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3/2016 www.ifo-dresden.de ifo Dresden berichtet Kommentar Antje Schubert Mehr als 25 Jahre nach der Deutschen Einheit nun auch ein einheit- liches Rentensystem? Aktuelle Forschungsergebnisse Antje Schubert und Michael Weber Der flächendeckende Mindestlohn in Sachsen: Hohe Reichweite, vielfältige Reaktionen der Betriebe Antje Schubert Der Arbeitsmarkterfolg von Migranten der 2. Generation: Keine Anzeichen für Diskriminierung erkennbar Michaela Fuchs und Antje Weyh Rückwanderung von Beschäftigten nach Ostdeutschland: Räumliche Muster und soziodemographische Strukturen Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose Aufschwung bleibt moderat – Wirtschaftspolitik wenig wachstumsorientiert Im Blickpunkt Andreas Knabe, Ronnie Schöb, Marcel Thum und Michael Weber Mindestlohn ohne Nebenwirkungen? Michael Weber Der flächendeckende Mindestlohn in Ost- und Westdeutschland: Erwartungen und Wirklichkeit Daten und Prognosen Vierteljährliche Entwicklung für Sachsen Regionalisierung des ifo Konjunkturtests Arbeitsmarktentwicklung in Sachsen

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3/2016 www.ifo-dresden.de

ifo Dresden berichtetKommentar

Antje Schubert

Mehr als 25 Jahre nach der Deutschen Einheit nun auch ein einheit -

liches Rentensystem?

Aktuelle ForschungsergebnisseAntje Schubert und Michael Weber

Der flächendeckende Mindestlohn in Sachsen: Hohe Reichweite,

vielfältige Reaktionen der Betriebe

Antje Schubert

Der Arbeitsmarkterfolg von Migranten der 2. Generation:

Keine Anzeichen für Diskriminierung erkennbar

Michaela Fuchs und Antje Weyh

Rückwanderung von Beschäftigten nach Ostdeutschland:

Räumliche Muster und soziodemographische Strukturen

Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose

Aufschwung bleibt moderat – Wirtschaftspolitik wenig wachstumsorientiert

Im BlickpunktAndreas Knabe, Ronnie Schöb, Marcel Thum und Michael Weber

Mindestlohn ohne Nebenwirkungen?

Michael Weber

Der flächendeckende Mindestlohn in Ost- und Westdeutschland:

Erwartungen und Wirklichkeit

Daten und PrognosenVierteljährliche Entwicklung für Sachsen

Regionalisierung des ifo Konjunkturtests

Arbeitsmarktentwicklung in Sachsen

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23. Jahrgang (2016)

Herausgeber: ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschafts-

forschung an der Universität München e. V.,

Niederlassung Dresden, Einsteinstraße 3, 01069 Dresden,

Telefon: 0351 26476-0, Telefax: 0351 26476-20

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.ifo-dresden.de

Redaktion: Joachim Ragnitz

Technische Leitung: Katrin Behm

Vertrieb: ifo Institut, Niederlassung Dresden

Erscheinungsweise: zweimonatlich

Bezugspreis jährlich: 25,00 €

Preis des Einzelheftes: 5,00 €

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Nachdruck und sonstige Verbreitung (auch auszugsweise):

Nur mit Quellenangabe und gegen Einsendung

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ISSN 0945-5922ifo Dresden berichtet

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Inhalt

ifo Dresden berichtet 3/2016

Kommentar

Mehr als 25 Jahre nach der Deutschen Einheit nun auch ein einheitliches Rentensystem? 3Antje Schubert

Aktuelle Forschungsergebnisse

Der flächendeckende Mindestlohn in Sachsen: Hohe Reichweite, vielfältige Reaktionen der Betriebe 5Antje Schubert und Michael Weber

Eine schriftliche Befragung in der gewerblichen Wirtschaft des Freistaats Sachsen zum Thema Mindest-lohn, an der sich insgesamt 2.668 Betriebe beteiligt haben, offenbart eine hohe Reichweite des flächen-deckenden Mindestlohns. Insgesamt 54% der teilnehmenden Betriebe stuften sich als betroffen ein; einDrittel der betroffenen Betriebe erhöhte zudem Löhne oberhalb des Mindestlohnniveaus. Die betroffenenBetriebe reagierten nach eigenen Angaben mit vielfältigen Maßnahmen auf die neue Lohnuntergrenze,insbesondere mit Preiserhöhungen (58 %), weniger Neueinstellungen (39 %) und der Zurückstellung vonInvestitionen (39 %).

Der Arbeitsmarkterfolg von Migranten der 2. Generation: Keine Anzeichen für Diskriminierung erkennbar 12Antje Schubert

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Einfluss des Migrationshintergrundes von Migranten der 2. Gene-ration auf deren Arbeitsmarkterfolg in Deutschland. Die empirische Untersuchung stützt sich auf Daten ausdem Mikrozensus und die Methode des Propensity-Score-Matching. Es zeigt sich, dass die geringere Er-werbstätigkeit durch die unterschiedlichen soziodemographischen Eigenschaften erklärt werden kann undsomit nicht der Migrationshintergrund selbst die Ursache ist. Auch eine nach Kulturgruppen getrennteAnalyse kommt zu diesem Ergebnis.

Rückwanderung von Beschäftigten nach Ostdeutschland: Räumliche Muster und soziodemographische Strukturen 19Michaela Fuchs und Antje Weyh

Der vorliegende Beitrag präsentiert neue und umfangreiche empirische Befunde zur Rückwanderung vonBeschäftigten nach Ostdeutschland. Die intensivsten Wanderungsverflechtungen bestanden dabei mit denwirtschaftsstarken Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Eine kleinräumige Betrachtung machtdeutlich, dass die Kreise in sehr unterschiedlicher Weise von Ab- und Rückwanderungen betroffen sind.Rückwanderung als konkrete Maßnahme zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes in Ostdeutschland ist nurdann erfolgversprechend, wenn die Zurückgekehrten nicht nur ihren Wohnort, sondern auch ihren Arbeits -ort in Ostdeutschland haben.

Aufschwung bleibt moderat – Wirtschaftspolitik wenig wachstumsorientiert 28Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem moderaten Aufschwung. Das Bruttoinlandsprodukt dürftein diesem Jahr um 1,6 % und im kommenden Jahr um 1,5 % zulegen. Getragen wird der Aufschwung vomprivaten Konsum, der vom anhaltenden Beschäftigungsaufbau, den spürbaren Steigerungen der Lohn- undTransfereinkommen und den Kaufkraftgewinnen infolge der gesunkenen Energiepreise profitiert. Zudemist die Finanzpolitik, auch wegen der zunehmenden Aufwendungen zur Bewältigung der Flüchtlingsmigra-

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Inhalt

tion, expansiv ausgerichtet. Während die Bauinvestitionen ebenfalls merklich ausgeweitet werden, bleibtdie Investitionstätigkeit der Unternehmen verhalten. Aufgrund der nur allmählichen weltwirtschaftlichen Erholung und der starken Binnennachfrage ist vom Außenhandel kein positiver konjunktureller Impuls zu erwarten. Die öffentlichen Haushalte dürften im Prognosezeitraum deutliche Überschüsse erzielen.Würden diese Handlungsspielräume wie bereits in den vergangenen Jahren wenig wachstumsorientiertgenutzt, wäre das nicht nachhaltig.

Im Blickpunkt

Mindestlohn ohne Nebenwirkungen? 32Andreas Knabe, Ronnie Schöb, Marcel Thum und Michael Weber

Entgegen der landläufigen Meinung blieb die Einführung des Mindestlohns keineswegs ohne Nebenwir-kungen. Der flächendeckende Mindestlohn hat den Beschäftigungsaufbau in Ostdeutschland nicht ge-stoppt, aber verlangsamt: Seit dem Beschluss des Mindestlohngesetzes durch den Deutschen Bundes-tag Mitte 2014 fällt die Beschäftigungsentwicklung in Ostdeutschland hinter jene Westdeutschlandszurück. Die amtlichen Beschäftigungsdaten deuten zudem darauf hin, dass in Ostdeutschland verstärktnicht nur geringfügige, sondern auch Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse in Teilzeitbeschäftigung umge-wandelt wurden.

Der flächendeckende Mindestlohn in Ost- und Westdeutschland: Erwartungen und Wirklichkeit 36Michael Weber

Im März 2016 befragte das IFO INSTITUT im Rahmen seines monatlichen Konjunkturtests die Unternehmenzum Thema Mindestlohn. Insgesamt sind 46 % der ostdeutschen und 34 % der westdeutschen Befragungs-teilnehmer vom Mindestlohn betroffen. Die betroffenen Unternehmen reagierten am häufigsten mit Preis -erhöhungen und einer Verkürzung der Arbeitszeit. Im Vergleich zu den im November 2014 formulierten Erwartungen der Unternehmen stieg die Betroffenheitsquote an, während zugleich nicht alle geplantenAnpassungsmaßnahmen bislang auch umgesetzt wurden.

Daten und Prognosen

Vierteljährliche VGR für Sachsen: Ergebnisse für das vierte Quartal 2015 41Wolfgang Nierhaus

Stimmung der ostdeutschen und der sächsischen Wirtschaft verbessert sich 43Michael Weber

Die Dynamik am ostdeutschen und sächsischen Arbeitsmarkt hält an 46Antje Schubert

Aus der ifo Werkstatt

ifo Vorträge 47

ifo Veröffentlichungen 48

ifo Veranstaltungen 49

ifo intern 49

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einer Korrektur – benachteiligt sind nach gegenwärti-gem Recht die westdeutschen Beitragszahler, nicht aberdie ostdeutschen Rentner.

Vorschläge zur Vereinheitlichung des deutschen Ren-tensystems sollten deshalb nicht nur auf eine einheitlicheRentenberechnung abzielen, sondern auch den ungerecht-fertigten Vorteil der ostdeutschen Versicherten abbauenund damit das Prinzip der Teilhabeäquivalenz wiederher-stellen. Aktuell sind sehr verschiedene Vorschläge für denÜbergang zu einem einheitlichen Rentensystem in der Dis-kussion. Drei von ihnen sollen im Folgenden näher vor-gestellt werden.

Der aktuelle Vorschlag aus der Wissenschaft stammtvon BOMSDORF (2016). Er plädiert für eine zügige Ein -führung eines einheitlichen Rentenrechts bis 2021, mit dis kretio nären Eingriffen bei der Anpassung des ost -deutschen Rentenwerts und des Höherwertungsfaktors.Die Anpassung des Rentenwerts Ost an den aktuellen Rentenwert würde somit von der Lohnentwicklung abge-koppelt werden und schrittweise in fünf Jahren erfolgen.In der gleichen Frist ist der Höherwertungsfaktor abzu-schmelzen. Für einen westdeutschen Bestandsrentnerwürde sich in diesem Fall im Vergleich zum Status quonichts verändern, da der aktuelle Rentenwert nicht durchdiese Anpassung berührt wird. Für den ostdeutschenBestandsrentner hingegen steigen die Rentenauszah-lungen, da seine vorhandenen Entgeltpunkte nun ein-fach mit einem höheren Rentenwert bewertet werden.Diese weiterführen de Verschärfung der ohnehin nicht ge-rechtfertigten Besserstellung ostdeutscher Beitragsleis -tungen ist mit dem Prinzip der Teilhabeäquivalenz nichtvereinbar – abgesehen davon, dass in diesem Fall auchzusätzliche Einnahmen für die Rentenversicherung generiertwerden müss ten, um die Anhebung des Rentenwerts zufinanzieren.

Ein anderer Vorschlag stammt vom IFO INSTITUT undsoll diesem Umstand Rechnung tragen, indem schon er-worbene, ostdeutsche Entgeltpunkte weiterhin mit einemRentenwert Ost bewertet werden [vgl. RAGNITZ (2012)]. Erstdie Entgeltpunkte, welche nach einem festgelegten Stich-tag auf Basis eines gesamtdeutschen Durchschnittent-

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Kommentar

* Antje Schubert ist Doktorandin der Niederlassung Dresden des ifo In -stitut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.

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Über 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung fußtdie Rentenberechnung in Ost- und Westdeutschland nochimmer auf unterschiedlichen Kenngrößen. Im Koalitions-vertrag zwischen CDU, CSU und SDP von 2013 habensich die Regierungsparteien erneut für ein einheitlichesRentenrecht ausgesprochen, welches ab 2020 in Kraft treten soll [vgl. KOALITIONSVERTRAG (2013)]. Dabei stehenvor allem ein einheitlicher aktueller Rentenwert und dieAbschaffung der Höherbewertung der Entgeltpunkte inOstdeutschland im Mittelpunkt der Diskussion.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde das ost-deutsche Rentensystem so konstruiert, dass sich der ost-deutsche Rentenwert mit angleichenden Löhnen auf denaktuellen Rentenwert erhöhen und der Höherwertungs-faktor im gleichen Maße sinken sollte. Auf diese Weisesollte erreicht werden, dass sich mit gleichem Lohn -niveau in Ost- und Westdeutschland auch gleiche Rentenund Rentenanwartschaften einstellten. Die Angleichung derLöhne stagniert jedoch seit einiger Zeit – und über 25 Jahrenach der deutschen Wiedervereinigung sind zwei getrennteSysteme nicht mehr zu rechtfertigen.

Unterstellt man, dass der Rentenwert Ost auch in Zukunft bei 92,6 % des aktuellen Rentenwerts bleibt,hat ein ostdeutscher Versicherter, der seit der Wendejährlich einen Entgeltpunkt erhalten hat, 2016 in Rentegeht und für seine restliche Lebenserwartung Rente be-zieht, eine ca. 16 Prozentpunkte höhere Rendite (Ren-tenzahlungen in Relation zu eingezahlten Beiträgen) alsdas westdeutsche Äquivalent. Dabei greifen zwei gegen-läufige Effekte. Zum einen musste der ostdeutsche Ver -sicherte durch die Höherwertung des ostdeutschen Einkommens, welche sich nach der Relation der Durch-schnittlöhne in Ost- und Westdeutschland richtet, gerin-gere Beitragszahlungen leis ten, um einen Entgeltpunkt zuerhalten. Dieser Umstand wirkt renditesteigernd für denOstdeutschen. Zum anderen werden die EntgeltpunkteOst zwar mit einem niedrigeren Rentenwert Ost be -wertet, was die Rendite für den ostdeutschen Versicher-ten senkt. Jedoch ist die Angleichung der Rentenwerteaus politischen Gründen stärker vorangetrieben wordenals die Angleichung der Durchschnittslöhne, weshalbder erste Effekt überwiegt. Diese Besserstellung ost-deutscher Rentner widerspricht eklatant dem der Ren-tenversicherung zugrundeliegenden Prinzip der Teilhabe -äquivalenz (= gleiche Höhe der Rentenzahlungen beigleicher Höhe der Beitragsleistungen) und bedarf daher

Mehr als 25 Jahre nach der Deutschen Einheit nunauch ein einheitliches Rentensystem?Antje Schubert*

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Kommentar

gelts erworben werden, wären danach mit dem gelten-den aktuellen Rentenwert zu bewerten. Da ein Bestands -rentner keine „neuen“ Entgeltpunkte erwirtschaftet, bleibtseine Rente im Vergleich zum Status quo unverändert;die vollständige Angleichung des Rentenrechts würde allerdings erst nach 45 Jahren (oder, bei schnellerer Lohn -konvergenz, zum Zeitpunkt vollständiger Lohnangleichungerreicht). Mit Blick auf das Prinzip der Teilhabeäquivalenzist dieser Vorschlag dennoch positiv zu bewerten.

Der genannte Nachteil dieses Vorschlags ließe sichumgehen, wenn man einen Vorschlag des SACHVERSTÄN-DIGENRATS ZUR BEGUTACHTUNG DER GESAMTWIRTSCHAFTLICHEN

ENTWICKLUNG (SVR) umsetzen würde. Dieser schlägt inseinem Jahresgutachten 2008/09 eine einkommens -neutrale Umrechnung aller rentenrechtlichen Größen inOst- und Westdeutschland vor [vgl. SVR (2008)]. DiesesVorge hen entspricht einer einkommensneutralen Anpas-sung der Entgeltpunkte und würde zu sofortigen einheit -lichen, ren tenrechtlich relevanten Größen führen. ZumStatus quo würde dadurch, unter der Annahme per -sistenter Lohnunterschiede zwischen Ost- und West-deutschland, niemand schlechter gestellt, aber eben auchnicht ungerecht fertigt besser gestellt werden.

Möchte die Politik das der Rentenversicherung zugrun-de liegende Prinzip der Teilhabeäquivalenz wahren, solltesie sich nicht zu Rentengeschenken verleiten lassen, son-dern eine Rentenüberleitung nach dem Vorschlag desSachverständigenrats anstreben.

Literatur

BOMSDORF, E. (2016): Zügige Einführung eines einheitlichenRentenwertes in Ost und West – Anregungen zu einem„Rentenüberleitungsabschlussgesetz“, ifo Schnelldienst69 (10), S. 27–33.

KOALITIONSVERTRAG (2013): Deutschlands Zukunft gestal-ten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD.18. Legislaturperiode. O. O.

RAGNITZ, J. (2012): Ansätze zur Vereinheitlichung des Ren-tensystems in Deutschland, ifo Schnelldienst 65 (04),S.16–21.

SVR – SACHVERSTÄNDIGENRAT ZUR BEGUTACHTUNG DER GE-SAMTWIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG (Hrsg.) (2008): DieFinanzkrise meistern – Wachstumskräfte stärken. Jah-resgutachten 2008/09, Wiesbaden.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Der flächendeckende Mindestlohn hat in der gewerbli-chen Wirtschaft Sachsens eine besonders hohe Reich-weite entfaltet und Lohnanpassungen auch oberhalb derSchwelle von 8,50€ je Stunde hervorgerufen. Die be-troffenen Betriebe reagierten auf die gestiegenen Lohnkos -ten mit vielfältigen Maßnahmen, allen voran mit Preis er -höhungen, einer Zurückstellung von Investitionen, wenigerNeueinstellungen und einer Kürzung von Sonderzahlun-gen. Aufgrund der vielfältigen Anpassungsreaktionen sind,mit Ausnahme von stark betroffenen Betrieben und Bran-chen, insgesamt kurzfristig keine statistisch signifikantenbeschäftigungsdämp fenden Effekte des Mindestlohns zubeobachten. Dies sind die zentralen Ergebnisse einerschriftlichen Befragung in der gewerblichen Wirtschaft desFreistaat Sachsens, an der sich insgesamt 2.668 Betriebebeteiligt haben. Die Dresdner Niederlassung des IFO IN-STITUTS führte diese Untersuchung im Auftrag der IN DUS -TRIE- UND HANDELSKAMMER CHEMNITZ durch. Der vorlie -gende Artikel erläutert die wesentlichen Eckpunkte desGutachtens. Eine ausführliche Darstellung der Methodikund weiterer Untersuchungsergebnisse findet sich in derifo Dresden Studie 77 von SCHUBERT et al. (2016).

Der gesetzliche, flächendeckende Mindestlohn wurdeam 1. Januar 2015 in Deutschland eingeführt. Er soll zum1. Januar 2017 erstmals angepasst werden. Hierzu ist vonder Mindestlohnkommission bis zum 30. Juni 2016 einVorschlag zu unterbreiten (§9 (1) 1MiLoG). Die Entschei-dung soll gemäß §9 (2) 1MiLoG in einer Gesamtabwägungerfolgen, die die Auswirkungen des Mindestlohns auf denMindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,auf die Wettbewerbsbedingungen und auf das Beschäf-tigungsniveau berücksichtigt.

Vor diesem Hintergrund sind die Auswirkungen des flä -chendeckenden Mindestlohns im Freistaat Sachsen vonbesonderem Interesse, da die neue Lohnuntergrenze hiereine besonders hohe Reichweite entfaltet. Schätzungenzufolge fallen in Sachsen 14 % bis 25 % aller Beschäftig-ten unter die Mindestlohnregelung [vgl. BELLMANN et al.(2015); KNABE et al. (2014)]. Die hohe Betroffenheit resul-tiert aus der spezifischen Wirtschaftsstruktur im Freistaat.So vereinen die vom INSTITUT FÜR ARBEITSMARKT- UND BERUFS -FORSCHUNG [IAB (2016)] identifizierten zehn Niedriglohn-branchen1 in Sachsen einen im Bundesvergleich über-durchschnittlich hohen Anteil der Beschäftigten auf sich.

Um die kurzfristigen Auswirkungen des flächendecken-den Mindestlohns im Freistaat Sachsen untersuchen zukönnen, führte das IFO INSTITUT in Zusammenarbeit mit denINDUSTRIE- UND HANDELSKAMMERN CHEMNITZ, DRESDEN und ZU LEIPZIG sowie der HANDWERKSKAMMER CHEMNITZ unterderen Mitgliedsbetrieben eine Befragung durch. Der fol-gende Absatz stellt das Erhebungsdesign der Umfragevor. Im Anschluss werden die Befragungsergebnisse zurReich weite des Mindestlohns, zu den Anpassungsreak-tionen be troffener Betriebe und zum Ausmaß der Be -schäftigungs wirkungen des Mindestlohns erläutert. Ab-schließend wer den die Ergebnisse vor dem Hintergrundeiner möglichen Anhebung des Mindestlohns diskutiert.

Befragung der gewerblichen Wirtschaft Sachsens

Im Rahmen einer schriftlichen Befragung wurden im Fe -bruar 2016 die Betroffenheit vom und die Reaktionen aufden flächendeckenden Mindestlohn sowie zahlreicheCha rak teristika der Betriebe der gewerblichen Wirtschaftim Frei staat Sachsen erhoben. Zur gewerblichen Wirtschaftgehö ren vor allem das Produzierende Gewerbe ein -schließ lich des Baugewerbes, die Konsumnahen Dienst -leistungen und die Unternehmensnahen Dienstleis tungen(Wirtschafts ab schnitte B bis N).2 Die Befragung erfolgte inKo ope ration des IFO INSTITUTS mit den INDUSTRIE- UND HAN-DELSKAMMERN CHEMNITZ, DRESDEN und ZU LEIPZIG sowie derHANDWERKSKAMMER CHEMNITZ.3 Die Kammern verschicktendie Fragebögen an über 21.000 Mitgliedsbetriebe. Insge-samt haben sich 2.668 Betriebe an der Befragung betei-ligt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von etwa 12,6 %.

