ICT 01/2010

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Nr. 1 I März 2010 4. Jahrgang CHF 9.60 CYBERKRIMINALITÄT – WIE DATENKLAU VERHINDERT WERDEN KANN SEITE 8 DER CIO ALS TRANSFORMATIONSMANAGER – MEHR LEISTUNG TROTZ GEKÜRZTEM BUDGET SEITE 10 RISIKOMANAGEMENT – BRUTALE SCHWACHSTELLEN BEHEBEN SEITE 28 WEB 2.0 BEI BANKEN UND VERSICHERUNGEN – VIELE SIND DEM MOBILEN TREND AUF DER SPUR SEITE 33

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Das Praxismagazin fürm Banken und Versicherungen

Transcript of ICT 01/2010

nr.1IMärz20104.JahrgangCHF9.60

cYberkrIMInalItÄt – wIe Datenklau verhInDert werDen kann SEITE 8

Der cIO als transfOrMatIOnsManager –

Mehr leIstung trOtz gekÜrzteM buDget SEITE 10

rIsIkOManageMent –

brutale schwachstellen beheben SEITE 28

web 2.0 beI banken unD versIcherungen –

vIele sInD DeM MObIlen trenD auf Der sPur SEITE 33

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InhaltsverzeIchnIs

ict in finance i nr. 1 i märz 2010

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5 Editorial

tItelstOrY

8 Schlüsselfaktor HR-ManagementI in Krisenzeiten nehmen die Wirt-schaftsdelikte zu

Ict ManageMent

10Herausforderungen als ChancennutzenIDer chief information Officer muss zwischen Business und it ver-mitteln können

12AgierenstattReagieren IDie Bud-gets sind gekürzt worden, der ciO muss aber mehr liefern. Hilft konse-quentes it-Planning?

14DierichtigenSpezialistenrekrutie-ren!IDatensicherheit und reputation hängen entscheidend von der rekru-tierung der richtigen Leute ab

bankIng & Insurance

15ICTVerbessertdenKundenserviceIim zeitalter der Performance after tax gilt es die Kundenbindung zu erhöhen

32Umdenken!IViele sind dem mobilen trend bereits auf der Spur

33Web 2.0 im Private Banking I Die auswirkungen moderner internet-dienste auf den Beratungsprozess

busIness sOlutIOns

34Minenfeld Dubai I Kernbankensoft-ware-anbieter am Persischen Golf

36Scharia-konforme IT-Architektur Iinterview mit dem chief information Officer der Dubai Bank

shOrt news

6 Top6IWichtige firmennews kurz zu-sammengefasst

7 Top6I interessante Wechsel im ma-nagement

38AdvoCatusDiaboliIein ciO mit un-ternehmerischem Denken?

38Impressum

DerCIOalsBusiness-Experte

SozioökonomischerMarktplatz«Web2.0»

Dubai.einMinenfeldfürSoftware-Anbieter?

MenschenverursachenDatenklau8 ICTzurbesseren

Kundenpflegeeinsetzen!1510

33 34Finanzkrise,Risiko-managementundICT28

18Mass Customization ist Trumpf IDas internet und Web 2.0 lösen Ge-gensätze auf und ermöglichen die in-dividualisierung des retailkunden

20Schutz gegen Debitorenverluste Iein frühwarnsystem soll cashflow-Probleme bei Kunden anzeigen

fInancefOruM

22DringenderHandlungsbedarfIDie finanzindustrie droht in der Datenflut zu ersticken

@ analYse

28Brutale Schwachstellen I Spitzen-banker wollen aus den schmerzlichen erfahrungen Lehren ziehen

technOlOgY rePOrt

30MobileApps:ChancezurDifferen-zierung I Das Handy bietet für die assekuranz ein enormes Potenzial

31Offert-Tools für Prämienrechner?I Schweizer Versicherungen tun sich schwer mit dem Online-marketing

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eDItOrIal

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Das zeitalter der leistungsorientierten «Per formance after tax» ist angebrochen: Jetzt geht es darum, die anlagerenditen für die Kunden zu steigern. Dies ist ohne moderne Beratungstools nicht mehr zu bewältigen. Das internet und Web 2.0 ha-ben einen Kulturwandel eingeleitet, der nicht mehr aufzuhalten ist.

Web 2.0 wird die finanzwirtschaft revolu-tionieren: Die Web-Benutzer und damit auch die Kundschaft von Banken und Ver-sicherungen erstellen und bearbeiten in-halte in quantitativ und qualitativ entschei-dendem masse selbst. Dies bietet ein enormes Potenzial für die Verbesserung der Kundenpflege. repräsentative Kun-denumfragen und -rückmeldungen wer-den zur kostengünstigen routine. Dies wie derum wird die Beratungsqualität deutlich steigern.

Vielleicht ist es wirklich besser, den direk-ten zugang zum eU-raum durch ein neu-es Dienstleistungsabkommen zu verbes-sern, statt auf einem restriktiven Bank -kundengeheimnis zu beharren. Denn dieses könnte sich in zukunft womöglich gar als Hindernis und Bumerang in der Bearbeitung ausländischer märkte erwei-sen. Die rasante entwicklung internetba-sierter informations- und Kommunikati-onssysteme hat nämlich weit reichende politische, gesellschaftliche und wirt-schaft liche auswirkungen. interaktive und kollaborative nutzungsarten des World Wide Web erzwingen die anwendung neuer Geschäftsmodelle. also gilt es aus der gegenwärtigen not eine tugend zu machen!

Brigitte Strebel-aernichefredaktorin

Krisenzeiten führen zu frustrationen, wenn restrukturierungen unvermeidlich gewor-den sind. frustriertes Personal ist anfällig auf Datenklau. andererseits gilt: Je mo-tivierter die mitarbeiter und je höher die corporate identity, desto geringer die kri-minelle energie. zweifellos ist in schwieri-gen zeiten die Unternehmens- und die Personalführung gefordert. es geht auch um den verantwortungsvollen bewussten Umgang mit den Unternehmensinforma-tionen. Datensicherheit und reputation hängen entscheidend von der rekrutie-rung der richtigen Leute ab.

Solange die moderne ict von menschen eingesetzt wird, bleiben Bankgeheimnis und Schutz der Privatsphäre verwundbar. Weil neben dem Kapital die mo derne in-formationstechnologie zum wichtigsten Produktionsfaktor der finanzindustrie ge-worden ist, kann niemand mehr auf deren

AUS DER NOT EINE TUGEND MACHEN

einsatz verzichten. also gilt es vorwärts zu blicken und die neuen möglichkeiten der ict zu nutzen.

Und diese möglichkeiten sind enorm. Der rasante technologische Wandel fordert die finanzindustrie noch stärker als bis-her. Der chief information Officer mutiert zum eigentlichen Business-experten und transaktionsmanager. Seine Position wird matchentscheidend, wenn es darum geht, einerseits die Datenflut zu kanalisieren, rechtzeitig und richtig auszuwerten und andererseits ein Höchstmass an Privacy zu bewahren. Und dies in zeiten gekürz-ter Budgets und steigender Leistungsan-sprüche!

Je stärker das Bankgeheimnis gelockert wird, desto wichtiger wird der einsatz der ict im Dienste des customer relationship und des client retention management.

Brigitte Strebel-aerni

shOrt news

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Top 6DIEAMHäUFIgSTEnAngEKlICKTEnFIRMEnnEWSAUFMOnEyCAB.COM

CEnTRUMBAnKAgSETzTAUFAPPWAynumcom Software aG, ein stark ex pan-dieren des Schweizer Softwareunterneh-men und an bie ter von appway hat die centrum Bank (Schweiz) aG als Kunden gewinnen können. als erste applikation konnte 3 monate nach auftragserteilung die prozessorientierte Prospect/crm-ap pli kation live gehen. anfang Januar 2010 wurde der geführte neukunden-er-öffnungsprozess und die darin einge-schlossene, automatisierte Vertragser-stellung in Betrieb genommen. zu den wei teren geplanten Prozessen gehören: jährlicher PeP-check, zahlungsverkehrs-anweisungen und Hr-Prozesse. appway ermöglicht der centrum Bank (Schweiz) aG, ihren über 20 mitarbeitern individuel-le front Office-Prozesse auf standardi-sierte Backoffice-Systeme von finaclear anzubieten. Die Lösung wird im aSP-Hosting von finaclear betrieben.

Saxo Bank (Schweiz) aG, die global tätige Schweizer On-line-trading-Bank, hat green.ch als Operator ihres Schwei-zer it-Datacenters gewählt. Die Wahl des Spezialisten für Online-Wertpapierhandel und investments fiel vor allem deshalb auf green.ch, weil das Brugger Unternehmen zu-verlässigkeit, flexibilität und «time to market» anbieten und dabei die volle Breite an Datacenter Services auf höchstem professionellem niveau (u. a. zertifizierungen iso 27001 und finma) garantieren konnte.

SAxOBAnK(SCHWEIz)AgWäHlTgREEn.CH

Leider hat sich in ausgabe «ict in finance» nr. 4/2009 ein feh-ler eingeschlichen. Das foto von matthias Heubi, ceO UPtime services aG wurde mit jenem von ralph Lewin, Verwaltungs-ratspräsident der Bank coop ver wechselt. Die redaktion ent-schuldigt sich dafür.

KORRIgEnDA:VERWECHSElTEFOTOS

avaloq tritt in den deutschen markt ein: Seit dem 1. Januar setzt die international tätige Wealth und asset manage-ment Gruppe LGt das avaloq Banking System als erste Bank überhaupt in Deutschland ein. zudem kommt die Soft ware des Schweizer marktführers neu auch in Singa-pur zum einsatz. francisco fernandez, ceO der avaloq evolution aG, erklärt dazu: «Die LGt Group setzt als erste Bank in Deutschland auf eines der innovativsten Systeme im Umfeld der Bankensoftware.»

AVAlOqgEWInnTlgTDEUTSCHlAnDUnDSIngAPUR

teradata hat ein eigenes zentrum für die Gewährleistung der Datensicherheit und des Datenschutzes eingerichtet. Das information Security center of excellence (infoSec cOe) hilft Unternehmen, diejenigen risiken zu bewältigen, die aus der Speicherung sensibler Daten, wachsen den Da-tenmengen und strengeren compliance-Vorgaben erwach-sen. «Bei den Kunden wächst das Sicher heits bewusst sein», sagt Hermann Wimmer, President, europe, middle east and africa, teradata.

CEnTEROFExCEllEnCEFüRInFORMATIOnSSICHERHEIT

Avaloq-CEOFranciscoFernandez

HermannWimmer,President,Europe,MiddleEastandAfrica,Teradata

FInTERBAnKWECHSElTVOnISySAUFSUngARDAPSyS

SunGard hat sei-nem Genfer Kon-kurrenten isys Bank ing Software einen Kunden weg-geschnappt. Die finter Bank zürich hat die migration auf SunGards «ambit apsys»-Privatban-kensoftware durchgeführt. Sie benötigte eine neue Lösung, die sich für mehrere niederlassungen einigte und ein einheit-liches management der Kunden erlaubte. als folge der Übernahme der Bank Hugo Kahn musste man zudem mehrere Syste-me konsolidieren. Die finter Bank hatte sich das ziel gesetzt, die neue Software in sechs bis sieben monaten zu imple-mentieren, was offensichtlich gelungen ist.

Sungard-CEOCristobalConde

Franzgrüter,CEOvongreen.ch

Matthias Heubi CEOUPTIMEservicesAg

RalphlewinneuerVRPBankCoop

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Top 6DIEAMHäUFIgSTEnAngEKlICKTEnPERSOnEnAUFMOnEyCAB.COM

ADOlFREAlnEUERPRäSIDEnTBEIMlIECHTEn-STEInISCHEnBAnKEn-VERBAnD

Der Liechtensteini-sche Bankenver-band hat adolf real, früherer chef der VP Bank, zum Prä-sidenten ernannt. eine ausserordent-liche Generalver-sammlung wählte ihn zum nachfolger von thomas Piske, der den Verband ad inte-rim präsidierte. mit real ist erstmals ein Präsident an der Spitze des Verbandes, der nicht einer mitgliedsbank vorsteht. Bisher hatten jeweils die chefs der drei grossen Banken im rotationsprinzip die Präsidentschaft inne. Das amt des Vize-präsidenten wird wie bisher im rotations-prinzip von einem Banken-ceO ausge-übt.

Die Swiss Life Holding aG hat matthias aellig zum neuen chief risk Officer der Gruppe ernannt. er wird für das risi-komanagement, die compliance und das aktuariat der Grup-pe verantwortlich zeichnen und an den cfO der Gruppe rap-portieren. aellig, der das amt im zweiten Quartal 2010 übernehmen wird, ist 38 Jahre alt und von Hause aus pro-movierter Physiker. er arbeitete unter anderem als Berater bei mcKinsey & company, als chefaktuar Leben der Winter-thur Group und zuletzt als chefaktuar bei zurich Leben.

SWISSlIFE:nEUERCHIEFRISKOFFICER

Walter thoma übernimmt von robert Lebrecht die Ge-schäftsführung von Solidinvest. er war von 2003 bis 2009 als mitglied der Gruppenleitung für das Private Banking der Vontobel Gruppe verantwortlich. zuvor bekleidete er füh-rungspositionen auf Direktionsebene bei Julius Bär und cla-riden Leu. Solidinvest will mit diesem Schritt neue markt-chancen nutzen und im Heimmarkt Schweiz sowie ausgewählten märkten in europa und Südamerika ihr ge-sundes und stabiles Wachstum fortsetzen.

SOlIDInVESTMITnEUERgESCHäFTSlEITUng

Simon Jenny, langjähriger Partner und mitbegründer des in-ternet-Service-Providers Genotec aG, übergibt seine Positi-on als chief executive Officer an cOO roger Hofstet ter. Die-ser übernimmt ab sofort die alleinige operative Leitung des Unternehmens. Durch die Veränderungen an der Spitze soll die nächste runde der Unternehmensexpansion eingeleitet werden. Simon Jenny wird weiter als Verwaltungsratsmit-glied tätig sein und sich zukünftig neuen aufgabe zuwen-den, die im strategischen Bereich positioniert sind.

ROgERHOFSTETTERnEUERCEODERgEnOTECAg

Die credit Suisse (cS) hat mit Pamela thomas-Graham ei-nen chief talent, Branding and communications Officer er-nannt. in dieser neu geschaffenen Position wird sie bei der cS weltweit verantwortlich sein für das Personalwesen, die Unternehmenskommunikation, die markenführung und die Werbung. Pamela thomas-Graham wird zudem mitglied der Geschäftsleitung der credit Suisse Group und der credit Suisse. Sie nahm ihre arbeit am 11. Januar 2010 auf und rapportiert an Brady Dougan, chief executive Officer.

CHIEFTAlEnT,BRAnDIngAnDCOMMUnICTIOnSOFFICER

RogerHofstetter

PamelaThomas-graham,neuesgl-MitgliedbeiCreditSuisse

AdolfReal,neuerPräsidentliechtensteinischerBankenverband

IBMSCHWEIz:ISABEllEWElTOnnEUERCOUnTRygEnERAlMAnAgER

isabelle Welton hat als country Gene-ral manager den Vorsitz der Ge-schäftsleitung der iBm Schweiz über-nommen. Die 46-Jährige leitete bis zu ihrer Berufung die marketing- und Kommunikations-abteilungen der iBm in der Schweiz und in Österreich. Schon zuvor hatte sie ver-schiedene führungspositionen in der eu-ropaorganisation der iBm inne und war von 2004 bis 2007 mitglied der Ge-schäftsleitung der iBm Schweiz. zuvor arbeitete sie bei zurich financial Servi-ces als mitglied der Direktion für die welt-weite externe Kommunikation

übernimmtdieleitungvonIBMSchweiz:IsabelleWelton

MatthiasAellig,CROSwisslife

WalterThoma

tItelstOrY

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können. in der tat stimmt es nachdenk-lich, wenn der Direktor des fBi, robert mueller, öffentlich erklärt, er werde ins-künftig aufs Online-Banking verzichten. als Grund führt er an, «bloss einige Klicks vor dem fall in eine klassische internet-Phishing-falle entfernt» gewesen zu sein.

MAUlTIERE UND «SOCIAl NET-wORkING»Wie raffiniert cyber-Betrüger diesbezüg-lich mittlerweile vorgehen, zeigt der jüngs-te «cybercrime intelligence report» des finjan malicious code research center. am Beispiel einer offenbar aus der Ukra-ine gesteuerten attacke auf einen deut-schen finanzdienstleister wird demons-triert, wie «benutzerfreundlich» – für die Betrüger – mittlerweile die im internet für wenig Geld erhältlichen Software-tools zur Herstellung «hoch effizienter» troja-ner oder Spionageprogramme sind. Der clou am finjan-Bericht besteht aber dar-in, dass die cyber-Kriminellen unbeschol-tene und ahnungslose Kontoinhaber als sogenannte mules (maultiere; Lastesel) in ihre aktivitäten einbauen, über deren Konten die durch Phishing abgesogenen Beträge geschleust werden. Die «mules» müssen zwar aktiv angeworben werden, damit sie ihr Konto als zwischenstation zur Verfügung stellen. in der regel haben sie aber keine ahnung davon, welchen zwecken sie dienen – oder sie wollen da-von keine ahnung haben, weil sie ja eine Provision dafür bekommen. interessant ist

Bei einem globalen Wirtschaftsab-schwung leiden zahlreiche Unternehmen unter einer Verschlechterung ihrer finan-ziellen Situation. in der Schweiz waren 2009 56 Prozent der firmen davon be-troffen. Dies geht aus der jüngsten Stu-die des marktforschungsunternehmens Pricewaterhousecoopers hervor. Laut dem «Global economic crime Survey 2009» führt diese Situation dazu, dass die fir-men schwierige entscheidungen treffen müssen, «zum Beispiel Kündigungen aus-sprechen, um eine kurzfristige erholung und Stabilisierung herbeizuführen und ihr mittelfristiges Wachstum zu sichern. Die-se entwicklung führt zu Veränderungen in den Unternehmen selber sowie zur De-stabilisierung des Umfelds, was eine zu-nahme von Wirtschaftskriminalität mit sich bringen kann», wie Pricewaterhousecoo-pers in ihrem Bericht schreibt.

HOHE DUNkElzIffERDass vor allem die finanzdienstleister ver-mehrt Betrugsaktivitäten und -versuchen ausgesetzt sind, geht auch aus dem «an-nual Global fraud report» des risikobe-ratungsunternehmens Kroll hervor. Wäh-rend die gesamtwirtschaftlichen einbus- sen aufgrund von Betrugsaktivitäten im vergangenen Jahr laut Kroll in etwa kon-stant blieben, mussten die finanzdienst-leister über die letzten drei Jahre hinweg einen massiven anstieg auf durch schnitt-lich rund 15,2 millionen Dollar pro Unter-nehmen hinnehmen. Dabei ist davon aus-

zugehen, dass die Dunkelziffer erheblich ist. Dies bestätigt auch der Bericht von Pricewaterhousecoopers, in dem fest ge-halten wird: «Wir sind der ansicht, dass die von den befragten Unternehmen ange-ge benen Betrugsfälle nur die Spitze des eisbergs darstellen. Wahrscheinlich blei-ben etliche Betrugsfälle in Schweizer Un-ternehmen unentdeckt (...). zusätzlich haben viele Unternehmen aufgrund der Wirtschaftskrise ihre Budgets für comp-liance- und andere interne Betriebsauf-gaben reduziert. Das könnte ein faktor sein, der für die niedrige anzahl aufge-deckter Betrugsfälle verantwortlich ist.»

