrschieber wirken allerdings nur,wenn sie geschlossen werden.

Aus der Abwassertechnik ist der Begriffder Rückstauebene bekannt. Diese markiert dasNiveau des maximal möglichen Wasserspiegelsim Kanalnetz bei Rückstauereignissen in nichthochwassergefährdeten Gebieten. Die maß-gebliche Rückstauebene wird von der örtlichenBehörde festgelegt. Sofern von dieser die Rück-stauebene nicht festgelegt worden ist, gilt alsRückstauebene die Höhe der Straßenoberkantean der Anschlussstelle. In Überschwemmungs-gebieten ist mit einem Anstieg des Wasser-

spiegels im Leitungsnetz bis zum Hochwasser-spiegel zu rechnen, d.h. auch über die Rück-stauebene hinaus.

Fazit: In Überschwemmungsgebieten ist nichtdie Rückstauebene, sondern der Hochwasser-stand für einen evtl. Rückstau in der Kanalisa-tion entscheidend. Zur Sicherung sind in jedemHaus entsprechende Rückstausicherungenbzw. Hebeanlagen vorzusehen. Diese Anlagenmüssen regelmäßig gewartet werden.

Ein Rückstau kann auch im Außenbereich von Gebäuden zu unvorhergesehenen Über-schwemmungen in „hochwassergeschützten“Bereichen (z. B. hinter Hochwasserschutz-wänden) führen. Wasser kann aus dem Über-

schwemmungsbereich durch die Kanalisationauf das Grundstück gedrückt werden. Ist eine Absperrung des Kanalnetzes durch Schie-bereinrichtungen nicht möglich, bietet sich zur Verhinderung des Wasserüberlaufs ausdem Kanalnetz der Einsatz von Überlaufsiche-rungen in Form von Druckdeckeln oder Stahl-zylinderaufsätzen an. Es ist zu beachten, dassdie Rückstauproblematik nicht nur Einzel-gebäude, sondern auch großräumige „Schutz-zonen“ betreffen kann.

öffentlicherKanalschacht

Gully

Stahlaufsatz

gering wasser-durchlässiger Boden

Hochwasser

mobileHochwasser-schutzwand

Schutzmaßnahmen am Kanalsystem Rückstausicherung außerhalb des Gebäudes

20 T E I L A : B A U U N D V E R H A L T E N S V O R S O R G E F Ü R B E T R O F F E N E B Ü R G E R

5 Bauliche Vorsorge

Die Bauvorsorge beginnt bereits in der Pla-nungsphase. Der Verzicht auf ein Kellergeschossoder die Ausbildung einer schwarzen oderweißen Wanne kann bereits erhebliche Schädenausschließen. Die Wahl einer Erdgeschosshöheauf höherem Niveau oder der Bau auf Stelzenkönnen verhindern, dass im HochwasserfallWohnräume betroffen werden. Besteht dieGefahr des Auftriebs, ist für eine ausreichendeAuftriebssicherheit zu sorgen.

5.1 Heizung und Installation

Heizungsanlagen sind ebenso wie elektrischeInstallationen, zum Beispiel Stromverteiler-kästen, in den Obergeschossen hochwasser-sicher zu installieren. In von Hochwasser betrof-fenen Bereichen (Keller, Erdgeschoss) solltenauch untergeordnete elektrische Installationenvermieden oder hoch über dem Fußbodenangebracht werden. Die betreffenden Strom-kreisläufe müssen getrennt abschaltbar bzw. gesichert sein.

5.2 Sicherung des Heizöltanks vorAufschwimmen / Auftrieb

Auftriebssicherung

Auftriebssicherung

Das Auslaufen von Öl infolge von undichtenStellen im Heizungssystem oder am Heizöltankkann zu nachhaltigen Beschädigungen desGebäudes sowie der Inneneinrichtung führen.Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass aus-tretendes Öl erhebliche Verunreinigungenober- und unterirdischer Gewässer verursacht.

Ist eine Umstellung auf andere Energie-träger nicht möglich, ist der Tank zusammenmit allen Anschlüssen und Öffnungen (Ölein-füllstutzen, Belüftung) so abzusichern, dass vonaußen kein Wasser eindringen kann. Weiterhinist der Tank durch geeignete Halterungengegen Aufschwimmen zu sichern. Der „kriti-sche Lastfall“ für die Bemessung des Tanks

im Hinblick auf das Aufschwimmen ist dernicht gefüllte Tank. Für die Bemessung derHalterungen gegenüber Auftrieb ist daher vomleeren Tank auszugehen; dies gilt auch fürAußentanks.

Ist eine Sicherung des Heizöltanks gegenAuftrieb nicht möglich, kann als Notmaß-nahme das Auffüllen des Tanks mit Wasser die nötige Gewichtskraft erzeugen. Die Kosten für die anschließende Trennung des Heizöl-

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Wasser-Gemisches durch einen Fachbetriebsteht in keinem Verhältnis zu den entstehen-den Schäden durch ausgelaufenes Heizöl im und am Gebäude. Tankanschlüsse und Ver-bindungsleitungen bei Batterietanks sind in jedem Fall zu sichern und zu verschließen.

Aber Achtung, nicht alle Tanks sindgeeignet, dem bei Hochwasser auftretendenWasserdruck standzuhalten. EntsprechendeNachweise (Zulassung) muss der Tankherstellererbringen. Für die Sicherung gegen Auftrieb ist unter Umständen eine statische Berechnungerforderlich. Deshalb folgender Grundsatz:

In hochwassergefährdeten Gebieten sollteauf Ölheizungsanlagen verzichtet werden.

Sicherung eines Heizungsbrenners

5.3 Lagerung und Umgang mit sonstigen wassergefährdenden Stoffen

Gesundheits-, wasser- und umweltgefährdendeStoffe müssen nach einem vorab festgelegtenPlan aus dem Gefahrenbereich verlagert werden. Dabei muss vorher festgelegt werden, welche Stoffe wohin evakuiert werden können.Eine entsprechende Kennzeichnung erleichtertdie spätere Zuordnung.

Vor, während und nach einem Hoch-wasserereignis gibt es eine Vielzahl von Maß-nahmen die Schäden an den Elektro- undHeizungsanlagen reduzieren können. Es wirdempfohlen in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Fachbetrieb diese Maßnahmen zu

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planen. Kurzfristige Planungen während desanlaufenden Hochwassers führen oft nicht zum gewünschten Ergebnis. Folgende Punkte sollten beachtet werden:————— Keller- und Erdtanks absichern (gegen

Auslaufen, gegen Aufschwimmen)!————— Technische Einrichtungen eventuell

abmontieren!————— Elektrische Einrichtungen entfernen

oder ausschalten!————— Haupthähne für Gas, Wasser und Strom

abdrehen!

Druckwassersichere Wanddurchführung

Druckdichter Fensterverschluss

Folienabdichtung für Gebäudeöffnungen

Druckdichte Tür

5.4 Baustoffe / -materialien (wasserbeständige Materialien)

Baustoffe werden meist aus statischen,aus energietechnischen oder aus ästhetischenGesichtspunkten ausgewählt. Die Eignungbezüglich Hochwasser steht häufig im Hinter-grund. Nicht jeder Baustoff ist aber im Hoch-wasserfall gegen Wasser unempfindlich. Entscheidend ist bei einigen Baustoffen, obdiese dauerhaft mit Wasser in Berührung kom-men. Holz kann als Baustoff für den Dach-stuhl sehr gut eingesetzt werden; auch in hoch-wassergefährdeten Gebieten. Im Keller oder im Erdgeschoss sollte auf Holzbaustoffe (z. B.Parkettboden) verzichtet werden. FeuchterLehm bietet sich als Dichtungsmittel an. AlsBaumaterial ist Lehm nur bedingt geeignet, dadie Standfestigkeit mit steigendem Wasser-gehalt verloren geht.

Die Liste im Anhang gibt – sortiert nach Gewer-ken – einen Überblick über gängige Baustoffebeim Hausbau und ihre Wasserbeständigkeit.

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6 Verhaltensvorsorge

Verhaltensvorsorge bedeutet, die Zeit zwi-schen dem Anlaufen eines Hochwassers unddem Erreichen eines kritischen schadens-erzeugenden Wasserstandes so zu nutzen, dassmöglichst wenig Schaden durch das Hoch-wasser entsteht. An größeren Gewässern isteine Hochwasserprognose über 1 bis 2 Tage und eine sichere Hochwasservorhersage über mehrere Stunden gegeben, an kleinerenGewässern in den Mittelgebirgen können sichdie Vorhersagezeiten auf wenige Stunden reduzieren.

Ähnliches gilt für Sturmflutvorhersagenin Küstengebieten. Insbesondere in Hamburgund Bremen sind auf Sturmflutvorhersagenbasierende Verhaltens- und Evakuierungsmaß-nahmen ein wichtiger Bestandteil des Küsten-schutzkonzepts.