Befragt wurden Betriebe, die vor dem 1. Januar 2014gegründet wurden, um sinnvolle Vergleiche der Betriebs-situation in den Jahren 2014 und 2015 vornehmen zukönnen. In den Kammern sind jedoch auch zahlreicheSoloselbstständige vertreten, die vom Mindestlohn nichtunmittelbar betroffen sein können. Daher konzentriertesich die Befragung zusätzlich überwiegend, jedoch nicht

Der flächendeckende Mindestlohn in Sachsen:Hohe Reichweite, vielfältige Reaktionen der BetriebeAntje Schubert und Michael Weber*

* Antje Schubert ist Doktorandin und Michael Weber ist Doktorand derNiederlassung Dresden des ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschafts-forschung an der Universität München e. V.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

ausschließlich, auf Betriebe, die in den Registern der Kam-mern mit mindestens vier Beschäftigten geführt wurden.4

Die Reichweite des flächendeckenden Mindestlohns endet nicht bei 8,50€ je Stunde

Um die Auswirkungen des Mindestlohns besser einordnenzu können, ist es zunächst notwendig, die Reichweite desflächendeckenden Mindestlohns in der gewerblichen Wirt -schaft Sachsens zu bestimmen. Dabei ist zu berücksich-tigen, dass der Mindestlohn potenziell nicht nur Beschäf-tigte mit Löhnen unterhalb von 8,50€ je Stunde betrifft.Wird nämlich der Lohn von diesen Beschäftigten, die zu-meist eine geringe Qualifikation haben, mindestlohn -bedingt angehoben, werden die Höherqualifizierten, diebereits Löhne oberhalb des Mindestlohns verdienen, eben-falls eine Anpassung ihrer Löhne verlangen, um die Lohn -hie rarchie zwischen den Qualifikationsniveaus aufrechtzu er halten. Der Mindestlohn wirkt somit potenziell aufalle Beschäftigten entlang der gesamten Lohnverteilung[vgl. DITTRICH et al. (2014)]. Demnach sind vom gesetz -lichen flächendeckenden Mindestlohn nicht nur Betriebebetrof fen, die zuvor Löhne unterhalb der Mindestlohn-grenze ge zahlt haben, sondern potenziell auch Betriebe,deren Löhne nicht unmittelbar unter die Mindestlohn -regelung fallen. Zudem können Betriebe gleich „doppelt“betroffen sein – wenn sie den Lohn eines Teils ihrer Be-schäftigten auf das Mindestlohnniveau und den Lohn einesweiteren Teils ihrer Beschäftigten entsprechend oberhalbdes Mindestlohnniveaus anheben müssen.

Diese Vermutung wird von den Befragungsergebnis-sen bestätigt. Insgesamt haben 54 % der Betriebe nacheigener Angabe bedingt durch die Einführung des flächen -deckenden Mindestlohns die Löhne und Gehälter zumin-dest für einen Teil ihrer Beschäftigten angehoben; sie sindsomit vom Mindestlohn betroffen. Besonders häufig undstark betroffen sind Betriebe aus den Dienstleistungs-bereichen wie demGastgewerbe, dem Bereich Verkehr undLagerei und dem Handel. Von den betroffenen Betriebengab fast jeder zehnte an, bereits im Juni 2014, also nochvor dem Beschluss des Mindestlohngesetzes durch denDeutschen Bundestag, keinem Beschäftigten einen Lohnvon unter 8,50€ je Stunde gezahlt zu haben. Der Min-destlohn wirkt somit über den bislang in der öffentlichenDebatte betrachteten Kreis von Beschäftigten und Be-trieben hinaus. Zahlreiche dieser Betriebe motivierten ihreBetroffenheit durch den Mindestlohn über die Lohnab-standsproblematik. Zusätzlich gab jeder dritte betroffeneBetrieb an, in Reaktion auf den Mindestlohn auch Löhneoberhalb des Mindestlohnniveaus angehoben zu haben.Auch hier dürfte die Bewahrung des innerbetrieblichenLohnabstands eine maßgebliche Rolle gespielt haben.

Insgesamt variiert das Ausmaß der Betroffenheit (Ein-griffsintensität) recht stark zwischen den Betrieben (vgl.Abb. 1). Etwa jeder siebte betroffene Betrieb musste denLohn für mindestens einen Beschäftigten von unter 6€

je Stunde auf 8,50€ je Stunde und somit um über 40 %anheben. Dagegen war für etwa jeden achten Betrieb dieEingriffsintensität relativ niedrig. Hier musste der Stunden -lohn jeweils nur um höchstens 5 % angehoben werden,um das Mindestlohnniveau zu erreichen.

Mit insgesamt 54 % ist die Betroffenheitsquote in die-ser Untersuchung etwas höher als entsprechende Quo-ten für die gewerbliche Wirtschaft im Freistaat Sachsen,die anhand des IAB-Betriebspanels [vgl. BELLMANN undBOSSLER (2016), BELLMANN et al. (2015)] oder anhand desFachkräftemonitorings 2015 der SÄCHSISCHEN INDUSTRIE-UND HANDELSKAMMERN UND ARBEITSGEMEINSCHAFT DER SÄCH -SISCHEN HANDWERKSKAMMERN (2015) ermittelt wurden. Unterden Teilnehmern des ifo Konjunkturtests ist die Betroffen -heit ebenfalls geringer [vgl. für Ergebnisse zu Ostdeutsch -land insgesamt SAUER und WOJCIECHOWSKI (2016) sowieWEBER (2016)]. Die etwas höhere Betroffenheit in der vor-liegenden Befragung reflektiert sehr wahrscheinlich, dasshier im Gegensatz zu anderen Erhebungen die Betroffen-heit vom Mindestlohn bewusst nicht auf Löhne von unter8,50€ je Stunde eingegrenzt wurde. Sie könnte aber auch,zumindest teilweise, Ergebnis eines selektiven Antwortver -haltens sein. Möglicherweise waren vom Mindestlohn be -troffene Betriebe lediglich eher bereit, sich an der Umfragezu beteiligen, wodurch unter den Rückläufern betroffeneBetriebe überrepräsentiert wären.

Betriebe reagieren kurzfristig vielfältig auf denflächendeckenden Mindestlohn

Den vom Mindestlohn betroffenen Betrieben stehen kurz-fristig potenziell drei Strategien offen, um sich an diegestiegenen Stundenlöhne anzupassen: Weitergabe derKos tensteigerung an ihre Kunden (Preiserhöhungen), Ein -spa rungen bei den Nichtlohnkosten (z. B. Zurückstellungvon Investitionen, Verkleinerung der Produktvielfalt) undBremsen des Anstiegs der Lohnkostensumme (z. B. Re-duzierung von Sonderzahlungen, der Arbeitszeit oder derBeschäftigtenzahl). Welche Strategien tatsächlich verfolgtwerden, hängt von der eigenen Betroffenheit und demMarkt umfeld auf dem relevanten Arbeitsmarkt und demeigenen Gütermarkt ab. Je stärker ein Betrieb vom flä chen -deckenden Mindestlohn betroffen ist, desto umfangrei-chere Anpassungsreaktionen sind zu erwarten. Je knapperhinreichend qualifizierte Arbeitskräfte sind, desto wenigerwird ein Betrieb Sonderzahlungen kürzen oder Beschäf-tigte entlassen. Je weniger ein Betrieb dem internationa-len Wettbewerb ausgesetzt ist, desto eher kann er kurz-

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Aktuelle Forschungsergebnisse

fristig mit Preiserhöhungen reagieren. In der Tat werdenmindestlohninduzierte Preissteigerungen auch internatio -nal vor allem in Branchen mit nur lokalem Wettbewerbbeobachtet, wie dem Taxigewerbe oder Restaurants [vgl.z. B. CARD und KRUEGER (1994), FOUGÈRE et al. (2010)].

In dem Ausmaß, in dem die Betriebe die mindestlohn -induzierte Steigerung der Lohnkosten auf die Güter prei seumlegen oder durch Kostensenkungen an anderer Stelle(z. B. Investitionen, Sonderzahlungen) kompensieren kön-nen, mildern sich kurzfristig die beschäftigungsdämpfen-den Wirkungen des Mindestlohns. Langfristig werden dieseStrategien umfangreichere Beschäftigungseffekte abernicht vollständig verhindern können [vgl. z. B. MACURDY undMCINTYRE (2001), MÜLLER und STEINER (2013)]. Insbeson-dere kann ein Investitionsstau langfristig die Betriebs -entwicklung beeinträchtigen.

Soweit bereits kurzfristig Beschäftigungseffekte auf-treten, müssen sich diese nicht zwangsläufig in einemRückgang der Zahl der Beschäftigten und einem Anstiegder Zahl der Arbeitslosen äußern. In Betrieben mit gegen -wärtig gut laufenden Geschäften, wie es im Jahr 2015 derFall war, sind eine zurückhaltende Einstellungspraxis undggf. eine Verkürzung der Arbeitszeit eher zu erwarten alseine Verkleinerung der Belegschaft.

Um die Wahrnehmung der unterschiedlichen Anpas-sungsstrategien in der gewerblichen Wirtschaft Sachsensaufzudecken, wurden die vom flächendeckenden Mindest -lohn betroffenen Betriebe gefragt, ob sie die jeweiligenPositionen (Preise, Investitionen, Sonderzahlungen, Be-

schäftigung usw.) aufgrund des Mindestlohns gesenkt,unverändert beibehalten oder erhöht haben.

Das Ergebnis ist eindeutig: Kurzfristig haben die be-troffenen Umfrageteilnehmer versucht, durch alternativeMaßnahmen einen unmittelbaren Beschäftigungsabbau zuvermeiden (vgl. Abb. 2). Mehr als jeder zweite betroffeneBetrieb (58 %) hat zunächst die Preise erhöht und da-durch die gestiegenen Personalkosten an seine Kundenweitergereicht. Ein ebenfalls beachtlicher Anteil von 39 %der betroffenen Betriebe hat die Investitionsausgabengesenkt. Um darüber hinaus den Anstieg der Lohnkos -tensumme zu bremsen, hat jeweils ein knappes Drittel derBetriebe Sonderzahlungen gekürzt bzw. die Arbeitszeit derBeschäftigten herabgesetzt. Weniger als ein Drittel derbetroffenen Betriebe (29 %) hat nach eigenen Angabenauf grund des Mindestlohns Entlassungen vorgenommen;ein knappes Viertel baute Praktikumsplätze ab. Viel deut-licher dämpfte der flächendeckende Mindestlohn dagegenanscheinend den Beschäftigungsaufbau: Etwa 39% dervon der Lohnuntergrenze betroffenen Betriebe gaben an,aufgrund des Mindestlohns geplante Neueinstellungennicht vorgenommen zu haben. Erwartungsgemäß imple-mentierten Betriebe, die vor der Einführung des Mindest-lohns besonders geringe Löhne zahlten, weitaus mehrMaßnahmen als solche, deren niedrigste Löhne ursprüng -lich nur knapp unterhalb des Mindestlohns lagen.

Die Beschäftigungsreaktionen variieren mit dem Aus-bildungsniveau der Arbeitnehmer (vgl. Abb. 3). Fast einFünftel der vom Mindestlohn betroffenen Betriebe gab

Quellen: Betriebsbefragung in Sachsen (Februar 2016), Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 1: Betriebe nach Betroffenheit und niedrigstem, vertraglich vereinbarten Stundenlohn 2014

2%6%

12%

37%

23%

15%

4%

9,00 € � und mehr 8,50 €�bis 8,99 € � 8,00 €� bis 8,49 €� 7,00 €� bis 7,99 €�

6,00 €�bis 6,99 € � bis 5,99 € � Lohn unbekannt

46 % nicht betroffen

54 % betroffen

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Aktuelle Forschungsergebnisse

an, den Bestand an ungelernten Arbeitskräften reduziertzu haben; fast ein Drittel reduzierte die Zahl der entspre-chenden Neueinstellungen. Bei den Beschäftigten mit ab -geschlossener Berufsausbildung, von denen ein höhererAnteil schon vor der Einführung des gesetzlichen Mindest -lohns mehr als 8,50€ je Stunde verdient haben dürfte,waren die negativen Beschäftigungsreaktionen schwächer.Es erhöhten sogar 7 % der betroffenen Betriebe nach eige -nen Aussagen aufgrund des Mindestlohns die Zahl derNeueinstellungen von qualifizierten Beschäftigten. Dieservergleichsweise hohe Anteil könnte darauf hindeuten,dass die Betriebe geringqualifizierte Beschäftigung teil-weise durch höherqualifizierte Beschäftigung substituierthaben. Bei den Hochschulabsolventen gab es kaum Än-derungen im Bestand; allerdings haben 14 % der betrof-fenen Betriebe auch hier die Neueinstellungen reduziert.

Kurzfristig keine statistisch signifikanten beschäftigungsdämpfenden Effekte

Um die kurzfristigen Beschäftigungseffekte des Mindest-lohns auch quantitativ bestimmen zu können, wurden in derUmfrage zusätzlich detaillierte Angaben zur Beschäftigungan den Stichtagen 30. Juni 2014 und 30. Juni 2015 er-hoben. Die im Folgenden betrachtete Beschäftigungs - entwicklung zwischen diesen beiden Stichtagen dürftealso nicht durch saisonale Aspekte verzerrt sein.

Allerdings sind aus der beobachteten Beschäftigungsent -wicklung noch alle Effekte herauszurechnen, die nicht demMindestlohn, sondern z. B. der konjunkturellen Entwick-lung, der Knappheit von hinreichend qualifizierten Arbeits -kräften oder den demographischen Rahmenbedingungenzuzurechnen sind. Hierzu wird unterstellt, dass die beob-achtete Beschäftigungsentwicklung in Betrieben, die nacheigenen Angaben nicht vom Mindestlohn betroffen sind,verlässlich diejenige Beschäftigungsentwicklung appro -ximiert, die sich in den vom Mindestlohn betroffenenBetrieben eingestellt hätte, wäre der Mindestlohn nichtein ge führt worden. Zur Verbesserung der Approxima -tion werden die Betriebe über ein Propensity ScoreKernel Matching5 so gewichtet, dass sich betroffene undnicht-betroffene Betriebe hinsichtlich der Eigenschaften,welche die Beschäftigungsentwicklung beeinflussen, imMittel nicht mehr voneinander unterscheiden.

Als relevante Eigenschaften werden hier berücksichtigt:der Betriebsstandort auf Kreisebene, der Wirtschafts zweig,die Betriebsgrößenklasse, die Umsatzgrößenklasse, dieInteraktion der beiden Größenklassen und die Zahl derBe schäftigten in der jeweils betrachteten Beschäfti-gungsgruppe (Gesamt, Vollzeit, Teilzeit, Minijobs). Maß-geblich sind dabei die Werte des Jahres 2014, also vorEinführung des flächendeckenden Mindestlohns. Das Ge -wichtungsverfahren setzt voraus, dass die Eigenschaftensowohl in der Gruppe der betroffenen Betriebe als auchin der Gruppe der nicht-betroffenen Betriebe hinreichend

Quellen: Betriebsbefragung in Sachsen (Februar 2016), Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 2: Häufigste Anpassungsreaktionen (Anteile an betroffenen Betrieben)

1%

24%

29%

32%

33%

39%

39%

58%

3%

7%

3%

6%

7%

6%

60% 40% 20% 0% 20% 40% 60%

Preise

Praktikumsplätze

Beschäftigtenzahl

Arbeitszeit

Sonderzahlungen

Investitionen

Neueinstellungen

gesenkt angehoben

Anmerkung: Mehrfachnennungen möglich.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

oft vertreten sind. Problematisch ist in dieser Hinsicht dasGastgewerbe; hier stuften sich 95 % der Betriebe als be-troffen ein. Daher konnte das Gastgewerbe in der Be-rechnung der Beschäftigungseffekte nicht berücksichtigtwerden. Da im Gastgewerbe Rückgänge bei den Neuein -stellungen sowie im Beschäftigtenbestand eine wesent licheRolle spielten, könnten die im Folgenden vorgestelltenErgebnisse die Beschäftigungseffekte des Mindestlohnstendenziell etwas zu optimistisch darstellen.

Der Beschäftigungseffekt des Mindestlohns ergibt sichals Differenz zwischen der mittleren Beschäftigung der be -troffenen Betriebe und jener der gewichteten nicht-betroffe -nen Betriebe im Jahr 2015, jeweils konditioniert auf das Aus-gangsniveau 2014.Der Beschäftigungseffekt wurde ab solutin Personen ermittelt, um potenzielle Umwandlungs effektevon geringfügiger in sozialversicherungspflich tige Voll- oderTeilzeitbeschäftigung identifizieren zu können: Ein mindest-lohninduzierter Rückgang der Beschäftigung bei „Minijobs“sollte bei vollständiger Umwandlung mit einer ähnlichgroßen mindestlohninduzierten Beschäfti gungs zunahmebei den Voll- oder Teilzeitbeschäftigten einhergehen.

Insgesamt ergaben sich im Zeitraum vom 30. Juni2014 bis 30. Juni 2015 statistisch signifikante negativeBeschäftigungseffekte des Mindestlohns nur für besondersstark betroffene Betriebe, nicht jedoch für die gesamteUmfragestichprobe (vgl. Tab. 1). Auch bei den Vollzeit -beschäftigten und den geringfügig Beschäftigten (Mini-jobbern) deuten die Ergebnisse nicht auf kurzfristige Be -

schäf tigungseffekte hin. Der Effekt auf die geringfügige Be -schäf tigung wird jedoch sehr wahrscheinlich unterschätzt,da das stark vom Mindestlohn betroffene Gastgewerbe,das vor Einführung des flächendeckenden Mindestlohnseinen überdurchschnittlich hohen Anteil geringfügiger Be-schäftigung aufwies, in der vorliegenden Berechnung nichtbe rücksichtigt werden konnte. Lediglich bei den Teilzeit -beschäftigten deutet sich ein schwach positiver Beschäf -tigungszuwachs an. Dieser Zuwachs darf jedoch nicht au-tomatisch dahingehend interpretiert werden, dass derMindestlohn zusätzliche Stellen geschaffen habe. Möglichist auch, dass ehemals geringfügige Beschäftigungsver-hältnisse in sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäfti-gung umgewandelt wurden oder dass durch eine mindest-lohnbedingte Verkürzung der Arbeitszeit ehemals Vollzeit-beschäftigte nunmehr nur noch in Teilzeit beschäftigt sind.Beispielsweise ergibt eine multivariate Analyse, dass in Be-trieben, die nach eigenen Angaben in Reak tion auf die Ein-führung des Mindestlohns die Arbeitszeit ihrer Beschäftig-ten verkürzt haben, der Anstieg der Teilzeitbeschäftigungum eine Stelle mit einem ebenso gro ßen Rückgang derVollzeitbeschäftigung einhergeht.

Tabelle 1 stellt den Beschäftigungseffekt differenziertnach Eingriffsintensitäten dar. Wie bereits vermutet wurde,sind die Beschäftigungseffekte in denjenigen Betriebendeutlich stärker ausgeprägt, in denen der Mindestlohn besonders hohe Lohnanpassungen erforderte. Insbeson -dere implizieren die Ergebnisse, dass der Mindestlohn die

Quellen: Betriebsbefragung in Sachsen (Februar 2016), Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 3: Beschäftigungsreaktionen nach Ausbildungsniveau (Anteile an betroffenen Betrieben)

14%

19%

31%

3%

15%

19%

3%

7%

3%

2%

6%

4%

40% 20% 0% 20%

mit akademischem Abschluss

mit abgeschl. Berufsausbildung

An-/Ungelernte

mit akademischem Abschluss

mit abgeschl. Berufsausbildung

An-/Ungelernte

Neu

eins

tellu

ngB

esta

nd

gesenkt angehoben

Anmerkung: Mehrfachnennungen möglich.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Beschäftigungsdynamik in besonders stark betroffenenBetrieben spürbar gedämpft hat; ohne den Mindestlohnhätte jeder der besonders stark betroffenen Betriebe imJuni 2015 im Durchschnitt einen Arbeitnehmer mehr be-schäftigt. Zusätzlich scheinen die stärker betroffenen Be-triebe in begrenztem Maße Minijobs und Vollzeitbeschäf-tigung in Teilzeitbeschäftigung umgewandelt zu haben.

Ausblick

Die im Februar 2016 durchgeführte Betriebsbefragung inder gewerblichen Wirtschaft Sachsens hat noch einmal diehohe Reichweite des Mindestlohns im Freistaat verdeut-licht. Zwar könnte die Reichweite durch eine überpropor-tionale Teilnahmebereitschaft betroffener Betriebe etwasüberschätzt sein, jedoch zeigt sich auch eine in der öffent -lichen Debatte bislang weniger wahrgenommene mit tel - bare Betroffenheit: Die Notwendigkeit, auch Löhne ober-halb des Mindestlohns anheben zu müssen, um denqualifika torischen Lohnabstand beizubehalten, erhöht diePersonalkosten zusätzlich. Dies sollte bei einer Anpas-sung der Höhe des Mindestlohns bedacht werden.

Bislang konnten die vom Mindestlohn betroffenen Be trie -be einen umfangreichen Beschäftigungsabbau durch alter -native Anpassungsreaktionen – u. a. Preiserhöhungen undZurückstellung von Investitionen – vermeiden. Offen bleibt,ob diese Maßnahmen auch längerfristig ausreichen wer-den, um sich an den Mindestlohn anzupassen. Dies giltinsbesondere, wenn sich die konjunkturelle Lage ver-schlechtern sollte. Bei einer weiteren Anhebung des Min-destlohns könnten die Betriebe zudem bei bestimmtenMaßnahmen an ihre Grenzen stoßen. Wer schon jetzt zurKostenersparnis nicht mehr investiert, kann künftige Kos - tensteigerungen nicht mit weiteren Einsparungen bei In-vestitionen auffangen. Damit engt sich der Katalog po ten - zieller Anpassungsmaßnahmen immer weiter ein. Zudemhängt der Erfolg der einzelnen Maßnahmen auch vom kon - junkturellen Umfeld ab.

Im Jahr 2015 war das konjunkturelle Umfeld für dieEinführung des flächendeckenden Mindestlohns überausgünstig. Dadurch führte der Mindestlohn nicht zu einemAnstieg der Arbeitslosigkeit. Stattdessen verringerte er aberden Abbau der Arbeitslosigkeit, da betroffene Betriebehäufig ihre Einstellungsbereitschaft zurückgefahren haben.Dies betraf in Sachsen insbesondere die Gruppe der Un-

Quellen: Betriebsbefragung in Sachsen (Februar 2016), Berechnungen des ifo Instituts.

Tabelle 1: Beschäftigungseffekt des flächendeckenden Mindestlohns in Sachsen, Juni 2014 bis Juni 2015,in Personen, nach Eingriffsintensität (niedrigster Lohn 2014)

Niedrigster vertraglich vereinbarter Stundenlohn

im Juni 2014Gesamt Vollzeit Teilzeit Minijobs

Aus-zubildende

Gesamte Stichprobe–0,29 –0,41 0,35* –0,12 –0,07

(N = 1.974) (N = 1.792) (N = 1.611) (N = 1.693) (N = 1.510)

< 6,00 €–1,36** –2,10* 1,79 –0,69** –0,14

(N = 1.000) (N = 904) (N = 806) (N = 825) (N = 735)

6,00 € – 6,50 €–1,17** –0,98 0,17 –0,05 –0,01

(N = 1.106) (N = 1.005) (N = 887) (N = 933) (N = 849)

7,00 € – 7,50 €

–0,38 –0,33 0,11 –0,22** –0,01

(N = 1.337) (N = 1.220) (N = 1.092) (N = 1.139) (N = 1.037)

8,00 € – 8,49 €

–0,10 –0,64 0,00 0,08 –0,12

(N = 1.036) (N = 920) (N = 820) (N = 875) (N = 787)

Anmerkung: Statistische Signifikanz der Ergebnisse: * 90-%-Konfidenzniveau; ** 95-%-Konfidenzniveau, *** 99-%-Konfidenzniveau.Standardfehler: Bootstrapping mit 250 Iterationen. Beschäftigungseffekte nach Kernel Matching auf den Propensity Score, ohne Gast-gewerbe. Anzahl gematchter Beobachtungen in Klammern.