Diese den Unternehmen gegenüber reichlich konziliante formulierung ver-deut licht, wie schwierig es für markt for-schungsspezialisten ist, Detailaus künfte und somit genaue zahlen zu erhalten. Das trifft bekanntlich insbesondere für die finanzdienstleistungs-Branche mit ihrer Geheimhaltungspflicht zu. Denn obwohl auch Pricewaterhousecoopers schreibt, dass «die meisten Unternehmen, die von Wirtschaftskriminalität betroffen sind, aus der finanzdienstleistungsbranche stam-men» und diese in der regel über die «notwendigen risikoerkennungs- und Kon trollsysteme» verfüge, ist auch hier nur die Spitze des eisbergs sichtbar. Dies umso mehr, als in diesem Umfeld die cy-ber-Kriminalität in ihren unterschiedlichen ausprägungen stetig zunimmt, weil sich die Betrüger via computersysteme am schnellsten und relativ einfach bereichern

text beat hOchulI*

IN kRISENzEITEN NEHMEN DIE wIRTSCHAfTSDElIkTE zU – GENEREll, vIA INTERNET, AbER AUCH übER DIE

UNTERNEHMENSINTERNE INfORMATIk. vOR AllEM DIE fINANzDIENSTlEISTER SIND DAvON bETROffEN.

SchlüsselfaktorHR-Management

wAS TUN GEGEN CybER-kRIMINAlITäT?

tItelstOrY

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das finjan-Beispiel vor allem deshalb, weil es zeigt, dass die sogenannte Social-net-working-methode eine immer wichtigere rolle in der gesamten cyber-Kriminalität spielt. Während eines wirtschaftlichen ab-schwungs oder in einer länger dauernden ökonomischen Krise gilt dies erst recht, da der Lebensstandard ganzer Bevölke-rungsgruppen sinkt und die Betroffenen gegenüber Versprechungen und «kleinen Hilfsdiensten» oder «schnellem Geld» an-fälliger werden. raffinierte Social-net-work ing-Betrüger-Betrüger haben in ei-ner derartigen Situation leichtes Spiel.

So kommt auch finjan zum Schluss, dass sich die cyber-Kriminalität immer mehr auszahlt – und dass die finanz-dienstleistern dabei die Hauptzielscheibe abgeben. anwender von Online-Banking sollten daher immer alert sein und sicher-stellen, dass ihre internet-Sicherheitspro-gramme jeweils auf dem neusten Stand sind. Den finanzdienstleistern selber em-pfiehlt finjan als beste Verteidigung eine vereinheitlichte Web-Sicherheits lösung mit einer echtzeit-inhaltsinspektions-funk tion. «eine derartige Lösung un ter-sucht jedes Stückchen des ein- und aus-gehenden Web-inhalts», schreibt finjan. Damit sei es möglich, bösartigen code zu blockieren, bevor er die möglichkeit hat, aktiv zu werden. Das bedeute auch, dass die heute raffiniertesten trojaner daran gehindert würden, ihre Daten beute an den «Heim-Server» zu schicken.

PC UMGEHEN – bETRIEbSkUlTUR vERbESSERNDoch nicht nur fBi-Direktor mueller leidet unter einem Vertrauensverlust ins heutige Online-Banking – auch die finanzdienst-leister selber zeigen sich äusserst inter-essiert an einer Umgehung der gegenwär-tigen endemischen risiken. zwar könnten sie es sich nicht mehr leisten, auf e-Bank-ing-angebote zu verzichten. aber mit soge-nannten gehärteten Hardware/Software-Kombinationen zeichnen sich Lösungen ab, mit denen der eigentliche Pc und vor allem die Schwachstelle Browser umgan-gen werden können. USB-Geräte, die im Prinzip hochspezialisierte abgeschottete e-Banking-computer sind, werden heute angeboten und dürften das Online-Bank-ing via herkömmliche Browser ablösen.

FrustrierteMitarbeitersinddasgrössteSicherheitsrisiko.

allerdings wird auch damit eine der Hauptquellen der Wirtschaftskriminalität im allgemeinen und des cyber-Betrugs im Speziellen noch nicht versiegen. Denn wie Pricewaterhousecoopers in ihrem «Global economic crime Survey» schreibt, geht aus ihrer Umfrage bei 129 Schwei-zer führungskräften hervor, dass satte «46 Prozent aller Wirtschaftsdelikte von Personen innerhalb der eigenen Unter-nehmung verübt wurden. Davon gehörten 50 Prozent dem mittleren und weitere 20 Prozent dem oberen Kader an, d. h., 70 Prozent der täter innerhalb der firma kamen aus dem management – eine tat-sache, die nicht ignoriert werden sollte.» in der tat, kann man da nur sagen. Vor al-lem, wenn die vom management began-genen Wirtschaftsdelikte – mit Hilfe oder ohne computer – zunehmen, wie Price-waterhousecoopers bestätigt: «Der an-stieg der betrügerischen machenschaf-ten auf managementebene gegenüber

unserer vorhergehenden Studie (70 Pro-zent gegenüber 50 Prozent in Jahr 2007) ist bedenklich.» interessant ist diesbe-züglich auch, dass 60 Prozent der Be-fragten angaben, «dass eine variable, leistungsabhängige Komponente in der Lohnstruktur ihrer Geschäftsleitung be-steht. Solche anreize erhöhen den Leis-tungsdruck im Hinblick auf die Unterneh-mensergebnisse und können dazu ver- leiten, diese mit Hilfe betrügerischer machenschaften erreichen zu wollen.»

fazit: cyber-Kriminalität in Unterneh-men wird oft auch von innen begangen. Kontrollen – vor allem technische – sind notwendig, reichen aber nicht aus. Gera-de in Krisenzeiten ist eine transparente und kommunikativ offene Unternehmens-kultur Bedingung nummer eins für die erfolgreiche eindämmung interner Betrü-gereien.

*Beat Hochuli ist freischaffender ict-Journalist und lebt in Kota Kinabalu, malaysia.

Ict ManageMent

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sogenannten Smart it map. es umfasst ein strukturiertes Vorgehen, integrale ana lyse instrumente, Visualisierungsme-thoden sowie Grundsätze zur Portfolio-bewertung.

zentraler Bestandteil des modells ist dabei die Business / it roadmap, welche die abhängigkeiten zwischen den künfti-gen Geschäftsveränderungen und dem it-Leistungs- und Projektportfolio über eine definierte zeitperiode von drei bis fünf Jahren visualisiert. Die entwicklung der roadmap setzt voraus, dass auf der Basis von sogenannten Business-maps der mittelfristige Veränderungsbedarf im Unternehmen identifiziert wird. es stellen sich fragen nach künftigen marktleistun-gen und Produkten, nach strategischen Ge schäftsentwicklungen, aber auch nach aktuellem Handlungsbedarf der it-Leis-tungs erbringung aus Business-Sicht oder nach Sourcing-absichten in den Ge-schäfts feldern. Die visualisierten abhän-gigkeiten über verschiedene ebenen von Business und it lassen erkennen, dass Veränderungen in der regel grosse aus-wirkungen auf die Unternehmensarchi-tektur haben. es ist essentiell, diese aus-wirkungen zu identifizieren, zu analysieren und visuell darzustellen, denn darin liegt

die Komplexität, welche es bei einer trans-formation zu beherrschen gilt.

Die Praxis und die Diskussion mit it-Ver-antwortlichen zeigen es deutlich: Der ciO (chief information Officer) nimmt in den meisten Unternehmen eine schier unlös-bare aufgabe wahr. Gefangen im Span-nungsfeld zwischen Business und it kann er den vielschichtigen und oft gegenläufi-gen anforderungen der Stakeholder kaum gerecht werden. Die Herausforderungen lauten: Beherrschen der Komplexität, Ge-währleisten von Serviceorientierung und agilität, Sicherstellen der Kostentranspa-renz und Kosteneffizienz, Umsetzen und einhalten von regulatorischen Vorgaben und viele andere mehr. Heute zeigt sich mit unter, dass das führen der it auf der Basis von Kennzahlen operativ zwar wir-kungsvoll ist, die strategischen Heraus-forderungen der it jedoch fast gänzlich ausblendet. Kennzahlen widerspiegeln die gegenwärtige Situation, indem die unmit-telbar zurückliegende Periode bewertet wird. Die ausrichtung auf die zukünftigen Geschäftsanforderungen ist damit aber noch nicht gewährleistet.

bEHERRSCHEN DER SPRACHE DES bUSINESSneben den gewiss grossen Herausforde-rungen bietet sich dem ciO die spannen-de chance, sich als starke Leaderfigur im Unternehmen zu positionieren und sich

als «Veränderer» zu profilieren. Voraussetz-ung dafür ist eine konsequente ausrich-tung des it-Leistungsportfolios auf die künftigen anforderungen des Business und der märkte, in denen das Unterneh-men erfolgreich sein will. Dies bedeutet, dass der ciO ein Business-experte sein muss, der sich mit seinen Leistungsabneh-mern mindestens auf gleicher augenhöhe befindet. Der ciO muss die Sprache des Business sprechen und für die Überset-zung in die für die it verständliche Spra-che sorgen. Der ciO ist damit in der Lage, markt- und Geschäftsveränderungen früh-zeitig zu erkennen und den einfluss auf die aktuelle und künftige it-Leistungser-bringung zu identifizieren. mit der Verant-wortung für die it und damit für die Unter-stützung der Business-Prozesse steuert der ciO die transformation des Unterneh-mens massgebend mit.

AbHäNGIGkEITEN vISUAlISIERENDamit der ciO seiner aufgabe gewachsen ist, benötigt er Grundlagen, welche ihn be-fähigen, die Geschäftsentwicklungen er-folgreich zu antizipieren. in der Praxis hat sich dabei ein modell bewährt, das konse-quent auf das Business ausgerichtet ist, gleichzeitig aber die ausgangslage der it mit in die Konzeption einbezieht. Das mo-dell basiert auf einer eigens entwickelten,

text chrIstIan huber*

wER DIE vERANTwORTUNG füR DIE IT übERNIMMT, zEIGT bEREITSCHAfT, SICH zU ExPONIEREN. DER CIO

MUSS SEINE kRITIkER wIRkUNGSvOll übERzEUGEN köNNEN. IM SPANNUNGSfElD zwISCHEN bUSINESS

UND IT HAT ER DIE CHANCE, SICH AlS TATkRäfTIGE lEADERfIGUR zU PROfIlIEREN. vORAUSSETzUNGEN

DAfüR SIND bUSINESS-ExPERTISE UND DIE ANwENDUNG vON GEEIGNETEN MODEllEN, DIE IHM ERlAUbEN,

DIE IT zU STEUERN STATT NUR zU vERwAlTEN.

Herausforderungen als Chancen nutzen

DER CIO AlS bUSINESS-ExPERTE UND TRANSfORMATIONSMANAGER (1)

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map ist eine konsequente Busi ness-Orien tierung der it garantiert. zentrale Bestandteile der Smart it map sind road-map, Kennzahlensystem sowie Portfolio-bewertung.

Das führen der it muss zu recht als Herkulesaufgabe betrachtet werden. Der ciO ist gefordert, strategisch wie opera-tiv, gegenüber den Leistungsabnehmern nach haltigen nutzen der it zu erzeugen und unter Beweis zu stellen. zu diesem zweck benötigt er Werkzeuge und model-le wie die hier vorgestellte Smart it map, die ihm erlauben, die Businessperspekti-ven, den mittelfristigen Veränderungs be-darf, die abhängigkeiten und auswirkun-gen sowie die Handlungsoptionen der it zusammenzuführen und als Konzentrat zu visualisieren. nur so kann der nutzen der it für das Business überzeugend darge-legt werden. Denn der ciO ist zuallererst Partner und enabler für das Business. christian Huber, Business consultant und Partner intercai (Schweiz) aG, el. ing. HtL, mBa HSG

HANDlUNGSbEDARf bEwERTENaus der Business / it-roadmap lässt sich der anpassungsbedarf für die it un mit tel- bar ableiten. als wichtiger Bestandteil der Smart it map hat sich die Portfoliobewer-tung etabliert. Diese umfasst die Dimen-sionen marktdifferenzierung und Ver än-de rungsdynamik, strategischer it-Beitrag, Kompetenz, Lifecycle, Qualität und Kos-ten. Die identifizierten anpassun gen der it-Leis tungen werden auf der Basis der sechs Portfoliobewertungselemente ganz-heitlich beurteilt, so dass der eigentliche Handlungsbedarf für die in Veränderung begriffenen it-Leistungen festgelegt wer-den kann.

in der Praxis hat sich gezeigt, dass die Portfoliobewertung an

hand von wenigen Workshops sehr rasch überzeugende und

konsistente resultate hervorzu-bringen ver mag. Wichtige Grundlage

für die Portfoliobewertung sind mitunter die Kenn zah len, welche massgebende aus kunft über Kosten, Qualität oder Kom-petenz ge ben. Die bewerteten Handlungs-optionen wiede rum dienen als Grundlage für das Verifizie ren der in der Business/it-roadmap ab zubildenden it-Projekt-road map. Die Smart it map baut somit stark auf einem iterativen Vorgehenspro-zess auf. alle zwischenresultate sollen immer wieder ge gen über den Business-anforderungen sowie ge genüber der aus-gangslage verifiziert und allenfalls ange-passt werden. Das modell der von intercai entwickelten Smart it map umfasst ein strukturiertes Vorgehen auf der Basis von inte gralen analyseinstrumenten, Visua li-sierungsmethoden und Bewertungsgrund-lagen. mit Unterstützung der Business

international institute of management in technologyUniversity of FribourgBd de Pérolles 90CH-1700 FribourgPhone: +41 26 300 84 30Fax: +41 26 300 97 94e-mail: [email protected]

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EFFIzIEnTEREKUnDEnFOKUSSIERUng

Seit Sommer 2008 setzt zurich financial Services ein itplanning tool ein. «in ei-ner Versicherung werden applikationen um die Produkte herum gebaut», erklärt Kurt Lermann, chief enter prise architect bei zurich financial Services. auslöser für den einsatz von itplanning war das steigende Datenvolumen, das immer schwieriger zu managen war, denn es ging darum, meh rere Personen und Stellen mit denselben Datensätzen zu versor gen. excel Sheets genügten diesen anfor-derungen schlichtweg nicht mehr. Wichtig war gemäss Lermann das committ-ment des top-managements bei der transformation der Organisation zu globalen Prozessen, die dann auch den einsatz globaler tools erfordern. Die aussicht auf bessere entscheidungsgrundlagen hatte das management überzeugt.

Dabei wurde auch geprüft, weshalb verschiedene claims-Systeme im einsatz waren, und ob hier nicht eine Vereinheitlichung möglich wäre. «Dies bedeutete konkret, dass zuerst Standards für eine einheitliche Datenerfassung und aus-wertung gesetzt werden mussten. nur so können innert nützlicher frist die rich-tigen informationen abgeleitet werden. es ging aber auch darum, die zahl der ap-plikationen und deren Kosten zu reduzieren. Wir produzieren quartalsmässige reports, die aufzeigen, wie viele applikationen wir sparen können.» innerhalb der verschiede-nen Strategien der zurich financial Services spielt die customer centricity oder die fokus-sierung auf den Kunden eine wichtige rolle, weil der Kunde unser wichtigster Stakeholder ist. Dazu gibt Kurt Lermann ein konkretes Bei-spiel: «Wenn Sie bei zurich connected eine autoversicherung abschliessen und von unter-wegs wegen eines Problems den zurich Help Point anrufen, dann ist es wichtig, dass diese beiden Stellen über dieselben Daten verfügen. Gleichzeitig muss der zuständige agent zwecks späterer Kundenpflege informiert werden.»

Das image der Vereinigten Staaten als Wirtschaftsmacht hat gelitten. eines aber gilt immer noch: nichts ist unmöglich in dieser nation. Dies zeigt das Beispiel der multimillionärin mrs. Winchester, die sich an ihrer Villa jeden Spleen erfüllt hat. Da liess sie jahrelang um- und anbauen, bis jede Übersicht verloren ging. mit dem ent-sprechenden resultat: treppen führten ins nichts, an irgendeine Wand. fenster wurden unmöglich platziert, so dass kein einziger Sonnenstrahl mehr in ein zim-mer zu dringen vermochte. Dieses typi-sche Beispiel improvisierter fehlplanung zeigt deutlich: Wer die effizienz einer Or-ganisation verbessern will, der muss klare Strukturen in form einer konsequenten Organisation entwickeln.

Dies trifft bei vielen Unternehmen für die ict-infrastruktur zu: Jede abteilung installiert ihre eigene Software. Der so erzeugte Wirrwarr von applikationen er-fordert einen zusätzlichen Support. Und das wiederum verursacht horrende Kos-ten, die sinnvoller für wirklich dringende und produktive innovationen genutzt wer-den könnten. Die infrastruktur wird un-übersichtlich und die Kosten ufern aus. Heute stecken viele Unternehmen mitten in der Krise. Harte entscheidungen sind gefragt: Welche investitionsprogramme müssen unbedingt weitergeführt, gestoppt oder verschoben werden, damit man ers-tens im verschärften Wettbewerb mit Kon-

text brIgItte strebel-aernI

DIE zEITEN SIND HART. DER CHIEf INfORMATION OffICER, CIO, IST GEfORDERT. DIE bUDGETS SIND GEküRzT

wORDEN. ER MUSS MEHR lIEfERN. DIES MIT wENIGER kOSTEN. wER kANN DAS SCHON OHNE zU zAUbERN?

ODER DOCH: bIETEN kONSEqUENTES IT-PlANNING, vIRTUAlIzATION UND OUTSOURCING DEN AUSwEG AUS

DIESEM DIlEMMA?

Agieren statt Reagieren

DER CIO AlS bUSINESS-ExPERTE UND TRANSfORMATIONSMANAGER (2)

Kurt lermann, Chief Enter-

priseArchitectbeizFS

Ict ManageMent

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kurrenten bestehen kann und zweitens für die zeit des aufschwungs gerüstet ist?

