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3. Jahrestagu -neu.FH9 Fri Jul 19 09:33:49 2002 Seite 1

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Qualitätsmanagementim ÖGD

3. Jahrestagung des lögd

16./17.03.2000, Dortmund

lögd: Wissenschaftliche Reihe • Band 9

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Impressum

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Herausgeber:Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienstdes Landes Nordrhein-Westfalen (lögd)Leiter: Dr. Helmut BrandWesterfeldstr. 35 - 37D-33611 BielefeldTel.: 05 21/80 07-0Fax: 05 21/80 07-2 00

Druck und Verlag:lögd, Bielefeld, 2001

Redaktionelle Bearbeitung:Berutha Bentlage

Nachdruck und Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung des Landesinstitutes.

ISBN: 3-88139-101-0

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Inhalt

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5

GrußworteKlaus Bösche, Ministerium für Frauen, Jugend, Familieund Gesundheit NRW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7

Siegfried Pogadl, Stadt Dortmund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12

Qualitätsmanagement im GesundheitswesenQualitätsmanagementmodelle für das GesundheitswesenProf. Dr. Bernhard Güntert, Guido Offermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

Evidenzbasiertes Handeln � Entwicklung von LeitlinienDr. Christian Thomeczek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34

Patienten zu Wort kommen lassen! Zur Funktion von Patienten-befragungen für Qualitätsmanagement im KrankenhausDr. Walter Satzinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52

Qualitätsmanagement im ÖGDQualitätsmanagement im Öffentlichen Gesundheitsdienst � Leitbilder als SteuerungselementDr. Peter-Joachim Oertel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69

Externe Qualitätssicherung am Beispiel des Kinder- undJugendärztlichen DienstesDr. Ulrike Horacek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .76Qualitätszirkel am Beispiel der umweltmedizinischen ÄrzteDr. Claus Mehnert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .88

Koordination am Beispiel der SozialpsychiatrieDetlef Schürmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93

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Inhalt

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Evaluation am Beispiel des amtsärztlichen Dienstes,GutachterwesenDr. Peter Lederer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .99

Zukünftige Präventions- und Kontrollstrategien in derKrankenhaushygiene; Zur Arbeit der Krankenhaushygiene-Kommission amRobert Koch-InstitutProf. Dr. Martin Exner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108

Einführung eines Qualitätsmanagementsystems im Gesundheitsamt DortmundDr. Annette Düsterhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139

AnhangGMDS-Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der MedizinBegriffe und Kozepte des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147

Gewährleistung und systematische Weiterentwicklungder qualität im Gesundheitswesen (Sonder-GMK am20. November 1996 in Cottbus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .195

Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie im Gesund-wesen � 72. Gesundheitsministerkonferenz am 09./10. Juni 1999 in Trier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .201

Qualitätssicherung in einem verstärkt auf Wettbewerbausgerichteten Gesundheitswesen � Entschließung der5. Landesgesundheitskonferenz NRW am 24. Juni 1996 . . . . . . . . . . . . . . .217

Leitbildentwurf für das Gesundheitsamt Dortmund . . . . . . . . . . . . . . . . . . .225

Leitbild für die Gesundheitsämter als Teil des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .228

Autorenliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .235

lögd: Wissenschaftliche Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .238

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Vorwort

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Vorwort

Dr. Helmut Brand, lögd

Der Begriff der Qualität erhält besonders in der Diskussion über öffentlicheLeistungen einen immer größeren Stellenwert. Im Gesundheitswesen sind dieZeiten der generellen Unterversorgung lange vorbei: �Man schaut heute eher aufdas, was einem geboten wird, als dass man akzeptiert, was gerade vorhanden ist�.Auch für den ÖGD als öffentlichen Dienstleister reicht es nicht mehr allein aus,die richtigen Dinge zu tun, sondern er muss sie auch richtig machen. Damit siehter sich denselben Randbedingungen ausgesetzt wie andere Akteure imGesundheitswesen auch. Im neuen ÖGD-Gesetz wird ferner Qualität in seinenverschiedenen Formen festgeschrieben. Es lohnt sich deshalb, sich mit diesemThema zu beschäftigen. Die dritte Jahrestagung des lögd für den ÖGD stand des-halb vom 16. bis 17. März 2000 unter dem Motto �Qualitätsmanagement imÖGD�.Einem generellen Überblick über den Stand der Diskussion zur Qualität imGesundheitswesen folgten konkrete Beispiele aus der Arbeit des ÖGD für die ver-schiedenen Qualitätsaspekte. In dem vorliegenden Band findet der Leser eineÜbersicht über die gehaltenen Vorträge, die durch verschiedene Texte zurDefinition von Begriffen aus dem Qualitätsmanagement und um gesundheitspoli-tische Entschließungen zur diesem Thema ergänzt wurden. Damit steht dem ÖGDjetzt ein Kompendium zum Thema Qualität für seine tägliche Arbeit zurVerfügung.

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Vorwort

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Grußworte

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Grußwort

Klaus Bösche, MD, Abteilungsleiter III, MFJFG

Sehr geehrte Damen und Herren,Ich möchte Sie ganz herzlich, auch im Namen von Frau Ministerin Birgit

Fischer, begrüßen.Der Begriff Qualität (lat. qualitas = Beschaffenheit) hat in den letzten Jahren

wesentliche Entwicklungsschritte durchlaufen.In den sechziger Jahren war er mit dem Begriff Qualitätskontrolle assoziiert.

Hier war die Industrie beispielgebend: fehlerhafte Produkte wurden am Ende desProduktionsprozesses aussortiert. Es wurde versucht, Qualität durch produktbe-zogene Kontrolle zu erreichen. Viele der jetzt verfügbaren statistischen Verfahrenwurden auf Grund dieses Ansatzes entwickelt.

In den siebziger und achtziger Jahren wurde aus der Qualitätskontrolle dieQualitätssicherung, eine Spezialistentätigkeit, die zur Fehlerverhütung führensollte und damit eine erste Prozeßorientierung hatte.

Seit den neunziger Jahren sprechen wir vom Qualitätsmanagement und habendabei einen neuen Boom von Methoden und Ansätzen erlebt. Wesentliche Be-standteile aller Ansätze � und hier greife ich wieder zurück auf Produktion undIndustrie � sind jedoch immer: Kundenorientierung, Einbeziehung aller Mitar-beiter sowie ständige Verbesserungsprozesse.

Auch im Gesundheitswesen ist �Qualität� eine der treibenden Kräfte derWeiterentwicklung. Neben der Verbesserung der Effektivität und Effizienz bedeu-tet sie auch eine stärkere Bürgerorientierung, da das Aufgreifen von Bedürfnissenund Interessen der Bürger und Patienten integraler Bestandteil aller Ansätze zumQualitätsmanagement sein muß.

Die Landesgesundheitskonferenz in NRW hat bereits im Jahr 1996 zumThema des Qualitätsmanagements eine entsprechende Entschließung verabschie-det. In dieser Entschließung haben alle, die in NRW im Bereich GesundheitwesenMitverantwortung tragen, sich darauf verständigt, dass Qualitätssicherung undQualitätsmanagement künftig verstärkt

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Grußworte

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� institutionen- und professionenübergreifend� an Prozessen und Ergebnissen orientiert und� auf die Interessen und Bedürfnisse der Bürger und Patienten ausgerichtet

sein müssen.

Die Landesgesundheitskonferenz hat zur Umsetzung ihrer Entschließung eineübergreifende Arbeitsgruppe eingesetzt. Auch die Konferenz der Gesundheits-minister von Bund und Ländern hat sich bereits mit dem Thema des Qualitäts-managements intensiv auseinandergesetzt.

Im neuen Gesetz zur Strukturreform in der gesetzlichen Krankenversicherungab dem Jahr 2000 ist Qualität ein entscheidender Aspekt. Die Instrumente zurQualitätssicherung sollen dabei in den verschiedenen Sektoren des Gesundheits-wesens konsequent ausgebaut und genutzt werden:

� Für alle Leistungsbereiche wird ein gesetzliches Qualitätssicherungsgeboteingeführt.

� Für Ärzte und Zahnärzte, Krankenhäuser sowie ambulante und stationäreVorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen wird ein umfassendesQualitätsmanagement verpflichtend.

� Die Möglichkeiten zur effektiven Umsetzung von Qualitätsvereinbarungenund zur Sanktionierung von deren Einhaltung werden geschaffen.

Interessant übrigens: die durch die Landesgesundheitskonferenz NRW im Jahre1996 eingesetzte übergreifende Arbeitsgruppe wird nunmehr auch mit einem ver-gleichbaren Auftrag auf der Bundesebene (§ 137 b) etabliert.

Ferner wird � auch dies hat engen Bezug zur Qualitätssicherung � geregelt,dass Krankenkassen in ihren Satzungen Leistungen zur speziellen und zur betrieb-lichen Gesundheitsförderung auf der Grundlage eines einheitlichen Katalogs qua-litätsgesicherter Maßnahmen ihrer Spitzenverbände vorsehen können.

NRW hat den Begriff Qualität auch bereits in seinem Gesetz über den Öffent-lichen Gesundheitsdienst eingeführt: zum einen durch Nennung von �Dienstender Qualitätssicherung�, zum anderen durch Konkretisierung des �Qualitäts-managements im ÖGD� selbst.

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Grußworte

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Damit soll klargestellt werden, dass der ÖGD integrierter Bestandteil unseresGesundheitswesens ist, er sich aber auch an der Weiterentwicklung diesesSystems aktiv beteiligen muss, � konkret:

� In § 2, der die Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes regelt, wirdausgeführt, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst im Rahmen seinerZuständigkeit nach Maßgabe dieses Gesetzes eine bedarfsgerechte, wirt-schaftliche, in der Wirksamkeit und Qualität dem allgemein anerkanntenStand der gesundheitswissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnisseentsprechende Versorgung der Bevölkerung unterstützt.

� §§ 17 - 20 regeln die �Dienste der Qualitätssicherung�. Hierbei sind dieDienstleistungen der unteren Gesundheitsbehörden Teil der Qualität vonDienstleistungen anderer Institutionen:- Bei der Hygieneüberwachung wird die Qualität der Krankenhausver-

sorgung positiv mit beeinflusst- die Medizinalaufsicht leistet einen Beitrag zur Qualität der Struktur der

Berufe im Gesundheitswesen- die Gutachten des ÖGD regeln die Qualität der Inanspruchnahme von

Leistungen des Sozialsystems- Arzneimittelüberwachung und Sozialpharmazie stärken die Qualität der

Arzneimittelversorgung und des -konsums.� Das lögd wurde nach § 27 ÖGDG verpflichtet, Methoden und Verfahren der

Qualitätssicherung und -kontrolle für den Öffentlichen Gesundheitsdienstweiter zu entwickeln.

Es ist selbstredend, dass in Erfüllung dieser Aufgaben der ÖGD Strukturen undVerfahren für ein internes Qualitätsmanagement entwickelt � und auch entwic-keln muss. Dabei werden wir ihn unterstützen.

Um zu funktionieren, braucht ein Qualitätsmanagement handlungsorientieren-de Zielvorgaben.

Mit der Verabschiedung von zehn prioritären Gesundheitszielen hat NRW dieVoraussetzungen geschaffen, dass sich Qualitätsbestrebungen �gezielt� entwik-keln können. Auch auf kommunaler Ebene macht dieser Ansatz Sinn, um quali-

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Grußworte

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tätsbezogene Aktivitäten, z.B. die Zielerreichung von definierten �Durch-impfungsraten�, besser steuern zu können.

Neben den bekannten Instrumenten der Qualitätssicherung, wie sie bereits mitder Dokumentation schulärztlicher Untersuchungen oder durch Trinkwasserring-versuche praktiziert werden, haben sich neue Methoden entwickelt. Ich denkedabei insbesondere an

� Benchmarking� Qualitätszirkel� Leitbildentwicklung und� evidenzbasiertes Handeln und Leitlinienentwicklung.

Für das Benchmarking, also den �Vergleich mit dem Besten�, kann insbesonderedie Gesundheitsberichterstattung Hilfestellung zur eigenen Positionierung geben.

Qualitätszirkel machen nicht nur im Bereich Arzneimittelverschreibung Sinn,der Bereich, in dem sie am besten etabliert sind, sondern prinzipiell auch in allenanderen Tätigkeitsbereichen des ÖGD. Ich denke hierbei insbesondere an dieGutachterdienste.

Der Bereich Leitbildentwicklung für den ÖGD wurde kürzlich in Baden-Württemberg systematisch bearbeitet. Diese Ansätze können produktiv auch inNRW aufgegriffen werden.

Eine weitere neue Entwicklung, die in der klinischen Medizin unter demBegriff �Evidence-based Medicine� Karriere gemacht hat, ist das evidenzbasierteHandeln und die daraus resultierende Leitbildentwicklung. Der Schritt zu einer�Evidence-based Public Health Practice� erscheint uns auch für NRW wichtig undwir werden das lögd auffordern, an entsprechenden Konzepten für eineLeitlinienentwicklung in Kooperation mit Fachvertretern aus Wissenschaft undKommunen z.B. im Bereich der Hygiene mitzuwirken.

Gegen Ende einer Rede ist es üblich � und sinnvoll � noch auf langfristigeEntwicklungsnotwendigkeiten einzugehen.

Betrachtet man den Dreiklang aus Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität,dann wird klar, dass für die zukünftige Entwicklung das größte Defizit im Bereichder Entwicklung von �Outcome-Indikatoren� für die Ergebnisqualität liegt.

Dieses Problem wird der ÖGD nicht alleine lösen können. Wie alle anderenBereiche unseres pluralistischen Gesundheitswesens auch ist er in der Pflicht, sich

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Grußworte

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den anstehenden Herausforderungen zu stellen und Weiterentwicklungen kon-struktiv mitzutragen.

Ich bin mir sicher, dass der Begriff Qualität uns über die nächsten Jahre hinnoch intensiv begleiten wird und ich hoffe, dass die heutige Veranstaltung einenAnstoß und eine Grundlage für eine weitergehende Diskussion dieses Themas inden Kommunen liefert.

Damit künftig niemand mehr sagen kann:

Ich kannte einen Mediziner, einen Fachmann ersten Ranges, aber in dreiDingen pflegte er sich zu irren: in der Prophylaxe, in der Diagnose undin der Therapie.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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Qualitäsmanagement im Gesundheitswesen

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Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen

Qualitätsmanagementmodelle für dasGesundheitswesen

Prof. Dr. Bernhard Güntert,Guido OffermannsUniversität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften

Einführung

Qualitätsmanagement hat im Gesundheitswesen in den letzten Jahren sehr anBedeutung gewonnen. Gründe dafür gibt es mehrere. Einerseits wurden mit denGesundheitsreformen die dominante Rolle der Health Professionals (Ärzte, Pfle-gende, Therapeuten usw.) aufgebrochen und die Stellung verschiedener Kunden-gruppen gestärkt. Patienten, Bevölkerung oder Krankenversicherer entscheidenzunehmend mit bzw. evaluieren Gesundheitsleistungen aus ihrer Perspektive.Dies hat zur Folge, dass eine neue Kunden- und Qualitätsorientierung im Gesund-heitswesen notwendig wird und sich entsprechende externe Methoden zur Quali-tätsbeurteilung und -sicherung etablieren müssen.

Diese Methoden ergänzen die traditionelle professionsbezogene Qualitäts-sicherung in Medizin und Pflege. Die Health Professionals nutzen bereits seit län-gerem eine Vielzahl von Instrumenten und Methoden, um die Prozesse der Lei-stungserstellung zu verbessern bzw. den medizinisch-pflegerischen Standardsanzupassen. Traditionelle Methoden der Qualitätssicherung sind etwa Chefarzt-visiten, Fallbesprechungen, Konsilien, Guidelines und Standards. Damit wird ver-sucht, Diagnosen und Behandlungen zu analysieren und sie mit anderen Erfah-rungen zu vergleichen, immer im Bestreben, möglichst gute Ergebnisse zu errei-chen.

Dies ist auch notwendig, da die in den vergangenen Jahren erfolgten Kür-zungen der Ressourcen für das Gesundheitswesen bzw. die steigenden Kosten

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zunehmend einen wirtschaftlicheren Mitteleinsatz verlangen. Öffentlichkeit undBetroffene reagieren zunehmend sensibel auf festgestellte Mängel. Die in denletzten Jahren eingeführten Marktmechanismen führen dazu, dass Leistungsan-bieter bei schlechter Qualität nicht nur aus der Sicht der Professionen an Bedeu-tung verlieren, sondern auch wirtschaftlich in Schwierigkeiten kommen. Damitstellt sich die Qualitätsfrage auf den verschiedenen Ebenen neu.

Einen Überblick über die wichtigsten Ansätze des Qualitätsmanagements zuerlangen, ist kein leichtes Unterfangen. Schon die Frage der Gliederungskriterienfür die Qualitätsansätze lässt sich kaum lösen. Im Folgenden soll daher versuchtwerden, Ansatzpunkte des Qualitätsmanagements auf den verschiedenen System-ebenen darzustellen. Auf der Mikro-Ebene geht es um die Qualität der konkretenBeziehung zwischen Patient (Leistungsempfänger) und Health Professionals(Leistungserbringer). Auf der Meso-Ebene wird die Frage der Qualität aus derSicht der Organisationen angegangen. Diese Ebene entspricht am ehesten demüblichen Qualitätsmanagementansatz und umfasst neben der Qualitätskontrolleund -sicherung auch alle Ansätze zur Schaffung einer Qualitätskultur. Auf derMakro-Ebene werden Qualitätsverbesserungen mit den Möglichkeiten des Ge-setzgebers bzw. der Selbstverwaltung und der professionellen Vereinigungen ge-sucht.

Natürlich sind diese Ebenen nicht unabhängig voneinander. Sinnvolle gesetz-liche Vorgaben (Makro-Ebene) sind beispielsweise erst dann möglich, wenngeeignete organisatorische Instrumente (Meso-Ebene) zum Qualitätsmanagementvorliegen, diese allerdings unterstützen die Qualität in den konkreten Leistungs-erstellungsprozessen (Mikro-Ebene).

OrganisationLeistungser-bringer

Gesetzliche ErlasseVertragsbestandteileReporting/Kontrolle

Verhaltensanwei-sungenGuidelines/Standards

QualitätsmanagementUnternehmenskulturConstraints

StaatSelbstverwaltungVersicherer

Health ProfessionalsPatientenorgani-sationen

SelbstverwaltungVerbände

Schutz der Patienten,damit Gruppen undBevölkerung

KundenorientierungMitarbeiterorientierungProzessorientierungWirtschaftlichkeit

PatientenorientierungOutcomeorientierung

Gesundheits-system

Arzt-Patienten-Beziehung

Qualitäts-manage-ment im Gesund-

heitswesen: einProblem auf mehre-

ren Ebenen

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Qualitätsmanagement auf der Ebene des Gesundheitssystems(Makro-Ebene)

Qualitätssicherung auf der Makro-Ebene, bzw. das Interesse der Gesetzgeber undder Öffentlichkeit an der ärztlichen Qualität, haben eine lange Tradition. Bereitsim Gesetzeswerk von Hammurabi (Codex Hammurabi) wurden erfolglosen Ärz-ten Strafen angedroht, um Missbräuche und schlechte Qualität zu verhindern(�Hat der Arzt einen Abszess am Auge mit einem stumpfen Messer geöffnet, denPatienten getötet oder gar sein Augenlicht zerstört, so soll seine Hand abgeschnit-ten werden.�) [1].

Medizinische Erkenntnisse und empirische Befunde über die Wirkungen vonärztlichen und pflegerischen Leistungen fanden � anfangs langsam, dann aberimmer rascher � Eingang in die Ausbildungssysteme der Health Professionals.Nach der Aufstellung abschreckender Vorschriften hat daher der Staat schon sehrfrüh Einfluss auf das professionelle Ausbildungssystem genommen bzw. dieBerufszulassung vom erfolgreichen Abschluss anerkannter Ausbildungseinrich-tungen abhängig gemacht. Damit wurde ein extrem wichtiger Beitrag zur Struk-turqualität geleistet. Diese wurde in den letzten Jahren, aufgrund der rasantentechnologischen Entwicklungen von den Health Professionals selbst, noch weiterverbessert. Angesichts der sich verkürzenden Halbwertszeit des medizinischenWissens ist es nicht erstaunlich, dass heute professionelle Organisationen undVerbände nicht nur Weiter- und Fortbildungsangebote machen, sondern auchgewisse Fortbildungsstandards vorschreiben und deren Erfüllung überwachen.

Allerdings gibt es auch schon seit langer Zeit Ansätze einer Systematisierungder professionellen Qualitätssicherung. So wurde bereits 1918 vom AmericanCollege of Surgeons ein Programm entwickelt, um einen Mindeststandard an ärzt-lichem Handeln zu erreichen [2].

Seit den 30er Jahren kann man beobachten, dass sich das Interesse derQualitätssicherung der Profession von den Standards der Ausbildung löste undsich zunehmend den erzielten Wirkungen (outcomes) zuwandte. Mehr und mehrwurden Studien durchgeführt, um aufzuzeigen, wie etwa Mortalitätsraten beiMutterschaft, bei Narkosen, bei der postoperativen Betreuung oder bei einzelnenEingriffen gesenkt und wie die Diagnosesicherheit verbessert werden könnte.

Die Bemühungen um Volkshygiene und Volksgesundheit in Deutschland bzw.um Public Health im angelsächsischen Raum führten auch dazu, dass seit Beginn

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dieses Jahrhunderts in vielen Regionen und Ländern Statistiken über Mortalitäts-und Morbiditätsraten, insbesondere Inzidenzraten (Neuerkrankungen) erhobenund publiziert wurden. Damit wuchs ein Interesse an den Einflussmöglichkeitenauf den Gesundheitszustand der Bevölkerung. Insbesondere in staatlich gesteuer-ten Gesundheitssystemen konnten flächendeckend Gesundheitsstatistiken erstelltwerden, welche dann zur Beurteilung und Optimierung des Ressourceneinsatzesgenutzt wurden. In Krankenversicherungssystemen hingegen waren die statisti-schen Daten über verschiedene Besitzer (Versicherer, Leistungserbringer, Organeder Selbstverwaltung) verteilt. Entsprechend bestimmten auch verschiedeneRationalitäten den Mitteleinsatz und damit wichtige Qualitätsaspekte auf derSystemebene.

Seit der Schaffung des National Health Service (NHS) im Jahre 1948 stand dieQualität in England im Zentrum der Diskussion. Bereits 1950 wurden ersteIndikatoren für die erzielten Wirkungen erarbeitet. Seit diesem Zeitpunkt wurdedie Qualitätsfrage immer wieder aufgegriffen und weiterentwickelt [3]. 1956wurden Vergleiche zwischen den verschiedenen Regionen bezüglich durch-schnittlichen Belegungsraten und Aufenthaltsdauern, Wartezeiten und -listen usw.vorgelegt [4]. 1976 wurden diese Indikatoren um qualitative Erhebungen zumAusbildungsstand und zur Fortbildung der Health Professionals ergänzt [5]. DreiJahre später wurde den Regionen empfohlen, einen Peer Review-Prozess fürPflege-, Betreuungs- und Behandlungsstandards einzuführen [6]. 1989 wurde ineinem weiteren Reformschritt der Aspekt der Qualitätssicherung direkt angespro-chen und verlangt, dass alle Health Professionals, tätig im stationären und ambu-lanten Sektor, aber auch im öffentlichen Gesundheitsdienst, in Audit-Prozesseneingebunden sein müssen [7]. Diese Audits wurden in der Folge mehrfach diffe-renziert und verbessert.

Im Vergleich zu England oder Skandinavien bleibt Deutschland bezüglichstaatlicher Forderung nach Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zurück. Dieshängt u.a. mit der eingeschränkten Rolle der Krankenversicherer als Leistungs-einkäufer zusammen. Dennoch bestehen auch in Deutschland eine Fülle vongesetzlichen Grundlagen zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen: § 70Sozialgesetzbuch Nr. 5 (im folgenden SGB V) verpflichtet die Krankenkassenund die Leistungserbringer im Gesundheitswesen im Allgemeinen auf Qualität,Humanität und Wirtschaftlichkeit, § 111a SGB V betrifft die Qualität in Vorsorge-und Rehabilitationseinrichtungen, § 112,2 SGB V legt die Verfahrens- und

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Prüfgrundsätze für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus fest. § 113SGB V fordert Wirtschaftlichkeit und Qualität der Krankenhausbehandlung, § 115 b SGB V regelt die Qualität der ambulanten ärztlichen Versorgung und derambulanten Vorsorgeleistungen und Rehabilitationsmaßnahmen. Die Gesund-heitsreform 2000 beinhaltet neben neuen Bestimmungen zur integrierten Versor-gung und zur Einführung eines neuen leistungsabhängigen Vergütungssystems,die Verpflichtung für Krankenhäuser zur Einführung eines internen Qualitäts-managements sowie der Aufforderung, sich an einrichtungsübergreifenden Maß-nahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen (§ 135 a SGB V). Die Parteien derSelbstverwaltung (Bundesärztekammer, Berufsorganisationen der Kranken-pflegeberufe, Spitzenverbände der Krankenkassen, DKG und PKV) vereinbarenentsprechende Maßnahmen der Qualitätssicherung für zugelassene Kranken-häuser (§ 137 SGB V). Neu eingeführt wurde die Möglichkeit der Krankenkassen,bei Krankenhäusern, die ihren Verpflichtungen zur Qualitätssicherung nicht nach-kommen, Abschläge von den Pflegesätzen vorzunehmen (§ 14 Abs. 10 Bundes-pflegesatzverordnung (BPflV)). Außerdem wird eine Arbeitsgemeinschaft zurFörderung der Qualitätssicherung in der Medizin gebildet (§ 137 b SGB V). Einebessere Zusammenarbeit zwischen stationärem und ambulantem Sektor und damiteine Steigerung der Versorgungsqualität, soll durch einen Koordinierungsaus-schuss sichergestellt werden (§ 137 e SGB V). Seine Aufgabe ist es, aufgrund evi-denzbasierter Leitlinien, Kriterien für eine zweckmäßige und wirtschaftlicheLeistungserbringung, unter Berücksichtigung diagnostischer und therapeutischerZiele, zu beschließen. Jährlich sollen zehn Krankheiten im Fokus stehen, beidenen Hinweise auf unzureichende, fehlerhafte oder übermäßige Versorgung be-stehen und deren Beseitigung Auswirkungen auf Morbidität und Mortalität derBevölkerung hat.

Heute zwingt diese externe Qualitätssicherung durch staatliche Stellen undVerbandsorganisationen (wie z.B. Zentralstelle der deutschen Ärzteschaft zurQualitätssicherung in der Medizin oder verschiedene LandesgeschäftsstellenQualitätssicherung) die Leistungserbringer in Deutschland zunehmend � nebender traditionellen Qualitätssicherung durch die Health Professionals � ein Quali-tätsmanagement mit einer klaren Kundenorientierung zu übernehmen.

Von Krankenversicherungen und Staat werden bei Einführung neuer medizi-nischer Verfahren bzw. neuer Technologien immer häufiger sozio-ökonomischeEvaluationen [8] [9] oder Health Technology Assessments [10] verlangt. Diese

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basieren meist auf klinischen Studien, umfassen jedoch nicht nur die medizini-schen, sondern auch die ökonomischen Wirkungen. Es werden dabei direkte undindirekte Kosten und Wirkungen auf Patienten und Angehörige bzw. auf dasGesundheitssystem oder die Gesellschaft erfasst und bewertet [11] [12]. Sozio-ökonomische Evaluationen und Health Technology Assessment (HTA) stellensomit ebenfalls ein Instrument der Qualitätssicherung dar, insbesondere dann,wenn Qualität aus einer gesellschaftlichen Sicht definiert wird.

Qualitätsmanagement auf der Arzt-Patienten-Ebene (Mikro-Ebene)

Die von den Health Professionals ausgehende Qualitätssicherung hat hingegentraditionellerweise einen anderen Fokus. Systemfragen und Finanzierbarkeit spie-len eine untergeordnete Bedeutung. Im Vordergrund stehen die Beziehungen zuund die Leistungen für die einzelnen Patienten. In der medizinischen Geschichtegibt es eine Fülle von Beispielen von engagiertem, anfänglich jedoch meist unsy-stematischem Engagement für Qualität. Maßgebend für den Erfolg waren häufigMacht und Durchsetzungsvermögen der Initianten. Ein gutes Beispiel ist etwa derFall von Ignaz Semmelweis (1818 � 1865). Der österreichische Arzt suchte nachMöglichkeiten, die Mortalität im Bereiche der Geburtshilfe zu senken. Aufgrundseiner Beobachtungen setzte er in dem ihm unterstellten Bereich durch, dassÄrzte, Pflegende und Studenten beim Wechsel zu einer neuen Patientin die Händewuschen und desinfizierten. Ohne die Übertragungsmechanismen genau zu ver-stehen, senkte er mit dieser Maßnahme die Mortalität von Müttern und Neuge-borenen maßgeblich [13].

Versuche für eine Systematisierung der Qualitätssicherung auf der Mikro-Ebene wurden lange Zeit abgelehnt. Die Begriffe Qualität und Qualitätssicherungsind auf dieser Ebene des Gesundheitswesens sehr vielschichtig. Eine erste vonHealth Professionals anerkannte Definition schaffte Avedis Donabedian. Bereits1966 unterschied er zwei grundlegende Dimensionen der Qualität, den techni-schen Aspekt und den interpersonellen Aspekt. Beide Aspekte gliederte er dann inStruktur-, Prozess- und Ergebnisqualitäten (vgl. [14] [15]). Mit dem technischenQualitätsaspekt werden die rein physischen Manipulationen und die zur Leis-

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tungserstellung benötigten Materialien verstanden. Beispielsweise verbleibt einOrthopäde, der einem Patienten eine Hüftgelenksendoprothese einsetzt, imBereich des technischen Qualitätsaspektes. Die prä-operative Beratung und Infor-mation sowie die Nachbehandlungen fallen jedoch unter die interpersonellenQualitätsaspekte. Diese interpersonellen Aspekte sind ebenso wichtig, allerdingsin ihrer Wirkung schlechter prognostizierbar und bewertbar. Viele Qualitäts-konzepte beschränken sich auf die technischen Aspekte, greifen damit für Ge-sundheitsleistungen jedoch eindeutig zu kurz. Auch heute noch stehen viele Ärzteund Pflegende dem Qualitätsmanagement kritisch gegenüber. Dies nicht zuletzt,weil der Druck häufig von außen (Staat, Krankversicherungen) kommt und dievorgeschlagenen Qualitätskonzepte der Denkweise der Health Professionals we-nig entsprechen und den Besonderheiten des Gesundheitswesens auch nicht unbe-dingt gerecht werden.

In seinen jüngsten Publikationen beschäftigte sich Donabedian mit einer drit-ten Dimension, dem moralischen Aspekt (vgl. [16] [17]). Dieser wird zunehmendwichtig, öffnet sich doch die Schere zwischen medizinisch Möglichem und vonden Ressourcen her Machbarem bzw. von gesellschaftlich Gewünschtem immermehr. Health Professionals müssen daher immer häufiger Entscheidungen zwi-schen verschiedenen Qualitäten und Versorgungsniveaus treffen. Donabedianzeigt die Problematik der Qualitäten zwischen der Systemebene und der indivi-duellen Ebene auf. Auf der Makro-Ebene handelt es sich weitgehend um Ent-scheidungen im Bereich der sozialen Gerechtigkeit und der Politik. Die Ent-wicklung von Standards ist in diesem Bereich äußerst schwierig und umstritten.Auch handelt es sich dabei um Qualitätsaspekte, die nicht alleine den HealthProfessionals überlassen werden dürfen. Diese Fragen um Rationalisierung undRationierung von Gesundheitsleistungen erfordern vielmehr einen öffentlichenDiskurs [18].

Bekannter ist Donabedians zweite Gliederungsdimension, die Unterscheidungin Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität [15]:

� Unter Strukturqualität wird Infrastruktur, Personalausstattung und Personal-qualifikation, finanzielle Ressourcen und Organisationsstruktur verstanden.Dabei wird unterstellt, dass die vorhandenen Strukturen einen Einfluss auf dieBehandlungs- und Betreuungsprozesse sowie auf deren Ergebnisse haben.

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� Prozess ist die Bezeichnung für alles, was für und am Patienten geleistet wird.Prozessqualität umfasst den Inhalt der Behandlung und Betreuung und dieFertigkeit, mit der sie durchgeführt wird.

� Als Ergebnis wird das bezeichnet, was für einzelne Patienten, Patienten-gruppen oder auch für die Bevölkerung als Ganzes erreicht wird. Ergebnis-qualität bedeutet, dass der Behandlung und Betreuung eine Verbesserung desGesundheitszustandes, des Sichwohlfühlens, der Zufriedenheit oder der Si-cherheit zugeordnet werden kann.

Mit diesem grundlegenden Modell hat Donabedian bereits in den sechziger Jahrendie Diskussion um Qualität bei den Health Professionals angestoßen und syste-matisiert. Zu einer Zeit, als man in der Industrie noch kaum von Qualitäts-management sprach.

Natürlich wurde das Modell von Donabedian auch kritisiert. Eine Richtungder Kritik geht etwa dahin, dass Qualitätssicherung als kreisförmiger Prozess ver-standen wird, der nicht nur das Setzen von Standards beinhaltet, sondern auch diekonkrete Durchführung der Patientenbetreuung und Behandlung, der Evaluationund Anpassung der Leistungserbringung, um die Standards zu erreichen [19].Donabedians Modell jedoch eignet sich nur gerade zur Identifikation von Quali-tätsstandards und Kriterien, nicht jedoch zur konkreten Qualitätsverbesserung.

Ein weiterer Kritikpunkt war, dass der Einfluss der Struktur auf die Ergebnis-qualität empirisch nicht direkt nachgewiesen werden kann. Dennoch dienteDonabedians Modell lange Zeit dazu, vor allem die Strukturqualität zu begründenbzw. Maßnahmen zur Verbesserung der Strukturqualität zu fordern. Damit hattedas Modell einen großen Einfluss auf die Qualitätsmanagementansätze der Meso-Ebene.

Auch aus der Sicht der Makro-Ebene wurde der Ansatz von Donabedian kri-tisiert. Vor allem etwa, weil Donabedian den Begriff der Patientenbetreung undnicht den der Qualität als solche verwendet. Näher an der Qualität für Gesund-heitsleistungen sieht Maxwell [20] daher seine Kriterien:

� Zugang zu den Leistungen� Relevanz für die Nachfrage (auch für die Gemeinde)� Effektivität (für den einzelnen Patienten)� Faire Verteilung (equity)

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� Soziale Akzeptanz� Wirtschaftlichkeit.

Dieses Kategoriensystem macht deutlich, dass Qualität von Gesundheitsleis-tungen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beurteilt werden kann. WährendDonabedian als Health Professional mit dem Fokus auf die konkrete Patienten-betreuung argumentiert, geht Maxwell deutlich aus der Sicht der übergeordnetenEbene des National Health Service vor.

Eine Verbindung der beiden Ebenen versucht Vuori mit seinem Qualitäts-begriff [21]. Er subsummiert unter Qualität folgende Teilqualitäten:

� Effektivität; Effizienz� Adäquanz zwischen Angebot und Bedarf� wissenschaftlich-technische Qualität� Zufriedenheit der Konsumenten und Leistungserbringer� Zugang und Kontinuität.

Diese unterschiedlichen Qualitätsbegriffe machen die verschiedenartigen Quali-tätsparadigmen im Gesundheitswesen deutlich. Unklar dabei ist jedoch, welcheTeilqualitäten Vorrang haben. Hier prallen verschiedene Interessen aufeinander(ärztliche, pflegerische, technische oder ökonomische Perspektiven bzw. Perspek-tiven der Patienten, der Versicherten, der Kostenträger, der Health Professionalsin der Klinik und dem ambulanten Bereich oder in der Forschung, der Politikerauf regionaler oder auf Bundesebene).

Lange Zeit verhinderten Health Professionals eine allgemeine Transparenz derProzesse der Leistungserstellung. Auch ließen sie eine allgemeine Beurteilung derErgebnisse nicht zu, da diese von vielen individuellen Faktoren bei Patienten undÄrzten oder Pflegenden abhängig seien und sich daher nicht objektivieren lassenwürden. Diese Situation hat sich spätestens mit der Einführung neuer Finan-zierungsmechanismen (Fallpauschalen und gedeckelte Budgets) geändert. Das1983 in den USA für Medicare-Patienten flächendeckend eingeführte Fall-pauschalen-System hat dazu beigetragen, dass Prozesse und vor allem Ergebnisseauf der Ebene der Organisation (Meso-Ebene) aber auch der konkreten Einzelfälle(Mikro-Ebene) systematisch analysiert und erforscht wurden. Reerink stellteallerdings noch 1995 fest [22], �dass sich die Qualitätssicherung im Gesundheits-

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wesen derzeit insgesamt als inadäquate Methode darstellt, die bisher auf ungenü-gender wissenschaftlicher Basis durchgeführt wird, in der die wissenschaftlichenErkenntnisse unkoordiniert nebeneinander her existieren und nicht integriert wer-den und in der Richtlinien für fragwürdige Qualität existieren, die nicht auf trans-parentem Wege zustandegekommen sind�. Hier setzen jedoch die aktuell disku-tierten Ansätze der Evidenz basierten Medizin (EBM) gezielt an.

Das Konzept EBM ist nicht neu [23], hat aber die wissenschaftliche undgesundheitspolitische Diskussion in Deutschland erst mit großer Verzögerungerreicht [24]. Bei EBM handelt es sich im Prinzip um eine Entscheidungs-heuristik, mit deren Hilfe die individuellen Präferenzen und Erfahrungen derLeistungserbringer um medizinisch-wissenschaftliche Evidenz, aber auch umgesundheitsökonomische und gesundheitspolitische Inhalte ergänzt wird. DieVorgehensheuristik setzt im medizinischen Entscheidungsprozess an und siehtmehrere Schritte vor.

Aus der Qualitätsperspektive überzeugend an diesem Vorgehenskonzept ist dieVerbindung der subjektiven klinischen Erfahrung mit der systematischen Aus-einandersetzung mit wissenschaftlich gesicherten externen Daten aus klinischenStudien. Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von EBM ist ein entspre-chender Umgang mit Informationen sowie leichter Zugang zu relevantem exter-nen Datenmaterial. Das notwendige Informations- und Entscheidungsverhalten

Die fünf Schritte auf dem Weg zur EBM

1. Stellen einer beantwortbaren Frage Kann bei einer älteren weiblichen Patientin miteiner makrozylären hyperchromen Anämie eingeringer Ferritingehalt als Diagnose einerEisenmangelanämie herangezogen werden?

2. Zielgerichtete Suche Was ist bislang über das Thema an Studiendurchgeführt worden?

3. Kritische Bewertung Sind die Patienten in diesen Studien ver-gleichbar mit meiner Patientin?

4. Anwendung in der Praxis Welche Erfahrungen mache ich in der Therapiemit meiner Patientin?

5. Persönliche Bewertung Was bedeutet die von mir gemachte Er-fahrung für den nächsten, ähnlich gelagertenFall?

Vorgehensheuristikfür Evidence-Based-

Medicine [25]

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wird den Health Professionals in gezielten Seminaren vermittelt. Mit derUmgestaltung der Studiengänge und der Integration des Problem-based-Learning(PbL) werden die dazu notwendigen Fertigkeiten heute bereits im Grundstudiumgeschult [26].

Auch der Zugang zu Daten und Studienergebnissen wird laufend verbessert.Behandlungsmethoden zu immer mehr Krankheiten werden heute in klinischenStudien abgesichert. Bei großen Studien gehört es schon fast zum Standard, dassauch aus sozio-ökonomischer Perspektive evaluiert wird. In vielen medizinischenFachzeitschriften werden diese Arbeiten bzw. deren Ergebnisse publiziert unddiskutiert. In den letzten Jahren sind spezialisierte EBM-Zeitschriften entstanden,in welchen Studienzusammenfassungen und vergleichende Analysen zu findensind. Die Cochrane Collaboration mit einem weltweiten Netzwerk von HealthProfessionals stellt Zusammenfassungen und Vergleiche verschiedener Original-arbeiten und -studien nach anerkannten Kriterien her. Diese Reviews werden lau-fend aktualisiert und ergänzt. Sie sind auf CD-ROM bzw. über das Internetzugänglich [27]. Über das Internet können auch weitere medizinische Daten-banken abgefragt werden, die vielfach Originalarbeiten und Metaanalysen enthal-ten.

Mit der oben dargestellten Vorgehensheuristik und der Evidenzbasierung kannEBM einen wichtigen Beitrag sowohl zur rationalen Allokation wie auch zurQualitätssicherung leisten. Auf der Ebene der direkten Leistungserbringung (Arzt-Patient) müssen die Health Professionals ihre subjektiven Erfahrungen undPräferenzen in der Patientenbetreuung mit objektiven wissenschaftlichen Er-kenntnissen vergleichen. Entscheidungen über die konkreten zu erbringendenLeistungen sind aufgrund dieser neuen Informationslage zu treffen. Ein derartigesEntscheidungsverhalten wirkt sich sowohl auf die technischen wie auch auf dieinterpersonellen und die moralischen Qualitätsaspekte aus. Zum einen werdendiejenigen Leistungen erbracht, die effektiver und nachhaltiger wirken, zum ande-ren gewinnt die Qualität der Beratung und Information. Damit sollte ein höhererGesamtnutzen entstehen und die rationale Ressourcenallokation unterstützt wer-den. Die Entscheidungen werden i.d.R. die Strukturen und Prozesse der Leis-tungserbringung betreffen und damit die Ergebnisse verbessern.

Die Verbesserung der interpersonellen Qualitätsaspekte erfordert zusätzlichekommunikative und soziale Kompetenzen, um auch den Patienten in dieEntscheidungsfindung mit einzubeziehen, bzw. ihm die Entscheidung transparent

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zu machen. EBM kann hier zumindest argumentativ unterstützen. Die Sensibi-lisierung der Health Professionals mit der Entscheidungssituation und die Mög-lichkeit, Alternativen darzustellen, dürfte allerdings grundsätzlich einen positivenEinfluss auf die soziale und kommunikative Kompetenz haben.

Da in immer mehr Studien soziale und ökonomische Konsequenzen darge-stellt und diskutiert werden, wird auch die übergeordnete Ebene miteinbezogenund damit ein besserer Informationsstand zur Berücksichtigung der moralisch-ethischen Qualitätsaspekte erreicht. Die am Ansatz von Donabedian kritisierteenge Fokussierung auf die unmittelbare Patientenbetreuung wird mit EBM deut-lich erweitert und die Gesamtzusammenhänge aufgezeigt.

Abgestützt auf Evidenz werden heute zunehmend Guidelines und in vielenEinrichtungen auch Standards für die Behandlung häufiger oder komplexerKrankheiten bzw. für die Durchführung von diagnostischen und therapeutischenProzeduren festgelegt. Damit hat EBM auch für das Qualitätsmanagement auf derinstitutionellen Ebene eine große Bedeutung, werden doch vor allem Strukturen(Ressourcen) und Prozesse (Abläufe) kritisch hinterfragt. Die langfristige Wir-kung von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Visier, kann EBMauch zum Korrektiv gegen Optimierungen von Leistungen und Abläufen ausbetrieblichen Gründen oder aus einer kurzfristigen Sicht der Patientenzufrieden-heit werden. Mit EBM werden im zunehmend kompetitiven Gesundheitswesenklare Qualitätsstandards gesetzt, die von den verschiedenen Akteuren (Kassen,Leistungserbringer, usw.) anerkannt werden.

So leistet EBM einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu einem umfassen-den Qualitätsmanagement, fließen doch Erkenntnisse aus klinischen und sozio-ökonomischen sowie aus Health Technology Assessment-Studien in die direktekonkrete Entscheidungsfindung der Health Professionals ein. Durch EBM könnensomit die drei Entscheidungsebenen im Interesse von Patienten, Leistungser-bringern und Gesellschaft verbunden werden.

Qualitätssicherung auf Ebene der Einrichtungen desGesundheitswesens (Meso-Ebene)

Die Qualitätssicherungsmaßnahmen der übergeordneten Ebene wirken sich nichtoder kaum auf die konkrete klinische Arbeit aus. Der gesellschaftliche Fokus hat

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im Arzt-Patienten-Verhältnis nur eine sekundäre Bedeutung. Für die Gesund-heitseinrichtungen genügen jedoch die Maßnahmen der Health Professionals zurQualitätssicherung alleine nicht ([28] [29]). Der zunehmende Wettbewerb zwi-schen Krankenhäusern und anderen Einrichtungen erfordert eine Verbesserungder Attraktivität für die verschiedenen Kundengruppen. Dazu ist es erforderlich,neben der Qualität der Leistungen, die direkt an den Patienten erbracht werden,auch jene zu sichern, die nicht direkt mit der Patientenbehandlung zu tun haben.Typisch für das Gesundheitswesen ist nämlich, dass die Leistungsempfänger(Patienten) nicht die einzigen Kunden sind. Zu berücksichtigen sind auch Ange-hörige und Bezugspersonen sowie die Krankenversicherer als Bezahler der Leis-tungen oder der Staat mit seinem sozialpolitischen Auftrag. Damit werden ganzunterschiedliche Qualitätsanforderungen an die Leistungserbringer gestellt (vgl.dazu [30]).

So verwundert nicht, dass sich heute immer mehr Einrichtungen des Gesund-heitswesens in Anlehnung an Industrie und Dienstleistungsbereich ein institutio-nelles Qualitätsmanagement aufbauen. Grundsätzlich können im Qualitäts-management des Gesundheitswesens verschiedene Qualitätsmanagement-Philo-sophien und -modelle beobachtet werden, die teils industriekompatibel, teilsgesundheitswesentypisch sind und ganz unterschiedliche Verbreitungsgrade auf-weisen. Welches Konzept, und ob sich überhaupt eines durchsetzt, kann derzeitnoch schlecht abgeschätzt werden. Heute werden vor allem folgende Modelleangewandt:

1. Die ISO-9000 ff Zertifizierung hat im Gesundheitswesen (noch) nicht dieBedeutung wie in der Industrie. Anfang 1999 waren von den rund 2.300 sta-tionären Einrichtungen in Deutschland beispielsweise erst knappe 60 zertifi-ziert bzw. teilzertifiziert. Mit dem Konzept ISO-9000 ff wird versucht, durchstark normierte Planungs- und Produktionsschritte Qualitätsverbesserungenzu erzielen. Es bedient sich dabei unterschiedlicher Techniken, die in Quali-tätshandbüchern dargestellt werden. Unter Zertifizierung versteht man die�Abnahme� einer Gesundheitseinrichtung durch akkreditierte Gutachter. VorOrt wird überprüft, ob einerseits die Forderungen der Norm erfüllt und ande-rerseits die organisatorischen Voraussetzungen bestehen, damit auch danachgearbeitet werden kann. Nach erfolgreichem Abschluss erhält die Gesund-heitseinrichtung ein Zertifikat. Die Zertifizierung wird anschließend jährlich

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überprüft und ist nach drei Jahren komplett zu wiederholen. Grundsätzlichmuss festgestellt werden, dass bei einer Zertifizierung nicht die Ergebnis-qualität von medizinischen Dienstleistungen gemessen wird, auch nicht dietatsächliche Beherrschung der Prozesse bzw. die Prozessqualität. Einer zerti-fizierten Einrichtung wird somit lediglich die �Qualitätsfähigkeit� beschei-nigt, d.h. die theoretische Eignung, definierte Qualitätsanforderungen zuerfüllen [35] [36].

2. Modelle des Total Quality Management (TQM) und deren Awards gewinnenz.B. mit dem europäischen Beitrag der EFQM auch im Gesundheitswesen ver-mehrt an Bedeutung. Die EFQM (European Foundation for QualityManagement) wurde im Jahr 1988 von 14 europäischen Firmen gegründet.Ziel ist, europäischen Organisationen durch TQM eine führende Position imWettbewerb mit anderen Anbietern zu ermöglichen. Als Grundlage einerSelbstbewertung oder einer Bewerbung um den EQA (European QualityAward) wird auf das sogenannte EFQM Modell zurückgegriffen.

Die Grundstruktur des Modells unterscheidet zwei Gruppen von Einfluss-größen, nämlich die fünf Befähigerkriterien (�Enablers�) und die vierErgebniskriterien (�Results�). Den Befähigerkriterien (K1 bis K5) �Führung�,�Politik und Strategie�, �Mitarbeiter�, �Partnerschaft und Ressourcen� und�Prozesse� stehen die Ergebniskriterien (K6 bis K9) �Kundenbezogene Er-

Innovation und Lernen

Befähiger Ergebnisse

Führung

Mitarbeiter

Partner-schaft &

Ressourcen

Politik &Strategie

Prozesse

Mitarbeiter-bezogene

Ergebnisse

Kunden-bezogene

Ergebnisse

Gesellschafts-bezogene

Ergebnisse

WichtigeErgebnisse

derOrganisation

Das EFQM-Modell

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gebnisse�, �Mitarbeiterbezogene Ergebnisse�, �Gesellschaftsbezogene Ergeb-nisse� sowie �Wichtige Ergebnisse der Organisation� gegenüber [31].Im Prozess einer Selbstbewertung erarbeiten die Mitarbeiter einer Gesund-heitseinrichtung die Inhalte und den erreichten Stand in allen neun Kriterienund fertigen einen sogenannten Ergebnisbericht als Ist-Analyse an. DerProzess kann durch externe Gutachter begleitet werden. Deren Aufgabe ist esu.a., alle Mitarbeiter mit dem EFQM-Modell vertraut zu machen und dieErstellung des Ergebnisberichts zu unterstützen.Akkreditierte EFQM-Assessoren begutachten den Ergebnisbericht der Ge-sundheitseinrichtung, wobei Befähiger- und Ergebniskriterien jeweils zu fünf-zig Prozent in die Bewertung eingehen. Die Punktbewertung resultiert dann ineinen Wert zwischen null und tausend, der einen Anhaltspunkt über denaktuellen Stand der Qualität in der Einrichtung gibt. Das Gutachten gibtweiterhin Auskunft über Stärken und Verbesserungspotenziale einer Organi-sation. In einem gemeinsamen Workshop von Vertretern der Organisation mitden externen Gutachtern werden Verbesserungsprojekte definiert und derenUmsetzung geplant. Eine Wiederholung der Selbstbewertung in einem ein-oder zweijährigen Turnus macht dann Entwicklungen der Einrichtung inBezug auf Qualität transparent und messbar. Durch konkrete Umsetzung derbenannten Verbesserungspotenziale kann ein kontinuierlicher Verbes-serungs-prozess in Gang gesetzt werden. Die Ergebnisse des Gutachtens und die dar-aus resultierenden Veränderungen können gegenüber den unterschiedlichenAnspruchsgruppen transparent gemacht und in unterschiedlicher Art undWeise auch zum Marketing genutzt werden.

Evtl. Benchmarking mitanderen Einrichtungen

Umsetzung von Ver-besserungsprojekten

Bewertung durchAssessoren der EFQM

Präsentation Stärken undVerbesserungsbereiche

Ist-Analyse:Selbstbewertung EFQM

Ablauf einerSelbstbewer-tungnach dem EFQM-Modell

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Immer häufiger findet das EFQM-Modell Anwendung in Einrichtungen desGesundheitswesens. Den positiven ersten Erfahrungen der Anwender stehenaber auch kritische Stimmen gegenüber. Diese stellen etwa in Frage, ob sichdie EFQM-Kriterien auf den Bereich der Medizin übertragen lassen, daGesundheit ein öffentliches Gut und das Gesundheitswesen in der Regel keinfreier Markt ist, in dem Angebot und Nachfrage zwischen Kunden undLieferanten Preise und Qualität regeln [32]. Auch gibt es noch keinen empiri-schen Befund darüber, ob die Gewichtung der einzelnen Befähiger- undErgebniskriterien der Leistungserstellung im Gesundheitswesen gerecht wird.

3. Zertfizierung von Krankenhäusern durch Organe der Selbstverwaltung undVerbände: Die Initiative KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität imKrankenhaus) mit den Vertragspartnern von Bundesärztekammer, Verband derAngestellten Krankenkassen/der Arbeiter Ersatzkassenverband (VDAK/AEV), Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) unter Beteiligung des deut-schen Pflegerates (Spitzenorganisation der Pflegeverbände) und Vertreterneines Zusammenschlusses konfessioneller Krankenhäuser, entwickeln zurZeit ein krankenhausspezifisches Zertfizierungsverfahren. Ziel ist es, bewähr-te Prinzipien und Methoden anderer Verfahren zu nutzen, diese sinnvoll zuintegrieren und auf die spezielle Situation von Krankenhäusern zuzuschnei-den. In die Entwicklungsarbeiten sollen auch die Erkenntnisse aus dem paral-lel laufenden Demonstrationsprojekt �Qualitätsmanagement im Krankenhaus�des Bundesministeriums für Gesundheit soweit wie möglich einfließen. DerZertifizierung vorangestellt ist eine Selbstbewertung, um die Stärken undSchwächen der zu zertifizierenden Häuser besser kennenzulernen. Aus-gangsbasis ist das EFQM-Verfahren. Dieses wird jedoch inhaltlich ergänztund mit eigens entwickelten Akkreditierungsstandards konkretisiert.

4. Akkreditierungsstandards, wie(a) Akkreditierungszertifikate in Deutschland, z.B. des Verbandes der Pri-vatkrankenanstalten oder der Träger kirchlicher Einrichtungen (seit 1998).Diese weisen zu erfüllende Minimalstandards aus. (b) Akkreditierungsrichtlinien/ -leitlinien (nach dem Vorbild des US-amerika-nischen Joint Commission on Accreditation of Health Care Organizations(JCAHO) und des kanadischen CCHFSA (Canadian Council on Health Facili-ties Accreditation). Einziger Ableger dieses Versuches der Systematisierungvon Qualität und somit einer Integration von medizinisch-pflegerischer Quali-

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tätssicherung mit Qualitätsmanagementphilosophien ist im deutschsprachi-gem Raum derzeit die schweizerische VQG (Vereinigung für Qualitäts-management im Gesundheitswesen) mit neun zu bearbeitenden Indikatoren(Spitalhygiene, Erhebung von Patientenurteilen, Beurteilung der Angemes-senheit von Aufenthaltsdauern (Utilization review), Pflegestandards in Teil-bereichen des Spitals, Kommunikation im Spital (u.a. Patientenbefragungen),Schmerzbekämpfung, Umgang mit der Statistik der ArbeitsgemeinschaftSchweizerischer Frauenkliniken, Dokumentation zu häufigen Operationen,Behandlung von Diabetes mellitus). Hier hat allerdings im Gegensatz zu denUSA und Canada eine nicht vorgenommene Akkreditierung noch keineMarktzutrittsverwehrung (Verlust der Entschädigung durch staatliche Ver-sicherungen) zur Folge. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die grundsätzliche Frage, ob ein Qua-litätsmanagementkonzept aus Industrie und Dienstleistungsbereich sich über-haupt auf die Situation der Erbringung einer personalen Dienstleistung [33]und im speziellen einer Gesundheitsleistung mit ihren bedeutungsvollen ethi-schen und sozialen Dimensionen übertragen lässt [34].