Lesebeispiel: In besonders stark betroffenen Betrieben (Zeile 2: Lohn bis 5,99€) wäre die Beschäftigtenzahl im Juni 2015 insgesamt(Spalte 1: Gesamt) durchschnittlich um etwa eine Person höher gewesen, wäre der Mindestlohn nicht eingeführt worden.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

gelernten und Angelernten. Zahlreiche Betriebe vermerk-ten auf dem Fragebogen, dass ein Mindestlohn in Höhevon 8,50€ je Stunde für Geringqualifizierte nicht tragbarsei. Bei einer weiteren Erhöhung des Mindestlohns odereiner Verschlechterung der konjunkturellen Lage dürfte esfür diese Personengruppe somit noch schwieriger wer-den, eine Beschäftigung zu finden bzw. beschäftigt zubleiben. Gleichwohl waren bis Juni 2015 statistisch signi-fikante beschäftigungsdämpfende Effekte des Mindest-lohns nur in einzelnen Bereichen der gewerblichen Wirt-schaft Sachsens zu beobachten. Ob der flächendeckendeMindestlohn auch längerfristig nur begrenzt Beschäf ti -gungs effekte hervorrufen wird, darf jedoch – auch ange-sichts der internationalen empirischen Evidenz zu denUn terschieden zwischen kurzfristigen und langfristigenMin destlohneffekten [vgl. NEUMARK und WASCHER (2008)]– bezweifelt werden.

Literatur

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BELLMANN, L.; BOSSLER, M.; GERNER, H.-D. und O. HÜBLER

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DITTRICH, M.; KNABE, A. und K. LEIPOLD (2014): SpilloverEffects of Minimum Wages in Experimental Wage Nego-tiations, CESifo Economic Studies 60 (4), S. 780–804.

FOUGÈRE, D.; GAUTIER, E. und H. LE BIHAN (2010): Restau-rant Prices and the Minimum Wage, Journal of Money,Credit and Banking 42 (7), S. 1.199–1.234.

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(Hrsg.) (2016): Begleitendes Datentool zum Arbeits-marktspiegel: Entwicklungen nach Einführung des Min -

destlohns (Ausgabe 1), IAB Forschungsbericht 1/2016,Nürnberg.

KNABE, A.; LÜCKE, C.; SCHÖB, R.; THUM, M.; VANDREI, L. undM. WEBER (2014): Regionale Beschäftigungseffekte desMindestlohns im Freistaat Sachsen, ifo Dresden be-richtet 21 (5), S. 03–12.

MACURDY, T. E. und F. MCINTYRE (2001): Winners and Losers of Federal and State Minimum Wages, Employ -ment Policies Institute, Washington, D. C.

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SCHUBERT, A.; STEINBRECHER, J.; THUM, M. und M. WEBER

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WEBER, M. (2016): Der flächendeckende Mindestlohn inOst- und Westdeutschland: Erwartungen und Wirk-lichkeit, ifo Dresden berichtet 23 (3), S. 36–40.

1 Zu diesen zehn Niedriglohnbranchen gehören Herstellung von Back-und Teigwaren, Einzelhandel (ohne Handel mit Kfz), Betrieb von Taxis,Beherbergung, Gastronomie, Private Haushalte mit Hauspersonal, CallCenter, Spiel-, Wett- und Lotteriewesen, Kosmetiksalons sowie PrivateWach- und Sicherheitsdienste.

2 Zusätzlich zählen auch einzelne Klassen der Wirtschaftsabschnitte A undO bis U zur gewerblichen Wirtschaft. Diese spielen quantitativ jedocheine untergeordnete Rolle.

3 Nahezu alle Betriebe der gewerblichen Wirtschaft, mit Ausnahme derFreien Berufe, sind automatisch auch Mitglieder der Industrie- und Han-delskammern bzw. der Handwerkskammern.

4 In einem Pre-Test ergab sich, dass unter den Betrieben, die in den Regi-stern der Betriebsgrößenklasse „1 bis 3 Beschäftigte“ zugeordnet sind,zahlreiche Soloselbstständige vertreten waren.

5 Der Propensity Score ist die auf die genannten Betriebseigenschaftenbedingte Wahrscheinlichkeit, dass ein Betrieb vom Mindestlohn betrof-fen ist. Verwendet wird ein Kernel-Matching mit Epanechnikov-Kernelmit einer Bandbreite 0,06. Alternative Matching-Verfahren, z.B. RadiusMatching mit einem Radius von 0,3 um den Propensity Score oder Mahalanobis-Matching über die Charakteristika anstelle des PropensityScores, kommen zu ähnlichen Ergebnissen.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Im Jahr 2014 gehörten 5,5 Mill. Menschen in Deutsch-land zu der Gruppe der Migranten der 2. Generation [vgl.STATISTISCHES BUNDESAMT (2014)]. Migranten der 2. Gene-ration (im Folgenden nur Migranten genannt) sind Perso-nen, welche einen Migrationshintergrund, aber keine eige -ne Migrationserfahrung haben. Dabei werden Ausländerund Deutsche mit mindestens einem zugewanderten oderals Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil gleicher -maßen berücksichtigt. Die hier betrachteten Migranten der2. Generation sind demnach in Deutschland geboren, auf -gewachsen und können die gleiche Schulbildung wie Deut -sche ohne Migrationshintergrund in Anspruch nehmen.Außerdem unterliegen sie auf dem Arbeitsmarkt keinenrechtlichen Beschränkungen. Dennoch war die Erwerbs-losenquote der Migranten 2014 mit 9 % mehr als doppeltso hoch wie die der Deutschen ohne Migrationshinter-grund mit 4 % [vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT (2014)]. Die-ser Umstand motiviert die Frage nach der Ursache fürdiesen unterschiedlichen Erfolg am Arbeitsmarkt.

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Migran -ten ein niedrigeres Bildungsniveau haben und sich in fürden Arbeitsmarkt relevanten Merkmalen von Deutschenohne Migrationshintergrund unterscheiden [vgl. u. a. GRA -NATO und KALTER (2001) und BRÜCKER et al. (2014)]. Es istjedoch unklar, wie Migranten am Arbeitsmarkt positioniertwären, wenn sie ceteris paribus keinen Migrationshinter-grund hätten. Diese Lücke soll der vorliegende Beitragfüllen. Die empirische Untersuchung stützt sich auf Datenaus dem Mikrozensus 2011 und die Methode des Pro-pensity-Score-Matching. Es wird eine Vergleichsgruppezur Darstellung des kontrafaktischen Zustands1 gebildetund der Untersuchungsgruppe gegenübergestellt. Da-durch kann der Einfluss des Migrationshintergrundes aufden Arbeitsmarkterfolg herausgearbeitet werden. Es zeigtsich, dass die geringere Erwerbstätigkeit durch die unter -schiedlichen soziodemographischen Eigenschaften er klärtwerden kann und somit nicht der Migrationshintergrundselbst die Ursache ist. Auch eine nach Kulturgruppenge trennte Analyse kommt zu diesem Ergebnis.

Im folgenden Abschnitt wird zunächst der verwendete Da -tensatz „Mikrozensus 2011“ kurz vorgestellt. Anschlie -ßend wird gezeigt, dass das unterschiedliche Bildungs -niveau den geringeren Arbeitsmarkterfolg der Migrantennicht vollständig erklären kann. Auf dieser Erkenntnisaufbauend wird anhand des Propensity-Score-Matchingsdie Ver gleichsgruppe gebildet und den Migranten gegen-überge stellt. Der Artikel schließt mit einem kurzen Fazit.

Datensatz und Stichprobe

Um den Arbeitsmarkterfolg von Migranten zu untersuchen,eignet sich aufgrund der hohen Fallzahlen, der umfangrei -chen arbeitsmarktrelevanten Informationen und der gesetz -lichen Verpflichtung der Befragten zur Beantwortung desFragebogens der Mikrozensus. Dieser ist eine 1-Prozent-Haushaltsstichprobe der wohnberechtigten Bevölkerungin Deutschland [vgl. hier und im Folgenden STATISTISCHESBUNDESAMT (2012)]. Er informiert über die wirtschaftlicheund soziale Lage der Befragten sowie über das Erwerbs-verhalten und die Schul- und Ausbildung. Für diese Ana-lyse wird die zum Zeitpunkt der Analyse aktuellste Befra-gungswelle 2011 des Mikrozensus verwendet.

Da dieser Beitrag den Arbeitsmarkterfolg untersucht,werden nur Erwerbspersonen – also Personen zwischen15 und 64 Jahren, die entweder erwerbstätig oder erwerbs -los sind – berücksichtigt. Zusätzlich werden die Selbst-ständigen aus der Analyse ausgeschlossen, weil diesekeinen Bewerbungsprozess im eigentlichen Sinne durch-laufen müssen. Eine selektionsbedingte Verzerrung kanndurch diese Vorgehensweise weitestgehend ausgeschlos -sen werden, da sich die Quoten der Selbständigen zwi-schen Migranten und Deutschen ohne Migrationshinter-grund nur marginal unterscheiden (9 % der Migranten vs.10% der Deutschen ohne Migrationshintergrund). Die Stich - probe umfasst nun noch 8.036 Migranten und 257.802Deutsche ohne Migrationshintergrund.

Das Bildungsniveau der Migranten

Ein Grund für den unterschiedlichen Arbeitsmarkterfolgvon Migranten und Deutschen ohne Migrationshintergrundkönn te in den ungleichen Qualifikationsniveaus bezüglich

Der Arbeitsmarkterfolg von Migranten der 2. Generation: Keine Anzeichen für DiskriminierungerkennbarAntje Schubert*

* Antje Schubert ist Doktorandin der Dresdner Niederlassung des ifo Insti-tut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität Mün-chen e. V.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

der schulischen Ausbildung liegen (vgl. Abb. 1). Im Durch -schnitt haben Migranten ein niedrigeres Bildungsniveau.Sie haben häufiger keinen Schulabschluss oder einenHaupt schulabschluss und seltener die Mittlere Reife oderdie Hochschulreife. Fast die Hälfte der männlichen Migran -ten hat keinen Schulabschluss oder einen Hauptschul -abschluss. Bei den Deutschen ohne Migrationshinter-grund ist dies nur jeder Dritte. Die (Fach-) Hochschulreifeerlangt bei den männlichen Migranten nur jeder Fünfte,wohingegen jeder Dritte männliche Deutsche diesen Ab-schluss erreicht. Fast 40 % der weiblichen Migranten, abernur 25 % der deutschen Frauen ohne Migrationshinter-grund haben keinen Schulabschluss oder einen Haupt-schulabschluss. Die Mittlere Reife erlangt in etwa jededritte Migrantin und 40 % der deutschen Frauen. Insge-samt zeigt sich, dass das durchschnittliche Qualifikations -niveau bei Frauen ohne Migrationshintergrund am höchs -ten ist und bei Männern mit Migrationshintergrund amnied rigsten.

Können diese Bildungsunterschiede die unterschied-lich hohen Erwerbslosenquoten von Deutschen ohne Mi-grationshintergrund und Migranten erklären? Um dieseFrage zu beantworten, wird das Erwerbslosigkeitsrisikobei gegebener Schulbildung berechnet. Insgesamt zeigtsich, dass Personen ohne Schulabschluss eine erheblichhöhere Wahrscheinlichkeit haben, erwerbslos zu sein, alsPersonen mit Hauptschulabschluss, Mittlerer Reife oder(Fach-)Hochschulreife (vgl. Abb. 2). Außerdem haben Deut -

sche ohne Migrationshintergrund bei gleichem Schul -abschluss ein geringeres Risiko, erwerbslos zu sein.Da sichdie bedingten Wahrscheinlichkeiten nicht nur zwischenden Qualifikationsniveaus, sondern auch zwischen Migran -ten und Deutschen ohne Migrationshintergrund unterschei -den, können die unterschiedlichen Bildungsniveaus nichtdie komplette Differenz der Erwerbslosenquoten erklä ren.

In Bezug auf die Ausbildungsabschlüsse zeichnet sichein ähnliches Bild. Mit über 45 % besitzt fast die Hälfteder Migranten keinen Ausbildungsabschluss. Bei den Deut -schen ohne Migrationshintergrund sind dies nur knapp15 %. Nur 8 % der Migrantinnen schließen ein Studiumab. Dies sind gerade einmal halb so viele im Vergleich zudeutschen Frauen ohne Migrationshintergrund. Bei denMännern ist der Unterschied mit 7 % (Migranten) vs. 20%(Deutsche ohne Migrationshintergrund) noch größer. Be-trachtet man nun die bedingte Wahrscheinlichkeit, beigegebener Ausbildung, erwerbslos zu sein, kann fest -gestellt werden, dass wieder Personen ohne Ausbildungdas höchste Erwerbslosigkeitsrisiko und Personen mitabgeschlossenem Studium das geringste aufweisen (vgl.Abb. 3). Männliche Migranten ohne abgeschlossene Aus-bildung tragen das größte Risiko, erwerbslos zu sein.Auffällig ist, dass Migranten mit einem (Fach-) Hochschul-abschluss im Vergleich zu Deutschen ohne Migrations-hintergrund ein doppelt so hohes Risiko haben, er-werbslos zu sein. Hinsichtlich der Berufsausbildung istdieser Unterschied nicht ganz so gravierend.

Quellen: Mikrozensus 2011, Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 1: Schulbildung nach Migrationshintergrund und Geschlecht

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

Kein Schul-abschluss

Hauptschul-abschluss

MittlereReife

(Fach-) Hochschulreife

Deutsche ohne MH männlich Migranten männlich

Deutsche ohne MH weiblich Migranten weiblich

Anmerkung: MH = Migrationshintergrund.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass nurein Teil der höheren Erwerbslosenquote der Migranten mit dem geringeren Bildungsniveau erklärt werden kann.Zur Untersuchung der Wirkung des Migrationshinter-grundes auf den Arbeitsmarkterfolg wird das Matching-Verfahren genutzt, welches im nächsten Abschnitt vor-gestellt wird.

Methodik

Ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg am Arbeitsmarktsind die Sprachfähigkeiten und sozialen Netzwerke derBewerber. Diese Informationen werden im Mikrozensus2011 nicht erhoben. Um diese Informationslücke zu schlie -ßen, werden in Anlehnung an SEIBERT (2011) nur Perso-nen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung bzw.abgeschlossenem (Fach-)Hochschulstudium berücksich -tigt. Annahmegemäß verfügen diese Personen über aus-reichend soziale Netzwerke, um einen Ausbildungsplatzzu erhalten, und genügend Sprachfertigkeiten, um dieseAusbildung abzuschließen. Durch den Ausschluss von Per -sonen ohne Ausbildungsabschluss wird die Stichprobestark verkleinert, weil ein großer Teil der Migranten kei-nen Ausbildungsabschluss aufweist. Nach diesen Ein-schränkungen enthält die Stichprobe 4.318 Migrantenund 220.294 Deutsche ohne Migrationshintergrund.

Dabei unterscheiden sich die Migranten von den Deut-schen ohne Migrationshintergrund in mehreren für die Be -

schäftigungswahrscheinlichkeit maßgeblichen Charakte-ristika (vgl. Tab. 1).

Während bei den Migranten die Mehrheit alleinste-hend ist, ist bei den Deutschen ohne Migrationshinter-grund jeder zweite verheiratet. Dies könnte unter anderemdurch das geringere Durchschnittsalter der Migranten be -gründet sein, als Folge der Beschränkung auf die Kindervon Eltern mit eigener Migrationserfahrung. Etwa 41 % derMigranten, aber nur 16 % der Deutschen sind zwischen20 und 29 Jahren alt. Nur 3 % der Migranten sind zwi-schen 50 und 64 Jahren, aber 32 % der Deutschen. Zu-dem unterscheiden sich die beiden Personengruppenstark hinsichtlich der Schulbildung. Jeder dritte Migrantverfügt über einen Hauptschulabschluss, bei den Deut-schen ist es nur jeder Vierte. Dementsprechend habenDeutsche häufiger die Mittlere Reife oder die (Fach-)Hoch-schulreife. Während nur jeder Siebte der Migranten einen(Fach-)Hochschulabschluss hat, ist dies bei den Deut-schen ohne Migrationshintergrund jeder Fünfte. Außer-dem sind die Migranten häufiger in Fertigungsberufen undseltener in technischen oder Dienstleistungsberufen tätig.Sie haben im Durchschnitt mehr und vor allem jüngereKinder. Wenn sie mit einem Partner im Haushalt leben, istdieser seltener erwerbstätig.

Um die kausale Wirkung des Migrationshintergrundesauf den Arbeitsmarkterfolg bestimmen zu können, müss -ten theoretisch zwei Zustände bekannt sein. Zum Erstendie Arbeitsmarktsituation des Migranten, so wie sie in derRealität ist, und zum Zweiten der kontrafaktische Zu-

Quellen: Mikrozensus 2011, Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 2: Bedingte Wahrscheinlichkeiten für Erwerbslosigkeit bei gegebener Schulbildung, nach Migrationshintergrund und Geschlecht

0%

5%

10%

15%

20%

25%

Kein Schul-abschluss

Hauptschul-abschluss

MittlereReife

(Fach-)Hochschulreife

Deutsche ohne MH männlich Migranten männlich

Deutsche ohne MH weiblich Migranten weiblich

Anmerkung: MH = Migrationshintergrund.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

stand, in dem die gleiche Person keinen Migrationshinter -grund besitzt (Kontrollgruppe). Der erste Zustand ist ge-nau der, welchen man beobachtet. Der zweite Zustandjedoch kann nicht beobachtet werden. Das Propensity-Score-Matching bietet die Möglichkeit, diesen zweitenZustand approximativ abzubilden. Dafür werden zur Kon -trolle Deutsche ohne Migrationshintergrund herangezogen,welche in den relevanten Eigenschaften den Migrantenmöglichst ähnlich sind [vgl. ROSENBAUM und RUBIN (1983)].

Das Matching-Verfahren beruht auf der Annahme, dassdie Gruppenzugehörigkeit ausschließlich auf beobacht-bare Merkmale zurückzuführen ist. Demnach spielt dieAuswahl der Merkmale für die Berechnung des Propen-sity Scores eine zentrale Rolle. In dieser Untersuchungwurden dafür die Merkmale aus Tabelle 1 als relevanteFaktoren in die Schätzung aufgenommen. Die Zuordnungder Kontrollgruppe zu den Migranten erfolgt über dasNearest-Neighbour-Verfahren. Dabei werden jedem Mi-granten die drei ähnlichsten Deutschen zugeordnet. Durchdiese Vergrößerung der Stichprobe soll die Varianz desgeschätzten Beschäftigungseffektes verringert werden [vgl.hier und im Folgenden STUART und RUBIN (2007)]. Um genauere Übereinstimmungen zu erhalten, wird das Ver-fahren „mit Zurücklegen“ angewendet. Dadurch könnenKon trollgruppenmitglieder, welche den Migranten sehr ähn -lich sind, mehrfach in die Berechnung einfließen.

Im Anschluss an das Matching ergibt sich der durch-schnittliche Effekt des Migrationshintergrundes auf denArbeitsmarkterfolg als Differenz zwischen den mittleren

Erwerbslosenwahrscheinlichkeiten der Migranten und dergewichteten Kontrollgruppenmitgliedern. Bleibt also einestatistisch signifikante Differenz nach der Gewichtung derKontrollgruppe bestehen, ist davon auszugehen, dass nichtnur die unterschiedlichen soziodemographischen Eigen-schaften Ursache für die höhere Erwerbslosenquote derMigranten sind.

Der Arbeitsmarkterfolg der Migranten

Der Vergleich der Erwerbslosenquoten der Migranten mitden Deutschen ohne Migrationshintergrund im gewichte -ten Fall zeigt keine signifikante Differenz (vgl. Tab. 2). Diesignifikante Differenz der Erwerbslosenquoten von 2,1 %im ungewichteten Fall verschwindet, sobald Migranten nurnoch ähnlichen Deutschen gegenübergestellt werden. Daslässt darauf schließen, dass nicht der Migrationshinter-grund Ursache der höheren Erwerbslosenquote der Migran-ten ist, sondern die unterschiedlichen soziodemographi-schen Eigenschaften zwischen Migranten und Deutschenohne Migrationshintergrund der eigentliche Grund sind.

Zusätzlich ist auch die Gruppe der Migranten selbstsehr heterogen. So sind zum Beispiel Personen mit öster -reichischen Wurzeln in ihren durchschnittlichen Charak-teristika sehr verschieden von Personen mit türkischenWurzeln. Aus diesem Grund wurde die gleiche Analyseauch für einzelne Subgruppen durchgeführt. Um eine aus -reichend hohe Fallzahl zu gewährleisten, werden häufig

Quellen: Mikrozensus 2011, Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 3: Bedingte Wahrscheinlichkeiten für Erwerbslosigkeit bei gegebener Ausbildung, nach Migrationshintergrund und Geschlecht

0

0,05

0,1

0,15

0,2

Keine Ausbildung

Ausbildung/ Lehre/Fachschule

Deutsche ohne MH männlich Migranten männlichDeutsche ohne MH weiblich Migranten weiblich

Anmerkung: MH = Migrationshintergrund.

(Fach-)Hochschulreife

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Quellen: Mikrozensus 2011, Berechnungen des ifo Instituts.

Tabelle 1: Migranten und Deutsche ohne Migrationshintergrund im Vergleich

MerkmaleMigranten der2. Generation

Deutsche ohne Migrationshintergrund

Frau 44% 48 %

Familienstand

Alleinstehend 53% 35%

Unverheiratet mit Partner im Haushalt lebend 7% 12%

Verheiratet zusammen im Haushalt lebend 40% 53%

Alter

15-19 Jahre 2% 0 %

20-29 Jahre 41% 16%

30-49 Jahre 54% 52%

50-64 Jahre 3% 32%

Schulbildung

Kein Schulabschluss 0 % 0 %

Hauptschulabschluss 34% 26%

Mittlere Reife 36% 40%

(Fach-) Hochschulreife 30% 34%

Berufsbildung

Berufsausbildung 86% 79%

(Fach-) Hochschulabschluss 14% 21 %

Berufsgruppen (Auswahl)

Fertigungsberufe 24% 18%

Technische Berufe 5% 7%

Dienstleistungsberufe 62% 67%

Kinder

Anzahl der Kinder im Haushalt lebend (unter 18 Jahre)*

0,63 0,48

Jüngstes Kind unter 3 Jahre 12% 6%

Jüngstes Kind 3 bis unter 6 Jahre 8% 5%

Jüngstes Kind 6 bis unter 18 Jahre 22% 21%

Berufssituation des Partners

Erwerbstätig 77% 83%

Erwerbslos 4% 3%

Nichterwerbsperson 19% 14%

Beobachtungen 4.318 220.294

Anmerkung: Berufsgruppen nach KldB 1992; * Angabe des arithmetischen Mittels der Merkmalsausprägung.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

in Deutschland vorkommende Herkunftsländer nach kul-turräumlichen Kriterien in Anlehnung an JORDAN (2005) inGroßregionen zusammengefasst und gesondert unter-sucht. Da die Gruppe der Migranten mit türkischen Wurzelndie am stärksten vertretene Migrantengruppe in Deutsch -land ist, wird sie einzeln untersucht.