Die Geschäftsmodelle von Banken und Versicherungen basieren immer stär-ker auf der modernen informations- und Kommunikationstechnologie. neben Ka-pital und Human resources ist die tech-nologische infrastruktur zum wichtigen Produktionsfaktor geworden. Die moder-ne informatik liefert nicht nur wichtige entscheidungsgrundlagen, sie beschleu-nigt auch die Geschäfts- und entschei-dungsprozesse. entscheide über Unter-nehmenszukäufe, die entwicklung neuer märkte, die etablierung neuer Dienstleis-tungen und Produkte müssen in immer kürzeren Sequenzen gefällt werden. Die Umsetzung strategischer entscheide wer-

«WInDOWSOFOPPORTUnITIES»nUTzEn!

ingrid Walter hat in informatik promoviert und ist langjährige mitarbeiterin der münchner rück. angefangen hat sie als Business architect in der Produktentwicklung, bevor sie sich mit Strategieentwicklung und der eigentlichen enterprise ar-chitecture befasste. «insofern kenne ich sowohl die Busi-ness- als auch die it-infrastrukturseite des Unternehmens», erklärt sie. Das ist ein eigentlicher Glücksfall für die münch-ner rück. ingrid Walter versteht ihren Job auch als Vermittle-rin zwischen Business- und der it-Seite des global aktiven rückversicherers. Daneben aber geht es immer wieder um die Optimierung der Geschäftsprozesse, die sich ja dauernd wieder verändern. Sie liefert aber auch wichtige entschei-dungsgrundlagen an das management, wenn es darum geht, entwicklungen weiterzuverfolgen oder zu stoppen. Vor allem soll eigentlicher Wildwuchs in der it vermieden und für eine klare und effiziente it-architektur gesorgt werden. Das ist einfacher gesagt als getan, denn in jedem Unternehmen

ist das Beharrungsver mögen gross und dementsprechend ist mit rigiditäten und Wider-ständen zu rechnen. Deshalb gilt es, so ge nann te Windows

of Opportunities zu nutzen. Da-mit meint ingrid Walter neue rahmen bedingungen, die ei-nen ver stärkten Druck von aus sen auf das Unternehmen ausüben. ein solches fenster öffnete sich anläss lich der Jahr tausend wende, als es galt, die it-infrastruktur millen-niumtauglichzu machen. Da-

mals hatte die it-abteilung den vollen Support des top-ma-nagements und damit auch die finanziellen mittel, als es galt, neue technologien und applikationen einzuführen. Diesen rahmen hat ingrid Walter voll ausgeschöpft, und zwar zum langfristigen nutzen der münchner rück: «Das Überdenken der enterprise architecture fördert nicht nur die transparenz im Unternehmen. es zwingt uns auch zur Standort- und ziel-bestimmung, zur konsequenten Planung. Das wiederum legt Schwachstellen offen und fördert dadurch die effizienz.» Da-durch wurden auch die Verantwortlichkeiten klarer geregelt. «Bisher wurde die Verantwortung generell der it-abteilung zugewiesen. Dadurch wurde diese gezwungen, entscheide zu treffen, die eigentlich in die Kompetenz des Business gehör-ten. Dabei ging vergessen, dass bei Problemlösungen der einzelnen Geschäftsbereiche (das sind die sogenannten Business Owner) diese auch die Verantwortung übernehmen müssen. Denn die it hat hier lediglich Unterstützungsfunkti-on.» Stark vereinfacht heisst dies: früher veränderte die it das Business, heute verändert das Business die it. «es gibt aber auch neue technologien, wie das Handy, die dann in das Business einfliessen und dieses entscheidend verändern», präzisiert ingrid Walter, «aber die eigentliche zielvision sollte definitiv aus dem Business kommen.» Das bedeutet aber eine intensive Kommunikation und zusammenarbeit des Business mit der it, damit sich kein flickwerk bildet. «Die Globalisie-rung zwingt uns, den fokus auf das Unternehmen als Ganzes zu legen und weniger auf die einzelnen Geschäftsbereiche.» Damit wird auch die Verzahnung zwischen it und Business viel gelebt und entscheide werden sachgerechter getroffen. werden. Seit 2007 setzt die münchner rück konsequent das planningit tool ein.

den immer stärker durch Legacy-Proble-me der ict-infrastruktur gebremst. Des-sen war sich das top-management lange zeit zu wenig bewusst.

in zeiten schwindender margen muss gespart werden. aber am richtigen Ort! Wer kurzfristig und engstirnig bei der ict- infrastruktur spart, der verbaut sich mit-tel- und langfristige marktchancen. Das heisst aber nicht, dass gerade die ict- infrastruktur ein grosses Potenzial birgt, wenn man am richtigen Ort spart. Oft werden Unternehmen, die besonders tief in der Krise stecken, dazu gezwungen, die richtigen und harten fragen bezüglich ihrer Legacy und ihrer Projekte zu stellen. Beispiele wie die münchner rück und die zurich financial Services belegen, wer

frühzeitig die konsequente und richtige Überprüfung und Planung seiner ict vorge nommen hat, der meistert Krisen besser als die Konkurrenz. Oft sind es Krisen, die eine änderung der Unterneh-mensstrategie erfordern. Dies erzwingt nicht nur eine analyse und Veränderun-gen in der enterprise architecture und it-Planung, sondern auch eine klare Verant-wortlichkeits-Struktur, wenn es um ict- investitionsentscheide geht. Dies belegen die referate der beiden chief enterprise architects ingrid Walter von der münch-ner rück und Kurt Lermann von zurich financial Services anlässlich der von al-fabet aG organisierten tagung «plannin-git exchange 2009» in Berlin (siehe Kasten).

IngridWalter,Münchner

Rück: «Wildwüchse in

derITvermeiden»

Ict ManageMent

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ICT: Werden vermehrt Projekt-teams zur Senkung von it-Kosten im Unternehmen eingesetzt? MarioKaufmann: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ein Projekt mit klaren termi-nen wie Projektbeginn, meilensteine, fris-ten und Übergabe straffer organisiert und überprüft wird. Die ressourcen können dadurch gezielter und besser terminiert eingesetzt werden, einzelne mitarbeiter kön nen auch parallel in mehrere Projekte eingebunden sein. Der nutzen einer Pro-jektorganisation besteht neben den tiefe-ren Kosten eben auch in einer schnelleren Umsetzung und besseren möglichkeiten zur erfolgsmessung. ICT: nach welchen Gesichtspunkten wer-den diese teams zusammengesetzt? MarioKaufmann: zum einen sind Kennt-nisse der kundenspezifischen Umgebung erforderlich. zum andern braucht es erfah-rung in der Umsetzung ähnlicher Projek-te und natürlich technisches Wissen auf dem allerneusten Stand. Beides ist teil-

interVieW brIgItte strebel-aernI

füR DAS GElINGEN DER IMPlEMENTIERUNG EINES IT-PROjEkTES GIlT ES, SPEzIAlISTEN zU fINDEN, DIE SOwOHl

fACHlICH AlS AUCH PUNkTO SOzIAlkOMPETENz DEN HOHEN ANfORDERUNGEN ENTSPRECHEN. DIE DATENSI-

CHERHEIT UND DIE REPUTATION HäNGEN ENTSCHEIDEND vON DER REkRUTIERUNG DER RICHTIGEN lEUTE Ab.

Die richtigen Spezialisten rekrutieren!MARIO kAUfMANN, DIREkTOR HAyS (SCHwEIz) AG

weise intern vorhanden. externe mitar-beiter gehören aber gerade bei kritischen oder grösseren Projekten zum alltag. ICT: Wann werden externe Spezialisten eingesetzt?MarioKaufmann: externe fachkräfte wer-den in der regel dann hinzugezogen, wenn

das Spezialisten-Know-how fehlt, wenn es gewisse Spitzen zu brechen gilt oder wenn ein mitarbeiter nur für die Dauer des Pro-jektes beschäftigt werden kann. ICT: Welche chancen und Herausforde-rungen ergeben sich dabei? Mario Kaufmann: Die Verzahnung von internen und externen mitarbeitern ist sowohl Herausforderung als auch chan-ce. Der Blickwinkel eines nicht «vorbelas-teten» mitarbeiters, der in seiner eigen-schaft als externer Spezialist immer wieder neue Projektaufträge und Situati-onen antrifft und sich dabei zurechtfin-det, kann für ein Projekt von unermessli-chem Gewinn sein. Die Praxis zeigt auch, dass diese zusammenführung von inter-nen und externen mitarbeitern auf zeit gerade in der it gang und gäbe ist. er-folgskritisch in Bezug auf das Gelingen von Projekten ist neben einer realisti-schen auftragserteilung und guter Kom-munikation ganz einfach die rekrutie-rung der richtigen Spezialisten.

restrukturierungen, Downsizing sowie merger & acquisitions schütteln die finanz-industrie gegenwärtig tüchtig durch. Die-se aktivitäten prägen auch die jeweilige infrastruktur der betroffenen Unterneh-men. Sich mit den vorhandenen tools Klarheit und einen Überblick über die be-stehenden ressourcen zu verschaffen, ist das eine. aber spätestens, wenn der Pla-nungsmechanismus in Gang gekommen ist, werden Grundsatzentscheide erforder-lich. Solche betreffen zum Beispiel das Outtasking oder Outsourcing von it-infra-strukturen. Beim Outsourcing wird die

Mario Kaufmann, Hays Ag: «Externe

SpezialistengegenBetriebsblindheit»

Ver arbeitung physisch an einen speziali-sierten anbieter – zum Beispiel an eine transaktionsbank oder einen it-Provider – ausgelagert. Beim Outtasking kommt das sogenannte cloud computing zum zuge. Hier werden teile der infrastruktur auf eine virtuelle Plattform in ein rechen-zentrum verlagert. es handelt sich um eine webbasierte infrastruktur auf «on demand-Basis». Diese neue technologie muss die ciOs der finanzindustrie bezüglich ihrer Verlässlichkeit, Sicherheit und punkto Datenschutz überzeugen. Denn gerade hier gilt es, das Vertrauen und die Bezie-

hung zum Kunden aufzubauen und zu verbessern. eigentlich ist cloud compu-ting eine art Hosting-Problem und der Betreiber ein «trusted advisor für Hosting Services». Hier zeichnet sich eine zusam-menarbeit zwischen traditionellen Outsour-cing-anbietern und Out tasking-anbietern wie zum Beispiel Swisscom it-Services, t-Systems und colt ab. Letztere betreut über ein pan europäisches Glasfasernetz einen spe ziellen internetservice im B2B-Bereich an. Sozusagen als effiziente und sichere Datenautobahn mit einer zusätzli-chen maut gebühr.

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ProfessorMartinJanssen,UnizHundPetergertsch,BaslerKB(rechts):ICTvermehrt

zurbesserenKundenpflegeund-bindungeinsetzen!

zu missverständnissen oder unterschied-lichen ansichten kommen. aber ganz all-gemein kommt die ict bei mittleren Ban-ken unserer Grössenordnung vor allem bei gut standardisierten Produkten mit hohen transaktionsvolumina zum tragen. Sobald die Volumen kleiner und die Vielfalt der Produkte und Prozesse grösser werden, dann nimmt auch der einsatz der ict ab.

ICTinFinance: fordert oder überfordert die moderne informationstechnologie mit ihrem hohen innovationsrhythmus die fi-nanzindustrie?Petergertsch: Die Basler Kantonalbank gehört zu den mittelgrossen Schweizer re tail banken. Wir sind übersichtlich und ha ben keinen globalen auftritt. Deshalb sind wir von der ict nicht derart gefor-dert. Und was die Produkte in novation betrifft, so haben sich in der Vergangen-heit traditionelle finanzinstru mente wie Hypothekarkredite oder Sparkonti kaum verändert. Das Wertschriften- und Kapi-talanlagegeschäft wird natürlich viel stär-ker von den Veränderungen in der moder-nen informationstechnologie getrieben.Professor Martin Janssen: eigentlich sollte das Bankgeschäft der treiber für die innovationstätigkeit sein. Die moderne informationstechnologie sollte eine aus-führende funktion übernehmen und auf die Bedürfnisse der fachbereiche einge-hen. Die ict könnte viel mehr ermögli-chen als heute effektiv gefordert wird. man könnte analog zur automobilindus-trie sehr viele Prozesse automatisieren.ICTinFinance:Weshalb wollen die fach-bereiche dies nicht? Hier liegt doch ein enormes ra tiona lisierungs- und Kunden-bindungspotenzial? Petergertsch: Letztlich steuern die an-forderungen unserer Kunden die aktivi-täten im it-Bereich.

ICTinFinance: Werden diese immer so-fort an die it-abteilung weitergegeben?Peter gertsch: natürlich gibt es auch Kommunikationsprobleme. in der it haben traditionsgemäss die ingenieure mit ihrem strukturierten Denken das Sagen, wäh-rend im klassischen Banking wiederum der intuitive Umgang mit den Kunden im Vordergrund steht. Da kann es durchaus

text brIgItte strebel-aernI fOtO Markus hÄssIg

wIE kANN EINE MITTElGROSSE bANk DIE TOOlS DER MODERNEN INfORMATIONS- UND kOMMUNIkATIONS-

TECHNOlOGIE (ICT) EffIzIENT EINSETzEN, UM IHRE kUNDEN OPTIMAl zU bEDIENEN? DARübER DISkUTIEREN

PETER GERTSCH, CHIEf INfORMATION OffICER DER bASlER kANTONAlbANk, UND MARTIN jANSSEN, PRO-

fESSOR AN DER UNIvERSITäT züRICH UND lEITER DER ECOfIN-GRUPPE IN züRICH.

ICT verbessert den Kundenservice

AbGElTUNGSSTEUER füR AUSlANDSGUTHAbEN wüRDE läNDERSPEzIfISCHE löSUNGEN ERfORDERN

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liegt immer im fachbereich. Bei infrastruk-turprojekten wie «Voice over iP» entschei-det die it-abteilung. aber die einführung des Gesamtbanken-Pakets von avaloq hat der fachbereich entschieden. ICT in Finance: Sie sind als chief in-forma tion Officer mitglied der Geschäfts-leitung. Seit wann ist die it in der Ge-schäfts leitung der Basler Kantonalbank vertre ten?Petergertsch: Seit rund 10 Jahren.ProfessorMartinJanssen: Das top-ma-nagement ist sich nicht immer im klaren darüber, was die ict eigentlich alles er-mög lichen könnte. Deshalb erachte ich es als wichtig, dass die it-abteilung auf der strategischen ebene miteinbezogen wird.ICTinFinance: ist die ict in der Vergan-genheit zu sehr nur zu rationalisierungs-zwecken und zur Produkteinnovation, aber zu wenig zur Verbesserung der Kundenbin-dung eingesetzt worden?Peter gertsch: Bisher ist die effizienz-steigerung im Vordergrund gestanden. Wir sind uns aber auch der Bedeutung der Kundendaten bewusst. Hier kommt es dar auf an, wie man diese nutzt. Wir haben zwei Produkte, das eine heisst «Lady con-sult», also Betreuung von frau zu frau. Sehr erfolgreich ist unser Senioren-team. Das ist ein Betreuer-team von «alten» Ban kern, die «alte» Kunden betreuen. Und das funktioniert hervorragend. Die akzep-tanz ist besser. Der Kunde kann im Laufe der Jahre mit dem Kundenbetreuer zusam-men älter werden.ICTinFinance: in letzter zeit hat mit der Diskussion um das Bankgeheimnis auch das thema Datensicherheit an Bedeu-tung gewonnen.ProfessorMartin Janssen: Das thema «Datendiebstahl» hat erst in den letzten drei bis vier Jahren an Bedeutung gewon-nen. Vor 10 bis 20 Jahren wäre es undenk-bar gewesen, dass Staaten gestohlene Daten kaufen, um eigene Bürger an den Pranger zu stellen. Und wenn die Schweiz das Bankgeheimnis zur Disposition stellt, dann heisst dies, dass es an Bedeutung verliert. es handelt sich letztlich um ein gesellschaftspolitisches Problem.ICTinFinance: Werden die effizienz und Kompetenz sowie die «Performance after tax» an Bedeutung gewinnen? Kommen hier neue Geschäftsmodelle zum tragen?

Hier sind wir daran zu prüfen, ob Dank Standardisierungen, wie sie in der au to-mo bil industrie üblich sind, nach dem Le-go-Prinzip individualisierte Produkte und Dienst leistungen angeboten werden kön-nen. es gibt noch viel Potenzial für unsere fachabteilungen wenn es darum geht, für die Kunden aus standardisierten Bestand-teilen einzelanfertigungen anzubieten.ICTinFinance:mit Swisscanto verfügen die Kantonalbanken ja über eine eigentli-che fondsfabrik. Bieten Sie auch fonds anderer anbieter an?Petergertsch: Darüber entscheidet der Kunde.ProfessorMartinJanssen: Jeder der zum arzt geht, will ein spezifisch seinen Bedürf-nissen entsprechendes Heilmittel mit der entsprechenden individuellen Behand-lung. einen ähnlichen Service sollten die Banken ihren Kunden anbieten können.ICT in Finance: Die moderne internet-technologie hat Gegensätze wie lokal und global sowie masse und individuum auf-gelöst. Heute ist es doch möglich, lokal einen globalen individuellen Service für den massenkunden anzubieten.Petergertsch: Das tönt schön. aber im grossen und ganzen hält sich die ange-botspalette für den retailkunden doch in Grenzen. Der hat ein Konto und das kann man mit attributen versehen und auf ver-schiedene arten bezeichnen.

ICT in Finance: aber auch der retail-kunde bewegt sich auf der Lebensachse. Diese Begleitung ist aufwendig. Liegt hier kein rationalisierungspotenzial drin?Petergertsch: automatisierung birgt die Gefahr der Distanz zum Kunden. Vor zehn Jahren hatte man die Bankfilialen abge-schrieben. Heute verfügt die Basler Kan-tonalbank auf engstem raum von 37 Qua-dratkilometern über 20 filialen. Und dies ist der beste Beweis für das Bedürfnis nach persönlichem Kontakt. ein weiteres Beispiel ist unser «easy trading»-Produkt. Das funktioniert per telefon. Und das ist deshalb bei trading orientierten Kunden so beliebt, weil es schnell und einfach funk tioniert und erst noch eine Beratungs-leistung bezüglich des besten einkaufs bietet. Diese «uralte» telefontechnologie ist nun einmal hocheffizient.ProfessorMartinJanssen: Das telefon ist deshalb so effizient, weil der beratende Händler direkten zugriff auf die relevan-ten informationen hat. Bezogen auf das thema individualisierung und Standardi-sierung heisst das: an der Kundenschnitt-stelle muss individualisiert werden. aber die Limitenüberwachung, die compliance und die erarbeitung von anlagevorschlä-gen kann man durchaus industrialisieren und maschinell unterstützen. aber sobald es zum Kundenkontakt kommt, dann steht auch heute noch bei 80 Prozent der Kun-den die persönliche Betreuung im Vorder-grund. im Hintergrund müssen jedoch die Verarbeitungsprozesse maschinell unter-stützt werden.ICTinFinance: an der Kundenfront ist der Banker und im Hintergrund arbeiten die ict-Spezialisten. Das erzeugt oft Ver-ständnisprobleme. Wie können diese aus-geräumt werden?Peter gertsch: Wir lösen dies auf sehr praktische art, indem wir unsere informa-tiker zusammen mit dem Banker zum Kun-den schicken. So werden sie mit der Kun-denoptik konfrontiert. Umgekehrt lassen wir die Kundenbetreuer bei Projekten mit-arbeiten, damit sie auch verstehen, welche technologischen Konsequenzen aus ihrer Sicht «einfache» anliegen haben können.ICTinFinance: Werden die fachbereiche auch in den entscheidungsprozess mitein-bezogen?Petergertsch: Die Hauptverantwortung

ProfessorDr.Martin Janssen: «Vor10

bis 20 Jahren wäre es undenkbar ge-

wesen, dass Staaten gestohlene Da-

tenkaufen.»

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ProfessorMartinJanssen: Der reale zins einer risikolosen anlage beträgt heute etwa 1,5 Prozent. nach abzug der Steu-ern und Gebühren bleibt für den Kunden praktisch kein realer ertrag mehr übrig. Das System ist somit nicht mehr geeignet, den Sparprozess zu unterstützen. Hier muss sich in nächster zeit etwas ändern, sonst ergeben sich gesamtwirtschaftliche Probleme. aber dessen sind sich die Ban-ken sehr wohl bewusst. Und sie sind dar-an, dies zu ändern.