Zusammenfassung und Ausblick

Die intensiver werdende Diskussion um finanzielle Ressourcen, die Übertragungder Finanzverantwortung an die Gesundheitseinrichtungen und neue Markt- bzw.Expertenmarktstrukturen machen einen breiten Qualitätsbezug erforderlich.

Sicher ist, dass die Qualitätssicherung der Health Professionals stark lei-stungserbringerzentriert ist und u.a. nur wenige Komponenten der Patienten- undKundenzufriedenheit aufweist. Eine Ergänzung der Perspektive um Komponenteneines umfassenden Qualitätsmanagements ist nicht zuletzt im Interesse derMarktattraktivität der verschiedenen Anbieter notwendig.

Die verschieden Qualitätsmodelle wollen bessere Qualität in der Zukunft er-reichen: Medizinische Qualitätssicherung durch Vermeiden von Fehlern der Ver-gangenheit, TQM durch kontinuierliche Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse undISO-9000 ff durch normierte Planungs- und Produktionsschritte. Für TQM istFlexibilität geradezu Voraussetzung, wohingegen die medizinische Qualitäts-sicherung und insbesondere ISO-9000 ff eher träge Systeme sind.

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Die Auswirkungen des Qualitätsmanagements sind für die Health Pro-fessionals in der medizinischen Qualitätssicherung und bei ISO-9000 ff eherwenig spürbar, weil nicht die Qualität selbst, sondern die Qualitätsfähigkeit über-prüft wird. Dies äußert sich in starken Qualitätskontrollen oder aufwendigenDokumentationen. Bei den TQM-Ansätzen hingegen liegen die Verantwort-lichkeiten sowohl beim Management als auch den einzelnen Mitarbeitern derjeweiligen Gesundheitseinrichtung [35].

Ein langfristig tragfähiges und sinnvolles Qualitätsmanagement erfordert eineintensive Auseinandersetzung der Health Professionals mit Qualitätsaspekten. Dieprofessionell entwickelten Qualitätsmodelle, welche sich in der konkreten Arzt-Patienten-Beziehung bewähren und entsprechende Ergebnisse sichern, sind wich-tige Grundlagen für das Qualitätsmanagement auf der institutionellen Ebene. Siesind auch Voraussetzung, dass die vom Gesetzgeber geäußerten Erwartungen kon-kret erfüllt werden können. Allerdings braucht es auch Anstöße aus der Makro-und Meso-Ebene, um Professionals zu einer breiten Auseinandersetzung mit Qua-lität zu motivieren.

Die aktuellen Entwicklungen machen deutlich, dass sich die drei Ebenengegenseitig bedingen, um ein umfassendes Qualitätsmanagement zu erreichen.Der Staat schafft über die Systemstrukturen die Voraussetzungen dazu, welchedann allerdings erst auf der Meso- und Mikro-Ebene umgesetzt werden können.

Ein umfassendes Qualitätsmanagement erfordert die Verbindung der Quali-tätssicherungsansätze auf den drei Ebenen. Insbesondere die Berücksichtigungder Finanzierer (z.B. Krankenversicherer) als Kunden, der Finanzierbarkeit undder Integration schafft die Möglichkeit zum Brückenschlag. Nur das Zusammen-führen der Qualitätssicherung der Health Professionals mit den Ansätzen derQualitätssicherung auf der gesellschaftlichen Ebene und dem Qualitätsmanage-ment der institutionellen Ebene führt zu einer umfassenden Qualität im Sinne allerBeteiligten.

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20. Maxwell, R.J., 1984: Quality Assessment in Health Care; in: BritishMedical Journal, S. 1470 � 1477

21. Vuori, H.V., 1982: Quality assurance of health services, WHO, Regionaloffice for Europe, Kopenhagen

22. Reerink, E., 1995: Seminarunterlagen der University of Limburg /Maastricht � Summer University zum Thema: Quality Assurance in HealthCare Institutions: trainig course for health care providers July 10 � 14

23. Sackett, D.L. et al. 1999: Evidenzbasierte Medizin. EBM- Umsetzung und-Vermittlung, Zuckschwerdt-Verlag, München

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Qualitäsmanagement im Gesundheitswesen

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30. Möller, J.; Sonntag H.G.; Bach, A. (Hrsg.), 1998: Total QualityManagement im Gesundheitswesen � Quo Vadis ?, Heidelberg

31. Zink, K.J., 1995: TQM als integratives Management-Konzept � Das euro-päische Qualitätsmodell und seine Umsetzung, Hanser Verlag, München,Wien

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33. Lehmann, A., 1993: Dienstleistungsmanagement � Strategien undAnsatzpunkte zur Schaffung von Servicequalität, Schäffer-Poeschel, VerlagNZZ, Stuttgart

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Evidenzbasiertes Handeln — Entwicklung vonLeitlinien

Dr. Christian Thomeczek, Ärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung, Köln

Ich möchte Ihnen heute ein paar Gedanken mitgeben, wie konträr Leitliniendiskutiert werden, als Instrumente einen Weg der Qualitätssicherung darstellenund auch Gedanken zu dem Weg, den die medizinische Wissenschaft, und hierinsbesondere die ärztliche Selbstverwaltung gegangen ist, wie sie mit dem Themaumgegangen sind und zu welchen Ergebnissen man zur Zeit gekommen ist.

Wie konträr Leitlinien diskutiert werden, ist in Tabelle 1 darstellt: die Ein-schätzungen reichen von „minimalen Einfluss auf ärztliches Handeln und Versor-gungsqualität“, „sind unnötige Reglementierung ärztlichen Handelns“ bis hin zu„wichtigen Hilfen für ärztliche Entscheidungsprozesse und Instrumente der Qua-litätssicherung“.

Konträre Aussagen, die von allen Seiten zu hören sind, nicht nur aus unter-schiedlichen Ecken der medizinischen Gesellschaften.

Was sind Leitlinien? Nach der Definition, die die verfasste Ärzteschaft dafürgefunden hat, auch in Zusammenarbeit mit der AMWF, sind es Entscheidungs-hilfen.

• Es ist Expertenkonsens in definierten, transparent gemachten Vorgehen,

Unterschiedliche Einschätzungen von Leitlinien

• haben einen minimalen Einfluss auf ärztliches Handeln und die Versorgungsqualität

• sind unnötige Reglementierungen ärztlicher Tätigkeit

• sind wichtige Hilfen für ärztliche Entscheidungsprozesse und Instrumente der Qualitätssicherung

Tab. 1Einschätzung von

Leitlinien

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• Es sind wissenschaftlich begründete und praxisorientierteHandlungsempfehlungen,

• Es sind Handlungskorridore.

Es sind keine starren Regelungen, und sie sind dynamisch, d.h. sie müssen fort-laufend dahingehend überprüft werden, ob die in Leitlinien vorgegebenen Inhalte,Empfehlungen, Diagnostik und Therapie immer noch dem medizinischenStandard entspricht, wie die medizinische Wissenschaft sich weiterentwickelt hatoder ob dort veraltete, überarbeitete oder gar obsolete Methoden gefordert wer-den, die letztendlich natürlich nicht nur eine Qualitätsverschlechterung, sondernu.U. auch eine Gefährdung des Patienten darstellen könnten.

In der Konferenz des BMG in Zusammenarbeit mit der WHO „Guidelines inHealth Care“ haben Lauterbach und Selbmann 1997 unter anderen folgende Zielevon Leitlinien definiert:

• sie helfen in der Reduzierung unnötiger und schädlicher Kosten• sie können eine optimale Gesundheitsversorgung zu akzeptablen Kosten,

aber auch eine • akzeptable Gesundheitsversorgung zu optimalen Kosten bewirken.

Es ist sicherlich auch ein Aspekt der Intention, mit der Leitlinien formuliert wer-

Tab. 2: Ärztliche Leitlinien– Definition

Ärztliche Leitlinien - Definition(Curriculum Qualitätssicherung der Bundesärztekammer)

• Systematisch entwickelte Entscheidungshilfen

• Expertenkonsens in definierten, transparent gemachten Vorgehen

• wissenschaftlich begründete und praxisorientierte Handlungs-empfehlungen

• Orientierungshilfen im Sinne von „Handlungskorridoren“

• werden regelmäßig auf ihre Gültigkeit hin überprüft und müssen gegebenenfalls fortgeschrieben werden

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den, ob man sie kostenoptimierend formulieren möchte oder ob man sie Therapie-bzw. Diagnostikoptimierend formuliert. Beides ist legitim, die Intention muß nurdeutlich werden.

Bauer hat Leitlinien zur Grundlage rationellen ärztlichen Handelns erhoben,Hartel hat ihnen auch eine Schutzfunktion für den Patienten bescheinigt.

Immer wieder kommt es zu Problemen bezüglich der Abgrenzung von Richtlinienzu Leitlinien.

In der Ärzteschaft existiert Konsens darüber, daß Leitlinien Handlungskorri-dore sind, von denen in begründeten Fällen auch abgewichen werden darf bzw.muss, Richtlinien hingegen starre Vorgaben im Rechtsbereich einer Organisation,die Normencharakter hat – Ärztekammern, KV´en, Rentenversicherungsträgerund dergleichen mehr.

Standards hingegen stellen eine Abbildung des medizinischen Wissens zueinem bestimmten Zeitpunkt da, dieser Begriff ist nicht einheitlich definiert. EinStandard kann sowohl zu einer Leitlinie wie aber auch zu einer Richtlinie, ichmöchte es provokant ausdrücken, mutieren, indem dieser Standard, wenn er z.B.in einen entsprechenden Rechtsraum, z.B. einer KV hineingebracht wird, natür-lich entsprechenden Normcharakter, z.B. nach § 135 SGB V erlangen kann.

International gab es in den letzten Jahren in verschiedenen Gesundheitssystemen

Tab. 3: Ziele von Leitlinien

Ziele von Leitlinien

• Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung

• Reduzierung unnötiger und schädlicher Kosten

• optimale Gesundheitsversorgung zu akzeptablen Kosten

• akzeptable Gesundheitsversorgung zu optimalen Kosten

• Grundlage rationalen ärztlichen Handelns

• hat als Patient die Gewissheit, vor veralteten oder gar schädlichen Methoden geschützt zu werden

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Versuche einer zentralen Entwicklung von Leitlinien zur Steuerung von therapeu-tischen und diagnostischen Vorgaben.

An 1. Stelle ist dabei die USA zu nennen. In den USA ist das Problem derLeitlinien ganz anders gelagert, da in dem sehr unterschiedlich geartetenGesundheitssystem der USA Leitlinien – letztendlich auf Basis von privatrecht-lichen Versicherungsverträgen – eine ganz andere Steuerungsfunktion wahrneh-men können und auch sollen.

Es gibt dort eine Vielzahl von Leitlinien, die den Rechtspartnern, denVersicherten, den Konsumenten – dem Kunden – und den Serviceprovidern imPrinzip einen Weg vorgegeben, der finanziert wird – ohne Rücksicht auf medizi-nische Notwendigkeit – allein auf Basis eines Vertrages.

Es ist nicht so, wie wir es z.B. nach dem SGB V kennen, dass jederVersicherte das Recht auf bestimmte Maßnahmen hat. In den USA hat jederPatient – jeder Konsumer – in freier Entscheidung seinen Gesundheitsprovider,seine HMO etc, was immer auch, sich auserkoren, und dort bestimmte Leistungeneingekauft, und die Definition dieser Leistungen wird in Leitlinien abgebildet.

Tab. 4: Definitionvon Richtlinien,Leitlinien undStandards

Richtlinien,Leitlinien,Standards: Definitionen

(Curriculum Qualitätssicherung der Bundesärztekammer)

Leitlinien:

Systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über angemessene Vorgehensweise beispeziellen gesundheitlichen Problemen.

Orientierungshilfen ("Handlungskorridore"), von denen in begründeten Fällen abgewi-chen werden kann oder muss.

Richtlinien:

Von einer rechtlich legitimierten Institution konsentierte, schriftlich fixierte, veröffentlichteRegelungen des Handelns oder Unterlassens.

Für den Rechtsraum dieser Institution verbindlich; Nichtbeachtung zieht definierte Sank-tionen nach sich

Standards: (uneinheitlich definierte Bezeichnung) Normative Vorgabe qualitativer / quantitativer Art bezüglich Erfüllung von Qualitätsan-forderungen (Verbindlichkeit: wie Richtlinie)

konsentierte Regelungen von Berufsgruppen oder Institutionen

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Diese müßen nicht immer dem medizinischen Notwendigen, dem medizinischenStandard entsprechen, sondern den ökonomischen Kalkulationen der HMO, bzw.des jeweiligen Gesundheitsdienstproviders. Daneben gibt es noch die Patienten,die Zugang zu einem der staatlichen Versicherungssystemen – MediCare undMedicAid – haben.

Das hat in den USA zu dem Problem geführt, dass viele 100e von Leitlinien –oft zu gleichen diagnostischen oder therapeutischen Problemen – nebeneinanderexistierten; deshalb hatte sich die Bundesregierung zum Ziel genommen, einenallgemeinen, in den USA geltenden Standard für Behandlung in bestimmtenGesundheitsbereichen vorzugeben und hat dort durch die AHCPR in den Jahren1989 bis 1996 19 nationale Leitlinien entwickeln lassen.

Der Kostenaufwand belief sich auf 500.000 bis 1 Mio. Dollar pro Leitlinie,mit deren Hilfe dann im Prinzip der Versorgungsstandard der amerikanischenBevölkerung definiert werden sollte.

Diese Ausrichtung des Programms wurde verlassen und die AHCPRbeschränkt sich jetzt darauf, existierende Leitlinien nach methodischer Qualitätund nach Kriterien der Evidenz zu bewerten und diese dem Konsumenten, denPatienten, zur Verfügung zu stellen.

Andere Systeme, in denen auf nationaler Ebene Leitlinien herausgegebenwurden, waren Neuseeland im nationalen Health-Service; in Holland erfolgte eineErarbeitung durch die holländische Hausarztgesellschaft.

In Schottland wurde ein anderer Weg beschritten. In der relativ kleinenEnklave mit ca. 2 Mio. zu versorgenden Patienten haben die Provider vonGesundheitsdienstleistungen zusammen mit den Wissenschaftlern und denNutzern es geschafft, hochwertige Leitlinien zu entwickeln, die auch in derAnwendung der zu Grunde liegenden Instrumente Vorbilder waren für dieEntwicklung des Deutschen Leitlinien-Clearingverfahrens.

In Deutschland sieht die Szene etwas anders aus. Wir haben in Deutschland eine

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Vielzahl von Herausgebern von Leitlinien, wie Sie in dieser Auflistung hier sehen.Und das hatte auch zu den bekannten Problemen für die Selbstverwaltung geführt.Sie haben von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften, die sicherlich mithohem Anspruch an die Entwicklung von Leitlinien herangehen bis hin zu denKostenträgern, die natürlich vielleicht andere Intentionen haben können, aber

Entwicklung international

Land Institution

USA AHCPR19 nat. LL (1989-1996)

Neuseeland NHC25 nat. LL (seit 1992)

Niederlande NL College of GP70 nat. LL (1989-1999)

Schottland SIGN39 nat. LL (1993-1999)

Tab. 5:Leitlinienent-wik-klung international

Herausgeber von Leitlinien in Deutschland 1999

• Medizinisch-Wiss. Fachgesellschaften

• Ärztliche Berufsverbände

• Bundesärztekammer- Wiss. Beirat, AKdÄ

• Bundesausschuß Ärzte und Krankenkassen

• Kostenträger- BG´en, Rentenversicherer

• Krankenhäuser /Krankenhausverbünde

• Landesärztekammern

• Qualitätszirkel / Praxisnetze

• Regierungsagenturen

• Fachberufe im Gesundheitswesen

• Verschiedene- (Wiss. Institute / Einzelexperten / Industrie etc.)

Tab. 6:Herausgeber vonLeitlinien inDeutschland

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auch Qualitätszirkel, die auf einer ganz anderen Ebene mit Leitlinien umgehen,eine Vielzahl von Anbietern, die auch sich teilweise gleicher Leitlinienthemenangenommen haben und deswegen auch ein Problem für die Anwender vonLeitlinien hervorgerufen haben, indem nämlich zu gleichen Gesundheitszielenunterschiedliche Leitlinien, auch mit unterschiedlichen Inhalten existieren undsomit auch zu entsprechender Verwirrung beim Anwender geführt haben.

Die Probleme, die sich daraus aus Sicht der ärztlichen Selbstverwaltung her-auskristallisierten sind schnell aufgezählt. Es waren folgende 5 Grundprobleme.

1. Zu viele Leitlinien ohne erkennbare Prioritätensetzung. Es ist so, dass esFachgebiete gibt, in denen fast jede therapeutische Handlung inzwischendurch Leitlinien geregelt ist, sei sie noch so, ich möchte es übertreiben, ein-fach und selbstverständlich.

2. Die Qualität von Leitlinien, insbesondere des Entwicklungsprozesses, isthäufig nicht beurteilbar, da er aus der Leitlinie und aus der begleitendenLiteratur häufig nicht transparent wird.

3. Die Belege für die Empfehlungen in Leitlinien sind häufig nur unzureichenddokumentiert.

4. Angaben zum Nutzen und Kosten, die für bestimmte Anwenderkreise natür-lich von Bedeutung sind, fehlen meist, sind oft auch explizit ausgenommen,und wie ich eingangs schon erwähnt hatte,

5. Verschiedene Leitlinien zu identischen Versorgungsbereichen existierenunabgestimmt nebeneinander, nicht nur Facharzt undAllgemeinarztversorgung, sondern auch z.B. Leitlinien der Fachgesellschaft,des Berufsverbandes, von Qualitätszirkeln und dergleichen mehr.

Daraus folgten letztendlich vier Anforderungen, die die ärztliche Selbstver-waltung, Bundesärztekammer, Ärztekammern, KV’en an die Entwicklung vonLeitlinien stellen musste.

1. es sind Prioritäten bei Leitlinienentwicklung zu beachten2. es sind Qualitätskriterien zu berücksichtigen3. die Evidenz der Empfehlungen muß transparent gemacht werden, und ein

ganz wichtiger Punkt4. Leitlinien müssen auch dem Anwender in der Praxis verfügbar gemacht wer-

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den.

Es nützt wenig, wenn Leitlinien in einem entsprechenden Fachmagazin veröf-fentlicht werden, dem Anwender jedoch keine Hilfsmittel in die Hand gegebenwerden, um diese Leitlinien für seine praktische Arbeit auch umzusetzen.

Prioritäten, die nach dem Positionspapier von BÄK, KBV, DKG und Spitzen-verbände der GKV von 1998 gesetzt werden sollten, sind

• Gesundheitsprobleme mit wirksamen Präventions- undTherapiemöglichkeiten

• Gesundheitsprobleme mit relevanten, vermeidbaren Unterschieden derBetreuungsqualität sowie mit

• relevanten ethischen, medizinischen oder auch ökonomischen Implikationen• Gesundheitsbereiche, in denen eine hohe Varianz der Betreuungspraxis exi-

stiert, aber bei denen auch ein Fachkonsens notwendig und realisierbarerscheint und in dem auch die Entwicklung von Evidenz basierten Leitlinienmöglich erscheint.

Die Qualitätskriterien, die beachtet werden sollten, sind schon 1997 in einem

Qualitätskriterien von Leitlinien

• Validität / Gültigkeit

• Reliabilität / Zuverlässigkeit

• Reproduzierbarkeit

• Multidisziplinäre Entwicklung

• Flexibilität

• Anwendbarkeit

• Klarheit, Eindeutigkeit

• Dokumentation der Leitlinienentwicklung

• Planmäßige Überprüfung

• Überprüfung der Anwendung

• Kosten-Nutzen-Verhältnis

• Verfügbarkeit der Leitlinie

(Vorstand BÄK und KBV, DÄB 94 (33) A2154-55 1997)

Tab. 7: Qualitäts-kriterien vonLeitlinien

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gemeinsamen Papier von BÄK und KBV, der Leitlinie für Leitlinien, veröffent-licht worden. Basis waren hier die Instrumente, die unter anderen in Schottlanderarbeitet wurden. Die Grundlagen der methodischen Qualität von Leitlinien sindin Tabelle 7 dargestellt.

Eine Leitlinie ist kein statisches Instrument, sondern im Prinzip ein dynami-scher Prozess der Abbildung von aktuellem, relevantem medizinischem Wissen.

Nur dann erfüllt sie ihre Wirksamkeit als Instrument wirklich gut. Es kanndurchaus auf Kosten-Nutzen-Verhältnisse von Leitlinien eingegangen werden,und die Leitlinie soll dem entsprechenden Nutzer verfügbar gemacht werden.

So schön das Internet auch ist, es nutzt mir nichts, wenn ich nur im Internetveröffentliche, aber wenn nur 20 % – und ich gehe jetzt mal wirklich in dieVersorgungsrealität der niedergelassenen Ärzte – wenn nur 20 % dort vielleichteinen Internetanschluß haben und deswegen nicht auf diese hochaktuellen Inhaltezurückgreifen können. Dort werde ich sicherlich eine Zeitlang noch mit den alt-hergebrachten Printmedien arbeiten müssen, um meine Botschaft an den Mannoder an die Frau zu bringen.

Die Evidenzen der Leitlinie müßen transparent gemacht werden; d.h. dieEvidenzen der Inhalte, der Ergebnisse, des Nutzen, von Nebenwirkungen undauch von Kosten, die sich aus den Empfehlungen der Leitlinie sich ergeben kön-nen, müßen angesprochen werden. Die Gültigkeitsdauer und Verantwortung derFortschreibung der Leitlinie, sowie die Autorenschaft müssen genannt werden.

Und letztendlich muss auch die Implementierung angesprochen werden,

Evidenzen transparent machen

Der Nutzer einer Leitlinien ist zu informieren über:

• Ziele der Leitlinie

• Vorgehensweisen und Ergebnisse

• Evidenzen der vorgeschlagenen Vorgehensweisen

• Nutzen, Nebenwirkungen, Kosten

• Belege für Wirksamkeit der Leitlinie

• Gültigkeitsdauer / Verantwortung für Fortschreibung

• Autoren, Koop.-Partner, Konsensverfahren, Sponsoren

(Vorstand BÄK und KBV, DÄB 94 (33) A2154-55 1997)

Tab. 8: Evidenzentransparent

machen

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Praxishilfen, Patienteninformationsmaterial. Leitlinien können auch ein sehrgutes Mittel sein, dem Patienten darzustellen, was wirklich Stand der medizini-schen Wissenschaft ist, nicht das was die Boulevardpresse und dergleichen übereinzelne Schicksale schreiben, sondern was die allgemeine medizinische Versor-gung leistet.

Warum unternimmt der Arzt gerade jene therapeutischen und diagnostischenSchritte zu einem bestimmten Punkt? Warum bekommt nicht jeder Rücken-schmerzkranke am 1. Tag ein CT? Alle diese Inhalte können durch ein entspre-chendes, begleitendes Material an die Patienten sehr gut vermittelt werden unddienen somit auch der Rolle des offenen Arzt-Patienten-Verhältnisses.

Leitlinien als Instrumente bei Fortbildungsveranstaltungen, Abbildung desmedizinischen Wissens, des medizinischen Standards und Leitlinien auch alsDokumentationshilfen.

Deswegen haben die Bundesärztekammer, zusammen mit der KBV und derDeutschen Krankenhausgesellschaft sowie den Spitzenverbänden der GKV sichschon früh, nämlich 1997, Gedanken gemacht über Leitlinien und ein Leitlinien-Clearingverfahren.

Das heißt, die Selbstverwaltung will nicht primär eigene Leitlinien entwik-

Tab. 9: Implemen-tierung

In der Praxis verfügbar machen

• Praxishilfen

• Patienteninformationsmaterial

• Fortbildungsmaßnahmen

• Dokumentationshilfen

Leitlinien sollten durch Instrumente ergänzt werden, mit derenHilfe die Empfehlungen in der ärztlichen Berufspraxis verfügbarund nutzbar gemacht werden können, z.B.

(Beurteilungskriterien für Leitlinien von BÄK und KBV, DÄB 94 (33) A2154-55 1997)

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keln, sondern ein Verfahren aufbauen, um Leitlinien methodisch zu beurteilen, umdarzustellen, welche Leitlinien von einer methodisch hochwertigen Qualität sind,so dass diese verwandt werden können, um entsprechende Empfehlungen zu erar-beiten.

Aber zu den Zielen des Clearingverfahrens gehört auch, dass bestimmte Ver-sorgungsbereiche – prioritäre Versorgungsbereiche – benannt werden, d.h. nichtLeitlinien für alle therapeutischen und diagnostischen Bereiche evaluiert werden,sondern im Prinzip eine Art Gesundheitsberichtserstattung erfolgt und prioritäreVersorgungsbereiche definiert werden, in denen Leitlinien auch helfen können,unterschiedliche Versorgungsqualitäten zu beheben.

Diese Leitlinien werden in einer standardisierten Weise mit dafür entwickeltenInstrumenten ausgewählt und bewertet.

Die Instrumente sind einerseits die 1997 veröffentlichten Qualitätskriterien fürLeitlinien, die „Leitlinie für Leitlinien“ sowie die korrespondierenden Instru-mente, die Checkliste zur Bewertung der Qualität von Leitlinien sowie die Leit-linienberichte.

Diese Bewertungen werden öffentlich durch sog. Leitlinienberichte zugäng-lich gemacht, einerseits in Printmedien, andererseits im Internet (http://www.leit-linien.de).

Der erste ist im letzten Jahr erschienen zum Asthma bronchiale. Dort wurdeneine Vielzahl von nationalen und internationalen Leitlinien zum Asthma bronchi-ale recherchiert und auf Basis der Checkliste für Leitlinien standardisiert bewer-

Tab. 10:L-Clearingver-fah-

ren

LL-Clearingverfahren von BÄK / KBV mit DKG / GKV

• Spitzenorganisationen konsentieren Versorgungsbereiche(Gesundheitsziele) und LL-Themen

• LL werden in standardisierter Weise bewertet und ausgewählt

• LL-Bewertungen werden öffentlich zugänglich gemacht

• Regionale Implementierung ausgewählter LL wird konsequentunterstützt

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tet.

Die Information der Öffentlichkeit, der Fachöffentlichkeit, aber auch der Allge-meinöffentlichkeit ist auch durch das Leitlinien-In-Fo, das ist das Internet-gestützte Angebot, das wir pflegen, gegeben und natürlich soll auch eine entspre-chende Hilfestellung bei der Implementierung, Modifikation, Praxishilfen und –ganz wichtig – Evaluation von Leitlinien gegeben werden.

Wir sollten auch, wenn wir Leitlinien als Instrumente nutzen, uns Gedankendarüber machen, ob diese den Zweck, den sie verfolgen, überhaupt erfüllen kön-nen oder ob wir nach einem bestimmten Zeitraum erkennen müssen, daß ein frei-laufendes System vielleicht eine genauso hochwertige Gesundheitsversorgung indefinierten Bereichen erbringen kann. Dafür müssen wir Qualitätsindikatorendefinieren und die Leitlinienimplementierung evaluieren.

Die Auswahl der Leitlinienthemen nach einer Prioritätenliste erfolgt aufgrundmehrerer Kriterien. Dabei spielen die Bedeutung eines Gesundheitsproblems fürden einzelnen und die Bevölkerung, die Existenz unangemessener Qualitätsunter-schiede in der Gesundheitsversorgung, Gesundheitsprobleme mit wirksamen Prä-ventionen und Therapiemöglichkeiten eine maßgebliche Rolle.

Die Gesundheitsreform 2000 hat sich dem Thema Leitlinien ebenfalls angenom-

Tab. 11:Clearingver-fahren/ Instrumente

LL-Clearingverfahren / Instrumente

• Qualitätskriterien für LL (“Beurteilungskriterien von BÄK/KBV”)

• Bewertung der LL-Qualität (“Checkliste” + “Leitlinien-Berichte”)

• Priorisierung von LL durch Selbstverwaltung (“Zertifizierung”?)

• Information der Öffentlichkeit (“LL-In-Fo”)

• Implementierung (“Regionale Modifikation, Praxishilfen, Evaluation”)

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men. Dabei wurde zunächst das Clearingverfahren, das bereits 1997 von derSelbstverwaltung angedacht wurde, in dem Entwurf im Juni aufgegriffen.

In das Gesetz aufgenommen wurde letztendlich der § 137 e Koordinierungs-ausschuss.

Dabei wird der Schwerpunkt auf Evidenzbasierung der Leitlinien gelegt. In derfolgenden Tabelle seien die Evidenzgraduierungen, mit denen wir nach Evidenz-grundlagen einerseits sowie Empfehlungen anderseits bewerten, aufgeführt.Ferner ist ausgeführt, daß durch den Koordinierungsausschuss Empfehlungen zur

Kriterien f. Auswahl v. LL-Themen durch Clearingverfahren

• Bedeutung eines Gesundheitsproblems (ethisch / psychosozial / medizinisch / ökonomisch )

• Existenz unangemessener Qualitätsunterschiede in der Gesundheitsversorgung

• Gesundheitsproblem mit wirksamer Präv.-/Therapiemöglichkeit

• Chance zur Entwicklung EBM-gestützter Konsensus-Leitlinien

Tab. 12:-Clearingver-fah-

ren /Prioritätenliste

§ 137 e Koordinierungsausschuss

(3) Der Koordinierungsausschuss

1. soll insbesondere auf der Grundlage evidenzbasierter Leitlinien dieKriterien für eine im Hinblick auf das diagnostische und therapeutischeZiel ausgerichtete zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungser-bringung für mindestens 10 Krankheiten pro Jahr beschliessen, beidenen Hinweise auf unzureichende, fehlerhafte oder übermäßigeVersorgung bestehen und deren Beseitigung die Morbidität undMortalität der Bevölkerung nachhaltig beeinflussen kann, und

2. gibt Empfehlungen zu den zur Umsetzung und Evaluierung derKriterien nach Nummer 1 notwendigen Verfahren, insbesonderebezüglich der Dokumentation der Leistungserbringer

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Umsetzung und Evaluierung der Kriterien sowie bezüglich der Dokumentationder Leistungserbringer vorgegeben werden sollen. Die Beschlüsse desKoordinierungsausschusses sind verbindlich. Er kann sich dabei extern wissen-schaftlichen Sachverstands bedienen.

Damit kommen wir zum Kernpunkt der Evidenz-basierten Leitlinien der

Ia evidence for meta-analysis of randomised controlled trials

Ib evidence from at least one randomised controlled trial

IIa evidence from at lease one controlled study without randomisation

IIb evidence from at lease one other type of quasi-experimental study

III evidence from non-experimental descriptive studies, such as comparativestudies, correlation studies, and case-control studies

IV evidence from expert committee reports or opinions or clinical experienceof respected authorities, or both

Category of evidence:

(Shekelle PG, Woolf SH, Eccles M, Grimshaw J: Developing guidelines, BMJ 1999; 318:593-596) Tab. 13

Evidenzgrade

A directly based on category I evidence

B directly based on category II evidence or extrapolatedrecommendation from category I evidence

C directly based on category III evidence or extrapolatedrecommendation from category I or II evidence

D directly based on category IV evidence or extrapolatedrecommendation from category I, II or III evidence

(Shekelle PG, Woolf SH, Eccles M, Grimshaw J: Developing guidelines,BMJ 1999; 318:593-596)

Strength of recommendation:

Tab. 14:Empfehlungs-grade

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Evidenzbasierung. Evidenz ist dabei im angelsächsischen Sinn aufzufassen, als Beweisführung

für eine Aussage oder Hypothese im Gegensatz zur klassisch deutschen Überset-zung, wo Evidenz ja den Beweis in sich trägt.

In der Tabelle 13 werden die klassischen, leicht modifizierten Evidenzgradenach Grimshow dargestellt, die auf die Evidenzgrade des Instituts of Medicine(Field, Lohr) zurückgehen.

Dabei entspricht der Evidenzgrad 1 (unterteilt in 1a und 1b) den Ergebnissenaus Methaanalysen von randomisierten, kontrollierten Studien bzw. den Ergeb-nissen aus mindestens einer randomisierten, kontrollierten klinischen Studie.

Der Evidenzgrad 2, ebenfalls unterteilt in 2a und 2b, ergibt sich bei 2a aus denErgebnissen mindestens einer kontrollierten Studie ohne Randomisierung und bei2b aus einer anderen hochwertigen Studie.

Der Evidenzgrad 3 schließt Koordationsstudien und Verlaufsbeobachtungenmit ein, während der Evidenzgrad 4 im Prinzip alle anderen Formen der sonstigenklinischen Evidenz wie Expertenkommittee oder Konsensuskonferenzen sowieExpertenmeinungen beinhaltet.

Aus den Evidenzgraden ergeben sich auch Grade der korrespondierendenEmpfehlung von Maßnahmen nach Stufe A - D, wie sie in der Tabelle 14 darge-stellt sind.

Ein Schritt weiter in der Bewertung der Evidenz geht der Bericht der„Canadian Recommandations for the Management of Hypertension“, der vonFeldmann et al 1999 erstellt worden ist. Hier werden unterschiedliche graduie-rungen für die Beurteilung der Evidenzlevels abhängig gemacht von der Tatsache,ob man diagnostische oder prognostische Studien beurteilt bzw. Studien, die sichmit Behandlung, Prävention und Qualitätssicherung beschäftigen.

Abschließend sei anzumerken, daß Leitlinien genau wie die darin liegendeEvidenz unterschiedlich genutzt werden kann; Leitlinien sind Instrumente – ent-sprechend ist ihr Wert abhängig von ihrer Güte und ihrem Anwendungsbereichund – Intention.

Literatur

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Patienten zu Wort kommen lassen!Zur Funktion von Patientenbefragungen fürQualitätsmanagement im Krankenhaus

Dr. Walter Satzinger, GSF-Institut für Medizinische Informatik undSystemforschung (medis), Neuherberg

Was ich hier halten will, ist kein Vortrag, sondern eine Rede. Vorträge habenzwangsläufig so etwas Gediegenes an sich, nötigen zur Ab- und Ausgewogenheit,zum einschränkenden �Wenn� und abschwächenden �Aber�. Reden hingegendürfen auch ein bisschen unausgewogen sein, gelegentlich ohne �Wenn und Aber�auskommen, den Charakter eines Plädoyers haben oder sogar einer Philippika.Und ich denke, das sei in diesem Rahmen das Richtige: Nicht lange das Für undWider verschiedener Modelle von Qualitätsmanagement und Patientenbefra-gungen erörtern oder auf irgendwelche Finessen von Befragungstechniken hin-weisen, sondern ein paar � eher grob geschnitzte � Gedanken darüber vorstellen,inwiefern Patientenbefragungen genutzt werden können zur Verbesserung derKrankenversorgung in unseren Krankenhäusern, und wie sie gestaltet werdensollten, damit sie diesen Nutzen haben können.

Die Rede ist also nicht � das bitte ich Sie zu entschuldigen � von Patienten-befragungen in Arztpraxen, ambulanten Pflegediensten oder Gesundheitsämtern.Ich glaube aber, dass das, was ich über die prinzipiellen Zusammenhänge vonQualitätsmanagement und Patientenbefragungen sagen werde, sich cum granosalis von Krankenhäusern übertragen lässt auf andere Einrichtungen unseresGesundheitswesens, auch die des ÖGD.

�Patientenbefragungen� ist ja eigentlich ein schon viel zu technischer Begriff.In der Sache geht es darum, Patienten zu Wort kommen zu lassen � und zwarregelmäßig, mit einer gewissen Systematik, über das nur Anekdotische hinaus �um auch von ihnen zu erfahren (nicht nur von den Fachleuten aus Politik,Wissenschaft und Praxis, von Gutachtern und Qualitätsmanagern usw.), was an

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der Art, wie Kranke behandelt und betreut werden, in Ordnung ist und was ver-besserungswürdig, ja veränderungsbedürftig. Und dies herauszubringen, kannund sollte überall versucht werden, wo Menschen in Kontakt kommen mit demGesundheitswesen.

Meine Hauptthesen für heute lauten:

� Patientenbefragungen sind keine einfache, aber eine äußerst nützliche Sacheund ein absolutes Muss für sinnvolles Qualitätsmanagement!

� Patientenbefragungen sind zu einer schrecklichen Mode der aktuellen �Ver-betriebswirtschaftlichung� unseres Gesundheitswesens verkommen und rich-ten viel Schaden an!

� Es geht also darum, das Modische daran madig zu machen und das Muss zueiner hilfreichen Unternehmung! Dazu aber bedarf es einer umsichtigen undeinfühlsamen Methodik.

Wer bin ich, dass ich so daherrede?! Ich arbeite als Sozialwissenschaftler seit rund20 Jahren am medis-Institut der GSF in München, einer öffentlich finanziertenForschungseinrichtung. Unsere Aufgabe ist angewandte, praxisnahe Forschungüber das Gesundheitswesen.

Mit dem Münchner Projekt �Vertrauen durch Qualität�, das vor zehn Jahrenbekannt wurde als das erste bedeutendere Modell umfassender Qualitätssicherungan deutschen Krankenhäusern, hatte ich von Anfang an zu tun, als Evaluator undberatender Begleiter. Als wir uns dann 1993 daran machten, in Münchens fünfStädtischen Häusern eine allgemeine Patientenbefragung durchzuführen, stieß dasdort bei vielen, vor allem bei Mitgliedern des ärztlichen Dienstes, auf Unver-ständnis, gar Ablehnung.

Nun gut, Patienten danach zu fragen, wie sie mit dem Essen zufrieden seien,mit der Ausstattung des Zimmers und vielleicht auch mit der Besuchszeiten-regelung � das ginge ja noch an. Sie aber auch zu fragen, was sie von derOrganisation des Tagesablaufs in der Klinik hielten, oder wie gut sie informiertwurden über anstehende oder erfolgte Untersuchungen und Behandlungen, überihre Diagnose und Prognose, die geplante Entlassung, oder gar, welche Er-

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fahrungen sie überhaupt gemacht haben mit der Betreuung und Behandlung durchdas pflegerische und ärztliche Personal und wie sie die Wirksamkeit derKrankenhausbehandlung einschätzten � das ginge doch wirklich zu weit! So waskönnten doch Patienten nicht kompetent beurteilen...!

Arnold, Selbmann und Straub übrigens, die zur gleichen Zeit in Stuttgart undTübingen einen ähnlichen Versuch machten, stießen auf ähnliche Skepsis:Patienten befragen � was soll denn das?! Da kommen doch nur subjektiveMeinungen heraus, und die kennen wir eh�...!

Das also war die vorherrschende Reaktion auf diese beiden Studien vor siebenJahren; es waren die ersten großangelegten Befragungen dieser Art � inDeutschland, wohlgemerkt! Anderswo nämlich, vor allem im angloamerikani-schen und skandinavischen Raum, auch in Holland, haben systematisch durchge-führte Patientenbefragungen schon einige Tradition. Und es ist ganz interessant zusehen, wie sich im Laufe der Jahrzehnte der Zweck, zu dem solche Unter-suchungen angestellt wurden, veränderte.

Motive für Patientenbefragungen

Die Geschichte beginnt � von ein paar bemerkenswerten Vorläufern abgesehen �in den 60er Jahren mit der sogenannten Compliance-Forschung. Damals ging esum die Frage, woher es denn komme (und was man dagegen tun könne), dassPatienten sich immer wieder als recht eigensinnige Individuen herausstellen undden ärztlichen Ratschlägen oder Anweisungen keineswegs immer folgen, alsonicht therapietreu sind. Um das herauszufinden, wurden dann � erstmals auf brei-ter Basis � Patienten befragt und dabei (nicht überraschend!) entdeckt, dass siesich umso eher therapietreu verhalten, je zufriedener sie mit den Kontakten zuihren medizinischen Behandlern sind.

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Mit der sogenannten Gesundheitsbewegung der 70er Jahre und � parallel dazu �der Konsumentenbewegung (vital vor allem in den USA) kamen neue Motive fürPatientenbefragungen auf. Die �patient satisfaction studies� jener Zeit sollten vorallem die Bedürfnisse und Fähigkeiten � auch die seelischen und sozialen � derkranken Menschen herausfinden.

Patienten waren nun zu entdecken als Personen, die in ihrer �Ganzheitlichkeit�anerkannt und behandelt werden mussten. Und sie waren auch zu sehen alsKlienten, die ein Recht darauf hatten, von den Professionellen aufgeklärt und anihrer Behandlung beteiligt zu werden. Aus beiden Gründen wollte man mehr übersie, die �unbekannten Wesen�, wissen, und eine neue Welle von Patientenbefra-gungen hub an.

Nochmals anders die Perspektive, die sich in den 80er Jahren breit machte.Die Kostendiskussion, Kommerzialisierung und allgemeine Ökonomisierung der

60er: Compliance-Forschung - Patienten als Individuen

>> Patientenzufriedenheit als Bedingung von Therapietreue

7 0er: Gesundheitsbewegung - Patienten als Personen

>> Ganzheitlichkeit; Selbsthilfe

Konsumentenbewegung - Patienten als Klienten

>> Partizipation, Ko-Therapie

80er: Kosten / Konkurrenz - Patienten als Kunden

>> Patientenzufriedenheit als Bedingung von Kundentreue

90er: Qualitätsmanagement - Patienten als Betroffene

Beteiligte

Beobachter

Berichtende

>> Patientenorientierung des Gesundheitswesens

Patientensub-jektivität alsUntersuchungs-objektKurzgeschichte derPatienten-befragungen

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gesundheitlichen Versorgung haben ja in den USA früher und heftiger eingesetztals hierzulande, und unter dem wachsenden Konkurrenzdruck wurden nunPatienten als zahlungskräftige Kunden wichtig. Was sie dazu bringt, die eineEinrichtung aufzusuchen und nicht eine andere, und ihr auch treu zu bleiben � daswar nun vor allem zu ermitteln. Patientenbefragungen als Marketing-Instrument.

Erst in den 90er Jahren wurde das verstärkte Bemühen um Qualitätsmanage-ment im Gesundheitswesen zum ausdrücklichen Leitmotiv für ausgedehnteStudien über die Erwartungen und Erfahrungen, Absichten und Ansichten vonPatienten. Die Hintergründe der diversen Vorgeschichten sind darin ziemlichkomplett aufgehoben.

Denn auch dabei geht es sowohl um die Kundenrolle von Patienten als auchum ihre Funktion als Ko-Therapeuten und aktive Teilnehmer am Versorgungs-prozess und schließlich um sie als �Menschen�, die ernst zu nehmen sind in ihrereigenen Bedürftigkeit. Darüber hinaus aber � und das kommt als neuer Aspekthinzu � werden in diesen qualitätsbezogenen Untersuchungen Patienten nun auchals Beobachter eingesetzt und als Berichterstatter über das, was sie während ihrerBehandlung beobachten.

Rollen der Patienten als Befragte

Patienten als Beobachter? Vielleicht sind sie nicht immer die zuverlässigsten.Aber sicher sind sie die einzigen, die � sofern es ihr Gesundheitszustand einiger-maßen erlaubt � in der funktionell und professionell so fragmentierten InstitutionKrankenhaus ihren Versorgungsprozess als ein Ganzes kontinuierlich erleben unddarüber zusammenhängend berichten können. In vielen Fällen wird nur durch siezu erfahren sein, was an ihnen und für sie getan wurde; und oft wird nur anhandihrer Informationen beurteilt werden können, ob das Getane den Standards derjeweiligen Profession und den Normen guter Versorgungspraxis entspricht -sofern Qualitätsprüfung ein Organisationsziel ist, sind die Auskünfte der Laienunerlässlich für die Selbstkontrolle der Profis.

Patienten als Betroffene? Natürlich sind kranke Menschen zuallererst ebendies: krank, geschwächt, der Hilfe bedürftig. Und ihnen zu helfen, ist die raison

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d� être der gesamten Einrichtung und der in ihr arbeitenden Menschen. Ja, es isttrivial: ohne Patienten keine Ärzte, Schwestern, keine MTAs und kein Küchen-personal, keine Krankenhäuser eben, nicht einmal Arztpraxen � vielleicht nurnoch Gesundheitsämter...?

Aber geht diese triviale Einsicht nicht oft einfach verloren im täglichenVersorgungsbetrieb? Ist das Personal, weil es ohne die Patienten gar nicht dawäre, wirklich voll und ganz für sie da?! Die Antwort auf diese Frage können nurdie Patienten selbst geben. Und auch ob sie ernst genommen werden als Personenund als Experten in eigener Sache, ob sie durch Information, Befragung undBeratung beteiligt werden an ihrem Behandlungs- und Genesungsprozess � auchdas können nur sie selbst uns sagen.

So ist also die Berücksichtigung der wesentlichen Elemente von Patienten-orientierung � und damit zentraler Merkmale von Versorgungsqualität � abhängigvon der Kenntnis dessen, was aus der Perspektive der Patienten richtig und wich-tig ist. Und diese Kenntnis verschaffen uns nur Patientenbefragungen!

Natürlich werden Patienten auch als Beurteiler gebraucht. Nur wenn sie mit-teilen, was ihnen gefallen hat und was nicht, was sie für richtig halten und was fürfalsch, was für sie wichtig ist und was nicht, welche Erwartungen sie an dieVersorgung hatten und welche Erfahrungen sie mit ihr machten � nur dann wirdman sie besser als bisher zufrieden stellen können.

Patientenzufriedenheit und Versorgungsqualität

Aber ist das wirklich nötig? Warum sollen ausgerechnet Patienten immer zufrie-den sein? Sind�s denn die Ärzte, die Pflegekräfte, die Pförtner? Wer ist denn schonzufrieden? Hinter dem Konzept der Patientenzufriedenheit im Gesundheitswesensteht mehr, als der laxe Umgang mit diesem Wort meist vermuten lässt, wesent-lich mehr jedenfalls, als die gängige Werbeformel der Konsumgesellschaft� näm-lich �Kundenzufriedenheit�, meint. Denn es gibt einen starken und gewichtigenZusammenhang zwischen Patientenzufriedenheit und der Qualität der Versor-gung, und der hat, finde ich, folgende drei Dimensionen:

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1. Patientenzufriedenheit ist zunächst ein Ziel der Versorgung. Dadurch wird siezu einer Qualitätskomponente. Patienten sind, wie gesagt, Betroffene. Ihr sub-jektives Erleben der Behandlung ist, wie wir wissen, ein wichtiger Faktor beider Bewältigung von Krankheit. Zufriedenheit ist selbst ein Bestandteil vonGesundheit und hat zugleich gesundmachende Wirkung. Andersherum: EineBehandlung, die im Ergebnis unzufriedene Patienten hinterlässt, kann einegute Behandlung nicht gewesen sein!

2. Patientenzufriedenheit ist ein Maß für die Qualität der Versorgung. IndemPatienten auch Beobachter sind, liefern ihre Aussagen Indizien für die Gütevon Versorgungsstruktur und Behandlungsprozess. Das sollte eingehen in dieprofessionelle Selbstprüfung. Äußerungen von Unzufriedenheit jedenfallsmüssten stets als ein Hinweis auf mögliche Mängel betrachtet werden undAnsatzpunkte liefern für Problemanalysen und qualitätssichernde Interven-tionen.

3. Patientenzufriedenheit ist ein Mittel zur Aufrechterhaltung guter Versorgung.Patienten sind schließlich auch Beteiligte und Handelnde. Die Konsequenzen,die sie aus ihrer Erfahrung mit der Versorgung ziehen, sind wichtig für ihreigenes Gesundheitsverhalten und ihre weitere Inanspruchnahme desGesundheitswesens. Zufriedene Patienten halten sich � eher als unzufriedene� an professionelle Empfehlungen (jetzt sind wir wieder bei der Compliance!)

PZ als Qualitätskomponente: Zufriedenheit als Ziel

Subjektivität des Erlebens: Zufriedenheit als Genesungsfaktor

( --> Behandlungsergebnis)

PZ als Qualitätsindikator Zufriedenheit als Maß

Objektivität der Beobachtung: Unzufriedenheit als Mängelindiz

( --> Versorgungsstruktur + Behandlungsprozess)

PZ als Qualitätsfaktor Zufriedenheit als Mittel !

Nutzen positiver Erfahrung: Zufriedenheit als Verhaltensimpuls

(--> Therapietreue + �Kundentreue�)

Patientenzu-frieden-heit und Qualitätder Versorgung

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und helfen damit � im Regelfall � ihrer eigenen Gesundheit; sie werden zudemder sie behandelnden Person oder Einrichtung Vertrauen entgegenbringen,�treu� bleiben und helfen somit auch ihr � im Wettbewerb.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wer gute Qualität der Kranken-versorgung sichern, wer sie gar verbessern will, der muss auch den PatientenGehör verschaffen! Und deshalb ist es ja eigentlich sehr zu begrüßen, dassPatientenbefragungen inzwischen auch hierzulande kaum mehr auf Widerstandstoßen, ja allseits gefordert und gefördert werden.

Gefahren der Befragungswelle

Das Problem ist nur, dass Patientenbefragungen in den letzten vier, fünf Jahren zueiner regelrechten Mode geworden sind und � wie jede Mode � meist völliggedankenlos gebraucht werden. Und das hat vielerorts sehr unliebsame Auswir-kungen: Nicht nur, dass Tausende von Patienten mit irgendwelchen Fragebögentraktiert und Millionen zweifelhafter Daten produziert werden, die dann � wennals unbrauchbar erkannt � in irgendwelchen Schubladen schmoren oder � wenn inihrer Unbrauchbarkeit nicht durchschaut � sogar noch verwendet werden zurRechtfertigung irgendwelcher Aktivitäten (oder auch Passivitäten!); nicht nur,dass bei der Durchführung dieser Unternehmungen die Energien vieler Mitar-beiter nutzlos verbraucht werden und natürlich auch ein Haufen Geld � dasSchlimmste daran ist, dass durch den fahrlässigen Einsatz von Patientenbe-fragungen dieses wichtige Instrument guten Qualitätsmanagements droht, gründ-lich diskreditiert zu werden!

Ich sehe die Zeit voraus, wo unter Klinikdirektoren und Qualitätsmanagernnicht mehr � wie jetzt noch landauf, landab � Fragebögen und Adressen vonBefragungsfirmen gehandelt werden, sondern die Parole grassiert: �Patientenbe-fragungen? Lasst bloß die Finger davon! Das bringt gar nix!�

Es hat schon seine Gründe,

� dass die Kommission, die im Auftrag des Österreichischen Gesundheitsminis-teriums vor ein paar Jahren den �Leitfaden Patientenorientierung� erstellt hat,

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fast ein Drittel der 100 Seiten Broschüre dem Thema Methodik von Patienten-befragungen widmete

� dass die Kommission der Bundesärztekammer, Krankenkassen und Kranken-hausgesellschaft, die nun unter dem Namen KTQ ein Zertifizierungsmodellfür Krankenhäuser gerade zu testen beginnt � in dem übrigens Patientenbefra-gungen obligater Bestandteil sind �, eine spezielle Arbeitsgruppe ausdrück-lich damit beauftragt hat, methodische Basis-Standards für solche Befra-gungen zu formulieren

� dass es seit Jahren einen bundesweiten Arbeitskreis von Medizin- undSozialwissenschaftlern gibt, der sich diesen Problemen widmet und in diesemSommer nun endlich einen methodisch orientierten Sammelband über Patien-tenbefragungen herausbringen wird.

Ich war bzw. bin in allen diesen drei Gremien aktiv, aber fürchte, unsere Präven-tionsversuche kommen zu spät oder sind einfach untauglich. Es wird weithin wilddrauf losgefragt und dabei viel Unnützes, ja Schädliches produziert!

Elemente der Befragungsqualität

Dabei wäre die Sache gar nicht so schwierig, wenn man sich wenigstens den fol-genden Fragen stellen und sie dann mit Bedacht entscheiden würde.

Wer soll eigentlich befragt werden? Auch die ambulanten Patienten und diesogenannten Kurzlieger? Nur Erwachsene oder auch Kinder? Was ist mit alldenen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind? Und was mit Analphabeten,mit aktuell Schreib- oder Sprechunfähigen, mit gebrechlichen oder desorientier-ten Patienten? Würden wir nicht gerade auch von ihnen gerne wissen, wie sieihren Krankenhausaufenthalt erleben? In einer Untersuchung, mit demselbenFragebogen, schriftlich oder mündlich, ist das nicht zu bewältigen! Und dabeireden wir noch gar nicht von jenen Menschen, die im Krankenhaus versterben!Wer fragt eigentlich sie?

Wo müssen sich die Patienten befinden, damit sie in die Stichprobe derErhebung gelangen? Auf bestimmten Stationen oder auf allen bettenführenden?

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Was ist mit Patienten der Intensivstation oder der Tagesklinik oder mit jenen, dienur für Untersuchungen in die Labors kommen?

Da man ja nicht permanent sämtliche Patienten befragen wird: Wie groß soll-te eigentlich die Stichprobe sein? Wenn man sich z.B. darauf einigt, dass Ant-worten von so vielen Befragten vorliegen sollen, wie das Haus im Monats-durchschnitt Patienten hat, muss man die Erhebung � je nach Verfahren � etwa 6bis 8 Wochen lang durchführen (weil ja nie alle an ihr teilnehmen!): zu viel desAufwands und doch zu wenig für die Repräsentativität der Ergebnisse?

Wie oft, mit welcher Frequenz sollen solche Befragungen durchgeführt wer-den? Die Arbeits- und Versorgungsbedingungen in unseren Krankenhäusernändern sich ja mit rasantem Tempo, und man möchte durch diese Studien solcheVeränderungen abbilden können. Also häufige und kurzfristige Wiederholungen?Andererseits: Ist die vorige Befragung überhaupt schon hinreichend ausgewertetund verwertet worden? Wurden aus ihren Ergebnissen schon genügendKonsequenzen gezogen? Wer sich für die praktische Verwertung der Befragungkeine Zeit gibt, braucht sie gar nicht durchzuführen!