Personen mit mitteleuropäischen Wurzeln haben imungewichteten Fall eine signifikant höhere Erwerbslosen-quote als Deutsche ohne Migrationshintergrund. Gewich -tet man jedoch die Deutschen ohne Migrationshintergrunderneut so, dass sie sich in den arbeitsmarktrelevantenMerkmalen nicht mehr von den Mitteleuropäern unter-scheiden, kann kein Unterschied in den Erwerbslosen-quoten mehr festgestellt werden. Genauso verhält es sichbei den Südosteuropäern. Interessant ist, dass sich dieGruppe der Südeuropäer trotz großer Qualifikations -unterschiede schon vor dem Matching hinsichtlich derErwerblosenquote nicht von den Deutschen ohne Migra-tionshintergrund unterscheidet. Migranten mit türkischenWurzeln haben im ungewichteten Fall eine um 4,4 % hö here Erwerbslosenquote als die deutsche Vergleichs -grup pe. Wesentlicher Grund hierfür ist das durch-schnittlich niedrigere Bildungsniveau dieser Gruppe. Vier von zehn Migranten mit türkischen Wurzeln haben einen Hauptschulabschluss, nur jeder Vierte erlangt die (Fach-)Hochschulreife. Im Vergleich dazu hat nur jeder Vierte der Deut schen ohne Migrationshintergrund einenHauptschul abschluss und jeder Dritte die (Fach-)Hoch-schulreife. Ge wichtet man nun erneut die Deutschen, so-dass diese in ihren Merkmalen den türkisch-stämmigen

Migranten entsprechen, kann keine statistisch signifi -kante Differenz in den Erwerbslosenquoten mehr fest -gestellt werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dassstatistisch signifikante Unterschiede in den Erwerbslosen -quoten durch eine Neugewichtung der deutschen Ver-gleichsgruppe verschwinden. Demnach scheint die Ursa -che des geringeren Arbeitsmarkterfolges der Migrantenin den soziodemographischen Eigenschaften und nichtim Migrationshintergrund zu liegen.

Fazit

Dieser Beitrag untersucht die Ursache für den unter-schiedlichen Arbeitsmarkterfolg von Migranten und Deut -schen ohne Migrationshintergrund. Die Ergebnisse derAnalyse deuten darauf hin, dass der geringere Arbeits-markterfolg der Migranten vollständig durch die unter-schiedlichen soziodemographischen Eigenschaften erklärtwerden kann.

Obwohl das Ergebnis der Arbeit eindeutig ausfällt,sollten zumindest einige Einschränkungen getroffen wer-den. Als Erstes muss betont werden, dass es sich umeine Querschnittsanalyse für das Jahr 2011 handelt. Dem -nach wirkt auch die damalige Arbeitsmarktlage auf dasErgebnis. In seinem Jahresgutachten 2011/12 hält derSACHVERSTÄNDIGENRAT ZUR BEGUTACHTUNG DER GESAMTWIRT-SCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG fest, dass die Nachfrage nachArbeitskräften 2011 deutlich erhöht und zeitgleich die

Quellen: Mikrozensus 2011, Berechnungen des ifo Instituts.

Tabelle 2: Durchschnittlicher Effekt des Migrationshintergrundes auf den Arbeitsmarkterfolg vor undnach dem Matching (nach Regionen)

Region Beobachtungen Ungewichteter Effekt Gewichteter Effekt

Gesamt 4.318 2,1 %*** 0,20 %

Mitteleuropa 738 1,9 %*** –0,40 %

Südeuropa 855 – 1,5 % –0,20 %

Südosteuropa 632 1,6 %** 0,60 %

Türkei 1.554 4,4 %*** 0,60 %

Anmerkungen: Mitteleuropa = Estland, Lettland, Litauen, Slowakei, Tschechische Republik, Polen, Österreich, Liechtenstein, Luxem-burg, Schweiz, Ungarn, Slowenien, Kroatien und die ehemalige Tschechoslowakei; Südeuropa = Portugal, Spanien, Italien, San Marino,Vatikanstadt und Malta; Südosteuropa = Republik Moldau, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Ko-sovo, Griechenland, Albanien, Mazedonien, Zypern und das ehemalige Jugoslawien.

***, ** und * kennzeichnen ein statistisches Signifikanzniveau von 1 %, 5 % und 10 %.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Anzahl der registrierten Arbeitslosen „auf einem seit fasteinem Jahrzehnt nicht gekannten niedrigen Niveau“ ge-wesen ist [SACHVERSTÄNDIGENRAT ZUR BEGUTACHTUNG DER GE SAMTWIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG (2012), S. 268].Wenn sich nun auch weniger geeignete Bewerber auf eineStelle melden, kann es sein, dass es sich die Arbeitgeberschlichtweg nicht mehr leisten können, gemäß ihrer indi -viduellen Präferenzen zu handeln. Sie könnten also durchden zu kleinen Bewerberpool daran gehindert werden,Personen mit Migrationshintergrund systematisch auszu -schließen, um die offene Stelle zu besetzen und damit dieProduktion zu sichern. Um diesem Einwand nachzugehen,sollte eine Längsschnittanalyse durchgeführt wer den, wel-che Jahre mit einbezieht, in denen ein höheres Bewerber-potenzial pro ausgeschriebener Stelle vorhanden war.

Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Einschränkungder untersuchten Personengruppe auf Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung. Dies führt zu demsystematischen Ausschluss aller Geringqualifizierten.Dass bei gut qualifizierten Migranten keine Wirkung desMigrations hintergrundes auf den Arbeitsmarkterfolg fest-gestellt werden konnte, heißt jedoch nicht, dass auchgering qualifizierte Migranten am Arbeitsmarkt keine Be-nachteiligung erfahren. Das Angebot an einfacher Arbeitist im Verhältnis zu den ungelernten Arbeitslosen viel ge-ringer als das Arbeitsangebot für Gelernte [vgl. DEUT-SCHER GEWERK SCHAFTS BUND, BEREICH ARBEITSMARKTPOLITIK

(2015)]. Aus diesem Grund ist das Ergebnis nicht einfachübertragbar und es sollte eine gesonderte Untersuchungfür ungelernte Migranten durchgeführt werden. Dafürmuss jedoch auf einen Datensatz zurückgegriffen wer-den, welcher die Sprach kenntnisse und sozialen Netz-werke als Schlüsselfaktoren für den Arbeitsmarkterfolgmit erfasst.

Mit der Erkenntnis, dass mutmaßlich die soziodemo-graphischen Eigenschaften der Migranten und nicht derMigrationshintergrund selbst die Ursache für den gerin-geren Arbeitsmarkterfolg ist, sollte sich die Politik u. a.darauf konzentrieren, das Bildungsniveau der Migrantenanzuheben.

Literatur

BRÜCKER, H.; LIEBAU, E.; ROMITI, A. und E. VALLIZADEH (2014):Anerkannte Abschlüsse und Deutschkenntnisse loh-nen sich, DIW Wochenbericht 43, S. 1.144–1.151.

DEUTSCHER GEWERKSCHAFTSBUND, BEREICH ARBEITSMARKT-POLITIK (Hrsg.) (2015): Aussichtslos?!? Zur Situation Ge -ringqualifizierter auf dem Arbeitsmarkt. Berlin: 18 S.Reihe / Serie: Arbeitsmarkt aktuell Nr. 2015/06.

GRANATO, N. und F. KALTER (2001): Die Persistenz ethni-scher Ungleichheit auf dem deutschen Arbeitsmarkt,Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,Jg. 53, Heft 3, S. 497–520.

JORDAN, P. (2005): Großgliederung Europas nach kultur -räumlichen Kriterien, Europe Regional 13, S. 162–173.

ROSENBAUM, P. R. und D. B. RUBIN (1983): The CentralRole of the Propensity Score in Observational Studiesfor Causal Effects, Biometrika 70(1), S. 41–55.

SACHVERSTÄNDIGENRAT ZUR BEGUTACHTUNG DER GESAMTWIRT-SCHAFTLICHEN ENTWICK LUNG (Hrsg.) (2012): Robuste Auf-wärtsentwicklung der Beschäftigung: Verlauf und Er-klärung, Bonifazius GmbH Buch-Druck-Verlag: Pader-born, Kapitel 7.I.

SEIBERT, H. (2011): Berufserfolg von jungen Erwachsenenmit Migrationshintergrund, in BECKER, R. (Hrsg.): Inte-gration durch Bildung, Verlag für Sozialwissenschaften:Wiesbaden, S. 197–226.

STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (2012): Mikrozensus 2011– Qualitätsbericht, Wiesbaden.

STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (2014): Bevölkerung undErwerbstätigkeit, Bevölkerung mit Migrationshintergrund– Ergebnisse des Mikrozensus, Fachserie 1 Reihe 2.2,Wiesbaden.

STUART, E. A. und D. B. RUBIN (2007): Matching Methodsfor Causal Inference: Designing Observational Studies,Draft to Appear in: Best Practices in Quantitative Methods: Thousand Oaks.

1 Dies ist ein hypothetischer Zustand, welcher den Arbeitsmarkterfolg vonMigranten darstellen soll, wenn sie keinen Migrationshintergrund hätten.

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Einleitung

Der Rückkehr von Ostdeutschen, die nach Westdeutsch -land abgewandert sind, wurde in den letzten Jahren ver-mehrt Aufmerksamkeit zuteil. Vor dem Hintergrund einerVerschärfung der Fachkräftesituation in Teilen des ost-deutschen Arbeitsmarktes [BRENZEL et al. (2014); DUM-MERT et al. (2014); FUCHS et al. (2014)] hat sich insbeson-dere die systematische Ansprache von Ostdeutschen,die aus Arbeitsmarktgründen in die alten Bundesländergewandert sind, als eine politisch beliebte Strategie entwickelt [NADLER und MATUSCHEWSKI (2013)]. Von denzurückgekehrten Beschäftigten erhofft man sich insbe-sondere einen Beitrag zur Stabilisierung des Arbeits-kräfteangebots in der jeweiligen Region. Oft unterstütztvon den jeweiligen Landesregierungen, bieten daher bei-spielsweise Rückkehrinitiativen auf InternetplattformenStellenangebote und Informationen unter anderem fürRückwanderer an.1

Die empirischen Befunde zur arbeitsmarktorientiertenRückwanderung nach Ostdeutschland sind allerdings nochlückenhaft. Wie viele Arbeitsmarktteilnehmer sind in denletzten Jahren abgewandert und wie viele davon wiedernach Ostdeutschland zurückgekehrt? Welche Regionensind besonders von Abwanderung betroffen und welcheKreise profitieren von den Rückkehrern? Welche so-zioökonomischen Merkmale weisen die Migranten auf?Der vorliegende Beitrag soll hierauf einige Antworten ge-ben. Der Fokus liegt dabei auf dem Ab- und Rückwan-derungsverhalten sozialversicherungspflichtig Beschäf-tigter im Zeitraum von 1999 bis 2012. Sie stellen zwarnur einen Teil des Arbeitskräftepotenzials dar, sind abergleichzeitig die wichtigste Gruppe, wenn es um die Be-setzung von offenen Stellen geht. Aufgrund ihrer Voll -erfassung in der verwendeten Datengrundlage kann fürsie ein sehr detailliertes Bild gezeichnet werden.

Stand der Rückwanderungsforschung

Die meisten Studien, die sich mit Wanderungsbewegun-gen zwischen Ost- und Westdeutschland befassen, konzentrieren sich auf die Migration von Ost- nach West-deutschland. Dieser spezielle Fokus kann durch das

außerordentlich hohe Ausmaß der Abwanderung aus Ost -deutschland nach dem Ende der DDR erklärt werden[KEMPER (2004), 661]. Zentrale ökonomische Determinan tender Abwanderung der Ostdeutschen waren insbesonderedie höheren Löhne, aber auch die besseren Beschäfti-gungsmöglichkeiten in Westdeutschland [BURDA und HUNT

(2001); HUNT (2006); BRÜCKER und TRÜBSWETTER (2007)].Verglichen mit den Studien zur Migration von Ost-

nach Westdeutschland sind die Analysen zur Wanderungvon West- nach Ostdeutschland und darunter insbeson-dere zur Rückwanderung von Ostdeutschen recht über-schaubar [vgl. BECK (2004); FUCHS-SCHÜNDELN und SCHÜN -DELN (2009)]. Einen Einblick in die Rückwanderung inausgewählte Regionen bieten Fallstudien. So konzentrie-ren sich SCHULTZ (2004) auf das Rückkehrpotenzial nachMecklenburg-Vorpommern und SCHNEIDER et al. (2011)auf das Rückkehrpotenzial von aus Sachsen-Anhalt ab-gewanderten Personen. Sie kommen zu dem Schluss,dass der Arbeitsmarkterfolg in der Zielregion die Rück-kehrneigung verringert, die Aufrechterhaltung von sozia-len Bindungen zur Herkunftsregion sie aber erhöht. JAINund SCHMITHALS (2009) befragen Personen, die nach Mag-deburg zurückgewandert sind, und MATUSCHEWSKI (2010)beschreibt zwei Fallstudien zu Rückwanderern nach Meck -lenburg-Vorpommern und Sachsen. Des Weiteren berich -ten LANG und HÄMMERLING (2013) über eine nicht reprä-sentative Online-Befragung sowohl von ostdeutschenAbwanderern als auch von Rückwanderern. Da die Fall-studien in der Regel auf Umfragen basieren, haben sieden Vorteil, dass personenspezifische Determinanten derMigrationsentscheidung wie z. B. der Familienkontext be -rücksichtigt werden können. Gleichzeitig besitzen sie aberauch den Nachteil, dass insbesondere regional differen-zierte Analysen nicht oder nur in sehr beschränktemAus maß möglich sind. Zudem kann mit einmaligen Be-fragungen nicht oder nur rückwirkend der Beschäfti-gungsverlauf der Migranten verfolgt werden.

Einige Studien befassen sich explizit mit der Rück-wanderung von Beschäftigten bzw. des Erwerbsper -sonenpotenzials. Sie beruhen alle auf administrativen

Rückwanderung von Beschäftigten nach Ostdeutschland: Räumliche Muster und soziodemographische StrukturenMichaela Fuchs und Antje Weyh*

* Dr. Michaela Fuchs ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im IAB Sachsen-Anhalt-Thüringen in Halle (Saale). Dr. Antje Weyh ist wissenschaftlicheMitarbeiterin im IAB Sachsen in Chemnitz.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Daten des INSTITUTS FÜR ARBEITSMARKT- UND BERUFSFOR-SCHUNG (IAB), mit deren Hilfe die Erwerbsverläufe ein -zelner Personen sowie Änderungen in deren Wohn- undArbeits ort nachverfolgt werden können. NADLER und WES -LING (2013) bieten einen ersten kleinräumigen Über blicküber die Rückwanderung sozialversicherungspflichtigBeschäf tigter in den Jahren von 2001 bis 2010. FUCHSund WEYH (2015) befassen sich detaillierter mit denräum lichen Mus tern, die sich bei der Rückwanderungvon Ostdeutschen offenbaren. Demnach profitieren ins-besondere die Regi o nen entlang der ehemaligen inner-deutschen Grenze, die größeren Städte und das Ber linerUmland von Rückwanderung. Recht umfassende Ana -lysen der Rückwanderung von Beschäftigten in einzelneBundesländer stammen von WESLING und BOGAI (2014),AHMAD und WEYH (2015) sowie FUCHS und WEYH (2016a,2016b).

Datengrundlage

Die Datengrundlage der nachfolgenden Analysen stellt die Beschäftigten-Historik (BeH) des IAB dar.2 Hierbei handelt es sich um administrative Daten, die aus denEntgeltmeldungen der Arbeitgeber an die Sozialversiche-rungsträger generiert werden. Die BeH umfasst tages -genaue Meldun gen zu allen sozialversicherungspflichtigBeschäftigten in der Bundesrepublik seit 1975.3 Nichtsozialversicherungs pflichtige Berufsgruppen wie Beamte,Selbstständige, mit helfende Familienangehörige, Berufs-und Zeitsoldaten sowie Wehr- und Zivildienstleistendesind nicht enthalten. Mittels der BeH kann eine (Re-)Mi-grationsanalyse im Hinblick auf sozioökonomische Merk-male wie Geschlecht, Alter oder Qualifikation erfolgen.Allerdings gibt die BeH keinen Aufschluss über den Fa-milienstand, die Zahl der Kinder oder die Vermögens- undWohnsituation der (Re-) Migranten.

Die Analyse erstreckt sich auf alle sozialversicherungs -pflichtig Beschäftigten, die zum 30.06. eines Jahres zwi-schen 1999 und 2012 mit einem Hauptbeschäftigungsver -hältnis erfasst sind. Geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte,Auszubildende und Beschäftigte in Altersteilzeit sind aus -geschlossen. Das Jahr 1999 bildet den frühestmöglichenUntersuchungszeitpunkt, da in der BeH erst ab diesemJahr Informationen zum Wohnort vorliegen.

Die Identifizierung Beschäftigter, die ursprünglich ausden neuen Bundesländern stammen, erfolgt anhand vondrei Merkmalen, die alle gleichzeitig erfüllt sein müssen[vgl. dazu auch FUCHS und WEYH (2015)]:– Die erste jemals für sie in der BeH erfasste Beobach-

tung erfolgte 1991 oder später. Jeder Beschäftigte, derzuvor schon einmal in der BeH erfasst worden war,zählt demnach als Westdeutscher.

– Der in der ersten erfassten Beobachtung angegebeneArbeitsort lag in den neuen Bundesländern (ohneBerlin).

– Die Bereichsnummer der Sozialversicherungsnummerbzw. die Regionalkennziffer lassen sich eindeutig Ost -deutschland (ohne Berlin) zuordnen.4

Berlin wird komplett aus der Analyse ausgeschlos-sen. Zum einen stellt die Stadt im Gegensatz zu den ost-deutschen Flächenländern eine sehr stark verdichteteRegion dar, die eigene und nicht repräsentative Wande-rungsmuster aufweist [SANDER (2014)]. Zum anderen istdie Definition der Berliner Beschäftigten als west- bzw.ostdeutsch nicht möglich. Im Folgenden verstehen wirunter der geographischen Bezeichnung „Ostdeutschland“daher ausschließlich die Summe der fünf FlächenländerBrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sach -sen-Anhalt und Thüringen.

Definitionen und Kennzahlen

Bei der Quantifizierung von Migration ist zuerst einmal zwi -schen Wanderungsereignissen und wandernden Personenzu unterscheiden. Eine Person kann mehrmals zwischenOst- und Westdeutschland wandern, was einer entspre-chenden Anzahl an Wanderungsereignissen gleich kommt.Um eine regionale Vergleichbarkeit herzustellen und Ver-zerrungen durch derartige Mehrfachwanderungen auszu-schließen, betrachten wir bei den Personen in der Regel nurdie jeweils letzten Ab- und Rückwanderungsereignisse.

In den folgenden Ausführungen bezeichnet der Be-griff der Abwanderung die Verlagerung des Wohnortes vonsozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den neuenin die alten Bundesländer innerhalb des Beobach-tungszeitraums. Unter Rückwanderung verstehen wir dieVerlagerung des Wohnorts eines vormals abgewander-ten sozialversicherungspflichtig ostdeutschen Beschäftig -ten aus einem westdeutschen Bundesland zurück nachOstdeutschland. Eine Rückwanderung im Beobachtungs -zeitraum setzt damit immer voraus, dass zuvor auch eineAbwanderung stattgefunden hat.

Für einen kleinräumigen Vergleich der Wanderungs -intensität ist es notwendig, die absoluten Wanderungszah-len ins Verhältnis zu einer entsprechenden Grundgesamt -heit zu setzen. Da zu Beginn des Beobachtungszeitraums alle Beschäftigten in Ostdeutschland wohnen müssen,stellt das Jahr 2000 das erste Jahr dar, in dem eineWohnortverlagerung von Ost- nach Westdeutschlandfeststellbar ist. Diese Personen können dann frühestens2001 wieder zurückgewandert sein. Dementsprechendwird die Abwanderungsquote (AQ) aus einer Region jgebildet, indem alle Abgewanderten zwischen 2000 und2012 ins Verhältnis gesetzt werden zu den sozialversi-

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cherungspflichtig Beschäftigten, die im Jahr 1999 in derjeweiligen Region j wohnten. Die Rückkehrquote (RQ) ineine Region beschreibt, wie viele der aus der ostdeut-schen Region j Abgewanderten zwischen 2001 und 2012entweder nach Ostdeutschland, ins Ursprungsbundes-land oder den Ursprungskreis zurückgekommen sind.

Ausmaß der Ab- und Rückwanderung

Die ostdeutschen Flächenländer verzeichnen seit der deut -schen Wiedervereinigung einen negativen Wanderungs-saldo gegenüber Westdeutschland. Er hat sich jedochüber die Jahre hinweg stark verringert. Im Jahr 2013 zo-gen insgesamt 101.506 Personen aus den ostdeutschenFlächenländern nach Westdeutschland, gleichzeitig wur-den 91.009 Zuzüge aus den alten Bundesländern in diefünf ostdeutschen Flächenländer registriert [STATISTISCHESBUNDESAMT (2015)]. Einen Teil dieser Zuzüge machen Rück -wanderer aus – wie groß dieser Anteil ist, bleibt jedochunklar.

Zwischen 2000 und 2012 gab es 323.687 arbeitsmarkt-bezogene Abwanderungsereignisse aus den ost deut schenFlächenländern nach Westdeutschland. Im Ge gen zug wur -den zwischen 2001 und 2012 52.611 Rückwanderungs-ereignisse von sozialversicherungspflichtig Beschäftigtengezählt. Der größte Teil erfolgte dabei in das Bundesland,aus dem zuvor die Abwanderung beobachtet wurde(47.896). Davon wiederum führten sogar 39.659 Rück-wanderungen in den Kreis, der auch den Ursprung derAbwanderung bildete.

Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg ver -legten 8,5 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftig-ten, die 1999 in Ostdeutschland wohnten, ihren Wohn-sitz nach Westdeutschland (vgl. Tab. 1). Von diesen

zogen 16,2 % wieder in die neuen Bundesländer zurück.Im Schnitt betrug dabei die Aufenthaltsdauer in West -deutsch land drei Jahre. Unter den einzelnen Flächen -ländern verzeichnete Mecklenburg-Vorpommern, ge-messen an den Beschäftigten zum Beobachtungsbeginn1999, die meis ten Abwanderer. Relativ wenige wiesBrandenburg auf, was mit der zentralen Lage Berlins alsArbeitsmarktzentrum für die Brandenburger zusammen-hängen dürfte. Damit in Verbindung steht sicherlich auchdie vergleichsweise geringe Rückkehrquote, die für Bran-denburg zu beobach ten ist. Die höchste Rückkehrquotehat hingegen Thüringen mit 15,9 %.

Das attraktivste Ziel der Abwanderer war mit Abstandder Freistaat Bayern. Mehr als ein Viertel aller Abwande-rer (27,1 %) aus den ostdeutschen Flächenländern zog indieses Bundesland um. An zweiter Stelle steht Baden-Württemberg mit einem Anteil von 18,3 %. Jeweils weni-ger als 1 % gingen in den Stadtstaat Bremen oder insSaarland. Die Rückkehrquoten, die die Rückkehrer ins Ver -hältnis zu den Abgewanderten setzen, weisen jedoch fürSchleswig-Holstein mit 18,3 % und für Hessen mit 17,8%die höchsten Werte auf. Für Bayern und Baden-Würt-temberg betrugen sie nur 17,3 % bzw. 15,1 %.

