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Hospizarbeit Facharbeit im Bereich Soziale Gerontologie vorgelegt für die Abschlußprüfung von Carmen Andres aus Geldern - Walbeck Angefertigt bei Frau Roth im Rahmen der Weiterbildung zur verantwortlichen Fachkraft für ambulante soziale Dienste am Institut für Gesundheit und Soziales der TERTIA - Gruppe Abgabedatum: Walbeck, den 03.01.2006

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Hospizarbeit

Facharbeit im Bereich Soziale Gerontologie

vorgelegt für die Abschlußprüfung

von

Carmen Andres

aus

Geldern - Walbeck

Angefertigt bei Frau Roth

im Rahmen der Weiterbildung zur

verantwortlichen Fachkraft für

ambulante soziale Dienste

am Institut für Gesundheit und Soziales

der TERTIA - Gruppe

Abgabedatum: Walbeck, den 03.01.2006

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 1

2. Leitbild 3

3. Hospizarbeit 5

3.1. Geschichtliche Entwicklung 6

3.2. Ambulante und häusliche Hospizarbeit 7

3.3. Statioinäre Hospizarbeit 9

4. Pall iativrnedizin 10

4.1. Multiprofessionelles Team 11

4.2. Medizinische und therapeutische Möglichkeiten in der Hospizarbeit 13

4.3. Psychosozialer Bereich 17

5. Trauerarbeit 1g

5.1. Angehörigenarbeit 20

6. Mitarbeiterpflege 21

7. Zusammenfassung 22

g. Literaturverzeichnis 24

Erklärung

Hospizarbeit Carmen Andres

1. Einleitung

Mit ein paar kurzen Worten möchte ich mich Ihnen Vorstellen. Mein Name ist Carmen

Andres. Von Beruf bin ich exam. Altenpflegerin und arbeite seit Januar 04 im Hospiz

Haus Brücke Friedel in Geldern-Walbeck.

Schon zu Beginn meiner dort aufgenommenen Tätigkeit, nahm ich an der Palliativ Care

Ausbildung teil, und habe jetzt die Stellenfunktion der stellver. Pflegedienstleitung. Aus

diesem Grund bin ich zur Zeit beim Verein zur Förderung der Altenpflege, um die

Ausbildung zur Heimleitung und Pflegedienstleitung zu absolvieren und mit Erfolg

abzuschließen. In dieser Zeit habe ich viel gelernt und erkannt, Hospizarbeit ist für mich

eine nicht mehr verzichtbare, wertvolle Tätigkeit geworden. Für einander da zu sein und

sich gegenseitig zu unterstützen füllt mich aus. Nicht nur ich gebe viel Liebe und

Wärme, sondern ich bekomme es von den betroffenen Gästen zurück. Das gibt mir

beruflich sowie privat sehr viel Energie um mein zukünftiges Leben in Zufriedenheit

und voller Lebensqualität leben zu können, weil mir durch meine Tätigkeit das

Wesentliche bewußt geworden ist.

Wir leben in einer Zeit, die durch Trennungen gekennzeichnet ist. Wir spüren es fast in

allen Bereichen unseres Lebens. Wir setzen alles daran, unangenehme Erscheinungen

dadurch ungeschehen zu machen, daß wir sie leugnen.

Hierin fügt sich auch das Thema: Die Frage nach Sterben, Tod und Trauer - und derer

Angemessener Bewältigung. es leuchtet ein, daß in einer Zeit, die derart schlecht mit

Trennungen umgehen kann, gerade die letzte aller Trennungen zum besonderen

Problem werden muß. Wie notwendig es ist, hier neue Wege der Bewältigung zu

suchen, läßt sich deutlich im historischen Rückblick erkennen: Selbst zu Beginn dieses

Jahrhundert starben noch fast alle Menschen dort, wo sie auch gelebt hatten, nämlich zu

Hause in der vertrauten Gemeinschaft derer, denen sie sich nahe fühlten.

Im früheren Mittelalter konnten es sich die Menschen sogar noch gestatten, bewusst

wahrzunehmen, daß der eigene Tod unmittelbar bevorsteht. Sie unterstützten sich mit

hilfreichen Ritualen.

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Hospizarbeit Cannen Andres

Heute dagegen, am Anfang des 20. Jahrhundert, sind uns nicht nur hilfreiche Rituale zur

Bewältigung von Sterben, Tod und Trauer verlorengegangen. Selbst den äußersten,

formalen Rahmen für Bewältigungsansätze scheint es nicht mehr zu geben.

Serben ist zu einem einsamen, isolierten Prozeß außerhalb der Gemeinschaft der

Mitmenschen geworden. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig und

vielschichtig. Ihre Folgen sind unbewältigte Trennung, unbewältigte Trauer,

Depressionen, körperliche und seelische Krankheiten verschiedenster Art.

Bei manch einem Trennungs - Thema mögen wir uns in der Hoffnung wiegen, davon

selbst nicht betroffen zu werden. Aber beim Tod ist dies nicht möglich, denn Sterben,

Tod und Trauer betreffen jeden Menschen - ohne Ausnahme.

Quelle: vgl. Student, J.-c. 1994

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2. Leitbild

Das Hospiz Haus Brücke Friedel wurde am 07.04.2000 im SpargeldorfWalbeck im

ehemaligen St. Lucia Stift eröffnet. Dieses historisches Gebäude stammt aus dem Jahre

1771 und steht unter Denkmalschutz.

Was bedeutet" Brücke Friedel ?

Die Brücke - sie trägt

Die Brücke - sie hält

Die Brücke - sie verbindet

Die Brücke von Mensch zu Mensch

Die Brücke vom Irdischen zu Gott

Die Nahmenserläuterung rur Friedellautet < der Behüter des Friedens> damit in die

Herzen aller, die in unserem Haus ein - und aus gehen, Frieden einzieht.

Unser Haus bietet 8 Betroffenen, deren Familien und Freunden eine liebevolle

Atmosphäre an. Die 8 Einzelzimmer können persönlich mit gestaltet werden.

Durch ein multiprofessionelles Team bestehend aus Pflegefachpersonal, Ärzten,

Physiotherapeuten und Psychologen erfahren unsere Gäste Begleitung, Pflege und

Schmerztherapie rund um die Uhr.

Was wollen wir?

Wir alle müssen lernen, uns Menschen wieder ganzheitlich zu sehen, d.h. in der

Begegnung mit dem Kranken, auch die soziale, psychische und spirituelle Seite, wie die

körperlichen Beschwerden und seelische Not wahrzunehmen, und rur deren Linderung

Sorge zu tragen.

Hospiz Haus heißt nicht Sterbehaus, sondern Haus des Lebens.