Hochwasserinformation und Vorher-sage müssen dabei in sinnvolles und schnellesVerhalten münden.

Werden Hochwasserwarnungen nichtgehört oder umgesetzt, nutzt die beste Vorsorge nicht!

6.1 Hochwassergefahrenkarten: „Wissen um die Gefahr“

Beispiel einer Hochwassergefahrenkarte

Die Kenntnis über die bestehende Hochwasser-gefahr ist zur Beurteilung der erforderlichenMaßnahmen einer zielgerichteten Hochwasser-vorsorge sowie zur Information der Bevölke-rung unerlässlich.

Aus Hochwassergefahrenkarten und demdamit deutlich verbesserten Wissen um die

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Hochwassergefahr ergeben sich für die jewei-ligen Nutzer Konsequenzen und neue Möglich-keiten für die Aufgabenbewältigung im Zusam-menhang mit Hochwasserschutz und Hoch-wasservorsorge.

Die Bürger (z. B. als Bauherren oderAnwohner) sowie Industrie und Gewerbe erhal-ten durch die Hochwassergefahrenkarten die entsprechenden Informationen, um ihrer-seits Vorsorge bei der Bauplanung, dem Gebäu-deschutz, Verhaltensvorsorge sowie der Risiko-vorsorge mittels Hochwasserversicherungdurchführen zu können. Einsatzmöglichkeitender Hochwassergefahrenkarten für Bürger,Industrie und Gewerbe sind:

————— Grundlage für die Verhaltensvorsorge(Informationswege, Flutwege undRäumungen)

————— Grundlage für die Bauvorsorge durchangepasste Nutzung und hochwasser-angepasste Baumaterialien sowie für dieLagerung wassergefährdender Stoffe

————— Planungsgrundlage für den Gebäude-schutz (z. B. Abdichtung von Türen undFenstern)

Darüber hinaus bilden Hochwassergefahren-karten eine wichtige Grundlage für die Steue-rung der Siedlungsentwicklung.

6.2 Persönliche Alarm- und Einsatzpläne(Hochwassercheckliste)

Vor, während und nach einem Hochwasser-ereignis gibt es eine Vielzahl von Aufgaben, diezu erledigen sind. Wer welche Aufgaben über-nimmt, sollte vor einem Hochwasser unter denFamilienmitgliedern und unter den Nachbarnvereinbart und vorher gemeinsam geübt werden.

6.2.1 Organisation einer Nachbarschaftshilfe

Notsituationen und viele damit verbundeneProblemstellungen lassen sich gemeinsam inNachbarschaftshilfe besser bewältigen. Regelmäßige Treffen der Nachbarschaftshilfestärken das Miteinander. Die Aufgaben sinduntereinander zu koordinieren. Für den Zeit-raum des Urlaubs sind Verantwortliche zubenennen, die im Hochwasserfall alarmierenund ggf. handeln können.

Neubürger/-innen in einem hochwasser-gefährdeten Gebiet sollten sich durch alt-eingesessene Bewohner/-innen beraten lassen.

6.2.2 Hochwasserausrüstung

Eine eigene Hochwasserausrüstung ist recht-zeitig zusammenzustellen. Organisationen der Gefahrenabwehr wie Feuerwehr und THWbenötigen ihre Ausrüstung selbst und könnendiese nicht ausleihen. Größere Anschaffungenkönnen gemeinsam im Rahmen einer Nach-barschaftshilfe getätigt werden.

Hochwasserausrüstung (nicht vollständig)

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Einfache Sandsackfüllhilfe Pumpe

6.2.3 Evakuierung des Mobiliars

Für die Sicherung des Mobiliars ist vorab einfester Plan (als Liste und als Zeichnung) zuerstellen. Oft stehen materielle Dinge im Vorder-grund, die im Nachhinein auch wesentlich später hätten geräumt werden können. Wichtigsind zunächst Unterlagen oder auch ideelleWerte (Memorabilia), die später nur mit gro-ßem Aufwand oder gar nicht wiederbeschafftwerden können.

Schwere und sperrige Gegenstände können ggf. nicht aus dem gefährdeten Raumtransportiert werden. Hier ist eine ausreichen-de Zahl an Stützen zur Sicherung vorzuhalten.

6.2.4 Notgepäck und Dokumente,Notquartier

Im Falle einer Evakuierung muss den Anord-nungen von Polizei und des Katastrophen-schutzes Folge geleistet werden. Ein solcherSchritt wird erst dann erwogen, wenn erhebli-che Gefahr für Leib und Leben der Bevölke-rung besteht. Die verbleibende Zeit ist meist sehr kurz. Folgende Regeln sollten auf jedenFall Beachtung finden:

————— Stellen Sie rechtzeitig ihr Notgepäckzusammen!

————— Im Einsatzplan der Gemeinde finden SieInformationen über:• „hochwasserfreie“ Wege (Flucht-,

Evakuierung- und Versorgungswege)• „hochwassersichere“ Sammelstellen,

von denen die Bevölkerung im Falle einer Evakuierung zu Notunterkünften transportiert werden kann

• Lage der Notunterkünfte————— Achten Sie auf die Durchsage der Laut-

sprecherfahrzeuge!————— Achten Sie auf Rundfunkdurchsagen!

Versorgung der evakuierten Bevölkerung

————— Die Grundversorgung der evakuiertenBevölkerung erfolgt durch die Kommu-nen (Unterkunft, mobile Küchen etc.).

————— Die Zusatzversorgung (z. B. soziale Betreu-ung) wird durch andere Hilfsorganisatio-nen übernommen.

Denken Sie auf jeden Fall an wichtige Medi-kamente. Diese können nicht ohne weiteresim Einsatzfall beschafft werden. Zusätzlichwird empfohlen, eine Tagesration Speisenund Getränke sowie Hygieneartikel im Not-gepäck mitzuführen.

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7 Risikovorsorge

Für den Fall, dass trotz geeigneter Vorsorge-und Abwehrmaßnahmen ein Hochwasserscha-den eintritt, der von den Betroffenen nichtmehr alleine getragen werden kann, helfen pri-vate Rücklagen oder der Abschluss einer Ver-sicherung, die wirtschaftlichen Folgen zu min-dern. Versicherungen können aber nur Verlusteabdecken, die den Betroffenen substanziell treffen. Durch entsprechende Auflagen oderdurch gestaffelte Selbstbehalte wird zusätzlichdie Eigenvorsorge gestärkt.

Das Risiko der Versicherungen ist es, dasssich meist nur Gebäudebesitzer gegen Hoch-wasserschäden versichern möchten, die sicht-lich von Hochwasser betroffen sein können. ImFall eines extremen Hochwasserereignisseswerden viele Gebäude gleichzeitig zum Teil inerheblichem Maße geschädigt. Anders als zumBeispiel bei einem Hausbrand müssen die Leis-tungen der Versicherung vieler Geschädigternur auf eine vergleichsweise geringere ZahlVersicherter umgelegt werden. Dies hält Ver-sicherungen auch meist davon ab, Gebäude zuversichern, die besonders hoch gefährdet sind.Dazu wurden von der VersicherungswirtschaftGefährdungszonen eingeführt, die von allenVersicherern gleichermaßen behandelt werden.

Grundsätzlich unterscheiden die Ver-sicherungen unterschiedliche Schadensarten:

Schäden durch Hochwasser, wenn oberidischanstehendes Wasser durch Gebäudeöffnungenin das Gebäude eindringt.

Schäden durch Kanalrückstau, wenn Kanal-wasser in die Gebäude zurück staut oder Hoch-wasser durch den Kanal in das Gebäude ein-strömt.

Schäden durch Grundwasser, wenn unterir-disch Grundwasser durch Wände oder Wand-durchbrüche in das Gebäude einströmt. Auch

wenn in allen drei Fällen Gebäude und Hausratin gleichem Maß geschädigt werden können,leisten die Versicherungen nicht in jedem FallSchadensausgleich.

Im ersten Fall, dem oberirdisch anstehen-den Hochwasser kann eine erweiterte Elemen-tarschadenversicherung die möglichen Schä-den zum einen am Gebäude selber mit allenInstallationen (Heizung, Sanitäranlagen etc.)und zum anderen am Hausrat abdecken. Beidesmuss ggf. getrennt versichert werden.

Bei Kanalrückstau leisten die Versicherun-gen Schadensausgleich nur dann, wenn dasVersagen von fest installierten Sicherungsmaß-nahmen – zum Beispiel einer Hebeanlage odervon Rückschlagklappen – zum Schaden geführthat. Dies ist vergleichbar bei Leitungswasser-schäden. Schäden durch eindringendes Grund-wassers sind in der Regel nicht versicherbar.