Kleinräumige Wanderungsbewegungen

Die einzelnen Kreise in Ostdeutschland sind in unterschied -licher Intensität von den Wanderungsbewegungen betrof -fen (vgl. Abb. 1). So verzeichnet Rostock mit 13,0 % diehöchste Abwanderungsquote nach Westdeutschland un-ter den Kreisen, Schwerin und Cottbus folgen mit 12,7 %.Die geringsten Abwanderungsquoten ergeben sich dem-gegenüber für die Landkreise Potsdam-Mittelmark (4,7 %),Oberhavel (4,8 %) und Havelland (5,5 %), die direkt an Ber -

Quellen: IAB Beschäftigtenhistorik (BeH) V09.04, eigene Berechnungen.

Tabelle 1: Abwanderungsquote und Rückkehrquote im Vergleich der neuen Bundesländer

Bundesland Abwanderungsquote (in %) Rückkehrquote (in %)

Brandenburg 7,5 12,8

Mecklenburg-Vorpommern 10,6 14,2

Sachsen 8,1 15,6

Sachsen-Anhalt 8,9 14,2

Thüringen 8,3 15,9

Ostdeutschland 8,5 16,2

Anmerkung: Die Rückkehrquoten in die einzelnen Bundesländer zeigen auf, wie viele der aus diesen Bundesländern abgewanderten Be-schäftigten wieder dorthin zurückkehren. Diejenigen Beschäftigten, die in ein anderes ostdeutsches Bundesland zurückkehren, sind alsonicht berücksichtigt. Da diese jedoch in der Rückkehrquote nach Ostdeutschland enthalten sind, fällt diese höher aus.

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lin angrenzen. Hier dürfte sich die Ankerfunktion der Bun -deshauptstadt bemerkbar machen. Frankfurt/Oder miteiner hohen Abwanderungsquote von 11,3 % passt hin-gegen nicht zum allgemeinen Muster des „Speckgürtels“um Berlin mit vergleichsweise niedrigen Abwanderungs-quoten. Vielmehr dürfte – wie auch in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und in der Lausitz – die periphere Lagemit längeren Entfernungen zu größeren Arbeitsmarktzen-tren sowie die relativ schlechte Arbeitsmarktlage in die-sen Regionen eine Rolle für die vergleichsweise hohe Ab -wanderung spielen.

Bei der Betrachtung der Rückwanderungsquoten nachKreisen fällt tendenziell ein Süd-Nord-Gefälle innerhalb Ost -deutschlands auf. So verzeichnet der Landkreis Eichs-feld mit 26,9 % die höchste Rückkehrquote unter den ost -deutschen Kreisen. Ein wichtiger Faktor hierfür dürftenhistorisch begründete Verflechtungen des Thüringer Land -kreises mit den angrenzenden Kreisen in Niedersachsen

und Hessen sein. Viele Beschäftigte aus dem Eichsfeldzogen beispielsweise nach Göttingen und von dort wie-der zurück. Aber auch die Landkreise Schmalkalden-Meiningen und Hildburghausen sowie der Wartburgkreisweisen sehr hohe Rückwanderungsquoten auf. Grund -sätzlich dürfte sich die direkte räumliche Nähe zu Hes-sen und Bayern hierin niederschlagen [FUCHS und WEYH

(2016b)].Weiterhin wird deutlich, dass die Rückkehr in viele

ländliche sowie an Polen angrenzende Regionen rechtschwach ausgeprägt ist. Außerdem ist bei der Ab- wieauch der Rückwanderung ein Stadt-Land-Gegensatzsicht bar: Aus den Städten ziehen verhältnismäßig mehrBeschäftigte nach Westdeutschland als aus den Land-kreisen, und es ziehen auch verhältnismäßig wenigerwieder dorthin zurück. Mögliche Gründe hierfür sindbeispielsweise eine andere Sozialstruktur der Beschäf-tigten, die in den Städten wohnen. So wanderten Jün-

Quellen: IAB Beschäftigtenhistorik (BeH) V09.04, eigene Berechnungen.

Abbildung 1: Ab- und Rückwanderungsquote nach Kreisen

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gere, die tendenziell in den Städten wohnen, häufigerals Ältere. Bei der Rückkehr ist dabei die Verfügbarkeitvon Wohnraum von Relevanz. In den Städten sind dieMieten in der Regel höher als in den umliegenden Land-kreisen, wo zudem eher neue Bau gebiete ausgewiesenwerden. Die resultierenden Stadt-Um land-Verflech tun -gen werden beispielsweise sichtbar an Halle und demdie Stadt umgebenden Saalekreis [FUCHS und WEYH

(2016a)] oder an Jena und dem Saale-Holzland-Kreis[FUCHS und WEYH (2016b)]. Ein Gutteil der Abwandereraus Halle und Jena kehrt somit ins Umland der Städtezurück.

Wanderungsverhalten verschiedener Teilgruppen

Welche Merkmale die ab- und zurückgewanderten Be-schäftigten aufweisen, wird im Folgenden näher analysiert.Wie Tabelle 2 zeigt, ist Mobilität unter Männern stärkerausgeprägt als unter Frauen. Beide Gruppen sind auf demArbeitsmarkt zwar ungefähr im gleichen Ausmaß vertre-ten. Die Abwanderungsquote der Männer liegt mit 9,1 %aber deutlich über derjenigen der Frauen (7,8 %). Wie dieRückwanderungsquoten darlegen, kehren von den ab-gewanderten Männern aber auch verhältnismäßig mehrzurück.

In Bezug auf die Altersklassen werden ebenfalls deut -liche Schwerpunkte sichtbar. So sind die meisten sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten zwar zwischen 35und 44 Jahren alt, unter den Abgewanderten stellen aberdie 25- bis unter 35-Jährigen den größten Anteil. Auch unter den Rückwanderern sind sie die größte Gruppe. Die Abwanderungsquoten zeigen ebenfalls, dass die Ent-scheidung zum Umzug nach Westdeutschland mit zuneh-mendem Alter nachlässt. Die Rückkehrquote allerdings ist mit 24,1% für die über 55-Jährigen am höchsten. Einegeringe Rückkehrquote der 15- bis unter 25-Jährigenkann jedoch auch mit einem möglichen Wechseln derAlters klassenzugehörigkeit zusammenhängen. Wenn bei -spiels weise ein 23-jähriger Beschäftigter abwandert unddrei Jahre später – das entspricht der durchschnittlichenBlei bedauer in Westdeutschland – wieder zurückkehrt,dann zählt er zu den 15- bis unter 25-jährigen Abwan -derern, aber zu den 25- bis unter 35-jährigen Rück -wanderern.

Gemessen am Qualifikationsniveau verfügt die größteMehrheit der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten übereinen Schulabschluss mit einer abgeschlossenen Berufs -ausbildung. Dies ist auch unter den Wandernden der Fall:54 % der Abgewanderten und 56 % der Rückkehrer fal-len darunter. Einen Schulabschluss ohne Berufsausbildungbesitzen 8 % der Abgewanderten, und einen Hochschul-abschluss 6 %.

Bezogen auf die Referenzgröße der sozialversicherungs-pflichtig Beschäftigten am Wohnort im Jahr 1999, wanderndie Beschäftigten mit einer abgeschlossenen Berufsaus-bildung unterdurchschnittlich häufig ab. Die Abwanderungs -quote liegt mit 6,3 % deutlich unter der Quote beispiels-weise der Beschäftigten ohne Berufsausbildung oder mitAbitur. Dagegen ist die Rückwanderungsquote der Be-schäftigten mit Berufsausbildung mit 17,0 % relativ hoch.Vergleichsweise niedrige Abwanderungs- und hohe Rück -kehrquoten sind auch bei den hochqualifizierten Beschäf -tigten mit einem (Fach-)Hochschulabschluss zu verzeich -nen. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Anspannungauf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt ist dieser Befund vonbesonderem Interesse. Die absoluten Zahlen lassen je-doch geringe Chancen erwarten, dass die Rückkehrer in nennenswertem Ausmaß mögliche Fachkräfteproble-matiken lindern könnten.

Rückwandern und Pendeln

Bisher wurde die Verlagerung des Wohnorts der sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten analysiert. Rückwan -derung als konkrete Maßnahme zur Stabilisierung desArbeitsmarktes in Ostdeutschland ist aber nur dann er-folgversprechend, wenn die Zurückgekehrten auch tat -säch lich in den neuen Bundesländern arbeiten. Im Folgen -den gehen wir daher der Frage nach, wie viele Personenlediglich ihren Wohnsitz zurück nach Ostdeutschland ver -lagern und weiterhin ihren Arbeitsplatz in Westdeutsch-land beibehalten, also von Ost nach West pendeln. Danicht für jeden sozialversicherungspflichtig Beschäftigtenin der BeH zu jedem Zeitpunkt Angaben sowohl zumWohn ort als auch zum Arbeitsort verfügbar sind, müssenwir den Datensatz für diese Analyse weiter einschränken.Insgesamt umfasst er noch 15.128 Personen.

Abbildung 2 enthält Informationen darüber, ob über-haupt und wann die Rückwanderer ihren Arbeitsort zurücknach Ostdeutschland verlegen. Zuerst einmal ist festzu-halten, dass 3.776 Beschäftigte während des gesamtenBeobachtungszeitraums ihren Arbeitsort immer in Ost-deutschland beibehielten, obwohl sie ihren Wohnort zwi-schenzeitlich nach Westdeutschland verlegt haben.5 Gleich -zeitig hatten 1.317 Personen ihren Arbeitsplatz währenddes gesamten Beobachtungszeitraums in Westdeutsch-land. Damit haben 34 % der hier beobachteten Beschäf-tigten zwischen 1999 und 2012 zwar ihren Wohnort vonOst nach West und wieder zurück verlegt, nicht aberihren Arbeitsort. Folglich stellen sie in Hinblick auf die Sta -bilisierung des Arbeitskräfteangebots kein direktes zusätz -liches Potenzial dar.

In Abbildung 2 wird weiterhin deutlich, dass der größ-te Teil der rund 10.000 Beschäftigten, die sowohl ihren

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Wohnort als auch ihren Arbeitsort von den neuen in die al-ten Bundesländer und wieder zurück verlegt haben, beideVerlagerungsentscheidungen nahezu gleichzeitig trifft. Sonahmen 4.547 Personen im selben Jahr eine Arbeit in Ost-deutschland auf, in dem sie auch wieder zurückzogen,und 3.544 Personen hatten ihren Arbeitsort schon ein Jahrvor ihrem Rückzug bereits in ihrer Heimatregion. Nur ver-gleichsweise wenig Beschäftigte verlegten ihren Arbeitsorthingegen schon mehr als ein Jahr vor ihrer Rückkehr zu -rück. Gleichfalls gibt es nur wenige Personen, die erst nachOstdeutschland zurückziehen und sich dann erst einen

Job in der Region suchen. Es verlegten nur 345 Per sonenihren Arbeitsort innerhalb eines Jahres nach dem Rückzugaus den alten Bundesländern nach Ostdeutsch land. Diesedeskriptiven Befunde lassen vermuten, dass die Abge-wanderten zuerst eine Arbeit gefunden und dann auch aufdieser Basis ihre Rückzugsentscheidung in die neuen Bun -desländer getroffen haben. Damit unterstützt das gefun -dene zeitliche Muster der Verlagerung von Wohn- und Ar -beitsort die Einschätzung, dass die Rückkehrbereitschaftder Abgewanderten sehr stark von der Verfügbarkeit unddem Finden eines geeigneten Arbeitsplatzes abhängt.

Quellen: IAB Beschäftigtenhistorik (BeH) V09.04, eigene Berechnungen.

Tabelle 2: Wanderungsverhalten nach Geschlecht, Alter und Qualifikation

Sv-Beschäftigte(Wohnort Ost-

deutschland) 1999

Abgewan-derte

Abwande-rungsquote(in %)

Rück -wanderer

Rückkehr-quote (in %)

Geschlecht

Männer 1.897.503 172.540 9,1 30.478 17,7

Frauen 1.809.496 141.773 7,8 20.540 14,5

Altersklassen

15 bis unter 25 Jahre 243.539 45.997 18,9 2.901 6,3

25 bis unter 35 Jahre 818.575 138.438 16,9 27.755 20,0

35 bis unter 45 Jahre 1.237.779 71.488 5,8 11.148 15,6

45 bis unter 55 Jahre 954.157 48.663 5,1 6.862 14,1

55 bis unter 65 Jahre 450.015 9.593 2,1 2.314 24,1

Abschlussart

Volks-, Haupt-, Realschule ohne Berufsausbildung

169.699 25.802 15,2 2.377 9,2

Volks-, Haupt-, Realschule mit Berufsausbildung

2.691.913 169.222 6,3 28.757 17,0

Abitur ohne Berufsausbildung 10.012 2.099 21,0 233 11,1

Abitur mit Berufsausbildung 106.305 14.033 13,2 2.365 16,9

Fachhochschulabschluss 147.746 8.507 5,8 1.324 15,6

Hochschulabschluss 226.372 19.754 8,7 3.013 15,3

Ausbildung unbekannt 354.952 74.896 21,1 12.949 17,3

Insgesamt 3.706.999 314.313 8,5 51.018 16,2

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Fazit

Der vorliegende Beitrag hat neue und umfangreiche em-pirische Befunde zur Rückwanderung von Beschäftigtennach Ostdeutschland präsentiert. Insgesamt wander-ten zwischen 1999 und 2001 mehr als 314.000 sozial -ver siche rungspflichtig Beschäftigte nach Westdeutsch-land ab, von denen rund 51.000 wieder zurück nachOstdeutschland gezogen sind. Die intensivsten Wan -derungs verflech tungen bestanden dabei mit den wirt-schaftsstarken Bun desländern Bayern und Baden-Würt temberg. Eine klein räumige Betrachtung machtdeutlich, dass die Kreise in sehr unterschiedlicher Weisevon Ab- und Rückwanderungen betroffen sind. So wei-sen Rostock, Cottbus und Schwerin die höchsten Ab-wanderungsquoten unter den ostdeutschen Kreisen auf.Demgegenüber zeigen die direkt an Berlin angrenzendenLandkreise wie Pots dam-Mittelmark oder Oberhavel einesehr geringe Abwan derungsintensität. Während dieRückwanderungsquote nach Cottbus und andere Krei-se, die direkt an der Grenze zu Polen liegen, sehr geringausfällt und die Rückkehrer demnach nur geringfügig zueiner Stabilisierung des regionalen Arbeitskräfteangebotsbeitragen dürften, profitieren insbesondere die ThüringerKreise, die an die west deutschen Bundesländer angren-

zen. Es bleibt aber auch festzuhalten, dass der Großteilder Rückkehrer wieder in den Heimatkreis zurückkehrt.Damit legen die räumlichen Wanderungsmuster die Be-deutung der Heimatverbunden heit und der Nähe zuFreunden und Verwandten nahe. Diese „Netzwerke“ inder Heimat dürften zudem eine ho he Relevanz bei derJobsuche besitzen.

Rückwanderung als konkrete Maßnahme zur Stabili-sierung des Arbeitsmarktes in Ostdeutschland ist nurdann erfolgversprechend, wenn die Zurückgekehrtennicht nur ihren Wohnort, sondern auch ihren Arbeitsort inOstdeutsch land haben. Hier macht die Analyse deutlich,dass es nicht ausreicht, ausschließlich die Wohnortver -lagerungen als Grund lage für Aussagen zur Arbeitsmark-trelevanz von Rück wanderungen zugrunde zu legen. Soverlegt zwar ein nicht unbedeutender Anteil der Rück-wanderer seinen Wohnort nach Westdeutschland undwieder zurück. Er behält aber im gesamten Beobach-tungszeitraum seinen Job in Ostdeutschland, steht alsotrotz der Abwanderung dem regionalen Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung. Demgegenüber zählendie jenigen Beschäftigten, die bereits vor der Abwande-rung in Westdeutschland gearbeitet haben, schon vorihrem Wegzug aus Ostdeutschland nicht zum regionalenArbeitskräfteangebot.

Quellen: IAB Beschäftigtenhistorik (BeH) V09.04, eigene Berechnungen.

Abbildung 2: Verlagerungen des Arbeitsortes von Rückwanderern nach Ostdeutschland (ohne Berlin)

3.776

1.317

59 74113166227394

3.544

4.547

345155 82 68 58 50 34 26

–12–11–10 –9 –8 –7 –6 –5 –4 –3 –2 –1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

... Jahre vor bzw. nach der Rückwanderung

immer Arbeitsort in Ostdeutschland

immer Arbeitsort in Westdeutschland

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Von denjenigen, die sowohl ihren Wohnort als auch ihrenArbeitsort von Ost nach West und wieder zurück verlegthaben, treffen die meisten beide Verlagerungsent -scheidungen nahezu gleichzeitig oder ziehen erst zu -rück, wenn sie auch eine Arbeit vor Ort gefunden haben.Dieses zeitliche Muster der Verlagerung von Wohn- undArbeitsort unterstützt die Bedeutung, die die Verfüg -barkeit eines geeigneten Arbeitsplatzes für die Rückkehrbesitzt.

Unabhängig davon, dass lediglich 16,2 % der Abge-wanderten wieder zurückkehren, stellt eine vermehrteAn sprache potenzieller Rückwanderer grundsätzlich einloh nenswertes Ziel dar, denn die meisten Rückkehrersind jung und gut qualifiziert und würden dem Arbeits-markt längerfristig zur Verfügung stehen. Die bereitsdurch die Politik und lokalen Akteure initiierten Rück -kehrinitiativen sind hierbei als ein Schritt in die richtigeRichtung zu werten, wobei der Fokus noch stärker aufdas eigentliche Hauptziel, nämlich das Finden eines adäquaten Arbeitsplatzes, gelegt werden müsste. Hiersind die regional ansässigen Unternehmen und die regio-nale Politik gefragt. Sie sollten zudem die Perspektivender eigenen Regionen aufzeigen, sodass insbesonderejunge und gut qualifizierte Arbeitskräfte entweder garnicht erst abwandern bzw. von vorneherein eine Rück-kehr vorsehen.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

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SCHNEIDER, L.; KUBIS, A. und D. WIEST (2011): Selektivi-tät, soziale Bindung und räumliche Mobilität – eineAnalyse der Rückkehrpräferenz nach Ostdeutsch-land, Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, 55(3), S.121–140.

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(Hrsg.): Abwanderung und Migration in Mecklenburg-Vorpommern. Wiesbaden, S. 231–249.

STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (2015): Bevölkerung undErwerbstätigkeit – Wanderungen 2013. Fachserie 1,Reihe 1.2, Wiesbaden.

WESLING, M. und D. BOGAI (2014): Rückwanderung vonBeschäftigten nach Brandenburg – eine Analyse anhandder Beschäftigten-Historik des IAB. IAB-Regional. Be-richte und Analysen aus dem Regionalen Forschungs-netz. IAB Berlin-Brandenburg, 03/2014, Berlin.

1 Für Sachsen-Anhalt vgl. z. B. www.welcomecenter-sachsen-anhalt.de,für Sachsen www.sachsekommzurueck.de, für Thüringen www.thaff-thueringen.de und für Mecklenburg-Vorpommern http://mv4you.de.

2 Für nähere Informationen über die Daten und Methodik der BeH sei auf den Methodenbericht der Beschäftigungsstatistik verwiesen, da diese auf denselben Daten aufbaut (http://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Grundlagen/Methodenberichte/Beschaeftigungs -statistik/Generische-Publikationen/Methodenbericht-Beschaeftigungs-statistik-Revision-2014.pdf).

3 Die Beschäftigungsverhältnisse in den neuen Bundesländern sind für diehier vollzogenen Berechnungen seit 1991 in ausreichender Qualität ent-halten. Seit 1999 enthält die BeH auch Informationen zu allen gering -fügig Beschäftigten in Deutschland.

4 Gemäß §128 SGB IV (1) richtet sich die Zuständigkeit des Regionalträgersder Versicherungsnummer nach dem Wohnsitz des Versicherten. Perso-nen, die also mit dem Eintritt in das Erwerbsleben ihre Versicherungsnum-mer in Ostdeutschland ausgestellt bekommen, zählen als Ostdeutsche.

5 Es ist gut möglich, dass derartige Umzüge durch familiäre Entscheidun-gen bedingt sind. Für eine Überprüfung gibt es in der BeH jedoch keineInformationen. Auch liegen keine Angaben zu einem möglichen Zweit-wohnsitz vor.

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Aktuelle Forschungsergebnisse

Weltwirtschaft

Anfang des Jahres 2016 wurde deutlich, dass sich dieWeltwirtschaft in den Monaten zuvor merklich abgekühlthatte. Die schlechten Nachrichten führten auf den Ak -tienmärkten im Januar und Februar weltweit zu erheb -lichen Bewertungsverlusten sowie zu einem deutlichenAn stieg der Risikowahrnehmung. Eine wichtige Ursacheist der rasche Strukturwandel in China. Seit einigen Jah-ren entwickelt sich die chinesische Wirtschaft weg von einem primär von industriellen Investitionen und Exportengetrie benen und hin zu einem mehr konsum- und dienst -leis tungsbasierten Wachstum. Dieser Schrumpfungs -prozess birgt erhebliche Konjunkturrisiken und geht miteiner abnehmenden Bedeutung des Außenhandels fürChina sowie einer schwächeren Nachfrage nach Roh-stoffen einher.

Dies und eine weiterhin kräftige Ausweitung des Öl -angebots führten dazu, dass die Ölpreise im vergangenenWinter deutlich nachgaben. Der Rohstoffpreisrückgangreflektiert zum Teil eine weltweite Nachfrageschwäche.Zugleich stützt er die Konjunktur in den meisten fort -geschrittenen Volkswirtschaften, indem er die Realein-kommen erhöht und die Produktionskosten senkt. DerGesamteffekt auf die globale Güternachfrage dürfte trotzder Einkommensverluste in den großen rohstoffexportie-renden Schwellenländern positiv sein, da dort vor demEinbruch der Preise ein erheblicher Teil der Einkommennicht für Konsum- oder Investitionsgüter ausgegeben,sondern ge spart wurde. Die Eintrübung der konjunkturel-len Aussich ten und der Ölpreisfall haben zu einer weite-ren Verlang samung der weltweiten Preisdynamik geführt.Dies hat zu zusätzlichen unkonventionellen Maßnahmenseitens der Geldpolitik im Euroraum und in Japan ge-führt, die die Konjunktur weiter stimulieren dürften. InGroßbritannien und in den USA sind die Zentralbankenbei der angekündigten Trendwende ihrer Politik vorsich -tiger geworden. Während die Bank von England ihrenLeitzins im Prognosezeitraum wohl unverändert lassenwird, dürften in den USA in diesem Jahr zwei weitereLeitzinsanhebungen erfolgen, obwohl die Kerninflations-

rate in den USA im Winter spürbar gestiegen ist. Diechinesische Zentralbank hat Ende Februar den Mindest -reservesatz für Geschäftsbanken deutlich gesenkt.

Da die öffentlichen Schuldenquoten in fast allen fort-geschrittenen Volkswirtschaften hoch sind und die Politikvielfach durch Budgetregeln beschränkt ist, dürfte die Un -terstützung der Konjunktur durch die Finanzpolitik geringausfallen. So ist die finanzpolitische Ausrichtung in denUSA in etwa neutral und im Euroraum nur leicht expan-siv. In Großbritannien und Japan bleibt die Finanzpolitikrestriktiv ausgerichtet. Den weltweit größten finanzpoliti-schen Impuls setzt derzeit die chinesische Regierung. Vielerohstoffexportierende Schwellenländer sind hingegen auf -grund des Rohstoffpreisverfalls und der damit einher -gehenden Einnahmeausfälle des Staates zu harten Kon-solidierungsmaßnahmen gezwungen.

Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass sich dieinternationale Konjunktur im ersten Halbjahr 2016 nichtweiter abschwächt. Insbesondere in den fortgeschritte-nen Volkswirtschaften dürfte sich die Dynamik bereits etwas belebt haben. Allerdings werden die Produktions-zuwächse insgesamt wohl mäßig bleiben. So verringertsich in den USA der Expansionsgrad der Geldpolitik lang-sam und der starke Dollar bremst die Auslandsnachfrage.Im Euroraum fällt der Impuls der starken Abwertung desEuro im vergangenen Jahr weg. Die chinesische Wirt-schaft wird weiter mit dem Strukturwandel sowie mit derhohenVerschuldung vieler staatlicher Industrieunternehmenzu kämp fen haben. In Japan dürfte die Produktion wiederausgeweitet werden, da der Rückgang zum Jahres -ende vor allem auf temporäre Faktoren zurückzuführenist. Jedoch ist deutlich geworden, dass die mit hohen Er-wartungen gestartete Wirtschaftspolitik („Abenomics“)keinen selbst tragenden Aufschwung anstoßen konnte.

Alles in allem expandiert die Weltproduktion nach vor -liegender Prognose in diesem Jahr in etwa mit dem mä ßigen Tempo des Vorjahrs. Für 2016 ergibt sich einZuwachs von 2,4 % und für 2017 von 2,8 %. Auch derWelt handel wird im Prognosezeitraum nur schwach aus-geweitet. Die Institute erwarten in diesem Jahr eine Zunahme um 2,9 % und im kommenden Jahr um 3,4 %.

Die Finanzmärkte beruhigten sich seit Mitte Februarzwar wieder, die der Unruhe zugrunde liegenden Risikenhaben sich aber nicht aufgelöst. Zum einen besteht nachwie vor die Möglichkeit, dass der Strukturwandel in Chi-na stärker als bisher die Konjunktur des ganzen Landes

Aufschwung bleibt moderat – Wirtschaftspolitikwenig wachstumsorientiertProjektgruppe Gemeinschaftsdiagnose*

* Kurzfassung der Gemeinschaftsdiagnose vom Frühjahr 2016, Projekt-gruppe Gemeinschaftsdiagnose, veröffentlicht in: ifo Schnelldienst,8/2016, S. 3ff.

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in Mitleidenschaft zieht. Zum anderen könnte die in denUSA bereits deutlich gestiegene Inflation schneller als indieser Prognose erwartet anziehen und die Notenbank zuraschen Zinserhöhungen zwingen. Finanzmarktturbulen-zen, insbesondere in den Schwellenländern, könnten dieFolge sein. Schließlich bestehen für die europäische Wirt -schaft erhebliche politische Risiken. Seit einigen Jahrenhaben Kräfte an Einfluss gewonnen, die für eine Rück -abwicklung der in der Europäischen Union erreichten politischen und wirtschaftlichen Integration eintreten. Sobe steht die Möglichkeit, dass sich Großbritannien im Junifür einen Austritt aus der Europäischen Union entscheidet. Es ist allerdings schwer abzuschätzen, welche Folgen diesfür die Handels- und Finanzflüsse innerhalb der EU hat.

Deutsche Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem modera-ten Aufschwung. Vor dem Hintergrund des anhaltendenBeschäftigungsaufbaus, der spürbaren Lohnsteigerungenund der Kaufkraftgewinne infolge der gesunkenen Ener-giepreise wird der Aufschwung vom privaten Konsum ge -tragen. Impulse kommen derzeit außerdem von den Aus -gaben, die durch die Versorgung und die Unterbringungzahlreicher Flüchtlinge entstehen. Die Binnennachfragewird darüber hinaus durch die niedrigen Zinsen angeregt.Kaum stimulierende Effekte gehen dagegen vonseiten derWeltkonjunktur aus.

Nachdem der gesamtwirtschaftliche Produktionsanstiegin der zweiten Jahreshälfte 2015 an Schwung verlorenhatte, dürfte er sich zum Jahresbeginn deutlich beschleu -nigt haben. Darauf deuten insbesondere der Anstieg derProduktion im Produzierenden Gewerbe und die Zunah-me der Zahl der Erwerbstätigen im Januar und Februarhin. Im weiteren Jahresverlauf dürfte sich das Expansions -tempo dann allerdings wieder etwas verringern. Dies lässtunter anderem das ifo Geschäftsklima erwarten, das sichim ersten Quartal etwas eingetrübt hat, wenngleich es imhistorischen Vergleich nach wie vor günstig ist.

Die gute Entwicklung des Arbeitsmarkts dürfte sich imweiteren Verlauf des Prognosezeitraums fortsetzen. DieZahl der Erwerbstätigen wird im Durchschnitt dieses Jah-res um 500.000 Personen und im kommenden Jahr umknapp 390.000 Personen steigen. Wie in den vergan -genen Jahren gleicht die Migration den demographischbedingten Rückgang der Erwerbspersonen mehr als aus;zu nehmend macht sich darüber hinaus im Prognosezeit-raum bemerkbar, dass nach Deutschland geflüchtete Men -schen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Daher wirddie Arbeitslosigkeit trotz des Beschäftigungsaufbaus imVerlauf des Prognosezeitraums leicht steigen. Die Arbeits -losenquote bleibt mit 6,2 % im Durchschnitt dieses Jah-

res und 6,4 % im kommenden Jahr aber nahezu unver-ändert (vgl. Tab. 1).

Die privaten Haushalte verzeichnen aufgrund spür -barer Einkommenssteigerungen bei gleichzeitig schwacherPreisdynamik starke Kaufkraftzuwächse. So nehmen dieLöhne merklich zu und die Transfereinkommen ziehen an;hier schlagen in erster Linie kräftige Renten erhöhungenzu Buche. All dies lässt den privaten Verbrauch deutlichexpandieren. Zugleich legt auch die öffentliche Konsum-nachfrage zu. Hier macht sich die Flüchtlingsmigrationbemerkbar, die zunächst zu steigenden Sachaufwendun -gen für die Versorgung der Flüchtlinge, im weiteren Ver-lauf dann aber zu steigenden monetären Sozialleistungenführt.

Die Investitionstätigkeit nimmt im Prognosezeitrauminsgesamt gesehen verhalten zu. Die Entwicklung ist aller -dings zweigeteilt: Die Wohnungsbauinvestitionen dürftenaufgrund des Niedrigzinsumfelds, der guten Arbeitsmarkt-und Einkommensentwicklung, aber auch wegen der inFolge der Zuwanderung deutlich gestiegenen Nachfragenach Wohnraum weiterhin ausgeweitet werden. Dagegendürften sowohl der gewerbliche Bau als auch die Investi-tionen der Unternehmen in Ausrüstungen trotz der nied-rigen Zinsen und der günstigen Gewinnsituation der Un-ternehmen zunächst nur wenig zunehmen, auch weil sichdie Unternehmenserwartungen deutlich eingetrübt haben.

Die Skepsis der Unternehmen war wohl vor allem denNachrichten über die weltwirtschaftliche Abkühlung ge-schuldet, die sich zu Jahresbeginn häuften. Inzwischenmehren sich allerdings die Anzeichen, dass sich die glo-bale Konjunktur im ersten Halbjahr 2016 nicht mehr wei-ter abschwächt. Im weiteren Prognosezeitraum dürfte sichdie Weltwirtschaft wieder beleben, wenn auch nur in mä -ßigem Tempo. Dementsprechend dürften auch die deut-schen Exporte nach einer nur geringen Belebung im Früh -jahr ab der zweiten Jahreshälfte wieder etwas stärkerzulegen. Allerdings steigen die Importe so deutlich, dassder Außenhandel den Produktionsanstieg in diesem Jahrper saldo kräftig dämpfen wird. Im kommenden Jahrdürfte er jedoch einen leicht positiven Beitrag leisten.

Alles in allem dürfte das Bruttoinlandsprodukt in die-sem Jahr um 1,6 % und im kommenden Jahr um 1,5 %und damit mit Raten zulegen, die leicht über dem Wachs -tum des Produktionspotenzials liegen. Die Produktions-lücke dürfte sich in diesem Jahr daher weiter verringernund im kommenden Jahr nahezu geschlossen sein. Das68-Prozent-Prognoseintervall reicht für dieses Jahr von0,9 % bis 2,3 % und für das kommende Jahr von –0,5 %bis 3,5 % (vgl. Abb. 1).

Wegen der deutlich zurückgegangenen Energiepreiseist der Inflationsdruck gering. Im laufenden Jahr dürftendie Verbraucherpreise um 0,5 % gegenüber dem Vorjahrsteigen. Die Teuerung ohne Energiepreise (Kernrate) liegt

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Aktuelle Forschungsergebnisse

bei 1,2 %. Angesichts der kräftigen inländischen Nach-frage und des beschleunigten Anstiegs der Lohnstück-kosten dürfte sie im kommenden Jahr auf 1,5 % zunehmen.Da annahmegemäß vom Ölpreis keine dämpfenden Effekte mehr ausgehen, wird die Inflationsrate ebenfalls1,5% betragen.

Für die öffentlichen Haushalte zeichnet sich ein Rück-gang des Budgetüberschusses ab. Die Ausgaben dürf-ten im Zusammenhang mit der Flüchtlingsmigration stei-gen und die Finanzpolitik ist leicht expansiv ausgerichtet.Aufgrund der merklich steigenden Einnahmen aus der Einkommensteuer, den Steuern vom Umsatz und denSozialbeiträgen sowie sinkenden Zinsausgaben wird wohlden noch ein Budgetüberschuss von 11 Mrd.€ in diesemund 10 Mrd.€ im kommenden Jahr erzielt werden.

Auch in struktureller – also um konjunkturelle Ein -flüsse bereinigter – Betrachtung schließt der öffentlicheGesamthaushalt mit Überschüssen ab, die budgetäreHand lungsspielräume eröffnen. Allerdings profitiert derStaat dabei von temporär wirkenden Faktoren: dem deut -

lichen Rückgang der Zinsausgaben aufgrund desNiedrigzins umfeldes und einer vorübergehend günsti -geren demogra phischen Entwicklung („demographischesZwischen hoch“). Vor diesem Hintergrund sollten dieseÜberschüsse nur für temporäre Mehrausgaben verwendetwerden oder für Maßnahmen, die das Produktions -potenzial dauerhaft erhöhen. In vergangenen Gemein-schaftsdiagnosen hatten die Institute wiederholt dargelegt,wie eine solche wachs tumsfreundliche Politik ausgestal-tet sein könnte. Neben der Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeitnehmer können investiveAusgaben für Sach- und ins besondere Humankapitaldas Produktionspotenzial stei gern. Letzteres ist insbe-sondere auch wichtig, um die Integration von Flüchtlin-gen in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Allerdings setztedie Wirtschaftspolitik ihre Prioritäten bislang eher bei kon-sumtiven und verteilungs politischen Ausgaben als beiwachstumsorientierten Maßnahmen. Eine Fortführungder wenig wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik dervergangenen Jahre wäre nicht nachhaltig.

Quellen: Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bundesbank; 2016 und 2017: Prognose der Institute.

Tabelle 1: Eckdaten der Prognose für Deutschland

2012 2013 2014 2015 2016 2017

Reales Bruttoinlandsprodukt(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)

0,4 0,3 1,6 1,7 1,6 1,5

Erwerbstätigea (in 1.000 Personen) 42.060 42.328 42.703 43.032 43.535 43.921

Arbeitslose (in 1.000 Personen) 2.897 2.950 2.898 2.795 2.737 2.822

Arbeitslosenquoteb (in %) 6,8 6,9 6,7 6,4 6,2 6,4

Verbraucherpreisec

(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)2,0 1,5 0,9 0,3 0,5 1,5

Lohnstückkostend

(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)3,1 2,0 1,7 1,7 2,5 2,0

Finanzierungssaldo des Staatese

in Mrd.€ –2,7 –3,8 8,4 21,2 11,0 9,8

in % des nominalen Bruttoinlandsprodukts –0,1 –0,1 0,3 0,7 0,4 0,3

Leistungsbilanzsaldo

in Mrd.€ 193,6 190,4 212,9 257,5 254,2 263,3

in % des nominalen Bruttoinlandsprodukts 7,0 6,8 7,3 8,5 8,1 8,1

a) Im Inland. – b) Arbeitslose in % der zivilen Erwerbspersonen (Definition gemäß der Bundesagentur für Arbeit). – c) Verbraucherpreisin-dex (2010 = 100). – d) Im Inland entstandene Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmerstunde bezogen auf das reale Bruttoinlandsproduktje Erwerbstätigenstunde. – e) In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG 2010).

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Aktuelle Forschungsergebnisse

Quellen: Statistisches Bundesamt, Berechnungen der Institute; ab 1. Quartal 2016: Schätzungen der Institute.

Abbildung 1: Reales Bruttoinlandsprodukt (Saison- und kalenderbereinigter Verlauf)

–2

–1

0

1

2

3

4

600

625

650

675

700

725

750

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

4,1

3,70,4 0,3

1,6

1,7

1,6

1,5

%Verkettete Volumenangaben, Mrd. €�

Prognose-zeitraum

a) Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %.b) Zahlenangaben: Veränderung der Ursprungswerte gegenüber dem Vorjahr in %.

% laufende Ratea

Mrd. € �

Jahresdurchschnittb

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

Der flächendeckende Mindestlohn in Deutschland ist eineErfolgsgeschichte. Die Beschäftigung hat zugenommen,Jobverluste sind nicht eingetreten und die Kaufkraft derNiedriglohnbezieher wurde gesteigert. Dieses Bild wurdelandauf landab in den Medien und in der Politik zum ers -ten Jahrestag des flächendeckenden Mindestlohns inDeutsch land gezeichnet. Ist dieses Bild aber akkurat? Un -strittig ist, dass die Beschäftigung in Deutschland im letz-ten Jahr zugenommen hat. Im Laufe des Jahres 2015 stiegdie Erwerbstätigenzahl um etwa 300.000 von 42,7 Mill.auf 43,0 Mill. [vgl. AK ETR (2016)]. Auch die Reallöhnehaben im Laufe des Jahres 2015 mit 2,4 % ordentlich zu-gelegt [vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT (2016)].

Diese positiven Zahlen können aber nicht als Belegfür die positive Wirkung des Mindestlohns herangezogenwerden. Vielmehr überlagert die aktuell gute konjunktu-relle Lage in Deutschland die möglichen negativen Kon-sequenzen des Mindestlohns für die Beschäftigung. Dennder relevante Vergleich ist nicht, ob die Einkommen oderdie Beschäftigung von 2014 auf 2015 gesunken oder ge -stiegen sind. Die relevante Frage ist vielmehr, wie sich derArbeitsmarkt langfristig mit und ohne Mindestlohn ent-wickelt hätte. Auf diese langfristige Perspektive, bei deralle anderen Einflussfaktoren bis auf die Arbeitsmarkt -regulierung konstant gehalten werden, bezogen sichdie warnenden Stimmen vieler Ökonomen. Auch wir hat-ten im Jahr 2014 vor den langfristig negativen Folgen desMindestlohns gewarnt und – im Vergleich zum Trend – eineEinbuße von 400.000 bis 900.000 Beschäftigungsverhält-nissen prognostiziert, wobei nach unseren langfris ti genBerechnungen diese Arbeitsplatzverluste zum größ ten Teilbei untypischen Beschäftigungsverhältnissen (Mini jobs,Rentner, Studenten) auftreten würden [vgl. KNABE et al.(2014)].

Denn in der Analyse der Mindestlohneffekte darf nichtübersehen werden, dass der Mindestlohn ohnehin nur einesehr spezielle Gruppe der Einkommensbezieher überhauptdirekt betrifft, nämlich diejenigen, die ohne Mindestlohnunter 8,50€ verdient hätten. So niedrige Stundensätzegibt es unter den Vollzeitbeschäftigten in der Industriekaum. Beschäftigte mit Löhnen unter 8,50€ findet man

eher in kleinen Betrieben, in ländlichen Regionen, in Ost-deutschland, im Dienstleistungsbereich – und da ebenprimär in Minijobs [vgl. BELLMANN et al. (2015), BRENKE undMÜLLER (2013)]. Man konnte also 2014 schon vorher -sagen, dass der Mindestlohn die Beschäftigung in gro -ßen westdeutschen Industriebetrieben kaum beeinflussenwürde. Wer sich dagegen mit einem Minijob in der ost-deutschen Provinz etwas hinzu verdienen wollte, musstesehr häufig mit Löhnen weit unter 8,50€ vorlieb nehmen.Aber auch die Risikogruppen umfassen in Deutschlandimmer hin 5 Mill. Menschen. Rund 84 % Prozent aller Mini-jobs in Ostdeutschland waren Ende 2014 mit weniger als8,50€ entlohnt. Diese Risikogruppen muss man im Augehaben, um die Beschäftigungswirkung des Mindestlohnszu verstehen [vgl. KNABE et al. (2014)].

Wie in den einschlägigen Studien vorhergesagt, ist beiden Minijobs ein deutlicher Einbruch zu sehen. BereitsMitte 2014, also bei Beschlussfassung zum Mindestlohn -gesetz aber vor der Einführung, begann der Rückgang inder Minijob-Beschäftigung. Von Juni 2014 bis Juni 2015 –also um die Zeit der Einführung des Mindestlohns herum –sind in Deutschland insgesamt gut 184.000 der ursprüng-lich 5 Mill. Minijobs für ausschließlich geringfügig Beschäf-tigte weggefallen [vgl. STATISTIK DER BUNDESAGENTUR FÜR

ARBEIT (2016a)]. Und wie zu erwarten, ist dieser Einbruch inOstdeutschland, wo das Lohnniveau generell niedriger ist,besonders stark ausgefallen. Während der Rückgang derausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigung inWestdeutschland 3,1 % betrug, war der Rückgang in Ost-deutschland mit 6,9 % mehr als doppelt so stark (vgl. auchAbb. 1(d)). Nun kann man argumentieren, dass Minijobsohnehin nicht der beste Weg in den Arbeitsmarkt sind.Wenn der Gesetzgeber aber der Ansicht ist, dass das Minijob-System reformbedürftig ist, sollte er hier Reformendurchführen, statt die mit den Minijobs verbundene Be-schäftigung durch die Hintertür der Mindestlohngesetz -gebung zu vernichten. Denn schließlich stehen auch hinterdiesen Minijobs Menschen, die sich mit ihrem Minijob et-was hinzu verdienen und sich durch die Minijobs in den Arbeitsmarkt integriert fühlen. Nur ein Teil der weggefalle-nen Minijobs wurde in sozialversicherungspflichtige Be-schäftigung umgewandelt [vgl. vom BERGE et al. (2016)].

Insgesamt liefert der Blick auf die Erwerbstätigenzah-len ein etwas ernüchterndes Bild. Während die Erwerbs -tätigkeit in den westlichen Bundesländern von 2014 auf2015 um 0,9 % gewachsen ist, nahm sie in Ostdeutsch-land (einschließlich Berlin) nur um 0,2 % zu und in den ost -deutschen Flächenländern (ohne Berlin), die vom Mindest -

Mindestlohn ohne Nebenwirkungen?Andreas Knabe, Ronnie Schöb, Marcel Thum und Michael Weber*

* Andreas Knabe ist Professor an der Otto-von-Guericke-Universität Mag-deburg. Ronnie Schöb ist Professor an der Freien Universität Berlin.Marcel Thum ist Geschäftsführer und Michael Weber ist Doktorand derNiederlassung Dresden des ifo Institut – Leibniz Institut für Wirtschafts-forschung an der Universität München e. V.Dieser Artikel ist in leicht gekürzter Fassung unter dem Titel „Mindest-lohn, nur positiv?“ zuerst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr.72vom 26. März 2016, S. 24 erschienen

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

lohn viel stärker betroffen waren, sogar um 0,3 % ab [vgl.AK ETR (2016)]. Hätte der Mindestlohn lediglich zu einerUmwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtigeBeschäftigung (oder in selbstständige Tätigkeit) geführt,sollte sich kein Unterschied zwischen Ost und West be-obachten lassen. Stattdessen ist, wie Abbildung 1(a) ver-deutlicht, die Beschäftigungsdynamik in Ostdeutschlandseit der Verabschiedung des Mindestlohngesetzes durchden Deutschen Bundestag deutlich hinter jene West -deutsch lands zurückgefallen. Nur bei der sozialversiche-rungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung konnte Ostdeutsch -land mit Westdeutschland Schritt halten (vgl. Abb. 1(c)).Dies dürfte zum Teil an der vom Gesetzgeber beabsich-

tigten Umwandlung von geringfügigen in sozialversiche - rungs pflichtige Beschäftigungsverhältnisse liegen, zum Teilaber auch an einer mindestlohnbedingten Verkürzung derArbeitszeit von ehemals Vollzeitbeschäftigten. Dies legenzumindest die nachlassende Dynamik bei Vollzeitbeschäf -tigungsverhältnissen in Ostdeutschland (vgl. Abb. 1(b))sowie neueste Befragungsergebnisse nahe [vgl. auch SCHU-BERT und WEBER (2016)]. Die Tatsache, dass sich der Be-schäftigungsaufbau insgesamt in Ostdeutschland gegen -über Westdeutschland verlangsamt hat, könnte ein erstesAnzeichen für die Bremswirkung des Mindestlohns sein.Natürlich könnten auch andere Faktoren, wie zum Bei-spiel die demographische Entwicklung, den Ost-West-

Quellen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2016b), Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 1: Entwicklung der Beschäftigung in Ostdeutschland und Westdeutschland nach Beschäftigtengruppen

96

98

100

102

104

106

2013 2014 2015

2013

= 1

00

(a) Beschäftigte insgesamt

95

100

105

110

115

2013 2014 2015

2013

= 1

00

(c) sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Teilzeit

96

98

100

102

104

106

2013 2014 2015

2013

= 1

00

(b) sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Vollzeit

85

90

95

100

105

2013 2014 2015

2013

= 1

00

(d) ausschließlich geringfügig Beschäftigte

Ostdeutschland Westdeutschland

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

Unterschied erklären. Allerdings unterlagen auch die Vor-jahre denselben demographischen Trends mit abnehmen-der Erwerbsbevölkerung im Osten und leicht zunehmen-der Erwerbsbevölkerung im Westen. Dennoch stieg früherdie Erwerbstätigkeit im Osten noch leicht an (z. B. um 0,1%von 2013 auf 2014) und die Beschäftigung entwickeltesich in beiden Landesteilen mit gleicher Dynamik.