Im Haus Brücke Friedel wird gelebt.

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Hospiz heißt Herberge, das Wort "Herberge" birgt den Begriff "Geborgenheit"

"Geborgenheit" ein schönes Wort

heißt zu Hause sein, angenommen sein wie ich bin

heißt aufgefangen sein in Leid und Schmerz, sowie auch selbstbestimmt sein bis

zuletzt

heißt Begleitung der Betroffenen unter Einbeziehung ihrer Familie und Freunde

heißt auch getragen sein durch gute Gespräche, Pflege und Schmerztherapie,

schmerzfrei zu sein an Körper und Seele

heißt würdig zu Leben bis zuletzt

heißt auch wieder Lachen zu können

heißt das Leben ist wieder Lebenswert, frei zu sein von Sorgen und Ängsten.

Freude an den letzten Monaten, Wochen oder Tagen zu haben.

Uns liegt wirklich jeder Gast mit seinem Schicksal am Herzen und dementsprechend

gestaltet sich unsere Arbeit, durch die wir eine familiäre Atmosphäre schaffen. Dazu

gehört auch, Familienmitglieder und Freunde in ihrer Trauer und ihrem Schmerz

wahrzunehmen, und ihnen Hilfestellung durch Gespräche anzubieten.

Ziel in unserem Haus ist, unseren Gästen ein würdevolles Leben bis zuletzt zu

ermöglichen.

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3. Hospizarbeit

Hospize werden von lebendigen Menschen getragen: von denen, die dort arbeiten, von

Den Betroffenen und ihren Familien. Im Vordergrund steht dabei die hilfreiche,

fiirsorgliche, heilende Gemeinschaft aus Helfenden und Betroffenen. Hier kommen die

jenigen selbst zu Wort, die an diesen Prozeß beteiligt sind. Sie schildern die Ziele und

Möglichkeiten einer alternativen Form der Sterbebegleitung aus der Sicht derer

jeweiligen" Fachlichkeit", Sie machen dabei deutlich, was die Hospizbewegung in der

Bundesrepublik Deutschland noch kennzeichnet: Wir lernen alle gemeinsam, das alte,

übernommene Verständnis unseren helfenden Rolle gegenüber sterbenden Menschen

wahrzunehmen, es kritisch in Frage zu stellen und - wo nötig - zu reformieren. Dies

sind die Wurzeln, aus denen sich hierzulande allmählich das neue Prinzip "Hospiz"

herauszuschälen beginnt.

Was ist Hospizarbeit?

Im Mittelpunkt der Hospizarbeit stehen sterbende Menschen und deren Angehörige mit

ihren Bedürfnissen und Rechten. Sie zielt vor allem auf Schmerztherapie, lindernde

Pflege und liebevolle Zuwendung. Diese lebensbejahrende Grundidee schließt aktive

Sterbehilfe aus.

Hospizarbeit zeichnet sich durch 4 Schwerpunkte aus: Die psycho - soziale Begleitung

umfasst die emotionale Unterstützung der Sterbenden und ihrer Angehörigen. Sie hilft

bei der Verarbeitung der Gehühle, die bei der Auseinandersetzung mit dem

bevorstehenden Tod auftreten. Sie unterstüzt alle Betoffenen bei der Bewältigung

unerledigter Probleme

Durch spirituelle Begleitung haben Sterbende die Möglichkeit, Raum zu finden, sie

selbst zu sein und ihr Leben bis zuletzt zu leben. Am Lebensende stellt sich oft die

Sinnfrage. Verstehen kann man den Tod zwar nicht, man kann aber versuchen, diese

Lebenserfahrung zu bestehen. Zur Sterbebegleitung gehört im notwendigem Umfang

auch die Trauerbgleitung.

Die Aufgabe der palliativen Medizin und der palliativen Pflege ist es, Schmerzen und

andere Beschwerden, die in der letzten Lebensphase auftreten können, zu behandeln

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und zu lindern und dadurch die Lebensqualität sterbender Menschen zu verbessern.

Quelle: vgl. Student, J.-c., 1994

3.1. Geschichtliche Entwicklung

Zum Begriff Hospiz assoziieren die meisten von uns eine christliche Herberge, sei es als

Seefahrer Hospiz am Meer oder als eines der vielen Hospize an Alpenübergängen, wie

sie im Mittelalter als Schutz für Pilger entstanden sind. Die Bezeichnung geht zurück

auf den lateinischen Ausdruck "hospitium", Gastfreundschaft, Herberge, aus dem seIben

Ursprung entwickelte sich auch das Wort "Hospital".

Auch die heutigen Hospize wollen Herbergen auf einer Reise sein - der letzten, die ein

Mensch antritt. Sie versprechen den Kranken, die zu ihnen kommen, dabei nur

zweierlei: Das sie keine Schmerzen haben und beim Sterben nicht alleine gelassen

werden. Mehr nicht. Aber es sind eben genaujene zwei Dinge, die Menschen im

Angesicht des Todes am meisten fUrchten - Schmerzen und Einsamkeit.

Zwei irische Nonnen waren die ersten, die 1905 in einem Elendsviertel des Londoner

East End ein Haus für Sterbende eröffneten. (Irischer Orden richtet Hospiz in Dublin

ein). Dort wurden Menschen gepflegt, für die es keine andere Betreuungsmöglichkeit

gab.

Ihre Samariterdienste haben weltweit Nachahmung gefunden. Von Kanada bis Japan,

von Australien bis Südafrika -lange als einzige Einrichtung für Schwaze und Weiße

Menschen, gemeinsam. Nachjahrzehnterlanger Vorarbeit eröffuete die Ärztin Dr.

Circily Saunders 1967 in London das erste Hospiz St. Christopher' s mit moderner

Prägung. Ein Haus, an dem sich auch heute noch alles orientiert. Sie und ihre in der

USA lebende Schweizer Kollegin Dr. Elisabeth Kübler - Ross leisteten Pionierarbeit

auf dem Gebiet der Sterbeforschung und des Sterbebeistandes.

1979 begannen in der BRD ( West) die ersten Anfänge der Hospizbewegung.

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Am 13.03.1998 wurden dann die ersten Richtlinien getroffen die zur Sicherung der

Qualität, und zur stationärer Hospizversorgung beitragten, fals eine Versorgung zu

Hause nicht mehr zu leisten war. Noch Heute sterben ca. 85% der Menschen in

Altenheimen und Krankenhäusern. Es sind nur ca. 15% von uns die in einer gewohnten

häuslichen Umgebung sterben.

Diese Zahl kehrt den Wunsch sterbender Menschen was ihren Sterbort angeht, um.

