Hon.-Prof. Dr. Irene Welser 1 Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen 4. Einheit WS 2015/16...

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Hon.-Prof. Dr. Irene Welser 1 Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen 4. Einheit WS 2015/16 Hon.-Prof. Dr. Irene Welser Partner CHSH

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Haftung von Leitungs- und Kontrollorganen

4. Einheit WS 2015/16Hon.-Prof. Dr. Irene WelserPartner CHSH

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• § 25 GmbHG :

„ Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.“

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Gesetzliche Grundlagen

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• § 84 Abs 1 AktG

„Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Über vertrauliche Angaben haben sie Stillschweigen zu bewahren.“

Gesetzliche Grundlagen

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Gesetzliche Grundlagen

• § 99 AktG

„Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt § 84 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß.“

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• § 95 Abs 1 AktG, § 30j Abs. 1 GmbHG

„Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.“

Gesetzliche Grundlagen

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Beendigung der Vorstandsfunktion

• Arbeitsrechtliche Entlassung: § 25 ff. AngG• Gesellschaftsrechtliche Abberufung aus wichtigem Grund:

§ 75 Abs 4 AktG

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Abberufung des Vorstands (1)

• § 75 Abs 4 AktG:

„ Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied […] widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt“•Ansprüche aus Arbeitsvertrag hiedurch nicht berührt!

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• Wichtiger Grund: (§ 75 Abs 4 AktG)– Grobe Pflichtverletzung – Unfähigkeit zur Geschäftsführung– Entziehung des Vertrauens durch die HV• Diese Aufzählung ist nicht taxativ• Andere Gründe möglich, wenn sie in Qualität und Intensität

gleichkommen.• Beurteilung im Einzelfall • Widerruf wirksam, solange nicht gerichtlich Unwirksamkeit

festgestellt

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Abberufung des Vorstands (2)

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Grobe Pflichtverletzung

• Verletzung von Pflichten, die aus einer Organfunktion resultieren

• Unmittelbarer Zusammenhang mit der Organstellung• Mögliches Beispiel: strafbare Handlung (z.B.

Insidergeschäfte)• Vermögensschaden nicht erforderlich

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Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung• Unvermögen des Vorstandsmitglieds zur Geschäftsführung

muss über eine bloße Untüchtigkeit oder wirtschaftlichen Misserfolg hinausgehen.

• Einmaliges Scheitern ist keine Unfähigkeit• Leistungsfähigkeit muss dauerhaft beeinträchtigt sein

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Entzug des Vertrauens durch die Hauptversammlung• Wichtiger Grund bei aus offenbar nicht unsachlichen Gründen

erfolgtem Vertrauensentzug• Auch ein nicht mit Gründen versehener HV-Beschluss ist eine

ausreichende Grundlage für einen Widerruf durch den AR.• Allerdings muss die Gesellschaft in einem

Bekämpfungsprozess die konkreten Gründe für den Vertrauensentzug offenlegen und beweisen

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Zuständigkeit

• Gleichgültig um welchen Abberufungsgrund es sich handelt: • immer ist es der AR, der die Abberufung vornimmt • und zwar ausschließlich durch Beschluss • Eine Verpflichtung des AR, bei Vorliegen eines

Abberufungsgrundes, die Abberufung auch tatsächlich vorzunehmen, besteht nicht

• Wahrnehmung bzw Ausübung von pflichtgemäßem Ermessen

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Einschränkung / Erweiterung der Gründe

• Die Abberufungsgründe des AktG können durch die Satzung weder eingeschränkt noch erweitert werden.

• Dies kann auch nicht im Rahmen des Bestellungsbeschlusses geschehen.

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Unverzügliche Geltendmachung

• der AR muss von seinem Abberufungsrecht unverzüglich Gebrauch machen

• bei sonstiger Verwirkung seines Rechts• Eine angemessene Zeit zur Befassung des Plenums, zur

Überlegung, uU auch zur näheren Sachverhaltsermittlung und nicht zuletzt zur Bewältigung aller notwendigen Verfahrensschritte (zB Einholung der Zustimmung der Mehrheit der Kapitalvertreter) steht aber dem AR selbstverständlich zur Verfügung

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Formales

• Die Abberufung ist ein einseitiger körperschaftsrechtlicher Akt, der wohl zugehensbedürftig, nicht jedoch annahmebedürftig ist.

• Der Funktionsverlust tritt folglich mit Zugang ein• Parallel dazu: Auflösung des Arbeitsvertrages erforderlich!• Unterschied Entlassung / Kündigung• Unterschiede befristete und unbefristete Managerverträge

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Arbeitsrechtliches Risiko

• Wenn ein Vorstand / Geschäftsführer zwar abberufen, aber nicht (arbeitsrechtlich) entlassen wird: – Risiko, dass er „zurückfällt“ und als „einfacher

Dienstnehmer“ anzusehen ist – dann: Kündigung nach § 105 ArbVG • Sonderproblem Vorstandsvertrag:

Entlassung kann nicht als Kündigung wirken, wenn Vertrag befristet und keine ordentliche Auflösungsmöglichkeit

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Strafrechtswidriges Verhalten eines Vorstandsmitglieds• Kann sowohl Entlassungs-, als auch Abberufungsgrund

darstellen• Abberufungsgrund, wenn grobe Pflichtverletzung• Entlassungsgrun,d wenn Vertrauensunwürdigkeit gem. §

27 Z 1 AngG

• Vorliegen der Straftat genügt• Bloßer Verdacht reicht in der Regel nicht aus• Ermittlungsverfahren, Anklageerhebung oder Verurteilung nicht

erforderlich

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Allfällige Schadenersatzansprüche gegen Vorstand: Vergleich/Verzicht möglich? § 84 Abs 4 Akt „ […] Die Gesellschaft kann erst nach fünf Jahren seit der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich darüber vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zwanzig vom Hundert des Grundkapitals erreichen, widerspricht. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig oder überschuldet ist und sich zur Überwindung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung mit seinen Gläubigern vergleicht.“

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• Möglichkeit auf Ansprüche zu verzichten oder Vergleich abzuschließen ist beschränkt: – Zeitlich: erst 5 Jahre nach der Entstehung – Formal: Zustimmung der Hauptversammlung

• Ausnahme bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung

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Allfällige Schadenersatzansprüche gegen Vorstand: Vergleich/Verzicht möglich?