PKW-Schäden werden durch die Teil-Kasko-Versicherung zum Zeitwert ersetzt. DieVersicherung zahlt dabei auch für diverseZubehörteile wie zum Beispiel den Verbands-kasten oder Kindersitze. Der Transportinhalt imFahrzeug, also CD’s oder Wareneinkäufe wer-den nicht ersetzt. Reisegepäck kann durch eineReisegepäckversicherung abgesichert werden.

Vergewissern Sie sich, ob und wie Sie gegenHochwasser versichert sind.

27

Grundsätze beim vorsorgenden Hochwasserschutz

Anders als der vorherige Teil A zeigt der Teil B gesetzliche Vorgaben zum Hochwasserschutz und zur Hochwasservorsorge auf. Anschließendwerden planerische und technische Möglichkeiten zur Vermeidung und Verminderung von Hochwasserschäden auf kommunaler Ebeneaufgezeigt. Dieser Einblick in den gesetzlichen Handlungsrahmen zurHochwasservorsorge wirbt bei den Betroffenen um Verständnis, um Akzeptanz und um Unterstützung. Es gilt partnerschaftlich den Hochwasserschutz und die Hochwasservorsorge zu gewährleisten.

Teil B

Hochwasserschutz in Oberbillig an der Mosel

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8 Gesetzliche Vorgaben

„Mit dem 5-Punkte-Programm „Arbeitsschrittezur Verbesserung des vorbeugenden Hoch-wasserschutzes“ vom 15. September 2002 hat dieBundesregierung ein ganzes Maßnahmen-bündel zum vorbeugenden Hochwasserschutzbeschlossen. Den Kern der von der Bundesregie-rung ergriffenen Initiativen bildet das Gesetzzur Verbesserung des vorbeugenden Hoch-wasserschutzes vom 3. Mai 2005 (BGBl. I S. 1224).

Dieses Gesetz, das am 10. Mai 2005 in Kraftgetreten ist, bringt deutliche Verbesserungenfür die Hochwasservorsorge. Die neuen bundes-einheitlich geltenden Vorgaben sind konkreterund stringenter als bisher. Dadurch sollen Vollzugsdefizite abgebaut und der Hochwasser-schutz im Binnenland effektiver werden. Gleich-zeitig verbleibt den Ländern in wesentlichenPunkten ein deutlicher Regelungsspielraum,um den Verhältnissen vor Ort Rechnung tragenzu können. Für den Vollzug der gesetzlichenVorgaben zum Hochwasserschutz sind die Län-der zuständig.

Das Gesetz änderte mehrere bundesrecht-liche Vorschriften (Wasserhaushaltsgesetz,Baugesetzbuch, Raumordnungsgesetz, Bundes-

wasserstraßengesetz und Gesetz über denDeutschen Wetterdienst). Ein Teil des Gesetzes,z. B. die Vorgaben für die Bauleitplanung inÜberschwemmungsgebieten, gilt unmittelbar,das heißt der Erlass von zusätzlichen landes-rechtlichen Vorschriften ist hier nicht erforder-lich. Das Gesetz enthält aber auch Regelungs-aufträge an die Länder, die bis Mai 2007 in Lan-desrecht umzusetzen waren. Außerdem müssendie Länder die Zeitvorgaben im Wasserhaus-haltsgesetz in Bezug auf die Festsetzung vonÜberschwemmungsgebieten und die Aufstel-lung von Hochwasserschutzplänen beachten.

Im Einzelnen sieht das Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasser-schutzes insbesondere folgende Neurege-lungen vor:

————— Jede Person hat im Rahmen des ihrMöglichen künftig die Pflicht, geeigneteVorsorge gegen Hochwasserschäden zutreffen. Das setzt voraus, dass die Öffent-lichkeit ausreichend über Hochwasser-gefahren informiert wird. Dazu enthältdas Gesetz mehrere Regelungen.

Hochwassergefährdete Gebiete

HW ≥ HW100

Extremhochwasser

Offenes System(Kein Schutz oder Schutzgrad < HW 100)

Geschlossenes System(Schutzgrad ≥ HW 100)

NormalerWasserstand

Überschwemmungsgebiet§ 31b Abs. 1 WHG

Überschwemmungs-gefährdetes Gebiet

§ 31 c Abs. 1 WHG

FestgesetztesÜberschwemmungsgebiet

§ 31 b Abs. 2 WHG

Überschwemmungsgefährdetes Gebiet§ 31c Abs. 1 WHG

HW100: Hochwasserstand, der statistisch gesehen einmal in 100 Jahren überschritten wird. Da es ein statistischer Wert ist,kann sich nach mehreren Jahren, insbesondere nach einem Hochwasserereignis, das Höhenniveau verändern.

Hochwassergefährdete Gebiete

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————— Die Länder werden verpflichtet, die Gewässer oder Gewässerstrecken zu bestimmen, bei denen durch Hochwasser Schäden entstanden oder zu erwartensind. Über diese Entscheidung und zukünftige Änderungen ist die Öffentlich-keit zu informieren, um sie frühzeitig über Hochwassergefahren aufzuklären.

————— An den so bestimmten Gewässerstreckensind innerhalb bestimmter Fristen Überschwemmungsgebiete festzusetzen:Innerhalb von fünf Jahren für Bereichemit hohem Schadenspotenzial bei Über-schwemmungen, vor allem in Siedlungs-gebieten, innerhalb von sieben Jahren in den übrigen Bereichen. Der Fest-setzung ist ein 100-jährliches Hochwasser-ereignis zu Grunde zu legen, d. h. einHochwasser, das statistisch gesehen ein-mal in hundert Jahren zu erwarten ist.Damit wird ein bundesweit einheitlichesSchutzniveau festgelegt.

————— Bei der Festsetzung der Überschwem-mungsgebiete ist die Öffentlichkeit eben-falls zu beteiligen, damit eine frühzeitigeSensibilisierung für Hochwassergefah-ren ermöglicht wird. Dies ist bisher noch nicht in allen Ländern so geregelt.

————— Durch Landesrecht wird geregelt, dassÖlheizungsanlagen in Überschwem-mungsgebieten künftig hochwassersi-cher nachgerüstet bzw. errichtet werden müssen. Im Einzelfall kann auch das Verbot neuer Ölheizungen von den Län-dern geregelt werden. Durch auslaufen-des Heizöl sind in der Vergangenheit immer wieder Gebäude geschädigt undGewässer verschmutzt worden.

Unangepasste Siedlungsentwicklung

Wiederhergestellter Hochwasserschutzdeich an der Elbe

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Hochwasser angepasste Bauweise mit Geländemodellierung und erhöhtem Erdgeschossniveau

————— Die Länder müssen vor allem für land-wirtschaftlich genutzte Flächen durchgeeignete Regelungen dafür sorgen, dassBodenerosion und Schadstoffeinträge indie Gewässer bei Hochwasser vermiedenoder verringert werden.

————— Es wird ein grundsätzliches Verbot für die Planung neuer Baugebiete in Über-schwemmungsgebieten geregelt. Damitsoll die Schaffung neuen Schadenspoten-zials durch Neubauten verhindert wer-den. Von diesem Verbot sind Ausnahmennur unter Einhaltung strenger Vorgabenmöglich. Z. B. darf es für Gemeinden keineanderen Möglichkeiten der Siedlungs-entwicklung geben, es dürfen keine Ge-fährdung von Leben, erhebliche Gesund-heits- oder Sachschäden zu erwarten sein und der bestehende Hochwasser-schutz darf nicht beeinträchtigt werden.

————— In bereits beplanten Gebieten, im nichtbeplanten Innenbereich und im Außen-bereich sind die Errichtung und dieErweiterung baulicher Anlagen in Über-schwemmungsgebieten generell zuläs-sig, sie bedürfen aber einer Genehmi-gung der zuständigen Behörde. Diese darfgrundsätzlich nur erteilt werden, wenndurch das Vorhaben keine nachteiligenAuswirkungen auf den Hochwasser-

schutz entstehen und das Vorhabenhochwasserangepasst ausgeführt wird.

————— Die Länder müssen noch nicht fest-gesetzte Überschwemmungsgebiete vor-läufig sichern und in Karten darstellen.Damit soll verhindert werden, dass in diesen Gebieten neues Schadenspoten-zial entstehen kann.

————— Die Länder müssen in Zukunft so genannte überschwemmungsgefährdeteGebiete ermitteln und in Kartenform darstellen, wenn dort Schäden entstehenkönnen. Dies dient der Darstellung derHochwassergefahren z. B. hinter Deichenoder anderen Hochwasserschutzein-richtungen. Auch Deiche bieten keinenabsoluten Schutz vor Hochwasser, wie die zahlreichen Deichbrüche in der Ver-gangenheit gezeigt haben. Weiterhin werden Gebiete, die über den bei einem 100-jährlichen Hochwasser betroffenen Bereich hinausgehen, erfasst. Durch die Darstellung dieser überschwemmungs-gefährdeten Gebiete sollen die betroffene Bevölkerung, aber auch die planendenKommunen auf Hochwassergefahren auf-merksam gemacht werden.