Einige Kommentatoren, insbesondere aus dem Ge-werkschaftslager, führen demgegenüber an, dass der Min -destlohn zur guten Dynamik der Konjunktur im Jahr 2015beigetragen habe. Der Mindestlohn, so das Argument,habe die Kaufkraft der unteren Einkommensgruppen ge-stärkt und so der Konjunktur einen zusätzlichen Impulsverliehen. Dieses keynesianische Argument ist interessant,im Falle des deutschen Mindestlohns aber fehl am Platze.Zwar dürfte der Mindestlohn die Lohnsumme der Arbeit-nehmer erhöht haben. Dies ist aber nicht gleichbedeu-tend mit einer Erhöhung der verfügbaren Einkommen.Diesem Einkommenszuwachs muss man die Einkommens -einbußen bei den betroffenen Betrieben gegenüberstel-len. Da es sich hierbei im Wesentlichen um kleine Betriebehandelt, ist davon auszugehen, dass diese Entzugseffekteim gleichen Umfang die Kaufkraft schwächen, wie dieLohnsteigerungen die Kaufkraft erhöhen. Hinzu kommt einweiterer Effekt. Viele der vom Mindestlohn betroffenen Arbeitnehmer waren (und sind) auf ergänzende Sozial -leis tungen angewiesen. Der Mindestlohn erhöht zwar dasBrut toarbeitseinkommen, senkt aber fast im selben Um-fang die Sozialtransfers. Netto haben diese Haushalte garnicht viel mehr in der Tasche und können daher auch kei-nen positiven Konjunkturimpuls auslösen.

Die Entwicklung bei den Minijobs und die Überschlags -rechnungen zur sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-gung legen nahe, dass der Mindestlohn keineswegs ohneFolgen für die Beschäftigung blieb. Andere Nebenwirkun -gen, wie der rapide Preisanstieg in einigen Sektoren unddie geringere Verfügbarkeit bestimmter Dienstleistungen(Taxis, Öffnungszeiten von Bäckereien in ländlichen Ge-bieten usw.), sind unstrittig [für Sachsen vgl. STATISTISCHESLANDESAMT DES FREISTAATES SACHSEN (2015)], waren aber vonder Bundesregierung von Anfang an als notwendige Be-gleiterscheinungen des Mindestlohns akzeptiert worden.Um die Auswirkungen des Mindestlohns einigermaßen so-lide in den Arbeitsmarktzahlen identifizieren zu können,muss man wohl erst einige Jahre ins Land gehen lassen.Aus vergangenen Arbeitsmarktreformen wissen wir, dassAnpassungen, die der Gesetzgeber vornimmt, typischer-weise erst mit einer Verzögerung von mehreren Jahren amArbeitsmarkt spürbar werden.

Die wahren Herausforderungen des Mindestlohns fürden deutschen Arbeitsmarkt zeigen sich erst in Krisenzei-ten. In konjunkturell guten Lagen wie im letzten Jahr magder Beschäftigungsaufbau durch den Mindestlohn etwas

langsamer erfolgen. Auch ist für viele Menschen der Ver-lust der Minijobs bedauerlich, reißt er sie doch aus demArbeitsleben heraus. Wirklich problematisch für breitereSchichten wird der Mindestlohn jedoch, wenn der Arbeits -markt dringende Anpassungen bei den Arbeitskosten er-forderlich macht.

Dies kann beim nächsten massiven Konjunktureinbruchvonnöten sein. Aber auch Schocks auf der Angebotsseite,wie wir sie gerade durch den Zustrom von Flüchtlingenerleben, können eine solche Herausforderung darstellen.Ein Großteil der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten ist fürden deutschen Arbeitsmarkt de facto nicht hinreichendqualifiziert. Viele von ihnen haben keine abgeschlosseneBerufsausbildung. Und selbst wenn sie eine vorweisenkönnen, ist diese unter Umständen nicht äquivalent miteiner deutschen Ausbildung im selben Beruf. Internatio-nale Vergleiche zu den in der Schule erworbenen Kom -petenzen zeigen große Unterschiede zwischen den euro -pä ischen Industrieländern und den Ländern des Mittlerenund Nahen Ostens [vgl. z.B. BATTISTI und FELBERMAYR 2015,HA NUSHEK und WÖßMANN 2015]. Das Problem wird durchdie Sprachbarrieren weiter verschärft. Um eine große Zahlder Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt zu inte-grieren, wird es daher nicht genügen, für einige Monateden Arbeitgebern einen Zuschuss anzubieten oder dieVermittlungsanstrengungen bei der BUNDESAGENTUR FÜR

ARBEIT zu intensivieren. Die Aufnahmefähigkeit des Ar-beitsmarktes angesichts eines solchen Angebotsschockslässt sich nur ausreichend erhöhen, wenn Unternehmendie Möglichkeit haben, neue Beschäftigte – egal welcherNationalität – zu Arbeitskosten einzustellen, die der ge-ringen Produktivität angemessen sind.

Damit niedrige Arbeitskosten nicht zugleich die ohnehin niedrigen verfügbaren Einkommen der ein -heimischen Arbeitnehmer drücken, wird der Sozialstaatnicht umhin kommen, in die Bresche zu springen und dieBeschäftigung so zu bezuschussen, dass bei gleich-bleibenden Nettoeinkommen die Arbeitskosten abge-senkt werden können. Wenn der gegenwärtige Min-destlohn beibehalten werden soll, müssten dafür dieArbeitgeber bezuschusst werden; wenn der Mindestlohnabgesenkt würde, könnten die Zuschüsse an die Arbeit-nehmer gezahlt werden. Das wird fiskalisch teuer (unddie Subvention der Arbeitgeber noch teurer als die derArbeitnehmer), ist aber immer noch besser als die Alter-native, die meisten der aktuellen Zuwanderer für vieleJahre vom Arbeitsmarkt auszuschließen. Deutschlanddroht dann die Gefahr, dass sich neue Sozialhilfekarrierenentwickeln und auch in Deutschland Banlieues mitchancenlosen Jugendlichen entstehen. Diese Effektedes Mindestlohns werden allerdings erst in 10 bis 20Jahren allmählich sichtbar werden – dafür mit besondersfatalen Konsequenzen.

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

Literatur

AK ETR – ARBEITSKREIS ERWERBSTÄTIGENRECHNUNG DES BUN-DES UND DER LÄNDER (Hrsg.) (2016): Erwerbstätige (amArbeitsort) in Deutschland 1991 bis 2015 nach Län-dern, Berechnungsstand Februar 2016.

BATTISTI, M. und G. FELBERMAYR (2015): Migranten im deut -schen Arbeitsmarkt: Löhne, Arbeitslosigkeit, Erwerbs-quoten, ifo Schnelldienst 68 (20), S. 39–47.

BELLMANN, L.; BOSSLER, M.; GERNER, H.-D. und O. HÜBLER

(2015): Reichweite des Mindestlohns in deutschenBetrieben, IAB-Kurzbericht 6/2015.

BRENKE, K. und K.-U. MÜLLER (2013): Gesetzlicher Min-destlohn – Kein verteilungspolitisches Allheilmittel, DIWWochenbericht 39/2013, S. 3–17.

HANUSHEK, E. A. und L. WÖßMANN (2015): Universal BasicSkills: What Countries Stand to Gain, Organisation forEconomic Co-operation and Development, Paris.

KNABE, A.; SCHÖB, R. und M. THUM (2014): Der flächen-deckende Mindestlohn, Perspektiven der Wirtschafts-politik 15 (2), S. 133–157.

SCHUBERT, A. und M. WEBER (2016): Der flächendecken-de Mindestlohn in Sachsen: Hohe Reichweite, vielfäl -tige Reaktionen der Betriebe, ifo Dresden berichtet 23 (3), S. 5–11.

STATISTIK DER BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (Hrsg.) (2016a):Beschäftigungsstatistik, Beschäftigung nach Ländernin wirtschaftsfachlicher Gliederung (WZ 2008), Daten-stand März 2016, Nürnberg.

STATISTIK DER BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (Hrsg.) (2016b):Beschäftigungsstatistik, Zeitreihe über sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigte Insgesamt und Auszubilden -de sowie geringfügig Beschäftigte nach ausgewähltenMerkmalen, Nürnberg, Datenstand März 2016, Nürnberg.

STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (2016): Reallohnindex undNominallohnindex, 4. Vierteljahr 2015, Wiesbaden.

STATISTISCHES LANDESAMT DES FREISTAATES SACHSEN (Hrsg.)(2015): Wirtschaft im Freistaat Sachsen. Ergebnisse deramtlichen Statistik 2014, Statistischer Bericht Z I 2–j/14,Kamenz.

VOM BERGE, P.; KAIMER, S.; COPESTAKE, S.; EBERLE, J.; KLOS -TERHUBER, W.; KRÜGER, J.; TRENKLE, S. und V. ZAKROCKI(2016): Arbeitsmarktspiegel: Entwicklungen nach Einfüh -rung des Mindestlohns (Ausgabe 1), IAB-For schungs -bericht 1/2016, Nürnberg.

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein flächen-deckender Mindestlohn von brutto 8,50€ je Stunde. Zuden bisherigen Auswirkungen der neuen Lohnuntergren-ze liegen gegenwärtig nur wenige wissenschaftlich fundier-te Untersuchungsergebnisse vor [vgl. BOSSLER und GER-NER (2016), GARLOFF (2015), KUBIS et al. (2015), SCHUBERTund WEBER (2016), VOM BERGE et al. (2016)]. Jüngste Er-gebnisse des ifo Konjunkturtests vom März 2016 erlau-ben nun weitere Einsichten in die kurzfristigen Mindest-lohneffekte. Darüber hinaus ermöglicht ein Vergleich mitBefragungsergebnissen vom November 2014 [vgl. hier-zu ERTHLE et al. (2014), LEHMANN et al. (2015)] erstmals,Erwartungen und Wirklichkeit der Mindestlohneffekte ausder Sicht von insgesamt knapp 4.800 Unternehmen ein-ander gegenüberzustellen.1 Dieser Blickpunkt stellt dieErgebnisse für Ostdeutschland und Westdeutschland vor.Die Ergebnisse für Deutschland insgesamt werden vonSAUER und WOJCIECHOWSKI (2016) analysiert.

Höhere Betroffenheit in Ostdeutschland

Zunächst wurden die Unternehmen gefragt, ob sie vomMindestlohn betroffen sind, wobei sowohl die direkte alsauch die indirekte Betroffenheit einbezogen war. Im ifoKon junkturtest vom März 2016 wurde diese Frage voninsgesamt 46 % der Befragungsteilnehmer in Ostdeutsch -land und 34 % der Unternehmen in Westdeutschland be-jaht (vgl. Abb. 1). Demzufolge entfaltet der Mindestlohnin Ostdeutschland eine deutlich größere Reichweite alsin Westdeutschland. Zudem betrifft er anteilsmäßig mehrFirmen im Handel als im Verarbeitenden Gewerbe oderdem Bauhauptgewerbe. Dieses Muster reflektiert das ge -ringere Lohnniveau in Ostdeutschland gegenüber West-deutschland [vgl. hierzu auch KLUGE und WEBER (2016)],sowie die niedrigeren Verdienste in den konsumnahenDienstleistungsbereichen gegenüber der Industrie. Die Un -terschiede zwischen den Regionen und Wirtschaftszwei-gen finden sich auch in anderen Erhebungen zur Betrof-fenheit vom Mindestlohn wieder [vgl. z. B. BELLMANN et al.(2015), SCHUBERT und WEBER (2016), STATISTISCHES BUN-DESAMT (2016)].

Überraschenderweise hat ein signifikanter Teil der Befra-gungsteilnehmer die eigene Betroffenheit vom Mindest-lohn vor dessen Einführung unterschätzt. Dies ergibt einVergleich der Selbsteinschätzungen der Unternehmen vomNovember 2014 mit jenen vom März 2016. Insgesamt13 % der ostdeutschen und sogar 17% der westdeut-schen Unternehmen, die an beiden Befragungen teil -genommen haben, korrigierten ihre Erwartungen vomNovember 2014 entsprechend. Dadurch erhöhte sichinsbesondere in Westdeutschland die Betroffenheitsquoteerheblich. Gleichzeitig gab es in beiden Regionen einenkleineren Anteil (8 %) an Unternehmen, die die eigene Be-troffenheit überschätzt hatten. Offen bleibt, wie die Unter -schiede zwischen Erwartung und Wirklichkeit der eige nenBetroffenheit vom Mindestlohn zu erklären sind. Mögli-cherweise hat die Lohnuntergrenze über Spillover-Effekteauch solche Unternehmen betroffen, die eigentlich nichtunter die Mindestlohnregelung fallen. SCHUBERT und WE-BER (2016) weisen derartige Spillover-Effekte des flächen -deckenden Mindestlohns in der gewerblichen WirtschaftSachsens nach. Möglicherweise haben die Unternehmenden Begriff „Betroffenheit“ im März 2016 aber auch nurweiter gefasst als im November 2014. Beispielsweise gel-ten die mit dem Mindestlohn eingeführten Dokumenta -tionspflichten auch für Unternehmen, die bereits 2014nur Löhne von mehr als 8,50€ je Stunde zahlten. Viel-leicht haben diese Unternehmen die Frage nach der Be-troffenheit im November 2014 mit Blick auf ihre Löhneverneint, im März 2016 mit Blick auf die Dokumenta -tionspflichten jedoch bejaht.

Insgesamt weniger Maßnahmen ergriffen als 2014geplant

Vom Mindestlohn betroffene Unternehmen wurden in einemzweiten Schritt nach ihren Anpassungsmaßnahmen ge-fragt. Den Firmen wurden mehrere potenzielle Reaktions -möglichkeiten vorgegeben; Mehrfachantworten waren mög -lich. Am häufigsten haben die Unternehmen nach eigenenAngaben versucht, die gestiegenen Personalkosten zu-mindest teilweise über Preiserhöhungen an ihre Kundenweiterzureichen (vgl. Abb. 2). Insgesamt 29 % der ost-deutschen und 14 % der westdeutschen Befragungsteil-nehmer machten von dieser Möglichkeit Gebrauch. Je-weils jedes fünfte bis sechste betroffene Unternehmen in

Der flächendeckende Mindestlohn in Ost- undWestdeutschland: Erwartungen und WirklichkeitMichael Weber*

* Michael Weber ist Doktorand der Niederlassung Dresden des ifo InstitutLeibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

Ostdeutschland sowie jedes achte bis zehnte betroffeneUnternehmen in Westdeutschland verkürzte darüber hin-aus die Arbeitszeit seiner Beschäftigten, hielt sich bei Investitionen zurück oder kürzte Sonderzahlungen. Ins-gesamt scheinen die Unternehmen versucht zu haben,Entlassungen zumindest kurzfristig zu vermeiden. Von einem mindestlohnbedingten Personalabbau berichtetengut ein Jahr nach Einführung der Lohnuntergrenze nur16 % der ostdeutschen und 13 % der westdeutschen Teil -nehmer am ifo Konjunkturtest. Insgesamt 44 % bzw. 59%der vom Mindestlohn betroffenen Unternehmen habennach eigenen Angaben bislang überhaupt nicht auf denMindestlohn reagiert.

Der vergleichsweise hohe Anteil der Unternehmen ohneMaßnahmen überrascht. SCHUBERT und WEBER (2016) er-mitteln für die gewerbliche Wirtschaft Sachsens deutlichhöhere Anpassungsintensitäten. Die Ergebnisse sind auchdeswegen bemerkenswert, weil im November 2014 so-wohl in Ostdeutschland als auch in Westdeutschlandnoch ein deutlich höherer Anteil der Unternehmen, die sichdamals als betroffen einstuften, davon ausgegangen war,mit einzelnen Maßnahmen auf den Mindestlohn reagie-ren zu müssen [vgl. LEHMANN et al. (2015)]. Ein detaillier-

ter Vergleich der Ergebnisse aus beiden Erhebungen legtnahe, dass der Rückgang der Maßnahmeintensität aufunterschiedlichen Ursachen in Ostdeutschland und West -deutschland beruhen dürfte.

In Ostdeutschland ist der Anstieg des Anteils der Un-ternehmen ohne Maßnahmen vor allem darauf zurückzu-führen, dass Unternehmen, die sich in beiden Erhebungenals betroffen einstuften, im November 2014 angekündigteMaßnahmen zwischenzeitlich doch nicht umgesetzt ha-ben. Insbesondere haben die Betriebe entgegen ihrer An -kündigung weniger Abstriche bei Sonderzahlungen undihren Beschäftigten gemacht. Dies lässt sich so interpre-tieren, dass die ostdeutschen Unternehmen vom Mindest -lohn weniger intensiv betroffen sind, als sie ursprünglicherwarteten, sodass der flächendeckende Mindestlohn einengeringeren Anpassungsdruck ausgeübt hat. Beispielswei -se könnte die stabile konjunkturelle Lage die Auswirkungendes Mindestlohns etwas abgemildert haben. Möglicher-weise haben die Unternehmen die geplanten Maßnahmenbisher auch aufgeschoben und nehmen kurzfristig Rendi -teminderungen in Kauf. Dies könnte langfristig jedoch dieInvestitionsfähigkeit der Betriebe beeinträchtigen. Ins ge samtkönnten längerfristig doch noch umfangreichere Anpas-

Quelle: ifo Konjunkturtest vom März 2016.

Abbildung 1: Anteil der vom flächendeckenden Mindestlohn betroffenen Unternehmen in Ost- und Westdeutschland

28%

54%

37%

36%

26%

34%

53%

71%

42%

30%

46%

46%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Großhandel

Einzelhandel

Dienstleistungen

Bauhauptgewerbe

Verarbeitendes Gewerbe

Gesamt

Ostdeutschland Westdeutschland

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Im Blickpunkt

sungsmaßnahmen auftreten, vor allem dann, wenn sich diekonjunkturelle Lage in Zukunft wieder eintrüben sollte.

In Westdeutschland scheint die durchschnittlicheMaßnahmenintensität dagegen eher deswegen geringerzu sein als ursprünglich erwartet, weil die westdeutschenUnternehmen den Begriff der Betroffenheit im März 2016umfassender interpretierten. Jene westdeutschenUnterneh men, die sich im Jahr 2014 ebenso wie im Jahr2016 als betroffen einstuften, haben die im November2014 angekündigten Maßnahmen größtenteils auch um-gesetzt. Unter den Unternehmen, die sich im Jahr 2016als betroffen einstuften, im Jahr 2014 aber nicht, hat derweit überwiegende Teil (70 %) hingegen keine Maßnah-men ergriffen. Dies erhärtet den Verdacht, dass, wieoben angedeutet, sich nunmehr auch solche Unterneh-men zur Gruppe der Betroffenen zählen, die allein durchdie Doku mentationspflichten vom Mindestlohn „betroffen“sind. So fern sich diese Unternehmen keinen mindest-lohnbedingt gestiegenen Kosten gegenüber sahen, wer-den sie kaum die angesprochenen Maßnahmen ergrif-fen haben. Dadurch senkt sich rein rechnerisch derAnteil der „betroffenen“ Firmen, die mit betrieblichenMaßnahmen auf die Einführung des flächendeckendenMindestlohns reagieren mussten.

Auswirkungen auf die Beschäftigung

Neben den bislang vorgestellten Reaktionen sind weitereMindestlohneffekte mit Blick auf die Beschäftigung zu er-warten. Schließlich beabsichtigte der Gesetzgeber mit derEinführung des Mindestlohns auch die Umwandlung vongeringfügig entlohnter Beschäftigung („Minijobs“) in sozial -versicherungspflichtige (Teilzeit-)Beschäftigung. Diese Um -wand lung ergibt sich aufgrund der Einkommensgrenze fürgeringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse automa -tisch, sofern die Arbeitszeit der Beschäftigten nicht auf53 Stunden je Monat beschränkt wird. Im März 2016 wur-den die vom Mindestlohn betroffenen Teilnehmer des ifoKonjunkturtests daher nach Änderungen bei den Be-schäftigungsverhältnissen in ihren Unternehmen gefragt.Auch hier konnten die Firmen aus mehreren Antwortmög -lichkeiten wählen. Insgesamt ein Drittel der vom Mindest-lohn betroffenen Befragungsteilnehmer (Ostdeutschland:33 %, Westdeutschland: 36 %) berichtete von Verände-rungen bei der Beschäftigung (vgl. Abb. 3). Dabei wurdennach Angaben der Mehrheit der Firmen Minijobs ersatz-los abgebaut. Eine Umwandlung in sozialversicherungs-pflichtige Beschäftigungsverhältnisse nahm nur ein gerin -ger Anteil der Firmen vor. Nur jeweils etwa 5 % der

Quelle: ifo Konjunkturtest vom März 2016.

Abbildung 2: Durchgeführte Anpassungsmaßnahmen in den vom flächendeckenden Mindestlohn betroffenen Unternehmen in Ost- und Westdeutschland

59%

13%

11%

10%

13%

14%

44%

16%

17%

18%

19%

29%

0% 20% 40% 60% 80%

Keine Maßnahmen

Personalabbau

Kürzung von Sonderzahlungen

Verringerte Investitionen

Verkürzung der Arbeitszeit

Preiserhöhungen

Ostdeutschland Westdeutschland

Anmerkung: Mehrfachantworten waren möglich.

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39

ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

Unternehmen in Ost- und Westdeutschland berichteten,trotz der Einführung des Mindestlohns zusätzliche sozial-versicherungspflichtige Beschäftigung geschaffen zu ha-ben. Im Gesamtbild mit den oben genannten weiterenAnpassungsreaktionen kann somit von einer umfangrei-chen Um wandlung der Beschäftigungsverhältnisse odergar einer beschäftigungssteigernden Wirkung des Min-destlohns bis lang keine Rede sein.

Fazit

Die mindestlohnbezogenen Sonderfragen im ifo Konjunk -turtest vom März 2016 bestätigen somit in der Tendenzdas Bild, das sich auch aus anderen Erhebungen zu derReichweite des Mindestlohns ergibt. Zugleich verdeutlichtder Vergleich zur Erhebung vom November 2014 erst-mals, dass die Unternehmen im Vorfeld der Einführungdes Mindestlohns die Reichweite der Lohnuntergrenzesamt ihrer Begleitregelungen für die eigene Geschäfts -tätigkeit insbesondere in Westdeutschland anscheinendetwas unterschätzt, das Ausmaß des Eingriffs insbesonde -re in Ostdeutschland womöglich aber etwas überschätzthaben.

Literatur

BELLMANN, L.; BOSSLER, M.; GERNER, H.-D. und O. HÜBLER

(2015): Reichweite des Mindestlohns in deutschen Be -trieben, IAB-Kurzbericht 6/2015.

BOSSLER, M. und H.-D. GERNER (2016): Employment Ef-fects of the New German Minimum Wage, IAB-Dis-cussion Paper 10/2016.

ERTHLE, C.; WOHLRABE, K. und P. WOJCIECHOWSKI (2014):Der flächendeckende Mindestlohn und die Reaktion derUnternehmen – Ergebnisse einer Sonderumfrage imifo Konjunkturtest, ifo Schnelldienst 67 (23), S. 50–52.

GARLOFF, A. (2015): Mindestlohn: Bisher keine Neben-wirkungen! Erste Erfahrungen mit dem allgemeinengesetzlichen Mindestlohn in Deutschland, Schlag -lichter der Wirtschaftspolitik, Monatsbericht 12-2015,S. 13–18.

KLUGE und WEBER (2016): Was erklärt die Lohnunterschie -de zwischen Ost- und Westdeutschland?, ifo Dresdenberichtet 23 (2), S. 3–9.

KUBIS, A.; REBIEN, M. und E. WEBER (2015): Neueinstellun -gen im Jahr 2014: Neueinstellungen im Jahr 2014: Min -destlohn spielt schon im Vorfeld eine Rolle, IAB-Kurz-bericht 12/2015.

Quelle: ifo Konjunkturtest vom März 2016.