ICT inFinance: Die Banken sind infor-mationsverarbeiter. ist deshalb der einsatz von it matchentscheidend geworden? Was bedeutet dies für die ausbildung der mitarbeiter?Petergertsch: Die it ist zu einem Pro-duktionsfaktor im Banking geworden. Die Basler Kantonalbank ist neben dem zins-differenzgeschäft auch im Private Bank-ing und im Handelsgeschäft aktiv. Bei Letz terem spielt die it eine gros se rolle. Die jungen mitarbeiter verfügen über die notwendigen Grundvoraussetzun gen für den Umgang mit der it. Die ausbildung konzentriert sich im Wesentlichen auf bank spezifische applikationen. ande rer-seits set zen wir gerne Hochschul ab sol -ven ten für routinearbeiten ein. Diese füh-len sich unterfordert und entwickeln oft gerade deswegen zusammen mit der it neue rationellere Verarbeitungsprozesse, weil sie diese unvoreingenommen ana ly-sieren. ICTinFinance: Damit fördern sie direkt auch das Verständnis dieser künftigen Kaderleute für Komplikationen bei rein administrativen tätigkeiten?ProfessorMartinJanssen: Viele dieser abläufe sind zu einer zeit entstanden, als noch keine it-Unterstützung möglich war. Und genau da braucht es den einsatz von Querdenkern, die innovative Lösungen aus tüfteln.ICTinFinance: Gibt es bei Banken ihrer Grösse auch sogenannte Legacy-Proble-me, die zum Beispiel noch den einsatz von cobol-Spezialisten erfordern, die immer rarer werden?Petergertsch: Die Basler Kantonalbank und die Bank coop hatten bisher un-terschiedliche Kernbankenlösungen. Die Ba s ler Kantonalbank hat vor kurzem von rtc auf avaloq migriert. Dasselbe migra-tionsteam kommt nun bei der migration der Bank coop von deren eigenbau-Lö-sung auf avaloq zum einsatz. Die alte ei-genkonstruktion bei der coop Bank ba-sierte noch auf cobol und PL/i.ProfessorMartinJanssen: man darf das nicht unterschätzen. Bei einem beachtli-chen teil der Schweizer Banken kommt noch Cobol zum Einsatz.Petergertsch: Das Problem liegt nicht in den fehlenden Programmier-Spezialisten, sondern im fehlenden Wissen über die

funk tionsweise der Programme oder ei-ner ungenügenden Programmdokumen-tation. Die Programmiersprache cobol an sich ist lernbar.ICTinFinance: neben zürich und Genf gilt auch Basel als Private-Banking-Platz. Wie aktiv ist die Basler Kantonalbank im Vermögensverwaltungsgeschäft und wie stark setzen Sie auf it gestützte Lösun-gen?Petergertsch: Wir sind eine mittelgros-se Bank. im Quervergleich mit typischen Kantonalbanken sind unser Private Bank-ing und das Handelsgeschäft ausgepräg-ter. Vor allem die externen Vermögens-verwal ter, die mit uns zusammenarbeiten schätzen unsere it-Unterstützung. Der typische Private-Banking-Kunde ist we-niger technologie-affin.ICTinFinance: Die regulierungsflut der letzten Jahre wird sich in zukunft noch ver stärken. Sind solche regulierungen ohne Weiteres in ein Standard-Software-paket integrierbar?Petergertsch: neue Vorschriften können jederzeit kosteneffizient in das Standard- Softwarepaket eingebaut werden, weil die änderung für sämtliche anwenderbanken durch den Hersteller in einem Schritt er-folgt.ProfessorMartinJanssen: Sollte die vom Präsidenten der Bankiervereinigung pro-pagierte abgeltungssteuer für ausländi-sche Guthaben in der Schweiz dezentral realisiert werden, wird noch mancher an-bieter von Standard-Software ins Schwit-zen kommen, weil länderspezifische Lö-sungen notwendig sind.ICTinFinance: Warum haben sich die Kantonalbanken eigentlich für unterschied-liche Softwarepakete entschieden?Peter gertsch: in letzter zeit hat sich eine deutliche Konzentration zu Gunsten von avaloq und finnova ergeben.ProfessorMartinJanssen: Die Banken werden inskünftig die moderne ict noch viel besser und intensiver zur erreichung ihrer ziele einsetzen müssen. Dafür sor-gen der zunehmende Wettbewerb und die steigenden ansprüche der Kunden.Petergertsch: Letztlich geht es darum, aus der täglichen Datenflut zeitgerecht die relevanten informationen für den Kunden zu generieren.

Peter gertsch: aus der technologisie-rung der Gesellschaft auf neue Ge-schäftsmodelle für die Banken zu schlies-sen, ist problematisch.Professor Martin Janssen: man muss unterscheiden zwischen den universell täti gen Kantonalbanken und Vermögens-verwaltungsbanken. Bei den ersteren wird sich nicht viel ändern. aber die «Perfor-mance after risk and after tax» wird an Bedeutung gewinnen. Dann kommen wie-der themen wie der Lebenszyklus ins Spiel. ein junger Bankkunde hat ein ande-res risikoprofil als ein alter Kunde. Ganz generell muss und wird die Qualität in diesem Geschäft zunehmen.Petergertsch: ich finde die Qualität der Bankdienstleistungen im Grossen und Gan zen in Ordnung. Vor allem im Vergleich mit anderen Dienstleistungsbranchen. Die Banken bieten verglichen mit anderen Branchen gute Beratungsleistungen an.

Peter gertsch, Basler Kantonalbank:

«neue Vorschriften können jederzeit

kosteneffizient indasStandard-Soft-

warepaketeingebautwerden.»

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Mass Customization ist Trumpf

ren, ausführung und abwicklung sowie Unterstüt zungsleistungen. interessant an der jüngs ten, ende 2009 abgeschlosse-nen Studie ist die tatsache, dass sie erste auswirkun gen der Krise bereits berück-sichtigt. Diese Untersuchung enthält ant-worten von über hundert befragten Per-sonen auf 98 fra gen. zusätzlich zu den fragen wurden noch persönliche inter-views durchgeführt. Dies war insofern wichtig, weil diese individuellen interviews die ergebnisse aus den fragebögen ge-zielt hinterfragt und teilweise relativiert haben.

Dabei wurden gemäss thomas zerndt solche interviews nicht nur mit Banken, sondern auch mit Vertretern von national-bank und aufsichtsbehörden durchge-führt: «interessanterweise ist aufgrund der letzten Krise keine Veränderung im gesamten trend zu beobachten. aber von der Krise geht ein eindeutiger Katalysator-effekt aus. zwar werden die entscheidun-gen zum Sourcing nicht schneller gefällt, aber es werden vermehrt und intensivere fragen gestellt. es zeigt sich eine immer differenziertere auseinandersetzung, wel-che mittlerweile auch alle Be reiche einer Bank umfassen. Dadurch wird Sourcing immer mehr zu einem thema der Unter-nehmensstrategie. ausserdem zeigt sich

Professor rainer alt vom institut für Wirt-schaftsinformatik an der Universität Leip-zig hat bereits im Jahre 2004 zusammen mit thomas zerndt vom Direct-manage-ment-institut St. Gallen das Konsortialpro-jekt «cc Sourcing in der finanzindustrie» gestartet. «Damals sind wir in einer ers-ten Studie mit der frage gestartet, wel-che Sourcing-modelle im Bankenbereich mög lich sind und ökonomisch Sinn ma-chen. Bei abschluss dieser ersten Studie im Jahre 2005 zeigte sich eine erhebli-che Diskrepanz zwischen den eigenen Kernkompetenzen einer Bank und der ef-fektiven eigenfertigungstiefe. Während erstere mit ausprägungen von 20 bis 40 Pro zent ein verhältnismässig klares Profil besitzen, ist die zweite mit Werten zwi-schen 60 und 80 Prozent unspezifischer. erstaunlicherweise ergibt die inzwischen erneut durchgeführte Studie das glei che ergebnis, mit anderen Worten existiert auch heute noch ein hohes fokussie-rungs- und damit Vernetzungspotenzial», erklärt Professor rainer alt. Beispiele dafür finden sich in kleineren Be reichen wie etwa Vertriebskooperatio nen mit ex-ternen Partnern, einer offeneren Gestal-tung der Produktbeschaffung oder dem vermehrtem Bezug von einzelleistungen wie dem Kundenoutput. mehrheitlich ak-

zeptiert ist aber im Wesent lichen nur der Bezug von rechen zen trums leistungen.

zur systematischen Beurteilung neuer Vernetzungs- bzw. Sourcing-modelle hat das cc Sourcing gemeinsam mit Ban-ken vertretern ein prozessorientiertes Ban-ken modell erstellt. Dieses umfasst die bankfachlichen Bereiche Beratung und Ver trieb, Produkte und Kompetenz-zent-

text brIgItte strebel-aernI

NICHT DAS INTERNET UND ICT HAbEN DAS bANkGEHEIMNIS UNTERwANDERT. ES wAREN ANDERE wIE DER

HUMAN-fAkTOR ODER DIE ENTwENDUNG vON DATEN. NUN MüSSEN DIE GESCHäfTSMODEllE NEU DEfINIERT

wERDEN. EINE vON DEN bEIDEN UNIvERSITäTEN lEIPzIG UND ST. GAllEN GEMEINSAM ERARbEITETE STUDIE

kOMMT zUM SCHlUSS, DASS vERNETzTEN UND STäRkER DEN kONzEPTEN DER MASS CUSTOMIzATION fOl-

GENDEN bANkEN DIE zUkUNfT GEHöRT. DAbEI GEHT ES UM DIE TATSACHE, DASS INTERNET UND ICT GEGEN-

SäTzE AUflöSEN UND DIE INDIvIDUAlISIERUNG DES RETAIlkUNDEN ERMöGlICHEN.

INfORMATIONSMANAGEMENT UND NETzwERkOMPETENz wERDEN DIE DIE bANk DER zUkUNfT PRäGEN

Thomas zerndt: «Sourcing wird zum

ThemaderUnternehmensstrategie.»

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nes «Haus des Geldes» das verschiedene anbieter integriert, ähnlich einem finanz-Wikipedia. Die marktdifferenzierung der Banken untereinander werde vermehrt über deren informationsmanagement und deren netzwerkkompetenz gegenüber dem Kun den definiert werden, meint thomas zerndt. Dies ist nicht nur wesent-lich für die Kundenbetreuung, sondern auch für das risikomanagement der Bank.

vIElfAlT STATT EINfAlTein weiteres und ganz zentrales thema sei aber auch der Bereich «Security». Wenn Professor alt und thomas zerndt heute aufgrund der Studienresultate eine neue Bank gründen müssten, dann wür-den sie sich an den Grundsatz «Vielfalt statt einfalt» halten. es ginge dann vor al-lem auch darum, die nachwachsende Ge-neration mit spezifischen Dienstleistun-gen stärker abzuholen. Dazu müssten die verschiedensten modernen medien (mo-bile, web etc.) über innovative frontend-techniken genutzt werden. Professor alt nennt auch Beispiele hin zum «Proverbial Wallet», einen mit dem Konto interagieren-den Geldbeutel. es gilt, vermehrt interak-tive Beratungstools zu entwickeln, damit man zusammen mit dem Kunden bedarfs-gerechtere Lösungen für seine anlage- und finanzierungsprobleme erarbeiten kann. Damit kann auch den trends zur ver mehrten individuellen Beratung bei gleich zeitig steigendem bankunabhängi-gen tech nologieeinsatz entsprochen wer-den. «zielführend wird sein, dass man das Kundenvertrauen gewinnt über das Ver-ständnis des Kunden. Dies ist aber nur möglich, wenn man beispielsweise risi-koüberlegungen wirklich und konsequent aus der Sicht des Kunden anwendet», er-klärt thomas zerndt.

informationen zum Kompetenzzentrum: http://ccsourcing.org. Die Studie «trans-formation zur Bank 2015» mit ergänzen-den Detailauswertungen kann dort bezo-gen werden.

ein deutlicher trend zur Veränderung und in richtung Konsolidierung bei den Provi-dern. Bei Banken wird der trend zur Kon-solidierung in Deutschland von der Studie eher gestützt; in der Schweiz sind hierfür die ergebnisse jedoch uneinheitlich.»

inzwischen haben sich im Bereich der ausführung und abwicklung zwei grund-sätzlich verschiedene Sourcing-modelle entwickelt, eines mit und eines ohne Ban-kenlizenz. Das modell einer transaktions-bank mit Bankenlizenz geht davon aus, dass sich die Kundenbanken mit den Be-ratungs leistungen gegenüber ihrer Kund-schaft profilieren und bestrebt sind, die gesamte Kompetenz im Wertschriftenbe-reich inkl. der Handelsgeschäfte einem Partner zu überlassen. für insourcer ohne Bankenlizenz gehört der Handel zum Kern-geschäft der Kundenbank. «es ist nicht so, dass nur das eine oder andere stimmt,» erklärt zerndt, «wir untersuchen die Vor- und nachteile einzelner modelle und de-ren eignung für unterschiedliche Banken-typen.» «Wir beurteilen dies anhand des Kundenverhaltens, der marktentwicklung der Geschäftsfelder und der regulatori-schen Vorschriften. Diese wiederum ha-ben auswirkungen auf die Organisation, die Standardisierung und die it-architek-tur. ein ziel unserer forschungs aktivitäten ist es, ergebnisse zu einer mög lichst inte-grierten modellierung und Bewertung zu erarbeiten», ergänzt Professor alt.

INDIvIDUAlISIERUNG NUR vIA STANDARDISIERUNG MöGlICHDie moderne ict zwingt zu vermehrter Standardisierung und diese wiederum er-möglicht eine Produktevielfalt und eine individualisierung des retailkunden, ähn-lich wie dies von der automobilindustrie bekannt ist. «eigentlich sollte die Bank ihre Kunden – wie heute schon in einzel-nen Beispielen zu sehen – direkt in die Produktentwicklung mit einbeziehen», er-klärt thomas zerndt, «daraus entstehen dann auch kundengerechtere Dienstleis-tungen.» Professor rainer alt sieht zwei ganz trends, die das künftige Geschäfts-modell der Banken prägenwerden. «zu-nächst werden sich die Preismodelle än-dern und weniger transaktionsbasiert sein, denn der Druck seitens des marktes geht zum einen auch im retailbanking vermehrt

in richtung beratungsintensiverer Bank-dienstleistung und der technologisch ge-stützten individualisierten Betreu ung des retailkunden Der zweite trend zeigt ganz klar in richtung einer vermehrten Selb-ständigkeit des Kunden und dem bank-unabhängigen Bezug von Bankdienst leis-tungen. Das ist deshalb möglich, weil das internet und die moderne ict Gegen sätze

wie individuum und masse auflösen. Dank moderner technologien – von multitouch- technologien über Produktkonfigu ratoren hin zu serviceorientierten archi tek tur kon-zepten – können vermehrt retailkun den individualisiert betreut werden.

im Grunde genommen ist dies bereits der erste Schritt in ein neues zeitalter, in dem die «Perfomance after tax» mehr wiegt, als ein inzwischen merklich aufge-weichtes Bankgeheimnis.

«Die zunehmende Vernetzung zwi-schen Banken und Kunden sowie Ban-ken und finanzinstituten untereinander lässt viele Schnittstellen entstehen. Je standardisierter diese Schnittstellen sind, desto geringer sind die damit verbunde-nen Koordinations- und netzwerksteue-rungskosten. Standardsoftware wird eine besondere Bedeutung bei der erarbei-tung und Verbreitung dieser Standards besitzen», bemerkt Professor rainer alt. Das ebenfalls ict-getriebene Kundenver-halten wiederum führt zu einer Vision ei-

ProfessoRainerAlt:«ErsterSchrittins

zeitalterderPerformanceafterTax»

bankIng & Insurance

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frühwarnsysteme verfolgen das ziel, Ge-fahren frühzeitig als solche zu erkennen. Gefährdete sollen rechtzeitig gewarnt wer- den und die richtige entscheidung tref fen können, um die drohende Gefahr abzu-wenden. Was zeichnet nun aber ein gutes frühwarnsystem aus? ausschlaggebend für ein erfolgreiches frühwarnsystem ist, dass es funktioniert, d. h., dass das System über die qualitativ beste infor mation zum richtigen zeitpunkt verfügt – und die infor-mation für den empfänger so ver ständ lich auf bereitet ist, dass dieser daraus die richtigen Schlüsse ziehen und die nötigen entscheidungen zur risiko-minimierung treffen kann. informationsqualität, das tim- ing der War nung, die technische aufberei-tung und die richtigen Prozesse sind so-mit der Schlüssel, um Gefahren abzu wen- den. für finanzdienstleister sind vor allem informa tionen über Bonität und zahlungs-erfahrungen relevant – und hier trennt sich im markt die Spreu vom Weizen.

INfORMATIONSvORSPRUNG DANk zAHlUNGSERfAHRUNGSPOOlSeit ausbruch der finanzkrise im Herbst 2008 nehmen die Konkurse schweizweit dramatisch zu, der Dezember 2009 zeich-nete sich durch einen rekord an firmen-konkursen aus. Dass in einem derartigen marktumfeld das risiko von Debitorenver-lusten dramatisch steigt, ist vorhersehbar.Der risikoanalyst Dun & Bradstreet hat im Sommer 2008 ein tradeprogramm einge-

führt, dessen zahlungserfahrungspool die Datenbasis eines in dieser form neu-artigen frühwarnsystems bildet: D & B, dessen Kunden und die D & B-trade-Part-nerfirmen tauschen dabei laufend zah-lungserfahrungen über firmen und Privat-personen aus – mittlerweile um fasst das tradeprogramm in der Schweiz zahlungs-informationen von weit über zwei mil lio-nen Privatpersonen und firmen und speist ein frühwarnsystem, das D & B-Kunden Bonitäts- und cashflow-entwick lungen von marktteilnehmern mit hoher zuver-lässigkeit prognostiziert. Dabei wird die Gesamtentwicklung eines zahlers über

text saM PlecIc*

DER RISIkOANAlyST DUN & bRADSTREET lANCIERT EIN AUf zAHlUNGSERfAHRUNGEN bASIERENDES fRüH-

wARNSySTEM, DAS SEINEN kUNDEN CASHflOw-PROblEME bEI GESCHäfTSPARTNERN bEREITS MONATE IM

vORAUS MElDET UND wIRkSAM DEbITORENvERlUSTE vERHINDERN kANN.

Schutz gegen Debitorenverluste

fRüHwARNSySTEM füR fINANzDIENSTlEISTER

einen längeren zeitraum beobachtet und nicht nur schlechte, sondern auch gute zahlungserfahrungen erfasst – entschei-dend für die Bewertung im Scoring-Sys-tem ist somit das Gesamtbild.

DIE bISHERIGEN qUEllEN REICHEN NICHT AUSnormalerweise erkennen Scoring-Syste-me einen möglichen Debitorenverlust erst auf Stufe inkasso resp. Betreibung – frei-lich zu spät, um den dro henden Verlust vermeiden zu können. erschwerend kommt hinzu, dass zahlreiche firmen das in kasso selbst pflegen – somit decken

Einzigartig: D&B-Kunden und -Trade-Partner teilen ihre zahlungserfahrungen über

2Mio.FirmenundPersonenviaD&B-zahlungserfahrungspool.

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die in den Datenquellen vorhandenen in-kas so fälle nur einen teil der exis tierenden in kas sofälle ab. Konkret bedeutet das, dass beim konventionellen angebot der Wirtschaftsinformationenanbieter ein zah-ler, der immer erst ab der dritten mahnung bezahlt oder gar ein inkasso ris kiert, als «guter zahler» durchgeht, weil er von den Scoring-Systemen erst auf Stufe Betrei-bung sicher erfasst wird. im tradepro-gramm von D & B sind infor mationen be-reits ab der zweiten mahnung vorhanden, was ein wirksames präventives Handeln bei anstehenden Ge schäften ermöglicht.