————— Von den Ländern sind innerhalb von vier Jahren Pläne aufzustellen, um einen abgestimmten Hochwasserschutz ent-

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lang der Flüsse zu erreichen. Diese Pflichtbesteht nicht, wenn schon entsprechendeHochwasserschutzpläne existieren. DiePläne sind an den Gefahren eines 100-jähr-lichen Hochwassers auszurichten. Sie sollen beispielsweise Maßnahmen zumErhalt oder zur Rückgewinnung vonRückhalteflächen, zur Wiederherstellungvon Auen oder zur geregelten Polder-flutung und -entleerung enthalten. Eskönnen auch grenzüberschreitendeHochwasserschutzpläne erstellt werden,jedenfalls sind die Hochwasserschutz-maßnahmen länder- und staatengren-zenüberschreitend abzustimmen.

————— Zukünftig sind die Überschwemmungs-gebiete und überschwemmungsgefähr-deten Gebiete in den Flächennutzungs-plänen und den Bebauungsplänen nach-richtlich zu übernehmen oder zu ver-merken, um die Planungsträger und die bauwillige Öffentlichkeit frühzeitig überHochwassergefahren zu informieren.

Für den Küstenschutz gibt es derzeit keine bun-desgesetzlichen Vorgaben. Alle fünf Küsten-länder haben stattdessen die entsprechendenVorgabe im Landesrecht verankert. Der Bundbeteiligt sich aber im Rahmen der grundgesetz-lich geregelten Gemeinschaftsaufgabe „Ver-

besserung der Agrarstruktur und des Küsten-schutzes“ finanziell an den investiven Küsten-schutzmaßnahmen der Länder. Zur Zeit werden70 Prozent der Investitionskosten der Ländervom Bund übernommen. Die Planung undDurchführung der Maßnahmen obliegt denLändern. Die Unterhaltungskosten müssen dieLänder alleine übernehmen.

Aber nicht nur auf nationaler Ebene gewinntdie Hochwasservorsorge ständig an Bedeu-tung. Seit vielen Jahren arbeiten in den großenFlusseinzugsgebieten internationale Kommis-sionen, die neben dem Ziel der Gewässerrein-haltung auch Aktionspläne zur Reduzierungdes Hochwasserrisikos vereinbart haben.Hier wird ein wichtiger Grundsatz der Wasser-wirtschaft deutlich – Wasser kennt keineGrenzen.

Mit dem Ziel der Risikominderung wurde am 23.10.2007 eine Richtlinie der Euro-päischen Gemeinschaft über die „Bewertungund das Management von Hochwasserrisiken“(Richtlinie 2007/60/EG) verabschiedet. DieseRichtlinie bezieht sich sowohl auf das Hoch-wasser im Binnenland aufgrund von über dieUfer tretenden Flüssen als auch auf der Hoch-wasser in den Küstengebieten aufgrund vonSturmfluten. Neben der menschlichen Gesund-heit werden die Umwelt, die wirtschaftlicheTätigkeiten und das Kulturerbe als schützens-wert vor Hochwasser benannt.

In drei Stufen sollen zunächst bis späte-stens Ende 2011 die Gebiete mit signifikantemHochwasserrisiko erfasst und bewertet werden.Anschließend sollen für diese Gebiete Hoch-wassergefahrenkarten und Hochwasserrisiko-karten erstellt werden, auf deren Basis in der dritten Stufe ein Hochwasserrisikomanage-ment aufgebaut werden soll. In der Richtliniewerden ausdrücklich auch die Küstengebieteaufgenommen.

Ausschnitt aus dem historischen Rheinatlas von 1889

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9 Hochwasserflächen-management

Hochwasserschäden entstehen nur dort, woWerte von Hochwasser betroffen werden. Einwichtiger Baustein der Hochwasservorsorge istdeshalb das Hochwasserflächenmanagement.Durch die gesetzlichen Vorgaben wird bereitsgrundsätzlich die weitere Besiedlung der Auenund der Küstenregionen reglementiert. Aller-dings will und kann das Hochwasserflächen-management nicht die bestehenden Sied-lungen aus diesen Gebieten verbannen. Hier müssen die Verhaltensvorsorge und der techni-scher Hochwasserschutz zur Schadensredu-zierung beitragen.

Hochwasserflächenmanagement imBinnenland betrachtet nicht nur die Flächen anden Flüssen, an denen das Hochwasser zu Schä-den führt. Vielmehr müssen auch die Flächenbetrachtet werden, auf denen das Hochwasserentsteht. Unterschieden werden dabei die langanhaltenden Niederschlagsgebiete, die groß-räumig in einem Flusseinzugsgebiet langsamaber stetig zu einem Hochwasser führen und die Starkniederschläge, die kurzfristig in kleineren Einzugsgebieten Straßen und Häuserüberfluten.

Von Bedeutung sind in beiden FällenMaßnahmen des dezentralen Hochwasser-schutzes. Das Prinzip liegt im Rückhalten desgefallen Niederschlags in der Fläche. Prinzipiellkann das Niederschlagswasser im freienGelände oder in den Siedlungsflächen zurück-gehalten werden.

Im freien Gelände bietet Wald den bestenHochwasserpuffer. Waldboden kann Nieder-schlagswasser sehr gut aufnehmen undzwischenspeichern. Auch landwirtschaftlicheNutzflächen können das Niederschlagswasserauffangen und zurückhalten. Entscheidend ist hier aber, welche Frucht auf der Fläche ange-baut wird und wie intensiv der Regen auf dieFläche einwirkt. Grünland kann zum BeispielWasser sehr gut zurück halten.

Im Gegensatz zu Getreide oder zu Gras,welche ein zusammenhängendes Wurzel-geflecht bilden, kann auf vegetationsfreienBöden bei starkem Niederschlag und bei ent-sprechendem Hanggefälle das abfließendeWasser Bodenpartikel ablösen, die als Schlammmitgeführt werden. Zum einen fehlt das hal-tende Wurzelgeflecht im Boden, zum anderenkann des Wasser und der Schlamm ungehin-dert abfließen. Wenn dieses Wasser-Schlamm-Gemisch auf die Bebauung trifft, kommt es häufig zu erheblichen Schäden, auch wennweit und breit kein Gewässer zu finden ist.

Die Lage und Ausrichtung des Wegenetzeskann den Abflussprozess zusätzliche verstärken.Asphaltierte Schussrinnen ohne Schlammfängeoder Querschläge zum Teil mit überdimen-sionierten und ausgeräumten Seitengräben bringen das Wasser schnell zu den Siedlungenbzw. zu den Gewässern, was gewässerabwärtszu Hochwasser und Schäden führen kann.

In den Siedlungsflächen werden imRahmen des dezentralen Hochwasserschutzesimmer mehr Dach- und Flächenentwässe-rungen von der Kanalisation abgetrennt. Diesentlastet zum einen die Kanäle und zum anderen die Kläranlagen. Das Niederschlags-wasser wird dann in Geländemulden oder spezielle Versickerungshilfen so genannteRigolen eingeleitet und versickert. Die Wirkungist meist nur sehr kleinräumig, hilft aberSchäden zu reduzieren.

Bodenerosion nach Starkniederschlag

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10 Verhaltenvorsorgeund Hochwasservorhersage

In einer Vielzahl von größeren Flusssystemenund an den Küsten sind effiziente Hochwasser-vorhersagesysteme ein unverzichtbarerBestandteil der Hochwasserschutzmaßnahmen.Grundvoraussetzungen für ein effektivesHochwasservorhersage-system sind jedoch:

————— Die Vorhersage wird gehört.————— Die Vorhersage wird rechtzeitig gehört.————— Man glaubt der Vorhersage.————— Das Verhalten beim Anlaufen und wäh-

rend des Hochwassers ist eingeübt.

Effiziente Verhaltensvorsorge ohne Vorher-sagesystem ist nicht möglich, aber ein Vorher-sagesystem ohne eingeübte Verhaltens-vorsorge verliert seinen Wert.

Beide Maßnahmen brauchen einander.Hochwasservorhersage und Verhaltens-vorsorge haben gleiche Priorität. Beide Maß-nahmen müssen unterhalten werden.

Unterstützt werden kann die Verhaltens-vorsorge durch Hochwassermarken z. B. anBrücken und Hauswänden. Diese vermittelnständig die Gefährdungslage und bieten einenwichtigen Anhaltspunkt über die zu erwarten-den Wasserstände.