Ich denke das der Umgang mit dem Tod und dem sterbenden Menschen in unserer

Gesellschaft vielfach ein Tabuthema geworden ist. Dem war nicht immer so: unter

anderem haben folgende Aspekte zur heutigen Situation beigetragen:

- Auflösen bestehender Familienstruckturen

- Fehlende Akzeptanz des Todes und Sterbens.

- Medizinischer Fortschritt.

- Tabuisierung des Themas.

- Unsicherheit und Angst der Betroffenen.

- Furcht vor Überlastung und Emotionalität.

Ich hoffe das sich die Situation in nächster Zukunft ändert und die Gesellschaft wieder

das Für- und Miteinander entdeckt. Nur wenn wir lernen, Sterben und Krankheit

anzunehmen, sind wir in der Lage noch gemeinsam unsere Dinge zu regeln, uns noch

gemeinsamme Wünsche zu erfüllen.

Quelle: vgl. Student, J.-C., 1994

3.2.Ambulante und Häusliche Hospizarbeit

Einen Kranken sollte der Wunsch, bis zu seinen Tod in vertrauter Umgebung zu leben,

wenn möglich immer erfüllt werden. Dies ist meist zu Hause, im Kreise der Familie.

Der Patient behält seinen Platz in der Familie und ist nicht von geliebten Menschen

getrennt. Die Wahrung der Autonomie ist gewährt, da der Patient an täglichen

Entscheidungen, Ereignissen und Sorgen teilhaben kann.

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Sollte es zur einer zunehmenden Verwirrtheit kommen, so kann die gewohnte

Umgebung stabilisierend wirken und Halt geben. Der Abschied von der vertrauten

Umgebung, die an Erlebtes erinnert, erleichtert ihm das Abschließen mit seinen

persönlichen Dingen und das Akzeptieren des Sterbens.

Die Angehörigen können ihn auch während den Verrichtungen des häuslichen Alltags

mit Blicken, Gesten, Worten, kleinen Hilfestellungen begleiten und haben insgesamt

dennoch mehr Zeit für sich. Das sind nur ein paar Beispiele, die dafür sprechen zu

Hause zu sterben. Einen Sterbenden den Wunsch zu erfüllen, zu Hause zu sein, kann für

alle Beteiligten das größte Geschenk sein.

Es gibt verschiedene Hilfen für die häusliche Betreuung. Ambulant Dienste helfen,

dieses dem Patienten zu ermöglichen. Sie begleiten Patienten, helfen bei der häuslichen

Palliativpflege und koordinieren die verschiedenen ärztlichen, pflegerischen und

sozialen Dienste. Die Angebote der einzelnen Dienste sind sehr unterschiedlich und

reichen von der psychosozialen Betreuung bis hin zu einer umfangreichen

medizinischen Versorgung.

In den letzen Jahren haben sich diese Einrichtungen vermehrt mit der Hospizidee

vertraut gemacht. Alle Hospiz - und Palliativeinrichtungen arbeiten mit den ambulanten

Diensten vor Ort eng zusammen. Um nur ein paar Einrichtungen zu nennen: da wäre die

AWO - Arbeiterwohlfahrt, der DCV - Deutscher Caritasverband, DRK - Deutsches

rotes Kreutz, das Diakonische Werk U.s.W.

Deren Aufgaben beinhalten z.B. Erkennen und Beseitigen von Ursachen individueller

Not, sowie Hilfestellung in sozialen Notlagen. Prävention, Aktivierung und Rehabilition

für sozial schwache Gruppen (Kinder, alte Menschen, Behinderte u.s.w.

Versorgung in enger Abstimmung mit behandelnden Ärzten. Grundpflege bei Bedarf,

Beratung bzw. Pflegeplanung, geeignetes Dokumentationssystem sowie interne und

externe Qualitätssicherung.

Auf Wunsch des Sterbenden und der Familie kann ein Hospizverein hinzugezogen

werden, natürlich in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen ambulanten Einrichtung.

Unser Hospizverein Brücke Friedel "Leben und Sterben" in Xanten stellt eine 24 Std.

Betreuung von Sterbenden in der häuslichen Umgebung durch folgende Punkte sicher:

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Betreuung am Sterbebett

Entlastung der Angehörigen

Cooperation mit Pflegediensten, Hausärzten etc.

Trauerbegleitung

Mithilfe bei letzten Geschäften

Bei Bedarf Hilfestellung bei der Pflege

Wesentliches Element der Hospizarbeit ist die Sterbebegleitung durch Ehrenamtliche

Hospizhelferinnen. Sie werden in speziellen Vorbereitungskursen geschult und

weitergebildet und selbst in regelmäßigen Treffen im Sinne einer Supervision begleitet.

Die Mitarbeit in einem Hospizverein ist grundsätzlich ehrenamtlich und unendgeldlich.

Quelle: vgl. Stationäre und ambulante Palliativ- und Hospizeinrichtungen in Deutschland, 2004

Quelle: vgl. Bausewein, C./Roller, S.N oltz, R, 2000

3.3.Stationäre Hospizarbeit

"Entsprechend dem Grundsatz "ambulant vor stationär" verstehen sich stationäre

Hospize daher als Ergänzung der ambulanten Hospizarbeit. Sie sind intergraler

Bestandteil eines ambulanten ehrenamtlichen Hospizdienstes. " Stationäre Hospize

sollen erst in die Betreuung einbezogen werden, wenn eine Betreuung im häuslichen

Bereich nicht mehr möglich ist. Stationäre Pflege bedeutet eine aktive und umfassende

Versorgung von Sterbenden und ihren Familien durch ein multiprofessionelles Team,

wenn die Erkrankung des Menschen nicht mehr auf die kurative Behandlung anspricht

und die Lebenserwartung nur noch relativ kurz ist.

Quelle: Stationäre und ambulante Palliativ- und Hospizeinrichtungen in Deutschland, 2004, Seite 13

Wichtige Aspekte der Betreuung sind: die Trauerbgleitung und die Linderung von

körperlichen, geistigen, spirituellen und sozialen Beschwerden. Diese Aspekte stehen

miteinander in Verbindung und sind als gleichwertig zu betrachten. Das Ziel der

Behandlung ist, durch Unterstützung und Pflege, den Gästen in der letzten Lebensphase

ein erfülltes und beschwerdenfreies Leben zu ermöglichen. Die Betroffenen werden

durch ein multiprofessionell arbeitendes Team bestehend aus Pflegefachpersonal,

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Ärzten, Physiotherapheuten, Psychologen sowie auch Seelsorger unterstützt. Denn nur

ein Team von Fachleuten kann den vielfältigen Wünschen der Betroffenen gerecht

werden. Durch angemessene medizinische Behandlung wie zum Beispiel

Schrnerztherapie und Pflege kann bei den Gästen mit Tumorerkrankungen

die Sterbephase ruhig und friedlich verlaufen. Gründe für eine aktive, kompetente

ärztliche Behandlung sind in der oft dynamisch verlaufenden Finalphase das Auftreten

neuer oder bisher gut behandelter Symptome, die eine Änderung oder Beendigung

bisherigen Behandlungsstrategien notwendig machen. Wir können unseren Gästen nur

gerecht werden, wenn wir den ganzheitlichen Behandlungsansatz im Sinne der

Palliativmedizin mehr Beachtung schenken.