PRAxISbEISPIElDie Herrenmatte-Garage in Wimmis (Be) ist – oder besser – war ein klassisches Schweizer KmU und meldete im Januar 2009 Konkurs an. Die D&B-zahlungsin-formationen zeigten bereits ein halbes Jahr vorher eine stark negative entwick-lung des eigenen zahlungsverhaltens an, was auf ein cashflow-Problem hinwies. Die zahlungsverzugskurve (gelb) beginnt bei etwa 40 tagen und entwickelt sich zuerst auf 60 bis 65 tage, um dann drei monate vor dem Konkurs auf über 75 tage durchschnittlichem zahlungsverzug zu landen.

in der nebenstehenden Grafik erkennt man anhand des Branchendurchschnit-tes (zahlungsverhalten der Branche im Schnitt, blaue Kurve), dass es innerhalb des marktsegmentes zwar nicht gerade floriert. trotzdem lässt sich früh und klar ableiten, dass es der Herrenmatte-Gara-ge in diesem zeitraum deutlich schlechter ging als den meisten anderen marktteilneh-mern. Da der firmenscore permanent an-gepasst wird (rote Kurve), waren die D & B- Kunden bereits monate vor dem Konkurs über die Situation informiert und konnten entsprechend handeln.

PRävENTION IST MöGlICHDie Kunden dieses frühwarnsystems ver-fügen über eine zuverlässige entschei-dungsgrundlage, die eine Prognose über die mittelfristige Debitoren-entwicklung eines Geschäftspartners erlauben. Sei es bei anstehenden oder bereits laufenden Geschäften: anwender dieses effizienten risk management tools können ihr Debi-torenverlust-risiko massgeblich reduzie-

PraxisbeispielgarageHerrenmatte–derD&B-Scorewarntebereits6Monatevordem

Konkurs.

DasD&B-FrühwarnsystemermöglichtpräventiveHandlungenabStufeMahnung.

ren, indem sie aufgrund der erhaltenen Warnung bei anstehenden Geschäften vor gängig die zahlungsart bestimmen kön nen (Vorauszahlung, teilzahlung, wei-tere Sicherungsmittel wie Pfand o. ä.) oder bei laufenden Geschäften einen Liefer-stopp verhängen – zu einem zeitpunkt,

wo Handeln noch möglich ist und Scha-den leicht und präventiv verhindert wer-den kann. *Sam Plecic ist Geschäftsleiter der consulting-firma SPBP.ch Weitere informationen zum thema: www.dnbprog-nose2.ch

fInancefOruM

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Dr. Kurt Mäder, Head

CorporateServiceCen-

terllB

Andreas Kellerhals, Di-

rektorSchweizerisches

BundesarchivBAR

mit seinem records Lifecycle mana gement (rLm) hat andreas Kel-lerhals, Direktor des Schwei zerischen Bundes-archivs, einen eigentli-chen Paradigmenwech-sel in der Bundesverwal- tung in rich tung e-Gover-nance bewirkt. Die Pro- ble matik der nachrichten-losen Konti habe damals nicht nur viel gekostet, sondern auch zu einem

reputationsschaden geführt, erklärte er. Der richtige Umgang mit der informati-onsflut, die Wahrung der Übersichtlich-keit und die Beherrschung der Vielfalt

Wir werden von einem eigentlichen Da-ten-tsunami überschwemmt und es wird immer schwieriger, die wesentlichen in for-ma tionen vom eigentlichen Datenmüll aus zusondern. Gute Vorsätze allein genü-gen nicht, es ist dringender Handlungs-bedarf angesagt, erklärte rené Stierli, ge schäftsführender Partner itopia aG an -läss lich der finance forum Update Ses-sion vom 19. Januar. Banken und Versi-cherungen müssen dringend ihre informa-mationsbestände analysieren, regulato- rien sowie Organisation und zuständig- keiten prüfen. also gilt es, Weisungen und richtlinien für nutzung, aufbewah-rung, Schutz und Kontrolle von Daten zu erlassen. neben der auswahl geeigneter archiv- und Dokumenten-Systeme, sowie

text brIgItte strebel-aernI

DIE fINANzINDUSTRIE MUSS SICH AUf EINE REGUlIERUNGSflUT vORbEREITEN. DAS bEDEUTET NOCH MEHR

DATEN UND ES wIRD NOCH SCHwIERIGER wERDEN, DIESE zU vERARbEITEN, AUSzUwERTEN UND zU lAGERN.

GANz AbGESEHEN vOM SCHUTz DER DATEN vOR DEM zUGRIff DURCH UNbEfUGTE. EIN PROblEM, DAS AN

AkTUAlITäT kAUM zU übERTREffEN IST. DIE kOSTEN DROHEN zU ExPlODIEREN. «INfORMATION GOvERNANCE»

HEISST DAS GEbOT DER STUNDE. DIES IST DIE MESSAGE DER lETzTEN fINANCE fORUM UPDATE SESSION.

Dringender Handlungsbedarf

fINANCE fORUM UPDATE SESSION: DIE STEIGENDE DATENflUT ERSCHwERT DEN DATENSCHUTz

DIECOMPUTER-FOREnSIKHATHOCHKOnJUnKTUR

Bei ausländischen Steuerbehörden zum Kauf angebotenen cDs könnte mithilfe computerforensischer methoden die identität des anonymen anbieters ermittelt werden. Jegliche art von digitaler information, die auf einem Datenträger abge-legt wird, hinterlässt Spuren, die auf den ersten Blick für den normalanwender nicht sichtbar sind. mithilfe spezieller Ver-fahren aus der Datenrettung und computer-forensik ist es möglich, den Weg der Daten zu ihrem Ursprung zurückzuver-folgen. auf diese Weise kann nachgewiesen werden, wann und an welcher Stelle die vertraulichen informationen einen

Ort verlassen haben, den sie nicht verlassen hätten dürfen. So lassen sich rückschlüsse auf den Brennort einer cD zie-hen. Logfiles könnnen zugriffe auf Datenbanken liefern, vor-ausgesetzt, die Logfiles sind noch gespeichert. Betroffene Banken können ihrerseits durch die eingrenzung der mitar-beiter, die überhaupt die technischen möglichkeiten für den Datenbankzugriff haben, gezielt Untersuchungen anstellen lassen. Die gerichtliche Verwertbarkeit solcher Daten muss allerdings von fachjuristen beurteilt werden.

eines effizienten Storage- und Backup-managements kommt vor allem der awa-reness und dem training des Personals besondere Bedeutung zu.

fInancefOruM

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und die Gewährleistung der Verlässlich-keit sind die grössten Herausforderun-gen an das records management.

wICHTIGE zUGANGS-kONTROllENein effizientes records Lifecycle mana-gement (rLm) setzt auf Prävention und Kooperation sowie automatisieriung und Systemintegration. Die Gefahr des Daten-zugriffs durch Unbefugte ist in letzter zeit gestiegen. neben einer sauberen Prozess-modellierung sind detaillierte Organisa-tionsvorschriften, ein logisches Ordnungs-system und eine prospektive Selektion mit einer klaren Definition der aufbewah-rungsfristen nötig. Dazu gehören Vollstän-digkeitsprüfung, aussonderung, Konver-tierung und Konservierung bzw. migration der Daten sowie die regelung der zu-gangsrechte für die mitarbeiter. Bei der archivierung gelte der Grundsatz: «redu-ce to the max». Letztlich gehe es darum, einen maximalen systemischen nutzen für das records Lifcycle mangement zu schaffen, zum Beispiel, wenn es darum gehe, durch die Gewährleistung hoher Datenqualität die mitarbeiter optimal zu unterstützen. Je besser die Daten, desto effizenter werden auch die Steuerung, die Koordination und die Geschäftskont-rolle durch das management. eine gute Datengrund lage erleichtert die finanz-kon trolle sowie die Wahrnehmung der aufsichtsrechtlichen funktion durch den Verwaltungsrat oder – im falle des Bun-des – der regierung.

records management war und ist mehr denn je das thema bei den grossen Schweizer Banken. «Bei der UBS ist das seit der fusion der alten SBG mit dem

Bankverein, seit enron und den nachrich-tenlosen Vermögen ein Dauerthema», er-klärt Heinz von allmen, Leiter Group re-cords management & Data Protection bei der UBS. Und dass Data Protection nicht nur bei der UBS ein brandheisses thema ist, das beweisen die jüngsten ereignisse rund um die bei ausländischen regierun-gen zum Kauf angebotenen gestohlenen Daten. Bei der UBS hat man nach dem

Jahr 2000 eine eigentliche it Governance auf gebaut, ein globales record manage-ment System und entsprechende Policies und regulations eingeführt. allerdings sei man noch nicht so weit im modellieren von strukturierten Prozessen zur Verar-beitung unstrukturierter Daten.

kEIN «ONE SIzE fITS All»Weniger stark mit der Problematik des Datenmanagements sind die kleinen Ban-ken konfrontiert, die sich auf eine grosse Gruppe im Hintergrund stützen können, wie enrico rondi, Presidente della Dire-zione Banca raiffeisen in Bellinzona, be-tont. «Hingegen stellte die Übernahme der Bank Linth für die Liechtensteinische Landesbank LLB eine echte Herausfor-derung dar», erklärt Dr. Kurt mäder, Head

corporate Service center der LLB. Hier ging es darum, kleine Geschäftsstellen mit physischen archiven ins Datenmana-gement-System zu integrieren. für cons-tantin Kahn, Domain architect enterprise content management bei der credit Su-isse, gibt es für Grossbanken im Bereich der compliance kein «one Size fits all». Die moderne informations- und Kommuni-kationstechnologie fordert das Business heraus, denn in zukunft wird die laufend produzierte Datenmenge das bisher ge-speicherte Volumen bei Weitem übertref-fen. Hier werde der einsatz von Know-ledge management nötig.

allerdings – so Dr. Kurt mäder – könne die Datenflut auch als chance interpre-tiert werden. richtig analysiert und aus-ge wertet, können Kundenverhalten und Kun denbedürfnisse besser interpretiert werden. für Heinz von allmen besteht die Herausforderung weniger in der menge, als im Suchen und im finden der richti-gen Daten. es gehe darum, die Daten zukanalisieren und zu ordnen, die richtigen Verarbeitungsprozesse einzuführen und das records-Lebenszyklus-management in Gang zu setzen.

DIEKRUxDESInFORMATIOnSzEITAlTERS

text JacquelIne schleIer*

Banknoten sind nichts anderes als physische informationsträger. Deshalb sind Banken informationsverarbeiter. Sie verarbeiten vertrauliche informationen. Des-halb ist das Datenmanagement so wichtig geworden. Die jüngsten ereignisse ha-ben gezeigt, wie essenziell im Big-Brother-zeitalter die Datensicherheit geworden ist. Wie wichtig es ist, kriminellen elementen den zugriff zu sensiblen Daten zu ver-wehren. andererseits können Bankgeschäfte für die Kunden nur dann effizient und gut abgewickelt werden, wenn die dafür notwendigen Daten zur richtigen zeit am richtigen Ort verarbeitet und ausgewertet werden können. nur so können die Kun-denbedürfnisse zeitgerecht erkannt und befriedigt werden. Das wiederum ist die Grundlage für eine gute Qualität der Dienstleistung und für zufriedene Kunden.

es gehört zu den Spezialitäten des finance forum, brisante themen aufzu-greifen, diese zu diskutieren und die finanzindustrie dafür zu sensibilisieren. nur wer rechtzeitig die Weichen stellt, kann sich im globalen Wettbwerb behaupten. Das finance forum hat sich das hohe ziel gesetzt, die interdependenzen zwi-schen der modernen informations- und Kommunikationstechnologie und der fi-nanzindustrie aufzuzeigen. Daraus ergeben sich grosse Herausforderungen – aber auch chancen. Wer das Datenmanagement und die it-Governance beherrscht, der kann sich im immer härter werdenden globalen Wettbewerb be-haupten. Das finance forum will dazu seinen Beitrag leisten!*managing Partner finance forum aG

HeinzvonAllmen,leiter

groupRecordsManage-

mentderUBS

PublIrePOrtage

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als Leiter des retro-managements der Bank Julius Bär sind Sie verantwortlich für die Vertrags- und Provisionsadministration externer Vermögensverwalter und finder – ein arbeitsintensiver Bereich. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie und ihre mitarbeiter? TobiasWeidmann: es ist vor allem die Vielzahl der abrechnungs-modelle, die unsere administration auf eine harte Probe stellt. Die von unseren eams garantierte flexibilität wächst zu einer echten Herausforderung heran. eines unserer ziele ist deshalb die effizientere Verwaltung der retrozessionszahlungen. ausser-dem wollen wir den Service für unsere externen Vermögensver-walter und fin der komfortabler gestalten. Die reibungslose und nachvollzieh bare Verwaltung ihrer retroabrechnungen und Ver-träge ist eine un serer Hauptaufgaben. Dazu gehören weiterhin die Pflege der Stammdaten, eine professionelle analyse und ein ebensolches reporting und selbst verständlich die auslösung aller zahlungen an unsere Partner.Vor welchen anforderungen steht die it in solch abrechnungs-inten siven Bereichen einer Privatbank?AdrianHirsig: Unser Problem war das Vorgängersystem. es war eine individuelle Lösung, die schon längere zeit im einsatz war. Sie konnte mit den entwicklungen zu mehr flexibilität und den forderungen nach mehr transparenz nicht mehr Schritt halten. ausserdem bot das System keine Unterstützung für elektronisch gesteuerte arbeitsprozesse. nur mit hohem personellem auf-wand liessen sich die abrechnungen durchführen. Der Pflege-aufwand unserer individuallösung stand in keinem Verhältnis

mehr zu den aktuellen anforderungen. Hier war ein unüberseh-barer Handlungs bedarf entstanden. Bei der Suche nach Lösun-gen, unsere Prozesse schnell und nachhaltig zu modernisieren, sind wir immer wieder auf das thema automatisierung gestos-sen. Hier wollten wir ansetzen. Bei dem Stichwort automatisierung denkt man schnell an den völligen Umbau der bestehenden Prozesse. Welche anforderun-gen stellten Sie an eine Lösung, die ihre arbeitsabläufe automa-tisieren konnte, dabei schlank blieb und sich rasch ins eigene Gesamtsystem integrieren liess?AdrianHirsig: im fokus der anforderungen stand ganz klar die modernisierung des gesamten abrechnungs-Workflows. Schlüs-sel anforderung an die neuen Werkzeuge war deshalb, wie voll-ständig sie eine automatisierung unserer Prozesse zuliessen. Berechnungs modelle sollten zuverlässig ins neue System einge-führt oder modifiziert werden können – und zwar ohne abhän-gigkeiten von it-ressourcen. Das galt auch für künftige retro-Berechnungen und regulierungsanforderungen. für die aus wahl

interVieW thOMas MessMer

DAS fONDSMANAGEMENT GERäT IMMER STäRkER INS vISIER STRATEGISCHER ANPASSUNGEN. bANkEN SE-

HEN SICH vOR DIE NOTwENDIGkEIT GESTEllT, DIE ADMINISTRATION UND AbRECHNUNG AllER PROvISIONS-

zAHlUNGEN IN DIE EIGENEN PROzESSE zU INTEGRIEREN. DAbEI köNNEN DIE IMMER kOMPlExER wERDENDEN

AbRECHNUNGSMODEllE MANUEll NICHT MEHR bEwälTIGT wERDEN. zUSäTzlICH vERSTäRkEN NEUE vOR-

SCHRIfTEN NACH MEHR TRANSPARENz DEN DRUCk AUf DAS GESAMTE RETRO-MANAGEMENT. DAS wIRfT fRA-

GEN NACH UMfASSENDER AUTOMATISIERUNG AUf. DIE bANk jUlIUS bäR HAT SICH füR DIESEN SCHRITT ENT-

SCHIEDEN – MIT ERfOlG.

Kompromisslose Automatisierung im Retro-Management

«BeiderSuchenachlösungen,unsereProzes-

seschnellundnachhaltigzumodernisieren,sind

wir immerwiederaufdasThemaAutomatisie-

runggestossen.»AdrianHirsig

PublIrePOrtage

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der neuen Lösung war demnach entscheidend, dass sie auch für künftige entwicklungen gerüstet war. neben der modernisierung des retro-managements stand grundsätzlich eine Verschlan-kung unserer Systemlandschaft an. Da der Pflegeaufwand für unsere individuellen applikationen zu hoch war, kam nur eine Standardlösung in frage, die gleichzeitig extrem flexibel auf die eigenen Bedürfnisse eingestellt werden konnte. Wir brauchten in jedem fall eine Lösung, die gleichzeitig für unsere vorgela-gerten und nachfolgenden Schnittstellen offen war.

eine weitere Kernanforderung an die neue anwendung war die vollständige nachvollziehbarkeit der abrechnungsmodelle. mit einem umfassenden audit-trail wollten wir unseren externen Vermögensverwaltern einen wesentlich verbesserten Service bieten. ein umfassendes reporting ist inzwischen unverzichtba-res instrument in unserer durchdeklinierten regulierungsland-schaft. Standardlösung mit hohem individualisierungsbedürfnis klingt nicht unbedingt leicht vereinbar. fertige Lösungen gibt es immer mehr und individuelle anpassungen kann man selten im Vorfeld überprüfen. Wie sind Sie bei der evaluierung für die Lösung ih-rer ansprüche vorgegangen?TobiasWeidmann: Wir haben einen eigenen evaluationsprozess dafür eingesetzt. Kern dieses Vorgehens ist eine Bewertungs-matrix, die wir voll auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten haben. nach der formulierung eines anforderungskataloges haben wir referenzgespräche mit den Bewerbern durchgeführt. Die ein-zelnen anforderungen und fragen haben wir nach unserer mat-rix gewichtet und streng bewertet. ausschlaggebend war dann auf Grund lage dieser matrix die Beurteilung durch unser gesam-tes Projektteam. auf diese Weise haben wir einerseits Bewer-tungskriterien, die sich auf klare fakten stützen, und vernach-lässigen auf der anderen Seite nicht die «weichen» faktoren. Dieses Vorgehen bewährt sich, wie dieses Projekt gezeigt hat.nachdem sie mit calculo von der Sowatec aG den geeigneten Kandidaten gefunden hatten, wie vollzog sich der Projektab-lauf? in welchem zeitrahmen sind die ehrgeizigen ziele umge-setzt worden und welche Probleme sind während der Umsetzung aufgetaucht?TobiasWeidmann: Das Projekt stellte gleichsam hohe anfor-derungen auch an die terminliche Umsetzung der Lösung. Pla-nungs- und evaluationsphase waren nach zwei monaten abge-schlossen. in den ersten sechs monaten wurde die gesamte Kon zeption der Lösung erarbeitet. Diese Phase sind wir mit gros-ser Sorgfalt angegangen. Je disziplinierter und umfassender die Definition der anforderungen formuliert wird, desto weniger muss dann in der eigentlichen Umsetzungsphase korrigiert wer-

den. Dank der konse quenten einhaltung dieses Vorgehens waren dann die realisierung und das rollout in nur einem Quartal ge-schafft. nach insgesamt nur zehn monaten konnten wir mit der einbindung der Lösung in die bestehenden Systeme beginnen.