Die Befragungsart: mündlich, telefonisch, schriftlich? Große Streitfrage, überdie ein gesonderter Vortrag zu halten wäre! Sicher ist: Schriftliche Befragungkommt am billigsten, schließt aber besonders viele Patienten von der Befragungaus (nämlich, wie schon angedeutet, die � aus welchen Gründen auch immer �Lese- und Schreibunfähigen).

Und soll der Fragebogen oder Interviewleitfaden hochstandardisiert sein, alsofast nur geschlossene Fragen (mit vorgegebenen Antwortkategorien) enthaltenoder auch viele offene, auf die die Befragten mit ihren eigenen Worten reagierenkönnen? Das eine vereinfacht natürlich die Auswertung erheblich und liefert hüb-sche Statistiktabellen; das andere macht viel Arbeit und verstärkt den Ruch der�Subjektivität� der Ergebnisse. Meine Erfahrung: Wir haben durch nichts so vielaus den Befragungen gelernt wie durch die freitextlichen Bemerkungen derPatienten!

Und weiter, die nächste Streitfrage! Wann eigentlich sollen die Patientengefragt werden: noch während des Klinikaufenthaltes oder erst nach ihrer Ent-

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lassung? Unstrittig ist: Die Teilnahmerate (oder Rücklaufquote) ist höher, wenndie Befragung noch perstationär durchgeführt wird; die Qualität der Antwortenaber ist besser � vor allem ihr kritischer Gehalt ist größer �, wenn das poststatio-när stattfindet, wenn sich also die Patienten aus Distanz und in Ruhe und in völ-liger Gewissheit ihrer Anonymität äußern können. (Aus diesem Grund wird nunauch die Kommission der KTQ empfehlen, bei schriftlichen Befragungen dieFragebögen zwar noch vor der Entlassung zu verteilen, aber die Patienten zu bit-ten, sie erst einige Tage später zu beantworten und dann per Freikuvert an dieAuswertungsstelle zu senden.)

In welcher Jahreszeit? Ist das nicht gleichgültig? Ich meine nicht. Denken Siedaran, wie unterschiedlich die Situation auf den Stationen eines Allgemein-krankenhauses sein kann im Januar oder im Juli! Denken Sie an die saisonalenSchwankungen in Belegungsdichte, personeller Besetzung, ja sogar in der Art desPatientenguts! Es bestehen übers Jahr hinweg sicher nicht die gleichen Bedin-gungen, also sind je nach Befragungszeitraum vermutlich auch die Befragungser-gebnisse unterschiedlich. Ein schwieriges Problem.

Weniger schwierig ist eine Einigung über den Themenkatalog der Befragung.Man wird versuchen, darin den gesamten Ablauf der Krankenhausepisode abzu-bilden, von der Aufnahme bis zur Entlassung; man wird auf die physischen, psy-chischen und sozialen Aspekte der Behandlung und Betreuung eingehen und (hof-fentlich!) ein Schwergewicht auf das erfahrungsgemäß zentrale Thema Infor-mation und Kommunikation legen; man wird natürlich auch nach der Beurteilungder räumlichen Ausstattung, des Essens und der gesamten Atmosphäre fragen unddanach, wie der Tagesablauf organisiert war; und man möchte einiges über dieBefragten selbst wissen, um ihre Antworten besser einordnen zu können.

Der Themenkatalog zur Verdeutlichung noch etwas anders dargestellt (undzwar in Donabedians Systematik von Struktur, Prozess und Ergebnis) könnte soaussehen:

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Exkurs: Prioritäten von Patienten

In dieser Liste noch nicht enthalten ist das Thema Patientenprioritäten, mit ande-ren Worten: die Frage, was den Patienten bei ihrem Krankenhausaufenthalteigentlich besonders wichtig ist und was eher nicht.

Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass es für die Bewertung derPatientenantworten recht nützlich wäre, dies zu wissen; und deshalb wird auchzunehmend danach gefragt. Dass das oft mit recht untauglichen Mitteln geschieht(indem z.B. ganz mechanisch hinter jede Beurteilungsfrage dann auch noch einesolche Bedeutungsfrage gestellt wird), darauf will ich jetzt nicht eingehen; das istMethodiker-Streit.

Doch der Wichtigkeit dieses Themas entsprechend möchte ich � wenigstenseinmal in dieser Rede � auch ein paar Befragungsergebnisse präsentieren. Wirhaben bei zwei großen Befragungen in den Münchner KrankenhäusernSchwabing und Bogenhausen folgende Frage gestellt:

Prozess-Indikatoren

Ergebnis-Indikatoren� aktuelles Befinden� gesundheitliche Effekte der Behandlung� Gesamturteile über Krankenhaus(aufenthalt)

Patienten-/Fall-Informationen

� Krankenzimmer samt Ambiente� Verpflegung� Dienstleistungseinrichtungen

� Aufnahme- und Entlassungsgeschehen� Behandlung / Betreuung durch Stations-

und sonstiges Personal� Organisation, Koordination, Zeit-Reglements� Information/Kommunikation/Partizipation

Struktur-Indikatoren

� Alter, Geschlecht, Nationalität, Ausbildungsstand� Zugangsweg, Aufnahmeanlass, Verweildauer

Patientenbefragungim Krankenhaus:Themen-Katalog

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�Mal abgesehen davon, dass Sie als Patient erfolgreich behandelt (und geheilt)werden wollen: Was ist Ihnen im Krankenhaus besonders wichtig:

� dass Ihr Krankenzimmer ruhig und sauber ist?� dass das Personal freundlich ist?� dass die Ärzte Sie gut informieren?� dass das Essen in Ordnung ist?� dass Sie immer Bescheid wissen, was mit Ihnen geschehen soll und wann es

geschieht?�

Die Befragten wurden dann aufgefordert, maximal drei (im andern Fall maximalzwei) dieser Aussagen anzukreuzen. Hier die Antworten:

Leicht ist zu erkennen: Die Ergebnisse beider Befragungen ähneln sich sehr. Inbeiden Fällen wird das Informiertwerden durch die Ärzteschaft an oberste Stelle,das Zimmer und das Essen mit deutlichem Abstand an die untersten platziert.Lediglich bei der Freundlichkeit des Personals und dem Bescheidwissen überVersorgungsabläufe sind die Ränge unterschiedlich vergeben � was damit zusam-menhängen dürfte, dass die Schwabinger Patienten (linke Spalte) ja dreiAnkreuzmöglichkeiten hatten, während sich die Bogenhauser Befragten (rechteSpalte) öfter entscheiden mussten zwischen Freundlichkeit und Bescheidwissen �und dann eindeutig für Letzteres votierten.

KMS 1996 KMB 1997(3 aus 5) (2 aus 5)n = 1057 n = 960

91 Information durch Ärzte 80

73 freundliches Personal 44

70 Bescheid wissen 73über Was und Wann

40 ruhiges und sauberes Krankenzimmer 30

16 Essen in Ordnung 16

Angaben vonPatienten über ihre

Prioritätenbeim Kranken-hausaufenthalt

� in % �

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Nun kann man gegen dieses Ergebnis natürlich einwenden: Hier hätten sichdie Befragten halt als mündige Patienten präsentieren wollen, denen selbstver-ständlich eine Erklärung etwa ihrer Diagnose wichtiger ist als ein hübschesZimmer oder delikates Mittagessen. Wir haben das aber mit Hilfe aufwendigerstatistischer Verfahren an sämtlichen Ergebnissen der Befragung nachgeprüft �das darzustellen, ist hier leider nicht die Zeit � und herausgefunden, dass auch ausden übrigen Antworten eindeutig hervorgeht: Kommunikation ist den Patientenviel wichtiger als Komfort.

Übrigens: In einer Pilotstudie an der Salzburger Landesklinik haben wir imletzten Herbst dieselbe Frage gestellt, nur mit dem Unterschied, dass die Patientendie fünf Aussagen selbst in eine Rangfolge bringen sollten. Und die taten das wieihre Patientenkollegen in München! Von der Ärzteschaft gut informiert zu werdenund Bescheidwissen über die Versorgungsabläufe war ihnen weit wichtiger alsdas, was gemeinhin und mit etwas gemeinem Unterton der Hotellerie-Aspekt desKlinikaufenthalts genannt wird.

Keine Patientenbefragung ohne Personalbeteiligung!

Nach diesem Exkurs in Sachen Patientenprioritäten noch einmal zurück zu denmethodischen Grundfragen! Die letzte steht nämlich noch aus, und sie ist dieallerwichtigste! Wie immer man den Fragebogen gestaltet, wie viele und welchePatienten was immer man fragen möchte, auf welche Art, zu welchem Zeitpunktund wann und wie oft man das tun will � all das hängt ab von der Antwort auf dieeine entscheidende Frage, wozu das ganze Unternehmen Patientenbefragung denneigentlich dienen soll.

Am Anfang aller Überlegungen zu einer solchen Studie sollte also ihrVerwendungszweck geklärt werden! Ein Fragebogen kann erst entwickelt, dasBefragungsverfahren erst festgelegt werden, wenn klar ist, wie mit den allfälligenBefragungsergebnissen dann einmal umgegangen werden wird.

Ich weiß, dass das nicht immer so geschieht, und das ist vielleicht dieHauptursache für die methodische Misere so vieler Patientenbefragungen. Dennwer vom Ziel nichts weiß, kann den Weg nicht haben, heißt es bei Morgenstern.

Wenn es denn der Zweck von Patientenbefragungen ist, solides Qualitäts-management zu fördern, dann kommt es wesentlich darauf an, dass ihre Ergeb-

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nisse übersichtlich und überzeugend denen präsentiert werden können, die mitden Patienten in vorderster Linie zu tun haben und am ersten aufgerufen sind,Konsequenzen daraus zu ziehen.

Dies geschieht am besten in mündlichen und schriftlichen Berichten an diebetroffenen Stationen und Abteilungen � jede erhält die sie betreffenden Ergeb-nisse und das möglichst detailliert, die Klinikleitung einen Gesamtüberblick.

In den Ergebnisberichten wird dem Personal vor allem Lob und Dank ausge-sprochen; das tut ihm gut, remotiviert und darf ruhig sein. Um so genauer mussdann aber heraus gearbeitet werden, wo von den Befragten Mängel aufgezeigtwerden: entweder indem sie ihre Unzufriedenheit mit diesem oder jenem bekun-den oder dass sie Beobachtungen mitteilen, die nach professionellem Selbst-verständnis anstößig sind � und Anstoß zur Intervention sein müssten!

Die raison d�être von Patientenbefragungen als Instrument des Qualitäts-managements ist es, qualitätsverbessernde Maßnahmen anzuregen, je konkreter,desto besser!

Ihr sehr erwünschter Nebenzweck ist es, den Professionellen einen Spiegelvorzuhalten, in dem sie sich und ihr tägliches Tun einmal aus anderer Perspektivesehen � durch die Augen derer, die ihren Sachverstand brauchen und ihrenBeistand. Das fördert Selbstreflexion, intra- und interprofessionelle Kommunika-tion und letztendlich Berufszufriedenheit.

Und schließlich können Patientenbefragungen auch eine Initialzündung seinfür den Aufbau eines Qualitätsmanagement-Systems. (Dann sind sie freilichbesonders sorgfältig anzulegen, damit sie nicht die QM-Idee gleich von Anfang andesavouieren.) Es gibt genügend Beispiele dafür, dass Patientenbefragungen ent-scheidend geholfen haben, das Qualitätsbewusstsein des Personals zu schärfenund einige der Mitarbeiter zu motivieren, sich einzusetzen für eine Verstärkungder Bemühungen um patientenorientierte Qualitätssicherung.

Wie auch immer: Patientenbefragungen sind dazu da, Patienten zu Wort kom-men zu lassen � und ihre Worte sind gedacht für die Ohren der Mitarbeiter! Damitdiese sie aber hören und verstehen können, müssen sie beteiligt sein an demgesamten Projekt: von der Konzeptentwicklung über die Durchführung bis hin zurErgebnisverwertung.

Natürlich müssen die Verantwortlichen auf der Führungsebene dahinter ste-hen; sonst geht nichts. Es muss aber darüber hinaus gelingen, auch große Teile derMitarbeiterschaft davon zu überzeugen, dass eine Befragung ihrer Patienten keine

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peinliche oder perfide Kontrolle darstellt, sondern eine Chance für sie ist, etwasüber sich und ihre Arbeit zu lernen und daraus Impulse zu gewinnen für positiveVeränderung. Wird die Befragung von ihnen nicht angenommen und zu ihrer eige-nen Angelegenheit gemacht, entsteht da keine Stimmung des �nostra res agitur�,so bleibt�s ein leeres Unterfangen und sollte besser unterbleiben!

Patientenbefragungen sind per se Akte der Patientenorientierung. Die aberbraucht stets auch ihr Komplement: Mitarbeiterorientierung; das eine ist ohne dasandere nicht zu haben. Deshalb sind Patientenbefragungen bewusst und betontmitarbeiterorientiert anzulegen (wie das getan werden könnte, wäre eine weitereRede wert); erst wenn das Personal sie als ein Mittel begreift, das � mit Verstandgebraucht � ihren eigenen professionellen Interessen dient, werden Patientenbe-fragungen auch Instrumente fruchtbaren Qualitätsmanagements sein können.

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Qualitätsmanagement im ÖGD

Qualitätsmanagement im ÖffentlichenGesundheitsdienst – Leitbilder alsSteuerungselement

Dr. Peter-Joachim Oertel, Gesundheitsamt Tübingen

Ein Anatomieprofessor in Bonn pflegte unzureichendes Wissen bei seinen Studen-ten und Studentinnen so zu kommentieren: �Bei Ihnen ist es so wie in der Indus-trie, 30 % ist Ausstoß.� Bei einer unterstellten derart hohen Fehlerrate in derProduktion ist es nicht verwunderlich, dass die Industrie nach Konzepten suchte,ihre Produktivität nachhaltig zu verbessern. Unter dem Begriff Total QualityManagement (TQM) wurden Konzepte entwickelt, die nicht nur auf eine syste-matische Qualitätserzeugung und Verbesserung abzielten, sondern als zwingendeVoraussetzung die Beteiligung aller am Produktionsprozess Beteiligten sahen.Dass sich dabei die Produkte an den Bedürfnissen und an den Anforderungen derKunden und Kundinnen auszurichten haben, ist logische Konsequenz.

Ziele eines um-fas-senden Qua-litäts-managements

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Im Bereich der Öffentlichen Verwaltung lief die Diskussion in eine andere Rich-tung. Das Konzept der neuen Steuerungsmodelle (NSM) ist zunächst produkt undressourcen-orientiert und hat weniger die Mitarbeiterbeteiligung und Kunden-orientierung im Blickfeld. Dies resultiert auch daraus, dass die Produkte eineröffentlichen Verwaltung fremdbestimmt sind und der Begriff des �Kunden� eineandere Dimension hat als beispielsweise in der Industrie.

Der öffentliche Gesundheitsdienst als zudem nichttypische Verwaltungsformtut sich schwer, ein umfassendes Qualtitätsmanagement über die NSM umzuset-zen. Bürgerorientierung und Beteiligung aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen anden Entscheidungsprozessen haben neben der Produktqualität gleich hohen Stel-lenwert. Die Vorstellungen des TQM lassen sich nicht uneingeschränkt auf öffent-liche Verwaltungen übertragen. Kundenorientierung, Öffentlichkeitsarbeit,Schwerpunktsetzung, Teamarbeit und Qualitätssicherung sind zwar identisch inden Positionierungskonzepten von ÖGD und TQM, die Anforderungen der �Kun-den� der Gesundheitsverwaltung sind jedoch andere als die vorwiegend markt-wirtschaftliche Orientierung in der Industrie. Subsidiarität, Kooperation, Unter-stützung und Anregung für andere finden sich nicht in den Veröffentlichungen zuTQM.

1995 trat das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Baden-Württemberg in Kraft. Es legt als Schwerpunktsetzung die Gesundheitsberichter-stattung, den Infektionsschutz, die Umwelthygiene sowie die Gesundheitsförde-rung fest. Diese in dem Rahmengesetz zunächst nicht näher bestimmten Schwer-punkte verstehen sich im Kontext mit anderen internationalen Vorstellungen undGesetzen, beispielsweise der Ottawa Charta und Jakartaerklärung, dem Europäi-schen Recht, auch der Stellungnahmen des Ärtzeverbandes Öffentlicher Gesund-heitsdienst zur Qualitätssicherung und dem Bericht der kommunalen Gemein-schaftsstelle (KGSt) über Ziele, Leistungen und Steuerungen des KommunalenGesundheitsdienstes.

Aus dieser Änderung in der Aufgabenschwerpunktsetzung ergeben sich aberauch neue Ziele, ohne die diese Aufgaben nicht befriedigend erfüllt werden kön-nen:

� Förderung von persönlicher Kompetenz der Menschen und sozialerVerantwortung für Gesundheit

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� gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen� Neuorientierung von Institutionen an den Prinzipien der

Gesundheitsförderung� Entwicklung gesundheitsförderlicher Lebenswelten.

Somit verändert sich das Leistungsspektrum des Öffentlichen Gesundheitsdiens-tes tendenziell:

� an Stelle vorwiegend fallbezogener Leistungen vermehrt gruppen- undlebensraumbezogene Leistungen

� Konzentration auf Bedürftige und sozial Benachteiligte� Vorrang des Gesundheitsmanagements vor individuellen Dienstleistungen.

Um sich für diesen Änderungsprozess zu rüsten haben die GesundheitsämterBaden-Württembergs � um in der Sprache des TQM zu bleiben � sozusagen alsPositionierungskonzept ein Leitbild entwickelt. Dieses Leitbild war nicht gedachtals verbindliche Dienstanweisung sondern sollte Konsens darüber herstellen, wel-che Felder und Voraussetzungen für die Umsetzung der formulierten prioritärenZiele berücksichtigt werden müssen und wie damit umzugehen ist. Das Leitbilddarf nicht als Leitlinie im Sinne �einer auf bürgerfreundliches Verhalten ausge-richteten Dienstanweisung� missverstanden werden. Folgende Bereiche erschie-nen uns zur Umsetzung unserer Ziele erörternswert:

1. Teamarbeit, Arbeitsstil und Transparenz im Umgang miteinander2. Kooperation mit Anbietern gesundheitsbezogener Dienstleistungen ein-

schließlich der Hochschulen3. Orientierungen an den Interessen aber auch Bedürfnissen der Kunden und

Kundinnen4. Qualitätsmanagement.

Der Entwicklungsprozess des Leitbildes ist in Form des zeitlichen Ablaufes dar-gestellt.

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Ein Problem soll hierbei nicht verschwiegen werden. Die Leitbildentwicklungerfolgte zunächst kopflastig auf der Führungsebene unter zeitlichen Gesichts-punkten. Eine mitarbeitereinbeziehende Entwicklung mit breiter Leitbilddiskus-sion wäre nach den Erfahrungen in anderen Einrichtungen nicht unter zwei bisdrei Jahren auch nur annähernd abzuschließen gewesen. Von daher entschlossenwir uns, einen Entwurf in einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. v.

- Erarbeitung eines Umsetzungs- prozesses s. Anlage

- Ideen und Impulse Vernetzung verschiedener Prozesse

Leitbilddiskussion in den- Ämtern- Facharbeitskreisen mit Ent- wicklung fachlicher Empfeh- lungen- Verabschiedung der fach- lichen Empfehlungen

Diskussion mit allen Amtsleitern

Offizielle Verabschiedung desLeitbildes

Weitergabe an alle Mitarbeiter-Innen

Projektteam:- Abstimmung der Vorgehens-weise (Button Up vs. Top down)- Entwurf an alle GÄ- 2 tägige Klausurtagung

Erarbeitung der zukünftigenSchwerpunktaufgabenfür den ÖGDVerbindung zu Public Health-Forschung

Um-frage

Pro-jekt-team

Fest-legungderZiele

WahleinesKoor-dinators

Abstim-mungin denGremien(Land-kreis-tag etc.)

Einarbeitung der Rückmeldungen

Klausurtagung zur Weiterent-wicklung

Beschluss zur Leitbild-entwicklung mit fachlichenEmpfehlungen

Forum "ÖffentlicherGesundheitsdienst"

Leitbildentwicklung

Leitbildweitergabe

Leitbilddiskussion

Vertiefende Leitbildum-setzungsprozesse

Weiterentwicklung desLeitbildes

Jan.1998

April1998

Sept. -Nov.1998

Dez.1998

Jan.1999 -Dez.1999

Jan. -Sept.2000

Sept.Dez.2000

Leitbildentwick-lungsprozess

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Troschke (Deutsche Koordinierungsstelle für die Gesundheitswissenschaften ander Universität Freiburg) zu erarbeiten. Der Entwurf wurde dann in einer 2-tägi-gen Klausurtagung mit Vertretern und Vertreterinnen aus allen Gesundheitsämternund Berufsgruppen diskutiert, verändert und verabschiedet. Zu Recht wurdemoniert, dass diese Verfahrensweise der Einbindung aller Mitarbeiterinnen undMitarbeiter nicht förderlich ist.

Das Leitbild ist im Anhang im vollständigen Wortlaut wiedergegeben. Diedarin angesprochenen wichtigsten Punkte sind noch einmal in der folgendenGrafik zusammengefasst. Sie weist auf die übergeordnete Zielorientierung hinund listet die Themenbereiche auf, zu denen handlungsorientierende Aussagengemacht werden.

Die im Leitbild gemachten grundsätzlichen Aussagen werden ergänzt durch de-taillierte fachliche Empfehlungen zu den Schwerpunktaufgaben. Sie wurden unterFederführung des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg (Präsident Prof.Dr. V. Hingst) in Arbeitsgruppen erarbeitet

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Wo stehen wir nach einem Jahr?

Nach einer Umfrage kennen mehr als 2/3 aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterder Gesundheitsämter das Leitbild und haben darüber diskutiert. In 25 % findeteine regelmäßige Diskussion statt und Verfahrensweisen zur Umsetzung desLeitbildes sind verankert. Immerhin gaben 75 % der befragten Ämter an, dass dieDiskussion über das Leitbild doch vereinzelte Auswirkungen und Veränderungenbewirkt habe.

Welche Ursachen werden für die noch geringe Umsetzungdes Leitbildes gesehen?

Für viele MitarbeiterInnen bleibt noch offen, welchen Nutzen (benefit) sie aus derstärkeren Beteiligung an der Neuorientierung ziehen und ob tatsächlich Kompe-tenzen abgegeben und neu verteilt werden. Weiterhin bestehen noch Schnittstel-lenprobleme mit den Landratsämtern, die zum Teil eigene Leitbilder mitLeitlinien entwickelt haben und �Unterleitbildern� kritisch gegenüber stehen. DasTQM ist abhängig von einem für die Umsetzung verantwortlichen kompetentenManangement. Management als Führungsaufgabe wurde aber bisher den Amts-leiterinnen und Amtsleitern nur unzureichend vermittelt. Die Fortbildungsmaß-

9%

28%

17%15%

6%

19%6%

Einstellungsänderung beiden MitarbeiterInnen

ProzessänderungArbeitsziele

Befragung aus 30 Ämtern

Sonstigesund keineAntworten(n=2)

keine

Neue Perspektivenfür MitarbeiterInnen Außenwirkung

ÜberdenkendeAufgabenSchwerpunkte

WelcheVeränderungenwurden erreicht

(n= 47 Antwor-ten)

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nahmen in Baden-Württemberg zu diesem Thema zielen daher darauf ab, dieKompatibilität des Leitbildes mit den Zielen der Landkreise deutlich zu machenund die Amtsleiterinnen und Amtsleiter zur Umsetzung des Leitbildes zu befähi-gen. Wir gehen davon aus, dass der Benefit für die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter durch mehr Partizipation und Einflussnahme auf die Gestaltung deseigenen Arbeitsfeldes von selbst deutlich wird.

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Externe Qualitätssicherung am Beispiel des Kinder-und Jugendärztlichen Dienstes

Dr. Ulrike Horacek, Gesundheitsamt Recklinghausen

Vorbemerkungen

Qualitätsentwicklung ist keine Angelegenheit, die ausschließlich intern zu bewäl-tigen ist, aber genauso wenig vorwiegend extern erfolgen sollte � wie es der Titelvermuten lässt. Gleichzeitig möchte ich verdeutlichen, dass sich Kooperations-strukturen entwickelt und bewährt haben, gerade im Hinblick auf ein gemeinsa-mes Qualitätsmanagement.

Diese Bezeichnung (QM) hätte ich auch der �Qualitätssicherung� vorgezogen,da letztere etwas Bewahrendes, Abgeschlossenes impliziert und nicht die offeneAusrichtung und Prozesshaftigkeit zum Ausdruck bringt.

Zum dritten plädiere ich dafür, vom Kinder- und Jugendgesundheitsdienst zusprechen, da sich dieser Dienst strukturell und inhaltlich mehr und mehr berufs-gruppenübergreifend profilieren muss; auch dies wird hoffentlich an einigenStellen im Referat deutlich.

Einleitung

Im Veranstaltungsprogramm wird als Zielsetzung der Tagung angegeben,Unterstützung zu leisten hinsichtlich der Umsetzung des neuen ÖGD-Gesetzes inNRW. Dem lögd wird in § 27 eine besondere Rolle zugeschrieben: es soll fachli-che Leitstelle sein für �Qualitätssicherung und -kontrolle�, es soll Hilfe leisten

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beim Entwickeln von Methoden und Verfahren, Landesregierung und untereGesundheitsbehörden in diesem Bereich beraten.

Welche Hilfen gibt uns (extern und intern) das Gesetz nun weiterhin? Im § 22werden Fachärzte und Fachkräfte in den Gesundheitsbehörden gefordert, ohnegenauere Spezifizierung und Quantifizierung. Das ist auch schon alles, was zurStrukturqualität zu finden ist, die sich ja auch noch über viele andere Kriteriendefiniert.

Aus wohl verständlichen Gründen gibt es auch wenig Hinweise, was sich derGesetzgeber unter Prozessqualität vorstellt. Uns sind allen die Schwierigkeitenbewusst, quasi in Handbuchform allgemeingültige Standards zu entwickeln.

Die Rahmenbedingungen differieren; es gibt zentrale und dezentrale Arbeits-formen; es gibt Stadt- und Kreisverwaltungen; komplementäre Versorgungsstruk-turen sind unterschiedlich, kommunalpolitische Vorgaben ebenso.

Welche Fragen muss man sich in Bezug auf die Ergebnisqualität stellen? DieListe ist unerschöpflich: Wollen wir Kosten gegen Nutzen aufrechnen? Wollenwir Kosten-Wirksamkeitsanalysen durchführen, und wenn ja, wie messen wirWirksamkeit? Messen wir den Nutzen für den Einzelnen oder für die Kommune?Wie kann man Einzelleistungen subsummieren, um zu einer Gesamtbewertungeines Dienstes zu kommen; welche Wertschöpfung ist mit der Tätigkeit einesDienstes verbunden? Ist das Ganze überhaupt von außen zu beurteilen, oder feh-len da wichtige Informationen über Ausgangsbedingungen? Gibt es Organisa-tionen of best practice/benchmarking? Und wenn ja, sind ihre Vorgehensweisenübertragbar auf die aktuell vorgefundene Situation. Sind die erbrachten Leis-tungen effektiv und effizient? Nach welchen Kriterien soll sich dies ausrichten?Was ist mit dem Zeitfaktor? Gerade Leistungen der Gesundheitsförderung, derPrävention und Rehabilitation rechnen sich erst mittel- und längerfristig, weil sieetwas mit Verhaltensänderungen zu tun haben, die sich indirekt (und koproduktiv)auf das Ergebnis auswirken. Was ist mit der Bewertung von beratenden und vonsozialkompensatorischen Tätigkeiten, die oft vordergründig viel input, aber eben-so vordergründig wenig output liefern? Sind die verfügbaren Ressourcen, sindmögliche Synergieeffekte genutzt worden? Ist es nicht manchmal sinnvoller, vor-

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handene Dienste zu koordinieren als die Aufgabe selbst durchzuführen? Sind dieentwickelten Programme und Konzepte nur unter Idealbedingungen tauglich(efficacy) oder auch im Alltag (effectiveness)? Soll das Festlegen von Qualitäts-kriterien denen vorbehalten sein, die die Definitionsmacht für sich reklamieren,oder sollen sie im Rahmen von Vereinbarungen der Beteiligten festgelegt werden?

Zusammengefasst gibt es Probleme, was zu messen ist und Schwierigkeiten,wie man dabei vorgehen sollte.

Beispiele für Ansatzpunkte von Qualitätsmanagement anHand der Lernanfängeruntersuchung

Im Hauptteil soll an Hand konkreter Beispiele Ansatzpunkte für Qualitäts-management (QM) erarbeitet werden. Die abstrakte Ebene soll bewusst verlassenwerden, um von kleinen Problemchen und Beobachtungen schrittweise zu kom-plexeren Themen überzugehen. Viele kleine Schritte sind sicherer als ein Sprungins Ungewisse! Zudem hat ein Pionier des QM dieses definiert als �Nachdenkenüber Selbstverständlichkeiten�!

Warum soll das Beispiel der Lernanfängeruntersuchung herangezogen werden?

Zu allererst ist es eine der Hauptaufgaben des KJGD mit mehr oder minder deut-lich definiertem gesetzlichen Auftrag. Zum zweiten ist es seit mehreren Jahren einbewährtes Kooperationsfeld zwischen lögd und KJGD. Für die Bevölkerungwiederum stellt es oft den ersten und einzigen Kontakt mit der unteren Gesund-heitsbehörde dar, so dass es ganz entscheidend ist, wie sich diese bei der Gelegen-heit darstellt. Wichtigster Punkt ist jedoch, dass es sich um eine koproduktiveLeistung vieler Beteiligter handelt mit hohem Abstimmungsbedarf; somit gibt esviele Handlungs- und Bewertungsbeen und unterschiedlichste Qualitätskritieren.

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Auf welchen Ebenen muss Qualitätsmanagement bei derLernanfängeruntersuchung stattfinden?

Konzeption

Organisation

Durchführung

Erhebung

Dokumentation

Auswertung

Nutzen/Nutzbarmachung der Ergebnisse

Selbstevaluation/Zielüberprüfung

Rückkopplungsschleifen zwischen allen Ebenen, bevorzugt jedoch von der letzten Ebene.

Auf welchenEbenen mussQualitäts-management beider Lern-anfängeruntersu-chung stattfinden?

Aus welchen Perspektiven muss die Qualität der Lernanfängeruntersuchungdefiniert werden, und welche Qualitätsmerkmale ergeben sich daraus?

Schulleiter Verwertbarkeit des Gutachtens

Eltern Termingestaltung; Wohnortnähe, Transparenz, Beratung

Kind kindgerechte Gestaltung der Untersuchungssituation, verantwortungsvolle Schulbahnempfehlung, komplette Erfassung der schulrelevanten Befundeund des Förderbedarfs, sachdienliche und praktikable Hinweise auf denUmgang mit gesundheitlichen Problem im Schulalltag

lögd vollständiger, zeitgerechter Rücklauf korrekt ausgefüllter Dokumentations-bögen, rechtzeitige Absprachen von Erfassungswünschen, Verwertbarkeitder Ergebnisse für Landes-GBE

Niedergelassene Klare Vermittlung on beobachteten Auffälligkeiten ohne PräjudizierenÄrzte von Entscheidungen, Kenntnis der Gesamtergebnisse

Mitarbeiter d. u. Klarheit des schulpolitischen und gesetzlichen Auftrags (Wandel!),Gesundheitsbeh. Arbeitszufriedenheit/Vermeiden von Monotonie, Rückkopplung der

Ergebnisse

Kooperations- erfülltes Interesse an Einzelfragen der GBE (Versorgungssystem,Partner Kopplung mit umweltmed. Fragestellungen, Jugendamt,

Pflegschaften, etc.

Kommune verantwortungsbewusster Ressourceneinsatz, Sicherstellung der nach-gehenden Fürsorge, Verwertbarkeit der Ergebnisse für gesundheitsplanerischeEntscheidungen (ökonom., soziale und allgem. Polit. Verantwortung)

Aus welchenPerspektiven mussdie Qualität derLernan-fängeruntersu-chung definiertwerden, und wel-che Quali-tätsmerkmale erge-ben sich daraus?

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Beispiele für Ansatzpunkte von Qualitätsmanagement imRahmen der Lernanfängeruntersuchung

Untersuchen bzw. erfassen wir einheitlich?Als Beispiel für die Schwierigkeiten bei der Standardisierung auf der Durch-führungsbene wird das Item �Seiltänzergang rückwärts� gewählt. Es wird anHand der Folie gezeigt, wie trotz klarer Vorgaben sehr unterschiedliche Ergeb-nisse (in Prozent der untersuchbaren Kinder) zu verzeichnen sind, die im Ausmaßnicht plausibel sind und zumindest nicht allein auf reale Unterschiede in denUntersuchungskollektiven zurückzuführen sind.

Seiltänzergang rückwärtsDurchführungDas Kind wird gebeten, auf einer 3 m langen und 2 cm breiten Markierung vor-wärts und rückwärts im Liniengang zu balancieren. Nach dem �Üben� desLiniengangs vorwärts wird nur der Seiltänzergang rückwärts bewertet. Über-schießende Ausgleichsbewegungen sind zu registrieren.

BeurteilungTritt das Kind dreimal oder öfter daneben, geht es stockend oder gelingt derSeiltänzergang rückwärts gar nicht, so ist der Befund als auffällig einzuschätzen.Zweimaliges Abtreten ist grenzwertig, null- oder einmaliges Abtreten ist unauf-fällig.

DokumentationEs wird nummerisch codiert dokumentiert: unauffällig mit 2, grenzwertig mit 1und unauffällig mit 0.

Bewerten wir einheitlich?

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An Hand der Ravensberger Sprachtafeln wird die Ausprache des Kinders über-prüft. Die Anzahl der Gruppen von Stammelfehlern wird eingetragen.

Beispiel:

0 1 2 3

Bezirk n % n % n % n % Gesamtzahl

1 246 70,1 46 13,1 22 6,3 13 3,7 3272 390 85,3 39 8,5 11 2,4 12 2,6 4523 315 75,2 66 15,8 17 4,1 13 3,1 4114 8 1,5 11 2,1 14 2,7 480 92,1 5135 338 77,5 48 11 19 4,4 14 3,2 4196 294 79 61 16,4 9 2,4 6 1,6 3707 449 89,3 24 4,8 1 0,2 2 0,4 4768 113 66,1 40 23,4 12 7 3 1,8 1689 317 89 23 6,5 5 1,4 5 1,4 350

10 294 68,5 103 24 19 4,4 6 1,4 42211 288 77,4 56 15,1 15 4 6 1,6 36512 325 71,9 72 15,9 22 4,9 20 4,4 43913 415 86,1 46 9,5 10 2,1 9 1,9 48014 465 92,4 8 1,6 2 0,4 15 3 490

Bezirk Anzahl 0 1 2

2 457 3,9 22,1 72,65 436 0,5 9,9 86,5

10 372 2,4 7,3 89,814 356 0,6 4,8 93,315 429 16,6 14,9 66,718 452 23,5 42,7 3141 482 15,4 23,7 60,6

SeiltänzergangrückwärtsEinzelneErgebnisse (%)

Befund: Dyslalie

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1 bei Sigmatismus interdentalis oder Schetismus2 bei Schetismus und Sigmatismus3 bei 3 und mehr Stammelfehlergruppen.

Exemplarisch werden Ergebnisse gezeigt, die sich auf das Item �Dyslalie bezie-hen. Es fällt ins Auge, dass in einem Bezirk genau in der falschen Richtungcodiert wurde: �0� entspricht hier dem schlechtesten Befund, �3� dem besten,obwohl nummerisch die Zahl der Stammfelhlergruppen gemäß den Definitionenangegeben werden sollte.

Daraus ist zweierlei abzuleiten: einerseits die Notwendigkeit, nicht plausibleErgebnisse im Detail zu überprüfen, andererseits die Sinnhaftigkeit, Codierungs-richtungen beizuhalten (entweder: je mehr Punkte, desto besser � oder umgekehrt� aber immer gleichgerichtet).

Ist der Umfang einzelner Untersuchungsteile angemessen?Bei der Untersuchung werden insgesamt 4 Items mit dem SchwerpunktGrobmotorik erfasst.

Erläuterung zur Grafik:

Einschulung;Dokumenta-tionsbogenÜbersicht über dieerhobenenZusatzbefunde undihre Bewertung(in Anlehnung andas Köln-Bonn-Aachener-Modell)

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GM GrobmotorikFM FeinmotorikVW Visuelle WahrnehmungAW Auditive WahrnehmungSp Sprache

Es wird die Frage zur Diskussion gestellt, ob dieser ressourcenfordernde Umfangnotwendig und zweckmäßig ist. Was macht es nötig, die Frage zu stellen?

Die Integration körperbehinderter Kinder � mit erheblicher Einschränkung derGrobmotorik � in die zuständigen Regelschulen ist heute keine Seltenheit mehr.Außerdem wirssen wir spätestens seit Michaelis, dass das Konzept der hierarchi-schen Entwicklung stark in Frage zu stellen ist: so baut z.B. Sprachmotorik nichtnotwendigerweise auf allgemeiner Feinmotorik auf; wiederum ist für diese fürschulisches Lernen bedeutsamere Komponente kein definierbarer Entwicklungs-stand der Grobmotorik Voraussetzung. Oder sollte man in Zeiten, in denen esschwierig ist, normalen Sportunterricht, geschweige denn Sportförderungsunter-richt sicherzustellen, mit besonderem Nachdruck auf grobmotorische Problemehinweisen? Hier wird ganz deutlich, dass man sich auf Ziele hin vereinbarenmuss.

Erreichen wir unser Ziel?In NRW gibt es verschiedene Organisationsvarianten bzw. Zeitpunkte für die LA-Untersuchung: Manche Ämter untersuchen das ganze Jahr über die jeweils gera-de sechs Jahre alt gewordenen Kinder, viele haben den als Hauptuntersuchungs-zeitraum das Früjahr gewählt und können dann verständlicherweise eine relativsichere Schullaufbahnempfehlungen abgeben. Teams, die schon früh nach denSommerferien des Vorjahres untersuchen, gewinnen viel Zeit für eventuell not-wendige Abklärungs- und Fördermaßnahmen, müssen aber viele Kinder ein zwei-tes Mal näher am Einschulungstermin untersuchen, um treffsichere Aussagen zurSchullaufbahnempfehlung, zumindest im Hinblick auf die Übereinstimmung mitder Einschätzung bei der Anmeldung und längerfristig mit der Bestätigung imVerlauf des ersten Schuljahres; das setzt allerdings gemeinsame Bemühungen,Wille zur Transparenz und Kooperationsbereitschaft auch auf schulischer Seitevoraus.

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Arbeiten wir �kundenfreundlich?�Hierzu wird ein in Recklinghausen geplantes Projekt an Hand einer Folie erläu-tert.

Der Schulleiter sollte als Gutachtenempfänger entscheidend mitbestimmen und -gestalten bei unserer Aufgabenerfüllung. Dazu wurde ein Fragebogen entwickeltder zunächst den für die Grundschulgeneralie zuständigen Schulräten präsentiertwerden soll. Anschließend möchten wir ihn möglichst nach persönlicherErläuterung bei Schulleiterdienstbesprechungen in Umlauf bringen, wobei dasAusfüllen auf freiwilliger Basis und anonym erfolgen soll.

Erfüllen wir unseren Gesetzlichen Auftrag?Hierzu wurde ein Teilaspekt aufgegriffen: Tragen wir effektiv dazu bei, dass mög-lichst frühzeitig der optimale schulische Förderort für das Kind gefunden wird(wie es der schulpolitische Auftrag formuliert)?

Zusammenfassungmotorischer Items

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Wir sehen, dass ein recht hoher Prozentsatz von Kindern aus Gründen der Unreifevom Schulbesuch zurückgestellt wird; regional sogar bis zu etwa 25 %. Anderer-seits wissen wir, dass in der zweiten Klasse für etwa 5 % der Kinder Verfahren zurÜberprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs durchgeführt worden sind.Müssten wir nicht mehr Anstrengungen unternehmen, angesichts des schulpoliti-schen Auftrags dieses Kollektiv in größerem Umfang schon bei der LA-Untersuchung zu identifizieren? Im Sinne einer kritischen Selbstevaluationscheint es mir dringend geboten, neue Strategien zu entwickeln, die uns diesemZiel näher bringen. Als Nebeneffekt sei hingewiesen auf den großen Untersu-chungsumfang, nämlich bei ca. 160.000 Einschüler pro Jahr: welch eine Chancefür epidemiologisch ausgerichtete Gesundheitsberichterstattung!

Zusammenfassung und Perspektiven

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Viele sind beteiligt, viele haben unterschiedliche Rollen im Geschäft. Es gibtviele, zum Teil konfligierende Interessen. Daraus entsteht die Notwendigkeit,prioritäre Ziele zu setzen, möglichst auf der Basis von Vereinbarungen, die letz-tendlich Kompromisse sein müssen. Ziele können sich beziehen auf Termine,Inhalte, Umfang (was, wie schnell, in welchem Ausmaß, mit welchen Ressourcen,

Jungen Mädchen

Zurückstellung Unreife 6,1 % 3,5 %VO-SF (Sonderschule) 1,9 % 1,1 %Zurückstellung medizin. Indikation 0,5 % 0,3 %

Zahl der Untersuchten 82722 78590Lernanfänger1997 NRW

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für welchen Zweck). Das kann nur sinnvoll geschehen, wenn alle die Gesamtziel-setzung kennen. Man muss mitbekommen haben, welcher Wandel sich hinsicht-lich des Auftrags vollzogen hat: Entwicklung von seuchenhygienischer Überwa-chungsmaßnahme über Reihenuntersuchung zur Beurteilung der Schulreife hinzur individual- und sozialmedizinisch orientierten Untersuchung.

Wenn ein Grundverständnis von Gesundheitsberichterstattung (GBE) ent-wickelt werden kann, wird es leichter sein, Mitarbeiter zum gewissenhaften undsorgfältigen Ausfüllen der Dokumentationsbögen zu bewegen. Er wird nicht mehrdas Gefühl haben, �nur für die Statistik� zu arbeiten, wenn er Verwertungszusam-menhänge kennt; es muss klar sein, dass die Aufgabe GBE gleichzeitig zurRessource wird, indem sie zur Informationsquelle wird für Gesundheitsplanungund -politik. Kommunikationsstrukturen und Kommunikationskultur sind gefor-dert.

Dies gilt nicht nur innerhalb der unteren Gesundheitsbehörde, sondern selbst-verständlich auch im interdisziplinären Zusammenwirken mit den anderen Betei-ligten, setzt also eine gegenseitige Wertschätzung der Partner voraus. Gleichzeitigsollte dies aber nicht daran hindern, die eigene Fachperspektive selbstsicher ein-zubringen und nutzbar zu machen.

Nach Abschluss der Untersuchung ist eine Selbstevaluation nötig, d.h. dieÜberprüfung, ob die vereinbarten oder gesetzten Ziele erreicht wurden. Es mussversucht werden, was ggf. in welcher Weise der Zielerreichung im Wege stand.Wenn man diese Hindernisse oder Fehler identifiziert hat, kann man im Sinneeiner Rückkopplungsschleife daraus Konsequenzen für die Zukunft ziehen, sei esim Hinblick auf die Ebenen von Konzeption, Durchführung und Bewertung.

Qualitätsmerkmale sind äußerst vielgestaltig; sie können aus unterschied-lichen Perspektiven und unter verschiedenen Prioritäten ganz anders aussehen.Qualitätsmanagement muss dem Rechnung tragen, in dem es sich prozesshaft ver-steht und gestaltet. Gleichzeitig ergibt sich die Notwendigkeit, schon aufPlanungsebene möglichst viele Aspekte zu berücksichtigen, was durch Einbezugder Beteiligten am sichersten gelingen dürfte. Auswertung beginnt schon bei derPlanung.

Die Durchführung wiederum muss einheitlich, die Handlungsweisungen müs-sen klar und eindeutig sein, um Vergleichbarkeit herzustellen. Bewertungsmaß-stäbe müssen standardisiert sein, und ihre Einhaltung ist kontinuierlich zu über-prüfen.

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Die angewandten Tests sollten valide sein (mit den Items soll das gemessenwerden, was interessiert, und das soll treffsicher, d.h. wiederholbar und untersu-cherunabhängig geschehen). Ressourcenbewusstsein und Dienstleistungs-charakter müssen in die Qualitätsstrategien einfließen.

Der Gestaltungsrahmen muss es ermöglichen, neue Fragestellungen mit auf-zunehmen (Flexibilität).

Ich hoffe verdeutlicht zu haben, dass die Beschäftigung mit konkreten, über-schaubaren Themen hinführt zu komplexeren Problembereichen. Automatischentstehen neue Ideen, welche Fragestellungen angegangen werden könnten, wel-che Verknüpfungen hergestellt werden können (z.B. Häufigkeit von Sprachstö-rungen/Kindergartenbesuch), welche Fragen z.B. auch die eigene Rolle stärkenkönnen (siehe erstmalig erhobene Befunde).

Voraussetzung hierfür wird es sein, regelmäßige Qualitäts-Zirkel zu imple-mentieren und Rückkopplungsschleifen zuzulassen. Evaluation und GBE werdenzum Objekt und zum Instrument von Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherungund Qualitätsmanagement.

Oft wird der Anstoß dazu von extern kommen, vom lögd in seiner Funktionals fachliche Leitstelle. Alle Bemühungen sind jedoch zum Scheitern verurteilt,wenn sich nicht vor Ort ein Qualitätsbewusstsein entwickelt, das eine tragfähigeGrundlage für Qualitätsmanagement sicherstellt. Das lögd wiederum kann helfen,neue interessierende Fragen aufzuarbeiten. Es kann auch Moderatoren- undSupervisions-Rollen übernehmen. Ich habe das Entstehen neuer Kooperations-formen erlebt und empfinden dies als ausgesprochen fruchtbare Zusammenarbeit.Auch der eigene Dienst wird dann als Teil eines Ganzen begriffen, über das mangemeinsam kritisch reflektiert und mit dem man sich Schritt für Schritt auf denWeg macht zur kontinuierlichen Optimierung: kleine Schritte auf dem Weg zurlernenden Organisation.

Für die Zukunft wünsche ich uns allen viel Erfolg dabei und danke Ihnen fürIhre Aufmerksamkeit.

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Qualitätszirkel am Beispiel der umweltmedizini-schen Ärzte

Dr. Claus Mehnert, Werksarztzentrum Paderborn

Wesentliche Merkmale von Qualitätszirkeln

Der Begriff �Qualität� insbesondere in Wortzusammensetzungen, ist heute in allerMunde. Mit �Total Quality Management (TQM)�, �Qualitätsstandards� oder�Qualitätssicherung� werden wir fast täglich konfrontiert. Gerade deshalb ist eswichtig, den Begriff �Qualitätszirkel� zu erklären.

Im ärztlichen Bereich wurde der Begriff des �Qualitätszirkels� durch dieQualitätssicherungs-Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 1993eingeführt.

Anlass war die Aufforderung des Gesetzgebers (Sozialgesetzbuch V, § 135),nur �qualitätsgesicherte� Medizin den Patienten anzubieten.

In der Präambel der Richtlinie heißt es: �Die Sicherung und Verbesserung derQualität ärztlicher Tätigkeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für einepatienten- und bedarfsgerechte, fachlich qualifizierte und wirtschaftliche Ver-sorgung auf hohem Leistungsniveau. Qualitätssicherung der ärztlichen Leistunghat zum Ziel, die Qualität des Arbeitsprozesses und des Arbeitsergebnisses zuwahren oder zu erhöhen. Dies kann nur verwirklicht werden, wenn Problemerechtzeitig identifiziert, hinreichend analysiert, praktikable Verbesserungsvor-schläge zügig erarbeitet und erfolgreich angewendet werden. ...�

Als eine von mehreren möglichen Qualitätssicherungsmaßnahmen wird dieEinrichtung von Qualitätszirkeln angesehen:

�Qualitätszirkel in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung dienen derWeiterqualifizierung durch kritische Überprüfung der eigenen Tätigkeit undeinem auf den Erfahrungen der Teilnehmenden aufbauenden Lernprozess. ...�

Um den Qualitätszirkeln eine Struktur zu geben, wurden in der Richtlinieebenfalls Ziele und die Methodik festgelegt.

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Durch die Abgrenzung der Qualitätszirkel gegenüber anderen Maßnahmen derärztlichen Fortbildung werden ebenfalls die wesentlichen Merkmale deutlich.

Ziele:

� Beschreibung und � wenn möglich � Abbildung der eigenen Tätigkeit� Vergleich mit teilnehmenden Kollegen und Erfahrungsaustausch� Analyse und Bewertung der eigenen Tätigkeit nach Qualitätskriterien� Feststellung von Übereinstimmungen mit bestehenden Leitlinien,

Identifizierung und Begründung von Abweichungen, Modifikation vorhandener Leitlinien gemäß den Bedingungen der ambulanten Praxis

� Entwicklung und Anwendung praktikabler Problemlösungen� Überprüfung der Ergebnisse angewandter Problemlösungen

Methodik:

Qualitätszirkel arbeiten

� auf freiwilliger Basis� mit erfahrungsbezogenen, selbstgewählten Themen� auf der Grundlage des kollegialen Diskurses ("peer review")� mit Moderator(en)� mit Evaluation ihrer Ergebnisse, soweit möglich auf einer

hinreichenden Basis empirischer Daten aus der ambulantenVersorgung

� kontinuierlich und mit festem Teilnehmerkreis� mit Ärzten gleicher oder unterschiedlicher Fachrichtungen

Abb. 1Qualitätszirkel(KBV-Richtlinien)

Abb. 2Qualitätszirkel(KBV-Richtlinien)

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Bildung eines umweltmedizinischen Qualitätszirkels

Die zunehmend in der Öffentlichkeit diskutierten gesundheitlichen Beschwerdenaufgrund von Umwelteinflüssen führten dazu, dass sich die KassenärztlicheVereinigung und die Ärztekammer Westfalen-Lippe intensiv mit dieser Thematikbeschäftigten, was in folgende konkrete Maßnahmen mündete:

1. Im Januar 1995 wurde das Umweltmobil der Kassenärztlichen VereinigungWestfalen-Lippe eingeführt: Nach Mindestnormen der KV qualifizierte Ärztekönnen bis heute zu Lasten der Krankenkassen für ihre Patienten das Umwelt-mobil anfordern. Von Technikern/Ingenieuren werden Wohnraumbegehungendurchgeführt und Proben genommen. Die Analyseergebnisse erhält der anfor-dernde Arzt.

2. Im gleichen Jahr ernannte die Ärztekammer Westfalen-Lippe im Gebiet jederVerwaltungsstelle sogenannte �umweltbeauftragte Ärzte�. Sie haben die Auf-gabe, sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch innerhalb der Ärzteschaft

Qualitätszirkel unterscheiden sich

von traditionellen Fortbildungen durch

� eigene Expertenschaft (kein externer Referent)� Kontinuität� gleichberechtigten kollegialen Austausch

aller Teilnehmer

von Ärztestammtischen durch

� Systematik� Zielbezug� Moderation

Abb. 3

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bezüglich umweltmedizinischer Fragestellungen zur Verfügung zu stehen. Eshandelt sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit.

3. Außerdem wurde im Kammerbezirk die Zusatzbezeichnung �Umweltme-dizin� eingeführt, die berufsbegleitend erworben werden kann.

Darüberhinaus gab es auch schon vorher verschiedene ärztliche Tätigkeitsfeldermit umweltmedizinischem Bezug.

Um den strukturierten Wissensaustausch zu fördern, gründete ich in meinerFunktion als �umweltbeauftragter Arzt� der Verwaltungsstelle Paderborn der Ärz-tekammer Westfalen-Lippe einen Qualitätszirkel und orientierte mich an denMethoden und Zielen, die in den KV-Richtlinien niedergelegt sind (Abbildung 4und 5). Dabei zeigt sich, dass nicht alle Prinzipien in der Praxis berücksichtigtwerden können. Über die bisher bearbeiteten Themen informiert Abbildung 6.

Teilnehmer:

� Ärzte mit der Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin"� Laborärzte und Fachärzte für "Hygiene und Umweltmedizin"� niedergelassene Ärzte, die das KV-Mobil anfordern dürfen� Ärzte des ÖGD� Arbeitsamtsärzte� Ärzte des MDK

Struktur:

� Anzahl der Treffen: ca. 2 x pro Jahr� Moderatoren: stellv. Amtsarzt und ich abwechselnd� Referenten: in der Regel "Zirkelmitglieder�� Einladung: schriftlich durch Moderatoren� Thema: wird vom Zirkel festgelegt

Inhalte:

� Fachliches� Organisatorisches (z.B.: Wege der Wissensbeschaffung)

Abb. 4Qualitätszirkel�Umweltmedizin�

Abb. 5Qualitätszirkel�Umweltmedizin�

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Abschließend ist festzustellen, dass es sich bei den Zirkelmitgliedern um eineGruppe von Interessierten handelt, die durch ihr Mitwirken über den persönlichenWissensgewinn hinaus keine zusätzlichen Vorteile erlangen können. Es geht alsoausschließlich um eine Maßnahme der freiwilligen Qualitätssicherung, sowohlwas die Veranstalter als auch was die Teilnehmer anbelangt.

Da sich abzeichnet, dass der vielleicht zunächst erhoffte finanzielle Vorteildurch die Untersuchung und Behandlung �Umweltkranker� ausbleibt, ist dasInteresse am Zirkel eher rückläufig und stabilisiert sich auf niedrigem Niveau (ca.fünf bis acht Teilnehmer pro Treffen bei ca. 40 Eingeladenen). Qualitätssicherungbraucht äußere Anreize, wenn sie langfristig Bestand haben soll � oder sie bleibteine Sache von Idealisten!