Dabei kommt es wesentlich darauf an, daß zwischen Gast und Arzt bzw. dem

Betroffenen und Pflegenden das Sterben und der Tod akzeptiert und angesprochen

werden kann. Unser Haus bzw.unser Team sucht den Bedürfnissen nach Sicherheit,

Respekt und Zuneigung der Sterbenden nachzukommen. Insbesondere Achtsamkeit und

Offenheit gegenüber der einzelnen begleiteten Person, ihre Biographie und ihrem

Schicksal eröffnen den Raum, in dem Ängste zu Wort kommen und Kontakt und Nähe

entstehen können. In der Hospizarbeit macht das Gespräch einen wesentlichen Teil der

Pflege und des Bestands aus.

Gegenstand der Palliativmedizin ist also auch die psycho - soziale Betreuung unserer

Gäste und deren Angehörigen. So gilt: Kommunikation, Gesprächsführung und Ethik,

denn sie läuft neben der medikamentösen Behandlung, und ist eine, der therapeutischen

Säulen der Hospiz - und Palliativmedizin.

Quelle: vgl Stationäre und ambulante Palliativ- und Hospizeinrichtungen in Deutschland, 2004

4. Palliativmedizin

Palliativmedizin ist in Deutschland noch eine recht junge medizinische Disziplin,

obwohl sie ihre Ursprünge in den Anfängen ärztlichen Handeins überhaupt hat. Das im

Mittelalter entstandene Wort "To cure sometimes, relieve often, comfort always"

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( " Heilen selten - Lindern manchmal - Beistehen immer" ) hat besonders heute, in

Anbetracht der modemen medizinischen Entwicklung eine große Aktualität. Die Sorge

um Schwerkranke und Sterbende Menschen und ihre Angehörigen unter medizinischen,

psychischen, sozialen und spirituellen Aspekten steht im Mittelpunkt.

Es soll Hilfe, Anleitung und Anregung sein, gerade, in einer begrenzten Lebenszeit, die

Betreuung der Betroffenen zu verbessern und das Hauptaugenmerk auf Lebensqualität

und nicht auf Lebensquantität zu legen. Palliativmedizin ist die Kombination aus

spezialisierten medizinischen Wissen, daß sich die neusten Erkenntnisse der

Schmerztherapie und Symptom - Kontrolle zu nutzen macht, und der inneren Haltung,

daß Sterben ein Teil des Lebens ist und das jeder Mensch besonders, in dieser letzten

Lebensphase als lndividium geachtet und begleitet werden muß.

"Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Palliativmedezin wie folgt :

Palliativmedizin ist die aktive, ganzheitliche Behandlung von Menschen, mit einer

progredienten, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten

Lebenserwartung zu der Zeit, in der die Erkrankung nicht mehr auf kurative

Behandlung anspricht und die Beherrschung der Schmerzen, anderer

Krankheitsbeschwerden, psychologischen, sozialen und spirituellen Probleme höchste

Priorität besitzt."

Quelle: Stationäre und ambulante Palliativ- und Hospizeinrichtungen in Deutschland, 2004, Seite 12

Ohne eine gute Schmerztherapie ist ein würdiges sterben nicht möglich. Erst das

erzielen von Schmerzfreiheit ermöglicht den sterbenden Menschen eine würdige

Gestaltung ihrer letzten Lebensphase.

Leider bestehen auch heute noch Vorbehalte gegen Einsatz von Schmerzmedikamenten.

Desweiteren ist die Anzahl ausgebildeter Schmerztherapeuten unzureichend.

Quelle: vgl. Bausewein, C./Roller; SN oltz, R., 2000

4.1. Multiprofessionelles Team

Um den komplexen und sich rasch ändernden physischen, psychischen, sozialen und

spirituellen Bedürfnissen unserer Gäste mit fortgeschrittenen Erkankungen und deren

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Angehörigen zu begegnen, ist die Zusammenarbeit mit mehreren Berufsgruppen mit

entsprechenden Kompetenzen in einem multiprofessionelles Team notwendig. Das

Zusammenkommen von verschiedenen Berufsgruppen, bedeutet nicht automatisch ein

multiprofessionell arbeitendes Team. In diesem Team sind die gemeinsamen Ziele, und

die Identität wichtiger als die individuelle Berufszugehörigkeit, die Rangordnung und

die Ziele einzelner Berufsgruppen.

Informationsaustausch erfolgt über Diskussionen, und enger Zusammenarbeit. Wie

schon erwähnt besteht das Team aus Pflegefachkräften, Ärzten, Physiotherapeuten,

Psychologen, Ehrenamtliche und Seelsorger.

Jedes Teammitglied hat seine Aufgabenbereiche die letzendlich mit allen anderen

Bereichen wieder zusammen fließen, so das ein Kreis entsteht. Ich möchte Ihnen zu

jedem Teammitglied ein paar Beispiele vorstellen:

Gast und Familie erhalten Informationen und Erklärung durch das Team über die

aktuelle Situation, die Erkrankung und mögliche oder bestehende Symptome. Die Gäste

selber berichten über die eigenen Lebenserfahungen und die Reaktion auf die

Erkrankung. Die meisten der Betroffenen beteiligen sich an Entscheidungen und der

Entwicklung eines Bertreuungsplanes.

Die Pflegefachkräfte, sie haben engsten Kontakt zu unseren Gästen und deren Familie.

Sie unterstützen unsere Gäste, mit den Auswirkungen der fortgeschrittenen Erkrankung

zurecht zu kommen und den Kontrollverlust möglichst gering zu halten. Sie fördern

Rehabilitative Funktionen durch Erhalten und Unterstützen der Alltagsfähigkeiten z.B.

Körperpflege, Mobilität, Essen u.s.w .. Sie Begleiten am Sterbebett, bei der Trauer und

versuchen soweit es möglich ist den letzten Wünschen unserer Gäste nach zu kommen.

Außerdem knüpfen sie den notwendigen Kontakt zur Außenwelt.