Hochwasservorhersagezentrale der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg

Satellitenbild vom 12. August 2002

Plakative Hochwassermarke an der Zwickauer Mulde in Colditz

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11 Technischer Hochwasserschutz

Der technische Hochwasserschutz ist ein wichtiger Grundbestandteil aller Hochwasser-schutzstrategien. Die wichtigsten Elemente des technischen Hochwasserschutzes sind:

————— Rückhaltemaßnahmen: Talsperren,Hochwasserrückhaltebecken, Flutungs-polder

————— Flussbaumaßnahmen: Deiche undDämme

————— Küstenschutzmaßnahmen: Deiche,Sperrwerke, Buhnen, Wellenbrecher,Uferschutzwerke, Dünen, Vorland-arbeiten und Sandvorspülungen

————— Objektschutzmaßnahmen: Mauern,Schutzwände und mobile Hochwasser-schutzsysteme sowie

————— Hochwasservorhersagesysteme

11.1 Funktion der technischenHochwasserschutzsysteme

Talsperren und Hochwasserrückhaltebeckensind im Oberlauf der Gewässer zu finden underzielen im unmittelbaren Unterlauf ihre größ-ten Wirkungen. Flutungspolder werden am

Mittel- und Unterlauf der Gewässer zur Hoch-wasserrückhaltung eingesetzt. Die Rückhalte-wirkung bedeutet für den Unterlauf eine Wasserstandreduzierung verbunden mit einer zeitlichen Verzögerung der Hochwasserwelle.

Flussbau- und Objektschutzmaßnahmenerzielen ihre Wirkungen unmittelbar an ihrenStandorten, führen aber, falls der verlorengegangene Retentionsraum nicht ausgegli-chen wird, im Unterlauf zu einer Verschärfungder Hochwassersituation. Für Flussbaumaß-nahmen bieten sich im Regelfall Erddämme an.Stahlspundwände oder Stahlbeton werden zumBau von festen Hochwasserschutzwänden ver-wendet bzw. bieten einen dichten und stabilenUnterbau für mobile Schutzsysteme.

Hochwasservorhersagesysteme unter-stützen maßgebend die Verhaltensvorsorge imVorfeld und während eines Hochwassers, undsie sind für die optimale Steuerung der Rück-haltemaßnahme unerlässlich.

Talsperre mit Hochwasserentlastung

11.2 Wirtschaftlichkeit vonHochwasserschutzmaßnahmen

Vor dem Bau einer Hochwasserschutzeinrich-tung werden im Rahmen einer Wirtschaftlich-keitsuntersuchung folgende Kriterien gegen-einander abgewogen:

————— Investitions- und Reinvestitionskosten für die Hochwasserschutzeinrichtung(Baukosten für die Anlagen, Flächenver-brauch, Deichinstandsetzung, Ersatzbeschädigter mobiler Teile, etc.),

————— Betriebs- und Unterhaltungskosten für die Hochwasserschutzeinrichtung (Deich-unterhaltungsmaßnahmen, Betrieb- und Unterhaltungskosten von Sonderbau-werken wie Pumpanlagen, Auf- undAbbau, Pflege und Lagerung der mobilenSysteme),

————— Der aus dem verminderten Schaden-resultierende Nutzen während der kalku-latorischen Lebensdauer der Schutz-einrichtung.

Dabei ist zu beachten, dass der Nutzen der Ein-richtung die Kosten rechtfertigt. Bei der Wahl des Schutzgrades wird dem Schutz vonMenschenleben und der Verbesserung derLebensqualität für den Menschen ein hohesGewicht beigemessen.

Hochwasserschutzwand mit Sicherheitsglas

Hochwasserschutzdeich im Bau

Hochwasserschutzwand mit Stahlspundwand im Bau

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11.3 Mögliche Versagensarten vonSchutzeinrichtungen

Hochwasserschutzeinrichtungen sind techni-sche Anlagen, die auf ein bestimmtes Ereignisbemessen wurden. Nach Überschreiten desBemessungsereignisses, aber bereits auch vor-her können bei ungünstigen UmständenSchutzanlagen versagen. Folgende grundsätz-liche Versagensmechanismen von Schutz-system sind bei der Planung und beim Betriebzu unterscheiden:

Versagen nach Überschreitendes Schutzzieles / der Schutzhöhe:

————— Bei Talsperren und Rückhaltebecken:Die Hochwasserentlastung der Rück-halteräume springt an und verhindertden weiteren Aufstau im Becken. Die Hochwasserentlastungen sind so dimensioniert, dass am Bauwerk selbst kein Schaden entsteht. Die durch die Hochwasserentlastung abgeführte Abflussmenge führt zu einem Ansteigen der Wasserstände im Unterwasser. Die Abflussmenge kann das Mehrfache des Regelabflusses betragen.

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————— Bei Deichen und Dämmen: Beim Über-strömen von Erdbauwerken besteht trotzder schützenden Vegetationsdecke immerdie Gefahr von Oberflächenerosion. HoheFließgeschwindigkeiten oder der Wellen-schlag an der Küste verstärken die Gefahr.Die einsetzende Erosion, beispielsweisevon der Dammkrone her, vergrößert nachund nach den Einströmquerschnitt, wodurch die Erosion ihrerseits erneut zu-nimmt. Deichbruchstellen von mehrerenhundert Metern können die Folge sein.

————— Bei Hochwasserschutzmauern und festinstallierten mobilen Schutzsystemen:Die Schutzsysteme werden überströmtund überfluten das dahinter liegendeGebiet. In der Regel besteht dabei keineGefahr für Zerstörungen am System selbst.

————— Bei Sandsackbarrieren und bei man-chen Sandsackersatzsystemen bestehtdie Gefahr einer Zerstörung bei einerÜberströmung. Diese Tatsache sollte beider Konzeption des Schutzsystems beach-tet werden.

Gibt es im Einzugsgebiet des Gewässers einHochwasservorhersagesystem, lässt sich der Zeitpunkt, an dem die max. Schutzhöheerreicht werden wird, recht genau voraus-schätzen. Für diesen Fall sind je nach Schutz-system Maßnahmen in den Alarm- undEinsatzplänen vorzusehen.

Versagen vor Erreichen des Schutzzieles / der Schutzhöhe

Das Versagen von Schutzsystemen vor Errei-chen des Schutzziels / der Schutzhöhe kannauch als technisches Versagen angesehen wer-den. Trotz der Beachtung aller Regeln derTechnik ist dieses Szenario bei der Planung vonVorsorgemaßnahmen zu beachten.

————— Bei Talsperren und Rückhaltebecken:Das Versagen der Anlagen führt zu einerplötzlichen Erhöhung der Abflüsse undder Wasserstände im Unterlauf. Häufig inVerbindung mit einer murenähnlichenGeschiebeführung.

————— Bei Deichen und Dämmen: HäufigsteVersagensursachen sind die rück-schreitende Erosion im oder unterhalbdes Dammkörpers oder das Versagen der Dammstatik. Beide Ursachen führenohne Gegenmaßnahmen in jedem Fall zum Bruch. Um diese Fälle wennmöglich zu verhindern, werden dieDeiche und Dämme an unseren Gewäs-sern mit beginnendem Einstau ständigbeobachtet. Zeigen sich erste Anzeichenfür ein mögliches Versagen, beginnt die Deichwehr mit Deichverteidigungs-maßnahmen.

Mobiler Hochwasserschutz mit Dammbalken

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————— Bei Hochwasserschutzmauern und festinstallierten mobilen Schutzsystemen:Die erforderlichen statischen Nachweise,eine sorgfältige Wartung und der fach-gemäße Aufbau sichern die Stabilität derSchutzsysteme. Im Hochwasserfall können jedoch unvorhergesehene Belas-tungen die Systeme beschädigen. Bei derWahl der Systeme ist darauf zu achten,dass beim Versagen von Teilen des Schutz-systems nicht das gesamte System versagt(Dominoeffekt).

11.4 Hochwasserschutz im Kanalsystem /Sicherung der Binnenentwässerung

Oberirdische Hochwasserschutzmaßnahmenmüssen immer in Verbindung mit dem Kanal-system betrachtet werden. Ohne geeigneteVorsorgemaßnahmen und / oder konstruktiveMaßnahmen im Kanalsystem könnenHochwasserschutzmaßnahmen ihre Wirkungverlieren. Folgendes sollte untersucht oderbeachtet werden:

Mobiler Hochwasserschutz mit Dammbalken

Integrierte Hochwasserschutzklappe

Das Eindringen und Ausbreiten des Hochwassers in das Kanalsystem sollte aufjeden Fall verhindert werden.

————— Regenüberläufe im Kanalsystem bilden Kurzschlüsse zum Gewässer. Diese sollten durch Rückschlagklappen, besser durch Verschlüsse gesichert werden.