� Präsentation der Auswertung der Umweltmobileinsätze (externer Referent)

� Gesundheitsrisiken durch zahnärztliche Materialien besonders Amalgam

� PCB-Bestimmungen im Blut und deren Bewertung� Die Wohnungsinspektion und die Durchführung

von Messungen und deren Bewertung (externer Referent)� Erfahrungen mit dem KV-Mobil - Fallbesprechungen� ADIZ � Vorstellung des Mail-Box-Systems� Bewertung von Formaldehyd-Konzentrationen

in der Raumluft� umweltmedizinische Literatur und Software

Abb. 6Themen der bishe-rigen umweltmedi-

zinischenQualitätszirkel

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Koordination am Beispiel der Sozialpsychiatrie

Detlev Schürmann, Gesundheitsamt Kreis Viersen

Meine sehr geehrten Damen und Herren,bevor wir uns dem heutigen Thema zuwenden, möchte ich mich zunächst ein-

mal vorstellen. Meine Name ist Detlev Schürmann, Dipl. Sozialarbeiter,

� seit 1990 Koordinator für sozialpsychiatrische und psychosoziale Versorgungim Kreis Viersen

� seit 1999 Geschäftsführer der Gesundheitskonferenz im Kreis Viersen� seit 1991 Sprecher der AG der Rheinischen Psychiatriekoordinatoren� seit 1999 Vertreter der AG der kommunalen Spitzenverbände in der PBAG

(Programm Begleitende Arbeitsgruppe) Sucht des Landes NRW

Meine sehr geehrten Damen und Herren,das lögd hat mich gebeten, das Thema Qualitätssicherung und Qualitäts-

management im Kontext zu Koordination und Sozialpsychiatrie zu erörtern. Ichkomme diesem Wunsch gerne nach, indem ich Ihnen heute

a. einen Überblick zum Stand der Versorgung psychisch Kranker in denKommunen gebe

b. das Thema Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement nahebringe und c. an dem konkreten Beispiel der Suchtkrankenversorgung als Teilbereich der

Sozialpsychiatrie im Kreis Viersen verdeutliche, wie Koordination unter demGesichtspunkt Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement agiert und funk-tioniert.

In Nordrhein-Westfalen sind in den vergangenen 10 bis 15 Jahren, in Folge derPsychiatrieenquete, erhebliche Anstrengungen unternommen worden, um dieVersorgung psychisch Kranker nachhaltig zu verbessern. Hieran hat auch dieExpertenkommission der Bundesregierung ihren Anteil gehabt.

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Auch wenn seitens der Verantwortlichen immer wieder betont wird, wie positivsich diese Entwicklung darstellt, kann dabei nicht übersehen werden, dass die vonden Kliniken ausgehende Enthospitalisierung zunächst einmal nicht zu personen-zentrierten Hilfen, sondern zum Aufbau komplementärer institutioneller Hilfengeführt hat.An die Stelle der Kliniken traten Einrichtungen in Trägerschaft privater Anbieteroder der (freien) Wohlfahrtsverbände. Als Beispiel seien hier die verschiedenenbeschützten Wohnformen mit ihren z.T. recht starren Konzepten genannt.Dies hat zur Folge, dass Personen, deren Krankheitsbild nicht mit den Einrich-tungskonzepten zusammenpassen, selten Aufnahme finden.So ist zum Beispiel das gleichzeitige Bestehen einer Suchterkrankung nicht sel-ten, um nicht zu sagen in der Regel, ein Ausschlusskriterium für jede Form desbeschützten Wohnens in der psychiatrischen Komplementärversorgung.Die Folge ist, dass viele Patienten mit einer Komorbidität durch das bestehendebzw. aufgebaute komplementärpsychiatrische Netzwerk fallen. Häufig ist der Verlust der Wohnung ursächlich in psychischen/psychiatrischenErkrankungen zu finden.Nicht selten finden wir Personen mit manifesten psychischen/psychiatrischenErkrankungen als Obdachlose in der Nichtsesshaften-Hilfe wieder.Die sich hieraus ergebende Forderung muß also lauten: weg von der institutionel-len, hin zur personenzentrierten Hilfe.Entsprechend dem personenzentrierten Ansatz muss der Angelpunkt für Qualitäts-sicherung die individuelle Angemessenheit von Hilfe (Dienstleistungs-/Kunden-orientierung) sein.Dem hat sich der institutionelle Ansatz, insbesondere das Zusammenspiel vonKlinik, komplementären Bausteinen sowie nichtpsychiatrischen Hilfen unterzu-ordnen.Im Mittelpunkt steht der Hilfebedarf des Einzelnen, nicht die Konzepte bzw. insti-tutionellen Interessen der verschiedenen Akteure im Sozialpsychiatrischen Ver-bund.

Die Anforderungen an ein zeitgemäßes regionales Verbundsystem kann inetwa so formuliert werden: Einem akut oder chronisch psychisch Kranken/ Sucht-kranken muss zu jedem Zeitpunkt und in jeder Situation ein auf seine individuel-len Bedürfnisse zugeschnittenes Hilfsangebot unterbreitet werden können. Das

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bestehende vorwiegend institutionsorientierte Hilfesystem erschwert oder verhin-dert die Erbringung von personenzentrierten Komplexleistungen.

Das Hilfesystem ist 20 Jahre nach der Psychiatrieenquete, 10 Jahre nach demBericht der Expertenkommission immer noch gekennzeichnet durch:

� fehlende Versorgungsverpflichtungen in weiten Leistungsbereichen, d.h.Unklarheiten bzgl. der Zuständigkeiten bei Leistungsträgern undLeistungserbringern (Beispiel Betreutes Wohnen (BEWO) oder auch diepsychosoziale Begleitung bei Substitution)

� mangelnde Verknüpfung und übergreifende fachliche Abstimmung derLeistungen auf allen Ebenen.

Dies führt zu Folgeerscheinungen wie:

� Tendenz zur Vernachlässigung und Ausgrenzung der Schwerstkranken� Versorgungslücken und strukturbedingten Abbrüchen der Behandlung� Nebeneinander von Unter- und Überversorgung� Ungleichgewicht zugunsten stationärer Versorgung� fehlendem oder mangelndem Qualitätsmanagement� Unwirtschaftlichkeit.

Eine Weiterentwicklung (Beginn) der Strukturreform ist dringend notwendig,nicht zuletzt angesichts des aller Orten erkennbaren Wildwuchses von Leistungs-angeboten.

Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement

Ich möchte Ihnen hierzu vier Thesen vorstellen.

1. Der mit dem Begriff Qualitätssicherung verbundene Auftrag ist als ständigeQualitätsverbesserung zu verstehen.

2. Die Bereitschaft zur Verbesserung des Versorgungssystems muss im Systemselber entstehen; angestoßen und unterstützt durch sozialrechtliche und kom-munalpolitische Vorgaben.

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3. Koordination ist kommunale Aufgabe. Als solches ist sie im Sinne vonQualitätsmanagement einzubetten in örtliche Gesundheitskonferenzen.

4. Qualitätsmanagement als Führungsaufgabe ist immer zunächst auf interneQualitätssicherung ausgerichtet. Es dient der� Verbesserung der Rahmenbedingungen (Strukturqualität)� Verbesserung der Arbeitsabläufe (Prozessqualität)� Verbesserung der Behandlungs-, Rehabilitations- und Eingliederungsergeb-

nisse (Ergebnisqualität).

Wenn wir die zuvor benannte Entwicklung sehen und eine Weiterentwicklungwollen, müssen wir uns in Bezug auf das Versorgungssystem zwei grundsätz-lichen Fragen stellen:

a. Welche Kriterien/Voraussetzung muss die Organisation einer regionalen psy-chiatrischen/Suchtkranken-Versorgung erfüllen?

b. In welchen Strukturen ist dies denkbar?

Ich möchte Ihnen dieses Feld am Beispiel der Suchtkrankenversorgung im KreisViersen verdeutlichen.

Aufgrund vielfältiger Hinweise aus allen Bereichen des Hilfesystems Suchtwurde 1992 deutlich, dass die Versorgung im Kreis Viersen nicht unbedingt alsoptimal anzusehen war. Es gab keine verbindlichen Koordinations- und Koopera-tionsabsprachen. Die Strukturqualität war denkbar schlecht.

Das ÖGDG bietet heute die Möglichkeit, ja schreibt sogar zwingend vor, dassörtliche Gesundheitskonferenzen mit dem Ziel der Abstimmung, Koordinationund Steuerung eingerichtet werden.

Dies ist zwar zunächst einmal nichts Neues und wurde bereits in denEmpfehlungen der Expertenkommission für den psychiatrischen Bereich gefor-dert. Seinerzeit wurden diese Gremien mit dem Schlagwort Psychiatriebeiratbelegt.

Die Umsetzung allerdings zeigte kein einheitliches landesweites Bild. Psy-chiatriebeiräte wurden in vielen Kommunen eingerichtet und haben unterschied-lich gute oder schlechte Arbeit geleistet. Immer aber haben sie dazu beigetragen,die Versorgung in diesem Teilsegment transparenter zu machen, nachhaltig zu

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verbessern und die Zusammenarbeit zwischen den Trägern untereinander, aberauch zwischen Leistungserbringern und Leistungsträgern zu fördern.

Im Kreis Viersen war durch Beschluss des Kreistages 1991 ein Psychiatrie-beirat installiert worden. Dieser beschloss vor dem Hintergrund der an ihn heran-getragenen Klagen die Installation eines Arbeitskreises Sucht (AK).

Mitglieder waren und sind

� Entscheidungsträger der ambulanten Dienste� Entscheidungsträger der stationären Dienste� Entscheidungsträger der komplementären Dienste� Leistungsträger� Betroffenen- und Angehörigenvertreter� Kreispolizeibehörde� Justizvollzugsanstalt, JVA� und weitere.

Der AK wählte einen Vorsitzenden aus seinen Reihen, die Geschäftsführung oblagder Koordinationsstelle. Der Vorsitzende vertritt den AK im Beirat Psychiatrie.

Somit waren erstmalig Rahmenbedingungen geschaffen. Die Strukturqualitätwurde erheblich verbessert.

Der AK Sucht erstellte dann in Federführung des Psychiatriekoordinatorseinen Suchtbericht, der eklatante Schwächen in der Versorgung Suchtkranker zuTage brachte. Dieser Bericht wurde über den Beirat in den Ausschuss für Gesund-heit und Soziales eingebracht.

Nach Erörterung dort wurde die Verwaltung beauftragt, eine Konzeption zurumfassenden Reorganisation der ambulanten Suchtkrankenversorgung vorzube-reiten. Diese Konzeption wurde im AK-Sucht erstellt, über den Beirat abgestimmtund in die politischen Gremien eingebracht. Dort wurde sie verabschiedet und mitdem Auftrag zur Umsetzung an die Verwaltung zurückverwiesen. Auf diesemWege wurde auch der Prozessqualität genüge getan.

Der Ergebnisqualität, gipfelnd in der Zielvorgabe �Jedem Suchtkranken imKreis Viersen muss zu jedem Zeitpunkt und in jeder Situation ein auf seine indi-viduellen Bedürfnisse zugeschnittenes Hilfsangebot unterbreitet werden können�ist man im Kreis Viersen durch die Umstrukturierung sehr nahe gekommen.

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Nach wie vor arbeitet der AK Sucht regelmäßig zusammen und erörtert dieVersorgungssituation mit dem Ziel, durch gemeinsame Absprachen und Hand-lungen eine kontinuierliche Kontrolle und Verbesserung der Suchtkrankenver-sorgung zu erreichen.

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Evaluation am Beispiel des amtsärztlichenDienstes, Gutachtenwesens

Dr. Peter Lederer, Landratsamt Erlangen-Höchstadt, GesundheitsamtDr. Andreas Weber, Institut und Poliklinik für Arbeit-, Sozial- undUmweltmedizin der FAU Erlangen

Einleitung

Die Evaluation von Gutachten im amtsärztlichen Dienst des öffentlichen Gesund-heitsdienstes Bayern ist ein Baustein der Qualitätssicherung im ÖGD Bayerns.

Im Jahre 1993 und 1994 fanden Arbeitstreffen der Bayerischen Akademie fürdas öffentliche Gesundheitswesen im Bayerischen Staatsministerium für Arbeitund Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit statt zum Thema:Grundlagen des öffentlichen Gesundheitsdienstes [1].

Dabei wurden diskutiert

� wissenschaftliche Grundlagen des ÖGD� gesetzliche Grundlagen und deren Weiterentwicklung (Reformüberlegungen)

Qualitätssicherung.

Im Jahre 1995 schloss sich die Gründung von Qualitätszirkeln unter dem Dach derAkademie an. Dabei gab es Arbeitsgruppen zu folgenden Bereichen:

� Umwelthygiene und �medizin� Begutachtung und Sozialmedizin� Gesundheitsberichterstattung und Systemforschung� Hygiene und übertragbare Krankheiten.

Der Referent dieses Vortrages ist Mitglied und Moderator des Bereiches Begut-achtung und Sozialmedizin.

Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der amtsärztlichen Begut-achtung wurden verstärkt in einer Zeit bearbeitet, in der die Qualitätssicherung in

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der gesamten ärztlichen, einschließlich sozialmedizinischen Tätigkeit thematisiertwurde [4]. Gleichzeitig wurde die Gutachtenpraxis der amtsärztlichenKolleginnen und Kollegen im Rahmen der gesundheitlich bedingten vorzeitigenDienstunfähigkeit bei Beamtinnen und Beamten [5] kritisiert.

Qualitätssicherung im Bereich der Begutachtung undSozialmedizin im ÖGD Bayerns am Beispiel der Evaluationvon Gutachten

Dieser Teil der Qualitätssicherung war und ist nur möglich in enger Kooperationmit einer Universität. Sie erfolgte im konkreten Falle mit dem Institut und derPoliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin in der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Alle im weiteren vorgestellten Projekte undErgebnisse sind das Produkt einer kontinuierlichen und interessantenZusammenarbeit.

Die wesentlichen Studien mit der Evaluation von Gutachten sind in der fol-genden Tabelle zusammengefasst.

Im Folgenden sollen einige Aspekte der genannten Studien, die z.T. bereits publi-ziert sind oder deren Publikation in Vorbereitung ist, unter dem Aspekt der

Retrospektive Studien:

� Einstellungsuntersuchungen bei Beamtinnen und Beamten - Inhalte und Ergebnisse

� Einstellungsuntersuchungen - Wertigkeit von Anamnese, Untersuchungsbefunden und Zusatzuntersuchungen

� Dienstunfähigkeitsuntersuchungen� Beihilfe und Rehabilitation

Prospektive Studien:

� Dienstunfähigkeitsuntersuchungen� Untersuchungen in Beihilfe und Rehabilitation� Ringversuche in der Begutachtung

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Qualitätssicherung betrachtet werden. Die Darstellung der Ergebnisse der Studienwäre nicht uninteressant, würde aber das Thema des Vortrages sprengen.

Retrospektive Studien

Sozialmedizinische Evaluation von Einstellungsuntersuchungen beiBeamtenanwärtern [2]

Grundlage hierfür waren zwei Erhebungen bzw. Auswertungen.

1. Eine Umfrage bei allen Gesundheitsämtern in Bayern zu den Ergebnissen derEinstellungsuntersuchung zur Verbeamtung 1994 mit der Fragestellung, inwie viel Fällen mit dem vorzeitigen Eintritt dauernder Dienstunfähigkeit beiwelchen zugrundeliegenden Diagnosen aus ärztlicher Sicht zu rechnen warund damit in wie viel Fällen die fehlende gesundheitliche Eignung zur Verbe-amtung auf Lebenszeit zum Untersuchungszeitpunkt attestiert wurde und wel-chen Anteil davon Untersuchte mit Sonderanforderungen hatten.

2. Die Auswertung von 500 Einstellungsuntersuchungen als retrospektive sekun-däre Datenanalyse auf unterschiedliche Items.

Ein Ziel dieser Studie war es, diese häufig durchgeführte Routineuntersuchungauf ihre Notwendigkeit, Aussagefähigkeit, die Kosten-Nutzen-Relation und mög-liche Verbesserungen zu überprüfen: Aufgaben der Qualitätssicherung.

Die Diskussion, die sich daran anschloss, ergab z.B. die Überlegung, ob dieEinstellungsuntersuchung insgesamt notwendig ist, ob sie in dieser Form weiterdurchgeführt werden sollte oder z.B. durch eine rechtlich verbindliche Selbst-auskunft ersetzt werden kann, wobei die Untersuchung selbst nur noch bei�Auffälligkeiten� in der Selbstauskunft durchgeführt werden sollte.

Ein weiteres, den meisten in der amtsärztlichen Begutachtung tätigenKolleginnen und Kollegen bekanntes, aber noch nicht quantifiziertes Ergebniswar, dass der Prozentsatz der aus ärztlicher Sicht abgelehnten Bewerber zuÄmtern ohne Sonderanforderungen bei 0,5 % lag, d.h. andererseits, dass ein

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Untersucher durchschnittlich 200 Probanden untersuchen muss, um eine gesund-heitliche Nicht-Eignung zu finden.

In Zusammenhang damit ergibt eine weitere Studie, die die Aussagekraft vonAnamnese, körperlichem Untersuchungsbefund und von Labor- oder anderenUntersuchungen bewertet, dass die Anamnese hinsichtlich der sozialmedizini-schen Aussage die wesentlichsten Informationen gibt. Zusatzuntersuchungen, dieroutinemäßig durchgeführt werden, sind in einem praktisch zu vernachlässigen-den Anteil für die ärztliche Prognose des möglichen vorzeitigen Eintritts dauern-der Dienstunfähigkeit relevant.

Abgesehen von der grundsätzlichen Überlegung des Ersatzes der Routine-untersuchung durch eine bindende Selbstauskunft werden derzeit angesichts derWichtigkeit der Anamnese Leitlinien und neue standardisierte Anamnese- undBefundbögen erarbeitet, um den Ergebnissen und Erfahrungen besser Rechnungtragen zu können.

Sozialmedizinische Evaluation amtsärztlicher Begutachtung zur vorzeitigenDienstunfähigkeit bei Beamten des Freistaates Bayern [5]

Diese retrospektive Studie hatte als Grundlage die Auswertung von 370 unter-suchten Beamtinnen und Beamten.

Zusammenfassend waren die wesentlichen Fragestellungen:

� Determinanten vorzeitiger Dienstunfähigkeit� Häufigkeit und Verteilung von beurteilungs-relevanten Erkrankungen� Anwendung und ggf. Effizienz rehabilitativer Maßnahmen � mögliche Präventionsstrategien� struktur-, prozess- und ergebnisorientierte Qualitätsprüfung der

Begutachtungen.

Es ist auch hier nicht Inhalt dieses Referates auf die interessanten Ergebnisse imDetail einzugehen, sondern auf Aspekte der Qualitätssicherung.

Dabei war für uns in diesem Zusammenhang wichtig, die Dokumentation undNachvollziehbarkeit von Anamnese, Befund und sozialmedizinischer Aussage imGutachten selbst zu beurteilen. Retrospektiv wurde durch zwei Reviewer beur-

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teilt, ob bei den aus ärztlicher Sicht für dienstunfähig Erklärten Erwerbsunfähig-keit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung vorgelegen hätte und ob dieUntersuchten auf eine andere Tätigkeit verweisbar gewesen wären.

Konsequenzen dieser Auswertung: Die hohe Zahl der psychischen Erkran-kungen bei den Erstdiagnosen aller Untersuchten, insbesondere bei den für dienst-unfähig Erachteten, definierte einen hohen Bedarf an psychiatrischen Fachgut-achtern (oder Gutachten) im Hinblick auf die Strukturqualität.

Die dichotome Fragestellung aber auch ärztliche Antwort: �dienstunfähig jaoder nein� in den meisten Gutachten hat einen Prozess mit angestoßen, an dessenEnde eine Reihe von Verbesserungen bei der Formulierung des Gutachten-auftrages, aber auch bei der Beantwortung der Gutachtenfragen stand.

Die genannte Studie ergab, dass 34 % der als dienstunfähig beurteilten Unter-suchten trotz der Leistungseinschränkungen auf eine andere Tätigkeit verweisbargewesen wären.

Die weitere Erkenntnis war, dass nur bei der Hälfte der untersuchten Dienst-unfähigen Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt wurden, die zumeist medizi-nischer, kaum beruflicher Art waren.

Die Auswertung der Anamnesedauern bei vorzeitig dienstunfähigen Beam-tinnen und Beamten hat ergeben, dass der Median drei Jahre betrug und damit dieKolleginnen und Kollegen bei der Einstellungsuntersuchung keine Chance gehabthätten, die zur Dienstunfähigkeit führenden Krankheiten zu erkennen.Deshalbmüßten die Erwartungen an die Aussagekraft und an das Ergebnis der Einstel-lungsuntersuchungen sowohl von den Auftraggebern als auch bei vielen ärzt-lichen Kolleginnen und Kollegen modifiziert werden.

Eine Studie von ca. 500 medizinischen Reha-Maßnahmen bei aktiven Be-amtinnen und Beamten, die retrospektiv durchgeführt wird, ist unmittelbar vordem Abschluss. Sie kann in diesem Zusammenhang weiteren Aufschluss darübergeben, ob die sozialmedizinische Steuerungsfunktion der Gutachterinnen undGutachter i.S. �Reha vor Pension� ausreichend wahrgenommen wird.

Ein gemeinsames Ergebnis der bisher zitierten Studien ist, dass sich die sozi-almedizinische Tätigkeit der Amtsärztinnen und -ärzte auch entsprechend dembisherigen Auftrag fast nur auf die Begutachtung eines Zustandes vor Verbeam-tung und bei bereits eingetretenen gesundheitlichen Schäden auf die Frage derDienstunfähigkeit beschränkt. Die in weiten Bereichen der freien Wirtschaft undin Teilbereichen des öffentlichen Dienstes vorgesehene präventive ärztliche Tätig-

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keit zur Verhinderung von berufsspezifischen typischen, oder häufig vorkommen-den, die Leistung einschränkenden Erkrankungen, existiert bei Beamtinnen undBeamten nicht.

Mittlerweile sind die Gutachtenaufträge hinsichtlich der Angaben über die zuUntersuchenden vom Auftraggeber ebenso standardisiert wie die differenziertenFragestellungen nach der Leistungsfähigkeit (positives und negatives Leistungs-bild), möglicher rehabilitativer Maßnahmen, Verweisbarkeit und der Prognose.

Prospektive Studien

Kurz vor dem Abschluss der Auswertung steht eine prospektive Studie. Es ist eineTotalerhebung von über 10.000 Dienstunfähigkeitsuntersuchungen bei Beamtin-nen und Beamten des Freistaates Bayern.

Ausgehend von den Ergebnissen der retrospektiven Auswertung wurde einFragebogen erarbeitet, der anonymisiert wesentliche Angaben über die Unter-suchung selbst und deren sozialmedizinische Ergebnisse enthält. Das sind zusam-menfassend

� soziodemographische, berufliche Merkmale der Begutachteten� Angaben zu Diagnosen und Leistungsvermögen� Angaben zu bisheriger oder künftiger Rehabilitation� Angaben zum Prozess der Begutachtung.

Neben der wissenschaftlichen Auswertung unter mehreren Aspekten werden dieseDaten den Gutachterinnen und Gutachtern rückgekoppelt. Dabei ist nicht vorge-sehen, ein �Benchmarking� vorzunehmen in dem Sinne: Bei wem findet die res-triktivste Begutachtung statt? Gerade die Angaben zu Items aus dem Gutachten-prozess können Hinweise zum besseren oder künftigen Ressourceneinsatz geben.

Die Abfrage einer Reihe von definierten Angaben einschließlich der Ver-schlüsselung der Diagnosen nach ICD 10 durch die Gutachterinnen und Gutachterlegt ein Mindestmaß von Vorgaben fest, die bei jeder Begutachtung berücksichtigtwerden müssen (Prozessqualität).

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Die anonymisierte Form der Darstellung stellt den Grundsatz der Qualitäts-sicherung � im Gegensatz zur Qualitätskontrolle � sicher, dass nicht der Gut-achter, sondern die Gutachten bewertet werden sollen.

Die Evaluation der Gutachten ist ein Tagesordnungspunkt der regelmäßigenTreffen der Arbeitsgemeinschaft der medizinischen Untersuchungsstellen(AGMUS) der Bezirksregierungen in Bayern. Mit der letzten Änderung des Ge-sundheitsdienstgesetzes in Bayern ist seit dem Jahre 1995 die Begutachtung inFragen der Dienstfähigkeit für Beamtinnen und Beamte des Freistaates Bayern indie Zuständigkeit der Bezirksregierungen übertragen worden. Die dort tätigenKolleginnen und Kollegen treffen sich regelmäßig in Qualitätszirkeln. DerReferent ist ebenfalls Teilnehmer dieser Treffen.

In diesem Zusammenhang konnte auch eine Standardisierung der Anamneseund der Befunddokumentation erarbeitet werden, die verpflichtend für alle medi-zinischen Untersuchungsstellen eingeführt wurde und demnächst ebenfalls füralle Gesundheitsämter bindend ist. Diese Anamnese- und Befundbögen dienensowohl der Prozessqualität als auch einer unter juristischen Gesichtspunkten ab-gesicherten Dokumentation für Widersprüche und Prozesse in Verwaltungsver-fahren.

Ringversuche in der Begutachtung

Diese Form der prospektiven Auswertung von Gutachten stellt ein Novum dar. Esbestehen zusätzliche Möglichkeiten, aber auch Grenzen in der Qualitätssicherung.Neben mehreren kleineren Versuchen sind zwei größere Ringversuche in derBegutachtung in Bayern und Baden-Württemberg durchgeführt worden [3]. DasPrinzip war identisch. Es wurde ein Begutachtungsfall nach Aktenlage einerZielgruppe von Gutachterinnen und Gutachtern überlassen. Die Teilnahme warfreiwillig, die Auswertung erfolgte anonymisiert, die Prüfkriterien und der Bewer-tungsmaßstab für die Gutachten wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmernvorher bekannt gegeben.

Das Ergebnis der Auswertung wurde sowohl semiquantitativ als auch verbaldargestellt.

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Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekamen das eigene Ergebnis und das Ge-samtergebnis persönlich rückgekoppelt.

So konnten alle Teilnehmenden erkennen, was gut bearbeitet wurde, aber auchwas noch verbessert werden könnte.

Der Ringversuch in Bayern bestand in der Begutachtung eines adipösen Pro-banden mit Grenzwerthypertonie zur Frage der Beamtentauglichkeit. In Baden-Württemberg sollte ein Gutachten zur Frage der vorzeitigen dauernden Dienst-unfähigkeit erstellt werden

Es wurde das Gutachten bewertet. Das Ergebnis im Sinne von tauglich ja/neinbzw. dienstunfähig ja/nein war ein interessanter Nebenaspekt, jedoch nicht Prüf-kriterium.

Es zeigte sich bei beiden Versuchen, dass die formale und inhaltliche Dar-stellung in den Gutachten überwiegend gut gelöst wurden. Die sozialmedizinischeDiagnose, die Beschreibung des Leistungsbildes, sowie die Beantwortung derGutachtenfrage wies bei einer nicht unerheblichen Anzahl von Gutachten deutli-che Defizite auf.

Fazit

� Die Evaluation von Gutachten bedarf, soll sie fundiert sein, der Kooperationzwischen ÖGD und Universität.

� Die fundierte Evaluation von Gutachten ist ein nicht unwesentlicherBestandteil der Qualitätssicherung im Begutachtenwesen.

� Sie ist eine aus unserer Sicht notwendige Form der Rückkoppelung an dieGutachterinnen und Gutachter.

� Sie kann dazu beitragen, Defizite aufzuspüren.� Sie kann dazu beitragen, Ressourcen zu definieren und Routinefehler zu ent-

decken.� Sie kann Qualität auch für Auftraggeber und politische Entscheidungsträger

dokumentieren.� Sie kann die Motivation zur Teilnahme an Qualitätssicherungsprogrammen

erhöhen.

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Literatur

1. Kerscher G. Bericht über ein Arbeitstreffen auf Einladung der Akademiefür das öffentliche Gesundheitswesen im Bayer. Staatsministerium fürArbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit zum Thema�Wissenschaftliche Grundlagen des öffentlichen Gesundheitsdienstes(ÖGD)� Gesundh.-Wes 56 (1994) 477 - 478

2. Lederer P, Schmid K, Weber A, Meixner U. SozialmedizinischeEvaluation von Einstellungsuntersuchungen bei Beamtenanwärtern.Gesundheitswesen 59 (1997) 302 � 306

3. Lederer P, Pfaff G, Walter K, Weihrauch M, Weber A. Ringversuchein der Begutachtung � als Instrument im Qualitätsmanagement.Gesundheitswesen 60 (1198) Sonderheft 1 1-6

4. Selbmann H-K. Grundlagen des Qualitätsmanagements im öffentlichenGesundheitsdienst. Gesundheitswesen 58 (1996) 583 - 587

5. Weber A. Sozialmedizinische Evaluation gesundheitlich bedingterFrühpensionierungen von Beamten des Freistaates Bayern. Stuttgart(1998)

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Zukünftige Präventions- und Kontrollstrategien inder Krankenhaushygiene; Zur Arbeit derKrankhenhaushygiene-Kommission am RobertKoch-Institut

Martin Exner, Hygiene-Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität,BonnThomas Kistemann, Hygiene-Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, BonnMartin Hansis, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, BonnGötz Unger, Sekretariat für Krankenhaushygiene des Robert Koch-Instituts, BadElsterAlfred Nassauer, Robert Koch-Institut, Berlin

Und so lassen sie mich denn diesen Vortrag schließen mit dem Wunsch,dass sich die Kräfte der Nationen auf diesem Arbeitsfelde ... messenmögen und dass in diesem Kampfe zum Wohle der gesamten Menschheiteine Nation die andere in ihren Erfolgen immer wieder überflügeln möge(Robert Koch, X. Internationaler Medizinischer Kongress, Berlin 1890)

Einleitung

Im September 1997 wurde die Kommission für Krankenhaushygiene und Infek-tionsprävention am Robert Koch-Institut (RKI) neu konstituiert, nachdem vorBerufung der Mitglieder u.a. eine Anhörung der Arbeitsgemeinschaft der wis-senschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) erfolgt war. Ent-sprechend der Geschäftsordnung der Kommission erarbeitet diese Vorschläge zuKrankenhaushygiene und Infektionsprävention in Einrichtungen des Gesund-heitswesens.

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Nach der konstituierenden Sitzung hat sich die Kommission einen Arbeitsplangegeben, Arbeitsgruppen gebildet, die methodischen Grundlagen für die Überar-beitung und Bearbeitung von Empfehlungen festgelegt und die Überarbeitung derRichtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention aufgenommen.

Im folgenden sollen nach der Erläuterung wichtiger Begriffe die derzeitigeSituation analysiert, die bisherige Arbeit der Krankenhaushygiene-Kommissionrekapituliert sowie ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben werden.

Begriffe und Inhalte

Während der Begriff Krankenhausinfektion in der Richtlinie für Krankenhaus-hygiene und Infektionsprävention definiert ist [1], wird für den Begriff Kranken-haushygiene keine Definition gegeben.

Unter Krankenhausinfektion (nosokomiale Infektion) wird jede durchMikroorganismen hervorgerufene Infektion verstanden, die im kausalen Zusam-menhang mit einem Krankenhausaufenthalt steht, unabhängig davon, ob Krank-heitssymptome bestehen oder nicht. Eine epidemische Krankenhausinfektion(Ausbruch) liegt dann vor, wenn Infektionen mit einheitlichem Erregertyp sowiemit zeitlichem, örtlichem und kausalem Zusammenhang zu einem Krankenhaus-aufenthalt nicht nur vereinzelt auftreten.

Im Entwurf für ein Infektionsschutzgesetz (Stand: März 1999) sind beideTermini im Sinne einer Legaldefinition jetzt so beschrieben:

§ 2 Nr. 8: Nosokomiale Infektion: Eine Infektion mit lokalen oder systemischenInfektionszeichen �als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregernoder ihren Toxinen, die im zeitlichen Zusammenhang mit einem Kranken-hausaufenthalt oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht,soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand.�

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§ 6 Absatz 3:�Dem Gesundheitsamt ist unverzüglich das gehäufte Auftreten nosokomi-aler Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahr-scheinlich ist oder vermutet wird, als Ausbruch nicht namentlich zu mel-den�.

Für Krankenhaushygiene wird von uns folgende Definition vorgeschlagen:�Unter Krankenhaushygiene soll die Wissenschaft und Lehre von der Verhütung,Erkennung und Kontrolle von Gesundheitsrisiken, insbesondere von Infektionen,für Patienten und medizinisches Personal, im Krankenhaus und sonstigen medizi-nischen Einrichtungen verstanden werden, wobei systematische Risikoanalyseund Erstellung von Kriterien für Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität wesent-liche Arbeitsfelder sind.

Im Rahmen der Krankenhaushygiene werden Kriterien erarbeitet, wie Kran-kenhäuser und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens geplant, gebaut, mitden Mitarbeitern in effizienter Weise organisiert, betrieben und unterhalten wer-den können, um sicherzustellen, dass

� keine Gesundheitsschäden, insbesondere Infektionen, auftreten (Prävention)� aufgetretene Gesundheitsschäden und Infektionen so zeitnah wie möglich

erfasst, analysiert und bewertet werden (Surveillance)� diese so rasch wie möglich unter Kontrolle gebracht werden, so dass ihre

Weiterverbreitung verhindert wird.�

Die Ziele, Aufgaben und Strukturen der Krankenhaushygiene [2] fasst Tabelle 1zusammen. Krankenhaushygiene umfasst Maßnahmen zum Gesundheitsschutzund zur Gesundheitsförderung.

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Unter Gesundheitsschutz werden alle Maßnahmen verstanden, die durch das Ver-halten des Einzelnen nicht oder nur bedingt zu beeinflussen sind und daher voneinem Gemeinwesen ergriffen bzw. sichergestellt werden müssen, um die Ge-sundheit der Allgemeinheit bzw. des Einzelnen zu schützen. Patienten sind daraufangewiesen, dass die notwendigen hygienischen Voraussetzungen zur Infektions-prävention im Krankenhaus, in medizinischen Bereichen und Gemeinschaftsein-richtungen (Pflegeheim) ergriffen bzw. sichergestellt werden, da sie diese nichtbzw. nur marginal beeinflussen können.

Unter Gesundheitsförderung werden alle Maßnahmen verstanden, die denEinzelnen durch Ausbildung und Aufklärung zu Schutz und Förderung seiner Ge-sundheit und zu einem gesundheitsgerechten Verhalten sich selbst und anderengegenüber befähigen und motivieren. Das medizinische Personal hat hier in be-sonderer Weise eine hohe Verantwortung durch entsprechende Verhaltensweisendie eigene Gesundheit sowie die von Patienten und Mitarbeitern zu schützen undzu fördern. Durch Ausbildung, Schulung und Bereitstellung geeigneter baulicheund funktionaler Voraussetzungen müssen derartige gesundheitsfördernde Ver-haltensweisen allerdings systematisch unterstützt werden.

Krankenhaushygiene

Verhütung(Prävention)

Infektion(und andere

Gesundheits-schäden)

Kontrolle

Struktur- und Prozessqualität

� personelle Infrastrukturu. Verantwortlichkeiten

� Aus- und Weiterbildung� betrieblich-organisatori-

sche Voraussetzungen� Anforderungen Reinigung,

Desinfektion, Sterilisation� baulich-funktionelle Vor-

aussetzungen� allg. Voraussetzungen an

bauliche Gestqaltung undMedien

� Anforderungen der Hygienein spezifischen Bereichen- mit direkter Patientenver-

sorgung- diagnostische Einricht.- Einrichtungen zur Ver- und Entsorgung

Qualitätssicherung undAuditierung bzw. Inspektion

� Krankenhaushygieni-sche Auditierung- betrieblich-organisato- risch- baulich-funktionell- Geräte u. System- technik

� hygienische Untersu-chung

� amtsärztliche Inspek-tionen im Rahmen derKrankenhausaufsicht

Maßnahmen zur Verhinderungder Weiterverbreitung

� Isolierung und Isolie-rungsarten

� spezielle Schutzmaß-nahmen bei bestimmtenInfektionskrankheiten

� Untersuchung von Aus-brüchen

� Falldefinitionen� epidemiologische

Assoziationen� Quellensuche� akute Kontrollmaß-

nahmen� Nutzung der Daten zur

zukünftigen Prävention

Erkennung, Surveillance

� Klinikinterne allge-meine Surveillancenosokomialer Infek-tionen

� geziele Surveillanceausgewählter Infek-tionen

� Erfassung Antibio-tika-resistenterMikroorganismen

� Meldesysteme andie zuständige Ge-sundheitsbehörde

Infektion

Inkubation

(klinische)Manifestation

Diagnostik

Ergebnismitteilung

Analyse

Ermittlung vonUrsachen

Dokumentation

Sicherung fürdie Zukunft

Tab. 1Ziele, Aufgabenund Strukturen derKranken-haushygiene

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Verhütung nosokomialer Infektionen: Rückblick und aktuelleKonzepte

Der Vergleich der heutigen Situation in der Krankenhaushygiene mit der vor 125Jahren macht deutlich, welche Fortschritte und Erfolge auf diesem Gebiet erzieltwurden. Eine aufschlussreiche Situationsbeschreibung der damaligen Zeit wurdevon N. von Nussbaum gegeben. Er führte aus, dass in seiner Klinik 4/5 allerVerwundeten oder Operierten von Nosokomialbrand befallen wurden und beiSpitalbrandkranken eine Verlängerung der Aufenthaltszeit um 70 � 250 Tageresultierte [3]. Insbesondere nosokomiale Infektionen bestimmten somit maßgeb-lich die Dauer der Krankenhausbehandlung sowie die Letalität nach Operationen.Hieraus resultierte u.a. der Bedarf, ausgedehnte Krankenhausbauten zu errichten.

�Wenn Sie bedenken, dass jeder Kranke unseres Hauses täglich übereinen Gulden kostet, so verzehren die Fälle von Nosokomialbrand jedesJahr viele Tausende, denn unsere Bögen weisen bei Spitalbrand Kranken70 � 80, 120 � 250 Tage Aufenthaltszeit mehr nach als beiden gleichenKrankheiten ohne Nosokomialbrand.4/5 aller Verwundeten oder Operierten wurden im letzten Jahr von Noso-komialbrand befallen, so dass ich fest überzeugt bin, dass der Nosoko-mialbrand täglich 10 � 20 Taler verschlingt, während der ListerscheVerband vielleicht 3 Taler mehr beträgt als der gewöhnliche Verband.Ferner kommen die Kranken bei Nosokomialbrand so sehr herab, dassman monatelang Wein, Eier, China etc. geben muss, was bei günstigemVerlauf überflüssig ist. Ich bin also fest davon überzeugt, dass in ökono-mischer Beziehung Gewinn erzielt wird.Die kleinen Stich- und Quetschwunden irgendeines Raufhandels, welchein guter Luft kaum 10 � 20 Tage arbeitsunfähig gemacht hätten, werdendurch Pyämie oder Nosokomialbrand tödlich oder machen 60 � 70 Tageschwerkrank.Wenn nun ein armer Dienstbote mit einer kleinen Wunde in das Spitalkommt, mit einer Wunde, die bei guten Spitalverhältnissen in 14 Tagengeheilt wäre, so wird er vom Nosokomialbrand ergriffen, kommt an denRand des Grabes, liegt unter vielen Schmerzen vielleicht 100 � 150 Tageschwerkrank, muss chloroformiert werden, mit dem Glüheisen gebrannt

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werden, und wenn er endlich ganz abgemagert und noch lange arbeits-unfähig das Spital verlässt, so soll er für jeden Tag der über 90 Tagehinausgeht, noch ein Fl. 6 kr. aus seinen Ersparnissen bezahlen oder dieHilfe seiner Gemeinde beanspruchen, während er die lange argeKrankheit doch nur dem Spitalgifte verdankt (N. von Nussbaum: Ärztli-ches Intelligenzblatt 1875; 5:41 � 44)

Die eindrucksvollen Erfolge durch Einführung der Händedesinfektion (Semmel-weis), der Antisepsis (Lister) und der allgemeinen Sauberkeit (Nightingale) habennicht nur die Effizienz dieser Verfahren bestätigt, sondern auch erhebliche medi-zinische und gesundheitsökonomische Konsequenzen gehabt. Sie waren nebender Einführung der Anästhesie die entscheidende Voraussetzung zur Etablierungder modernen Chirurgie.

Durch Verbesserung von Prävention und Kontrolle nosokomialer Infektionenwurde eine drastische Verminderung derartiger Infektionsrisiken erreicht und einerheblicher Beitrag zur Verkürzung der durchschnittlichen Verweildauer geleistet,welche im Jahre 1994 in Deutschland 11,5 Tage betrug [4].Nach Weinstein [5] ist jedoch in den letzten 25 Jahren in den USA die Rate noso-komialer Infektionen bemerkenswert stabil geblieben und kein weiterer Rückgangerreicht worden: durchschnittlich treten fünf bis sechs nosokomiale Infektionenpro 100 Neuaufnahmen auf. Da sich jedoch die durchschnittliche Krankenhaus-verweildauer in den letzten 20 Jahren erheblich verkürzt hat, ist die Rate an noso-komialen Infektionen/1.000 Patiententage in diesem Zeitraum tatsächlich um 36 % gestiegen. Während 1975 7,2 nosokomiale Infektionen/1.000 Patiententageauftraten, betrug 1995 die entsprechende Rate 9,8 (Tab. 2). Diese Krankenhaus-infektionen verursachten 1995 in den USA mehr als 88.000 Todesfälle und Kostenin Höhe von 4,5 Mrd. US-Dollar [5].

Jahr Patientenauf- Patientenver- Verweildauer Anzahl Nosokomial-nahmen weildauer je Patienten nosokomialer Infektionen/

(Tage) (Tage) Infektionen 1.000 Patiententage

1975 38.000.000 299.000.000 7,9 2.100.000 7,21995 36.000.000 190.000.000 5,3 1.900.000 9,8

Tab. 2NosokomialeInfektionen in denUSA 1975 und1995 (Quelle:Weinstein RA:Emerg Inf Dis1998; 4: 416-420)

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Hinsichtlich der Manifestationsform nosokomialer Infektionen ist ein Rückgangdes Anteils von Harnwegsinfektionen und chirurgischen Wundinfektionen fest-stellbar, wohingegen Infektionen des unteren Respirationstraktes und nosokomia-le Septikämien zugenommen haben. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dassheute die postoperative Krankenhausverweildauer durchaus kürzer sein kann alsdie Inkubationszeit von Wundinfektionen (z.B. fünf bis sieben Tage bei Infek-tionen durch Staphylocaccus aureus) so dass wahrscheinlich postoperative Wund-infektionen im Krankenhaus überproportional untererfasst werden.

Zu den Kollektiven mit dem höchsten Risiko einer nosokomialen Infektionzählen Patienten, deren Immunkompetenz durch Alter, Grundkrankheit, Pharma-kotherapie oder operative Eingriffe reduziert ist. Die demographisch bedingteErhöhung des Durchschnittsalters sowie die zunehmende Intensität undInvasivität diagnostischer und therapeutische Interventionen (u.a. Implantationvon Fremdkörpern, Organtransplantationen und Xenotransplantationen) haben dieZahl vulnerabler Patienten im Krankenhaus erhöht. Der Anteil immunsupprimier-ter Patienten wird weiterhin kontinuierlich ansteigen. Darüber hinaus ist zuberücksichtigen, dass mit Zunahme ambulanter Operationen der Anteil schwerkranker Patienten in der stationären Versorgung steigt und diese aufgrund ihrerPrädisposition und Therapiebedürftigkeit auch ein höheres Risiko einer Septi-kämie oder einer beratungs-assoziierten Pneumonie haben. Der Trend zur Kon-zentration schwerstpflegebedürftiger Bewohner lässt sich im übrigen auch inAlterspflegeheimen bzw. Altersheimen feststellen.

Betrachtet man die Situation unter dem Gesichtspunkt des nosokomialenErregerspektrums, so spielen die gramnegativen nosokomialen InfektionserregerEscherichia coli, Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter spp. und Klebsiellapnemoniae weiterhin die führende Rolle. Bemerkenswert ist die weltweit seit den60er Jahren beobachtete Zunahme der Anteile antibiotikaresistenter Isolate.Besondere Bedeutung haben dabei Methicillin-resistente Staphylococcus aureus(MRSA) und Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) Die bedrohliche Zu-nahme der Resistenz bakterieller Infektionserreger gegenüber Antibiotika ge-winnt Einfluss auf die Letalität und die Mortalität nosokomialer Infektionen [6]und wird zukünftig die Krankenhaushygiene maßgeblich beschäftigen.

S. areus ist einer der wichtigen Infektionserreger, sowohl von außerhalb desKrankenhauses erworbenen als auch von nosokomialen Infektionen. Durch seineResistenz gegenüber wichtigen Antibiotika werden die Therapiemöglichkeiten

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entscheidend eingeschränkt. Wenn sich die gegenwärtig insbesondere in Japanund den USA beobachteten MRSA-Stämme mit zusätzlich verminderter Glyko-peptid-Empfindlichkeit weiter ausbreiten, wird die Beherrschbarkeit von MRSA-Infektionen durch Wegfall der therapeutischen Glykopeptid-Option in kritischerWeise limitiert [7].

Inzidenz und Prävalenz von MRSA-Infektionen können als Indikator für dieGüte der Krankenhaushygiene angesehen werden, ähnlich wie das Vorkommenvon E. coli im Trinkwasser einen Marker für die Güte von Trinkwasserhygienedarstellt. Von infektionsepidemiologischer Bedeutung � auch im Hinblick aufzukünftige Präventions- und Kontrollstrategien � sind die in international verglei-chenden Studien festgestellten [7] erheblichen Unterschiede der MRSA-Inzidenzund �Prävalenz. Während in einigen Ländern (u.a. Japan, USA, Spanien, Italien,Frankreich, England) die MRSA-Situation kaum noch beherrschbar ist und derAnteil MRSA an S.-aureus-Isolaten aus dem Krankenhausbereich bei 20 - 60 %liegt, konnte dieser Anteil z.B. in den Niederlanden und den skandinavischenLändern, wo strikte Kontroll- und Präventionsmaßnahmen verfolgt werden, aufwenige Prozent beschränkt werden.

Wenn auch in Deutschland eine Zunahme der MRSA-Inzidenz auf bis zu 8 %festzustellen ist, so liegen die Inzidenzraten immer noch deutlich unter denen derHochinzidenzländer. Aus Kliniken mit effizientem Hygienemanagement werdensogar MRSA-Raten von 1 % gemeldet. Im intensivmedizinischen Bereich istallerdings mit Inzidenzraten von über 10 % durchaus zu rechnen [7]. Ent-sprechende Untersuchungen belegen aber, dass der Anteil von MRSA durch hy-gienische Interventionsmaßnahmen auf Intensivpflegestationen kurzfristiggesenkt werden kann1 [8,9].

Die Zunahme antibiotikaresistenter Mikroorganismen als der Herausfor-derung in der Krankenhaushygiene schlechthin hat die Diskussion um wirksamePräventionsstrategien international neu entflammt. So wird insbesondere in denangelsächsischen Ländern diskutiert, ob die primär auf Kontrolle2 ausgerichtetenStrategien ausreichend sind, oder ob der Akzent auf die Etablierung und Um-setzung von Präventionsmaßnahmen und Hygienestandards zu verschieden ist,wozu insbesondere Schulung und Ausbildung des Personals, qualitätsgesicherte

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Reinigung und Desinfektion sowie hygienedienliche Gestaltung und Ausstattungvon Stationen und Funktionsbereichen gezählt werden [10,11].

Vor dem Hintergrund dieser sich abzeichnenden Neuorientierung der interna-tionalen Strategien stellt sich aus deutscher Perspektive die Frage, inwieweit sichdie 1976 etablierte �Richtlinie zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung vonKrankenhausinfektionen� (alter Titel) in ihren Grundlinien als zukunftsorientiertbewährt hat.

Die Ziele dieser Richtlinie � Herabsetzung des Infektionsrisikos und Verhü-tung der Verbreitung von Krankenhausinfektionen � sind bereits in deren Vorwortformuliert. Zur Erreichung dieser Ziele wurden funktionell-bauliche Anforde-rungen und betrieblich-organisatorische Voraussetzungen festgelegt sowie dieÜberwachung von Arbeitsabläufen, von medizinisch-technischen Einrichtungen,von Desinfektions-, Sterilisations- und weiteren Hygienemaßnahmen eingeführtund entsprechende strukturelle Maßnahmen geregelt. Obwohl auch die systemati-sche Erfassung von Krankenhausinfektionen in der Richtlinie gefordert ist, wurdedieser Aspekt erst in den letzten Jahren durch das Nationale Referenzzentrum fürKrankenhaushygiene systematisch bearbeitet.

Die Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention ist insbe-sondere kritisiert worden wegen

� unzureichender Transparenz bei der wissenschaftlichen Ableitung vonPräventionsstrategien

� Übergewichtung von baulich-funktionellen Aspekten� unzureichender Kriterien für die Erkennung bzw. Surveillance nosokomialer

Infektionen als Voraussetzung zur Etablierung einer infektionsepidemiologi-schen Basis für die Ableitung von Empfehlungen

� zu langsamer Anpassung von Anlagen der Richtlinie an den aktuellen wis-senschaftlichen Kenntnisstand

� fehlender Kategorisierung der Empfehlungen hinsichtlich ihrer Evidenz� mangelhafter Strukturierung, Gliederung und Lesefreundlichkeit sowie

Fehlen eines Stichwortverzeichnisses und eines Glossars.

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Trotz der zum Teil berechtigten Kritik muss dennoch festgestellt werden, dassdurch die Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention umfassen-de funktionell-bauliche sowie betrieblich-organisatorische Vorgaben Empfeh-lungen veröffentlicht werden, die sich bei der Planung, Errichtung sowie bei derOrganisation und beim Betrieb von Krankenhäusern als hilfreich erwiesen habenund zum hohen Niveau der Krankenhaushygiene in Deutschland maßgeblich bei-getragen haben. Die Richtlinie hat eine sehr hohe Akzeptanz bei den Anwendernin Krankenhäusern wie auch bei den zuständigen Gesundheitsbehörden. Das hoheNiveau lässt sich u.a. an der auch im internationalen Vergleich niedrigen Rate annosokomialen Infektionen und Inzidenz antibiotikaresistenter Hospitalismuser-reger wie MRSA ablesen [7, 12].

Darüber hinaus wurden die Berufs- bzw. Aufgabenfelder der Hygienefach-kraft, des hygienebeauftragten Arztes und des Krankenhaushygienikers eingeführtund beschrieben. Diese arbeiten wesentlich präventionsorientierter als die�Infection Control Nurses� bwz. �Infection Control Practitioners� angelsächsi-scher Prägung [11, 13].

Für Sterilisation, Reinigung und Desinfektion wurden dezidierte Vorgaben undWirksamkeitsprüfungen eingeführt, so dass die Voraussetzungen für Einsatz undDurchführung derartiger Maßnahmen in effizienter Weise gewährleistet sind. ImGegensatz zu nahezu allen anderen Ländern wurden darüber hinaus Kriterien fürqualitätssichernde hygienisch-mikrobiologische Untersuchungen formuliert [1,14, 15]. Derartige Vorgaben können in einer Ära der Antiotikaresistenzen eineherausragende Bedeutung zur Prävention therapeutisch schwer zu beherrschendernosokomialer Infektionen erlangen.

Die Effektivität krankenhaushygienischer Präventions- und Kontrollverfahrenbedarf international zukünftig einer intensivierten wissenschaftlichen Evaluie-rung, um die bestmöglichen Strategien zu identifizieren [10, 14, 16 - 18].Vergleichende Untersuchungen in deutschsprachigen und angelsächsischenLändern sind prädestiniert zur Analyse von Charakteristika (vgl. Tab. 3) undUnterschieden der Effizienz präventions- und surveillanceorientierter Strategien.

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In Deutschland sind im Bundes-Seuchengesetz (BseuchG) Vorschriften zur Ver-hütung übertragbarer Krankheiten im 4. Abschnitt geregelt.

In § 10 Absatz 1 heißt es: �Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreteneiner übertragbaren Krankheit führen können, oder ist anzunehmen, dass solcheTatsachen vorliegen, so trifft die zuständige Behörde die notwendigenMaßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurchdrohenden Gefahren.�

In den Erläuterungen zu § 10 BseuchG schreiben Schumacher und Meyn [19]:�Ziel der Hygiene ist es, Gesunde vor Krankheiten zu schützen; der Verhütungübertragbarer Krankheiten gebührt daher Vorrang vor der Bekämpfung. WährendBekämpfungsmaßnahmen das Auftreten zumindest einer Erkrankung oder dochwenigstens eines Verdachtsfalles voraussetzen und in erster Linie auf Erkennen

Unterschiedliche Präventionsstrategien

Hygiene-Konzept Infektionskontroll-Konzept

Primat der Präventionbegründete Annahme von Tatsachen reicht aus,um Präventionsmaßnahmen zu veranlassen(Besorgnisgrundsatz)

Theoretische Begründungu.a. aufgrund hygienischer-mikrobiologischerUntersuchungsergebnisse

Systematische Surveillanceaktuell im Aufbau

Listungswesensowie systematische Reinigungs-, Desinfektions-und Sterilisationskriterien

Infektionsrisiken aus dem unbelegtenPatientenumfeldwird hohe Bedeutung beigemessen

Funktionell-baulichen Maßnahmenwird integrale Bedeutung zur Prävention vonKrankenhausinfektionen beigemessen

Hygienische Qualitätssicherungunabhängig vom Auftreten von Infektionen- z.B. hygienisch-mikrobiologische Umgebungsuntersuchungen- interne und externe Auditierung

Holistischer Ansatz

Primat von Surveillance und KontrolleMaßnahmen werden bei Auftreten oder Häufung vonInfektionen eingeleitet

Epidemiologisch basierte Evidenz

Surveillance-Systemweit entwickelt

Kein Listungswesenfür Desinfektionsmaßnahmen

Infektionsrisiken aus dem unbelebtenPatientenumfeldwird geringer Bedeutung beigemessen

Funktionell-bauliche Maßnahmenwerden nur marginal behandelt

Hygienische Qualitätssicherunghauptsächlich im Zusammenhang mit derKontrolle aufgetretener Infektionen

Selektiver Ansatz

Tab. 3Aspekte der unter-

schiedlichenPräven-

tionsstrategiennach dem

Hygiene-Konzeptsowie dem

Infektionskontroll-Konzept

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und Verstopfen der Infektionsquelle sowie auf Unterbrechung der Infektions-ketten gerichtet sind, sollen Verhütungsmaßnahmen schon im Vorfeld dafür sor-gen, dass die Erreger den Menschen entweder gar nicht erreichen oder zumindesteine Infektion nicht zu einer Erkrankung führt. Es gilt also, mögliche Infek-tionsquellen zu erkennen und zu verstopfen, um unsere Umgebung, z.B. Nahrung� einschließlich Trinkwasser � möglichst frei von Krankheitserregern zu halten.�

Dieser Grundgedanke gibt der Prävention das Primat vor der Bekämpfung undwird im Folgenden als Hygiene-Konzept bezeichnet.