Bei Projekten mit diesen komplexen technischen anforde-rungen müssen selbst bei sorgfältigster Vorbereitung eingriffe während der Umsetzung vorgenommen werden. Glücklicherwei-se hatten wir mit Sowatec einen Partner, der flexibel und schnell auf unsere änderungswünsche reagierte. Wie haben sich seit einführung der neuen Lösung die arbeits-abläufe im retro-management verändert? Wie zufrieden sind Sie mit den neuen Werkzeugen und welche weiteren massnah-men sind geplant?TobiasWeidmann: Der gesamte abrechnungsprozess unserer Kickbacks läuft jetzt wesentlich effizienter und schneller. Seit ein führung von calculo kann der gesamte Workflow elektro-nisch rea lisiert werden. zudem sinkt das operationelle risiko bei den abrechnungen gegen null, weil menschliche eingriffe nicht mehr nötig sind. Die personelle entlastung unserer mitarbeiter ist gewaltig. mit der automatisierung der retrozessionszahlungen haben unsere fachleute wieder Kapazitäten für spezielle aufga-ben. Von den neuen funktionen des audit-trail profitieren unsere externen Vermögensberater und finder. Das verbessert unseren Service für sie signifikant. Und schliesslich konnten wir die Kos-ten für die Pflege und Weiterentwicklung der applikationen deut-lich senken. zusammenfassend können wir sagen, wir sind mit der Lösung vollumfänglich zufrieden. Deshalb haben wir tatsäch-lich den ausbau des Systems ins auge gefasst. Wir planen zu-sätzliche reports und den ausbau des clients für relation ship-manager.

Bei fragen gibt ihnen thomas messmer gern auskunft oder sendet ihnen die neue calculo-Produktbroschüre zu.

Kontakt:[email protected], telefon +41 44 952 55 55

DieJuliusBärgruppe,gegründetimJahr1890,istderführende

reine Vermögensverwalter in der Schweiz und konzentriert

sich ausschliesslich auf Private Banking und Asset Manage-

mentfürprivateundinstitutionelleKundschaft.JuliusBärbe-

treute per 30. Juni 2009 Kundenvermögen von insgesamt

CHF 367 Mrd, einschliesslich verwalteter Vermögen in der

HöhevonCHF299Mrd.JuliusBärbeschäftigtmehrals4000

Mitarbeitendeinüber20ländernundan40Standorten–unter

andereminzürich(Hauptsitz),BuenosAires,Dubai,Frankfurt,

genf,Hongkong,london,lugano,Mailand,Moskau,newyork,

SingapurundTokio.

«JedisziplinierterundumfassenderdieDefiniti-

onderAnforderungenformuliertwird,destowe-

nigermussdannindereigentlichenUmsetzungs-

phasekorrigiertwerden.»TobiasWeidmann

PublIfOruM

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Die Schweizer Bankenplattformen zählen zu den besten in Euro-pa: Das belegt die zunehmende Ablösung proprietärer Software in den meisten Schweizer Banken. Stattdessen kommen Kern-bankenlösungen wie das Avaloq Banking System zum Einsatz, am häufigsten im Private Banking und im Retail-Segment. «Wir sind stolz darauf, sowohl die meisten grossen Kantonalbanken als auch zahlreiche Privatbanken im In- und Ausland in unserer Community zu haben», sagt Avaloq-CEO Francisco Fernandez.

auf Standards beruhende Kernbankenlösungen treiben die industrialisierung der Bankprozesse voran. Die Schweizer Ban-ken sind hierin weltweite Vorreiter, vollziehen den Umstieg, wäh-rend im ausland vielenorts erst darüber nachgedacht wird. «Swiss Banking» in form von Software – ein nachhaltiges er-folgsmodell.

MEHR flExIbIlITäTDie Gesamtbankenlösung ist hochgradig standardisiert, lässt sich modular erweitern und bindet über offene Schnittstellen auch Legacy-Lösungen mit ein. Banken und andere Unternehmen der Finanzbranche erhalten damit einen hohen Grad an Flexibilität und profitieren zudem vom regen Erfahrungsaustausch in der Avaloq-Community, dem Treffpunkt von IT-Spezialisten der Kun-den, Partner und von Avaloq. Francisco Fernandez sieht die In-novationskraft dadurch gestärkt: «In jenen Bereichen, die nicht durch Standardprozesse abgedeckt werden, können die Banken ihre Kunden mit Innovationen an sich binden, individuelle Pro-zesse enger an den Geschäftsprozessen ausrichten.»

Die Gesamtbankenlösung ist das fundament einer neu struk-turierten Softwarelandschaft, in die Bankprozesse leichter denn je eingebettet werden können. «Gesamt» bedeutet nicht starr; das avaloq Banking System umfasst vielmehr das ganze Bündel an Prozessen und lässt sich dabei individuell an die erfordernisse des instituts anpassen. Denn die märkte unterscheiden sich hin-sichtlich der it-instrumentarien: Je nach region, Spezialisierung

oder Kundensegment ist für eine Bank ein integrales Portfolio-management wichtig, für eine andere dagegen eher eine Kon-taktcenter-funktionalität.

MEHR SICHERHEIT Das Avaloq Banking System bietet aufgrund seiner modularen Softwarearchitektur die bestmögliche Unterstützung zur Abbil-dung aller Sicherheitsanforderungen. Es erlaubt einer Bank, die Zugriffe auf die Daten strikte zu regulieren. Sie kann dazu Pro-file definieren. Dies bedeutet, dass jegliche denkbare Anforde-rung, was gesehen und verändert werden darf, abgebildet und dann den Mitarbeitern zugewiesen werden kann. Dies wiederum setzt klare Spezifikationen der Bank voraus.

MEHR wACHSTUMDie Finanzkrise führt zu einer globalen Neuordnung der Finanz-märkte; viele Schweizer Banken haben Vorwärtsstrategien for-

bernharD zIhler, aVaLOQ eVOLUtiOn aG

GESAMTbANkENlöSUNGEN ERSETzEN IN IMMER MEHR bANkEN vERAlTETE PROPRIETäRE SOfTwARE. DAMIT

GEwINNEN DIE INSTITUTE AN flExIbIlITäT UND köNNEN DAS SySTEM AN IHRE bEDüRfNISSE ANPASSEN. DER

zUGRIff AUf DIE DATEN läSST SICH MITTElS PROfIlEN SORGfälTIG REGUlIEREN.

Mehr Freiraum und mehr Sicherheit

DAS AvAlOq bANkING SySTEM

Dank des Avaloq banking Systems können sich kundenberater auf

ihre kernkompetenzen und die kundenarbeit konzentrieren.

PublIfOruM

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muliert und suchen Wachstum über eine Expansion ins Ausland, in die Emerging Markets oder mit Onshore-Strategien in Europa. Avaloq geht mit ihnen und verhilft ihnen zu mehr Effizienz und tieferen Kosten, indem Synergien freigesetzt werden. «Unsere Software erfüllt die höchsten Compliance-Standards und bietet ein hoch integriertes Reporting mit Bewertungen, Steuerrepor-ting etc. an – und dies auch in komplexen Regulationsräumen wie Deutschland», sagt Francisco Fernandez. Die Gesamtban-kenlösung entspricht laufend dem Stand der gesetzlichen Regu-latorien. Immer mehr Sprachen kommen hinzu, immer mehr The-men deckt die Software ab, die sich dank ihrer Struktur leicht an die lokalen Märkte anpassen lässt. Die Anwender in den Ban-ken müssen sich dank dem Avaloq Banking System nicht mit Routineaufgaben befassen, nicht mit den geänderten Rechts-vorschriften, sondern haben den Kopf frei für ihre Kernaufgaben und die Kundschaft.

Kontakt:AvaloqEvolutionAgBernhard zihler , lic. phil.Pr & communicationszürcherstrasse 59, cH-8800 thalwiltelefon: +41 58 316 10 10e-mail: [email protected]

Über avaloqDie Avaloq-Gruppe ist Schweizer Marktführer für standardisierte

bankensoftware. Mit dem Avaloq banking System hat das Unter-

nehmen eine integrierte und modular einsetzbare Gesamtbanken-

lösung für Privat-, Retail- und Universalbanken, vermögensverwal-

ter sowie Transaktionsbanken auf dem Markt, auf die bereits rund

40 banken weltweit vertrauen. Daneben bietet Avaloq Serviceleis-

tungen über den gesamten lebenszyklus der banking Software an.

In der Avaloq Academy werden kunden zur selbständigen weiter-

entwicklung des Avaloq banking Systems ausgebildet. Die Avaloq-

Community ist für über 35'000 User, Partner und Angestellte von

Avaloq Plattform zum Austausch von know-how und innovativen

Ideen. Avaloq ist in zürich und an weiteren Standorten in der

Schweiz sowie mit Niederlassungen in luxemburg, frankfurt, wien,

Moskau, Dubai und Singapur präsent. Im zuge der Internationali-

sierungsstrategie werden weitere Niederlassungen angestrebt.

Die Avaloq-Gruppe ist mit mehr als 500 Mitarbeitenden Markt-

führer in der Entwicklung von bankensoftware. über 35 finanzinsti-

tute weltweit vertrauen auf das Avaloq banking System. Es ersetzt

bestehende IT-Systeme und integriert diese in eine universelle,

modular aufgebaute bankenplattform.

weitere Informationen: www.avaloq.ch

francisco fernandez, CEO der Avaloq Evolution AG und Architekt des Avaloq banking Systems

@ analYse

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Spitzenbankerwollenausdenschmerz-

lichenErfahrungenlehrenziehen.

eingeführt, ohne die anhaltende Dynamik der finanzmärkte zu berücksichtigen.

Dabei müssen schon heute weltweit 10 milliarden transaktionen im weltweiten finanzsystem verarbeitet werden. neben dieser abwicklung dürften die steigenden regulatorischen auflagen die Komplexität weiter erhöhen und für die finanzakteure eine zusätzliche Herausforderung darstel-len. Dabei gibt es heute schon 10 000 re-gulatorische Vorschriften, die quantitativ und qualitativ noch zunehmen werden.

DATENSTANDARDISIERUNG AlS CHANCE füR kRISENPRävENTIONals eine der strategischen Lehren aus der finanzkrise könnte der it eine zentra-le rolle zukommen, künftige Volatilitäten und Krisen präventiv zu bekämpfen, wenn regulierer, finanzaufsicht und industrie die chance für eine Kooperation nutzen, meint Prof. Jetter, konkret etwa die ope-rativen Vorteile der Datenstandardisierung anzuerkennen und umzusetzen. Dies ist umso wichtiger, wenn die politisch Verant-wortlichen realisieren, dass die Sammlung, Verarbeitung und auswertung der Daten aller marktteilnehmer immer wichtiger wird, um aufkommende risiken recht zeitig zu erkennen und zu publizieren. neue intel-ligente technologien sollten in der Lage sein, der Datenflut Herr zu werden. Dafür sprechen erstens die zu nehmende re-chenpower von Supercomputern, zwei-tens immer grössere Haupt speicher und

Spitzenmanager wie Deutsche Bank chef Josef ackermann fordern nicht nur «stra-tegische Lehren» zu ziehen, sondern räu-men zwischenzeitlich offen ein, dass das risi komanagement «neu strukturiert», aber auch die risikodisziplin gewahrt bleiben muss. Der Vorstandschef der Dz Bank Wolfgang Kirsch brachte es auf der eUrO finance WeeK in frankfurt im november 2009 gar auf die formel, dass «Banken und regulierer viel weniger über ihr Geschäft wissen als sie denken.» eine bemerkenswerte Selbsterkenntnis.

Viele Lehren sind aus der globalen fi-nanzkrise zu ziehen. mehr transparenz, mehr Kompetenz, mehr Disziplin, aber auch besseres risikomanagement zäh-len zu den forderungen. Dabei kann it eine wichtige rolle spielen.

Die Krise der finanzmärkte und die ver heerenden folgen für die Volkswirt-schaften haben vielen klargemacht, dass rea lität und Gefahren hochkomplexer globaler Systeme nicht zu unterschätzen sind. Die finanzmärkte haben nach ein-schätzung von Prof. martin Jetter, Vorsit-zender der Geschäftsführung von iBm Deutschland «nicht die nötige Geschwin-digkeit und Dynamik, die das 21. Jahrhun-dert erfordert. Banken konnten die vielfäl-tige Vernetzung ihrer Produkte und deren risiken kaum noch managen. Die man-gelhafte Beherrschung der Komplexität führte zu gigantischen Schäden. Die da-hinterliegenden Systeme wurden vor ei-nem Jahrzehnt und mehr eingeführt – in einer anderen Welt.»

Jetter spricht in seiner Bestandsauf-nahme einen bedeutsamen Punkt an. Die

revolution an den finanzmärkten der letz-ten zwei Jahrzehnte war qualitativ und quan titativ enorm, die it konnte in vielen fällen nicht mehr Schritt halten. mehr noch. im zuge der global diskutierten und partiell implementierten reregulierung der finanzmärkte werden neue institutionen und rahmenkonzepte auf der Basis veral-teter oder herkömmlicher technologien

text hans-JÜrgen Maurus

DIE GlObAlE fINANzkRISE HAT vIElE SCHwACHSTEllEN AN DEN fINANzMäRkTEN, bEI DER fINANzAUfSICHT

UND zAHlREICHEN bANkEN AUfGEDECkT. AUCH DAS RISIkOMANAGEMENT vIElER fINANzINSTITUTE wAR

MANGElHAfT ODER HAT SCHlICHT vERSAGT.

Brutale Schwachstellen

fINANzkRISE, RISIkOMANAGEMENT UND ICT

@ analYse

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zwingen, würde die Datenflut weiter zu-nehmen. im Bereich Systemic risk zeich-nen sich laut Prof. Jetter vier Bereiche ab:1. modellierung von systemischen

risiken2. Bereitstellung geeigneter Daten3. adäquate rechenpower4. aufbau der regulation

Konkret arbeitet iBm am forschungslabor Watson research center unter der rubrik «reference Data for Systemic risk» und stützt sich dabei auf Konzepte, die von der europäischen zentralbank, der new York fed und von SWift gefördert wer-den. ziel der forschung ist es, eine Platt-form mit qualitätsgesicherten Stamm -daten über alle Wertpapiergattungen zu schaffen, keine «golden copy» sondern eine «golden source». Damit soll die Grund-lage für eine effektive Unterstützung des risikomanagements auf einer transparen-ten Basis geschaffen werden. Davon könn-ten sowohl regulatoren als auch einzelne institute und marktteilnehmer profitieren, vor allem in Hinblick auf das erkennen und Bewerten systemischer risiken.

STEIGENDE kOMPlExITäTDie finanzkrise hat auch die Struktur-schwächen im Bankenmanagement, bei den aufsichtsbehörden, zentralbanken, bei den ratingagenturen und in der Poli-tik offenbart. allen gemeinsam ist ein wachsendes Kompetenzdefizit angesichts steigender Komplexität. Die angeblich so sicheren Simulationsmodelle erwiesen sich als wertlos, weil sie nicht zuletzt im-mer nur risiken, Gefahren und Krisen aus der Vergangenheit simulierten. in der re-gel wird auch die Komplexität der materie aufgrund fehlenden Know-hows im ma-nagement unterschätzt. Viele aufsichts-räte sind gar nicht in der Lage, risiken zu durchdringen und zu erkennen.

eine Stärkung des risikomanagements verlangt auch Bundesbankpräsident axel Weber, der künftig eigenkapitalerleichte-rungen nur noch dann gewähren will, wenn die risikomanagementstrukturen verbes-sert werden.

drittens schnellere Speicher technologien durch Datenkompression. Ob eine analy-se von risikodaten in echtzeit möglich wird, bleibt abzuwarten. Gleichwohl kön-nen smarte technologien die art der Da-tensammlung, Verarbeitung und analyse verbessern. allerdings nur dann, wenn eine Standardisierung der Daten und der unterliegenden Sprache erfolgt, argumen-tiert iBm topmanager Jetter, weil sich sonst die Schere zwischen dem beschleu-nigten fortschritt der it und der zu lang-sam voranschreitenden Datenstandardi-sierung weiter öffnet.

RISkANTES SIlODENkENals eine der zentralen Ursachen für un-zureichende transparenz im eigenen risiko profil machen it-fachleute das Si-lodenken in den Banken aus. Das risi-komanagement sei fachlich und technisch von Silos an risikoarten geprägt, z. B. marktrisiko, Kreditrisiko oder operationel-les risiko, die hinter trennwänden gema-naged werden. Hinzu kommen Silos von Geschäftsbereichen, regionen oder bei zentralfunktionen wie risikocontrolling und finanzen. nur eine integrierte Sicht der risiken, also ein integriertes risiko-management, kann diese Schwach stelle beheben. zum integrierten risikomana-gement gehört aber insbeson dere auch eine Verbesserung des «re portings», um die Geschäftsleitung zeitnah und umfas-send über das aktuelle ri sikoprofil zu in-formieren. Prof. Jetter fordert «holistische horizontale Organisationsmodelle», um das Silodenken zu über winden. Die Simu-lationsmodelle hätten versagt, weil die ri-siken in den Silos entstanden, aber die Gefahren nicht gesehen wurden.

«Hatte man ein risiko gegenüber Leh-man, wusste man es nicht», beschreibt Stephen Skrobala, Direktor von Oracle fi-nancial Services, das Debakel bei vielen finanzakteuren. Silos sind wie felder, «man hat Produkte, aber keine Verknüp-fung». risiken wurden einfach weiterge-reicht, so lange, bis sie nicht mehr identi-fizierbar waren. «risiken kann man nie aus schalten», warnt Skrobala, «aber man kann sie identifizieren.» auch die modell-gläubigkeit erwies sich als risiko, weil po-tenzielle Gefahren unterschätzt wurden.Daten allein garantieren übrigens keine

transparenz, vor allem dann nicht, wenn sie überall verstreut oder schwierig heraus-zufiltern oder nicht formatiert sind. zudem haben Daten aus operationellen Systemen häufig nur eine begrenzte aussagefähig-keit. Umso grössere Bedeutung erhält daher eine integrierte risikomanagement-strategie. Sowie die Wachsamkeit des managements, sich nicht blind auf mathe-matiker oder risikomanager zu verlassen. Dazu gehört auch, kritische fragen zu stellen, wenn Projekte oder Produkte nicht verstanden werden.

SySTEMISCHE RISIkEN UND «GOlDEN SOURCE»Die globale finanzkrise hat eine Vielzahl von Schwachstellen aufgezeigt, darunter das «too big to fail» -Syndrom sowie ein hochgefährliches Systemrisiko, wenn etwa ein Schneeballeffekt nach dem zusam-men bruch einer systemrelevanten Bank à la Lehman Brothers oder Hypo real es-tate droht. auch bei der Betrachtung sys-temischer risiken kommen Daten eine Schlüsselrolle zu. Denn die geplante Grün-dung eines «european Systemic risk Boards» macht unabhängig von den Kom-petenzen nur dann Sinn, wenn eine solche institution über ausreichende informatio-nen verfügt, um anzeichen gefährlicher trends zu erkennen und vor einer herauf-ziehenden Katastrophe zu warnen.