————— Werden Teile der Siedlungsfläche ober-irdisch überflutet, gelangt das Hoch-wasser über Kanalschächte und Straßen-einläufe in das Kanalsystem. Druck-dichte Kanaldeckel und abschnittsweisedurch Schieber absperrbare Kanal-stränge verhindern das Überfluten desrestlichen Kanalnetzes. Im bereitsüberfluteten Kanalsystem übernehmendie Rückschlagklappen in den Hausan-schlüssen und Heberanlagen den Schutzder Gebäude.

————— Kanaldeckel und Kanalstränge vor derHochwasserschutzeinrichtung müssenbesonders gesichert werden.

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Die Binnenentwässerung hinter der Schutzeinrichtung ist zu gewährleisten.

————— Die Vorflut des Schmutz- und Regen-wassers im Kanalsystem ist auch beiHochwasser sicher zu stellen. Ein Rück-stau im Kanal ist nur bedingt möglich.

————— Bei lang anhaltenden Hochwasserereig-nissen steigt der Grundwasserspiegel an und erreicht das Kanalsohlenniveau.Der Fremdwasseranteil im Kanalsystemsteigt und muss abgeleitet werden.

————— Der Abfluss von den Seitenzuflüssen darfnur bedingt zurück stauen. Die erforder-lichen Pumpwerke sollten mit ausrei-chender Kapazität dimensioniert werden.

11.5 Küstenschutz

Küstenschutz mit Lahnungen und Hochwasserschutzdeich

Ohne Küstenschutzmaßnahmen würden die ca. 1,1 Millionen Hektar Niederungsgebiete imEinzugsbereich der deutschen Nord- und Ost-seeküste bei jeder schweren Sturmflut über-schwemmt. Die Nutzung und Entwicklung dieser Gebiete als Lebens- und Wirtschaftsraumwäre nicht möglich. Küstenschutzdeiche, Sperr-werke, gesicherte Steilufer oder Dünen undregelmäßige Sandvorspülungen schützen dieseFlächen heute auf sehr hohem Sicherheits-niveau. Nach der verheerenden Flutkatastrophevon 1962 haben die fünf Küstenländer alleMaßnahmen, die zur Abwehr derartig extremerSturmfluten erforderlich sind, in General-

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plänen für den Küstenschutz zusammengestelltund diese seitdem kontinuierlich umgesetzt.Obwohl aufgrund der hohen Investitionskostendie Generalpläne noch immer nicht vollständigausgeführt werden konnten, waren die bisherergriffenen Maßnahmen so erfolgreich, dassdie Sturmfluten von 1976, 1990 und 1994 an derNordsee und 1995 an der Ostsee mit höherenWasserständen als 1962 sicher abgewehrt wer-den konnten.

Küstenschutzanlagen müssen fortlaufendkontrolliert und unterhalten werden. Außer-dem sind in den nächsten Jahren nicht nur dieRestmaßnahmen der Generalpläne konsequentumzusetzen. Genauso wichtig ist es im Hinblickauf den sich abzeichnenden Klimawandel die Entwicklung der Bemessungsgrößen für dieKüstenschutzanlagen sorgfältig zu beobachtenund auszuwerten, um frühzeitig notwendigeAnpassungsmaßnahmen ergreifen zu können.Küstenschutz bleibt eine wichtige Dauer-aufgabe – auch mit einem gewissen Restrisikofür bereits geschützte Bereiche.

Küstenschutzdeich

Küstenschutz mit Flechtwerkzaun

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12 Planung von Abwehrmaßnahmen

Obwohl jedes Hochwasserereignis anders abläuft, lassen sich viele Maßnahmen zur Gefah-renabwehr und Schadensminderung im Vorausplanen. Die dafür geeigneten Instrumente sind Gefahrenabwehrpläne, insbesondere Kata-strophenschutzpläne, die jede zuständigeBehörde, vornehmlich auf kommunaler Ebene,im Rahmen ihrer Aufgaben aufstellt.

12.1 Alarmplan

Ein wichtiger Bestandteil eines Gefahren-abwehrplanes ist der Alarmplan. Er gewährlei-stet die rechtzeitige Bildung des Einsatzstabesund die Koordinierung der Einsatzplanung.Der Alarmplan enthält insbesondere:

————— Adressenverzeichnis und Erreichbar-keiten der Einsatzleitung und Einsatz-kräfte (dienstliche und private Telefon-nummer, Fax, E-Mail etc.),

————— Zusammensetzung der Einsatzleitung,————— Zuständigkeiten der Einsatzleitung,————— Unterbringung der Einsatzleitung,————— Maßgebliche Pegelstände entsprechend

der Hochwassermeldeordnung (HMO)————— Alarmierungswege,————— Alle Informationsquellen zum Wetter-

und Hochwassergeschehen.

Die Alarmierungsphase ist zu unterteilen in:

Überwachungsphase

Mit der Überwachungsphase beginnt die Be-obachtung und fachliche Bewertung der weite-ren Wetter- und Hochwasserentwicklung.

VoralarmLässt sich aus der Beobachtung auf eine zunehmende Hochwassergefahr schließen, istVoralarm auszulösen. Alle Ämter, Dienststel-len, Hilfsorganisationen und besonders hoch-wassergefährdete Objekte werden informiert.

Hochwasseralarm

Nach dem Überschreiten der festgelegtenSchwellenwerte (HMO) ist Hochwasseralarmauszulösen. Folgende Regeln sind von derEinsatzleitung zu beachten:

————— Wichtige Informationen werden mit einer Eingangsbestätigung dokumentiert.

————— Alle eingeleiteten Maßnahmen sind per Auftrags- und Vollzugsmeldung imEinsatzbuch zu dokumentieren.

Nach Unterschreiten eines festgelegtenSchwellenwertes (HMO) wird der Hochwasser-alarm aufgehoben.

Sandsackfüllmaschine

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12.2 Einsatzplan

Ein weiterer Bestandteil des Gefahrenabwehr-planes ist der Einsatzplan. Er enthält insbeson-dere alle Informationen und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr:

————— Hochwassergefahrenkarten,————— Listen und Karten mit besonders gefähr-

deten Objekten,————— Einsatz-, Versorgungs- und Evakuierungs-

wege,————— Alle Maßnahmen zur Gefahrenabwehr

und Schadensminderung in ihrer zeitlichen Abfolge und Abhängigkeit derPegelstände. z. B.:• Maßnahmen im Kanalsystem

(Schließen von Schiebern),• Straßensperrungen und Verkehrs-

umleitungen,• Aufbau von mobilen Hochwasser-

schutzsystemen,• Deichverteidigungsmaßnahmen,• Sammelstellen für die zu evakuierende

Bevölkerung,• Notunterkünfte• etc.

————— Vorbereitete Mitteilungen (z. B. Texte für Lautsprecherfahrzeuge, Pressemit-teilungen),

————— Adressenverzeichnis von• Experten,• Betrieben und Unternehmen, die

Materialien zur Gefahrenabwehr zur Verfügung stellen,

• Ärzten, Seelsorgern, Psychologen• Apotheken,• Lebensmittelgeschäften• etc.

12.3 Vorbereitung und Durchführung vonEvakuierungen

Als Ergebnis einer Hochwasserrisikoanalysemüssen für denkbare Szenarien Evakuierungs-maßnahmen geplant werden. Der Einsatzplanenthält alle hierfür erforderlichen Informa-tionen. Eine Evakuierung kann dann bereitserforderlich werden, wenn die Versorgung derBevölkerung (z. B. nach Ausfall der Wasser-,Strom, Gas- oder Fernwärmeversorgung) oderdie Abwasserentsorgung nicht mehr sichergestellt werden kann.

Deichsicherungsübung

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Hochwassereinsatz

Für die Planung einer Evakuierung ist unteranderem erforderlich:

Der Evakuierungsbedarf ist festzustellen:

————— Anzahl der ggf. zu evakuierenden • Personen• Personen aus besonderen Einrichtungen

(z. B. Krankenhäuser, Altenheimen, JVA usw.)

• Haustiere / Nutztiere————— Der Fahrzeugbedarf für den Transport ist

zu ermitteln. Fahrzeugkapazitäten recht-zeitig vor der Evakuierung planen undsichern.• Fahrzeuge des öffentlichen Nahver-

kehrs• Fahrzeuge von Busunternehmen und

sonstigen Unternehmen

Sammelstellen für Personen müssen:

————— im Hochwasserfall erreichbar sein.————— bekannt sein.

Fluchtwege müssen:

————— im Hochwasserfall befahrbar sein.————— identifiziert werden und im Evakuie-

rungsfall den Einsatzkräften bekannt sein.————— Evakuierungswege sind zu kennzeichnen.————— Evakuierungswege dürfen nicht durch

Einsatzkräfte versperrt werden.