Im Gegensatz hierzu ist bislang das Primat in angelsächsischen Ländern tra-ditionell auf Epidemiologie und Kontrolle ausgerichtet, worunter Interventions-maßnahmen verstanden werden, die nach Auftreten von nosokomialen Infek-tionen beginnen und deren Ziel primär die Verhinderung der Weiterverbreitungist. Vor diesem Hintergrund ist in den angelsächsischen Ländern ein sehr effi-zientes System zur Surveillance, der fortlaufend systematischen Sammlung,Analyse und Interpretation von Gesundheitsdaten bzw. Infektionsraten eingeführtworden. Surveillance-Systeme werden als notwendig angesehen zur Planung,Implementierung und Evaluierung von gesundheitserhaltenden bzw. �förderndenMaßnahmen, wobei die zeitnahe Weitergabe gewonnener Informationen an dieverantwortlichen Akteure vorausgesetzt wird [13, 20]. Dieses Vorgehen wird imfolgenden als Infektionskontroll-Konzept bezeichnet.

Hinsichtlich der Qualifikation der medizinischen Experten bestehen sinnge-mäße Unterschiede: Währnd nach dem Hygiene-Konzept Ärzte für Hygiene undUmweltmedizin (oder Mikrobiologen mit krankenhaushygienischer Zusatzquali-fikation) verantwortlich sind, obliegt die Infektionskontrolle nach dem Infek-tionskontroll-Konzept Epidemiologen, die in der Regel als fachärztlich qualifi-zierte Kliniker eine Zusatzausbildung in Epidemiologie absolviert haben..3

Mittlerweile wurden sehr differenzierte Anforderungen für die Entwicklungeffektiver Präventionsstrategien und für die Überprüfung ihrer Wirksamkeit ent-wickelt (Abb. 1). Die Effizienz entsprechender Präventionsstrategien orientiertsich im Infektionskontroll-Konzept an der aktuellen Reduktion von krankenhaus-

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erworbenen Infektionen, wohingegen unter dem Hygiene-Konzept auch die Re-duktion von Risikofaktoren und potentiellen zukünftigen Infektionserregern imUmfeld des Patienten als Maßstab herangezogen werden.

Während im Infektionskontroll-Konzept die Bedeutung des unbelebten patienten-bezogenen bzw. -nahen Umfeldes als Infektionsreservoir für das Auftreten noso-komialer Infektionen sehr gering eingeschätzt wird und hierauf ausgerichtetePräventionsstrategien einen untergeordneten Stellenwert haben, wird im Hygiene-Konzept dem unbelebten Umfeld in den Präventionsstrategien ein hoher Stellen-wert zuerkannt (Abb. 2) [15, 21 - 24]. So erklären sich auch die bereits erwähn-ten, in der deutschen Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionspräventionfestgelegten baulich-funktionellen und betrieblich-organisatorischen Anforde-rungen sowie Regelungen hinsichtlich Reinigung, Desinfektion und Sterilisationsowie hygienisch-mikrobiologischer Umgebungsuntersuchungen, die der Quali-tätssicherung der vorgenannten Maßnahmen dienen [14].

Basisforschung Angewandte Studien Darstellung in der Öffentlichkeit Umfassende Implementierung

Ätiologische Studien Klinische Untersuchungen

Zeitachse

Effizienz Effektivität

Zuordbares RisikoÖkonomische Projektion Ökonomische AnalyseVerhütbare Fraktion verhütete Fraktion

Surveillance(systematische Sammlungund Analyse von Daten)

Evaluierung

Sicherheit

Meta-AnalyseEntscheidungsanalyse

SozialeEthische AuswirkungenRechtlicheVerteilungsbezogene

1 2

(Quelle: Teutsch SM; A Framework for Assessing the Effectiveness of Disease and Injury Prevention. MMWR 1992: 41 [RR-3]:5.) siehe Definition Seite 137 + 138, Abklärung der Effektivität der Präventionsmaßnahme1, 2

Abb. 1Entwicklung von

effektivenPräventions-strate-gien und zeitliche

Bezie-hung zu denArten der

Ermittlungs-AktivitätenIdealisierte

Darstellung eineskomplexen und

aufeinanderfolgen-den (iterativen)

Prozesses.

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Baulich-funktionelle Kriterien sind gleichsam die Hardware, betrieblich-organi-satorische Aspekte die Software im System des Hygiene-Konzeptes.

Das Infektionskontroll-Konzept sieht nichts Vergleichbares vor. Dieser Ver-zicht steht in bemerkenswertem Widerspruch zu dem in den USA für die Raum-fahrtbehörde NASA entwickelten sogenannten HACCP-Konzept (HACCP =Harzard Analysis Critical Control Point), welches mittlerweile in allen westlichentwickelten Ländern im Lebensmittelbereich aufgrund gesetzlicher Verpflich-tungen konsequent umgesetzt wird. Das HACCP-Konzept hat � in Übereinstim-mung mit dem im BseuchG beschriebenen Primat der Prävention � zum Ziel,Risikopunkte bzw. Infektionsreservoirs zu erkennen und zu eliminieren, bevordiese zu Infektionen geführt haben. Das HACCP-Konzept trägt dabei auch derbetriebswirtschaftlichen Sicht Rechnung, dass in der Lebensmittelbranche, wie inallen in großen Stückzahlen für den überregionalen Markt produzierenden In-dustrien, qualitätsbeeinträchtigende Fertigungsmängel existentielle Konsequen-zen für den Produzenten haben können. Ein Rückgang der Inzidenz von Salmo-nellosen und Campylobacteriosen in den USA wird mit der Einführung desHACCP-Konzeptes strengere umgebungs- und prozesshygienische Anforde-rungen als dies das Infektionskontroll-Konzept für das Patientenumfeld in Ein-richtungen des Gesundheitswesens in den angelsächsischen Ländern vorsieht.

Unterbrechung durch Hände-und Hauthygiene/Antisepsis

Unterbrechung durch ReinigungDesinfektion, Sterilisation

Empfänglicher Wirt

Infektionsdosis

Andere Vehikel(Wasser, Luft, Lebensmittel, Schmutz, Insekten)

Unbelebte Oberflächen (patientennahe Kontaktflächenwie Bettwäsche, Geschirr, Bettgestell, Türgriffe sowiemedizinische und chirurgische Instrumente)

Belebte Oberflächen (hauptsächlich Hände)

Kolonisierter/infizierter Wirt (Patient, Personal etc.) oder Reservoir in unbelebtem Umfeld

Infizierter WirtKolonisierter Wirt

Abb. 2Übertragung vonInfektionserregernüber belebte undunbelebteOberflächen undandere Vehikel(21).

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Ein weiterer grundlegender Unterschied betrifft die Händehygiene: DasHygiene-Konzept favorisiert die hygienische Händedesinfektion mit Präparatenauf der Basis von Alkohol, wohingegen unter dem Infektionskontroll-Konzept inerster Linie Händewaschen mit Seife, ggf. mit Chlorhexidin bzw. PVP-Jod, pro-pagiert wird [14].

Vergleichende Studien müssen zukünftig Effizienzunterschiede von Infek-tionskontroll- und Hygiene-Konzept unter epidemiologischen sowie wirtschaft-lichen Aspekten herausarbeiten. Hierbei ist sicherzustellen, dass herangezogeneIndikatoren wie z.B. die MRSA-Rate, die beim Vergleich separat ermittelter,nationaler Raten unter dem Infektionskontroll-Konzept durchweg höher liegen(vgl. oben), unter vergleichbaren Bedingungen gewonnen werden.

Einer Harmonisierung der unterschiedlichen Strategien zur Verhütung noso-komialer Infektionen kommt wachsende Bedeutung zu, insbesondere da das zen-trale Problemfeld antibiotikaresistenter Erreger eine globale Dimension besitztund eine vorübergehende Eindämmung im nationalen Maßstab keinen dauerhaf-ten Erfolg darstellen wird. Innerhalb der Europäischen Union ist darüber hinausder Aspekt der Patientensicherheit im rechtlichen Kontext der inzwischen ver-traglich fixierten Bemühungen zur Angleichung der Lebensbedingungen zu be-rücksichtigen [14].

Die Erarbeitung von Leitlinien für die Krankenhaushygiene

Die Anforderungen an die Erarbeitung von Präventionsstrategien und Leitliniensind in den letzten Jahren u.a. vor dem Hintergrund begrenzter finanziellerRessourcen und juristischer Aspekte immer komplexer und differenzierter gewor-den [11, 13, 18, 26 � 28].

Nach Scriba [27] sollte das Verhältnis von Leistung und Ergebnis sowieAufwand und Ertrag im Mittelpunkt der Bewertung stehen. Das unabdingbarNotwendige der medizinischen Versorgung muss vom lediglich wünschenswertenoder sogar überflüssigen abgegrenzt werden. Mehr Ergebnisorientierung imGesundheitswesen setzt klare Vorstellungen über dessen Aufgaben und Ziele vor-aus. Nationale Gesundheitspolitik erfordert daher ein durchdachtes Zielsystem.Die Formulierung von Gesundheitszielen wird als politische Aufgabe gesehen, ander Betroffene und professioneller Sachverstand zusammenwirken müssen. Nur

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so lassen sich eine zielgerechte Allokation von Ressourcen erreichen, Verantwort-lichkeiten festschreiben und rationalere Strategien erarbeiten. Qualität ist nachScriba Annäherung an das medizinisch Notwendige oder Angemessene. Die großeMehrzahl der Akteure im Gesundheitswesen (Gesundheitspolitik, und -verwal-tung, Interessenvertretungen, Ärzte) und der Betroffenen (Patienten) argumentierthierbei in den Kategorien schulmedizinischer Lehre. Qualitätsleitlinien versu-chen, diese Lehre auf der Basis gesicherter Erkenntnisse und/oder des Konsensusvon Wissenschaft und Praxis zu überprüfen, zu objektivieren und als Ziele zu for-mulieren.

Auch die Entwicklung von Leitlinien auf dem Gebiet der Krankenhaushy-giene bzw. Infektionskontrolle muss diesen Kriterien genügen, was jedoch miteinem erheblichen Aufwand an Methoden, Personal, Sachverstand und Zeit ver-bunden ist. 4

Neben diesen systematischen Grundlagen für die Erarbeitung von Präven-tionsstrategien sind gesetzliche Vorgaben wie BseuchG bzw. Entwurf des Infek-tionsschutzgesetzes (E-IFSG) und andere Regelungswerke wie die Unfallverhü-tungsvorschriften, zu berücksichtigen und die Kompatibilität der Empfehlungenmit diesen Vorgaben zu gewährleisten.

Anders als bei Leitlinien für Diagnostik und Therapie, die in erster Linie dasVerhältnis zwischen Arzt und Patient bzw. Kostenträgern berühren, dienenRichtlinien für die Krankenhaushygiene auch den Aufsichtsbehörden (Öffent-licher Gesundheitsdienst) als Leitlinie ihrer Begehungen.

Die Sicherstellung der Krankenhaushygiene ist Ländersache, weswegen dieRichtlinie einer Bundesoberbehörde schon aus rechtssystematischen Gründen fürmedizinische Einrichtungen in den einzelnen Bundesländern nicht als rechtsver-bindlich gelten kann. Die im Einzelfall notwendigen baulich-funktionellen sowiebetrieblich-organisatorischen Maßnahmen und Voraussetzungen zur Präventionvon Gesundheitsschäden in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen desGesundheitswesens müssen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheitenund Voraussetzungen vom Krankenhaushygieniker bzw. der zuständigen Gesund-heitsbehörde, unter Beachtung ggf. erlassener Krankenhaushygiene-Verord-nungen des jeweiligen Bundeslandes, festgelegt werden. Krankenhäusern undanderen Einrichtungen des Gesundheitswesens verbleiben im Rahmen der darge-stellten Interpretation Entscheidungsspielräume.

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Die Richtlinie hat somit den Charakter einer Leitlinie, von der dann begrün-det abgewichen werden kann, wenn die konkrete Situation dies nach Würdigungder Vorgaben der Richtlinie zulässt.

Durch die Richtlinie wird nicht von Staats wegen ein bestimmtes Verhaltenge- oder verboten. Die Richtlinie ist kein Gesetz, keine Verordnung und keineVerwaltungsvorschrift. Allerdings neigen Gerichte dazu, der Richtlinie und ihrenAnlagen den Charakter von Kunstregeln (d.h. allgemein anerkannten Standards)zuzuerkennen.

Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass jederzeit mit demAuftreten neuer Krankheitserreger gerechnet werden muss, deren epidemiologi-sche Bedeutung, Tenazität, Desinfektionsmitteltoleranz, Übertragungsweise etc.zunächst unbekannt sind [29]. Die Entwicklung von Präventionsstrategien mussdeshalb so ausgerichtet sein, dass auch Infektionsrisiken durch neuerkannte oderzukünftig auftretende Krankheitserreger für Patienten und Personal möglichstgering sind. Dieser Grundsatz wurde in der Richtlinie für Krankenhaushygieneund Infektionsprävention bei der Formulierung der Anforderungen an die Hy-giene in der Zahnmedizin erstmalig berücksichtigt [30]. Hierbei wurden insbe-sondere die Erfahrungen zum Auftreten der Legionelleninfektion und der HIV-Infektion sowie die neuen Erkenntnisse zur Hepatitis-C-Infektion berücksichtigt[23, 30].

Die Arbeit der Kommission für Krankenhaushygiene undInfektionsprävention am Robert Koch-Institut

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am RobertKoch-Institut wurde 1997 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium fürGesundheit durch den Leiter des Robert Koch-Institutes neu berufen. Vor derNominierung der Mitglieder wurde u.a. die Arbeitsgemeinschaft der wissen-schaftlichen Fachgesellschaften (AWMF) gehört.

Die Geschäftsordnung der Kommission für Krankenhaushygiene undInfektionsprävention bestimmt ausdrücklich, dass die Kommissionsmitglieder beiAusübung ihres Ehrenamtes als Mitglied der Kommission nur ihrem Gewissenverantwortlich und zu unparteiischer Erfüllung ihrer Aufgaben sowie zur Ver-schwiegenheit gegenüber Dritten verpflichtet sind.

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Voraussetzungen für die Mitarbeit in einer Kommission wie der Kommissionfür Krankenhaushygiene und Infektionsprävention sind neben der Fachkompetenzeine gemeinsame Vision (wirksame Verhütung, Erkennung und Bekämpfung vonKrankenhausinfektionen), die Verpflichtung im besten Sinne zusammenzuarbei-ten, Konsensusbereitschaft, Kritikfähigkeit und -bereitschaft und wechselseitigerRespekt [11].

Der Geschäftsordnung entsprechend nehmen an den Kommissionssitzungenneben den Mitgliedern Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit, desBundesministeriums für Verteidigung, des Nationalen Referenzzentrums fürKrankenhaushygiene und des Robert Koch-Institutes mit beratender Stimme teil(Tab. 4).

Die Aufgaben der Kommission für Krankenhaushygiene sind aktuell in ihrerGeschäftsordnung (§ 1) festgelegt und im Entwurf des Gesetzes zur Verhütungund Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (§ 23 Abs. 2 E-IfSG)ist ihre gesetzliche Verankerung vorgesehen. Dort heißt es: �Am Robert Koch-Institut wird eine Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionspräventioneingerichtet, die Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen sowiezu betrieblich-organisatorischen und baulich-funktionellen Maßnahmen der

Hygiene - Bärbel Christiansen, Kiel(Ärzte für Hygiene und Umweltmedizin) - Thomas Eikmann, Gießen

- Martin Exner, Bonn (Vorsitz)- Axel Kramer, Greifswald

Mikribiologie - Georg Peters, Münster(Ärzte für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie) - Matthias Trautmann, Ulm

Chirurgie - Martin Hansis, Bonn

Innere Medizin - Otmar Leiß, Wiesbaden- Bernd Ruf, Leipzig

Anästhesie + Intensivmedizin - Klaus Unertl (stellvertr. Vorsitz)

Öffentlicher Gesundheitsdienst - Heidemarie Juras, Berlin- Ingeborg Kerchhoff, Hamburg

Hygienefachpflege - Eva Maria Becker, Wiesbaden- Ute Jürs, Hamburg- Siegfried Niklas, Darmstadt

Teilnahme an Sitzungen mit beratender Stimme: Vertreter des BMG (Ursula Niemer); Vertreter des BMVg (HeinzBergmann); Vertreter des Nationalen Referenzzentrums für Krankenhaushygiene des RKI (Henning Rüden); Vertreterdes RKI (Jürgen Peters, Alfred Nassauer, Götz Unger)

Tab. 4Zusammensetzungder Kommission fürKrankenhaus-hygiene (nachAnhörung derArbeitsgemein-schaft derWissenschaftlichenMedizinischenFachgesellschaften(AWMF).

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Hygiene in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen erstellt.Die Empfehlungen der Kommission werden vom Robert Koch-Institut veröffent-licht. Die Mitglieder der Kommission werden vom Bundesministerium für Ge-sundheit im Benehmen mit den Obersten Landesgesundheitsbehörden berufen.Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit, der Obersten Landesgesund-heitsbehörden und des Robert Koch-Institutes nehmen mit beratender Stimme anden Sitzungen teil.�

Voraussetzung für eine zielgerichtete Arbeit im Sinne der Geschäftsordnungund des zukünftigen Infektionsschutzgesetzes waren die Festlegung der Arbeits-grundlagen, der Prämissen sowie des Arbeitsprogrammes.

Die Kommission beschloss und empfahl dem Robert Koch-Institut, die Richt-linie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention weiterhin als Grundlagefür die Krankenhaushygiene in Deutschland anzusehen, sie jedoch dem aktuellenKenntnisstand anzupassen, zu straffen, auf Redundanzen zu überprüfen und imHinblick auf eine leichtere Handhabbarkeit um ein Stichwortverzeichnis sowieein Glossar zu ergänzen.

Die Kommission sah es als nicht gerechtfertigt an, das hohe Niveau derKrankenhaushygiene in Deutschland, zu der die bisherige Richtlinie für Kranken-haushygiene und Infektionsprävention beigetragen hat, durch ihre Außer-Kraft-Setzung zu gefährden. Als sinnvoll wurde vielmehr angesehen, die bestehendeRichtlinie zeitnah zu überarbeiten.

Vor dem Hintergrund zum Teil konkurrierenden Ziele war es vorrangig, sichauf Prämissen der Krankenhaushygiene zu einigen, die zukünftig als Kriterien beider Erarbeitung von Empfehlungen berücksichtigt werden sollen. Die Kommis-sion formulierte hierzu folgenden Zielkatalog:

1. Schutz von Patient und Mitpatienten (Patientenschutz) vor vermeidbarerGesundheitsgefährdung, insbesondere Infektionsrisiken

2. Schutz des medizinischen Personals (Personalschutz) und von Beschäftigtensowie Besuchern vor vermeidbaren Gesundheitsschäden, insbesondereInfektionsrisiken im medizinischen Bereich

3. Schutz des patientennahen Umfeldes (Flächen, Instrumente, Geräte) vor ver-meidbarer Kontamination mit Infektionserregern und Sicherstellung einervalidierten Asepsis, Antisepsis, Reinigung, Desinfektion und Sterilisation,

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insbesondere von Flächen und Instrumenten, die direkt oder indirekt Kontaktmit Patient oder Personal haben

4. Ableitung von evidenzbasierten Empfehlungen5, wo dies möglich ist5. Berücksichtigung von Effizienz6, Effektivität7 und Praktikabilität der

Empfehlungen und deren Akzeptanz beim medizinischen Personal6. Berücksichtigung ökonomischer Aspekte (Aufwand an Personal, Material

und baulich-funktionellen Bedingungen)7. Berücksichtigung ökologischer Aspekte und des Ressourcenschutzes8. Gewährleistung der Vereinbarkeit mit gesetzlichen Bestimmungen,

Verordnungen sowie Empfehlungen in Deutschland und der EuropäischenUnion, die den krankenhaushygienischen Bereich berühren.

Dem Patientenschutz wird die höchste Priorität beigemessen, da der Patient nursehr eingeschränkte Möglichkeiten hat, sich aktiv vor exogener Infektionsge-fährdung zu schützen und sich darauf verlassen muss, dass die hierzu notwendi-gen Maßnahmen im Sinne des Gesundheitsschutzes sichergestellt sind.

Dem Schutz des medizinischen Personals sowie von übrigen Beschäftigten(Personalschutz) kommt ebenfalls sehr hohe Priorität zu. Da das Personal sichdurch sein Verhalten maßgeblich vor berufsbedingten Gesundheitsgefährdungenund Infektionen schützen kann, sind Ausbildung, Training und Motivationbesonders bedeutsam.

Der Schutz des patientennahen Umfeldes vor vermeidbarer Kontaminationund die Gewährleistung einer validierten Asepsis, Antisepsis, Reinigung, Desin-fektion und Sterilisation haben nach dem in Deutschland verfolgten Hygiene-Konzept, wie oben ausgeführt, einen sehr hohen Stellenwert; dies wird von derKommission in seiner Bedeutung unverändert anerkannt. Die baulich-funktionel-len und betrieblich-organisatorischen Voraussetzungen hierzu müssen zurGewährleistung der Qualitätssicherung regelmäßig überprüft werden.

Die Evidenz von Maßnahmen soll, sofern valide epidemiologische Unter-suchungen vorliegen, berücksichtigt werden. Zu weiteren Teilbereichen der Kran-kenhaushygiene, insbesondere zu baulich-funktionellen und betrieblich-organisa-torischen Maßnahmen fehlen jedoch häufig entsprechende evidenzbasierte epide-miologische Studien, so dass auch die theoretische Begründung, die sich an o.a.Zielen und Prämissen orientiert, Grundlage für Empfehlungen sein kann.

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Effizienz und Effektivität werden heute vor dem Hintergrund knapper Kassenin einem wesentlich stärkeren Maße hinterfragt, als dies in früheren Jahren derFall war. Die Kommission sieht die Notwendigkeit, ökonomische Kriterien nachMöglichkeit mitzuberücksichtigen, ist jedoch der Auffassung, dass bei Fehlen ent-sprechender Daten notwendige hygienische Vorgaben und Empfehlungen nichtzurückgestellt werden dürfen, bis entsprechende evidenzbasierte Untersuchungenvorliegen.

Alle empfohlenen Maßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Praktikabilität über-prüft sein, da hiervon auch die Akzeptanz beim medizinischen Personal in derUmsetzung entscheidend abhängt.

Ökologische Ziele sind zu berücksichtigen, stehen jedoch in der Wertigkeithinter den Anforderungen zur Sicherstellung des Patientenschutzes und desPersonalschutzes zurück. Gesundheitsschutz hat im medizinischen BereichVorrang vor Umweltschutz.

Um widersprüchliche Regelungen zu vermeiden, müssen die entsprechendenEmpfehlungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit gesetzlichen Bestimmungen,wie z.B. dem BseuchG bzw. dem zukünftigen Infektionsschutzgesetz, oder ande-ren verbindlichen Regelungen wie den Unfallverhütungsvorschriften abgestimmtwerden.

Das Schutzziel der Prävention ist im medizinischen Bereich noch zu wenigverankert, und bisweilen besteht beim Personal immer noch die Auffassung,Infektionen im Krankenhaus seien schicksalhaft und müssen hingenommen wer-den. Hierdurch ist die Bereitschaft zur konsequenten Ausschöpfung verfügbarerMaßnahmen zur Prävention von krankenhauserworbenen Infektionen und ande-ren Gesundheitsschäden beeinträchtigt. Andererseits muss aber auch vermiedenwerden, dass die Umsetzung krankenhaushygienischer Empfehlungen zu über-triebenen, nicht problemgerechten Maßnahmen führen können.

Neue Techniken zur Festlegung von Risikobereichen wie das erwähnteHACCP-Konzept müssen verstärkt in die Krankenhaushygiene eingeführt wer-den. Baulich-funktionelle sowie betrieblich-organisatorische Maßnahmen müssensich ergänzen.

Bei der Erarbeitung von Empfehlungen für die Richtlinie für Krankenhaus-hygiene und Infektionsprävention verwendete man bislang zur Verdeutlichung derVerbindlichkeit oder Notwendigkeit von einzelnen Empfehlungen modaleHilfsverben wie soll, sollte oder muss. Um einerseits dem Anwender in Klinik und

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Praxis vor Ort Entscheidungsspielräume zu verdeutlichen und andererseits Ge-sundheitsbehörden ein Evidenzkriterium einzelner Empfehlungen an die Hand zugeben, ist es sinnvoll und inzwischen international üblich und bewährt, auf derBasis von wissenschaftlicher Evidenz, theoretischer Begründung, Anwendbarkeitund ökonomischen Aspekten eine Kategorisierung der Empfehlungen vorzuneh-men [31]. Deshalb hat die Kommission vorgeschlagen, zukünftige Empfehlungenin Anlehnung an die von den �Centers for Disease Control and Prevention� (CDC,Atlanta) verwendeten Kriterien zu kategorisieren. Abweichend wurde allerdingsdie Einführung einer vierten Kategorie empfohlen, um die Kompatibilität mitgesetzlichen Bestimmungen, Verwaltungsvorschriften und anderen rechtsverbind-lichen Verordnungen zu gewährleisten und auf diese hinzuweisen, wenn sich hie-rin spezifische Regeln finden, die krankenhaushygienische Empfehlungen berüh-ren.

Die Definitionen der einzelnen Kategorien lauten:

� Kategorie I A � nachdrückliche Empfehlung für alle Krankenhäuser: dieseEmpfehlungen basieren auf gut konzipierten experimentellen oder epidemio-logischen Studien.

� Kategorie I B � nachdrückliche Empfehlung für alle Krankenhäuser: dieseEmpfehlungen werden von Experten und aufgrund eines Konsensusbe-schlusses der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionspräven-tion am Robert Koch-Institut als effektiv angesehen und basieren auf gutbegründeten Hinweisen für deren Wirksamkeit. Eine Einteilung in dieKategorie I B kann auch dann erfolgen, wenn wissenschaftliche Studienmöglicherweise hierzu nicht durchgeführt wurden.

� Kategorie II � Einführung/Umsetzung in vielen Kliniken empfohlen: dieseEmpfehlungen basieren teils auf hinweisenden klinischen oder epidemiologi-schen Studien, teils auf nachvollziehbaren theoretischen Begründungen, diein einigen, aber nicht allen Klinken anzuwenden sind.

� Kategorie III � keine Empfehlung oder ungelöste Fragen: Maßnahmen, überderen Wirksamkeit nur unzureichende Hinweise vorliegen oder bislang keinKonsensus besteht.

� Kategorie IV � Anforderungen, Maßnahmen und Verfahrensweisen inKrankenhäusern, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, autonomenRechts oder Verwaltungsvorschriften vorgeschrieben sind.

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Aus der Definition der Kategorien geht hervor, dass Empfehlungen auch beiFehlen wissenschaftlicher Studien herausgegeben werden können, wenn sie vonExperten empfohlen werden und ein Konsensus-Beschluss der Krankenhaushy-giene-Kommission vorliegt (Kategorie I B).

Kategorie III bedeutet nicht, dass entsprechende Maßnahmen nicht durchge-führt werden sollten. Es besteht jedoch hierzu bislang kein Konsens, weswegenman bei der Erstellung von Handlungsanweisungen in Kliniken und Praxen in die-sem Bereich vor Ort entscheiden muss, ob eine Maßnahme sinnvoll ist oder nicht.

Die Erstellung von Anlagen zur Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infek-tionsprävention erfolgt in mehreren Arbeitsschritten (Abb. 3). Die Kommissionlegt die zu bearbeitenden Themengebiete fest und bildet entsprechende Arbeits-gruppen. Zur Erzielung der bestmöglichen, auf dem neuesten wissenschaftlichenKenntnisstand basierenden Empfehlungen können auf Vorschlag von Kommis-sionsmitgliedern und Bestätigung durch die Kommission Experten auch vonaußerhalb als Mitglieder in Arbeitsgruppen berufen werden. Bei der Erarbeitungvon Vorschlägen ist zu unterscheiden zwischen solchen zu bereits bestehendenAnlagen zur Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention undsolchen zu neuen ggf. aus aktuellem Anlass herausgegebenen Empfehlungen, diebislang nicht in Anlagen zur Richtlinie gegeben werden.

Festlegung des Themas

Bildung einer Arbeitsgruppeunter Einbeziehung kommisisonsfremder Experten

Erarbeitung von VorschlägenPrämissen-konform, wissenschaftlich aktuell

Evidenz-kategorisiert

Vorlage und Abstimmung in der Kommission

Verabschiedung eines Anlagen-Entwurfs

Anhörung von Bundesländern und VerbändenKonsensbildung

Überarbeitung durch die Arbeitsgruppeggf. Abstimmung mit der Kommission

Vorlage über das Robert Koch-Institut beimBundesministerium für Gesundheit

Veröffentlichung als�Empfehlung des Robert Koch-Instituts�

Abb. 3Fließschema zur

Erstellung vonAnlagen zurRichtlinie für

Krankenhaus-hygie-ne und

Infektionsprä-ven-tion durch die

Kranken-haushygie-ne-Kommission amRobert Koch-Institut

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Um zu gewährleisten, dass die Empfehlungen der Richtlinie fortlaufend demaktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und Entwicklung entsprechen,müssen ihre Anlagen in regelmäßigen Abständen � idealerweise in einemRhythmus von drei bis fünf Jahren [26] bzw. je nach Aktualität unverzüglich �überprüft, angepasst und ggf. vollständig neu erarbeitet oder zurückgezogen wer-den.

Empfehlungen vorhandener Anlagen zur Richtlinie für Krankenhaushygieneund Infektionsprävention können zur Erhöhung der Arbeitseffizienz hinsichtlicheinzelner Teilaspekte überprüft werden, die einer Änderung oder Anpassungbedürfen, ohne dass eine vollständige Überarbeitung der gesamten Anlage not-wendig wird. Sie werden dann unter Berücksichtigung der Fachliteratur, analogerLeitlinien und Empfehlungen anderer Länder und unter Zugrundelegung der o.g.Prämissen und Kategorien überprüft. Sofern erforderlich, wird eine weitergehen-de Literaturrecherche, Qualitätsbewertung der recherchierten Literatur sowie eineLiteraturanalyse durchgeführt. Hiernach werden die Schlüsselaussagen festgelegtund nach Verknüpfung von Empfehlung und Evidenz die Kategorien festgelegt.

Die Arbeitsgruppe erstellt auf dieser Grundlage einen Entwurf, der derKommission zur Abstimmung vorgelegt wird. Nach seiner Verabschiedung wirdein schriftliches oder mündliches Anhörungsverfahren von Bundesländern undVerbänden unter Moderation des Arbeitsgruppenleiters durchgeführt. Danachwerden die Empfehlungen ggf. durch die jeweilige Arbeitsgruppe gemeinsam mitdem Robert Koch-Institut überarbeitet und dem Bundesministerium für Gesund-heit vorgelegt. Nach Zustimmung durch das Bundesministerium für Gesundheitwerden sie als �Empfehlungen des Robert Koch-Institutes� veröffentlicht.

Sofern zu einem Problemfeld nicht eine bestehende Anlage ergänzt und über-arbeitet, sondern eine vollständig neue zu verfassen ist, müssen ggf. der Umfangder Literaturrecherchen und die Risikoanalyse ausgedehnt werden. Prinzipiell istjedoch der Ablauf � wie im Fließschema dargestellt � gleich.

Bei der Erstellung neuer Empfehlungen und Anlagen wird entweder auf syste-matische Übersichtsarbeiten zurückgegriffen oder diese ggf. erstellt oder inAuftrag gegeben. Ziel dieses Verfahrens ist die Reduzierung systematischerFehler bei der Suche, Identifizierung, Auswahl, Bewertung, Zusammenfassungund Interpretation aller relevanten Studien zu einem bestimmten Thema. Nebender Festlegung von Prämissen und Zielen der Kommission für Krankenhaushy-giene und Infektionsprävention wurde ein Prioritätenkatalog vorrangig zu bear-

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beitender Themenbereiche bzw. vorrangig zu überarbeitender Anlagen erstellt.Zur Bearbeitung der entsprechenden Themengebiete wurde die Bildung von Ar-beitsgruppen beschlossen. Diese stehen unter Leitung eines Kommissionsmit-gliedes, der weitere, für die jeweilige konkrete Fragestellung in besonderer Weiseausgewiesene Experten in die Arbeitsgruppe beruft. Seit 1997 wurden bislangneun verschiedene Arbeitsgruppen berufen (Tab. 5).

Die neu berufene Kommission hat seit 1998 folgende Empfehlungen veröffent-licht:

� Kommentar zur Anlage zu Ziffer 4.3.4 �Anforderungen der Hygiene an diefunktionelle und bauliche Gestaltung von Einheiten für Intensivmedizin�;Abmessung für Krankenräume

� Anforderungen der Hygiene in der Zahnmedizin� Infektionsprävention beim Transport von Patienten mit offener

Lungentuberkulose

Arbeitsgruppe ThemengebieteVorsitz

Intensivmedizin - Organisation und Betrieb von IntensiveinheitenKlaus Unertl, Tübingen - Überprüfung baulich-funktionelle Vorgaben für Intensiveinheiten

- Prävention der nosokomialen Pneumonie

Operative Medizin - baulich-funktionelle Anforderungen an OP-AbteilungenMartin Hansis, Bonn - Anforderungen an Betrieb und Organisation von OP-Einheiten

- Anforderungen an Wundverbände und Verbandswechsel

Intravasale Systeme Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierter intravasalerMatthias Trautmann, Ulm Infektionen

Harnwegskatheterismus Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierter Harnwegs-Joachim Martius, Würzburg infektionen

Surveillance nosokomialer Infektionen Surveillance nosokomialer Infektionen und Erfassung von Krank-Alfred Nassauer, Berlin heitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen

Ausbrüche nosokomialer Infektionen Leitlinie zur Untersuchung von Ausbrüchen nosokomialerAndrea Ammon, Berlin Infektionen

Händehygiene Erstellung von Anforderungen an die HändehygieneAxel Kramer, Greifswald

Nosokomiale Infektionserreger Mitteilung zur Prävention und Kontrolle Methicillin-resistenterGeorg Peters, Münster Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA) in Krankenhäusern

und anderen medizinischen Einrichtungen

Gliederung und Gestaltung der zukünftigen Richtlinie Gliederung und Strukturierung der zukünftigen Richtliniefür Krankenhaushygiene und Infektionsprävention für Krankenhaushygiene und Infektionsprävnetion, Stich-Martin Exner, Bonn wortverzeichnis, GlossarAlfred Nassauer, Berlin

Tab. 5Arbeitsgruppen

der Krankenhaus-hygiene-

Kommission amRobert Koch-

Institut, deren Leiterund

Themengebiete

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� Empfehlungen zum Vorgehen bei der Verlegung von Patienten, die mitMethicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) infiziert oder besie-delt sind

� Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierterHarnwegsinfektionen.

Fertiggestellt und verabschiedet bzw. im Anhörungsverfahren befinden sich fol-gende Empfehlungen:

� Liste der Erreger mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen (gemäß E-IfSG § 23, 1)

� Mitteilung zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistentenStaphylococcus-aureaus-Stämmen in Krankenhäusern und anderenEinrichtungen des Gesundheitswesens

� Anforderungen der Hygiene an die funktionell-bauliche Gestaltung vonOperationsabteilungen, von Einheiten für kleine operative Eingriffe sowieUntersuchungs- und Behandlungsräumen für operative Fachgebiete

� Anforderungen an die Händehygiene� Prävention der nosokomialen Pneumonie.

In Bearbeitung bzw. in Vorbereitung befinden sich derzeit Empfehlungen zur

� Infusionstherapie und Katheterisierung von Gefäßen� Neugestaltung der Gliederung der Richtlinie� Surveillance nosokomialer Infektionen� Untersuchung von Ausbrüchen nosokomialer Infektionen� Anforderung an die Aufbereitung von Medizinprodukten.

Bei allen Arbeiten hat das Nationale Referenzzentrum für Krankenhaushygienedurch seine Mitwirkung und Anhörung maßgeblich die Arbeit der Kommissionunterstützt.

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Schluss

Prävention, Surveillance und Kontrolle müssen stets dem neuesten wissenschaft-lichen Kenntnisstand angepasst sein, das methodische Instrumentarium muss fort-laufend verfeinert werden. Die wissenschaftliche Untersuchung und Evaluierungdarf jedoch niemals Selbstzweck sein, sondern muss den Prämissen der Kranken-haushygiene � Schutz von Patient und Personal vor vermeidbaren Gesundheits-gefahren � dienen. Erfolge bei der Verhütung von Gesundheitsschäden und derVermeidung der Weiterverbreitung von Infektionen, insbesondere durch antibioti-karesistente Mikroorganismen, sind das entscheidende Maß im internationalenWettbewerb um die besten Strategien für einen wirksamen Gesundheitsschutz undeine wirksame Gesundheitsförderung.

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14. Exner M, Harke H-P, Gundermann KO: Präventionsstrategien in derKrankenhaushygiene � Die Notwendigkeit einer Harmonisierung in Europaoder: Welcher ist der beste Weg nach Rom? Hyg Med 1999; 24 (1/2): 12-20

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29. Exner M, Kistemann Th: Bedrohung durch Infektionskrankheiten?Risikoeinschätzung und Kontrollstrategien aus Sicht der Hygiene und desÖffentlichen Gesundheitswesens. Dtsch Ärztebl (im Druck).

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Fußnoten

1 Zu den effizienten Interventionsmaßnahmen zählen die strikte Beachtung derHändehygiene, das Tragen von Einmalhandschuhen, Schutzkitteln undGesichtsmasken, die Desinfektion aller Materialien zurPatientenuntersuchung und �behandlung, regelmäßige Flächendesinfektioninsbesondere patientennaher Bereiche sowie ggf. Raumdesinfektion nachEntlassung von MRSA-Patienten [8]. Nach Einführung der o.a. hygienischenMaßnahmen sank die Rate von MRSA auf der Intensivpflegestation einerUniversitätsklinik innerhalb eines Jahres von 15 % auf 4 %.

2 Kontrolle i.S.v. �Control�: Maßnahmen, die auf frühzeitige Erkennung undVerhinderung der Weiterverbreitung aufgetretener Infektionen und/oderderen Infektionserregern ausgerichtet sind.

3 Das Primat von Epidemiologie und Kontrolle in angelsächsischen Ländernwird auch deutlich in der Bezeichnung medizinischer Fachberufe,Organisationen und Journals: Infection Control Practioner, Infection ControlNurses; Hospital Infection Control Practices Advisory Committee (HIC-PAC); Journal of Infection Control and Hospital Epidemiology, AmericanJournal of Infection Control oder Journal of Hospital Infection.

4 Die Entwicklung von Leitlinien zur Infektionskontrolle durch die�Association for Professionals in Infection Control and Epidemiology�(APIC) dauert durchschnittlich von zwei - drei Jahre [26].

5 Evidenz: Deutsche Übernahme des englischen Begriffes �evidence�;Evidentsein, die unmittelbare und vollständige Einsichtigkeit, Deutlichkeitund Gewissheit (Duden Fremdwörterbuch 1998). Evidenz in der englisch-sprachigen medizinischen Literatur hingegen bezeichnet �externe, klinischrelevante Forschungsergebnisse, die als wissenschaftlich-empirischeGrundlage ärztlichen Handelns dienen.� Diese kommt zum einen aus dermedizinischen Grundlagenforschung, zum andern aus der patientenorientier-ten klinischen Forschung (z.B. bezüglich der Validität und Präzision dia-gnostischer Tests, der Power prognostischer Marker; der Wirksamkeit undSicherheit therapeutischer, rehabilitativer und präventiver Maßnahmen) [28].

6 Effizienz: Verbesserung eines gesundheitsbezogenen Ergebnisses, welchedurch eine Präventionsstrategie durch Fachleute (Spezialisten, Experten)unter idealen Umständen (Bedingungen) erreicht werden kann.

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7 Effektivität: Verbesserung eines gesundheitsbezogenen Ergebnisses, welchesdurch eine Präventionsstrategie unter normalen Umständen mit normal aus-gebildeten Mitarbeitern erzielt werden kann.

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der mhp-Verlag GmbHaus HygMed 1999; 24 (7/8): 280 - 303

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Einführung eines Qualitätsmanagementsystems imGesundheitsamt Dortmund

Dr. Annette Düsterhaus, Gesundheitsamt Dortmund

Einleitung: „Historische“ Entwicklung

Selbstverständlich wird in Dortmund über Qualität von Arbeit nicht erst seit Be-ginn der Verwaltungsreform gesprochen. Allerdings hat die systematische Ein-führung von unterschiedlichen Elementen der Verwaltungsreform zu einem struk-turierteren Vorgehen geführt.

1994 begann in Dortmund der lange Weg der Verwaltungsreform. Das Ge-sundheitsamt wurde in diesem Reformvorhaben zum Pilotamt bestimmt.

Wie auch in anderen Kommunen wurde der Anfang von der Produktent-wicklung geleistet. Wir setzten uns differenziert und intensiv mit den Fragen aus-einander:

� Was leisten wir für wen? � Wer ist eigentlich unser Kunde?

Es war schon erstaunlich, wie unterschiedlich unsere Aufgaben und Rollen vonverschiedenen Mitarbeitern gesehen wurden. Im Nachhinein denke ich, dass be-reits diese Maßnahme der Produktentwicklung ein erster Schritt zur Qualitätsent-wicklung war. Bereits damals hatten wir den Versuch unternommen, zu den jewei-ligen Produkten � neben Kennzahlen für die Wirtschaftlichkeit � Qualitätsindika-toren zu bestimmen. Dieses geschah sowohl auf der operativen als auch auf derEbene der Effekte bzw. Wirkungen. Allerdings war festzustellen, dass der ersteVersuch im Wesentlichen gescheitert ist.

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Kundenorientierung

Wir beobachteten, dass sogar bei relativ �leidenschaftslosen� Produkten � wie denGutachten � sehr kontroverse Vorstellungen über Kunden sowie auch zu leisten-de Qualitäten herrschten. Unsere Qualitätsvorstellungen waren in erster Linie me-dizinisch fachlich geprägt.

Nach einiger Diskussion stellten wir am Beispiel Gutachten fest, dass im Gut-achtenwesen ein Dreiecksverhältnis zwischen Auftraggeber, Begutachter undBürger besteht.

Auch bei anderen Produkten aus der Produktgruppe Gesundheitshilfen � ichnenne hier exemplarisch die Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes � stell-ten wir nach einer gewissen Diskussion fest, dass unser Verhältnis zum �Kunden�gar nicht so eindeutig ist, wie wir uns vielleicht dachten. Ist unser Kunde der psy-chisch Kranke, die Familie, die Nachbarschaft oder der Vermieter? Wir stelltenfest, dass es neben dem primären Kunden, dem Betroffenen selbst, noch zahlrei-che andere Kunden gibt, denen gegenüber wir auch einen gewissen Service zubieten haben. Danach müssen sich natürlich auch u. U. verschiedene Qualitäts-anforderungen richten.

Kundentyp: Gutachten

Kundenfreundlich

Bürgerfreundlich

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Kunden- und Bürgerbefragung 1997

Von diesen Erkenntnissen ausgehend haben wir in Bezug auf unterschiedlichsteProdukte eine Befragung der uns aufsuchenden Bürger sowie ggf. auch unsererAuftraggeber gemacht. Die Befragung der Bürger war von ihren Resultaten herwenig spektakulär. Die Allermeisten erteilten uns sehr gute Noten. Wichtig warvielmehr die interne Auseinandersetzung mit der Befragung. Ist es legitim, dieBürger zu fragen, ob sie sich kompetent beraten fühlten? Können die Bürger über-haupt beurteilen, ob wir kompetent sind?

Auch die Auftraggeber unserer Gutachten haben wir gefragt u.a. nach derAngemessenheit von Bearbeitungszeiten, der Verständlichkeit der Sprache undder Erreichbarkeit von MitarbeiterInnen. Lange debattierten wir darüber, wasunser Auftraggeber an unseren Gutachten verstehen und nachvollziehen muss undob und inwiefern wir Interesse für die Belange unserer Auftraggeber zeigen müs-sen.

Auch unsere Auftraggeber schienen im Wesentlichen zufrieden mit unseremService zu sein. Gleichwohl sahen hier manche Antworten kritischer aus. Das ent-scheidende Ergebnis unserer Kunden- und Bürgerbefragungen waren aber nichtdie Antworten unserer Kunden und Bürger sondern die Auseinandersetzungdamit, was aus der Sicht der Kunden und Bürger wichtige Qualitäten an uns seinkönnten.

Ich denke, dass die Befragung ein wesentlicher Schritt dahingehend war,Qualitäten unserer Dienstleistungen nicht ausschließlich aus unserer eigenenfachlichen Sicht zu beurteilen, sondern wir lernten mehr und mehr unsere Arbeitdurch die Brille anderer zu sehen.

Leitbildentwicklungen

Ein weiterer wichtiger Schritt war die Entwicklung unseres Leitbildes. ImRahmen eines Workshops und anschließender Diskussion in allen Abteilungen hatsich das Gesundheitsamt Dortmund ein Leitbild gegeben. Hierin werden wichtigeAussagen zu Zielen und Aufgaben, aber auch zu Qualitäten unserer Leistungendefiniert. Im Rahmen der Leitbildentwicklung sind wir zu dem Ergebnis gekom-

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men, dass wir ein systematisches Qualitätsmanagement mit einer entsprechendenpersonellen Besetzung etablieren müssen.

Systematisierung von Qualitätsmanagement

Es hat bei uns inzwischen eine gewisse Tradition, ein- bis zweimal jährlich imRahmen einer MitarbeiterInnen-Versammlung wichtige Themen vorzutragen undzu diskutieren. Im Frühjahr 1999 haben wir einen Qualitätsmanager einer großenDortmunder Klinik zu uns in die MitarbeiterInnen-Versammlung eingeladen. Ertrug �aus dem Leben� uns seine Aufgabenziele und seine Arbeitsweise vor undhatte eine erstaunlich positive Resonanz. Beim Kapitel Qualitätsmanagement warvon vornherein festzustellen, dass dieses Thema sicherlich in einem gewissenGegensatz zu manch einem anderen Thema der Verwaltungsreform stand und dieMitarbeiter und Mitarbeiterinnen einen höheren Identifizierungsgrad hatten. Nachder Einführung von Kosten- und Leistungsrechnung und anderen eher wirtschaft-lich orientierten Ansätzen der Verwaltungsreform war es offensichtlich im allge-meinen Interesse, sich auch über Qualitäten von Arbeit zu verständigen.

Nach dem Vortrag des Qualitätsmanagers der Klinik leistete sich unsere Amts-besprechungsrunde � das sind alle Abteilungsleiter sowie Mitarbeitervertreter aus

Leitbildentwicklung `99❚ hochwertige Leistung unter wirtschaftlichen

Gesichtspunkten❚ für Kunden nachvollziehbar❚ transparente Termingestaltung, verlässliche

Präsenz, termingerechte Bearbeitung❚ freundliche Atmosphäre, Vertraulichkeit❚ systematisches QM u. Personalentwicklung,

um angemessene Qualität erbringen zukönnen

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allen Abteilungen � eine 3tägige Fortbildung zum Thema Qualitätsmanagement.Anschließend waren wir uns sicher, dass wir Ressourcen �freischaufeln� müssen,um Qualitätsmanagement professioneller zu betreiben. Im Sommer �99 wurdeintern eine Planstelle für Qualitätsmanagement ausgeschrieben. Erfreulicherweiseerhielten wir aus dem eigenen Hause fünf qualifizierte Bewerbungen, was für dasgroße Interesse an diesem Thema spricht. Seit Oktober �99 haben wir eine haupt-amtliche Qualitätsmanagerin auf einer Teilzeitstelle. Unsere Qualitätsmanagerinist �gelernte� Ärztin und wird in Kürze umfassende Fortbildungen über dieIndustrie- und Handelskammer zur Qualitätsmanagerin erhalten.

Wichtig war es uns, ihr eine Stabsstellenfunktion neben dem Controller direktunter der Amtsleitung zuzuordnen.

Erste Aufgaben für das Jahr 2000 wurden über eine Kontrakt- bzw. Verwal-tungsvereinbarung geschlossen.

Was sind unsere Ziele?

Wichtig ist es uns, dass nicht das formale Erreichen einer Zertifizierung das Zielist.

Wenn es letztendlich mal dabei herauskommt, dass wir uns zertifizieren las-sen, ist das durchaus gut. Allerdings ist unser erklärtes Oberziel, zukunftsfähig zubleiben bzw. zu werden indem wir uns stetig verbessern.

Wir sehen ein weiteres Ziel darin, ein optimales Verhältnis zwischen Bürger-,Kunden- und MitarbeiterInnnen-Zufriedenheit zu erreichen.

Dabei ist es uns durchaus bewusst, dass sich MitarbeiterInnen und Kunden-orientierung häufig in einem gewissen Spannungsfeld verhalten. Nehmen wirallein das Verhältnis von kundenfreundlichen Öffnungszeiten im Verhältnis zumitarbeiterfreundlichen Arbeitszeiten ergibt sich hieraus bereits manch einKonflikt.

Wichtig erscheint mir für die Zukunft, diesen Konflikt weder in der einennoch in der anderen Richtung einseitig zu lösen, sondern zu versuchen, unterBeteiligung der MitarbeiterInnen einen möglichst optimalen Kompromiss zu bil-den. Ein weiterer Konflikt, über den wir uns bereits zu Beginn eines Qualitäts-managementprozesses klar sein sollten ist, das Spannungsfeld zwischen indivi-dueller Arbeitsgestaltung inkl. Bewertung und Begutachtung und dem Anspruch

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des Bürgers vergleichbare Leistungen zu erhalten. Wir müssen uns schon zuBeginn eins QM-Prozesses klar machen, dass Standardisierung zu einem Verlustan individueller Gestaltung führt.

Und das wird aus Mitarbeitersicht nicht nur positiv bewertet. Allerdings gibtes nätürlich auch aus Mitarbeiterperspektive erfreuliche Aspekte, wie leichteresEinarbeiten von �Neulingen�, bessere Vertretbarkeit, höhere Verbindlichkeit undEntscheidungssicherheit.

Was ist bisher konkret „gelaufen“?

Im Rahmen eines Reoganisationsprozesses einer unserer Abteilungen zeigte sicheine recht große Unruhe und Unzufriedenheit bei etlichen MitarbeiterInnen. Diesewurde durch eine Befragung �Checkliste Arbeitszufriedenheit� systematisch ge-bündelt mit dem Ziel, dort wo es am meisten drückt, konkret Abhilfe zu schaffenund Vereinbarungen zu treffen.

Außerdem hat die Qualitätsmanagerin die Rolle der Prozessbegleitung beieben diesem Reorganisationsprozess übernommen.

Daneben wurden von einem kleinen Team von MitarbeiterInnen schriftlicheSpielregeln entwickelt, wie Aufträge an die Qualitätsmanagerin herangetragenwerden können und wie unterschiedlichste Ebenen des Amtes (ggf. auch desDezernates) einbezogen werden müssen. Diese Spielregeln sind allen Mitar-beitern vorgestellt worden. Sie sind natürlich verbindlich. Auch das ist Quali-tätsmanagement.

Erneut fand eine MitarbeiterInnen-Versammlung statt, in der sich dieQualitätsmanagerin als Person sowie mit ihren Aufgaben und Zielen vorstellte.Direkt anschließend wurden Fortbildungsmaßnahmen von �Moderatoren� fürQualitätszirkel ausgeschrieben. Es ist das Ziel, ca. fünf weitere MitarbeiterInnendurch eine spezielle Fortbildungsmaßnahme so zu qualifizieren, dass sie in dieLage sind, abteilungsübergreifend Qualitätszirkel zu moderieren.

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Resümee

� Festzustellen bleibt, dass bei allen großen Veränderungsprozessen � so auchbei der Einführung von Verwaltungsreform und beim Einführen eines syste-matischen Qualitätsmanagementes � Reibungsverluste zwangsläufig sind.

� Wichtig scheint es zu sein, wenn es wie Qualitäten unterschiedlichste Ziele,Interessen und entsprechende Konflikte gibt, diese in einem geeignetenGremium vorzutragen und möglichst dort eine Konsensbildung herbeizufüh-ren, die von unten � von denjenigen � entwickelt wurde, die die Arbeit leis-ten müssen.

� Bei unserer Zukunftsaufgabe, uns stetig zu verbessern und wandeln zu müs-sen, scheint Qualitätsmanagement sowie die Arbeit in Qualitätszirkeln derrichtige Ansatz zu sein.

� Weiterarbeiten müssen wir sicherlich bei der Frage, wie wir noch systemati-scher und regelmäßiger mit möglichst geringem Aufwand die Interessen undWünsche unserer Kunden und Auftraggeber einbeziehen können.

� Festzustellen bleibt, dass sich das Rollenverständnis von Verwaltung durchdiese Prozesse verändert und damit sind wir auf dem richtigen Weg.

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GMDS-Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der Medizin

Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements

Koordination: Barbara Pietsch-Breitfeld, Brigitte Sens, Sabine Rais

Gunnar Blumenstock, Roger Goecke, Birgit Lübke, Klaus P. Maag, F.-MichaelNiemann, Ulrike Rothe, Thomas Ruprecht, Hans-Joachim Schober-Halstenberg,Gregor Viethen, Peter M. Woog

Stand: 15.7.1996

Einführung

Die GMDS-Arbeitsgruppe �Qualitätssicherung in der Medizin� hat sich im März1995 erstmals in Hannover getroffen, um gemeinsam den Versuch zu wagen, dasterminologische Thema �Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements�anzugehen.