Ärzte, sie sorgen für Linderung der körperlichen Beschwerden, denn das ist der

Grundlage für die weitere palliativmedezinische Betreuung. Ein Profundes Wissen über

die Pathogenese von Symptomen, Erfahrung in Symptom - Kontrolle, und besonders in

der Schmerztherapie, mit Schwerpunkt in der medikamentösen Therapie. Sie

informieren unsere Gäste sowie auch die Angehörigen über das Krankheitsbild, den

Zustand und über die Maßnahmen. Beratung und Diskussionen mit den

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Pflegefachkräften, der Psychotherapeutin sowie Anordnungen von Medikamenten und

Hilfsmitteln ist Voraussetzung um eine qualitative Pflege leisten zu können.

Unser Physiotherapeut, ist sehr mitfühlend und behutsam mit unseren Gästen. Er

erklärt den Betroffenen Schritt für Schritt sein Vorgehensweise, und bezieht sie sofern

sie noch in der Lage dazu sind, in allen Fertigkeiten mit ein. Auch der Physiotherapeut

hat Vertrauens gespräche oder tauscht ganz normale Alltagsdinge mit unseren Gästen

aus .Durch solche Gespräche bleibt auch der Kontakt zur Außenwelt bestehen. Er

übernimmt die Planung und Unterstützung von Aktivitäten mit dem Ziel, die schwächer

werdenden Kräfte und Ressourcen unserer Gäste optimal zu nutzen.

Außerdem fördert er die Mobilisation, Bewegungsübungen, Lymphdrainagen sowie

Massagen. Diese Anwendungen bewirken Entspannung und manchmal Lösung von

Ängsten, sowie Abwechslung und Ablenkung.

Die Psychotherapeutin, unterstützt die Betroffenen und deren Angehörigen bei der

Krankheitsbewältigung. Sie kooperiert mit dem Arzt, den Pflegefachkräften und wirkt

bei der Behandlung von Depressionen und Angstzuständen mit. Sie führt fachlich,

beruhigende Gespräche mit den Gästen und ihren Familien und steht zu allen

Betroffenen bei. Genauso unterstützt sie alle haupt - und ehrenamtliche Mitarbeiter.

Unsere Ehrenamtlichen Hospizhelferinnen, sie sind ein entscheidender Bestandteil

der Hospizarbeit, sie repräsentieren gewissermaßen das Element der" Normalität" im

Hospiz Haus Brücke Friedel. Sie tragen entscheidend dazu bei, daß unser Haus in das

Gemeinwesen, aus dem es entstanden ist, auch intergriert bleibt. Sie sind es, die die

Sterbebegleitung erst wirklich zur zwischenmenschlichen Begegnung machen.

Unser multiprofessionelles Team gewährleistet Kontinuität der Betreuung. Hierzu

gehört, daß die Familie sicher sein kann, rund um die Uhr eine kompetente oder

kompetenten Mitarbeiter des Teams anzutreffen.

Zu unserem Angebot der Kontinuität gehört aber auch, das die Fürsorge des Teams für

die Familie nicht mit dem Tod des geliebten Menschen endet. Die Angehörigen werden

von unseren Teammitgliedern auch durch die Phase der Trauer begleitet. Dies ist ein

wichtiger Beitrag zur Prävention von Krankheiten bei den Hinterbliebenen.

Quelle: vgl. Bausewein, C./Roller, S.Noltz, R., 2000

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4.2. Medizinische und Therapeutische Möglichkeiten in der Hospizarbeit

Die meisten Menschen die zu uns ins Haus kommen, haben fortgeschrittene

Tumorerkrankungen. Sie erleiden oftmals starke körperliche Beschwerden, dadurch ist

die Lebensqualität stark beeinträchtigt. Deshalb ist es erforderlich, daß die

Tumorschmerzen an erster Stelle stehen. Voraussetzung für einen guten Erfolg der

Therapie, ist eine genaue Schmerzdiagnose, sie beinhaltet die Ursache, den Tumor­

Typ, Lokalisation und die Intensität der Schmerzen. Aus diesen Gründen ist es sehr

wichtig, daß wir von den Krankenhäusern genaue Überleitungsbögen sowie auch

Arztbriefe bekommen. Nur so ist es möglich, daß unsere Hausärzte und wir als Team

unter Einbeziehung der oben genannten Schriftstücke eine präzise Anamnese und somit

eine individuelle Schmerztherapie anleiten können, die zur besseren Lebensqualität

unserer Hausgäste führt.

Ich möchte Ihnen einen kleinen Einblick, durch ein Fallbeispiel aus unserem Haus, in

der medizinischen Therapie ermöglichen:

Schmerzmessung

Die Messung der Schmerzintensität erfolgt nach den Eigenangaben des Gastes auf

verbalen RangskaIen ( VRS) oder numerischen RangskaIen ( NRS). Diese Skalen sind

einfach in ihrer Handhabung und können von den meisten Gästen selbständig

beantwortet werden. Beide Skalen erlauben aber auch die Erhebung der Schmerzen im

Interview durch den Behandelnden. Eine Fremdeinschätzung der Schmerzstärke durch

Pflegepersonal oder Ärzte, kann in Einzelfällen sinnvoll sein, wenn eine

Selbsteinschätzung durch den Betroffenen nicht möglich ist: Zum Beispiel

Verbale Rangskala ( VRS )

Kein Schmerz ----------------------------------------------------

Leichter Schmerz

----------------------------------------------------

Mäßiger Schmerz

X

Starker Schmerz

----------------------------------------------------

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Numerische Rangskala ( NRS )

(0) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10)

kein

schmerz

stärkster

vorstellbarer schmerz

"Von einen Expertengrenium der Weltgesundheitsorganisation (WHO ), wurden

Therapieempfehlungen für Tumorbedingte Schmerzen zusammen gefaßt.

Grundlage der Tumorschmerztherapie ist die DNA - Regel:

- durch den Mund ( orale Gabe, d.h. so einfach wie möglich)

- nach der Uhr ( festes Zeitschema )

- auf den analgetischen Stufenplan der WHO und individuell angepaßt.

Quelle: Stationäre und ambulante Palliativ- und Hospizeinrichtungen in Deutschland, 2004, Seite 31

Voraussetzung hierfür ist eine sorgfältige Erfassung einer Schmerzdiagnose und die

regelmäßige Überprüfung des Therapieerfolges. Die orale Therapie ist einfach

durchführbar. Sie läßt den Gast ein hohes Maß an Unabhängigkeit."