Viele fragen sind ungeklärt. Wie soll die regulierung aussehen, um Systemri-siken auszuschalten? Welche arten von Daten werden benötigt und sind sie über-haupt vergleichbar? Und wie werden Da-ten künftig gekennzeichnet und referen-ziert ? relevante Daten müssten in jedem fall zusammengeführt und konsolidiert werden. regulatoren sind aber nur fähig, systemische risiken effektiv zu beherr-schen, wenn alle grossen akteure die glei-che Sprache sprechen, soll heissen, die richtigen Daten rechtzeitig im gleichen format zur Verfügung stehen.

nicht zu vergessen der gewaltige Um-fang der Datenmengen. neben Wertpa-pier- und Unternehmensdaten geht es auch um informationen über emittenten, Garantiegeber, Wertpapierstammdaten, markt daten etc. Und sollte die Politik ge-genüber dem Schattenbankensystem ernst machen und mehr transparenz er-

technOlOgY rePOrt

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mationen oder der mobile Versicherungs-abschluss kamen hingegen eher schlecht an. Vorreiterin in Sachen mobile apps ist vor allem die US-amerikanische asseku-ranz. So hat beispielsweise die in Ohio beheimatete nationwide als erste Ver-sicherungs gesellschaft im vergangenen frühling eine iPhone-anwendung auf den markt gebracht, die bei autounfällen nütz- liche Dienste leistet: nachdem es ge-kracht hat, gibt das Programm dem Len-ker Schritt-für-Schritt-anweisungen, hilft beim informationsaustausch mit dem an-deren fahrzeughalter und per Knopfdruck können Polizei, Krankenwagen, ab-schlepp dienst oder der nächste Versiche-rungsagent gerufen werden. mithilfe von GPS und Handykamera wird der Unfallort exakt bestimmt und der Schaden kann auf diese Weise detailliert dokumentiert werden. auch farmers, eine tochterge-sellschaft der zurich financial Services, hat mittlerweile nachgezogen und eine ähnliche applikation vorgestellt. Konkur-rentin Geico hingegen setzt auf transak-

Das internet hat den Sprung in die mobi-lität definitiv geschafft: Spätestens seit apples iPhone den markt vor gut zwei Jahren im Sturm erobert hat und quasi zur Blaupause für neue Smartphones wur-de, ist das internet aus der Hosentasche zur massenanwendung geworden. mittler-weile sind in der Schweiz schätzungswei-se rund 1,4 millionen Smartphones in Be-trieb – gut ein Drittel davon sind iPhones. Dementsprechend rasch steigt auch die nachfrage nach mobilen applikationen, den sogenannten apps, die sich die nut-zer auf ihre alleskönner-Handys laden: Jeder User installiert sich gemäss dem Be ratungshaus Gravity tank durchschnitt-lich rund 25 dieser Progrämmchen auf sein mo biltelefon.

Von diesem trend können auch Versi-cherungen in hohem masse profitieren, ist elgar fleisch, Professor für informations- und technologiemanagement an der etH zürich sowie an der Universität St. Gallen überzeugt: «mobile applikationen bergen ein immenses Potenzial für die asseku-ranz. Schliesslich ermöglichen sie nicht nur die erschliessung eines neuen Ser-vicekanals, sondern bringen auch eine klare erhöhung der Kundenbindung und können in bestimmtem mass auch als Vertriebskanal wirken. Und dies ist insbe-sondere in zeiten, in denen die Versiche-rer unter hohem Differenzierungsdruck ste hen, von grosser Bedeutung.»

fleisch weiss, wovon er spricht. er ist mitbegründer des i-Lab, das sich unter

an derem die erforschung der neuen an-wendungsmöglichkeiten des mobiltele-fons für Versicherungen auf die fahne geschrieben hat. Das 2007 als gemein-same initiative der etH zürich und der Universität St. Gallen gegründete Kompe-tenzzentrum sieht sich dabei in erster Linie als verlängerte Werkbankseiner industrie-partner. So führt es im auftrag von Versi-cherungen oder technologieunternehmen Studien durch, entwickelt Prototypen und versucht, die Bedürfnisse der endkunden zu ergründen.

So etwa im rahmen einer Studie, die das i-Lab kürzlich gemeinsam mit der Swisscom durchgeführt hat. Deren erklär-tes ziel war es, relevante mobile anwen-dungen für Versicherungen zu identifizie-ren. Dafür liessen die Wissenschaftler potenzielle Versicherungs-apps von rund 2000 nutzern bewerten. Das klare fazit: applikationen auf dem Handy haben bei den nutzern eine weit höhere akzeptanz, als von der hiesigen assekuranz bislang vermutet.

Dabei haben gemäss der Studie jene mobilen Dienste, die einen hohen Service-charakter aufweisen, die besten erfolgs-aussichten: So schnitten in der nutzerbe-wertung tools, die unmittelbar in einem Schadenfall von nutzen sind, wie beispiels-weise ein notfallknopf, eine erste-Hilfe-Unterstützung oder ein mobiler Scha-densmeldungsassistent mit abstand am besten ab. Verkaufsorientierte anwendun-gen wie individualisierte Produkteinfor-

text clauDIa barDOla

MObIlE APPlIkATIONEN füR DAS HANDy bERGEN füR DIE ASSEkURANz EIN ENORMES POTENzIAl: DIE vERSI-

CHERER köNNEN DAMIT NICHT NUR IHREN kUNDEN EINEN DEUTlICHEN MEHRwERT bIETEN, SONDERN GlEICH-

zEITIG AUCH DIE INTERNEN PROzESSE bESCHlEUNIGEN.

Mobile Apps: Chance zur Differenzierung

So können Sich VerSicherungen «App-heben»

ElgarFleisch

istProfessor

fürInforma-

tions-und

Technologie-

manage-

ment.

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tionsbasierte Dienste: mit ihrer anwen-dung können Kunden einsicht in ihre Versicherungs police nehmen, diese an-passen und auch mobil abrechnen.

SCHwEIzER ASSEkURANz wIll AUfHOlENin der Schweiz sind derweil mobile appli-kationen von Versicherungen noch recht spärlich gesät. Bis auf Kalorienrechner, Wetteralarm oder ähnlich informations-lastige Dienste sind bislang kaum entspre-chende angebote auszumachen. Doch das dürfte sich schon bald ändern, prog-nostiziert fleisch: «im vergangenen Jahr hat sich bei vielen Versicherern ganz klar die erkenntnis durchgesetzt, dass man mit dem mobiltelefon mehr tun kann, als bloss zu telefonieren und dass entsprechende applikationen die möglichkeit zur Differen-zierung bieten. ich bin überzeugt, dass wir in den nächsten zwei Jahren eine ganze reihe neuer apps sehen werden.»

Das entsprechende Know-how ist auf alle fälle bereits vorhanden. So hat das

i-Lab etwa mit der Geschäftssoft-wareschmiede SaP ein entsprechendes for sch ungsprojekt in Sachen mobile Schadenmeldung aufgegleist. in einem ersten Schritt wurden bestehende Geschäftspro zesse im Schadenmanage-ment analysiert und Optimierungspoten-zial identifiziert. auf bauend auf diesen ergebnissen wurde ein Demonstrator zur mobilen Scha denmeldung gebaut. Grund-sätzlich soll die applikation für Smartpho-nes unkompliziert den Kontakt zur Versi-cherung herstel len. neben dem direkten telefonischen Kontakt erfährt der Kunde auch interaktiv, wie er reagieren soll und welche Versicherungsleistungen er in anspruch nehmen kann. Gleichzeitig wird der Schadensabwicklungsprozess bei der Versiche rung automatisch ausgelöst.Gerade im Schadenmanagement können Versicherer mit mobilen anwendungen also einen echten mehrwert bieten. Und das scheint umso wichtiger, als dass die zufriedenheit des Kunden mit seinem Versicherer heute vor allem durch die ab-

wicklung im Schadenfall beeinflusst wird. auf der anderen Seite profitiert auch die Versicherung selbst – nämlich dadurch, dass sie umgehend über den Schadenfall informiert wird und damit die Bearbei-tungsprozesse beschleunigen und auch gezielt steuern kann.

Denn statistisch gesehen werden heu-te nicht einmal ein Viertel der Kfz-Haft-pflicht oder -Kaskoschäden in den ersten beiden tagen nach dem Unfall gemeldet, sondern erst dann, wenn bereits Kosten entstanden sind.

Bei einer zeitnahen Schadenmeldung hingen kann der Versicherer die bestmög-liche abwicklung veranlassen, beispiels-weise, indem er seine Vertragspartner für reparatur- und abschleppdienste aufbie-tet. experten gehen davon aus, dass in diesem Bereich Kosteneinsparungen von bis zu 15 Prozent drinliegen. Doch selbst bei einer reduktion von lediglich fünf Pro-zent könnte ein mittelgrosses Schweizer Versicherungsunternehmen jährlich zwei-stellige millionenbeträge einsparen.

ARGyOU AG HAT SICH ExklUSIv DEN wICHTIGSTEN ANbIETERN vON vERSICHERUNGSlEISTUNGEN IM INTERNET

zUGEwANDT. DIE bEDEUTENDSTEN THEMEN, wElCHE AUf DEN wEbSEITEN DER vERSICHERUNGEN ANGEbOTEN

wERDEN, SIND ONlINE-SERvICES, E-bUSINESS, ONlINE-TOOlS, ONlINE-SCHADENSMElDUNGEN ODER fINANz-

RECHNER. IPHONE APPS ODER wIDGETS SIND OffENSICHTlICH (NOCH) kEIN THEMA füR DIE ASSEkURANz.

Offert-Tools für Prämienrechner?SCHwEIzER vERSICHERUNGEN TUN SICH SCHwER MIT DEM ONlINE-MARkETING (iPHONE APPS, wIDGETS)

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Schweizer Versicherungen tun sich schwer mit dem Online-Marketing iPhone Apps, Widgets, Offert Tools, Prämienrechner? Im Auftrag von ICT in Finance hat sich die ArgYou AG, als etablierte Anbieterin von aktuellen Online-Marktforschungen, exklusiv den wichtigsten Anbietern von Versicherungsleistungen im Internet zugewandt. Die bedeutendsten Themen, welche auf den Webseiten der Versicherungen angeboten werden, sind Online-Services, E-Business, Online-Tools, Online-Schadensmeldungen oder Finanzrechner. iPhone Apps oder Widgets sind offensichtlich (noch) kein Thema für die Assekuranz.

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Applikationen

Rechner

Online Berater

Finanzrechner

Schadensmeldungen

Applications

Client Tools

Online-Tools

E-Business

Online-Service

Die zehn wichtigsten Themen rund um Online-Applikationen gefunden auf den Webauftritten der fünf grössten Schweizer Versicherer.

DiezehnwichtigstenThemenrundumOnline-Applikationenge-

fundenaufdenWebauftrittengrösstenSchweizerVersicherer.

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Unabhängig von der Grösse der Webauftritte beschäftigen sich Zürich Versicherung, SwissRe und SwissLife derzeit am intensivsten mit den neuen Medienmöglichkeiten im Online-Marketing. Schlusslicht bei diesem Vergleich ist AXA Winterthur.

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AXA Winterthur

Bâloise Holding

Swiss Life

Swiss Re

Zürich Financial

Die fünf grössten Schweizer Versicherer verglichen nach ihrer Online-Affinität. Die ArgYou AG analysiert mit computergestützten Inhaltsanalysen systematisch Branchen und

Trends in der Onlinewelt. Weiterhin misst ArgYou auch die Qualität von Online-Kampagnen sowie Webseiten und findet stets die richtige Agentur für jedes Online-Projekt.

Die fünfgrösstenSchweizerVersichererverglichennach ihrer

Online-Affinität.

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Kanal gesammelt werden. Dabei gilt es spielerisch herauszufinden, wie das spe-zifische Kundenverhalten ist, was die an-wender wirklich interessiert und wie das mobiltelefon als zusätzlicher Kanal in die gesamte it-architektur sowie in die ent-wicklungs- und Software-Deployment-prozesse integriert werden kann.Wie schätzen Sie die aufwände ein, mit denen ein Versicherer bei der einführung von mobilen Services rechnen muss?aus finanzieller Sicht sind solche Projek-te absolut überschaubar und quasi «Pea-nuts» im Vergleich zu den grossen, noch immer anstehenden it-Vorhaben.aufwand besteht in organisatorischer Hinsicht: es muss ein Wandel in den Köp-fen stattfinden. mobilen anwendungen sind ein neuer Service-, Kommunikations- und Vertriebskanal. Dies betrifft die Kom-munikation, das Design von Produkten, die Kundenansprache oder die integrati-on von sämtlichen Partnern, die in die Dienstleistungsprozesse involviert sind.

ICT: Herr Bereuter, bereits vor zehn Jah-ren war mobile commerce in der asseku-ranz ein grosses thema. Die damaligen Projekte sind praktisch allesamt geschei-tert. Warum klappt es dieses mal?AlbrechtBereuter: Vor zehn Jahren war die technik nicht einmal ansatzweise be-reit für den mobile commerce. mittler-weile hat sich die art und Weise, wie mo-biltelefone eingesetzt werden, völlig verändert. Das Handy ist zum emotions-geladenen Gadget geworden, das man ständig bei sich trägt und längst nicht mehr nur zum telefonieren nutzt. Schliess-lich ist das mobile internet durch wesent-lich verbesserte mobilfunkstandards mas-sentauglich und dank flatrates auch er- schwinglich geworden. Selbst die instal - lation von applikationen auf dem mobil- telefon ist heute alltäglich.Wo können Versicherungsunternehmen durch den einsatz von mobilen anwen-dungen am meisten profitieren? mobile applikationen sind primär im Ser-vicebereich sowie in der Kundenanspra-che eine sehr vernünftige ergänzung zu den bestehenden Kanälen. Der typische Versicherungskunde hat eigentlich nur im Schadenfall direkt Kontakt zu seinem Versicherer – und ein solcher tritt laut Statistik nur alle sieben Jahre auf. mobile Dienste eignen sich hervorragend, um mit den Kunden in Verbindung zu bleiben. als zusätzlicher Vertriebskanal sind mo-bile anwendungen nur bedingt geeignet, weil die Schweiz ein sehr traditioneller markt ist und rund 80 Prozent des mas-sengeschäfts nach wie vor über agenten laufen. es ist unwahrscheinlich, dass Kunden, während sie im zug sitzen oder

auf den Bus warten, aus Langeweile eine Versicherung abschliessen. Denkbar wäre aber beispielsweise, dass im Be-darfsfall zusatzdeckungen über mobile anwendungen gekauft werden können, beispielsweise eine Ski- oder reisekos-tenversicherung. Weshalb ist die hiesige assekuranz den-noch so zögerlich, wenn es um den ein-satz von mobilen apps geht?Viele Unternehmen sind mit der ablö-sung von Kernapplikationen, der abbil-dung ihrer multichannel-Strategien oder der industrialisierung an sich beschäftigt. Kein Wunder also, steht die einführung von mobilen anwendungen nicht zuoberst auf ihrer agenda. zudem darf man nicht vergessen, dass die assekuranz bis vor wenigen Jahren noch ein stark regulier-ter Bereich war, in dem die innovations-kultur nicht besonders ausgeprägt war. erst jetzt sind langsam erste anzeichen auszumachen, dass die Versicherungen sich durch technische innovation zu diffe-

renzieren und zu positionieren versuchen.Hinken die Schweizer Versicherer also den mobilen trend hinterher?in unserer forschungsarbeit sehen wir, dass das Gros der Schweizer Versiche-rungen dem trend schon auf der Spur ist, und dass ein kleinerer teil sich bereits in der Umsetzung befindet. Wir stehen noch ziemlich am anfang der trendkurve. Was empfehlen Sie jenen Versicherern, die sich erst in der evaluierungsphase befinden?es ist an der zeit, sich mit dem thema in-tensiver zu befassen. es sollten kleinere Pilotprojekte initiiert und in diesem rah-men erste erfahrungen mit dem neuen

text clauDIa barDOla

wESHAlb vERSICHERUNGEN DAS THEMA «MObIlE APPS» AUf IHRER IT-AGENDA NACH ObEN SCHIEbEN SOll-

TEN UND wIE SIE SICH DEM THEMA EffIzIENT ANNäHERN köNNEN, ERkläRT AlbRECHT bEREUTER, lEITER

DES I-lAb, (EINE GEMEINSAME INITIATIvE DER ETH UND DER UNI ST. GAllEN) IM INTERvIEw.

Umdenken!«Viele Sind dem mobilen Trend bereiTS Auf der Spur»

AlbrechtBereuter,Kompetenzzentrum

I-labETHzHundUniSt.gallen

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der regel keine grossen investitionen er-fordert, da diese vielfach auf der beste-henden technischen infrastruktur imple-mentiert werden können. Dies führt zur em pfehlung, dass sich die finanzinstitute gezielt mit Web 2.0-Dienstleistungen im Beratungsprozess auseinandersetzen sol-len, um praktische erfahrungen zu sam-

Der autor des Buchs «Web 2.0 im Private Banking»**, rené W. Keller, gibt prak tisch nutzbare antworten, die für nicht-techni-ker wohltuend leicht verständlich sind. Da-zu gibt er eine Übersicht über die verschie-denen unter «Web 2.0» subsummier ten Komponenten wie Weblogs (Blogs), So-cial Bookmarking, Wikis, Podcasts, rSS feeds oder Online-Web-Services.

anhand eines standardisierten Kun-denberatungsprozesses werden die denk-baren Wirkungsfelder aufgezeigt. nicht al-les technisch mögliche stiftet wirklich einen nutzen. Deshalb werden vier an-wendungsmöglichkeiten mit hohem nut-zen detaillierter aufgezeigt:• anwendungen • nutzen für die Bank• nutzen für Kunde• Online collaboration Software• zeitersparnis (Verkürzung von internen

entscheidungen, effizienter informa-tionsaustausch).

• Verkürzung des Beratungsprozesses. (Die Online-zusammenarbeit mit Kun- den ist technisch möglich, erscheint jedoch vom aufwand-nutzen-Verhält-nis für den Beratungsprozess wenig sinnvoll)

• Produktbewertungen• relevantes feedback zu den bankeige-

nen Produkten und Dienstleistungen direkt vom Kunden. erlaubt der Bank eine verbesserte Produktentwicklung

und erhöhte Kundenbindung• erhält informationen von anderen Kun-

den und bessere entscheidungsgrund-lagen. Kunde kann direkt feedback zu Produkten/Services geben

• feeds und Podcasts• thematische rückmeldung über Kun-

denpräferenzen• reduzierung redundanter oder nicht re-

levanter informationen. informationslie-ferung mit dem gewünschten medium.

• Kundenakquisition in Social networks• effiziente identifikation von interessan-

ten neukunden• Wird gezielter auf seine Umstände und

Bedürfnisse angesprochen. Kunden-zentrierte angebote

• Web 2.0-anwendungen mit hohem nut-zen für finanzdienstleister

Wesentliches merkmal der «Web 2.0-Philosophie» ist die tatsache, dass jeder nutzer auch ein potenzieller ersteller von informationen ist. Dieses «many-to-many Publishing» birgt neben den chancen ge-rade im Private Banking verschiedene ri-siken: es gilt, fragen zu Datenintegrität

und Vertraulichkeit sowie rechtsfragen zu beantworten, aber auch mangelndes Ver-ständnis oder Unverträglichkeit mit der Kom munikationskultur im Unternehmen können Stolpersteine sein.

Der autor kommt zum Schluss, dass der einsatz von Web 2.0-anwendungen in

text beat fraefel*

DAS wORlD wIDE wEb HAT SICH vON DER HIERARCHISCH ORGANISIERTEN INfORMATIONSqUEllE zUM SOzIO-

ökONOMISCHEN MARkTPlATz wEITERENTwICkElT. DIES wIRD HäUfIG UNTER DEM SCHlAGwORT «wEb 2.0»

bESCHRIEbEN. DAbEI HANDElT ES SICH UM bENUTzERGENERIERTE INHAlTE, wElCHE EINEN STäRkER PARTIzI-

PATIvEN SOwIE EMOTIONAlEREN UMGANG MIT DEM wORlD wIDE wEb ERMöGlICHEN.