Bei der Durchführung einer Evakuierungsollte beachtet werden:

Es ist sicherzustellen, dass die Informationenüber die bevorstehende Evakuierung:

————— rechtzeitig weitergegeben werden,————— die ganze zu evakuierenden Bevölkerung

erreicht und————— eindeutig sind (genaue Informationen

über Zeitpunkte und Sammelpunkte zurEvakuierung).

Die Versorgung der evakuierten Bevölkerungist sicherzustellen:

————— Die Grundversorgung der Bevölkerungwird von den Kommunen übernommen(Unterkunft, mobile Küchen, Wasch-stützpunkte etc.).

————— Eine Zusatzversorgung kann von denHilfsorganisationen geleistet werden(z. B. soziale Betreuung).

Im evakuierten Bereich ist zu beachten:

————— Es ist erforderlich, den evakuierten Bereich zu überwachen und zu über-prüfen.

————— Zur Minderung der Unfallgefahr und zur Verhinderung von Plünderungenkann ein Betretungsverbot ausge-sprochen werden. Ausnahmegenehmi-gungen für Einsatzkräfte, Landwirte zurVersorgung der Nutztiere etc. könnengewährt werden.

————— Bei besonders hoher Gefährdung von Leib und Leben können nach den in denLändern geltenden Regelungen dieGrundrechte eingeschränkt werden undsomit eine Zwangsevakuierung ange-ordnet werden.

T E I L B : G R U N D S Ä T Z E B E I M V O R S O R G E N D E N H O C H W A S S E R S C H U T Z 43

————— Die Durchsetzung dieser Maßnahmen /Anordnungen erfolgt entsprechend denin den Ländern geltenden Regelungen.Ergibt sich die Notwendigkeit einer Evakuierung, dürfte regelmäßig derKatastrophenfall bzw. die Großschadens-lage nach den jeweiligen Regeln derLänder festzustellen sein.

12.4 Mechanismen zur Maßnahmen-optimierung

Fortschreiben der Alarm- und EinsatzpläneNach jedem Hochwasserereignis ist der Alarm- und Einsatzplan kritisch zu überprüfenund fortzuschreiben. Anhand des zu erstellen-den Hochwasserberichtes sind Maßnahmen- und Vollzugsdefizite aufzuzeigen und zu beseitigen.

Regelmäßige Übungen Regelmäßige Übungen sind ein unverzicht-barer Bestandteil der Verhaltensvorsorge. Sie dienen primär zur Überprüfung der Alarm-und Einsatzpläne und zur ständigen Aus- undFortbildung der Einsatzkräfte. Im Rahmen der Übungen ist besonders auf die Zusammen-arbeit zwischen den Einsatzkräften verschie-dener Behörden und Hilfsorganisationen Wert zu legen. Die Übungen dienen zur Festigungder Informationswege und zur Verbesserungdes Informationsflusses zwischen denBeteiligten.

Partnerschafen mit den Ober- und UnterliegernEin regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen Ober- und Unterliegern sowie gemein-same Aktionen verbessern und festigen die Informationswege und den Austausch vonMaterialien und Einsatzkräften im Hoch-wasserfall.

12.5 Materialien zur Hochwasserabwehr /Technische Ausrüstung

Die technische Ausrüstung und die Materia-lien zur Hochwasserabwehr müssen den örtlichen Verhältnissen und den vorhandenenSchutzeinrichtungen angepasst werden.Folgende grundsätzliche Empfehlungen könnenjedoch ausgesprochen werden:

————— Die Bedarfsermittlung richtet sich nachder Maßnahmenliste im Einsatzplan.Dabei sollte eine eindeutige Zuordnungdes Materials und der Ausrüstung zurjeweiligen Schutzmaßnahme hergestelltwerden.

————— Ein Teil der technischen Ausrüstung kannim Vorfeld beschafft und vorgehalten werden. Das für den Einsatz vorgeseheneMaterial sollte nicht für den täglichenGebrauch ausgeliehen werden.

————— Die Verfügbarkeit weiterer technischerAusrüstung und Material im Hochwasser-fall sollte im Rahmen der Einsatzplanungüberprüft werden.

————— Die gesamte technische Ausrüstung soll-te in regelmäßigen Intervallen, in jedem Fall nach jedem Hochwasserereignis aufVollständigkeit überprüft und gewartetwerden.

Hochwassereinsatz

13 Öffentlichkeitsarbeit / Bewusstseinsbildung bei den von Hochwasser Betroffenen

Kernstück einer erfolgreichen Schadens-minderung bei Hochwasser ist eine aktive undnachhaltige Öffentlichkeitsarbeit. Ziel derÖffentlichkeitsarbeit ist neben der Stärkung desHochwasserbewusstseins der betroffenenBürger eine gezielte Informationsvermittlungzur Hochwassergefahr und zur Schadens-minderung. Innerhalb der Kommune kanneine an den örtlichen Hochwasserverhältnissenangepasste und optimierte Information denBetroffenen vermittelt werden.

Die Themen Hochwasser bzw. Hoch-wassergefahr betreffen den Bürger gleichsamwie die Kommune. Informationen, Ratschlägeund Anweisungen werdem meist von Seitender Kommune als Hilfe für den von HochwasserBetroffenen angeboten; sie helfen Werte zu sichern und erlauben ein sicheres Wohnen.

Interessengruppen der Betroffenen sollten in jedem Fall in die Öffentlichkeitsarbeiteinbezogen werden. Grundsätzlich gilt: je kürzer der Informationsweg zum Bürger ist,umso effektiver und glaubwürdiger ist derInformationsaustausch.

Als Informationsmedien auf kommuna-ler Ebene haben sich

————— Hochwasserinformationsblätter mit folgenden Inhalten:• Ratschläge zum Verhalten vor,

während und nach dem Hochwasser (vgl. Anhang)

• Hochwassergefahrenkarten • Informationsquellen vor und während

des Hochwasserereignisses und————— Informationsveranstaltungen in Verbin-

dung mit Gefahrenabwehrübungen desörtlichen Katastrophenschutzes etabliert.

Gemeinsame Übungen können die betroffenenBürger ermutigen, Verhaltensvorsorge recht-zeitig vor dem nächsten Hochwasser zu üben.

Früh übt sich: Sandsackfüllwettbewerb

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Gewerk Baustoff oder Ausführungsform Widerstandsfähigkeit gegen Wassereinwirkung

Baustoffe Kalk gut geeignet Gips ungeeignetZement gut geeignetgebrannte Baustoffe (je nach Art) gut geeignet mäßig geeignetLehm (je nach Einwirkzeit) gut geeignet mäßig geeignet ungeeignetSteinzeugwaren gut geeignet Bitumen (Anstrich und Bahnen) gut geeignet Metalle (je nach Art) gut geeignet mäßig geeignetKunststoffe (je nach Art) gut geeignet mäßig geeignet ungeeignetHolz (je nach Art) mäßig geeignet ungeeignetTextilien ungeeignetsaugende Materialien ungeeignet

Bodenplatte wasserundurchlässiger Beton gut geeignetBodenaufbau Estrich gut geeignet mäßig geeignet

Holzbalken mäßig geeignetBodenbelag Naturstein (Granit, Dolomit) gut geeignet

Sandstein ungeeignetMarmor ungeeignetKunststein gut geeignetFliesen (je nach Art) gut geeignet mäßig geeignetEpoxydharzoberflächen gut geeignetParkett / Laminat ungeeignetHolzpflaster ungeeignetMassivholz ungeeignetKork ungeeignettextile Beläge (Teppich, Teppichboden) ungeeignetLinoleum ungeeignet

Wände Kalksandsteine gut geeignetgebrannte Vollziegel gut geeignetHochlochziegel mäßig geeignetKlinker gut geeignetBeton gut geeignetGasbeton mäßig geeignetLehm (je nach Einwirkzeit) mäßig geeignet ungeeignetleichte Trennwände (Gipsplatten) ungeeignetHolz (Bretter, Spanplatten, Gefache) ungeeignetGlasbausteine gut geeignet

Außenhaut mineralische Putze (Zement, hydr. Kalk) gut geeignetVerblendmauerwerk mit Luftschicht gut geeignetSteinzeugfliesen gut geeignetwasserabweisende Dämmung gut geeignetKunststoffsockel gut geeignetFaserzementplatten gut geeignetFaserdämmstoffe ungeeignet

Putz mineralischer Zementputz gut geeignetKalkputz (hydraulische Kalke) gut geeignetGipsputze ungeeignetLehm (je nach Einwirkzeit) gut geeignet mäßig geeignetSpezialputze (hydrophobiert) gut geeignetKunstharzputze gut geeignet

Anstrich Mineralfarben gut geeignetKalkanstrich gut geeignetDispersionsanstrich ungeeignet