Diagnose:

Gast ist 47 Jahre alt

kleinzelliges Bronchialkarzinom

osteolytisch Metastasen im Bereich des linken Schulterblattes, der unteren BWS,

LWS, des Beckens und der Rippen ( links)

Deutlich reduzierter Allgemeinzustand

Dyspnoe (Atemnot), zunehmende Schmerzen Schmerzbeschreibung:Seit 4

Monaten zunehmende, ständig vorhandene, bewegungsabhängige, tief, dumpfe

Dauerschmerzen im Bereich des linken Schulterblattes, des linken Torax, der BWS

und LWS mit heller, einschießender Ausstrahlung in das rechte Bein.

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Bisherige Schmerztherapie

2 3 4 56 x 5 mg 6 x 10 mg

2 x 30 mg >

Flupirtin, Tramadol, PethidinFreiname

WirkungTag 1Morph. n.

Kurzwirk.6 x 5 mgRetadiert

Analgetik .

Morph.

Langwirk.Retadiert

Analgetik.

Naproxen

Analgetik.

Dexameths.

Koanalgetik.4mg

Haloperidol

Antiemetik.15 Tr.

2 x 500 mg

>

>

>

>

>

>

>

>

>

>

>

Natrium - Laxans 15 Tr > > > >PicosulfatSchmerzstärke Ruhe / 7/ 9 4 / 6 3 / 5 3 / 2 1 / 3

NRS BelastungBedarfsmedikation: Morphinsulfat 5 mg bei Schmerzen, alle 2 - 4 Std.

Bei Gästen mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen ist eine richtige Symptom ­

Kontrolle sehr wichtig und eine Voraussetzung, denn neben Schmerzen sind

Übelkeit, Erbrechen, Obstipation und Dyspnoe häufige und meist sehr belastende

Symptome, die die Lebensqualität enorm einschränken.

Hier ein paar therapeutische und pflegerische Maßnahmen: Vermeidung von üblen

Gerüchen. Eine ruhige Umgebung schaffen, sowie das Anbieten von kleinen

Mahlzeiten. Ruhige Gespräche führen, sich dem Betroffenen voll und ganz zuwenden ­

Basale Stimmulation. Mit kälte oder wärme Wickel arbeiten. Bei Atemnot z.B. eine

Atemstimmulierende Einreibung im Rückenbereich, meditative Musik. Leichte

Massage bzgl. einer Obstipation sowie Krankengymnastik durch Physiotherapeuten um

den Kreislauf und den Stoffwechsel etwas in Schwung zu bringen.

Es gibt noch viele Möglichkeiten die man anbieten oder anwenden kann. All dieses

nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch. Auch die wirkungsvollsten Behandlungs ­

methoden, stellen keine ausreichende Hilfe für den Gast da, wenn er nicht auch als

Person ernst genommen wird. Mit anderen Worten, der Arzt ist nicht nur als

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Medizintechniker gefordert, sondern eigentlich als Arzt, der sich unserem Gast in seiner

ganzen Person zuwendet.

Ärzte entschuldigen sich gerne damit, daß sie keine Zeit haben. Dies ist an sich richtig,

aber die Zuwendung zum Kranken ist eben nicht eine Frage der Zeit, sondern ganz

entscheidend eine Frage der Einstellung.

Es gehört zu den großen Verdiensten der Hospizbewegung, das sie den Bereich

ärztlicher Behandlungsmöglichkeiten und Fürsorge, auch wieder auf die letzte

Lebensphase ausdehnt. Sie hat gezeigt, daß es für Ärzte in dieser Zeit durchaus noch

viel und Wertvolles zu tun gibt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß der Arzt bereit

ist das Handlungsziel "Wiederherstellung der Gesundheit" gegen das Handlungsziel

"Wohlbefinden" austauscht.

Also, im Angesicht einer unheilbaren, chronisch fortgeschrittener Erkrankung, ist eine

wirksame und konsequente Behandlung quälender Symptome eine Voraussetzung für

Lebensqualität. Neben einer adäquaten Schmerztherapie und Symptom - Kontrolle ist

eine mitfühlende "emphatisch" nicht mitleidende Begleitung notwendig, die nicht nur

die Nöte, sondern auch das Sterben selber anspricht.

Bis zum heutigen Tag gibt es in Deutschland zu diesem Thema kaum Aus - und

Fortbildungsangebote, weder für Studenten der Medizin noch für approbierte Ärzte.

Ärzte sollten ihre Aufgaben nicht nur in der Heilung sehen, sondern auch in

Leidenslinderung durch kompetente Schmerztherapie, Symptom - Kontrolle und in der

psychosoziale Begleitung.

Quelle: vgl. Stationäre und ambulante Palliativ- und Hospizeinrichtungen in Deutschland, 2004

4.3. Psychosozialer Bereich

Unsere Hausgäste sind überwiegend Tumorerkrankte Menschen. Bei weit

fortgeschrittenen Erkrankungen, steht der somatische Schmerz aufgrund der Tumor ­

oder therapiebedingten Gewebsschädigung im Vordergrund. Das setzt eine adäquate

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Schmerztherapie voraus, denn das ist der Grundstein für eine ganzheitliche Behandlung

unserer Hausgäste. Schmerz ist eine komplexe somato - psychische Erfahrung. Neben

der psychischen Dimension des Schmerzes müssen auch die sozialen und spirituellen

Dimensionen in der Behandlung / Pflege integriert werden. Dies gehört zum

Aufgabenfeld des behandelnden Arztes, den Pflegefachkräften und der

Psychotherapeutin.

Hauptziel ist es, den Betroffenen Unterstützung anzubieten, die eigene

Schmerzempfindung zu verändern. Dabei ist es für den Gast wichtig, selbst etwas u

nternehmen zu können, um den Schmerz mit zu beeinflussen. Zum Beispiel mit

Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, progressive Muskelrelaxionen nach

Jakobsen, fußreflexmassage, Basale Stimmulation u.s.w .. Genauso helfen auch

Schmerzbewältigungstechniken die je nach Symptome angewendet werden können.

Sowie Gastorientierte Gesprächstherapie, verhaltenstherapheutische linterventionen und

Kriseninterventionen. Tumorerkrankte Menschen leiden auch oft unter Dyspnoe

( Atemnot ), wobei die Psyche eine große Rolle spielt. Dyspnoe kann auch bestehen,

wenn die Atmung des Gastes normal erscheint.

Teufelskreis Atemnot - Angst im Vordergrund. Gegenseitige Beeinflussung und

Steigerung bis zu Atemnotatacken, deren Schwere weder somatisch erklärbar noch

allein somatisch behandelbar ist.

Unter solchen Bedingungen, hat der Gast Angst zu ersticken. Dann hilft es oft ein

ausführliches Gespräch mit dem Gast sowie den Angehörigen zu führen, um zu erklären

wie der Verlauf eines Lungenversagens vor sich geht. Auch gemeinsam besprochen

werden muß, welche Therapiemöglichkeiten können angewendet werden, durch den

Gast selber, durch die Pflegekräfte und den Angehörigen. Wie gehen wir medikamentös

vor, und welche Bedarfsmedikation setzen wir bei Akut zuständen an. Alle diese Punkte

müssen gemeinsam und genaustens durchgesprochen werden. Allein dieses

Zusammenspiel, fördert die Lebensqualität eines kranken Menschen.