Web 2.0 im Private Banking

die AuSwirkungen moderner inTerneTdienSTe Auf den berATungSprozeSS

meln. Der erfolgreiche einsatz der mög-lichkeiten von Web 2.0 ist also weniger eine technische Herausforderung, son-dern vielmehr eine Denkhaltung, wie man Kunden und mitarbeiter mittels tech no-logie von Betroffenen zu Beteiligten macht. Gerade für Bankfachleute ohne techni-sche Spezialkenntnisse bietet dieses Buch einen hervorragenden einblick in die chan cen und risiken von Web 2.0. **rené W. Keller: Web 2.0 im Private Banking(Diplomarbeit Swiss finance institute, Haupt-Verlag, iSBn: 978-3-258-07468-9)

*Beat fraefel ist change management consultant bei fraefel & Partner GmbH und Präsident der Swiss finance institute alumni association.

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mit engt sich das feld auf die lokalen fi-nanzinstitute ein, die noch vor wenigen Jahren mehrheitlich auf «inhouse-Solu-tions» setzten, d.h., sie haben ihre it-Kern-bankenarchitektur oft selbst aufgebaut. Dieser hohe Grad an fertigungstiefe ist typisch für die finanzbranche in den auf-strebenden märkten.

im mittleren Osten kommt noch die macht der Unternehmerfamilien hinzu, die bei den meisten lokalen Banken mehr-heitsaktionäre sind und selbst kleinste Dienstleistungen nur ungern an fremde Dritte outsourcen. Das beste Beispiel ist die mashreqbank in Dubai, die der Dubai-er milliardärsfamilie al-Ghurair gehört und mit mindscape it ihre eigene it-toch-ter besitzt, die nur für das eigene Unter-nehmen, jedoch nicht am markt operiert. Die mashreqbank ist die das einzige fi-nanzinstitut in den Vae, an dem der Staat keine anteile hält.

trotz dieser Widrigkeitenn konnte die Branche in den letzten Jahren einige be-deutende Deals an Land ziehen. i-flex Solutions konnte mit der commercial Bank of Dubai, der nummer neun in den Vae, und der Dubai islamic Bank, der äl-testen islamischen Bank (gegründet 1975) zwei für ihren expansiven Kurs be-kannte instititute als Kunden gewinnen. core-Banking-Solutions-Verträge sind langfristig angelegt und haben eine hö-here Überlebenschance, wenn die Kun-denbanken gemeinsam mit der applika-tion wachsen.

«MISTER x» AlS MITbEwERbERneben den auch in europa bekannten mitbewerbern wie mysis, Pinnacle infosys

Wo neue Banken im Dutzend gegründet werden, sind anbieter von Kernbanken-software nicht weit. alleine in dem Golf-staat Vereinigte arabische emirate (Vae) wurden in den letzten zwei Jahren drei neue Banken ins Leben gerufen: ajman Bank, noor islamic Bank und al Hilal Bank. mit der Samba financial Group aus Saudi-arabien und der Doha Bank aus Katar stiessen zwei neue auslandsban-ken hinzu. Die gemessen an den assets grösste Bank im mittleren Osten, die emi-rates nBD, ist in Dubai zu Hause. Damit stieg die zahl der Kreditinstitute im wirt-schaftlich offensten Golfstaat auf 54. Die finanzkrise führte in der region lediglich zu drei Bankenpleiten in Bahrain und Ku-wait, in den USa waren es bis redakti-onsschluss allein in diesem Jahr 89.

DIE wüSTE AlS GRüNE wIESEals erster anbieter aus der Schweiz ging die temenos aG aus Genf in den Orient. inzwischen verfügt das Unternehmen von ceO andreas andreades über niederlas-sungen in Dubai und in riad, Saudi-ara-bien, und konnte prominente Kunden ge-winnen wie al Salam Bank in Bahrain und al Hilal Bank in abu Dhabi. mit der Bank muscat zählt temenos den marktführer im Golfstaat Oman zu ihrem Portfolio. auf Vermögensverwalter hat es die ebenfalls in der rhonestadt ansässige eri Bancaire mit ihrer Lösung Olympic abgesehen. eri Bancaire unterhält noch keine niederlas-sung in Dubai, zeigt aber auf finanzkonfe-renzen regelmässig am Golf flagge.

Der Schweizer marktführer avaloq, seit 2007 in Singapur ansässig, plant mit einer Branch in Dubai, die demnächst er-

öffnet wird, die geografische Lücke zwi-schen Ostasien und europa zu schliessen und wird sich so zwangsläufig in einem Duell in Übersee mit dem heimischen ri-valen temenos wiederfinden.

Das vermeintliche Schlaraffenland entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein «minenfeld», wie ein Schweizer it-ma-nager in Dubai sagt. Der Grund: Von den 54 Banken sind 28 auslandsbanken, die bei der Wahl der internen Software selten autonom entscheiden dürfen. Vielmehr sind sie an Weisungen der muttergesell-schaft am Heimatstandort gebunden. So-

text gérarD al-fIl

DASS ES SCHwEIzERISCHE ANbIETER vON kERNbANkENSOfTwARE IN DEN MITTlEREN OSTEN zIEHT, HAT

SICH HERUMGESPROCHEN. wER AbER SIND vOR ORT DIE MITbEwERbER vON AvAlOq, ERI bANCAIRE,

TEMENOS UND SUNGARD? ICT IN fINANCE SONDIERT DEN MARkT.

Minenfeld DubaikERNbANkENSOfTwARE-ANbIETER AM PERSISCHEN GOlf

busIness sOlutIOns

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nutzten die marktflaute, um ihre internen Prozesse zu optimieren», sagt ein aktuel-ler Bericht des it-research-Unterneh-mens iDc in Dubai. «Die investitionen in it-Sicherheit nahmen bei Banken in den Vae von 2005 bis 2008 um 200 Prozent zu», so ein Sprecher des Security-Gigan-ten rSa in Dubai. Laut iDc nennen 70 Prozent der ciOs im mittleren Osten den mangel an qualifiziertem Personal als die grösste Herausforderung der nächsten Jahre. Der markt dürfte noch enger wer-den. inzwischen hat die Habib Bank aG zurich (HBz) angekündigt, ihre inhouse-Kernbankenlösung zu vermarkten. Dazu hat ceO reza Habib den Bereich it in ei-nem Spin-off unter den namen Bilogic Systems ausgelagert. Die HBz spielte in den Golfstaaten eine Vorreiterrolle im e-Banking. Sie war die erste Bank, die Online- und Börsen-Banking über das Handy anbot.

(nennt aBn amro in Dubai als ihren Kun-den) oder iflex tummeln sich aber auch Konkurrenten am Persischen Golf, die in unseren Breitengraden fast unbekannt sind. Während tata consulting aus indien, die in den Golfstaaten sieben Bankkun-den vorweist, weltweit ein Begriff ist, lö-sen Brands wie infrasofttech und Polaris aus dem indischen mumbai, Path Solu-tions aus dem Libanon oder microlink aus malaysia bei ciOs aus der Schweiz häufig eine «Wer?»-reaktion aus.

infrasofttech, die sich auf mittlere Banken konzentriert, zählt laut dem briti-schen fachmagazin iBS Publishing zu den top 3 der Bankensoftware-Program-mierer, zusammen mit temenos und Ora-cle. angeblich konnte infrasoft im ver-gangenen Jahr 34 neue Geldhäuser als Kunden gewinnen. im mittleren Osten ist der infrasoft-Kunde Bank of Bahrain and Kuwait nennenswert.

infrasoft und Path Solutions haben auch eine Scharia-konforme core-Ban-king-Solution im angebot. Dies ist kein Luxus, sondern Pflicht. nach angaben der Bank Sarasin in Dubai werden in den Vae 2010 ein Viertel, in Saudi-arabien sogar die Hälfte der Banken-assets auf der Grundlage der koranischen recht-sprechung angelegt werden, die zinsen, Short-Selling, Derivate und Hedge fonds kategorisch ausschliesst. ausserdem werden Kundeneinlagen bei einer islamic

Bank als aktivposten eingestuft und nicht wie bei einer konventionellen Bank zum Passivgeschäft hinzugerechnet. (Siehe auch ict in finance, februar 2009: isla-mic Banking zwischen ethos und chaos). temenos bietet sein flagschiffprodukt t24 in einer islamischen Version an. ava-loq wird nicht umhin kommen, eine iisla-mic-Banking-Lösung zu entwickeln, falls sie im nahen Osten bestehen will. Sun-gard hat sein amBit core Banking für is-lamic Banking bei mcB Bank Ltd. (mus-lim commercial Bank) im einsatz.

Dass es aber selbst für anbieter mit einer Scharia-konformen Lösung schwer ist, marktanteile zu sichern, zeigt das Bei-spiel microlink Solutions. Der anbieter aus Kuala Lumpur unter chinesischer Leitung ist in «seiner» region Südostasi-en fest verankert. er nennt in seinem Hei-matland malaysia 12 Banken als Kunden,

ausserdem zwei weitere im Sultanat Bru-nei und in thailand. Das Unternehmen von ceO Young Kar Seng konnte aber trotz intensiver marketingmassnahmen seit 2005 in den arabischen Ölstaaten bislang keinen bedeutenden auftrag an Land ziehen. Die von microlink entwi-ckelte core Banking Solution miBS set-zen im mittleren Osten und nordafrika der zeit nur in Kuwait die international Leas ing and investment company und im Sudan die Bank of Khartoum und die ca-pital Bank of Sudan ein. ein Versuch, die Bankniederlassungen der niederländi-schen aBn amro in Pakistan mit miBS auszurüsten scheiterte 2005.

ENGPASS PERSONAlmassive Budgetkürzungen blieben in der it-Branche am Golf trotz der finanzkrise aus. im Gegenteil: «Die Banken bremsten ihre expansion im in- und ausland und

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gemeinsam mit unseren bestehenden Partnern programmiert haben. Der Gene-ral Ledger wurde beispielswiese zusam-men mit Oracle middle east entwickelt. Der General Ledger ist das zentrale Kon-tenverzeichnis einer Bank. Das Kunden-verzeichnis verschoben wir auf Software von microsoft. auf Bankmaster von misys läuft bei uns lediglich das investmentban-king. Wir wollten flexibel bleiben und die architektur nicht aus der Hand geben.ICT: Vor zwei Jahren waren mehrere ko-rankonforme core Banking Solutions auf dem markt. Haben Sie den Kauf einer solchen in Betracht gezogen?

ICT: Herr eledath, vor welchen Heraus-forderungen standen Sie, als Sie in ihrer islami schen Bank, der Dubai Bank, die it aufgebaut haben?Faizal Eledath: Unser fall bei Dubai Bank ist recht speziell gelagert, da wir 2002 als konventionelle Bank gegründet wurden. erst 2007 wurden die Operatio-nen der Bank auf die Basis der korani-schen rechtsprechung, der Scharia, um-gestellt. Die Herausforderung war also die transmission von einer konventionellen Bank auf eine zu hundert Prozent scharia-konforme it-architektur. Somit ist der erste engpass die vergleichbar kleine auswahl an scharia-konformer Kernbankensoft-ware, die es auf dem markt gibt. Unsere Schwesterbank in malaysia, die Bank is-lam, hat ähnliche erfahrungen gemacht. eine bestehende Software neu zu program-mieren ist ausserdem teuer und zeitauf-wendig. Wenn Sie konventionelle tätig-keiten «mappen», schaut die islamic finance auf das Problem aus einem völlig anderen Blickwinkel. ICT:Können Sie ein Beispiel nennen?FaizalEledath:in der islamic finance ist es entscheidend, den Prozessablauf der finanztransaktion exakt zu dokumentieren. nehmen Sie das islamische finanzierungs-modell murabaha. Das ist die scharia-kon-forme immobilienfinanzierung. Dabei kauft

die Bank das Haus und verkauft es dem Kunden zu einem höheren, auf raten ab-gestellten Preis weiter. eine im islam ver-botene zinszahlung erfolgt nicht. Um dies zu dokumentieren, mussten wir einen «process layer» ausserhalb des Systems bauen, der die genaue abfolge der mura-baha-transaktionen überwacht. es müs-sen mehrere Verträge unterschrieben werden. Der Kauf der immobilie durch die Bank und der Weiterverkauf an den Kun-den. Sie können Schritt zwei nicht vor Schritt eins unternehmen. Sonst meldet die compliance einen fehlerhaften ablauf und der Prozess ist unrein, also haram. ICT: Welche Kernbankenlösung haben Sie eingesetzt, bevor Sie zur einer islami-schen Bank wurden?als konventionelle Bank haben wir die Software Bankmaster der firma misys eingesetzt. als wir die migration zum isla-mic Banking vornahmen, blieb uns ein zeitrahmen von nur sechs monaten. Das war viel zu wenig, um die Software umzu-programmieren. andere islamische Kern-bankenlösungen erschienen uns 2007 noch nicht ausgereift. Wir entschieden uns deshalb, die islamischen module in-tern in eigenregie zu bauen. ICT:ist dies nicht aufwendig?Faizal Eledath: Ja, aber der aufwand hielt sich in Grenzen, weil wir die module

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Faizal Eledath, CIO Dubai Bank: isla-

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ziertes Personal zu finden?FaizalEledath:auf jeden fall. Wir stellen klare anforderungen an unsere Bewerber, weil wir nicht alles auslagern wollen. Wir haben die entwicklung und die Kompetenz aufgebaut und wollen diese nicht aus der Hand geben. Das funktioniert nur mit ei-nem «Doppel-Know-how». Die Verschmel-zung von it und der Scharia ist die Synthe-se der zukunft für Banking am Golf.ICT:muss ihre Lösung von einem Scha-ria-Board abgesegnet geben?Faizal Eledath: Wir haben ein Scharia-team. Das fünfköpfige Board der Scharia-Gelehrten, das alle finanzprodukte und die Bankenbilanz absegnen muss, verfügt nicht über das Wissen im it-Bereich. aber das Board kommuniziert mit unserem Scharia-team jeden Schritt, den wir vornehmen, um die transaktionen abzu- bilden.

FaizalEledath:Wir haben in der tat die Lösungen von temenos, flexcube von Ora-cle und Phoenix der firma Harland finan-cial Solutions näher studiert. Dabei sties -sen wir auf zwei Probleme. erstens waren wir unter zeitdruck und mussten die neue Lösung innerhalb von sechs monaten fer-tig haben. Dann hatten die Produkte noch nicht die marktreife erlangt, wie man sie von einer Komplettlösung erwarten wür-de. islamische fenster sind eigens für das islamic Banking etablierte Bereiche, um neben den herkömmlichen finanzproduk-ten auch zinslose Halal-Lösungen für mus-limische Kunden anzubieten. fast alle be-kannten Grossbanken der Welt verfügen über islamische fenster. Unser approach war kompliziert, weil wir eine vollständige migration, also von konventionell auf isla-misch, vornehmen mussten. ICT:Haben sich die Lösungen der anbie-ter, die Sie nannten, aber nicht inzwischen verbessert?

FaizalEledath:Die entwicklerfirmen ha-ben sich auch angepasst und verkaufen nicht mehr so häufig Kernbankensoftware ab der Stange, sondern vermehrt modula-re Lösungen. Die ersten architekturen wa-ren sehr monolithisch und daher wenig flexibel. Dies hat sich geändert, weil der markt es so verlangt. nicht wir als Bank müssen uns an die Software anpassen, sondern das Programm muss zu uns pas-sen und flexibel einsetzbar sein. ICT:müssen ihre mitarbeiter mit dem ein-maleins der islamic finance vertraut sein? Faizal Eledath: Ja, denn die Scharia-Kompetenz bleibt bei uns. Wir haben bei der Dubai Bank 48 mitarbeiter in der it. Die architektur programmieren wir selbst und entwickeln sie mit der Lancierung neuer finanzprodukte durch die Dubai Bank ständig weiter. Unsere implementa-tionspartner wie Oracle oder microsoft leisten die technische Pflege.ICT:Dann fällt es sicher schwer, qualifi-

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zielpublikum: Dieses forum richtet sich an Verantwortliche für management und Betrieb von operativen Dienstleistungen, Geschäftsführer, Projekt-

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BAlSBERgFORUM,24. Juni 2010 / avireal Business center, Kloten / ½ tag

kOluMne I IMPressuM

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gen, ihr braucht keine angst vor diesem menetekel zu haben. im Grunde wird diese chuzpe erster Güte schon dadurch klar, weil ihr nicht erkannt habt, dass die ciOs heute schon wie Business-Vertreter den-ken. ihr habt sie durch Outsourcing kast-riert und zum Unit manager Outsourced Service ernannt. ihr habt ihnen Prozess-transparenz vorgeschrieben und sie da-durch in eine realität geholt, die sie nie kennen durften. ihr habt ihnen Kosten-transparenz und strategisches Denken vor geschrieben. nun wird von euch ge-fordert, was ihr selbst beherrschen solltet. Bedenkt: Bevor Herkules in den Olymp auf genommen wurde, musste er 12 Hel-dentaten vollbringen. nun das waren 12 Hel dentaten mehr, als die Götter je zustande gebracht haben ...

euer advocatus Diaboli

Hochverehrteleserschaftes ist je nach Sichtweise eitle illusion, gu-ter Gag oder schnöde notwendigkeit. Der chief information Officer soll nun, so monie ren es die auguren, Propheten und evangelisten der Gartner- und forrester-fraktion, wie das Business denken.

Lassen wir mal, das ist gut so, denn so-lange lange sich Personalentscheide vor der ein stellung darauf ausrichten it-ge-stützt genau jene Kandidaten herauszufil-tern, wel che am besten einen technischen ab schluss, vermischt mit ein bisschen Be-triebswirtschaftslehre und jeder menge Pro jekterfahrung im rucksack haben, werden sowieso die businessorientierten ciOs seit Gedenken ausgewählt. Und die letzten wirklich verwendbaren Kandida-ten, die wirtschaftlich denken wollen, wer-den durch ein nachhaltiges Verhin dern von Kostentransparenz in der it seitens des eigenen cfO in ihre Schranken ver-wiesen.

Wo kämen wir hin, wenn wir auf einmal in der chefetage jemanden hätten, der sich erlaubt, so zu denken, wie wir Spezia-listen aus dem Produktions-, finanz- und marketingbereich. Wenn der mann dann auch noch in nachverfolgbaren arbeits-abläufen denkt und gleichzeitig die tech-nische expertise hätte, rauszufinden, ob das Business bis jetzt effizient gearbeitet hat, ist es aus mit dem teppichetagenf-lair.

Wo kommen wir da hin? auf einmal sind themen wie corporate Governance realität. im biblischen Sinne fühlten sich die Ver treter der bisherigen Business-fraktion wie adam und eva (… und sie er-kannten, dass sie nackt waren – siehe Buch Genesis). mehr noch, der vielgelieb-te Sündenbock aus der entliehenen Yom-Kippur-tradition wäre auch nicht mehr vor-handen. Die it wäre ja nicht mehr Schuld an jedem Problem.

auch wenn es notwendig wäre, meine Schicksalsgenossen aus den teppicheta-

Ein CIO mit unternehmeri-schem Denken?

AdvoCatus Diaboli

Der«AdvocatusDiaboli» frönt in loser

Folge hier seiner lieblingsbeschäfti-

gung.

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