Ursprünglich lag die Motivation für dieses Vorhaben darin, dass einerseitsinnerhalb, aber auch außerhalb der Arbeitsgruppe unterschiedliche und unklareBegrifflichkeiten zum Thema Qualitätsmanagement verwendet wurden (und wer-den). Durch die immer wieder neue heterogene Zusammensetzung der Arbeits-gruppen-Mitglieder war es häufig notwendig, Basis-Begriffe und -Informationenzu wiederholen. Um hier Abhilfe zu schaffen, schien es plausibel, grundlegendeBegrifflichkeiten in einer �konstanten Unterarbeitsgruppe� zusammenzustellenund allen anderen sowie den �potentiellen� Arbeitsgruppen-Mitgliedern zurKenntnis zu bringen mit dem Ziel, künftig einen einheitlichen Wissensstand vor-aussetzen zu können und dadurch der Arbeitsgruppe mehr �Raum� für dieDiskussion weiterer Themen des Qualitätsmanagements zu schaffen.

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Parallel dazu veränderten sich in der jüngeren Zeit sowohl die formalenBegrifflichkeiten als auch inhaltliche Bedeutungen durch das Zusammenkommenverschiedener Entwicklungen, z.B. durch die Diskussion der Konzepte des Um-fassenden Qualitätsmanagements (Total Quality Management, TQM), der Konti-nuierlichen Qualitätsverbesserung, durch die DIN ISO Normen und durch die zu-nehmenden Umsetzungsversuche von Qualitätsmanagement auch im Umfeld derGesundheitsversorgung. Insgesamt findet eine erhebliche Umbruchphase statt �manche Autoren sprechen auch vom Paradigmenwechsel � was sich sowohl aufdie Konzepte als auch auf die Benennung von Qualitätsbegriffen auswirkt. In die-ser Übergangsphase sah sich die Arbeitsgruppe immer wieder in Konfrontationbzw. Auseinandersetzung mit der Bedeutung von �alten� und �neuen� Begriffen.

Vor diesem Hintergrund gestaltete sich das Vorhaben der Arbeitsgruppe alsnicht einfach und muss zum jetzigen Zeitpunkt als eine erste Annäherung an eineschwierige und keineswegs endgültige �Terminologie� � gerade auch für dieGesundheitsversorgung � betrachtet werden. Die Arbeitsgruppe ist insofern füralle konstruktiven Anregungen und Ergänzungen offen, die in eine zweite überar-beitete Auflage (mit Beispielen) einfließen können.

An dieser Stelle sei allen Kolleginnen und Kollegen der �Unterarbeitsgruppe�für ihr außerordentliches Engagement gedankt, das viel (Frei-)Zeit, Energie undFinanzen verschlungen hat.

Methodisches Vorgehen

Die Mitglieder der �Unterarbeitsgruppe� haben sich darauf verständigt, für diegrundlegenden Begriffe des Qualitätsmanagements möglichst (inter)nationalakzeptierte und zitierfähige Definitionen (deutsch- und englischsprachige) vonz.B. Normungsgremien oder ausgewiesenen Experten zusammenzustellen unddiese entweder zu kommentieren oder um weitere Definitionen bzw. Erläute-rungen zu ergänzen. Auf die Übersetzung von englischen Texten wurde bewusstverzichtet.

Definitionen ohne explizite Quellenangaben sind von den Mitgliedern derArbeitsgruppe selbst formuliert worden.

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Der Aufbau der Arbeit entspricht folgender Gliederung:

I. QualitätI.1 QualitätI.2 Qualität in der

GesundheitsversorgungI.3 QualitätsforderungI.4 Forderungen der GesellschaftI.5 Konformität

II. QualitätsbeurteilungII.1 QualitätsdimensionII.2 QualitätsindikatorII.3 StandardII.4 Referenzbereich, -wertII.5 RichtlinieII.6 LeitlinieII.7 Empfehlung

III. QualitätsmanagementIII.1 QualitätsmanagementIII.2 Umfassendes Qualitäts-

managementIII.3 KundeIII.4 Lieferant

III.5 QualitätsmanagementsystemIII.6 QualitätspolitikIII.7 QualitätsplanungIII.8 QualitätslenkungIII.9 QualitätskontrolleIII.10 QualitätssicherungIII.11 QualitätsverbesserungIII.12 Qualitätskreis, QualitätsspiraleIII.13 QualitätszirkelIII.14 QM-DarlegungIII.15 QM-BewertungIII.16 QualitätsauditIII.17 QM-Handbuch

Literaturverzeichnis

Autorenverzeichnis

I.1 Qualität

�Qualität ist die Gesamtheit von Merkmalen (und Merkmalswerten) einer Einheit(1.1) bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zuerfüllen.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 2.1

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Kommentar 1:Der Qualitätsbegriff der DIN EN ISO-Normen ist wertneutral und positivistisch.Er bezieht sich ausschließlich auf die Eignung oder Fähigkeit einer Einheit zurErfüllung vorausgesetzter oder festgelegter Erfordernisse, nicht auf dieAusprägung bzw. den tatsächlich vorhandenen (und ggf. messbaren) Ausprä-gungsgrad dieser Eignung. Einheit und Erfordernisse sind dabei Variablen.Einheit kann sich z.B. auf klassische Produktionsfaktoren (z.B. Betriebsmittel,Werkstoffe), auf Prozesse und Verfahren (z.B. Qualitätssicherungssysteme) oderResultate (Erzeugnisse, Dienstleistungen) beziehen. Die festgelegten und voraus-gesetzten Erfordernisse bestimmen die Zielvorgaben und Inhalte; sie beinhaltendie Forderungen der Gesellschaft und müssen in mehrstufigen Operationali-sierungsschritten zu konkreten Qualitätsforderungen spezifiziert werden. DieseSpezifizierung ist die Voraussetzung für alle weiteren (Operationalisierungs-)Schritte im Rahmen des Qualitätsmanagement.

Normen wie die DIN EN ISO-Normen werden oft per se mit einer Ein-schränkung des individuellen Handlungsspielraums gleichgesetzt. Jedoch gilt:�Durch das Anwenden von Normen entzieht sich niemand der Verantwortung füreigenes Handeln. Jeder handelt insoweit auf eigene Gefahr.�1 Dies wird durch diewertneutrale DIN EN ISO-Definition von Qualität unterstrichen, da sie sich aufdie Dimension Eignung (zur Erfüllung von Erfordernissen) beschränkt. Sie impli-ziert weder Art und Umfang der Erfordernisse noch den Ausprägungsgrad derEignung, diese zu erfüllen. Diese Festlegung ist dem gesellschaftlichen bzw. fach-lichen Diskurs vorbehalten und kann sich z.B. in gesetzlichen bzw. fachspezifi-schen Vorgaben niederschlagen. Die professionelle Verantwortung bezieht sichsomit grundsätzlich auf zwei Bereiche: die Eignung einer Einheit zur Erfüllungvon Erfordernissen sowie die Ausprägung dieser Eignung, umgangssprachlichausgedrückt: die Fähigkeit zur �Qualität� und deren tatsächliche Herstellung. DieEinhaltung von Normen erhöht die Wahrscheinlichkeit, Ergebnisse im Sinne derErfordernisse zu erhalten und kann unter forensischen Aspekten Schutz bieten.Normabweichungen sind � sofern keine gesetzlich oder anderweitig festgelegtenEinschränkungen vorliegen � nicht nur immer und überall möglich, sondern kön-nen im Einzelfall sogar zwingend sein, bedürfen jedoch der plausiblen rationalenBegründung.

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Kommentar 2:Eine Qualitätsbewertung gemäß den DIN EN ISO-Normen (im Rahmen einerZertifizierung) prüft immer nur die grundsätzlich vorhandene Eignung bzw.Fähigkeit, Erfordernisse erfüllen zu können. Sie kann den Abgleich zwischen tat-sächlicher und erwünschter Ausprägung dieser Eignung (z.B. anhand fachspezifi-scher Leitlinien, Indikatoren, Referenzbereiche) bezüglich der Erfordernisse nichtersetzen.

Kommentar 3:In zahlreichen Literaturstellen wurde bzw. wird �Qualität� noch anders definiert,z.B. �Qualität = Technik + Geisteshaltung�2, �Qualität ist das Erreichte im Ver-hältnis zum Machbaren, bezogen auf die Menge des Gewünschten�3 , als �fitnessfor use�, �fitness for purpose�, �customer satisfaction� oder �conformance to therequirements�4. Diese Begriffsbestimmungen beschreiben oft nur bestimmteFacetten der Eignung; oder sie haben nicht die Eignung an und für sich, sonderndie (tatsächlich vorhandene) Ausprägung dieser Eignung im Blick; oder sie impli-zieren gleichzeitig bestimmte Formen, Richtungen oder Grade dieser Ausprä-gung.

I.2 Qualität in der Gesundheitsversorgung

Die Qualität gesundheitlicher Versorgung ist die Gesamtheit der Merkmale einerEinheit hinsichtlich der Erfüllung der für die Gesundheitsversorgung vorgegebe-nen und festgelegten Erfordernisse.

Kommentar 1:Qualität im Gesundheitswesen geht über die Definition der DIN EN ISO 8402hinaus und beinhaltet grundsätzlich zwei Aspekte:

1. die Eignung im Sinne der DIN EN ISO 8402, vorausgesetzte und festgelegteErfordernisse zu erfüllen

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2. den Grad der Ausprägung dieser Eignung, d.h. die tatsächlich vorliegendeErfüllung der Erfordernisse.

Näheres dazu siehe in Kommentar 1 zum Begriff Qualitätsforderung.

Kommentar 2:In der Literatur sind zahlreiche weitere Definitionen von �Qualität derGesundheitsversorgung� zu finden5, die jedoch dieselbe Problematik aufweisenwie die bisher vorliegenden Qualitätsdefinitionen (vgl. Kommentar 1 zum BegriffQualität). Einige wichtige Beispiele seien im Folgenden genannt:

�Quality of care is the extent to which actual care is in conformity with presetcriteria for good care.�6

In diese Definition von Donabedian wurde bereits vor 30 Jahren der Begriffder Konformität, also der Erfüllung festgelegter Forderungen, aufgenommen; sieentspricht damit hinsichtlich ihrer Aktualität der heutigen DIN EN ISO 8402.

�Quality of health care is the production of improved health and satisfactionof a population within the constraints of existing technology, resources, and con-sumer circumstances.

The perspectives of providers, governments, and patients are combined in this�inclusive definition� of quality of care. Three dimensions were consideredabove:

� provider competence� accessibility, and � acceptability of care.

The three constraints discussed were limitations in effectiveness of technology,limitation of resources, and differences in consumer circumstances. The threedimensions themselves can be broken down into smaller components.Components of provider competence included technical components (cognitive,manual, and perceptual skills) and interpersonal components. Accessibility wasconsidered both at the market level and at the beneficiary or patient level.Components of acceptability vary according to the expectations of each individu-al consumer.�7

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�Quality of care is the degree to which health services for individuals andpopulations increase the likelihood of desired health outcomes and are consistentwith current professional knowledge.

This definition has the following properties, it includes a measure of scale (�...degree to which...�), encompasses a wide range of elements (�...health ser-vices...�), identifies both individuals and populations as proper targets for qualityassurance efforts, is goal-orientated (�...increase...desired health outcomes...�),recognizes a stochastic (random or probability) attribute of outcome but values theexpected net benefit (�...increase the likelihood of...�), underscores the importanceof outcomes and links the process of health care with outcomes (�...health ser-vices...increase...outcomes...�), highlights the importance of individual patients´and society´s preferences and values and implies that those have been elicited (oracknowledged) and taken into account in health care decision making and policy-making (�...desired health outcomes...�), underscores the constraints placed onprofessional performance by the state of technical, medical, and scientific know-ledge, implies that that state is dynamic, and implies that the health care provideris responsible for using the best knowledge base available (...consistent with cur-rent professional knowledge..�).�8

�Quality of care is the performance of specific activities in a manner that ei-ther increases or at least prevents the deterioration in health status that would haveoccured as a function of a disease or condition. Employing this definition, quali-ty of care consists of two components:

1. the selection of the right activity or task or contribution of activities, and 2. the performance of those activities in a manner that produces the best out-

come.�9

�Appropriate care means that the expected health benefit (increased life expect-ancy, relief of pain, reduction in anxiety, improved functional capacity) exceedsthe expected negative consequences (mortality, morbidity, anxiety of anticipatingthe procedure, pain produced by the procedure, misleading of false diagnoses,time lost from work) by a sufficiently wide margin that the procedure is worthdoing.�10

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�Qualität im Gesundheitswesen bedeutet eine ausreichende und zweckmäßi-ge, d.h. patienten- und bedarfsgerechte, an der Lebensqualität orientierte, fachlichqualifizierte, aber auch wirtschaftliche medizinische Versorgung mit dem Ziel, dieWahrscheinlichkeit erwünschter Behandlungsergebnisse bei Individuen und in derGesamtbevölkerung zu erhöhen.� 11

Diese Definition berücksichtigt implizit die in der Bundesrepublik bestehendenberufs- und sozialgesetzlich festgelegten Qualitätsforderungen auf der Basis einernach dem Solidarprinzip finanzierten Absicherung des Gesundheitsrisikos; siekann damit nur nationale Gültigkeit beanspruchen.

I.3 Qualitäts(an)forderung (Requirements for Quality)

�Formulierung der Erfordernisse oder deren Umsetzung in eine Serie von quanti-tativ oder qualitativ festgelegten Forderungen an die Merkmale einer Einheit zurErmöglichung ihrer Realisierung und Prüfung.

Anmerkung 1: Es ist entscheidend, dass die Qualitätsforderung die festgelegtenund vorausgesetzten Erfordernisse des Kunden (1.9) voll wider-spiegelt.

Anmerkung 2: Der Begriff �Forderung� erfasst sowohl marktbegründete alsauch vertragliche als auch interne Forderungen einer Organi-sation (1.7). Sie können in den unterschiedlichen Planungsstufenentwickelt, detailliert und aktualisiert werden.

Anmerkung 3: Quantitativ festgelegte Forderungen an die Merkmale enthalten z.B. Nennwerte, Bemessungswerte, Grenzabweichungen und Toleranzen.

Anmerkung 4: Die Qualitätsforderung sollte in funktionalen Bedingungen aus-gedrückt und dokumentiert werden.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 2.3

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Kommentar 1:Die Qualitätsforderungen müssen unter Einbeziehung der Forderungen der Ge-sellschaft in mehrstufigen Operationalisierungsschritten aus den Erfordernissenabgeleitet und auf Strukturen, Prozesse und Ergebnisse bezogen werden. Diesbeinhaltet bezüglich der Gesundheitsversorgung grundsätzlich zwei komplemen-täre, jedoch eigenständige Operationalisierungsstränge: Zum einen eine Spezifi-zierung (gemäß DIN EN ISO-Normen), die sich jedoch nur auf deren Eignungbzw. Möglichkeit bezieht, die Erfordernisse zu erfüllen; damit ist der erforderli-che Ausprägungsgrad dieser Eignung, also der erwartete Grad der Erfüllung derErfordernisse noch nicht festgelegt. Zum zweiten ist folglich eine Spezifizierunghinsichtlich des Ausprägungsgrades dieser Eignung mit Festlegung von Referenz-bereichen oder -werten (s.u.) erforderlich, bei denen � dem jeweiligen Stand derErkenntnis entsprechend � der festgelegte Erfüllungsgrad mit hinreichender Vali-dität konstatiert werden kann. Dazu gehört auch die Festlegung von Anforde-rungen an Effektivität und Effizienz. Die Festlegungen in beiden Operationalisie-rungssträngen unterliegen insbesondere dem fachlichen, aber auch dem gesell-schaftlichen (d.h. politischen) Diskurs. Sie manifestieren sich z.B. in Gesetzen,Verordnungen, fachspezifischen Richt- bzw. Leitlinien.

Kommentar 2:In derzeit geltenden Gesetzen, Verordnungen, Richt- oder Leitlinien und vielenanderen mehr oder weniger verbindlichen normativen Vorgaben sind bereitsQualitätsforderungen für das Gesundheitswesen in unterschiedlich ausgeprägterKonkretion vorhanden, so z.B. � mit bundesweitem Geltungsanspruch � in § 70SGB V, Abs. 2:

�(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfs-gerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medi-zinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zugewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend undzweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreitenund muss wirtschaftlich erbracht werden.(2) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben durch geeigne-te Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versichertenhinzuwirken.�

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Beim �anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik�, aber auch denFestlegungen �gleichmäßig�, �wirtschaftlich� oder �human� handelt es sich umtypische Qualitätsforderungen, wenn auch in sehr allgemeiner Form. �Human�heißt dabei im Sinne der Erklärung der Menschenrechte bzw. Art. 1 Grundgesetz:

� ethische Vertretbarkeit� rechtliche Vertretbarkeit� individuelle, soziale und ökologische Verträglichkeit� Gerechtigkeit, d.h. gerechte Verteilung der Ansprüche und Lasten (z.B.

durch solidarische Risikoabsicherung ohne Selektion oder Rationierung nachethnischen, sozialen, demographischen oder ökonomischen Kriterien).

Die Forderung �wirtschaftlich� zielt auf die Effizienz bzw. die Kosten-Nutzen-Relation gemessen an den Qualitätsforderungen; sie ist nicht gleichbedeutend mit�kostengünstig� oder �preiswert�.

Kommentar 3:Nach Avedis Donabedian können für die Gesundheitsversorgung sieben allgemei-ne Qualitätsforderungen beschrieben werden:

�Seven attributes of health care define its quality: (1) efficacy: the ability ofcare, at its best, to improve health; (2) effectiveness: the degree to which attain-able health improvements are realized; (3) efficiency: the ability to obtain the greatest health improvement at the lowest cost; (4) optimality: the most advanta-geous balancing of costs and benefits; (5) acceptability: conformity to patient pre-ferences regarding accessability, the patient-practitioner relation, the amenities,the effects of care, and the cost of care; (6) legitimacy: conformity to social pre-ferences concerning all of the above; and (7) equity: fairness in the distribution ofcare and its effects on health.�12

Die Begriffe �efficacy� und �effectiveness� lassen sich im Deutschen insofernvoneinander unterscheiden, als man von einer �absoluten Effektivität� (efficacy)und einer �relativen Effektivität� (effectiveness) sprechen kann. Die �absoluteEffektivität� beschreibt die theoretisch maximal mögliche Wirksamkeit � z.B.eines Verfahrens �A� � gemessen an den für die Lösung des jeweiligen Gesund-heitsproblems definierten Qualitätsforderungen, die �relative Effektivität� die tat-

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sächliche Wirksamkeit einer konkreten Maßnahme im Rahmen dieses Verfahrens�A�, gemessen an dessen maximal möglicher (absoluten) Wirksamkeit.13

Der Begriff �optimality� (optimale Ausgewogenheit) in Donabedians Defini-tion ist problematisch, da er den Kostenaspekt beinhaltet. Er impliziert die Mög-lichkeit, therapeutische Entscheidungen in jedem Fall (auch) von den entstehen-den Kosten abhängig zu machen. Dies kann eine kosteninduzierte Rationierungbzw. Qualitätsabsenkung bedeuten. Dies ist jedoch nach deutschem Gesundheits-recht nicht zulässig (vgl. z.B. §§ 2, 70 SGB V). Die Relation von Kosten und (the-rapeutischem) Nutzen kann damit ausschließlich dem Qualitätskriterium �Effi-zienz� zugeordnet werden. Der Aspekt �optimale Ausgewogenheit� lässt auf derBasis der geltenden Rechtslage nur eine Relation zwischen therapeutischemRisiko und Nutzen zu (�out-come�-bezogen), unabhängig von den Kosten. Siedürfen nur dann als Kriterium herangezogen werden, wenn gleichwertige Ver-fahren � bezogen auf die relative Effektivität im o.g. Sinn � zur Wahl stehen; nurhier ist das preisgünstigste Verfahren legitim und geboten. Ansonsten gilt aus-schließlich das Kriterium der Wirtschaftlichkeit, d.h. die Wahl des kostengünstigs-ten Verfahrens bezogen auf die Qualitätsforderung bzw. die erforderliche Ergeb-nisqualität.

Kommentar 4:Was gemäß der DIN EN ISO Norm unter dem Begriff Qualitätsforderung ver-standen wird, wurde zunächst in den USA und später im deutschsprachigen Raumals Qualitätskriterium � mit allerdings unterschiedlicher Bedeutung � bezeichnet.Der Begriff Kriterium wurde dabei im deutschsprachigen Raum wie folgt defi-niert:

�Kriterien sind operationalisierte Untermengen aller Eigenschaften medizini-schen Handelns. Ihre Auswahl erfolgt zum einen nach den interessierenden Di-mensionen und Aspekten der Qualität, zum anderen nach ihrer Beobachtbarkeitund Reliabilität (z.B. Auftreten von Wundheilungsstörungen)�.14

Der Begriff Kriterium wird heute vollständig ersetzt durch den Begriff Quali-tätsindikator, der die Qualitätsforderung operationalisiert und gleichzeitig mess-bar macht.

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I.4 Forderungen der Gesellschaft (Requirements of society)

�Verpflichtungen, die sich ergeben aus Gesetzen, Vorschriften, Verordnungen,Kodizes, Statuten und anderen Erwägungen.

Anmerkung 1: ,Andere Erwägungen� betreffen vor allem Schutz der Umwelt, Gesundheit, Sicherheit (2.8), Schutz, Erhaltung von Energie- und natürlichen Hilfsquellen.

Anmerkung 2: Alle Forderungen der Gesellschaft sollten bei der Festlegung der Qualitätsforderungen (2.3) in Betracht gezogen werden.

Anmerkung 3: Forderungen der Gesellschaft enthalten juristische und gesetz-liche Forderungen. Diese können je nach Rechtsprechungunterschiedlich sein.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 2.4

Kommentar 1:In der Definition der Qualität ist von den �festgelegten und vorausgesetztenErfordernissen� die Rede. Sie ergeben sich auch beim Gesundheitswesen primäraus den Forderungen der Gesellschaft sowie dem jeweils aktuellen Stand derWissenschaft und Technik. Von ihnen leiten sich wiederum in mehrstufigenOperationalisierungsschritten Qualitätsforderungen ab. Mit welchen Erforder-nissen, Forderungen bzw. Qualitätsforderungen das Gesundheitswesen konfron-tiert wird, ist letztlich Ergebnis eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses unddamit im Kern nicht nur eine fachlich-medizinische, sondern eine politischeEntscheidung. Dies gilt gleichermaßen für die (ggf. qualitätsbezogene) Ressour-cenallokation.

Kommentar 2:Forderungen der Gesellschaft sind kulturabhängig, d.h. abhängig von weltan-schaulichen, religiösen, politischen, ökonomischen und ästhetischen Prämissen.Derzeit manifestieren sich die Forderungen der Gesellschaft in allgemeiner Formmit Geltungsanspruch weltweit, auf europäischer Ebene, auf Bundes- und

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Landesebene durch Normen, Kodizes, Gesetze, Verordnungen, Richtlinien usw.Die für das Gesundheitswesen in Deutschland wichtigsten normativen Vorgabenmit Qualitätsbezug sind derzeit:

� Internationaler (weltweiter) Geltungsbereich:die Genfer Erklärung (Declaration of Geneva, auch �Ärztegelöbnis�, WMA1948/1968/1983), der International Code of Medical Ethics (WMA1949/1968/1983), die Twelve Principles of Provision of Health Care in AnyNational Health Care System (WMA 1963/1983), die Deklaration vonHelsinki (WMA 1964/1975/1983), die Recommendations ConcerningMedical Care in Rural Areas (WMA 1964/1983), die Declaration of Sidney �Statement on Death (WMA 1968/1983), die Declaration of Oslo � StatementOn Therapeutic Abortion (WMA 1970/1983), das Statement On The Use AndMisuse of Psychotropic Drugs (WMA 1975/1983), die Declaration of SaoPaulo � Statement on Pollution (WMA 1976/1984), die Declaration onPrinciples of Health Care For Sports Medicine (WMA 1981), die Declarationof Lisbon - The Rights of The Patient (WMA 1981), die Declaration of VeniceOn Terminal Illness (WMA 1983), die Principles of the Rights of Patients inEurope (WHO), das WHO-Programm �Gesundheit 2000�, insbesondereRegionalziel 31, die Ottawa-Charta der WHO zur Gesundheitsförderung, dasWHO-Projekt �Health Promoting Hospitals� (Netzwerk gesundheitsfördern-der Pilotkrankenhäuser) incl. der diesbezüglichen Richtlinien des Ludwig-Boltzmann-Instituts (Wien) zum HPH und der Budapest-Declaration, ISO-Normen;

� Geltungsbereich Europäische Union:die CEN/CENELEC-Normen, EN ISO-Normen, Empfehlungen des Europa-rats zur Qualitätssicherung in Krankenhäusern (Doc. 7213), die Guidelines forGood Manufacturing Practice (GMP), Good Laboratory Practice (GLP) undGood Clinical Practice (GCP), das Globale Konzept für Zertifizierung undPrüfwesen von Instrumenten zur Gewährleistung von Qualität von Industrie-erzeugnissen vom 21.12.1989, die HACCP (Hazard Analyses and CriticalControl Points) und die Dienstleistungshaftungsrichtlinien;

� Geltungsbereich Bundesrepublik Deutschland:die DIN EN ISO-Normen (z.B. Serie DIN EN ISO 8402, 9000 bis 9004,10011, 10012, 29000, 45001), das Sozialgesetzbuch V § 2 (Qualität der

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Leistungen), § 70 (Gewährleistungspflicht), § 66 (Behandlungsfehler), die §§20 und 67 (Gesundheitsförderung), die §§ 91 und 92 (Bundesausschüsse derÄrzte und Krankenkassen, Richtlinien der BA), die §§ 135 bis 139 (Quali-tätssicherung) i.V.m. den §§ 112 (zweiseitige Verträge), 113 (Qualitätsprü-fung) und 115b (Ambulantes Operieren), § 121a (Künstliche Befruchtungen),§ 122 (Medizinisch-technische Großgeräte), die §§ 12, 84, 106, 113, 296, 297(Wirtschaftlichkeit, Wirtschaftlichkeits-, Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprü-fungen, Richtgrößen), die §§ 295 und 301 (Abbildung des Versorgungs-geschehens durch Verschlüsselung nach ICD, Krankenhausdiagnosestatistik)sowie § 63 (Erprobungsregelungen), das AMG (§§ 40-42, 67), das MPG (u.a.§ 17), das Krankenpflegegesetz, das SGB XI (§ 80), das Bundesseuchengesetz(§ 48a), die Bundespflegesatzverordnung (§§ 7 und 11 (Fallpauschalen undSonderentgelte)), die Personalverordnung Psychiatrie, die Strahlenschutzver-ordnung, Röntgenverordnung und Medizingeräteverordnung, die Approba-tionsordnungen für Ärzte, Zahnärzte und Apotheker, Musterberufsordnungund Musterweiterbildungsordnung für Ärzte der Bundesärztekammer, die ausden gesetzlichen Vorgaben abgeleiteten vertraglichen Vereinbarungen zwi-schen den Vertragspartnern im Gesundheitswesen, Normsetzungen derRechtssprechung im Bereich der Arzt- und Produkthaftung;

� Geltungsbereich Bundesländer: die Landeskrankenhausgesetze, die Heilberufsgesetze, die Berufs- undWeiterbildungsordnung(en) Ärzte, Zahnärzte und Apotheker, die Aus- undWeiterbildungsordnungen anderer Heilberufe, die Bestattungsgesetze, Verord-nungen (z.B. Krankenhaushygiene-VO), Richtlinien und fachlichen Wei-sungen der Fachbehörden, vertragliche Vereinbarungen der Vertragspartner imGesundheitswesen auf Landesebene.

I.5 Konformität (conformity, auch compliance, conformance)

�Erfüllung festgelegter Forderungen�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 2.9

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Kommentar 1:Was Konformität im Sinne der DIN EN ISO-Normen bedeutet, verdeutlicht dieDefinition der Konformitätserklärung nach DIN 66066 Teil 3:1994, Nr. 2.3:

�Feststellung eines Anbieters, der unter seiner alleinigen Verantwortungerklärt, dass ein Erzeugnis, Verfahren [ein Qualitätssicherungssystem wird alsVerfahren angesehen; Anm. i.O.] oder eine Dienstleistung mit einer bestimmtenNorm oder einem anderen normativen Dokument übereinstimmt.

Anmerkung: Der Fachausdruck ,Selbstzertifizierung� sollte nicht mehr ver-wendet werden, um jede Verwechslung mit ,Zertifizierung� zu vermeiden, worun-ter immer die Beteiligung eines (unparteiischen) Dritten verstanden wird. (AusDIN EN 45 020/08.91.)�15

Kommentar 2:Eine durch Selbsterklärung festgestellte oder mittels (externer) Zertifizierungbestätigte Konformität ist damit im Sinne der DIN EN ISO-Normen nicht gleich-bedeutend mit der Feststellung, ob und wie vorausgesetzte oder festgelegteErfordernisse bzw. Qualitätsforderungen auch tatsächlich erfüllt werden. Siebestätigt lediglich die vorhandene Fähigkeit, die Erfordernisse potentiell erfüllenzu können. Die Feststellung, ob, inwieweit und wie die Erfordernisse tatsächlicherfüllt werden, ist einem gesonderten Verfahren vorbehalten, im Gesundheits-wesen z.B. durch Soll-Ist-Vergleiche einer Einheit mit vorgegebenen Referenz-werten oder -bereichen (Vergleich mit einer qualitativen Vorgabe) oder durchVergleich mit empirisch ermittelten Werten aus allen Einheiten (Vergleich miteiner statistischen Vorgabe).

II.1 Qualitätsdimension in der Gesundheitsversorgung

Ebenen der Qualitätsbeobachtung und -beurteilung im Gesundheitswesen.

Kommentar 1:Donabedian unterscheidet die Dimensionen Struktur, Prozess und Ergebnis fürdas Gesundheitswesen:

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�Structure describes the physical, organizational, and other characteristics ofthe system that provides care and of its environment. Process is what is done incaring for patients. Outcome is what is achieved, an improvement usually inhealth but also in attitudes, knowledge, and behaviour conducive to futurehealth.�16

Kommentar 2:Auf die Qualität bezogen ergibt sich daraus die inzwischen internationalgebräuchliche, klassische Trilogie Ergebnis-, Prozess- und Strukturqualität:

[Strukturqualität:]�A third approach to assessment is to study not the process of care itself, but the

settings in which it takes place and the instrumentalities of which it is the product.This may be roughly designated as the assessment of structure, although it mayinclude administrative and related processes that support and direct the provisionof care. It is concerned with such things as the adequacy of facilities and equip-ment; the qualifications of medical staff and their organization; the administrativestructure and operations of programs and institutions providing care; fiscal orga-nization and the like. The assumption is made that given the proper settings andinstrumentalities, good medical care will follow.�17

[Prozessqualität:]�Another approach to the assessment is to examine the process of care itself ra-ther than its outcomes. ... Judgements are based on consideration such as theappropriateness, completeness and redundancy of information obtained throughclinical history, physical examination and diagnostic tests; justification of diagno-sis and therapy; technical competence in the performance of diagnostic and thera-peutic procedures, including surgery; evidence of preventive management inhealth and illness; coordination and continuity of care; acceptability of care to therecipient and so on. This approach requires that a great deal of attention be givento specifying the relevant dimensions, values and standards to be used in assess-ment. The estimates of quality that one obtains are less stable and less final thanthose that derive from the measurement of outcomes. They may, however, bemore relevant to the question at hand: whether medicine is properly practiced.�18

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[Ergebnisqualität:]�The outcome of medical care, in terms of recovery, restoration of function and ofsurvival, has been frequently used as an indicator of the quality of medical care.Examples are studies of perinatal mortality, surgical fatality rates and social res-toration of patients dischardged from psychiatric hospitals. ... Outcomes, by andlarge, remain the ultimate validators of the effectiveness and quality of medicalcare.�19

II.2 Qualitätsindikator

�An Indicator is a quantitative measure that can be used to monitor and evaluatethe quality of important governance, management, clinical, and support functionsthat affect patient outcomes. An indicator is not a direct measure of quality.Rather, it is a tool that can be used to assess performance that can direct attentionto potential performance issues that may require more intense review within anorganisation.�20

Kommentar 1:Nach der RUMBA-Regel muss ein Qualitätsindikator folgende Voraussetzungenerfüllen:

Relevant for the selected problem Understandable for providers and patientsMeasurable with high reliability and validityBehaviourable i.e. changeable by behaviourAchievable and feasible.

Kommentar 2:Qualitätsindikatoren sind Hilfsgrößen, die die Qualität einer Einheit durch Zahlenbzw. Zahlenverhältnisse indirekt abbilden. Man könnte sie auch als qualitätsbe-zogene Kennzahlen bezeichnen. Die Ausprägung eines Indikators kann mit guterbzw. schlechter Qualität in Verbindung gebracht werden. Hierzu verwendet mandefinierte Ausprägungen des Indikators, den sog. Referenzwert oder Referenz-

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bereich. Qualitätsindikatoren sind den Qualitätsdimensionen entsprechend ergeb-nis-, prozess- und/oder strukturbezogen. Darüber hinaus müssen Qualitätsindika-toren den Kriterien der Validität, der Reliabilität, der Sensitivität und SpezifitätRechnung tragen.

Kommentar 3:Qualitätsindikatoren bzw. die zugrundeliegenden Leitlinien müssen dem aktuellenStand der medizinischen Versorgung entsprechen. Es ist daher unabdingbar, sie imRahmen einer kontinuierlichen Entwicklung von Zeit zu Zeit zu aktualisieren, zueliminieren oder neu zu definieren, mit anderen Worten: sie einem Evaluations-prozess zu unterziehen. Dementsprechend nennt Kazandjian die Auswahl geeig-neter Qualitätsindikatoren �a never-ending search� und weist auf folgende Proble-matik hin:

� �Indicators of performance do not measure quality, people do!� Indicators of performance may be measuring the quality of data and not the

goodness of care!� Demonstrated usefulness is the best test of validity.�21

Kommentar 4:Die Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO)unterscheidet in ihren neueren Veröffentlichungen auf einer ersten Gliederungs-ebene zwischen ,Sentinel event�-Indikatoren und ,Aggregate data�-Indikatoren(Indikatortypen). Letztere können weiter differenziert werden in ,Continuousvariable�- und ,Discrete variable�-Indikatoren. ,Discrete variable�-Indikatorenkönnen in Form von ,proportions� oder ,ratios� vorliegen. Die nachstehende Ab-bildung verdeutlicht den Zusammenhang zwischen den genannten Indikatortypen:

Die in der Abbildung beschriebenen Indikatortypen werden von der JCAHOwie folgt ausführlich definiert:

Aggregate data indicator: A performance measure based on collection andaggregation of data about many events or phenomena. The events or phenomenamay be desirable or undesirable, and the data may be reported as a continuousvariable or as a discrete variable (or rate).

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Continuous variable indicator: An aggregate data indicator in which the valueof each measurement can fall anywhere along a continuous scale (for example, theprecise weight in pounds of an individual receiving parenteral nutrition).

Rate-based (or discrete variable) indicator: An aggregate data indicator inwhich the value of each measurement is expressed as a proportion or as a ratio. Ina proportion, the numerator is expressed as a subset of the denominator (for exam-ple, patients with cesarean sections over all patients who deliver). In a ratio, thenumerator and denominator measure different phenomena (for example, the num-ber of patients with central lines who develop infections over central line days).

Sentinel event indicator: A performance measure that identifies an individualevent or phenomenon that always triggers further analysis and investigation andthat usually occurs infrequently and is undesirable in nature.

Kommentar 5:Unter dem Namen eines �Indicator Development Form Format� hat die JointCommission on Accreditation of Healthcare Organizations� das nachstehendwiedergegebene Schema zur systematischen Beschreibung von Qualitätsindika-toren vorgelegt:23

Indicators

Aggregate DataIndicators

Sentinel EventIndicators

Continuous VariableIndicators

Discrete VariableIndicators

(Rate-Based Indicators)

Proportions Ratios

Relationship ofAggregate Data,Sentinel Event,ContinuousVariable, andDiscrete Variable(Rate-Based)Indicators

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Indicator Development Form Format

I. Indicator Statement

II. Definition of TermsDefine terms contained in the indicator that need further explanation for data collection purposes.

III. Type of IndicatorA. Indicate whether this indicator is a:

1. _____ rate-based indicator; or2. _____ sentinel event indicator

B. Indicate whether this indicator primarily addresses:1. _____ a process of care, or2. _____ an outcome of care.

IV. RationaleA. Explain why this indicator is useful and the specific

process or outcome that will be monitored.B. Identify supportive references used to develop the

above rationale.C. Identify the components of quality that are assessed

by this indicator.

V. Description of Indicator PopulationA. Indicator numerator

Indicator denominator:B. Subcategories (identify patient subpopulations by which

the indicator data will be separated for analysis).

VI. Indicator Data Collection LogicA. List the data elements and corresponding data sources from

which data elements may be retrieved.B. Describe the sequence of data element aggregation through

which the numerator events and denominator events areidentified by the indicator.

VII. Underlying factorsList factors that may explain variation in indicator data and thereby direct quality improvement activities.A. Patient factors (factors outside the health care organization's

control contributing to patient outcomes) 1. Severity of illness (factors related to the degree of illness or

stage of disease prior to treatment)2. Comorbid conditions (disease factors, not intrinsic to the

primary disease, that may influence the frequency of the eventidentified by the indicator)

3. Other patient factors (nondisease factors that may have an impacton the frequency of the event , such as age, sex, refusal toconsent)

B. Practitioner factors (factors, usually controllable by the organization,related to specific practitioners, for example, nurses, physicians,respiratory therapists)

C. Organization factors (factors, usually controllable by the organization,that contribute to either specific aspects of patient care or to the generalability of care givers to provide services)

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II.3 Standard

Eine normative Vorgabe qualitativer und/oder quantitativer Art bezüglich derErfüllung vorausgesetzter oder festgelegter Qualitätsforderungen.

Kommentar 1:Von der seinerzeit von Donabedian (s.u.) publizierten Definition zur Unterschei-dung zwischen statistischen (�empirischen�) und qualitativen (�normativen�)Standards würde man nach aktuellem Diskussionsstand nur noch die Formu-lierung des qualitativen Standards akzeptieren, der auf die heute gebräuchlichenBegriffe Richt- bzw. Leitlinie hinweist.

[Statistische Standards:]�Empirical standards are derived from actual practice and are generally used tocompare medical care in one setting with that in another, or with statistical aver-ages and ranges obtained from a larger number of similar settings. ...�

[Qualitative Standards:]�Normative standards derive, in principle, from the sources that legitimately setthe standards of knowledge and practice in the dominant medical care system. ...Normative standards can be put very high and represent the ,best� medical carethat can be provided, or they can be set at a more modest level signifying ,accep-table� or ,adequate� care. In any event, their distinctive characteristic is that theystem from a body of legitimate knowledge and values rather than from specificexamples of actual practice. As such, they depend for their validity on the extentof agreement concerning facts and values within the profession or, at least, amongits leadership.�24

Kommentar 2:Weitere Differenzierungen liefert Eddy:

�To write a standard for or against the use of an intervention, the main healthand economic consequences of the intervention must be known sufficiently wellto permit decisions and there must be virtual unanimity among patients about the

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overall desirability (or undesirability) of the outcomes. ... The notion behind `vir-tual unanimity`of preferences is that at least 95 %, perhaps even 99 %, of peoplewho are candidates for the intervention should agree on the desirability of its out-comes.�

Kommentar 3:Zur Bedeutung und Verbindlichkeit von Standards:

�Standards are intended to be applied rigidly. They must be followed in virtu-ally all cases. Exceptions will be rare and difficult to justify. Violation of a stan-dard should trigger thoughts of malpractice, and the defense will be difficult. Astandard tells a practitioner, ,you don�t have to ponder this one, just do it.� Otherterms for standards are ,rules�, ,strict� indications or contraindications, ,strict cri-teria�, and ,clearly� appropriate or inappropriate practices.�

Die Wertigkeit und damit die Verbindlichkeit eines Standards entspricht demeiner Richtlinie. Die im deutschen Sprachgebrauch innerhalb einer Berufsgruppeoder Einrichtung konsentierten Regelungen, die z.T. als �Standard� bezeichnetwerden (z.B. �Pflegestandard�, �Hygienestandard� etc.), entsprechen entwederRichtlinien oder Leitlinien.

Kommentar 4:Im angelsächsischen Sprachraum existieren ebenfalls unterschiedliche Bedeu-tungen des Begriffs �Standard�. Während Eddy et al. �Standard� als Normsetzungprimär auf qualitativer Ebene betrachten (s.o.) und damit dem nahekommen, wasim deutschen Sprachraum z.B. Richtlinien oder Leitlinien sind, gibt es eine ältereDefinition, z.B. bei Donabedian:

�A standard is a precise, quantitative specification of the state of a criterionthat will constitute quality of a given degree� bzw. �A standard is taken to meana precise, quantitative statement for goodness in any criterion�. Die AMA wiede-rum liefert eine ähnliche Interpretation: �Standards are professionally developedexpressions of the range of acceptable variation from a norm or criterion�.

Hierbei handelt es sich um Definitionen, die ausschließlich die quantitativeSicht umfassen. Die zugehörige Norm oder Qualitätsforderung, d.h. qualitativeVorgabe (z.B. Richtlinie, Leitlinie bzw. das, was Eddy et al. als �Standard� defi-

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nieren) wird vorausgesetzt. Diese Definition von Standard entspricht damit demdeutschen Begriff Referenzbereich bzw. Referenzwert.

II. 4 Referenzbereich/Referenzwert

Der Referenzbereich ist dasjenige Intervall, innerhalb dessen die Ausprägungeines Qualitätsindikators als �unauffällig� definiert wird.

Kommentar 1:Ein Referenzwert ist ein Referenzbereich, dessen Unter- und Obergrenzezusammenfallen.

Kommentar 2:Referenzbereiche bzw. -werte müssen im Rahmen der Qualitätsforderung festge-legt werden. Diese Festlegung kann entweder empirisch (statistisch) oder norma-tiv (Expertenkonsens) erfolgen.

II.5 Richtlinie

Richtlinien sind von einer rechtlich legitimierten Institution konsentierte, schrift-lich fixierte und veröffentlichte Regelungen des Handelns oder Unterlassens, diefür den Rechtsraum dieser Institution verbindlich sind und deren Nichtbeachtungdefinierte Sanktionen nach sich zieht.

Kommentar 1:Neben dem Begriff �Richtlinie� sind in der Bundesrepublik noch die Begriffe�Leitlinie� und �Empfehlung� gebräuchlich. In dieser Hierarchie stellt dieRichtlinie als verbindliche Vorgabe die oberste Ebene dar. Sie lässt � imGegensatz zur Leitlinie oder Empfehlung � keinen Ermessensspielraum zu. DieseUnterscheidung ist spezifisch für den deutschen Sprachraum. Dennoch werden

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die Begriffe �Richtlinie� und �Leitlinie� häufig synonym gebraucht, da im angel-sächsischen Sprachraum sowohl Richtlinien als auch Leitlinien als �guidelines�bezeichnet werden. Diese Gleichsetzung ist jedoch aufgrund der historischenEntwicklung in Deutschland irreführend.

II.6 Leitlinie (guideline)

�Systematically developed statements to assist practitioner and patient decisionsabout appropriate health care for specific clinical circumstances�30

Kommentar 1:�Guidelines are intended to be more flexible. They should be followed in mostcases. However, they recognize that, depending on the patient, setting, and otherfactors, guidelines can and should be tailored to fit individual needs. Deviationsfrom guidelines will be fairly common and can be justified by differences in indi-vidual circumstances. Deviation from a guideline by itself does not imply mal-practice. A guideline tells a practitioner ,the majority of your patients will wantthis, but some won�t. For important interventions, you must discuss the pros andcons.� Other terms for guidelines are ,relative� indications and contraindications,,relative criteria�, ,generally� appropriate or inappropriate practices, and drugs andprocedures ,of choice�.31

Kommentar 2:Für weiteres zur grundsätzlichen Problematik von Standards, Richtlinien,Leitlinien und Empfehlungen (options), ihrer Erstellung sowie der damit verbun-denen Implikationen vgl. u.a. Eddy [(1990)1-4].

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II.7 Empfehlung

Die Beschreibung einer Möglichkeit des Handelns oder Unterlassens.

Kommentar 1:�Options are neutral with respect to recommending the use of an intervention.They merely note that different interventions are available, and different peoplemake different choices. Options leave practitioners free to choose any course. ...Thus, an intervention will be considered ,optional�, if (1) none of the importantoutcomes are known (outcomes unknown), (2) its outcomes are known but thedesirability of the outcomes to patients is not known (preferences unknown), (3)patients� preferences are known and patients are indifferent about the outcomes(preferences indifferent), or (4) patients� preferences are known and are dividedevenly (preferences split). Preferences might be considered to be divided evenly,if about half (say, 40 % to 60 %) of the patients prefer one intervention, with theother half preferring an alternative.�32

Kommentar 2:�When the outcomes of an intervention are uncertain or variable, and/or whenpatients� preferences for those outcomes are uncertain or variable, practitionersmust be given flexibility to tailor a policy to individual cases.�33

Kommentar 3:Eine bereits in Fachkreisen konsentierte Empfehlung stellt häufig die Vorstufeeiner Leit- bzw. Richtlinie dar. Obwohl Empfehlungen einen wesentlich geringe-ren normativen Charakter haben als Richt- oder Leitlinien, kann das Nicht-einhalten u.U. � je nach Breite des erzielten Konsenses bzw. der Angesehenheiteinzelner Experten � auch forensische Konsequenzen haben.34

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III.1 Qualitätsmanagement (quality management)

�Alle Tätigkeiten des Gesamtmanagements, die im Rahmen des QM-Systems dieQualitätspolitik, die Ziele und Verantwortungen festlegen sowie diese durchMittel wie Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung/QM-Darle-gung und Qualitätsverbesserung verwirklichen.

Anmerkung 1: Qualitätsmanagement ist die Verantwortung aller Aus-führungsebenen, muss jedoch von der obersten Leitung ange-führt werden. Ihre Verwirklichung bezieht alle Mitglieder derOrganisation ein.

Anmerkung 2: Beim Qualitätsmanagement werden Wirtschaftlichkeitsge-sichtspunkte beachtet.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.2

Kommentar 1:Qualitätsmanagement umfasst alle Aspekte im Rahmen der Unternehmensfüh-rung, die im Zusammenhang stehen mit der von der obersten Leitungsebene for-mulierten, grundlegenden Einstellung sowie den Absichten, Zielsetzungen undMaßnahmen in Bezug auf die Erreichung und Verbesserung von Qualität. Dabeisind vielfältige Einflussmöglichkeiten zu berücksichtigen, insbesondere Aspekteder Wirtschaftlichkeit, der Gesetzgebung und der Umwelt. Hinzu kommen dieWünsche und Anforderungen der Kunden. Die Unternehmensleitung trägt einenicht delegierbare Verantwortung für das Qualitätsmanagement und muss darüberhinaus auch aktiv für die konsequente Umsetzung auf allen Hierarchieebenen sor-gen.36

III.2 Umfassendes Qualitätsmanagement (Total quality management)

�Auf die Mitwirkung aller ihrer Mitglieder gestützte Managementmethode einerOrganisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung

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der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitgliederder Organisation und für die Gesellschaft zielt.

Anmerkung 1: Der Ausdruck ,alle ihre Mitglieder� bezeichnet jegliches Per-sonal in allen Stellen und allen Hierarchie-Ebenen der Organi-sationsstruktur.

Anmerkung 2: Wesentlich für den Erfolg dieser Methode ist, dass die oberste Leitung überzeugend und nachhaltig führt, und dass alle Mit-glieder der Organisation ausgebildet und geschult sind.

Anmerkung 3: Der Begriff Qualität bezieht sich beim umfassenden Quali-tätsmanagement auf das Erreichen aller geschäftlichen Ziele.

Anmerkung 4: Der Begriff ,Nutzen für die Gesellschaft� bedeutet Erfüllung der an die Organisation gestellten Forderungen der Gesell-schaft.

Anmerkung 5: Total quality management (TQM) oder Teile davon werden gelegentlich auch ,total quality�, CWQC� (company-wide qua-lity control), ,TQC� (total quality control) usw. genannt.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.7

Kommentar 1:�Umfassend� betrifft die Gesamtheit aller beliebigen Einheiten der Organisation,die systematischem Qualitätsmanagement unterworfen wird (Fußnote in derdeutschsprachigen Fassung der Norm).

Kommentar 2:Umfassendes Qualitätsmanagement (Total Quality Management, TQM) ist eineintegrierte, das gesamte Unternehmen mit allen Aktivitäten und Mitarbeiternsowie die Unternehmensumwelt einbeziehende Führungsstrategie, um aus denKundenanforderungen abgeleitete Qualitätsziele vorzugeben und zu erfüllen.Dies beinhaltet ....... insbesondere auch die Aufnahme der Qualität als übergeord-netes Unternehmensziel und ein klares Bekenntnis des Managements dazu, ein-gebettet in eine entsprechende Unternehmenskultur und Unternehmenspolitik.

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Die ... Grundpfeiler (von TQM, d. Red.) werden nachfolgend durch einigebesonders wichtige Elemente stichwortartig umrissen:

� Integration und Partizipation der Mitarbeiter aller Hierarchieebenen� Qualität als Aufgabe sämtlicher Mitarbeiter (keine spezielle Abteilung)� Qualitätszirkel� Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung� Berücksichtigung von Humanität und sozialen Komponenten� Arbeitsstrukturierungsmaßnahmen� Erfüllung der Kundenanforderungen, extern und intern� Kundenwünsche als Maßstab für Qualität� Jeder nachfolgende Prozess ist als Kunde zu betrachten� Ständige Verbesserung sämtlicher Prozesse� Neue Techniken und Methoden� Quality Engineering (Simultaneous Engineering)� Bewusstsein über die Kosten von Nicht-Qualität (Fehlleistungsaufwand)� Präventive, fehlerverhütende Maßnahmen � Managementeinbindung und -verantwortung� Besondere Verpflichtung des Top-Managements zur Führung� Partizipatives Management� Qualitätsverbesserung als Unternehmensziel � Unternehmenspolitik und Unternehmenskultur. 37

III.3 Kunde (customer)

�Empfänger eines vom Lieferanten bereitgestellten Produktes.

Anmerkung 1: In einer Vertragssituation darf der Kunde �Auftraggeber� ge-nannt werden.

Anmerkung 2: Der Kunde kann z.B. der Endverbraucher, Anwender, Nutz-nießer oder Auftraggeber sein.

Anmerkung 3: Der Kunde kann in Beziehung zur Organisation entweder extern oder intern sein.�

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DIN EN ISO 8402: 1995, 1.9

Kommentar 1: Bei der Übertragung der DIN EN ISO-Terminologie auf das Gesundheitswesenhat in Deutschland insbesondere die Bezeichnung des Patienten als �Kunden� zuRessentiments oder sogar Ablehnung geführt. Es sollte aber berücksichtigt wer-den, dass die Normenreihe lediglich Begriffe für den gesamten Bereich derProduktion und Dienstleistung strukturiert und funktionsabhängige Beziehungendarstellt. In diesem Zusammenhang kann und sollte auch der Patient als Kundebetrachtet werden, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dieRolle �Patient� sehr viel mehr Aspekte umfasst als nur den (Teil-)Aspekt�Kunde�.

Als �externe Kunden� kann man � neben den Patienten selbst � z.B. dieAngehörigen, die einweisenden Ärzte oder auch die Bürger einer Region als�potentielle� Patienten betrachten.

Als �interne Kundenbeziehungen� können z.B. diejenigen zwischen derStation und der Röntgenabteilung, dem Labor, der Apotheke, der Verwaltung, derKüche, dem Transportdienst gesehen werden.

III.4 Lieferant (supplier)

�Organisation, die dem Kunden ein Produkt bereitstellt.�

DIN EN ISO 8402: 1995, 1.10

Kommentar 1:Die Bezeichnung als Lieferant stellt lediglich eine von mehreren Funktionen einerOrganisation dar. Diese wiederum ist definiert als �Gesellschaft, Körperschaft,Betrieb, Unternehmen oder Institution oder Teil davon, eingetragen oder nicht,öffentlich oder privat, mit eigenen Funktionen und eigener Verwaltung.�38 ImGesundheitswesen nehmen verschiedene Personengruppen oder Bereiche imDienstleistungsprozess die Rolle des Lieferanten ein.

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III.5 Qualitätsmanagementsystem [QM-System] (Quality system)

�Zur Verwirklichung des Qualitätsmanagements erforderliche Organisations-struktur, Verfahren, Prozesse und Mittel.

Anmerkung 1: Das QM-System sollte den zum Erreichen der Qualitätsziele (Qualität) erforderlichen Umfang haben.

Anmerkung 2: Das QM-System einer Organisation ist in erster Linie dazu vorgesehen, die internen Erfordernisse der Organisation zu erfüllen. Es ist umfangreicher als die Forderungen eines ein-zelnen Kunden, der nur den (für ihn) relevanten Teil des QM-Systems bewertet.

Anmerkung 3: Für vertragliche oder andere verpflichtende Zwecke der Qua-litätsbewertung kann gefordert werden, dass die Verwirkli-chung festgelegter Elemente des QM-Systems dargelegt wird.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.6

III.6 Qualitätspolitik (Quality policy)

�Umfassende Absichten und Zielsetzungen einer Organisation zur Qualität, wiesie durch die oberste Leitung formell ausgedrückt werden.

Anmerkung: Die Qualitätspolitik bildet ein Element der Unternehmens-politik und ist durch die oberste Leitung genehmigt.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.1

Kommentar 1:�Als Teil des Qualitätsmanagements stellt die Qualitätspolitik, die Ziele undAbsichten in Bezug auf Qualität ausdrückt, einen wichtigen Bestandteil der ober-sten Unternehmensziele dar. Bei einer Einbeziehung des gesamten Unter-nehmens39 und umfassender Ausrichtung auf diese Zielsetzungen kann eine erste

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Annäherung von Qualitätsmanagement an die übergeordnete Strategie des Umfas-senden Qualitätsmanagements (TQM) erreicht werden. Die Festlegungen derQualitätspolitik werden durch Qualitätsplanung, Qualitätslenkung und Qualitäts-sicherung zur Ausführung gebracht. Dabei werden die Elemente des Qualitäts-managementsystems sowie die einzelnen Tätigkeiten von der Qualitätsplanungvorausschauend festgelegt und durch die Qualitätslenkung entsprechend detail-liert und umgesetzt.�40

III.7 Qualitätsplanung (Quality planning)

�Tätigkeiten, welche die Ziele und Qualitätsforderungen sowie die Forderungenfür die Anwendung der Elemente des QM-Systems festlegen.