Leider haben nicht alle Menschen die zu uns kommen noch eine liebevolle Familie um

sich herum. Manche sind allein. Ein Sozialarbeiter des Krankenhauses kümmerte sich

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darum, daß der Betroffene bei uns ein Platz bekam. In solchen Situationen versuchen

wir, als Team, eine Familie für unsere Gäste zu sein.

Angst - In der letzten Lebensphase setzt sich der Sterbende mit seinem Leben

auseinander. Das sind gelebte Erfahrungen, Erinnerungen, Dinge die man besser hätte

nicht gesagt oder getan. Das kann zur Aufregung führen und ein Auslöser für Dyspnoe

oder einen Krampfanfall sein. Deshalb ist es so wichtig den Menschen als Ganzes zu

sehen. Und das geht eben nur wenn man die physischen, psychischen, sozialen und

spirituellen Eigenschaften des Menschen annimmt.

Quelle: Bausewein, C.7Roller, S.Noltz, R., 2000

5. Trauerarbeit

Trauer ist der Ausdruck eines Verlustes, mit der Folge unterschiedlichster Gefühle und

Verhaltensweisen. Sie kann eine Entwicklung und Lernprozeß sein, eine Krise, durch

die der Trauernde langsam und schmerzhaft hindurch muß. Ein Weg, den er selbst

gehen muß und den niemand für ihn gehen kann.

Trauerarbeit ist ein Bestandteil der Palliativmedizin und damit eine Aufgabe des ganzen

Behandlungsteam. Um ein gute Trauerbegleitung leisten zu können, ist es wichtig die

Beziehung der einzelnen Familienmitglieder zueinander kennen zu lernen.

Einige Punkte werden schon bei der Gastaufnahme biographisch festgehalten. Die

restlichen Informationen des Gastes und der Angehörigen bekommt man im Laufe der

Betreuung.

Es werden viele einfühlsame Gespräche geführt, die oft sehr schmerzvoll sind. Sie

können aber auch mit schönen Erinnerungen gefüllt sein.

Nach dem Tod eines geliebten Menschen, beginnt für die Angehörigen noch einmal

eine Zeit, in der sie viel Unterstützung nötig haben. Zum Beispiel - Wer von der

Familie ist in der Lage die nächsten Schritte, die noch zu erledigen sind, zu

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übernehmen. Der Sag und der Grabstein müssen ausgesucht werden. Die Bestattung

muß organisiert werden. Die restlichen Familienangelegenheiten sowie Erbgeschichten,

Wohnungsauflösung (wenn noch nicht geschehen) u.s.w .. Die Angehörigen kommen

oft zu uns und bitten um Rat, weil sie sich durch die Trauer die sie empfinden meistens

überfordert fühlen. Soweit es geht unterstützen wir die Angehörigen und regeln einige

von diesen Angelegenheiten mit ihnen gemeinsam.

Trauer ist stets ein sehr anstrengender Prozeß und bedeutet erhebliche emotionale

Arbeit, wenn sie gelingen soll. Trauer kann durch viele Faktoren behindert oder

vermieden werden, was dazu führt, daß der betroffene Mensch in seiner Entwicklung

stecken bleibt oder krank wird. Wir müssen Trauerschmerz erleben. Erst wenn dieser

Schmerz zugelassen wird, kann er auch nachlassen. In unserer Gesellschaft gilt es als

erstrebenswert, möglichst wenig Gefühle zu zeigen - "Cool" zu bleiben. Aber gerade

diese Vermeidung von Gefühlen kann krank machen und evtl. der Beginn für noch

größere Schwierigkeiten sein. Zum Beispiel dann, wenn Entspannung im gesteigerten

Alkohol oder Medikamentenkonsum gesucht wird.

Die Familienmitglieder stehen vor einem ganzen Bündel Schwierigkeiten die zu

bewältigen sind wie zum Beispiel:

was erwartet der Sterbende von mir

wie soll ich ihn weiter versorgen

wie bewältige ich meinen Alltag mit diesen Druck in mir

wie soll es nur weiter gehen, in Zukunft

wir müssen den Verlust als Realität akzeptieren und dürfen nicht der Versuchung

erliegen, ihn zu leugnen.

Quelle: vgl. Student, l.-C., 1994

5.1.Angehörigenarbeit

Palliativmedizin bedeutet auch Begleitung der Angehörigen über den Tod hinaus.

Neben hilfreichen Ritualen, unmittelbar nach dem Tod, benötigen viele Hilfe bei der

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Bewältigung der nächsten Tage. Auch wenn der Tod eines nahen Angehörigen sich

lange vorher schon abgezeichnet hat, sind die meisten Menschen unmittelbar danach in

einer Art Schockzustand.

Die zurückgebliebenen Familienmitglieder müssen mit den Erfahrungen des Lebens und

des Sterbens weiter leben. Fragen wir als Team nach den Bedürfnissen der

Angehörigen, so wird oft deutlich, wie eng verwoben die Wünsche der Angehörigen mit

den der Sterbenden Menschen sind. Geht es den Angehörigen schlecht, leidet auch der

Sterbende. Fühlt sich der Sterbende gequält, verzweifeln die Angehörigen - aber jeder

für sich allein. Der leidvolle Prozeß der Trennung enger Bindungen durch den Tod,

kann meistens nur gemeinsam bewältigt werden - gemeinsam von den Betroffenen und

dem Helfenden, in diesem Fall das Team unseres Hauses.

Es ist eine alte Weisheit, daß die Ängste und Befürchtungen der Angehörigen meist

schlimmer, bedrückender sind als die Realität, auf die sie sich beziehen. Weil wir das

Sterben heute meist aus unseren Erfahrungsbereich verbannt haben, fehlen uns

alltägliche Kenntnisse über den Ablauf des Sterbeprozesses. Dort kommt die

Zusammenarbeit unseres Teams zum tragen. Unsere Psychotherapeutin und die

Pflegefachkräfte sowie auch unsere Ehrenamtlichen Mitarbeiter versuchen die

Angehörigen mit ihrem Schmerz aufzufangen. Wir vermitteln das Gefühl nicht alleine

zu sein. Durch die intensive Betreuung des Gastes und ihren Familienmitgliedern,

schaffen wir ein sehr gutes Vertrauensverhältnis. Dadurch kommt es vor, daß manche

Angehörige, uns als ein Teil der Familie ansehen. Wenn der Tod eingetreten ist,

besuchen uns die Hinterbliebenen noch eine lange Zeit danach. Mit der Begündung, es

sei doch in der letzten Zeit, hier im Haus, ein Stück Zuhause für sie geworden und es

gibt ihnen ein Gefühl Vertrautheit und Verbundenheit.