Wandverkleidung Tapeten ungeeignetFliesen gut geeignetHolz ungeeignetTextilien ungeeignetGipskartonplatten ungeeignetKork ungeeignet

Fenster Holz (je nach Art) mäßig geeignet ungeeignetKunststoff gut geeignet mäßig geeignetAluminium gut geeignetverzinkter Stahl gut geeignet

Fensterbänke Marmor ungeeignetsonstiger Naturstein (wie Granit) gut geeignetHolz (je nach Art) mäßig geeignet ungeeignetbeschichtetes Aluminium und Metall gut geeignetSandstein ungeeignetSchiefer mäßig geeignet

Türen Holzzargen ungeeignetMetallzargen gut geeignetHolztüren ungeeignetEdelstahltüren gut geeignet

Treppen Beton gut geeignetHolz ungeeignetverzinkte Stahlkonstruktion gut geeignetMassivtreppen aus Naturstein gut geeignet

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Was Sie schon heute tun können

■ Gefahren mit der Familie diskutieren, Verhaltensregeln festlegen, Kommunikation ist erforderlich „Wo ist wer, zu welchem Zeitpunkt?“, Aufgaben in der Familie verteilen „Wer macht was?“. Denken Sie an die Möglichkeit, dass nicht jedes Familienmitglied zu Hause ist. Vor allem mit Kindern sollte abgeklärt sein, wo sie hingehen sollen. Vielleicht ist der kürzere und ungefährlichere Weg, der zu Verwandten oder Freunden. Generell sollte überlegt werden, wohin, wenn das Haus verlassen werden muss? (Eine Evakuierung kann angeordnet werden).Information der Familienmitglieder über getroffene EntscheidungenKinder auf besondere Gefahren aufmerksam machen (Aufsichtspflicht)Im Eigenbereich überprüfen, ob bauliche Maßnahmen für den Nachbarn eine Erhöhung der Gefahr hervorrufen können (z. B. Stützmauer, Biotop, usw.)Trinkwasserversorgung kann gefährdet sein (Information über Trinkwasserversorgung beim Wasserversorgungsunternehmen einholen)Auch für Haustiere oder Vieh auf landwirtschaftlichen Anwesen soll Vorsorge getroffen werden (Unterbringungsmöglichkeiten erheben, Futtervorräte sichern)Wo befinden sich gefährliche Stoffe, die rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden müssen? – UmweltgefährdungNachbarschaftshilfe organisieren – wer hilft wem? Kontakt und Informationsaustausch mit dem Nachbarn erleichtert den Nachrichtenfluss, da das Hochwasser z. B. die Telefonleitung unterbrechen kann bzw. Mobilfunknetze überlastet sein können oder ausfallen.Kennzeichnung von EigentumRegelmäßige Reinigung von Kanalzu- und -abläufenRevision von Rückschlagklappen und SchiebernSelbstschutzmaßnahmen in Betrieben organisieren (während und außerhalb der Arbeitszeit)Notgepäck und Dokumente für ein eventuell notwendiges Verlassen des Hauses vorbereitenDie Möglichkeit prüfen, ein Notquartier bei Verwandten, Freunden beziehen zu könnenJedes Familienmitglied sollte wissen, wo sich die Hauptschalter für Wasser, Strom, Heizung, Gas, Öl etc. befinden

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Die richtige Hochwasserausrüstung

Sorgen Sie rechtzeitig für eine eigene Hochwasserausrüstung. Organisationen der Gefahrenabwehrwie Feuerwehr und THW benötigen ihre Ausrüstung selbst und können diese nicht ausleihen. WennSie Neubürger/-in in einem hochwassergefährdeten Gebiet sind und sich zum ersten Mal mit Hoch-wasser beschäftigen, lassen Sie sich durch alteingesessene Bewohner/-innen beraten und bei der Zu-sammenstellung ihrer Hochwasserausrüstung helfen. Beteiligen Sie sich an der Nachbarschaftshilfe.

Ausrüstung Standort: Kontrolle am: Netzunabhängiges RundfunkgerätErsatzbatterienBeleuchtungDicke Kerzen, Feuerzeug, StreichhölzerTaschenlampe mit ErsatzbatterienPetroleumlampe mit PetroleumLampenaufsatz für CampinggasflaschenStromunabhängige KochstelleSpirituskocherCampingkocherBenzinkocherTrockenspirituskocher mit BrennstoffHeizungCampingflasche mit HeizungsaufsatzWärmflascheWolldeckenHausapothekeHygiene (wenn kein Abwasserabfluss möglich)WaschschüsselToiletteneimer mit DeckelCampingtoiletteAusrüstung im WasserGummistiefelWathoseSchwimmwesteSandsäcke mit FüllmaterialTauchpumpe mit FI-Schutzschalter und Schlauchwasserdichte VerlängerungskabelVerbindungsmuffen, SchlauchschellenKlebebanddicke AbdeckfolieLeiterWerkzeugkisteSonstigesNotstromaggregatTreibstoff (Lagerungsbestimmungen beachten)SchlauchbootSeilEimerTrinkwasserbehälter

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Letzte Vorbereitung vor dem Hochwasser

■ Jedes Hochwasser verläuft anders! Eigene Rückschlüsse aus alten Ereignissen können falsch sein! Meldungen der Hochwassermeldezentren beachten.Wetterlage verfolgen.Radio- und Fernsehmeldungen verfolgen.Beginnenden Stegbau beobachten.Lautsprecherdurchsagen verfolgen.Anweisungen der Behörden beachten!Angeordnete Maßnahmen umsetzen.Laufend bei der Gemeinde informieren, wie sich die Situation entwickelt.Sonderregelung bei Gemeinden in Tälern mit flussaufwärts liegenden Stauanlagen erfragen.Nutztiere aus der Gefahrenzone bringen.Kellertanks absichern, technische Einrichtungen eventuell abmontieren.Elektronische Einrichtungen entfernen oder ausschalten.Straßen, Wege können überflutet sein. Fahrten im Hochwasser möglichst vermeiden; Gefahr erkennen (Aquaplaning, Treibgut, Steinschlag); als sicher angesehene Verkehrswege können Lebensgefahr bedeuten.Gefährdung durch aufgestautes Treibgut beachten.Absperr- und Abdichtungsmaßnahmen vorbereiten bzw. durchführen und regelmäßig prüfenFahrzeuge aus der Garage / Abstellplatz in Sicherheit bringen.Nachbarschaftshilfe organisieren und durchführen. Nichtbetroffene sollen Betroffenen unaufgefordert helfen.Haupthähne für Gas, Wasser, Strom abdrehen! (Achtung: Tiefkühltruhe).Gegenstände, die nicht nass werden dürfen, aus dem Keller räumen.Notgepäck griffbereit halten.Eigensicherheit beachten, insbesondere in Kellerräumen

Nach dem Hochwasser

■ Aufräumen rasch beginnen, Seuchengefahr durch Tierkadaver, der Schlamm wird hart etc.Hausbrunnen entkeimen, Wassergüte überprüfen lassen (Vorschriften beachten).Vorsicht beim Öffnen von Garagen- und Hallentoren.Erst mit dem Auspumpen des Kellers beginnen, wenn draußen der Wasserstand sinkt, da sonst Auftriebschäden und Unterspülungen drohen.

Auto und Hochwasser

■ Zeichnet sich die Gefahr eines Hochwassers ab, ist folgendes zu tun: Fahrzeuge aus der Garage in Sicherheit bringen (eher zu früh als zu spät).Fahrzeuge, die im Freien abgestellt sind, aus der Gefahrenzone bringen.Achtung Urlauber! Auch an Ihrem Ferienort kann es unvermutet zu kritischen Ereignissen kom-men. Prüfen Sie die Situation, ehe Sie Ihr abgestelltes Fahrzeug für mehrere Stunden verlassen.Müssen Sie eine überflutete Stelle passieren: „Tasten“ Sie sich langsam vor (auch Schrittgeschwindig-keit kann zu schnell sein); dringt Wasser in den Motorraum, droht ein kapitaler Schaden.Nach längeren Fahrten den Motor abstellen, damit der Katalysator abkühlt, ehe Sie durch das Wasser fahren. Die Temperatur des Katalysators liegt bei etwa 700 Grad, wird er plötzlich abgekühlt, kann der Keramiktopf springen.Stand das Kfz bis zur Ölwanne oder gar über die Räder hinaus im Wasser, Motor nicht mehr starten!In die nächste Werkstätte zur Überprüfung schleppen (Bremsflüssigkeit und Öl wechseln etc.).

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Die abgebildeten Fotos oder Darstellungen vonHochwasserschutzeinrichtungen oder von Ausrüstung zumHochwasserschutz sollen beispielhaft die Möglichkeiten zumSchutz und zur Vorsorge aufzeigen.