Anmerkung: Qualitätsplanung umfassta. Planung bezüglich Produkt: Identifizieren, Klassifizieren und

Gewichten der Qualitätsmerkmale (Qualität) sowie Festlegen der Ziele, der Qualitätsforderungen und der einschränkenden Bedingungen

b. Planung bezüglich Führungs- und Ausführungstätigkeiten: Vorbereiten der Anwendung des QM-Systems samt Ablauf- und Zeitplänen

c. Das Erstellen von QM-Plänen sowie das Vorsehen von Qualitätsverbesserung.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.3

III.8 Qualitätslenkung (Quality control)

�Arbeitstechniken und Tätigkeiten, die zur Erfüllung von Qualitätsforderungenangewendet werden.

Anmerkung 1: Qualitätslenkung umfasst Arbeitstechniken und Tätigkeiten, deren Zweck sowohl die Überwachung eines Prozesses als

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auch die Beseitigung von Ursachen nicht zufriedenstellender Ergebnisse in allen Stadien des Qualitätskreises ist, um wirt-schaftliche Effektivitäten zu erreichen.

Anmerkung 2: Einige Maßnahmen von Qualitätslenkung und Qualitätssiche-rung/QM-Darlegung stehen zueinander in Wechselbeziehung.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.4

Kommentar 1:Der englische Begriff �to control� bedeutet �steuern�, �betätigen�, �regeln�,�regulieren�. Davon leitet sich der Begriff �Controlling� bzw. �quality control�ab. Er ist nicht gleichbedeutend mit �Kontrolle�. Kontrolle dient z.B. demVergleich von Soll-Werten mit Ist-Werten und der daran anschließendenAbweichungsanalyse. Sie ist der retrospektive Teil des Controlling. Dennochergeben sich auch aus der Kontrolle neue Erkenntnisse, die für die Neuplanung,Neudurchführung bzw. Neukontrolle verwendet werden. Während Kontrolle alsabgeschlossen gelten kann, wenn die Abweichungsanalyse vorliegt, ist Con-trolling � auch ein �Qualitätscontrolling� bzw. die quality control � niemals abge-schlossen, sondern muss als fortführender Prozess begriffen werden.

III.9 Qualitätskontrolle

Siehe �Qualitätslenkung�.

Kommentar 1:�Dieser Begriff (Qualitätskontrolle; Anm. d.A.) wird im Deutschen nicht defi-niert. Von seiner Benutzung wird seit der 2. Auflage 1974 dieser Schrift (DGQ(1993); Anm. d.A.) und ebenso in der deutschen Normung abgeraten.

Anmerkung 1: Aus wörtlicher, aber nicht sinngemäßer Übersetzung von �qua-lity control� ist die Bezeichnung �Qualitätskontrolle� entstan-den. Diese Bezeichnung wird meist ohne nähere Angabe und

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damit missverständlich synonym zu verschiedenen Begriffenwie �Qualitätsprüfung�, �Qualitätslenkung�, �Qualitätsüber-wachung�, �Qualitätsaudit� und �QM-Darlegung� einge-schränkt oder kombiniert benutzt. Aus diesem Grund wird von ihrer Benutzung abgeraten.

Anmerkung 2: Die in Anmerkung 1 dargelegte, vielfache homonyme Bedeu-tung von �Qualitätskontrolle� ist erfahrungsgemäß Anlass für die Weiterbenutzung dieses Homonyms trotz der seit langem entgegenstehenden Empfehlung der Nichtbenutzung.�41

III.10 Qualitätssicherung (Quality assurance)

Siehe �QM-Darlegung� bzw. �Qualitätsmanagement�.

Kommentar 1:�Bezüglich des Verständnisses der Begriffe quality control, quality assurance,quality management und total quality management ist eine Verwirrung entstan-den. Diese internationale Norm soll diese Begriffe klarstellen. Vereinfacht gesagtbetrifft quality control die Arbeitsmittel zur Erfüllung der Qualitätsforderungen,während quality assurance auf das Schaffen von Vertrauen zielt, dass sie erfülltwerden und zwar sowohl innerhalb der Organisation als auch außerhalb gegen-über Kunden und Behörden. ... Quality management umfaßt sowohl quality con-trol als auch quality assurance, ebenso die weiteren Begriffe Qualitätspolitik,Qualitätsplanung und Qualitätsverbesserung. Quality management wirkt überallim Qualitätsmanagementsystem. ... Total quality management erweitert dieseBegriffe um eine langfristige und umfassende Managementstrategie sowie um dieBeteiligung aller Mitglieder der Organisaton, zum Nutzen der Organisation selbst,ihrer Mitglieder, ihrer Kunden und der Gesellschaft als Ganzes. ...�42

Zur Vermeidung von Verwechslungen zwischen � der bisherigen Benennung �Qualitätssicherung� für den Oberbegriff der

Gesamtheit aller qualitätswirksamen Tätigkeiten und Zielsetzungen und � der zukünftigen Benennung �Qualitätssicherung� vor allem für die

Darlegung des QM-Systems

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kann es ... zweckmäßig sein, die Benennung �Qualitätssicherung� zu vermei-den.43

Kommentar 2:In der Anmerkung 15 zu Nr. 3.5 (Qualitätssicherung; QM-Darlegung) der DIN ENISO 8402:1995 heißt es dazu: �... Die Übersetzung von ,quality assurance�:,Qualitätssicherung� wurde bisher für den Oberbegriff verwendet, welcher � derinternationalen Entwicklung folgend � nunmehr mit ,Qualitätsmanagement� (3.2)benannt ist. ...�

Kommentar 3:In der Gesundheitsversorgung in Deutschland spielte der Begriff Qualitäts-sicherung bisher eine zentrale Rolle für verschiedenste Aktivitäten. Es wurde tra-ditionell zwischen interner und externer Qualitätssicherung unterschieden.�Interne Qualitätssicherungsmaßnahmen� umfassten durchaus auch Aspekte derQualitätsverbesserung und des Qualitätsmanagements.

Unter �externer Qualitätssicherung� wurden insbesondere Qualitätssiche-rungsmaßnahmen mit externen Vergleichen verstanden. Einige der bekanntestenMaßnahmen � z.B. Perinatologie, Neonatologie, Allgemein Chirurgie � beruhenauf diesem Verfahren. Im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtung (§137 SGB V(seit 1989)) zur Qualitätssicherung in der stationären Versorgung spielt dasPrinzip der vergleichenden Prüfung ebenfalls eine zentrale Rolle.

�Interne qualitätssichernde Maßnahmen werden ... von den Leistungser-bringern selbst bestimmt und durchgeführt. Dazu gehören auch jene externenPflichten, die in den internen Ablauf der Qualitätssicherung integriert werden.�44

Weitere bisher gebräuchliche Begriffe wie �problemorientierte� oder �pro-phylaktische� Qualitätssicherung sind z.B. bei Selbmann45 beschrieben.

III.11 Qualitätsverbesserung (Quality improvement)

�Überall in der Organisation ergriffene Maßnahmen zur Erhöhung der Effektivitätund Effizienz von Tätigkeiten und Prozessen, um zusätzlichen Nutzen sowohl für

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die Organisation als auch für ihre Kunden zu erzielen.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.8

Kommentar 1:Der Begriff �Kontinuierliche Qualitätsverbesserung� (�Continuous QualityImprovement�) betont die zeitliche Kontinuität bzw. die damit verbundene pro-zessorientierte Denkweise (vgl. dazu die Begriffe Qualitätskreis bzw.Qualitätsspirale).

III.12 Qualitätskreis, Qualitätsspirale [Quality loop, quality spiral]

�Begriffsmodell, das die zusammenwirkenden Tätigkeiten enthält, welche dieQualität beeinflussen, und zwar von der Feststellung der Erfordernisse bis zurFeststellung, ob diese Erfordernisse erfüllt worden sind.

Anmerkung: Die �Qualitätsspirale� ist ein ähnlicher Begriff.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 4.1

Deming-Zyklus derStändigenVerbesserung

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Kommentar 1:Ein typischer Qualitätskreis ist der sog. Deming-Zyklus, der zugleich Anwen-dungs- und Erklärungsmodell ist. Dieser Zyklus wird auch als Plan-Do-Check-Act (PDCA-)-Zyklus oder als Deming-Kreis bezeichnet.

Kommentar 2:In Anlehnung an bereits existierende kognitive Diagnosemodelle, die aus einerAbfolge von sich gegenseitig bedingenden Hypothesenbildungen und Handlun-gen Regelkreise postulieren, können in dieser Form auch die dem Qualitäts-management zugrundeliegenden kognitiven Prozesse beschrieben werden. DasModell der Qualitätsspirale berücksichtigt � im Gegensatz zum zweidimensiona-

IVa

III

IVb

III

VII

V

VI

Umsetzung der Problemlösung

Entwurf einer Problemlösung

Zeitachse

Wiedereinstieg/Prüfung derProblemlösung

Standwardwahl/Standardsetting

- Routine-Monitoring von Qualitätssicherungs-Indikatoren- Themenwahl- Spontane Meldung

ProblemanalyseProzessanalyse

Problemerkenntnisdurch Vergleich

Abbildung

Beispiel einerQualitätsspirale

(aus: Ruprecht(1993))

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len Qualitätskreis � nicht nur die Tatsache, dass die Ausgangspunkte beim�Wiedereinsteigen� in den Regelkreis notwendigerweise zeitlich auseinanderlie-gen, sondern auch, dass aufgrund der Ergebnisse des jeweils letzten Durchlaufsdas zugrundeliegende, den Ablauf steuernde Wissen sich verändert hat. EinBeispiel für eine Spirale liefert das vom 97. Deutschen Ärztetag verabschiedeteund der Bundesärztekammer herausgegebene �Gesundheitspolitische Programmder deutschen Ärzteschaft� von 1994.47

III.13 Qualitätszirkel (Quality circle)

�Ärztliche Qualitätszirkel sind auf freiwilliger Initiative gründende Foren füreinen kontinuierlichen interkollegialen Erfahrungsaustausch, der problembezo-gen, systematisch und zielgerichtet ist und der in gleichberechtigter Diskussionder Teilnehmer eine gegenseitige Supervision zum Ziel hat.�48

Kommentar 1:Für die vertragsärztliche Versorgung gelten die Richtlinien der KassenärztlichenBundesvereinigung für Verfahren der Qualitätssicherung gemäß § 135 Abs. 3SGB V vom 28.05.1993 (dem dort beschriebenen Prozess liegt das Konzept derQualitätsspirale zugrunde). Dort heißt es in Abschnitt 4:

�Qualitätszirkel in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung dienen derWeiterqualifizierung durch kritische Überprüfung der eigenen Tätigkeit und einesauf den Erfahrungen der Teilnehmenden aufbauenden Lernprozesses. DieTeilnahme ist freiwillig. Qualitätszirkel haben im einzelnen folgende Ziele:

� Beschreibung und � wenn möglich � Abbildung der eigenen Tätigkeit� Vergleich mit teilnehmenden Kollegen und Erfahrungsaustausch� Analyse und Bewertung der eigenen Tätigkeit nach Qualitätskriterien� Feststellung von Übereinstimmungen mit bestehenden Leitlinien, Identifizie-

rung und Begründung von Abweichungen, Modifikation vorhandener Leitli-nien ...

� Entwicklung und Anwendung praktikabler Problemlösungen � Überprüfung der Ergebnisse angewandter Problemlösungen.

...

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Methodik: Die Wirksamkeit von Qualitätszirkeln setzt die Beachtung bestimmter metho-

discher Kriterien voraus. Qualitätszirkel arbeiten

� auf freiwilliger Basis� mit selbstgewählten Themen� erfahrungsbezogen� auf der Grundlage des kollegialen Diskurses (�peer review�)� mit Moderator(en)� mit Evaluation ihrer Ergebnisse, soweit möglich auf einer hinreichenden Ba-

sis empirischer Daten aus der ambulanten Versorgung� kontinuierlich� mit festem Teilnehmerkreis� mit Ärzten gleicher oder unterschiedlicher Fachrichtungen. ...�

Kommentar 2:Das Grundkonzept der Qualitätszirkel ist weder für Berufsgruppen- nochBerufsbereiche spezifisch, sondern universell anwendbar.

III.14 QM-Darlegung (Quality assurance)

�Alle geplanten und systematischen Tätigkeiten, die innerhalb des QM-Systems(3.6) verwirklicht sind, und die wie erforderlich dargelegt werden, um ausrei-chendes Vertrauen zu schaffen, dass eine Einheit (1.1) die Qualitätsforderung(2.3) erfüllen wird.

Anmerkung 1: Es gibt sowohl interne als auch externe Gründe für die Quali-tätssicherung/QM-Darlegung:a) Interner Zweck der Qualitätssicherung/QM-Darlegung ist

es, innerhalb einer Organisation (1.7) der Führung Vertrauen zu verschaffen

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b) Externer Zweck der Qualitätssicherung/QM-Darlegung ist es, in vertraglichen oder anderen Situationen den Kunden (1.9) oder anderen Vertrauen zu schaffen.

Anmerkung 2: Einige Maßnahmen von Qualitätslenkung (3.4) und Qualitäts-sicherung/QM-Darlegung stehen zueinander in Wechselbezie-hung.

Anmerkung 3: Wenn die Qualitätsforderung (2.3) (an das Produkt) die Erfor-dernisse des Anwenders nicht in vollem Umfang widerspie-gelt, kann Qualitätssicherung/QM-Darlegung ausreichendes Vertrauen nicht verschaffen.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.5

III.15 QM-Bewertung (Management review)

�Formelle Bewertung (formal evaluation) des Standes und der Angemessenheitdes QM-Systems in Bezug auf Qualitätspolitik und die Qualitätsziele durch dieoberste Leitung.

Anmerkung 1: QM-Bewertung kann eine Bewertung der Qualitätspolitik ein-schließen.

Anmerkung 2: Ergebnisse von Qualitätsaudits sind eine der möglichen Informationsquellen für eine QM-Bewertung.

Anmerkung 3: Der Ausdruck �oberste Leitung� bezeichnet die Leitung derje-nigen Organisation, deren QM-System bewertet wird.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.9

III.16 Qualitätsaudit (Quality audit)

�Systematische und unabhängige Untersuchung, um festzustellen, ob die quali-tätsbezogenen Tätigkeiten und damit zusammenhängende Ergebnisse den An-

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ordnungen entsprechen, und ob diese Anordnungen tatsächlich verwirklicht undgeeignet sind, die Ziele zu erreichen.

Anmerkung 1: Ein Qualitätsaudit wird typischerweise auf ein QM-Systemoder auf Elemente davon, auf Prozesse oder Produkte (ein-schließlich Dienstleistungen) angewendet, ist jedoch nicht dar-auf beschränkt. Solche Qualitätsaudits werden oft �System-audit�, �Verfahrensaudit�, �Produktaudit�, �Dienstleistungs-audit� genannt.

Anmerkung 2: Qualitätsaudits werden durch Personen durchgeführt, die keine direkte Verantwortung in den zu auditierenden Bereichen haben, wobei es aber wünschenswert ist, dass sie mit dem be-treffenden Personal zusammenarbeiten.

Anmerkung 3: Einer der Zwecke eines Qualitätsaudits ist die Beurteilung (Evaluation) der Notwendigkeit einer Verbesserung oder Kor- rekturmaßnahme. Ein Qualitätsaudit sollte nicht mit den Tätig- keiten von Qualitätsüberwachung oder Prüfung verwechseltwerden, die zum Zwecke der Prozesslenkung oder Produkt- annahme durchgeführt werden.

Anmerkung 4: Qualitätsaudits können für interne oder externe Zwecke durch-geführt werden.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 4.9

III.17 Qualitätsmanagement-Handbuch (quality manual)

�Dokument, in dem die Qualitätspolitik festgelegt und das QM-System einerOrganisation beschrieben ist.

Anmerkung 1: Ein QM-Handbuch kann sich auf die Gesamtheit der Tätigkei-ten einer Organisation oder nur auf einen Teil davon beziehen. Titel und Zweckbestimmung des Handbuches spiegeln den An-wendungsbereich wider.

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Anmerkung 2: Ein QM-Handbuch wird gewöhnlich mindestens enthalten oder verweisen auf:a)die Qualitätspolitikb)die Verantwortungen und Befugnisse (Zuständigkeiten) so-

wie die gegenseitigen Beziehungen von Personal, das qualitäts-bezogene Tätigkeiten leitet, ausführt, prüft oder bewertet.

c)die Verfahren des QM-Systems und Anweisungen hierzud)eine Festlegung zur Prüfung, Aktualisierung und Verwaltung

des Handbuchs.Anmerkung 3: Ein QM-Handbuch kann bezüglich Ausführlichkeit und For-

mat unterschiedlich sein, um den Erfordernissen einer Organisa- tion zu entsprechen. Es kann mehr als ein Dokument enthalten. Abhängig vom Zweck des Handbuchs kann ein Bestimmungswort verwendet werden, z.B. �Qualitätssicherungs-Handbuch/QM-Darlegungs-Handbuch.�

DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 3.12, vgl. DIN EN ISO 9004:1991, Teil 2

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41. Selbmann, H.K. (1994). Qualitätsmanagement zwischen Wissenschaft undWettbewerb. Gynäkol. Geburtshilfliche Rundschau 34: 139-144.

Autorenverzeichnis

Gunnar Blumenstock, M.A., M.S.P., ArztUniversität TübingenInstitut für Medizinische InformationsverarbeitungWestbahnhofstraße 5572070 Tübingen

Dr. Roger GoeckeStädtisches Krankenhaus München-BogenhausenEnglschalkingerstraße 7781925 München

Birgit LübkeMedizinsche Hochschule HannoverFachrechenzentrum Labor-EDV30623 Hannover

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Dr. Klaus P. MaagUniversität München (LMU)Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrieund EpidemiologieMarchioninistraße 1581377 München

Dr. F.-Michael NiemannK&N GmbHSchauenburger Straße 11624118 Kiel

Barbara Pietsch-Breitfeld, Dipl.-Inform. Med.Universität TübingenInstitut für Medizinische InformationsverarbeitungWestbahnhofstraße 5572070 Tübingen

Sabine Rais, Dipl.-Inform. Med.Universität HeidelbergInstitut für Medizinische Biometrie und InformatikAbt. Medizinische InformatikIm Neuenheimer Feld 40069120 Heidelberg

Dr. Ulrike RotheTU DresdenInstitut für Medizinische Informatik und BiometrieFetscherstraße 7401307 Dresden

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Dr. Thomas RuprechtBehörde für Arbeit, Gesundheit und SozialesReferat Qualität und Patientenschutz im GesundheitswesenAmt für GesundheitHamburger Straße 4722083 Hamburg

Dr. Hans-Joachim Schober-HalstenbergQUASI-Nierec/o Ärztekammer BerlinFlottenstraße 28-4213407 Berlin

Brigitte Sens, Dipl. Sozialwiss.Zentrum für Qualitätsmanagementc/o Ärztekammer NiedersachsenBerliner Allee 2230175 Hannover

Dr. Gregor ViethenMedizinische Universität zu LübeckInstitut für Medizinische Statistik und DokumentationRatzeburger Allee 26023562 Lübeck

Dr. Peter M. WoogKrankenhaus München-SchwabingKölner Platz 180804 München

Fußnoten

1. Graebig (1995), Teil A, Abschnitt 4, S.1

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2. Kamiske (1993), S. 251.3. van Eimeren (1979), S. 1447. Vgl. dazu den Begriff Konformität nach DIN

EN ISO 8402:1995, Nr. 2.94. Vgl. DIN EN ISO 8402:1995, S. 10, Anmerkung 6.5. Vgl. Lohr (1990), S. 21. Für das IOM-Committee wurden über 100

Definitionen bzw. Parameter usw. aus der relevanten Literatur gesichtet.Eine Auswahl von 52 findet sich ebd. bei Jo Harris-Wehling: Defining quali-ty of care (Vol. II, Kap. 5).

6. Zitiert nach: Reerink (1990), S. 2007. Palmer, Donabedian, Povar (1991), S. 278. Lohr (1990), S. 21 9. Brook, Kosecoff (1988), S. 152 10. Chassin, Park, Fink (1986) 11. Ruprecht (1993), S. 96412. Donabedian (19901), S. 1115-111813. vgl. Donabedian (19901), S. 111514. Seelos (1990), S. 41315. Vgl. auch den Vordruck �Konformitätserklärung zum

Qualitätssicherungssystem�, DIN 66066, Teil 3, Anhang A.16. Donabedian (1986), S. 99-10017. Donabedian (1966), S. 169-7018. Donabedian (1966), S. 16919. Donabedian (1966), S. 167-16920. Vgl. JCAHO (1990), Blumenstock (1994)21. Kazandjian/Lawthers (1995) 22. JCAHO (1993), S. 128, JCAHO (1994), S. 6323. JCAHO (1990), S. 15 ff.24. Donabedian (1966), S. 177-17825. Eddy (19903), S. 308126. Eddy DM (19903), S. 307727. Donabedian, A. (1986), S. 9928. Donabedian, A. (19922)29. AMA Advisory Committee on PSRO (1974)30. Field et al. (1990)31. Eddy (19903), S. 3077

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32. Eddy (19903), S. 3077/308133. Eddy (19903), S. 307734. Vgl. Berg (1989)35. �Kundenorientierung heißt, dass jede organisatorische Einheit im Unter-

nehmen interne und/oder externe Kunden und interne und/oder externeLieferanten hat, mit denen sie eine Qualitätsbeziehung pflegen muss.� (Little(1992))

36. vgl. Kamiske/Brauer (1993), S. 7537. Kamiske/Brauer (1993), S. 145-14638. DIN EN ISO 8402 (1995) 1.739. besser: der gesamten Organisation, vgl. DIN EN ISO 8402:1995, Nr. 1.740. Kamiske/Brauer (1993), S. 7641. DGQ (1993), S. 98-9942. DIN EN ISO 8402:1995, Einleitung S. 4ff.43. Geiger (1994)44. Selbmann (19931)45. vgl. dazu Selbmann (1991), (19931), (19932), (1994)46. Kamiske/Brauer (1993), S. 12547. Bundesärztekammer (1994), S. 113. Sie findet sich ursprünglich bei

Ruprecht (1993), S. 966 und ebenfalls nachgedruckt bei Gerlach/Bahrs(1994), S. 12

48. Gerlach/Bahrs (1994), S. 30. Vgl. dazu auch Bahrs/Szecsenyi (1994)49. Kassenärztliche Bundesvereinigung (1993), S. A1-1611

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Verlage Eugen Ulmer, Stuttgartund Urban & Fischer, Jena aus Informatik, Biometrie und Epidemiologie inMedizin und Biologie 27 (4), 200-230

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Gewährleistung und systematische Weiterent-wicklung der Qualität im Gesundheitswesen (Sonder-GMK am 20. November 1996 in Cottbus)

Nach intensiver Aussprache zu dem Thema wurde die anliegende Entschließungeinstimmig verabschiedet.

Das Ziel aller Reformbemühungen im Gesundheitswesen ist die langfristigeSicherung und Weiterentwicklung einer an der gesundheitlichen Lebensqualitätorientierten, solidarisch finanzierten und wirtschaftlichen Gesundheitsversor-gung. Das Gesundheitswesen hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftszweigentwickelt, auf den knapp 10 % des Bruttoinlandprodukts entfallen. Es unter-scheidet sich von anderen Sektoren der Volkswirtschaft

� durch eine besondere Wachstumsdynamik, in der die Strukturen desLeistungsangebots maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der Ausgaben haben

� durch die solidarische Finanzierung über die GesetzlicheKrankenversicherung (GKV) und die damit gegebene Beeinflussung derLohnkosten.

Dieser Sachverhalt erfordert das permanente Bemühen um einen zielgerichtetenRessourceneinsatz, der einen hohen Qualitätsanspruch mit entschlossenemKostenmanagement verbindet. Wenn die Versorgungsqualität unseres Gesund-heitswesens bewahrt und deren Kosten in vertretbarem Ausmaß gehalten werdensollen, muss nüchtern geprüft werden, ob

� auch alle Leistungen, die erbracht werden, aus fachlicher Sicht erforderlichsind

� die Formen der Arbeitsteilung und der Arbeitsabläufe jeweils effektiv undeffizient sind

� die Qualität der erbrachten Leistungen dem aktuellen wissenschaftlichenStand entspricht.

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Die Förderung und Organisation des Qualitätsmanagements sind gerade inZeiten knapper werdender gesamtwirtschaftlicher Spielräume eine zentraleAufgabe der Gesundheitspolitik und der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen.

Die GMK begrüßt die gemeinsamen Anstrengungen der Ärzteschaft, derPflege- und anderer Gesundheitsberufe, der Krankenkassen und Krankenhausge-sellschaften sowie anderer zukunftsweisender Projekte in Sachen Qualitäts-management und betont die Gleichrangigkeit aller Partner in diesem Prozess.Diese Initiativen und die zur Zeit geltenden Regelungen des SGB V (z.B. überexterne Vergleiche) reichen jedoch nicht aus, die erforderliche Qualität des Ge-sundheitswesens umfassend zu gewährleisten. Es ist ein bundesweiter verbands-und institutionenübergreifender Konsens zur Qualitätspolitik und -strategie erfor-derlich.

Wegen der Bedeutung der Thematik wird die GMK in regelmäßigen Abstän-den über den Umsetzungsstand der systematischen Weiterentwicklung der Quali-tät im Gesundheitswesen beraten.

Die GMK fordert daher:

Zur Strukturqualität

Es bedarf einer die Versorgungssektoren, Berufsgruppen- und -institutionen über-greifenden Vernetzung und Standardisierung auch hinsichtlich der gesetzlichenRahmenbedingungen. Die �Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitäts-sicherung in der Medizin� sollte um Vertreterinnen und Vertreter von Pflege- undanderen Heilberufen ergänzt und auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.Zu ihren Aufgaben sollte vor allem gehören:

� Bestandsaufnahme und Analyse von Qualitätsdefiziten� Durchführung spezifischer Forschungs- und Entwicklungsvorhaben� Dokumentation qualitätsbezogener Materialien und Verfahren� Entwicklung von Methoden des Qualitätsmanagements (z.B. ergebnisorien-

tierte Vergütungsformen)� Entwicklung von Qualitätsstrategien und Richtlinien für bereichsspezifische

und bereichsübergreifende Qualitätsverfahren (insbesondere hinsichtlich dererforderlichen berufsgruppenübergreifenden Kommunikation und

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Kooperation), die über vertragliche Festlegung zu Vorgaben für dasQualitätsmanagement werden.

Erforderlich ist zudem die Einrichtung neutraler Koordinations- und Transfer-stellen, die den Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen helfen,Qualitätsmanagement (wie z.B. CBO) einzuführen. Das BMG wird gebeten, hier-zu umgehend Umsetzungsschritte einzuleiten. Auf Landesebene sind entspre-chende Gremien bzw. Verfahren einzurichten.

Evaluation und Qualitätsmanagement müssen in die Aus-, Weiter- undFortbildung der Gesundheits-Fachberufe, insbesondere der Ärzte und Pflege-kräfte aufgenommen und kompetent vermittelt werden. Notwendig ist auch dieEinführung einer systematischen Evaluation und Qualitätsbeurteilung der Lehrean den Hochschulen sowie der Weiter- und Fortbildungsangebote. Die Konferenzder Kultusminister wird gebeten, sich mit evaluationsbezogenen Steuerungsmög-lichkeiten mit dem Ziel einer Aufwertung und Qualitätsverbesserung der Lehre imHochschulbereich zu befassen.

Der Bundesgesetzgeber für alle Versorgungsbereiche und ergänzend die Bun-desärztekammer werden gebeten, die Durchführung neu einzuführender ärztlicherUntersuchungs- und Behandlungsmethoden, die besondere Kenntnisse undErfahrungen des Arztes voraussetzen, von einem entsprechenden Qualifikations-nachweis abhängig zu machen; gleiches gilt für die Anwendung bereits etablier-ter Verfahren mit neuer Indikationsstellung. Die Musterweiterbildungsordnungfür Ärzte ist unter diesen Gesichtspunkten fortzuschreiben und zu aktualisieren.

Die Berechtigung zum Führen von Weiterbildungsbezeichnungen (z.B.Gebiets-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen) sollten vom Nachweis einerkontinuierlichen Fortbildung abhängig gemacht werden (z.B. durch Widerrufs-möglichkeiten). Die Bundesärztekammer wird gebeten, Vorschläge für entspre-chende Änderungen der Musterweiterbildungsordnung vorzubereiten.

Zusätzlich bedarf es einer Abstimmung über grundsätzliche Fragen der Quali-fizierung in den Pflegeberufen, zur Weiterentwicklung des Aufgabenbereichs derBerufsbilder, zur Qualitätssicherung der Pflege, sowie zu Fragen berufsrechtlicherVorbehaltsaufgaben.

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Prozessqualität

Die GMK fordert die Selbstverwaltungen, Fachverbände (z.B. die der Pflege-kräfte) und sonstige Beteiligte auf, auf der Grundlage der DIN EN ISO-NormenKonzepte für ein umfassendes Qualitätsmanagement (�Total Quality Management� TQM)�) gesundheitlicher Dienstleistungen zu entwickeln. Vor allem die Trägerstationärer Einrichtungen des Gesundheitswesens sind aufgerufen, diese mög-lichst zügig umzusetzen. Zertifizierungen können in diesem Zusammenhang sinn-voll sein, sind jedoch nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist vielmehr dievon allen Beteiligten getragene Implementierung eines Prozesses der kontinuier-lichen Qualitätsverbesserung. Hierbei haben die Wahrung von Patientenbelangenund die Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit einen ebensozentralen Stellenwert wie die Abflachung der hierarchischen Strukturen. DieGMK begrüßt die diesbezüglichen Modellmaßnahmen des BMG. Sie sieht in denzwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden derKrankenkassen vereinbarten Maßnahmen zur Qualitätsdarlegung (Zertifikate Aund B) Schritte in die richtige Richtung, erwartet allerdings, dass die Anforde-rungen eines bereichsübergreifenden Qualitätsmanagements auch hier be-rücksichtigt werden.

Die wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften werden ebenso wiedie Fachverbände der Pflege- und medizinischen Fachberufe gebeten, konsensfä-hige Standards und Leitlinien (insb. zur Indikationsstellung), wissenschaftlichbegründete Qualitätsindikatoren und Qualitätskriterien zu deren Bewertung inmethodisch angemessener Form zu erarbeiten sowie eine den Effektivitätsanfor-derungen gerecht werdende Darstellung und Implementierungsstrategie zu ent-wickeln. Vertreter von Patientinnen und Patienten (z.B. aus dem Kreis derSelbsthilfegruppen) sollten mit einbezogen werden.

Zur Ergebnisqualität

Qualität muss ein Wettbewerbsparameter werden, was insbesondere durchEntwicklung und vertragliche Festlegung einer indikatorengesteuerten Vergütung

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der Leistungserbringer bewirkt werden kann. Es sollten nur die Leistungen ver-gütet werden ,die gesetzlich festgelegten oder vertraglich vereinbarten Qualitäts-anforderungen genügen. Die Vertragspartner in der GKV werden aufgefordert,Instrumente zu entwickeln, die es erlauben, bei nachweislich überflüssigen oderfehlerhaften diagnostischen Maßnahmen und Behandlungen die Verantwortlichenin Regress zu nehmen. Voraussetzung dafür ist, dass Kostenträger und Leistungs-erbringer ein Vergütungssystem entwickeln, das entsprechende Anreize setzt.

Die Qualität von Leistungen im Gesundheitswesen wird durch die fehlendeVerzahnung der Versorgungssektoren erheblich beeinträchtigt. Um nach der sta-tionären Therapie eine Therapiekontrolle, Nachbehandlung und Qualitätsverbes-serung gewährleisten zu können, ist die Einvernehmensklausel bei der nachstatio-nären Behandlung (§ 115 SGB V) zu lockern. Alle Erbringer medizinischer Leis-tungen werden aufgefordert, die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeitenauszuschöpfen, die strukturelle und berufsgruppenbezogene Trennung der Versor-gungsbereiche zu überwinden.

Die Dokumentation des Leistungsgeschehens im Gesundheitswesen sowie derDatentransfer zu den Kostenträgern einschließlich der Verfahren zur Diagnosever-schlüsselung sind einer Neubewertung zu unterziehen. Dies beinhaltet:

� eine Bestandsaufnahme vorhandener Methoden und Techniken sowie� den Entwurf einheitlicher, praktikabler und nutzerfreundlicher

Dokumentationsmodelle, die mit der Gesundheitsberichterstattung von Bundund Ländern kompatibel sind.

Dies gilt auch für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Das BMG wird gebeten,analog zu den bereits ausgeschriebenen Projekten im Rahmen des Förderpro-gramms �Qualitätssicherung� ein weiteres Projekt für eine integrierte Gesamt-konzeption medizinischer Datenerhebung, -verarbeitung und -auswertung aufzu-legen.

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Weiterentwicklung des Patientenschutzes

Den Patientinnen und Patienten sind in geeigneter und verständlicher Form Infor-mationen über die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung anzu-bieten, die ihre Wahlmöglichkeiten verbessern.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemäß den Vorschlägen des Sachver-ständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (Jahresgutachten1992) Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtsstellung von Patientinnen undPatienten und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu ergreifen und recht-lich abzusichern. Mögliche Maßnahmen wären dabei u.a.:

� die Verpflichtung zur Aufnahme von Patientenvertreterinnen und -vertreternin dafür geeignete Gremien der Selbstverwaltung

� eine Verpflichtung der Krankenkassen zur Unterstützung der Versichertenbei Behandlungsfehlern (§ 66 SGB V), sofern Erfolgsaussicht besteht

� die Prüfung, wie anbieterunabhängige Patientenvertretungen eingerichtetwerden können

� die bundesweite anonymisierte Erfassung bei Ärztekammern anerkannterPatientenbeschwerden, anerkannter Schadensersatzforderungen, vonBehandlungsfehlerprozessen und deren gerichtlichen Entscheidungen anneutraler Stelle.

Die GMK hält die Ausdehnung der bereits nach AMG und MPG geregeltenEthikkommissions-Prüfungen auf besonders risikoreiche Therapieversuche sowiedie gesamte klinische Forschung am Menschen für erforderlich, soweit nichtbereits in Heilberufs- und Kammergesetzen bzw. Berufsordnungen vorhanden.

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Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie imGesundheitswesen72. Gesundheitsministerkonferenz am 09./10. Juni1999 in Trier

Beschluss

Die Gesundheitsministerkonferenz hat einstimmig beschlossen:

Als Ausdruck ihrer Verantwortung für die gesundheitliche Versorgung derBevölkerung betont die Gesundheitsministerkonferenz erneut die Notwendigkeithoher Qualitätsanforderungen an das deutsche Gesundheitswesen. Die dafür not-wendige Qualitätsentwicklung, wie sie die Gesundheitsministerkonferenz in ihrerEntschließung von Cottbus 1996 formuliert hat, wurde von den Partnern imGesundheitswesen ernst genommen. Allerdings sieht die GMK für die Qualitäts-orientierung des deutschen Gesundheitswesens � insbesondere im Vergleich zueuropäischen Nachbarn � einen Weiterentwicklungsbedarf, der zeitlich undinhaltlich dargelegt werden muss.

In Anlehnung an internationale Beispiele nutzt die Gesundheitsminister-konferenz dabei das politische Mittel der �Zielvereinbarungen�, die möglichstkonsensual den zu erreichenden zukünftigen Stand der Qualitätsentwicklungbeschreibt und legt insofern die �Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie imdeutschen Gesundheitswesen� vor.

Die GMK begrüßt, dass alle beteiligten Spitzenorganisationen des Gesund-heitswesens diesen neuen Weg des �Steuerns über Ziele� mittragen und überwie-gend ihre grundsätzliche Zustimmung erklärt haben. Die GMK sieht in dem vor-gelegten Zielpapier einen wichtigen Schritt für die künftige Entwicklung desdeutschen Gesundheitswesens.

Die GMK konstatiert, dass die Bundesärztekammer und die KassenärztlicheBundesvereinigung zu einigen Zielen noch umsetzungsbezogenen Klärungsbe-darf haben, den sie z.B. über Modellmaßnahmen angeben möchten, bevor sie dieZielformulierung umfassend mittragen können.

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Mit Rücksicht auf den für notwendig erachteten konsensualen Abstimmungs-prozess bittet die GMK deshalb die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Quali-tätssicherung in der Medizin (AQS), dieses Petitum der ärztlichen Vertretungen zuberücksichtigen, die Detailabstimmung vorzunehmen und die weitere Koordina-tion bei der Umsetzung der Qualitätsziele zu übernehmen. Sie bittet darum, die ander Erarbeitung der Ziele beteiligten Organisationen in den Prozess mit einzubin-den.

Die GMK bittet die Länder Bremen, Bayern, Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt, ihr über die Umsetzung derZielvereinbarung zu berichten.

Vorbemerkung

Die 71. Gesundheitsministerkonferenz vom 18./19. Juni 1998 hat eine Arbeits-gruppe1 unter Federführung Bremens und unter Beteiligung des Bundesminis-teriums für Gesundheit gebeten, eine einheitliche Strategie für die kontinuierlicheVerbesserung der Qualität im Gesundheitswesen vorzubereiten und diese mög-lichst unter Einbeziehung der Selbstverwaltung bis zur 72. Gesundheitsminister-konferenz im Juni 1999 abzustimmen.

Nach einer schriftlichen Umfrage bei den wesentlichen Beteiligten des Ge-sundheitswesens erfolgte die Erarbeitung der Ziele für eine einheitliche Qualitäts-strategie im Gesundheitswesen mit Vertretern und Experten verschiedener Spit-zenorganisationen2 und der Wissenschaft3.

Auf der Grundlage dieses Vorgehens sind die anliegenden Ziele von der Mehr-zahl der beteiligten Spitzenorganisationen als Kompromiss akzeptiert worden.Die Bundesärztekammer sprach sich für einen generellen Evaluationsvorbehaltaus. Weitere Vorbehalte sind im Text als Fußnoten dargestellt. Es wurde jedochvon allen Betroffenen Wert darauf gelegt, folgende allgemeine Bemerkungen demText voranzustellen:

1. Mit der Nennung der Ziele werden keine präjudizierenden Aussagen überdefinierte Wege oder Möglichkeiten verbunden, wie diese zu erreichen sind.Vielmehr soll durch die Ziele der anzustrebende Endpunkt als gemeinsamerWille der Beteiligten zum Ausdruck gebracht werden.

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2. Die gemeinsam verabredeten Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie imGesundheitswesen werden als perspektivisch und selbstverpflichtend für alleBeteiligten angenommen. Man ist sich jedoch darin einig, dass sich einigeZiele durch nicht vorhersehbare Einflüsse durchaus im Laufe der angegebe-nen Zeitspannen verändern können.

3. Die zeitlichen und quantitativen Angaben haben Absichts- und Erwartungs-charakter, werden aber aus heutiger Sicht als realistisch angesehen. Sieerleichtern es allen Beteiligten in der Zukunft festzustellen, ob und inwie-weit die selbst gesteckten Ziele erreicht wurden.

4. Bestimmte Strukturen und momentane Bedingungen des Gesundheitswesenssind für die Umsetzung der Ziele derzeit nicht förderlich. Alle Beteiligtengehen jedoch davon aus, dass die Ziele auch in der jetzigen Ausprägung desGesundheitswesens verfolgt werden sollten.

5. Ein Teil der aufgeführten Ziele kann zu Mehrkosten führen, sowohl auf derEbene der Leistungserbringer, als auch auf der Ebene der Spitzenorganisa-tionen. Der Grad der Zielerreichung hängt damit von den zur Verfügung ste-henden Finanzmitteln ab. Eine stärkere Qualitätsorientierung kann einrich-tungsintern und auch einrichtungsübergreifend zur Erschließung vonRationalisierungsmöglichkeiten und damit einer besseren Aufwand-Nutzen-Relation im Gesundheitswesen führen.

6. Die Verfolgung der Ziele soll gemeinsam überprüft werden. Es wird vorge-schlagen, nach fünf Jahren auf der Basis einer Evaluation durch ein unab-hängiges Institut die Ergebnisse im Rahmen einer nationalen Konferenz allerBeteiligten zu diskutieren.

1. Konsequente Patientenorientierung im Gesundheitswesen4

Bis zum 01.01.2003 sind neutrale Patienteninformationssysteme über die Ein-richtungen des Gesundheitswesens für die Bevölkerung aufzubauen und vorzu-halten.

Von allen Einrichtungen des Gesundheitswesens sind regelmäßig Patienten-befragungen durchzuführen. Die Spitzenorganisationen werden für jeweils glei-che Gruppen von Leistungserbringern bis zum 01.01.2003 Empfehlungen zurMethodik, Vergleichbarkeit und Evaluation der Befragung festlegen.

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Von Interessen der einzelnen Beteiligten im Gesundheitswesen unabhängigePatientenberatungsstellen5 sind auf Landesebene bzw. in großen Flächenländernin angemessener Zahl so einzurichten, dass eine inhaltliche Abhängigkeit ausge-schlossen ist.

Bis zum 01.01.2003 sind Patientenvertretungen bzw. Verbraucherschutzver-bände in die Gremien des Gesundheitswesens einzubeziehen, die sich federfüh-rend mit Qualitätsmanagement auseinandersetzen.

Bis zum 01.01.2003 ist zu entscheiden, ob der von der GMK vorgelegte�Gemeinsame Standpunkt der wesentlichen Beteiligten über Patientenrechte inDeutschland heute� die gewünschte Wirkung entfaltet oder ob weiterführendeMaßnahmen (z.B. ein Patientenschutzgesetz) zu ergreifen sind.

BegründungProfessionelle medizinische Hilfe basiert auf einem Behandlungsvertrag, der vondem jeweiligen Behandler mit dem Patienten partnerschaftlich abgeschlossenwird. Dies setzt, so es von dem Patienten gewünscht wird, eine Informiertheitvoraus, die ihrerseits auf der Bereitschaft zur Transparenz des Gesundheitswesensberuht. Ohne Transparenz kann kein effektives Qualitätsmanagement, ohneQualitätsmanagement kann keine verbesserte Patientenorientierung desGesundheitswesens entstehen.

Konsequente Patientenorientierung ist ein zentrales Ziel des einrichtungsin-ternen Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen. EinrichtungsübergreifendeMaßnahmen wie der Aufbau von Patienteninformierungssystemen, die Durch-führung vergleichender Patientenbefragungen oder die Einbeziehung von Patien-tenvertretungen bzw. Verbraucherschutzverbänden können die Zielerreichungunterstützen.

Neben den in Ziffer 1 genannten Zielen, die sich unmittelbar an den Patientenoder seine Vertretungen richten, sind alle anderen in der Qualitätsstrategie aufge-führten Ziele unmittelbare Voraussetzung für eine optimierte Patientenorien-tierung.

(Potentielle) Patienten sind oft Ratsuchende, wenn es um die Wahl des Leis-tungserbringers geht. Neben strukturellen Entscheidungsgründen wird die Frageder Qualität eine wichtige Rolle bei der Auswahl spielen. Dafür bedarf es derEntwicklung von Vergleichsmöglichkeiten.

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Patientenbefragungen sind ein wesentliches Instrument des internen Qualitäts-managements. Darüber hinaus können Patientenbefragungen aber auch für einevergleichende Evaluation gesundheitlicher Dienstleistungen genutzt werden.Diese hat bisher in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen Län-dern einen geringen Stellenwert. Eine Konsequenz davon ist, dass Erwartungen,Bedürfnisse und Erfahrungen von Patienten derzeit bei der Strukturierung derVorsorgungsabläufe in den Einrichtungen6 selbst nicht ausreichend berücksichtigtwerden können. Damit fehlt ein wesentliches Element für eine patientenorientier-te Leistungserbringung und Optimierung der Versorgungsprozesse.

Patientenbefragungen müssen dabei im Interesse ihrer Aussagekraft, Ver-gleichbarkeit und Bewertbarkeit methodischen Standards genügen, die von denSpitzenorganisationen der Selbstverwaltung festzulegen sind.

Um eine Stärkung der Position der Patienten zu erreichen, bedarf es eines dif-ferenzierten Systems von Einrichtungen und Angeboten. Während lokal oder ein-richtungsbezogen Patientenfürsprecher oder Ombudspersonen eine gute ersteLinie für Anliegen von Patienten sein können, nehmen Patientenberatungsstelleneine institutionsübergreifende zentrale Rolle ein. Sie erfüllen Informations-,Ausgleichs-, Beratungs- und Unterstützungsfunktionen für die Anliegen derPatienten. Sie bieten auch eine Chance für die Rückspiegelung von Patienten-meinungen an die Einrichtungen des Gesundheitswesens und sind so ein Teil desQualitätsmanagements. Um entsprechende Aufgaben für Bürger bzw. Patientenwahrnehmen zu können, ist zu gewährleisten, dass die Patientenberatungsstellenz.B. von Kostenträgern und Leistungserbringern unabhängig bleiben, auch wenndiese sich an der Finanzierung beteiligen sollten. Mit einer besseren Verankerungvon Patientenvertretungen ergibt sich auch die Möglichkeit, Patienteninteressenin Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens einzubringen. Beispielhaftkönnte dies für die Bundesausschüsse Krankenkassen-Leistungserbringer, fürGremien zur Entwicklung und für Implementierungen von ärztlichen Leitlinienoder Pflegestandards oder auch für die AQS von Bedeutung sein.

Rechte, die den gesundheitlichen Verbraucherschutz betreffen, sind in ver-schiedenen Rechtsgebieten wie dem Haftungsrecht, dem Dienstvertragsrecht oderdem gesetzlichen Krankenversicherungsrechts festgelegt. Mit dem von der GMKvorgelegten �Gemeinsamen Standpunkt der wesentlichen Beteiligten über Patien-tenrechte in Deutschland heute� wird das Ziel verfolgt, Gesunde und Patienten,Ärzte und Gesundheitsfachpersonal über ihre wichtigsten Rechte und Pflichten zu

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informieren. Die GMK erwartet, dass der �Gemeinsame Standpunkt der wesent-lichen Beteiligten über Patientenrechte in Deutschland heute� als Dokument indi-vidueller bestehender Rechte eine Bindungswirkung für alle Beteiligten entfaltetund die Umsetzung des Konzepts eines partnerschaftlichen Verhältnisses in ihrenBeziehungen unterstützt. Sollte sich diese Erwartung nicht erfüllen, ist zu ent-scheiden, ob eine Zusammenfassung und einheitliche Kodifizierung dieser Rechteund Pflichten notwendig ist.

2. Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards für die Qualitätsentwicklungnutzen

Bis zum 01.01.2005 sind ärztliche Leitlinien und Pflegestandards in der Diag-nostik und Behandlung von zehn prioritären Krankheiten von den Spitzen-organisationen anzuerkennen. Im gleichen Zeitraum sollen sich Diagnostik undBehandlung dieser Krankheiten möglichst weitgehend an den so anerkanntenärztlichen Leitlinien bzw. Pflegestandards orientieren.

Begründung:Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards, die in ihrer Qualität unterschiedlichsind, wurden in einer Vielzahl entwickelt. Eine Anerkennung durch die Spitzen-organisationen steht jedoch noch weitgehend aus.

Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards werden sich vorrangig an Krank-heiten bzw. Krankheitsbildern orientieren, können sich aber auch auf präventiveMaßnahmen, diagnostische Prozeduren, Behandlungsabläufe oder �Behandlungs-anlässe� wie zum Beispiel Symptome beziehen.

Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards haben daher auf der Basis von gesi-cherten Erkenntnissen und/oder des Konsenses von wissenschaftlicher und prak-tischer Medizin/Pflege Handlungskorridore zu nennen, die ein am internationalenStand orientiertes Qualitätsniveau sicherstellen.

Die ärztlichen Leitlinien und Pflegestandards sollten so weit wie möglich diePrinzipien der Evidenz-basierten und somit der wissenschaftlich abgesichertenMedizin und Pflege berücksichtigen. Sie können für die verschiedenen Versor-gungsstufen unterschiedlich sein.

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Die Spitzenorganisationen sollen exemplarisch die Umsetzung sowieWirkungen und Folgen der ärztlichen Leitlinien und Pflegestandards evaluierenund deren regelmäßige Fortschreibung sicherstellen.

3. Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement sektorenübergreifendgestalten

Für prioritäre Krankheiten und Krankheitsfolgen sind bis zum 01.01.2005 sekto-renübergreifende und somit durchgehende Versorgungsketten mittels ärztlicherLeitlinien bzw. Pflegestandards im Sinne integrierter Versorgungskonzepte zuentwickeln und abzustimmen. Ihre Anwendung und Praktikabilität sowieWirkungen und Folgen für die Versorgungsqualität sind durch die Spitzenor-ganisationen gemeinsam zu evaluieren. Die unterschiedlichen Rechtsgrundlagenzur Qualitätssicherung in den Versorgungssektoren müssen vereinheitlicht undangepasst werden.

Begründung:In den verschiedenen Versorgungssektoren ist eine qualitativ hochstehende medi-zinische Versorgung entstanden. Die Betrachtung von Krankheitsverläufen machtinsbesondere aus Patientensicht auf die unzureichende Verzahnung der Versor-gungsstrukuren aufmerksam. Hierdurch entstehen auch Qualitätsdefizite, die sichinsbesondere bei der Behandlung und Pflege chronisch Kranker und multimorbi-der Patienten auswirken. Ziel einer Qualitätsstrategie muss es daher sein, symp-tom- bzw. diagnosebezogene ärztliche Leitlinien und Pflegestandards zu entwic-keln und umzusetzen, die sowohl prozessorientiert als auch auf den Zustand desPatienten nach der Behandlung und Betreuung ausgerichtet sind. Für die Steue-rung dieser Prozesse müssen sowohl innerhalb der Versorgungssektoren als auchsektorenübergreifend symptom- bzw. krankheitsorientierte Versorgungsketten imSinne eines �Disease Management� / �Case Management� definiert werden.

Aufgrund u.a. der Interessenunterschiede der in den einzelnen Sektoren betei-ligten Akteure lassen sich sektorenübergreifende ärztliche Leitlinien undPflegestandards nur auf der Ebene der Spitzenorganisationen beschließen und vonhier aus gemeinsam evaluieren. Da für die Bewertung der Versorgungsketten das

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Patienten-Feedback eine große Bedeutung hat, ist die Beteiligung von Patienten-vertretern bzw. Verbraucherschutzverbänden an der Evaluation notwendig.

Die Unterschiede in den Rechtsgrundlagen z.B. zur Qualitätssicherung in denVersorgungssektoren behindern z.Z. die Definition sektorenübergreifender Ver-sorgungsketten erheblich, insbesondere im Hinblick auf die Datenzusammen-führung. Es ist deshalb erforderlich, die vorhandenen unterschiedlichen Rechts-grundlagen zu vereinheitlichen und anzupassen.

4. Qualitätsmanagement in den Einrichtungen des Gesundheitswesens stärken

Alle Einrichtungen führen bis zum 01.01.2005 ein an dem Stand der Wissenschaftund Technik orientiertes Qualitätsmanagement ein.

Begründung:Die Notwendigkeit eines Qualitätsmanagements in allen Einrichtungen des Ge-sundheitswesens wird grundsätzlich zwar von allen Beteiligten anerkannt, jedochist mit der systematischen Einführung in vielen Einrichtungen noch nicht begon-nen worden.

Bei der Einführung soll auf vorhandene, international bewährte Modelle zu-rückgegriffen werden. Im Regelfall handelt es sich daher bei der Einführung vonQualitätsmanagement in einer Einrichtung nicht um Forschungsaufgaben, d.h. umdie Entwicklung neuer Qualitätsmanagementverfahren, sondern um die Anpas-sung und Implementation vorhandener Qualitätsmanagementsysteme unter Be-rücksichtigung der unterschiedlichen Bedingungen in den verschiedenen Berei-chen des Gesundheitswesens.

5. Datenlage zur Qualitätsbewertung verbessern8

Bis zum 01.01.2005 werden in jeder Einrichtung des Gesundheitswesens minde-stens zehn Qualitätsindikatoren adäquat erhoben und intern beurteilt. Die betei-ligten Spitzenorganisationen entscheiden bis zum 01.01.2003, welche qualitäts-

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orientierten Indikatoren für die jeweiligen Bereiche genutzt werden, fassen diesenach einheitlichen Vorgaben mehrstufig (einrichtungsintern, regional, bundes-weit) zusammen und führen diese bis zum 01.01.2005 in ein Benchmarking-System ein.

Begründung:Voraussetzung für die Bewertung vergleichbarer Qualität ist die Verwendung ein-heitlicher Qualitätsindikatoren. Bei der Festlegung der Indikatorensätze, die alseine wesentliche Aufgabe von den Spitzenorganisationen zu leisten ist, sollte derAufwand der Datenerhebung berücksichtigt werden. Die Vergleichbarkeit derErhebung und Auswertung muss gesichert sein. Hierfür gilt es insbesondere fach-richtungsspezifisch vorzugehen, d.h. zwischen Praxen gleicher Fachrichtung bzw.zwischen Kliniken mit gleichem Profil Auswertungen vorzunehmen. DieBetonung muss dabei auf den Ergebnisqualitäten liegen, wo immer sie darstellbarsind. Eine Vergleichbarkeit über ein Benchmarking-System ermöglicht einen ins-titutionsinternen, aber auch einen institutionsübergreifenden Qualitätswett-bewerb. Ansatzweise kann auf das Beispiel der Perinatal-Erhebungen verwiesenwerden.

Die damit gegebene Vergleichbarkeit soll zum Erkennen von möglicher Ver-besserungspotentiale bundesweit herangezogen werden. Die Indikatoren sind ein-richtungsintern, aber auch regional, z.B. auf Landesebene und auf Bundesebenein Qualitätsberichten zur gesundheitlichen Versorgung auszuwerten.

6. Qualität darlegen9

Alle Einrichtungen des Gesundheitswesens dokumentieren bis zum 01.01.2003 injährlichen Qualitätsberichten die Qualität ihrer Leistungen und veröffentlichendiese in geeigneter Form.