So entstand bei uns im Haus die Idee, einmal im Jahr einen Angehörigentag zu

gestalten. Das heißt, einmal im Jahr schreiben wir alle hinterbliebenden

Familienmitglieder die bisher in unserem Haus verweilt haben an, und laden sie zu uns

ein zur Erinnerung an unsere Verstorbenen. Es erwartet die Angehörigen ein Buffet,

Kaffee und Kuchen, ein Chor der im Haus singt und anschließend ein Benefiz - Konzert

in der Dorfkirche, wo wir jedes Jahr unterschiedliche Konzerte anbiten. Dieses Jahr zum

Beispiel war es ein Gospelkonzert mit der Sängerin Elfi Kluth und Pianisten. Außerdem

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findet am Angehörigentag ein reger Austausch zwischen den Angehörigen statt. Es

treffen sich Menschen wieder, die sich bei uns im Haus kennengelernt, und schon

damals intensive Gespräche geführt, und sich gegenseitig gestützt haben. Manche sind

so begeistert von unserer Arbeit, daß sie ehrenamtlich tätig werden.

Diese Resonanz bestärkt unser Team, weiterhin gemeinsam eine gute qualitativ

fachliche und liebevolle Begleitung aus zu üben.

6. Mitarbeiterpflege

Jedes Teammitglied bringt seine ganz besonderen fachlichen Qualifikationen mit. Der

Begriff Team schließt den gegenseitigen Respekt vor den Fähigkeiten der anderen

Mitarbeiter ein. Die Teammitgliedern unterszützen nicht nur die Betroffenen Familien,

sondern sie stützen sich auch gegenseitig, insbesondere in emotionaler Hinsicht. Wenn

sie es nicht gelernt haben, liebevoll miteinander umzugehen, wird ihnen dies auch

schwerlich mit Angehörigen und Sterbenden gelingen.

Der Tod eines Gastes, ist und sollte immer ein Anlaß zum Innehalten sein. Nur so kann

vermieden werden, daß Sterben in unserem Hospiz Haus zur Routine wird. Dafür sind

regelmäßige Fortbildungen, Supervisionen und gegenseitige Beachtung von

individuellen Grenzen Voraussetzung. Bewährt haben sich zusätzlich eigene Rituale,

die dem Personal Gelegenheit geben, den Verstorbenen zu Achten. Wie - ein

ungestörtes herrichten des Verstorbenen mit Blumenschmuck, persönlichen

Gegenständen evtl. Duft, Musik, Sprechen von Gebeten oder anderen Texten.

Das Auffangen untereinander im Team und der Austausch mit den Angehörigen ist

auch sehr wichtig, nicht nur für die Angehörigen sondern auch für das Team. Jedes

Teammitglied sollte auch privat mindestens ein Ablaßventil haben, sei es durch Sport,

Meditation Autogenes Training oder durch einen guten Rückhalt in der eigenen Familie.

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7. Zusammenfassung

Ich möchte noch ein paar Worte über Hospizarbeit sagen.

Ich wünsche mir rur die Zukunft, daß die Menschen mehr für einander anstatt

gegeneinander handeln. Wäre es nicht schön, wenn Hospize sich nicht als Konkurrenz

sehen, sondern das sie sich gegenseitig ergänzen. Ich hoffe darauf, daß die

Zusammenarbeit zwischen den Hospizen - und den Krankenhäusern besser wird. Erst

seit kurzen, ist festgelegt worden, daß auch der Bereich "Entlassung" qualitativer

behandelt werden muß. Sobald festgestellt wird, daß ein Mensch unheilbar Krank ist,

sollte der Arzt und ein Sozialarbeiter den Kranken und seinen Angehörigen, über die

gegebenen Möglichkeiten aufklären, so das der Betroffene, noch in der Lage ist selbst

zu entscheiden was er in Anspruch nehmen möchte.

Ein noch wesentlicher Punkt ist, daß manche Ärzte ihre Patienten und deren

Familienmitglieder nicht richtig über die Diagnose aufklären. Das hat dann oft zur

Folge, daß Patienten und Angehörige sich zu spät um die eigentlichen Dinge kümmern

und ihnen dann die Zeit fehlt noch gemeinsame familien Angelegenheiten zu regeln. Es

fehlt ihnen auch die Zeit überhaupt zu begreifen was auf sie zu kommt oder was da

gerade passiert. Es kommt immer wieder vor, daß wir Gäste in unser Haus aufnehmen,

die nicht wirklich wissen, daß ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt und bald Sterben

werden. Sie bekommen keine deutliche Diagnose und werden kaum aufgeklärt über die

Schritte die ihnen jetzt noch möglich sind. Manche Angehörige müssen sich mühsam

durchfragen, von der Stationsschwester bis zum Sozialarbeiter. Haben sie dann die

Infaust - Diagnose, sind sie überfordert und oft nicht in der Lage es ihren Betroffenen

zu übermitteln. So wird den Sterbenden die Möglichkeit genommen, sich damit

rechtzeitig auseinander zu setzten und sich auf ihren Tod vorzubereiten.

Ob Krankenhäuser, Hospiz Häuser, ambulanter Dienst oder Hospizvereine, wir sollten

alle gemeinsam einen Weg finden, Sterbebegleitung qualitativ zu behandeln so das die

Menschenwürde und die Lebensqualität des Sterbenden soweit es geht erhalten bleibt.

Das ist der Grundstein der Palliativmedizin.

Es ist nicht leicht über Sterben und Tod zu sprechen und damit umzugehen. Das Thema

steht rur den Verlust eines lieben Menschen und verweist uns auf die Endlichkeit

unseres eigenen Lebens. Die weitverbreitete Angst und Unsicherheit mag erklären,

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warum sterbende Menschen oft alleine gelassen werden oder von Menschen umgeben

sind die der letzten Wahrheit nicht ins Auge schauen wollen

Es ist wie bei einem Stein, den man ins Wasser wirft, es zieht Kreise. Wenn wir alle mit

helfen diese Kreise zu ziehen, kommen wir auch ans Ziel.

Gib mir deine Hand, ich werde sie wärmen wenn sie kalt ist.

Ich werde sie Schützen, wenn du Angst hast, wenn du alleine

weggehst

ich werde sie streicheln, wenn du schmerzen hast und ich werde

sie loslassen wenn du frei sein willst.