50 % aller Einrichtungen in den jeweiligen Sektoren des Gesundheitswesenslegen bis zum 01.01.2005 ihre Qualität nach Kriterien dar, die von den entspre-chenden Spitzenorganisationen abgestimmt und bundeseinheitlich vorgegebenwerden.

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Unter Berücksichtigung der jährlichen Qualitätsdarlegungen werden mit Be-teiligung der Spitzenorganisationen auf regionaler Ebene von den Ländern Lan-desqualitätsberichte und auf dieser Grundlage auf der Bundesebene gegebenen-falls ein Bundesqualitätsbericht herausgegeben.

BegründungDie periodische Erstellung von Qualitätsberichten ist bereits ein Instrument desQualitätsmanagements, da es die Einrichtungen auffordert, sich mit der Qualitätvon ihnen erbrachter Leistungen auseinanderzusetzen.

Um die Qualität der erbrachten Leistungen auch der Qualität vergleichbarerLeistungen in anderen Einrichtungen gegenüberstellen zu können, müssen sichdie Qualitätsberichte an den von den Spitzenverbänden festgelegten Qualitäts-indikatoren orientieren (siehe Ziel Nr. 5). Dabei wird berücksichtigt, dass dieEinrichtungen ihrer unterschiedlichen Aufgabenstellung und Größe entsprechendin methodisch geeigneter und machbarer Form berichten.

Bei der Darlegung des Qualitätsmanagements im Sinne von Auditierung bzw.Zertifizierung ist es ebenfalls erforderlich, dass diese nach einheitlichen Kriterienerfolgt.

Um dabei die Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedlichen Sektoren/Bereichen des Gesundheitswesens zu gewährleisten � wichtig bei zunehmenderVerzahnung der Sektoren � ist darüber hinaus eine Abstimmung zwischen denjeweiligen Spitzenverbänden geboten.

Dies gilt umso mehr für die Landesqualitätsberichte und gegebenenfalls dendarauf basierenden Bundesqualitätsbericht, die unter Berücksichtigung der für dieVergleichbarkeit geeigneten Indikatoren auf den einrichtungsbezogenenQualitätsdarlegungen aufbauen (vgl. Ziel 4).

7. Qualitätsorientierte Steuerung weiterentwickeln

Der Gesetzgeber bzw. die Körperschaften der Selbstverwaltung werden unterEinbeziehung von Forschung und Wissenschaft bis zum 01.01.2008 Möglich-keiten prüfen und Kriterien weiterentwickeln bzw. entwickeln, nach denenPlanungen, Zulassungen, Kündigungen von Versorgungsverträgen und/oder

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Vergütungen so weit wie möglich auch an Qualitätskriterien gekoppelt werden.Dabei ist besonders die Auswertung von Ergebnisqualitäten zu berücksichtigen.

BegründungDas im SGB V § 2 festgeschriebene Kriterium der Gleichgewichtigkeit vonQualität und Wirksamkeit wird bisher bei der Gewährung von Leistungen oder derAuswahl der Leistungserbringer nicht ausreichend berücksichtigt. Zuletzt hat dasJahresgutachten 1997 des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion imGesundheitswesen empfohlen, Steuerungsfunktionen im Gesundheitswesen (wiein diesem Fall die Vergütung) verpflichtend an die fortlaufende Gewährleistungvon (Struktur-, Prozess- und Ergebnis-)Qualität zu binden. Die Betonung mussdabei auf Ergebnisqualität liegen.

Wegen des hohen Schutzgutes der menschlichen Gesundheit sollte es ermög-licht werden, Leistungsanbieter nach ihrer erbrachten Qualität abgestuft zu ver-güten bzw. die, welche die gesetzten Qualitätsziele dauerhaft nicht erreichen, vonder Versorgungserbringung ganz auszuschließen. Hierbei sind in einem umfas-senden Ansatz Patientenbelange (wie zum Beispiel wohnortnahe Versorgung) undandere Fragen (Versorgungsfragen) zu berücksichtigen.

8. Weitere Anreize zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung setzen

Auf Landes- und Bundesebene sollen ab dem 01.01.2001 besonders vorbildlicheBeispiele für die Implementierung von Qualitätsmanagement im Gesundheits-wesen mit Qualitätspreisen gewürdigt werden können.

Begründung:In vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens werden Qualitätsmanagement-projekte mit großem Erfolg durchgeführt. Die Anreize für die Einrichtungen,Qualitätsmanagementprojekte zu implementieren bzw. die Motive der Mitar-beiter, sich daran zu beteiligen, sind vielfältig. Eine begrenzte öffentliche Aner-kennung erfahren diese Projekte häufig nur in den jeweiligen Einrichtungen selbstoder ggf. im Rahmen von Fachveröffentlichungen bzw. -kongressen. Ein weiterer

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Anreiz kann geschaffen werden, wenn auf Länderebene Anerkennungen für�Beste-Praxis-Zentren� im Sinne von Demonstrationseinrichtungen ausgespro-chen sowie ein Bundespreis für hervorragende Beispiele für Qualitätsmanage-ment vergeben werden, mit dem das Engagement und die Initiative der Beteiligtengewürdigt und Ansatz und Ergebnisse der Projekte durch die Preisvergabe in derÖffentlichkeit bekannt gemacht werden.

Darüber hinaus sollte auf Landesebene die Möglichkeit bestehen, in periodi-schen Abständen besonders positive Beispiele zu würdigen, und damit zugleichein Forum für eine regelmäßige Bestandsaufnahme des im Gesundheitswesenerreichten Standes der Qualitätsentwicklung geschaffen werden.

9. Unterstützung und Moderation für Qualitätsentwicklung weiterentwickeln10

Zur regionalen Unterstützung der Qualitätsmanagementprozesse in den Einrich-tungen und der Abstimmung von Versorgungsketten werden auf Landesebeneoder in Kooperation zwischen verschiedenen Ländern bis zum 01.01.2005 wis-senschaftlich ausgerichtete neutrale Beratungseinrichtungen für die Qualitätsent-wicklung unter Einbeziehung der öffentlichen Hand und der Spitzenorganisa-tionen des Gesundheitswesens weiterentwickelt.

Bis zum 01.01.2003 wird auf Bundesebene ein Kompetenzzentrum für Quali-tätsentwicklung im Gesundheitswesen z.B. in Form eines Netzwerkes der vor-handenen einschlägigen Einrichtungen oder als eigenständige Institution etabliert.

BegründungUm die Einführung, Durchführung und Weiterentwicklung von Qualitätsmanage-ment-Maßnahmen zu unterstützen und ihre Nachhaltigkeit zu sichern, bedarf eseiner Instanz, die die Einrichtungen der Gesundheitsversorgung neutral berät,Maßnahmen evaluiert sowie aktiv vor Ort unterstützt. Dies gilt insbesondere fürdas Qualitätsmanagement in den angestrebten, die verschiedenen Versorgungsbe-reiche übergreifenden Versorgungsketten und bei berufsgruppenübergreifendenFragestellungen.

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Um sicherzustellen, dass diese Instanz in das Versorgungsgeschehen integriertist und die Voraussetzung für eine praxisbezogene Kooperation zu schaffen, soll-ten entsprechende Institutionen auf regionaler Ebene geschaffen werden.Vorhandene Strukturen sind zu nutzen.

Die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen und methodischen Grundlagendes Qualitätsmanagements bedarf eines abgestimmten Vorgehens in der Bundes-republik Deutschland. Ein solches Kompetenzzentrum kann unter Nutzung dervorhandenen Erfahrungen und Kenntnisse als Netzwerk oder auch durch einegesonderte Einrichtung erreicht werden. Nationale Kompetenzzentren haben sichin anderen Staaten für die fundierte Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsim Gesundheitswesen bewährt.

10. Verstärkte Koordination bei der Umsetzung der Qualitätsziele aufBundes- und Länderebene

Die Koordination bei der Umsetzung der Qualitätsziele auf Bundesebene wird derArbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin (AQS)bei gleichberechtigter Mitgliedschaft der Pflege übertragen. Patientenver-tretungen bzw. Verbraucherschutzverbände sind zu beteiligen.

Entsprechend der Zusammensetzung auf Bundesebene werden auch auf derEbene der Länder Arbeitsgemeinschaften zur Förderung der Qualitätssicherung inder Medizin gebildet. Die Koordination erstreckt sich insoweit auf die in den ein-zelnen Versorgungsbereichen zur Umsetzung erforderlichen Verträge.

Die Mitgliedsorganisationen haben der AQS und den Arbeitsgemeinschaftenauf Ebene der Länder regelmäßig über die Umsetzung in ihrem jeweiligenWirkungsbereich zu berichten. Im Jahr 2005 wird der erreichte Stand in einernationalen Konferenz zum Qualitätsmanagement dargelegt, bewertet und eineFortschreibung angestrebt.

BegründungDie AQS soll durch ihre Arbeit die Koordination unter allen Verantwortlichenstärken.

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Gemäß § 137 b SGB V hat die AQS den gesetzlichen Auftrag, die Einheitlich-keit der Qualifikations- und Qualitätsmanagement-Anforderungen zu sichern. DieBewertung des erreichten Standes muss dabei auch unter dem Gesichtspunkt vonAufwand und Nutzen erfolgen.

Zusätzlich zu der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereini-gung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden derKrankenkassen, die die AQS tragen, ist es notwendig, die Pflege als gleichbe-rechtigtes Mitglied zu beteiligen. Darüber hinaus ist es unter dem Gesichtspunktder Stärkung der Patientenorientierung (vgl. Ziel 1) erforderlich, Patientenver-tretungen und Verbraucherschutzverbände in diesen Prozess einzubeziehen.

Der Vollzug von Anforderungen an das Qualitätsmanagement und damit auchdie konkrete Umsetzung bis hin zur Einzelbehandlung findet jedoch im Rahmenweiterer ergänzender Maßnahmen durch Verträge auf Landesebene statt. Hier istdie Koordination zwischen den Beteiligten fortzusetzen. Entsprechend der inzwi-schen in einigen Ländern bereits eingeleiteten tatsächlichen Entwicklung sinddeshalb auch auf Länderebene entsprechende Arbeitsgemeinschaften zu bildenund wie die AQS im Gesetz zu verankern.

11. Professionalität auf dem Gebiet von Qualitätssicherung undQualitätsmanagement weiterentwickeln

Bis zum 01.01.2005 ist in den Aus-, Weiter- und Fortbildungsregelungen für alleBerufsgruppen im Gesundheitswesen ein definierter Anteil der vorgesehenenZeiten mit Themen des Qualitätsmanagements zu belegen.

BegründungUm Qualitätsmanagement erfolgreich einzuführen, ist es erforderlich, ein ent-sprechendes Bewusstsein hierfür zu schulen und die Kenntnis von den Chancenund Möglichkeiten des Qualitätsmanagements zu erwerben. Hierbei ist aufVorhandenem aufzubauen (z.B. Curriculum Qualitätsmanagement derBundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie derArbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinische Fachgesellschaften).

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Daher müssen für alle Berufsgruppen die fachlichen Grundlagen und Metho-den sowie die erforderlichen Management-Techniken vermittelt werden. Insbe-sondere in den Ausbildungsordnungen bzw. Gegenstandskatalogen ärztlicherStudiengänge sowie den Lehrzieldefinitionen für die Berufsausbildung andererBerufsgruppen im Gesundheitswesen sollte die Vermittlung von Prinzipien undMethoden des Qualitätsmanagements in der Medizin zu einem obligaten Lehr-und Lernziel werden.

Erst durch Aneignung der fachlichen Voraussetzungen in Aus-, Fort- undWeiterbildung wird die Basis bereitet, um Einstellungsänderungen in der täg-lichen Arbeit zu bewirken, die zu mehr Qualitätsbewusstsein, Kooperation undPatientienorientierung, aber auch zu Veränderungsbereitschaft führen.

Der gestärkten Bedeutung, die Qualitätsmanagement für den gesamten Be-handlungs- und Betreuungsprozess gewinnt, muss auch die Bedeutung vonQualitätsmanagement als Inhalt berufsgruppenspezifischer und -übergreifenderAus-, Fort- und Weiterbildung entsprechen. Dies lässt sich auch über dieBerufsordnungen bzw. berufsrechtlichen Vorgaben und in weiterbildungsrecht-lichen Grundlagen festzulegende Anteile an den jeweiligen Ausbildungsinhaltenbzw. Curricula erreichen.

Fußnoten

1. Beteiligt waren die Länder Bremen (federführend), Bayern, Berlin,Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

2. Mitgewirkt haben die Ärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung, der AOK-Bundesverband, die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherschutzverbände,die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in derMedizin, der BKK-Bundesverband, die Bundesärztekammer, die DeutscheKrankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat, die KassenärztlicheBundesvereinigung und der VdAK/AEV-Bundesverband

3. Frau Prof. Dr. Schiemann/Fachhochschule Osnabrück, Herr Prof. Dr.Selbmann/Universität Tübingen, Herr Priv.-Doz. Dr. Gerlach/MH Hannover

4. Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)5. Finanzierungsvorbehalt des AOK-Bundesverbandes

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6. Unter Einrichtungen des Gesundheitswesens werden diejenigen des ambu-lanten, teilstationären und stationären Sektors verstanden, die im akutmedizi-nischen, rehabilitativen und pflegerischen Bereich Leistungen erbringen.

7. Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)8. Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)9. Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)10. Finanzierungsvorbehalt des AOK-Bundesverbandes

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Qualitätssicherung in einem verstärkt aufWettbewerb ausgerichteten Gesundheitswesen

Entschließung der 5. LandesgesundheitskonferenzNRW am 24. Juni 1996

Definition von Qualität und Qualitätssicherung

Von einer optimalen Qualität einer gesundheitlichen Leistung bzw. eines medizi-nischen Produktes kann dann ausgegangen werden, wenn

� das vorhandene medizinische Wissen, der zur Verfügung stehende fachlicheKenntnisstand sowie die professionellen Fertigkeiten im diagnostischen undtherapeutischen Handeln Berücksichtigung und eine patientengerechteAnwendung gefunden haben

� der Patient über Behandlungsalternativen informiert, über Risiken aufgeklärtund seine berechtigten Bedürfnisse und Interessen sowie seineMitwirkungsmöglichkeiten angemessen berücksichtigt worden sind

� die zur Verfügung stehenden sachlichen und personellen Ressourcen ratio-nell genutzt sowie ein angemessenes Verhältnis von diagnostischemAufwand und therapeutischen Möglichkeiten angenommen werden kann

� die für den Behandlungserfolg notwendige Abstimmung mit den vor- undnachbehandelnden Personen und Institutionen vorgenommen und die in derBehandlung erforderliche Kooperation gesucht worden ist sowie

� alle klinischen und sonstigen Produktprüfungen � einschließlich der vorgese-henen insbesondere ethischen Beratungen und Bewertungen � erfolgreichabgeschlossen worden sind.

Eine in dieser Weise definierte Qualität bezieht sich auf Struktur, Prozess undErgebnis der Gesundheitsförderung, Diagnostik, Therapie, Rehabilitation undPflege als zielorientierte, aufeinander bezogene Versorgungspfade unter Beibe-haltung der Arbeitsteilung professioneller Anbieter.

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Ausgangssituation

1. Die gesundheitliche Versorgung in der Bundesrepublik und in Nordrhein-Westfalen erfolgt auf hohem Niveau. Seit jeher haben dabei die im Gesund-heitssystem Handelnden eine hohe Qualität der Leistungen angestrebt. Sohaben z.B. die verschiedenen Aus-, Fort- und Weiterbildungsprogramme derbeteiligten Berufsgruppen, aber auch alle Bemühungen um Weiterentwick-lungen und Fortschritte in Medizin und Patientenversorgung letztlich immerauf mehr Qualität im Gesundheitswesen gezielt.

2. In Deutschland gibt es seit rund 20 Jahren darüber hinaus konkrete Pro-gramme der Qualitätssicherung, die zum Teil auch auf gesetzlicher Grundlagedurchgeführt werden. In Nordrhein-Westfalen sind in vielfältiger Weise ent-sprechende Programme initiiert und zu routinisierten Verfahren entwickeltworden. Die Qualitätssicherung ist in Nordrhein-Westfalen als dem erstendeutschen Bundesland bereits im Jahre 1987 als Vorgabe in das Krankenhaus-gesetz des Landes aufgenommen worden.

3. Die Sicherung der Qualität ist originärer Teil des Handelns aller im Gesund-heitswesen tätigen Berufsgruppen und Institutionen.Die Professionen haben in unterschiedlicher Weise Formen der internenQualitätssicherung entwickelt (z.B. Fallbesprechungen im Krankenhaus, Qua-litätszirkel zwischen niedergelassenen Ärzten, Zahnärzten und Apothekern).Die Institutionen engagieren sich � über die für sie geltenden rechtlichenVorschriften hinaus � in der auf die Gesamtorganisation bezogenen Qualitäts-sicherung.Externe Qualitätssicherungsprogramme zielen durch systematische Verglei-che, Transparenz der Behandlungsmöglichkeiten und durch Aufzeigen derTherapieergebnisse darauf, ergebnisorientiertes Lernen zu optimieren und aufdiese Weise die internen Qualitätssicherungsbestrebungen zur forcieren.Externe Qualitätssicherung existiert auch in Nordrhein-Westfalen nur be-reichs- und fachspezifisch; sie ist bei weitem noch nicht in hinreichendemMaße entwickelt bzw. eingeführt.Die Pflichten zur Teilnahme an eingeführten Qualitätssicherungsprogrammensind für Ärzte in der Berufsordnung, die Zuständigkeit der Kammern imHeilberufsgesetz, die Pflichten anderer Leistungserbringer u.a. im KH NRWsowie im SGB rechtlich verankert.

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Es ist darüber hinaus bislang allerdings noch nicht gelungen, umfassendeQualitätssicherung als selbstverständlichen Teil professionellen Handelns indas Denken und alltägliche Handeln aller Beteiligten einzubeziehen. Hiervonhängt der Erfolg von Qualitätssicherung entscheidend ab.Noch nicht ausreichend etabliert sind ferner berufsgruppenübergreifendeMaßnahmen von Qualitätssicherung und eine � insbesondere an den Schnitt-stellen der Versorgungsbereiche notwendige � sektorübergreifende Qualitäts-sicherung. In die dazu erforderliche Abklärung sind z.B. die zur Sicherungeiner optimalen gesundheitlichen Versorgung notwendigen pflegerischenLeistungsbereiche einzubeziehen. Dabei ist erforderlich, dass neben der Ar-beit der öffentlichen und privaten Pflegedienste auch die Pflege durch Laien(insbesondere der Angehörigen) qualitativ gesichert werden muss.

4. Die Notwendigkeit einer zukünftigen systematischen Entwicklung internerund gezielter Einbindung externer Qualitätssicherungsmaßnahmen ergibt sichinsbesondere aus folgenden Veränderungen und Herausforderungen dergesundheitlichen Versorgung:

� Multimorbidität und das Vorherrschen chronisch degenerativer Krankheits-formen machen interprofessionenelle Zusammenarbeit erforderlich, gebie-ten Koordination der diagnostischen und therapeutischen Leistungen undmachen die Vernetzung von Prävention, Kuration, Rehabilitation und Pfelge� und insoweit auch die Integration im Bereich der Administration � not-wendig. Qualitätssicherung kann darüber hinaus dazu beitragen, die Be-darfsorientierung der gesundheitlichen Versorgung zu verbessern und fürdie Verbreitung effektiver Innovationen zu sorgen.

� Die gegenwärtigen und absehbaren Innovationen der ärztlichen Kunst, derPharmakologie und Medizintechnik, der Gentherapie, Intensiv- und Fort-pflanzungsmedizin und der Organtransplantation können als hochwirksameMethoden und Verfahren für die Patienten auch mit erheblichen Risikenverbunden sein. Dies verlangt � neben einer grundsätzlichen Klärung poli-tischer, ethischer und sozialrechtlicher Fragen � eine konsequente Qualitäts-sicherung. Diese ist darüber hinaus geeignet, das Haftungsrisiko für die imGesundheitswesen Tätigen kalkulierbar zu halten.

� Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung wird in den nächstenJahrzehnten mit begrenzten finanziellen Ressourcen auskommen müssen.

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Qualitätssicherung ist langfristig auch ein Instrument � bei bestehendenVersorgungsalternativen � wirksamere Therapien zu identifizieren und kanndamit zu mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit beitragen.

� Die neuen sozialrechtlichen Regelungen führen zwischen den Kosten- undLeistungsträgern im Gesundheitswesen in Zukunft zu verstärktem Wettbe-werb um Versicherte, Patienten und Leistungsbereiche und zu neuen flexi-bleren Formen der Vertragsgestaltung. Der möglichen Gefahr, dass ver-schiedene Elemente der Versorgung in dieser Situation als Wettbewerbs-parameter angesehen werden, um Kosten zu sparen, begegnet die in dieVersorgung integrierte Qualitätssicherung.

� Durch qualitätssichernde Maßnahmen ist zu gewährleisten, dass ein festzu-legendes Qualitätsniveau generell zu gelten hat und auch im Wettbewerbnicht unterschritten wird. Qualitätssicherung ist daher ein wirkungsvollerBeitrag zum Patientenschutz.

5. Die Bemühungen um eine Weiterentwicklung von Qualitätssicherung und dieEntwicklung möglichst eines gemeinsamen Verständnisses von Qualitäts-sicherung sowie gemeinsamer Grundsätze für zukünftige Entwicklungenkommen auch in der Initiative �Gesundes Land Nordrhein-Westfalen� mitdem Projektverbund und in den von der Landesgesundheitskonferenz 1995verabschiedeten vorrangigen Gesundheitszielen für NRW zum Ausdruck.

Grundsätze für ein zukunftsorientiertes Verständnis vonQualität und Qualitätssicherung und für die Weiter-entwicklung qualitätssichernder Maßnahmen

Bei den zu entwickelnden Handlungslinien für eine zukunftsorientierte Qualitäts-sicherung in Nordrhein-Westfalen geht die Landesgesundheitskonferenz von denfolgenden Grundsätzen aus:

1. Qualitätssicherung bedarf klarer Ziele, sowohl für den einzelnen Handelndenals auch für die Institutionen und das Gesundheitswesen insgesamt. In diesemZusammenhang und unter Berücksichtigung des Erfordernisses zukünftig ver-stärkt zu entwickelnder Regelkreise � Analyse der Ausgangssituation,Entwicklung, Umsetzung und Evaluation von Maßnahmen, Rückkopplung

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und entsprechende Veränderung der Ausgangssituation � hat auch das gesund-heitspolitische Konzept des Landes Nordrhein-Westfalen zur Entwicklungvon vorrangigen Gesundheitszielen besondere Bedeutung.

2. Die Bedürfnisse und Interessen der Patienten müssen zukünftig verstärkt beiFragen von Qualität und qualitätssichernden Maßnahmen berücksichtigt wer-den. Die Kompetenz des Patienten ist zu stärken. Die Beziehung zwischenPatient und Gesundheitsberufen muss diesem Erfordernis zukünftig verstärktRechnung tragen.Um ein qualifiziertes Leistungsergebnis zu erreichen oder zu sichern, ist � inunterschiedlicher Intensität in den verschiedenen Versorgungsbereichen � dieaktive Mitarbeit der Patienten von großer Bedeutung. Eine optimale gesund-heitliche Versorgung ist ohne Mitwirkung der Patienten nicht vorstellbar. DieFörderung des entsprechenden Gesundheitsbewusstseins und die Stärkung derEigenverantwortung der Patienten ist Aufgabe vieler Einrichtungen undInstitutionen unserer Gesellschaft.

3. Für Qualitätssicherung sind primär die Professionen, aber auch die Institu-tionen, selbst verantwortlich; die Motivation der Professionen und Institu-tionen zur Eigensteuerung ist entscheidende Voraussetzung für erfolgreicheQualitätssicherung. Ohne sie ist eine effektive Qualitätsverbesserung nichtdenkbar.

4. Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung setzen das Bewusstsein voraus,dass erkannte Fehler auch Chancen beinhalten. Dies bedeutet in der Konse-quenz, dass ein Fehler nicht primär ein externer Sanktionsanlass ist, sonderneine Lernchance bedeutet; in diesem Sinne ist Qualitätssicherung auch dieUmsetzung des Konzeptes des �lebenslangen Lernens�.

5. Qualitätssicherung ist kein Instrument der Kostensteuerung; vielmehr stehender Patient und seine optimale Versorgung im Mittelpunkt. Eine hohe Qualitätträgt aber auch zu einem effizienten Ressourceneinsatz bei. Insofern ist Quali-tätssicherung auch ein geeigneter Weg zu Effizienz.

6. Dort wo die Leistungserbringung fach- und personenübergreifend erfolgt, istauch die Qualitätssicherung gemeinsam zu verantworten und sektor- und pro-fessionenübergreifend anzulegen. Sie ist verstärkt an Ergebnissen zu orientie-ren.

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7. Für eine effektive Qualitätssicherung sind allerdings auch externe Anstößeerforderlich, die auf Mobilisierung, Rückkoppelung und Transparenz zielenund nicht mit Kontrolle gleichgesetzt werden dürfen.

8. Leitlinien und Standards spielen in der Qualitätssicherung eine bedeutendeRolle. Qualitätssicherung bedeutet allerdings nicht, dass alle Behandlungs-und Diagnostikverfahren standardisiert werden; insoweit muss die Vielfalterhalten bleiben.

9. Maßnahmen der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung sollten soweitwie möglich in die laufenden Arbeits- und Kommunikationsprozesse inte-griert werden, diese unterstützen und möglichst keine zusätzliche Bürokratieauslösen.

10. Mit der Weiterentwicklung von Konzepten der Qualitätssicherung sind Res-sourcen- und Kostenfragen verbunden, die bei allen Diskussionen in den Blickgenommen werden müssen. Da Qualitätssicherung möglichst ein integralerBestandteil ohnehin durchgeführter Maßnahmen sein soll, ist Mehraufwandggf. kritisch auf Vermeidbarkeit zu prüfen.

11. Damit die Querschnittsaufgaben der Qualitätssicherung erfolgreich in prakti-sches Handeln umgesetzt werden können, ist es erforderlich, dass übergrei-fende Meinungsbildung und die Erarbeitung impulsgebender Verfahren inAbstimmung mit allen beteiligten Berufsgruppen und Institutionen erfolgen.

Empfehlungen für zukünftige Handlungslinien

1. Die Landesgesundheitskonferenz appelliert an alle im System der gesundheit-lichen und sozialen Versorgung beteiligten Verantwortlichen, der Sicherungder Qualität zukünftig eine hohe Priorität beizumessen und zukünftigeEntwicklungen zu unterstützen, die dazu beitragen, dass umfassende Quali-tätssicherung als Kultur professionellen Handelns Eingang in das alltäglicheDenken und Handeln der Beteiligten findet � im Sinne der in dieser Entschlie-ßung unter Nr. 3 formulierten Grundsätze.

2. Die Landesgesundheitskonferenz hält die Weiterentwicklung des Konzepts�Gesundes Land Nordrhein-Westfalen� als einen Teil des Bemühens für qua-litätsorientiertes Handeln für erforderlich. In diesem Zusammenhang sind dasgesundheitspolitische Konzept des Projektverbunds �Gesundes Land Nord-

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rhein-Westfalen� sowie die �10 vorrangigen Gesundheitsziele für NRW� vonbesonderer Bedeutung.

3. Die Landesgesundheitskonferenz betont die Notwendigkeit, zukünftige Kon-zepte im Konsens zu erarbeiten � unbeschadet der berufsgruppen- und insti-tutionsgebundenen Zuständigkeiten. Für Schnittstellen professions- und insti-tutionsübergreifender Versorgungsbereiche sind so weit wie möglich gemein-same Strategien und Verfahren zu entwickeln und durchzuführen.

4. Zu erarbeitende Konzepte der internen und externen Qualitätssicherung sindproblemorientiert auszurichten an Erfordernissen einer professions- und sek-torübergreifenden Betrachtungsweise. Dabei sind sowohl Maßnahmen zurSicherung der Strukturqualität aufeinander abzustimmen als auch geeigneteIndikatoren und Kriterien zur Beurteilung von Prozess- und Ergebnisqualitätzu indentifizieren. Neben einer grundsätzlichen Klärung von Rollen und Ver-antwortung umfassen diese Zielvorstellungen beispielhaft:

� qualitätssichernde Maßnahmen im Rahmen der Fort- und Weiterbildung� die Erarbeitung von Leitlinien, Empfehlungen und Qualitätsbeur-

teilungensrichtlinien� die Setzung technischer Standards� geeignete Verfahren zur Durchführung von Fehleranalysen� die Standardisierung der Qualitätszirkelarbeit� vergleichende Prüfung und externe Begutachtung� jährliche Qualitätssicherungsberichte� die Prüfung des Einsatzes von Qualitätssicherungsbeauftragten.

Neue Konzepte zur Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung sind imRahmen von Modellprojekten zu evaluieren und auf ihre Übertragbarkeit inunterschiedliche Leistungsbereiche zu prüfen.

5. Fragen der Qualitätssicherung sind zukünftig bei der Aus-, Fort- undWeiterbildung aller Berufsgruppen im Gesundheitswesen verstärkt zuberücksichtigen.

6. Die Bedürfnisse und Interessen der Patienten sind bei Fragen der Qualitätund Qualitätssicherung von besonderer Bedeutung. Geeignete Formen derBeteiligung der Selbsthilfe, von Verbraucher- und Patientenschutzorganisa-tionen sowie Patientenbefragungen sind zu suchen.

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7. Es ist zu prüfen, wie darüber hinaus für die verschiedenen Beteiligten ver-stärkt Anreize gesetzt werden können, sich Fragen von Qualität und Qualitäts-sicherung mehr als bisher zuzuwenden, z.B.:

� Durch eine zukünftig generell verstärkte Berücksichtigung von Fragen derStruktur-, Prozess- und Ergebnisqualität beim Abschluss von Verträgendurch die jeweils beteiligten Parteien

� Durch den Projektverbund/Gesundheitspreis NRW im Rahmen des Pro-jektes �Gesundes Land Nordrhein-Westfalen�

� Ggf. durch Transparenz von Ergebnisvergleichen etc.

8. Die Landesgesundheitskonferenz hält zur Umsetzung der Entschließung dieübergreifende Zusammenarbeit der Selbstverwaltung auf Landesebene fürerforderlich.Die Einrichtung des Verfahrens und der konkretisierte Auftrag werden auf derBasis dieser Erklärung von einer Arbeitsgruppe des VorbereitendenAusschusses der Landesgesundheitskonferenz vorbereitet.Da die Erreichung des Ziels einer sektor-, institutions- und professionsüber-greifenden Qualitätssicherung im Gesundheitswesen eine Anzahl von bundes-weiten Vorleistungen und Funktionen erforderlich macht (insbesondereGrundsatzfragen der professions- und sektorübergreifenden Kooperation,Entwicklung, Modi der Verwendung der Daten aus Qualitätssicherungsmaß-nahmen etc.), sehen die Beteiligten an der Landesgesundheitskonferenz ent-sprechende Erfordernisse auf Bundesebene.Die Landesgesundheitskonferenz appelliert in diesem Zusammenhang auchan die auf der örtlichen Ebene Verantwortlichen, in enger Kooperation Maß-nahmen der Qualitätssicherung zu intensivieren. Dies gilt auch für den Öffent-lichen Gesundheitsdienst.

9. Die Landesgesundheitskonferenz regt für 1997 eine Fachtagung �Qualitäts-sicherung im Gesundheitswesen� des Ministeriums für Arbeit, Gesundheitund Soziales an, um konzeptionelle Überlegungen zu Weiterentwicklungenunter breiter Beteiligung der Beschäftigten im Gesundheitswesen und derÖffentlichkeit zu diskutieren und dadurch Partizipation, Akzeptanz undMotivation der Beteiligten zu fördern.

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Leitbildentwurf für das Gesundheitsamt Dortmund

Stand: 04.10.99

Grundlagen

Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist Teil der Kommunalverwaltung und bietetspezifische Leistungen im Gesundheitswesen an. Er begründet seine Tätigkeit aufdem Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und einer Vielzahl vonGesetzen, z.B. dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. dem Infektionsschutz-gesetz (IFSG), dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), dem Gesetz über Hilfenund Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) und dem Sozial-gesetzbuch (SGB).

Richtungsweisende, internationale Dokumente mit Auswirkungen auf denÖGD sind u. a. die Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung (1986), die Jakarta-Erklärung zur Gesundheitsförderung für das 21. Jahrhundert (1997) der WHO unddie Agenda 21.

Ziele unserer Arbeit

Gesundheit ist ein hohes persönliches und gesellschaftliches Gut. Ihre Erhaltungbzw. Wiederherstellung ist nur zu erreichen mit der größtmöglichen Eigenverant-wortung der Bürgerinnen und Bürger. Unsere Aufgabe ist es, die persönlicheEigenverantwortlichkeit zu fördern, Hilfen zu geben und Grenzen dort zu setzen,wo es zum Schutz des Einzelnen oder der Allgemeinheit notwendig ist.

Gesundheit kommt zustande durch ein Zusammenwirken körperlicher, psy-chischer, sozialer und ökologischer Faktoren. Gesundheit ist ein Querschnitts-thema, das in vielen Bereichen von Politik, Verwaltung und Gesellschaft relevantist. Wir suchen die interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit.

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Wir wollen zur Beobachtung der Bevölkerungsgesundheit beitragen. Deshalbkoordinieren wir die Gesundheitsberichterstattung auf örtlicher Ebene. Wir ziehendaraus Rückschlüsse und initiieren bzw. organisieren die Entwicklung von Hand-lungsempfehlungen als Kooperationsprozess zwischen den Akteuren im Gesund-heitswesen.

Wir leisten einen Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung von gesundheitlichund sozial benachteiligten Personengruppen.

Wir wollen Politik und Öffentlichkeit in gesundheitlichen Fragen fachkompe-tent beraten und aufklären und den Dialog mit Bürgern und Politik verstärken.

Wir nehmen Aufgaben der Planung, Koordination und Vernetzung wahr.

Serviceziele

Wir verstehen unsere Arbeit als Dienstleistung. Adressaten unserer Arbeit sind diebreite Öffentlichkeit, Bürgerinnen und Bürger mit spezifischen Anliegen oderProblemen, Institutionen und die Politik.

Wir wollen unsere Öffentlichkeitsarbeit ( PR ) aktiv und professionell ausü-ben.

Wir bieten unseren Kunden (Bürgerinnen und Bürgern, Institutionen etc.) einequalitativ hochwertige Leistung und achten darauf, dass diese für die Kundennachvollziehbar ist.

Wir gehen mit der zeitlichen Dimension verantwortungsbewusst um. Diesbedeutet für die Bürgerinnen und Bürger transparente Termingestaltung, verläss-liche Präsenz, termingerechte Bearbeitung und Vermeidung überflüssiger Warte-zeiten.

Wir sorgen für eine freundliche Atmosphäre und eine klare Orientierung derBesucher im Hause.

Wir wahren Vertraulichkeit und respektieren die Privatsphäre anderer.Wir werden diese Grundsätze gerade auch dann beachten, wenn wir im

Rahmen hoheitlicher Aufgaben in die Rechte Einzelner eingreifen.

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Wirtschaftliche Ziele

Wir wollen unsere Leistungen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erbringenund auf die effiziente Nutzung unserer Mittel achten. Damit wir uns mit unserenLeistungen im Vergleich behaupten können, wollen wir ein hohes Maß an Steue-rungstransparenz und fachlicher Innovationsfähigkeit erreichen. Wir wollen dabeidie Vorteile der Kosten-Leistungsrechnung (KLR) und des Controlling voll nut-zen.

Wir führen ein systematisches Qualitätsmanagement ein, um unsere Leis-tungen mit angemessener Qualität erbringen zu können. Wir streben an, dass Leis-tungen für Dritte angemessen vergütet werden. Dabei orientieren wir uns anMarktbedingungen und am interkommunalen Vergleich.

Wir stellen uns auf veränderte Bedarfslagen ein und sehen in Veränderungenunserer Arbeitsinhalte eine Chance. Wir wollen uns diesen Veränderungen offen-siv stellen, weil nur so unsere Arbeitsplätze gesichert werden können.

Unsere Devise lautet: �Bestandschutz durch Veränderungsbereitschaft�

Ziele unserer Zusammenarbeit

Wir fördern kreatives, selbst verantwortliches und teamorientiertes Handeln. Wirschaffen die Rahmenbedingungen und Spielregeln, um diese Arbeitskultur zuunterstützen.

Wir gestalten Entscheidungprozesse transparent und bringen uns frühzeitigund deutlich ein.

Wir wollen eine gezielte Personalentwicklung in den Bereichen Fortbildung,Teamentwicklung und Projektmanagement betreiben.

Wir beteiligen uns aktiv an der Erprobung neuer Arbeitsformen und -inhalteund stellen unsere Erfahrung im überörtlichen Austausch partnerschaftlich zurVerfügung.

Wir wollen bei unserer Arbeit die Chancen der elektronischen Kommunika-tionsmedien konstruktiv nutzen.

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Leitbild für die Gesundheitsämter als Teil desöffentlichen Gesundheitsdienstes in Baden-Württemberg

�Leitbilder zeigen das Selbstverständnis einer Organisation und ihrerMitarbeiter über die Arbeitsziele und deren Umsetzung in der Praxis. Siesind ein Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung und Selbstverpflich-tung für die Gewährleistung einer effektiven und effizienten Leistungser-bringung. Leitbilder verstehen sich als Positionsbestimmungen in einemProzess, der eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung anVeränderungen notwendig macht� (J. v. Troschke 1998)

Windenreute, 06. November 1998

Das Gesundheits- und Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik Deutsch-land befindet sich derzeit in einem Prozess dynamischer Veränderungen, demauch der Öffentliche Gesundheitsdienst unterworfen ist. In dieser Situation habenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsämter in Baden-Württemberg,unterstützt durch eine vom Sozialministerium berufene Arbeitsgruppe, ein Leit-bild erarbeitet, das Ziele und Aufgaben einer leistungsorientierten Arbeit im ÖGDdarstellt.

Die Gesundheitsämter orientieren sich an diesem Leitbild (es ergänzt das Leit-bild des Landratsamtes/der Stadtverwaltung).

Grundlagen

Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist Teil der Verwaltung und bietet spezifischeLeistungen im Gesundheitswesen an. Er begründet seine Tätigkeit auf dem Gesetzüber den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) und einer Vielzahl von Ge-sundheitsgesetzen, z.B. dem Sozialgesetzbuch (SGB), dem Bundesseuchengesetz(BseuchG) bzw. dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) und dem Bundessozial-

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hilfegesetz (BSHG).Im internationalen Kontext beziehen wir uns auf das europäische Recht.

Richtungsweisende Dokumente zur Gestaltung im ÖGD sind u.a. die OttawaCharta zur Gesundheitsförderung (1986) und die Jakarta-Erklärung zur Gesund-heitsförderung für das 21. Jahrhundert (1997).

Das Leitbild versteht sich im Zusammenhang mit Stellungnahmen des Ärzte-verbandes Öffentlicher Gesundheitsdienst zur Qualitätssicherung (1996) und demBericht der Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) über �Ziele, Leistungenund Steuerung des kommunalen Gesundheitsdienstes� (1998).

Ziele

Der Öffentliche Gesundheitsdienst versteht seine Arbeit im Rahmen einer gesund-heitsfördernden Gesamtpolitik, die darauf zielt,

� die persönliche Kompetenz der Menschen und soziale Verantwortung für dieGesundheit zu entwickeln

� gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen (z.B. Selbsthilfe und bürger-schaftliches Engagement) zu unterstützen

� zur Neuorientierung von Institutionen (z.B. Schulen, Kindergärten,Krankenhäuser) an den Prinzipien der Gesundheitsförderung beizutragen

� die Entwicklung gesundheitsförderlicher Lebenswelten zu unterstützen.

Der ÖGD fördert und schützt die Gesundheit der Bevölkerung, beobachtet undbewertet die Auswirkungen der sozialen Lebensbedingungen sowie der Umwelt-bedingungen auf die Gesundheit der Bevölkerung.

Das Leistungsspektrum des Öffentlichen Gesundheitsdienstes verändert sichtendenziell:

� an Stelle vorwiegend fallbezogener Leistungen, vermehrt gruppen- undlebensraumbezogene Leistungen

� Konzentration auf Bedürftige und sozial Benachteiligte� Vorrang des Gesundheitsmanagements vor individuellen Dienstleistungen.

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Handlungsleitend ist das Prinzip der Subsidiarität, wobei aktiv Versorgungsdef-izite identifiziert und in Absprache mit anderen Organisationen geeignete Lö-sungen gesucht werden.

Gesundheitsämter als untere Gesundheitsbehörden und Teilder Kommunalverwaltung

Das Gesundheitsamt ist als staatliche Verwaltung Teil des Landratsamtes bzw. derKommunalverwaltung. Die Mitarbeiter identifizieren sich mit den Gesamtauf-gaben und kooperieren mit anderen Dezernaten und Ämtern. Das Gesundheitsamtinformiert und berät Verwaltung und Politik.

Das Gesundheitsamt nimmt seine Aufgaben auch in Kooperation mitInstitutionen, Verbänden und Personen wahr.

Aufgrund der interdisziplinären Arbeitsweise des Öffentlichen Gesundheits-dienstes sind die Gesundheitsämter besonders geeignet, Aufgaben der Koordi-nation zu übernehmen.

Kundenorientierung

Im Kontext moderner Konzepte einer kundenorientierten Erbringung von Dienst-leistungen versteht sich das Gesundheitsamt als Dienstleistungsorganisation fürBürgerinnen, Bürger und Institutionen. Gesundheitsbezogene Anfragen werdenfachkompetent, umfassend, verständlich und termingerecht beantwortet. Grund-lage des Handelns ist die jeweilige professionelle Kompetenz. Die medizinischenBewertungen und Entscheidungen basieren auf den Prinzipien ärztlichen Han-delns. Empfehlungen und Entscheidungen des Gesundheitsamtes, insbesonderebei Konflikten zwischen den Interessen einzelner Bürger und denen der Solidar-gemeinschaft bzw. des Staates werden sorgfältig begründet und verständlicherklärt.

Wir nehmen unsere Kunden ernst und gehen auf ihre Anliegen ein. Wir wah-ren Vertraulichkeit und respektieren die Privatsphäre anderer. Wir verwenden eineallgemein verständliche Sprache und helfen denen, die Schwierigkeiten haben,Vorschriften und gesetzliche Vorgaben in ihrer Bedeutung zu verstehen.

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Bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfegruppen

Bürgerschaftliches Engagement ist für eine breite Förderung der Gesundheit inder Gemeinschaft unverzichtbar. Das Gesundheitsamt unterstützt Maßnahmen zurStärkung von Eigeninitiativen und gegenseitiger Hilfe, selbstorganisierte Gesund-heitsförderung und Gesundheitshilfen. Es unterstützt Selbsthilfeaktivitäten,Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen.

Kooperation mit Anbietern gesundheitsbezogenerDienstleistungen

Gesundheitsämter als Fachbehörden haben eine besondere Aufgabe undVerantwortung in der Förderung örtlicher Vernetzungen zur Kommunikation undKooperation der verschiedenen Anbieter gesundheitsbezogener Dienstleistungen.

Ein Mittel dazu ist die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften, in denenRepräsentanten der verschiedenen Organisationen unter Moderation eines Ver-treters des Gesundheitsamtes regelmäßig zusammenkommen, um themenbezogenInformationen auszutauschen, Kooperationsmöglichkeiten zu diskutieren und zuvereinbaren. Dabei können Gesundheitsämter Modellprojekte initiieren, unter-stützen oder bei der Evaluation und Auswertung helfen.

Öffentlichkeitsarbeit vor Ort

Wir leben in einer Informationsgesellschaft, in der eine Vielzahl widersprüch-licher Informationen von unterschiedlichen Interessengruppen verbreitet werden.In diesem Zusammenhang besteht ein wachsender Orientierungsbedarf für medi-zinische Laien, die verbreiteten Informationen zu bewerten und zu gewichten. DasGesundheitsamt klärt Ratsuchende auf, informiert die Öffentlichkeit in geeigneterForm über gesundheitsrelevante Themen, arbeitet eng mit den jeweiligen Presse-stellen/Referenten zusammen und nutzt deren Kompetenz.

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Kooperation mit den Hochschulen des Landes in Forschungund Lehre

Die Gesundheitsämter bauen die Beziehungen zu wissenschaftlichen Institutionenaus mit dem Ziel der gegenseitigen Förderung von Forschung und Lehre. Hierzuzählen Einrichtungen von Forschung, Lehre und Transfer. Insbesondere wird dieZusammenarbeit mit Public Health/Gesundheitswissenschaften intensiviert. Da-bei geht es einerseits darum, Forschungseinrichtungen auf Forschungsfragen derPraxis aufmerksam zu machen und diese bei der Durchführung anwendungsbezo-gener Forschungsprojekte zu unterstützen. Auf der anderen Seite erwarten dieGesundheitsämter die kurzfristige Information über neue Forschungsergebnisseauf dem Gebiet des kommunalen Gesundheitsschutzes, um Möglichkeiten desTransfers in die Versorgungspraxis zu prüfen bzw. zu fördern.

Zur Umsetzung wird eine Arbeitsgruppe auf Landesebene unter Beteiligungvon Public Health/gesundheitswissenschaftlichen Institutionen eingerichtet.

Zur Förderung der Beziehungen zwischen Hochschulen und ÖGD besteht dieMöglichkeit, dass Studenten ihr Praktikum in einem Gesundheitsamt ableistenbzw. ihre wissenschaftlichen Arbeiten zu Forschungsfragen des ÖGD fertigen.

Aufgaben und Schwerpunkte

Handlungsleitend sind die Vorgaben des ÖGDG. Schwerpunktaufgaben sind:

� Gesundheitsberichterstattung und EpidemiologieDie Gesundheitsberichterstattung hat die Informationen über die gesundheit-liche Lage der Bevölkerung zum Ziel. Sie dient der Bedarfsanalyse, derInformation der Öffentlichkeit und als Grundlage kommunalerGesundheitspolitik. Langfristig soll sie zu einer Verbesserung desGesundheitszustandes der Bevölkerung durch den effektiven und effizientenEinsatz der vorgegebenen Ressourcen beizutragen.

� Infektionsschutz und Umwelthygiene� Gesundheitsförderung und Prävention

Insbesondere ist der Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung aufkommunaler Ebene weiterzuentwickeln.

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Im Kontext der zunehmenden Einführung von Marktmechanismen bei der Erbrin-gung medizinischer Dienstleistungen steigt die Bedeutung des Gesundheitsamtesals interessenunabhängige Organisation. Es achtet darauf, dass benachteiligteBevölkerungsgruppen eine hinreichende präventive, kurative und rehabilitativeVersorgung erhalten.

Vorschläge für Zielvereinbarungen in den nächsten Jahren sind:

� Förderung der Früherkennung von Entwicklungsstörungen und -verzögerun-gen im Kindesalter

� Weiterentwicklung der Einschulungsuntersuchungen� Verbesserung der Impfbeteiligung von Kindern und Erwachsenen� Förderung und Unterstützung von Erhebungen zur Erfassung chronischer

Erkrankungen (z.B. Krebsregister)� Evaluation der von den Gesundheitsämtern erbrachten Dienstleistungen (z.B.

durch Kundenbefragungen).

Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung

Jede Qualitätssicherung im ÖGD gilt der öffentlichen Gesundheit. Wir stellen unseinem hohen Qualitätsanspruch, dabei achten wir auf Struktur-, Prozess- undErgebnisqualität. Ziel des Qualitätsmanagements ist es

� Transparenz der Leistungen zu erhöhen� den aktuellen Bedarf zu berücksichtigen� die fach- und institutionenverbindende Zusammenarbeit zu fördern und hier-

durch� die Effizienz und Effektivität zu verbessern.

Wir wenden dabei Prinzipien des Qualitätsmanagements an (z.B. Qualitätszirkel,Qualitätsstandards, Stärken- und Schwächen-Analysen und Ringversuche).

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Arbeitsstil

Die multidisziplinäre Zusammenarbeit bei der Durchführung der Arbeitsaufgabenerfordert ein hohes Maß an fachlicher, methodischer, sozialer und persönlicherKompetenz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die verschiedenen Berufs-gruppen achten sich in ihrer Sachkompetenz. Teamarbeit hat einen hohen Stellen-wert. Wir unterstützen einen kooperativen Führungsstil.

Zur Lösung unserer Aufgaben ist ein gegenseitiger Informationsaustauschnotwendig. Wir informieren uns gegenseitig regelmäßig und kommunizierenoffen und fair miteinander. Entscheidungen gestalten wir nachvollziehbar undtransparent.

Durch Personalentwicklungsmaßnahmen sowie Fort- und Weiterbildung istdas professionelle Selbstverständnis aller Mitarbeiter im Öffentlichen Gesund-heitsdienst zu fördern.

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Vorwort

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Autoren

Dr. Helmut BrandLandesinstitut für den ÖffentlichenGesundheitsdienst NRW, lögdPostfach 20 10 1233548 BielefeldTel.: 05 21/80 07-2 23Fax: 05 21/80 07-2 02

Klaus BöscheMinisterium für Frauen, Jugend,Familie und Gesundheit NRW40190 DüsseldorfTel.: 02 11/8 55-35 40Fax: 02 11/8 55-32 39

Dr. Annette DüsterhausGesundheitsamt DortmundHövelstr. 844122 DortmundTel.: 02 31/9 28-6 09Fax: 02 31/9 28-6 99

Prof. Dr. Martin ExnerUniversität BonnHygieneinstitutSigmund-Freud-Str. 2553105 BonnTel.: 02 28/2 87-55 20Fax: 02 28/2 87-56 45

Prof. Dr. Martin HansisKlinik und Poliklinik fürUnfallchirurgieSigmund-Freud-Str. 2553105 Bonn

Dr. Rainer HeinzKommunale Gemeinschaftsstelle zurVerwaltungsvereinfachung (KGst)Lindenallee 13 - 1750968 KölnTel.: 02 21/3 76 89-25Fax: 02 21/3 76 89-59

Dr. Ulrike HoracekGesundheitsamt RecklinghausenKurt-Schumacher-Allee 145657 RecklinghausenTel.: 0 23 61/53 47 31

Prof. Dr. Bernhard GüntertUniversität BielefeldFakultät für GesundheitswissenschaftenPostfach 10 01 3133501 BielefeldTel.: 05 21/1 06-42 65Fax: 05 21/1 06-29 68

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Vorwort

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Dr. Thomas KistemannUniversität BonnHygieneinstitutSigmund-Freud-Str. 2553105 Bonn

Dr. Peter LedererStaatliches GesundheitsamtErlangenSchubertstr. 1491052 ErlangenTel.: 0 91 31/71 44-0Fax: 0 91 31/71 44-27

Dr. Claus MehnertZentrum für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit inSüdostwestfalen e.V.Dessauer Str. 1233106 PaderbornTel.: 0 52 51/77 52-0Fax: 0 52 51/77 52-52

Dr. Wolfgang MüllerAkademie für öffentlichesGesundheitswesenAuf�m Hennekamp 7040225 DüsseldorfTel.: 02 11/3 10 96-0Fax: 02 11/3 10 96-69

Dr. Alfred NassauerRobert-Koch-InstitutBereich KreuzbergStresemannstr. 90 - 12, 10963 Berlin

Dr. Peter-Joachim OertelGesundheitsamtLandratsamt TübingenEuropastr. 672072 TübingenTel.: 0 70 71/20 71 50

Siegfried PogadlStadt DortmundSozial- und Gesundheitsdezernat

Dr. Walter SatzingerGSF-Institut für Medizinische Informatikund Systemforschung (medis)Postach 11 2985758 NeuherbergTel.: 0 89/31 87-41 75Fax: 0 89/31 87-33 75

Detlef SchürmannGesundheitsamt Kreis ViersenRathausmarkt 341747 ViersenTel.: 0 21 62/39 16 96Fax: 0 21 62/39 16 98

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Vorwort

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Dr. Christian ThomeczekÄrztlicher ZentralstelleQualitätssicherungAachener Str. 233 - 23750931 KölnTel.: 02 21/40 04-5 05Fax: 02 21/40 04-5 90

Dr. Götz UngerSekretrariat für Krankenhaushygiene desRobert-Koch-InstitutsHeinrich-Heine-Str. 1208645 Bad Elster

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Anhang

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Veröffentlichungen in der Wissenschaftlichen Reihe

Nr.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Titel

RHINE Policies and Strategies of Information andCommunication Technologies for Regional HealthAdministrations

Neue Anforderungen an den ÖGD. Dokumentation zurTagung in Bielefeld 26./27.3.1998

Prävalenz von Atopien bei Kindern in Deutschland.Eine Meta-Analyse von Studien aus den Jahren 1987 -1994

RHINE Policies and Strategies of Information andCommunication Technologies for Regional HealthAdministrations. Conference Documentation

Herzinfarkt erkennen und richtig handeln. Methodik,Umsetzung und Ergebnisse des Modellprojektes

Pilotstudie �Verbesserung der Vollständigkeit undValidität der flächendeckenden Dokumentaiton angebo-rener Fehlbildung im Rahmen der Perinatalerhebung�

2. Jahrestagung des lögd für den ÖGD.Tagungspublikation

An evaluation of the arrangements for managing anepidemiological emergency involving more than oneEU member state

Qualitätsmanagement im ÖGD. 3. Jahrestagung deslögd für den ÖGD

Epidemiologie und Surveillance vonInfektionskrankheiten. Tagungsdokumentation derNRW Infektionstage

ISBN

3-88139-085-5

3-88139-084-7

3-88139-081-2

3-88139-087-1

3-88139-081-2

3-88139-090-1

3-88139-098-7

3-88139-100-2

3-88139-101-0

3-88139-104-5

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Anhang

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11 Umweltbezogene Gesundheitsberichterstattung.Verbesserung der Informationsgrundlagen imBereich Umwelt und Gesundheit (in Vorbereitung)

3-88139-105-3

Alle Titel sind zu beziehen überLandesinstitut für den ÖffentlichenGesundheitsdienst NRW, lögdBerutha BentlagePostfach 20 10 12, 33548 BielefeldTel.: 05 21/80 07-2 24, Fax: 05 21/80 07-2 02Email: [email protected]

Alle Titel können zukünftig auch als PDF-Files unterhttp://www.loegd.nrw.de heruntergeladen werden.

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