Abbildung 3: Änderungen der Beschäftigungsverhältnisse in den vom flächendeckenden Mindestlohn betroffenen Unternehmen in Ost- und Westdeutschland

64%

5%

9%

21%

67%

4%

6%

15%

0% 20% 40% 60% 80%

Keine Veränderung

Sozialversichungspflichtige Beschäftigunggeschaffen

Minijobs in sozialversicherungspflichtigeBeschäftigung umgewandelt

Minijobs abgebaut

Ostdeutschland WestdeutschlandAnmerkung: Mehrfachantworten waren möglich.

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40

ifo Dresden berichtet 3/2016

Im Blickpunkt

LEHMANN, R.; RAGNITZ, J. und M. WEBER (2015): Mindest-lohn in Ostdeutschland: Firmen planen Preiserhöhun-gen und Personalabbau, ifo Dresden berichtet 22 (1),S. 40–42.

SAUER, S. und P. WOJCIECHOWSKI (2016): Wie reagiertendie deutschen Firmen auf die Einführung des Mindest-lohns?, ifo Schnelldienst 69 (7), S. 62–64.

SCHUBERT, A. und M. WEBER (2016): Der flächendecken-de Mindestlohn in Sachsen: Hohe Reichweite, vielfäl -tige Reaktionen der Betriebe, ifo Dresden berichtet 23(3), S. 5–11.

STATISTISCHES BUNDESAMT (Hrsg.) (2016): 4 Millionen Jobsvom Mindestlohn betroffen, Pressemitteilung 121/16vom 6. April 2016, Wiesbaden.

VOM BERGE, P.; KAIMER, S.; COPESTAKE, S.; EBERLE, J.; KLOS -TERHUBER, W.; KRÜGER, J.; TRENKLE, S. und V. ZAKROCKI(2016): Arbeitsmarktspiegel: Entwicklungen nach Einfüh -rung des Mindestlohns (Ausgabe 1), IAB-For schungs -bericht 1/2016.

1 Anders als im März 2016 wurde im November 2014 das Bauhauptge-werbe nicht zum Mindestlohn befragt. In den anderen Wirtschaftsberei-chen liegen für knapp 20 % der Teilnehmer des Jahres 2016 keine Ant-worten vom November 2014 vor.

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41

ifo Dresden berichtet 3/2016

Daten und Prognosen

Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist imvier ten Vierteljahr 2015 um 2,2 % gegenüber dem ver -gleichbaren Vorjahreszeitraum gestiegen, für das Gesamt-jahr beläuft sich der Zuwachs auf 1,5 % (vgl. Tab. 1).Zum Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Produktiontrugen alle Wirtschaftsbereiche bei mit Ausnahme desBereichs Land- und Forstwirtschaft, Fischerei. DieTrend-Konjunktur-Kom ponenten des preisbereinigtenBIP und der sektoralen preisbereinigten Bruttowert-schöpfung sind aufwärtsgerichtet (vgl. Abb. 1).

Vierteljährliche VGR für Sachsen: Ergebnisse fürdas vierte Quartal 20151Wolfgang Nierhaus*

1 Dr. Wolfgang Nierhaus ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am ifo Institut –Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.

1 Die Bereitstellung vierteljährlicher Ergebnisse für Sachsen erfolgt in Ver-antwortung des IFO INSTITUTS. Die Berechnungen fußen auf den amtlichenLänderdaten, die vom ARBEITSKREIS VOLKSWIRTSCHAFTLICHE GESAMTRECH-NUNGEN (VGR) DER LÄNDER ermittelt werden. Zudem werden seitens desSTATISTISCHEN LANDESAMTES DES FREISTAATES SACHSEN aktuelle konjunktur-statistische Informationen bereitgestellt. Dies erfolgt im Rahmen der 2007unterzeichneten Kooperationsvereinbarung mit der Niederlassung Dres-den des IFO INSTITUTS. In dieser Ausgabe werden erstmals die Ergebnissefür das vierte Vierteljahr 2015 nachgewiesen. Die Berechnungen sind ab-gestimmt auf die vom ARBEITSKREIS VGR DER LÄNDER am 30. März 2016veröffentlichten Jahresergebnisse. Allerdings unterbleibt eine bundeswei-te Koordinierung, wie dies bei den amtlichen Daten des Arbeitskreisesüblich ist. Die hier vorgelegten Vierteljahreswerte sind mit den bisherigenAngaben für den Zeitraum Q1/2001 bis Q3/2015 nur eingeschränkt ver-gleichbar, da die nunmehr vorgelegte Quartalisierung auf den Jahreser-gebnissen des ARBEITSKREISES VGR DER LÄNDER für 1996 bis 2015 basiert.Der vollständige Datensatz für den Zeitraum Q1/1996 bis Q4/2015 stehtauf der ifo Dresden Homepage zum Download zur Ver fügung. Zur Metho-dik siehe W. NIERHAUS, Vierteljährliche Volkswirtschaft liche Gesamtrech-nungen für den Freistaat Sachsen mit Hilfe temporaler Disaggregation, in:Statistik in Sachsen, 1/2008, S. 1–15.

Tabelle 1: Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung in Sachsen (preisbereinigt)

Viertel-jahr

Brutto- inlands-produkt

Güter-steuernabzüglichSubven-tionen

Brutto-wert-schöp-fung aller Wirt-schafts-bereiche

Bruttowertschöpfung

Land- und Forst-wirt-schaft, Fischerei

Produ-zierendesGewerbeohne Bau-

gewerbe

Bau- gewerbe

Handel,Verkehr,Gast- gewerbe,Infor-

mation u. Kommu-nikation

Grund-stücks-u. Woh-nungs- wesen, Finanz- u. Unter-nehmens-dienstl.

Öffent l. u.sonstigeDienst-leister, Erzie-hung u. Gesund-heit

Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahresquartal in %

1 | 2014 3,2 2,8 3,2 11,3 8,9 15,5 –1,0 1,5 0,5

2 | 2014 1,8 2,4 1,7 16,8 5,5 6,9 –2,8 1,1 0,4

3 | 2014 1,9 1,4 2,0 18,3 8,7 –3,6 –2,4 1,4 0,7

4 I 2014 1,7 5,1 1,4 15,1 5,2 –4,7 –0,8 1,1 1,1

1 I 2015 1,5 2,9 1,3 –0,7 4,1 –10,0 1,6 0,6 1,5

2 I 2015 1,4 2,0 1,3 –4,2 2,1 –5,2 3,0 1,0 1,6

3 I 2015 1,1 3,1 0,8 –5,4 –1,8 0,8 3,6 1,2 1,3

4 I 2015 2,2 3,4 2,1 –4,1 1,5 3,7 3,6 2,4 0,8

Quellen: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR) der Länder, Berechnungen des ifo Instituts.

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Daten und Prognosen

Quellen: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR) der Länder, Berechnungen des ifo Instituts.

Abbildung 1: Trend-Konjunktur-Komponenten von Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung inausgewählten Wirtschaftsbereichen in Sachsen (preisbereinigt, verkettet)a

Bruttoinlandsprodukt

–2

–1

0

1

2

95

100

105

110

115

2010 2011 2012 2013 2014 2015

Grundstücks- und Wohnungswesenc

Kettenindex, 2010 = 100 %

–2

–1

0

1

2

90

95

100

105

110

2010 2011 2012 2013 2014 2015

Kettenindex, 2010 = 100 %

Öffentliche und sonstige Dienstleisterd

–8

–4

0

4

8

80

90

100

110

120

2010 2011 2012 2013 2014 2015

Baugewerbe

Kettenindex, 2010 = 100 %

–8

–4

0

4

8

80

90

100

110

120

2010 2011 2012 2013 2014 2015

Handel, Verkehr, Gastgewerbeb

Kettenindex, 2010 = 100 %

–2

–1

0

1

2

95

100

105

110

115

2010 2011 2012 2013 2014 2015

Kettenindex, 2010 = 100 %

–4

–2

0

2

4

85

95

105

115

125

2010 2011 2012 2013 2014 2015

Produzierendes Gewerbe ohne Bau

Kettenindex, 2010 = 100 %

a) Saisonbereinigt nach Census X-12-ARIMA. – b) Einschließlich Information und Kommunikation. –c) Einschließlich Finanz- und Unternehmensdienstleister. – d) Einschließlich Erziehung und Gesundheit.

laufende Rate(rechte Skala)

laufende Rate(rechte Skala)

laufende Rate(rechte Skala)

laufende Rate(rechte Skala)

laufende Rate(rechte Skala)

laufende Rate(rechte Skala)

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Daten und Prognosen

Geschäfts-lage

Geschäfts-erwartungen

Geschäfts-klima

85

90

95

100

105

110

115

120

Indexwerte, 2005=100, saisonbereinigt mit X -13ARIMA -SEATS.a) Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel.

Abbildung 1: Geschäftsklima, Geschäftslage undGeschäftserwartungen für die gewerbliche Wirt-schafta Ostdeutschlands

–30

–20

–10

10

20

–40 –20 0 20 40 60

Ges

chäf

tser

war

tung

en fü

r die

chst

en 6

Mon

ate

GeschäftslageSalden, saisonbereinigt mit X-13ARIMA-SEATS, geglättet.a) Verarbeitendes Gewerbe einschließlich Ernährungsgewerbe.

Aufschwungs-phase

Boom-phase

Abschwungs-phase

Rezes-sionsphase

0

Mai 2016

In allen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft Ost-

deutschlands hellten sich die Klima-, Lage- und Erwar-

tungsindikatoren auf (vgl. Abb. 2). Damit wurde im Mai

erstmals in diesem Jahr der Abwärtstrend der ostdeut-

schen Industrie unterbrochen. Zeitgleich stieg der Lage -

indikator des ostdeutschen Bauhauptgewerbes im Mai

auf seinen zweithöchsten Wert seit 1991.

ifo Konjunkturtest in Ostdeutschland

Die Stimmung in der gewerblichen Wirtschaft Ost-

deutschlands hat sich im zweiten Quartal verbessert. Der

ifo Geschäftsklimaindex stieg sowohl im April als auch

Mai an (vgl. Abb. 1). Dabei korrigierten die Befragungsteil -

nehmer ihre Einschätzungen zu den laufenden und den

künftigen Geschäften gleichermaßen nach oben. Optimis -

tische wie pessimistische Geschäftserwartungen halten

sich nunmehr die Waage.

Stimmung der ostdeutschen und der sächsischenWirtschaft verbessert sichMichael Weber*

* Michael Weber ist Doktorand der Niederlassung Dresden des ifo Insti-

tut – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität Mün-

chen e. V.

Quelle: ifo Konjunkturtest.

Bauhaupt-gewerbe

–20–15–10–5

05

1015202530

Handel

VerarbeitendesGewerbe

Salden, saisonbereinigt mit X-13ARIMA-SEATS.

Abbildung 2: Geschäftsklima für die einzelnenWirtschaftsbereiche der gewerblichen WirtschaftOstdeutschlands

Quelle: ifo Konjunkturtest.

Abbildung 3: ifo Konjunkturuhr für das Verarbei-tende Gewerbea Ostdeutschlands

Dank der zuletzt wieder verbesserten Lageeinschät -

zungen und Geschäftsaussichten bewegte sich die ifo

Konjunkturuhr für das Verarbeitende Gewerbe Ost-

deutschlands im Mai geringfügig nach rechts oben. Sie

verharrte jedoch insgesamt im Quadranten „Abschwung“

(vgl. Abb. 3).

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44

ifo Dresden berichtet 3/2016

Daten und Prognosen

ifo Konjunkturtest in Sachsen

Im Freistaat Sachsen ist der ifo Geschäftsklimaindex für

die gewerbliche Wirtschaft im April und Mai ebenfalls ge-

stiegen. Gegenüber dem Ende des ersten Quartals

waren die Befragungsteilnehmer deutlich zufriedener mit

ihren laufenden Geschäften und zuversichtlicher mit

Blick auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden

sechs Monaten. Die Skepsis der vergangenen Monate

hat spürbar nachgelassen.

Geschäfts-lage

Geschäfts-erwartungen

Geschäfts-klima

85

90

95

100

105

110

115

120

Indexwerte, 2005=100, saisonbereinigt mit X -13ARIMA -SEATS.a) Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel.

Abbildung 4: Geschäftsklima, Geschäftslage undGeschäftserwartungen für die gewerbliche Wirt-schafta Sachsens

Quelle: ifo Konjunkturtest.

Handel

VerarbeitendesGewerbe

Bauhaupt-gewerbe

–30

–20

–10

0

10

20

30

40

Salden, saisonbereinigt mit X-13ARIMA-SEATS.

Abbildung 5: Geschäftsklima für die einzelnenWirtschaftsbereiche der gewerblichen WirtschaftSachsens

Quelle: ifo Konjunkturtest.

Mai 2016

–30

–20

–10

0

10

20

30

–40 –20 0 20

Ges

chäf

tser

war

tung

en fü

r die

chst

en 6

Mon

ate

GeschäftslageSalden, saisonbereinigt mit X-13ARIMA-SEATS, geglättet.a) Verarbeitendes Gewerbe einschließlich Ernährungsgewerbe.

40 60

Aufschwungs-phase

Boom-phase

Abschwungs-phase

Rezes-sionsphase

Abbildung 6: ifo Konjunkturuhr für das Verarbei-tende Gewerbea Sachsens

Insbesondere im sächsischen Verarbeitenden Gewerbe

hat sich die Stimmung im Mai merklich verbessert (vgl.

Abb. 5). Im sächsischen Bauhauptgewerbe stieg der

Klima indikator im April kurzfristig an, um anschließend im

Mai auf das Niveau des März zurückzusinken. Im sächsi-

schen Handel waren die Vorzeichen sowohl im April als

auch im Mai aufwärtsgerichtet.

Die ifo Konjunkturuhr für das Verarbeitende Gewerbe

Sachsens bewegte sich im Mai nach rechts oben und

überschritt knapp die Grenze zum Quadranten „Boom“

(vgl. Abb. 6). Gegenüber April waren die sächsischen

Industriefirmen deutlich zufriedener mit ihren laufenden

Geschäften. Zudem verbesserten sich die Geschäfts -

erwartungen spürbar und drehten ins Positive.

Quelle: ifo Konjunkturtest.

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Daten und Prognosen

Quelle: ifo Konjunkturtest.

Abbildung 7: Ausgewählte Indikatoren aus dem ifo Konjunkturtest für Ostdeutschland und Sachsen

2011 2012 2013 2014 2015 20160

10

20

30

40

50

60

70

80

2011 2012 2013 2014 2015 2016

Anmerkung: alle Werte sind saisonbereinigt mit X-13ARIMA-SEATS. Verarbeitendes Gewerbe einschließlich Ernährungsgewerbe.a) Geglättete Werte. – b) Anteil der Unternehmen, die angeben, die Kreditvergabe sei restriktiv. – c) Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel.

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2011 2012 2013 2014 2015 20161,5

2,0

2,5

3,0

3,5

60

65

70

75

80

85

90

2011 2012 2013 2014 2015 201660

65

70

75

80

2011 2012 2013 2014 2015 2016

Kapazitätsauslastunga imVerarbeitenden Gewerbein %

Geräteauslastunga imBauhauptgewerbein %

Auftragsbestanda im Verarbeitenden Gewerbein Monaten

Auftragsbestanda im Bauhauptgewerbein Monaten

Exporterwartungena imVerarbeitenden GewerbeSaldo in %

Kredithürdeb für dieGewerblichec Wirtschaft

–8–6–4–2

02468

101214

Sachsen

Sachsen

Sachsen

Sachsen

Sachsen

Sachsen

Sachsen

Ostdeutschland

Ostdeutschland

Ostdeutschland

Ostdeutschland

Ostdeutschland

Ostdeutschland

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Daten und Prognosen

Der ostdeutsche und der sächsische Arbeitsmarkt ha-ben zu Beginn des zweiten Quartals ihre hohe Dynamikhalten können. Im Frühjahr stieg die saisonbereinigteZahl der bei der BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT gemel de-ten freien Stellen an; die Vakanzquote1 nahm im Ver-gleich zum April nochmals zu. Zusätzlich ist diesaisonberei nigte Arbeitslosenquote in Ostdeutschlandund Sachsen gesunken. Infolgedessen erhöhte sich die Arbeits markt anspannung weiter (vgl. Abb. 1a). DieArbeitsmarkt anspannung erfasst die konjunkturelle Ent-wicklung auf dem Arbeitsmarkt, indem sie sowohl dieAngebotsseite (Arbeitslosenquote) als auch die Nach-frageseite (Vakanzquote) abbildet. Die Bewegung nachlinks oben in der Grafik weist auf einen anhaltendenAufschwung am Arbeitsmarkt hin.

Die Befragungsergebnisse des ifo Konjunkturtestdeuten darauf hin, dass sich in den kommenden Mo naten die derzeit hohe Arbeitsmarktdynamik fort -setzen dürfte. Das ifo Beschäftigungsbarometer für die gewerbliche Wirtschaft Ostdeutschlands nahm im

Mai im Vergleich zum Vormonat geringfügig zu; in Sach-sen tendierte das Barometer seitwärts (vgl. Abb. 1b). In Ostdeutschland werden die optimistischen Beschäf -tigungserwartungen durch das Verarbeitende Gewerbebestimmt. Dem entgegen verschlechterten sich im ost -deutschen Großhandel die Beschäftigungserwar tun gen,während im Bauhauptgewerbe und im Einzel handeldiese eher stagnieren. In Sachsen formulier ten sowohldas Verar beitende Gewerbe, als auch der Großhandelpositive Beschäftigungsaussichten. Die Beschäftigungs-erwartungen im sächsischen Bauhauptgewerbe und imEinzel handel trübten sich hingegen ein.

Die Dynamik am ostdeutschen und sächsischenArbeitsmarkt hält anAntje Schubert*

* Antje Schubert ist Doktorandin an der Niederlassung Dresden des ifo

Institut – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität

München e. V.

1 Die Vakanzquote setzt den Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen ins

Verhältnis zur Zahl der zivilen Erwerbspersonen.

Quellen: Bundesagentur für Arbeit, ifo Konjunkturtest, Berechnung und Darstellung des ifo Instituts.

Abbildung 1: Arbeitsmarktentwicklung in Sachsen und Ostdeutschland

0,50

0,75

1,00

1,25

1,50

1,75

6,0 8,0 10,0 12,0

Vaka

nzqu

otea

(%)

Arbeitslosenquotea (%)

a) Arbeitsmarktanspannung

Jan. 2011Jan. 2014Mai 2016

Ostdeutschland

Sachsen

85

90

95

100

105

110

115

2011 2012 2013 2014 2015 2016

2005 =100

b) Beschäftigungsbarometer für die gewerblicheb Wirtschaft

Sachsen

Ostdeutschland Mai 2016

Anmerkung: Alle Werte sind saisonbereinigt. – a) Bezugsgröße: alle zivilen Erwerbspersonen.b) Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel.

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47

ifo Dresden berichtet 3/2016

Aktuelle Forschungsergebnisse

Ochsner, Christian, „Migrating Extremists“, Vortrag imRahmen des Berlin Colloquiums for Economic Historyder HUMBOLDT-UNIVERSITÄT BERLIN, 04.05.2016, Berlin.

Ragnitz, Joachim, „Korean Unification: Lessons from Ger-many“, Diskussions veranstaltung an der AMERICAN ASSO-CIATION FOR THE ADVANCED SCIENCEs, 05.05.2016, Washing -ton (USA).

Ragnitz, Joachim, „Kommunalfinanzen und regionale Ent-wicklung“, Podiumsdiskussion anlässlich der Auftaktver-anstaltung des MORO-Modellvorhabens „Lebendige Re-gionen – aktive Regionalentwicklung als Zukunftsaufgabe“,09.05.2016, Berlin.

Ragnitz, Joachim, „Reformnotwendigkeiten im deutschenRentensystem“, Vortrag anlässlich des FachgesprächsRente der THÜRINGER STAATSKANZLEI, 11.05.2016, Berlin.

Ragnitz, Joachim, „Globale Megatrends als Herausfor -de rung für die regionale Wirtschaft“, Vortrag beim Wirt-schaftstag des LANDKREISES SÄCHSISCHE SCHWEIZ-OSTERZ-GEBIRGE, 18.05.2016, Pirna.

Fritzsche, Carolin, „Lessons from Local Tax Systems: The Impact of Transfer Taxes on the German HousingMarket“, Vortrag im Urban Studies Seminar Series an der UNIVERSITY OF GLASGOW,20.05.2016, Glasgow (Groß -britannien).

Ragnitz, Joachim, „Demographische Herausforderungenfür Mitteldeutschland“, Vortrag anlässlich der 3. Sitzung

der AG Demographie und Ausbildung der EUROPÄISCHENMETROPOLREGION MITTELDEUTSCHLAND, 20.05.2016, Leipzig.

Fritzsche, Carolin, „Challenges for Infrastructure Provi-sion in Low-Density Regions – Evidence from EasternGerman Counties“, Vortrag beim Urban Studies Lunchti-me Seminar der UNIVERSITY OF GLASGOW, 23.05.2016,Glasgow (Großbritannien).

Ochsner, Christian, „Migrating Extremists“, Vortrag beimJoint Annual Meeting of the AUSTRIAN ECONOMIC ASSOCIA-TION und der SLOVAK ECONOMIC ASSOCIATION (NOeG-SEA2016), 28.05.2016, Bratislava (Slowakei).

Thum, Marcel, „Herausforderungen des Arbeitens und derArbeitsmärkte in der Zukunft“, Vortrag auf der GroßenAmts vorstehertagung der Steuerverwaltung des Frei-staates Sachsen am 01./02. Juni 2016, Bad Düben.

Ragnitz, Joachim, „Errichtung eines SondervermögensKonjunkturausgleichsfonds“, Vortrag anlässlich einer An-hörung des Haushalts- und Finanzausschusses des SÄCH -SISCHEN LANDTAGS, 08.06.2016, Dresden.

Ragnitz, Joachim, „Wohin entwickelt sich die RegionSachsen?“, Vortrag anlässlich einer Klausurtagung desHELIOS-KLINIKUMS AUE, 17.06.2016, Bad Schlema.

Ragnitz, Joachim, „Aktive Wirtschaftspolitik in Mittel-deutschland“, Vortrag anlässlich des ParlamentarischenAbends des CDU-WIRTSCHAFTSRATES (Landesverband Sach -sen), 20.06.2016, Berlin.

ifo Vorträge

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Aus der ifo Werkstatt

ifo Dresden Studie 77: Auswirkungen des flächen-deckenden Mindestlohns auf die gewerbliche Wirt-schaft im Freistaat SachsenAntje Schubert, Johannes Steinbrecher, Marcel Thumund Michael Weber, 70 S., München/Dresden 2016.ISBN978-3-95942-015-0, 15,– €, zzgl. Versandkosten.Am 1. Januar 2015 wurde in Deutschland ein flächen-deckender, gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50€

je Stunde eingeführt. Dieser soll zum 1. Januar 2017 erst-mals angepasst werden. Die Anpassung soll dabei lautMindestlohngesetz die Auswirkungen des Mindestlohnsauf den Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer, auf die Wettbewerbsbedingungen und aufdas Beschäftigungsniveau berücksichtigen. Besondersumfangreiche Wirkungen sind im Freistaat Sachsen zuerwarten, da der Mindestlohn hier eine besonders hoheReichweite entfaltet.

Vor diesem Hintergrund hat die INDUSTRIE- UND HAN-DELSKAMMER CHEMNITZ die Dresdner Niederlassung desIFO INSTITUTS beauftragt, die bisherigen Auswirkungen desflä chendeckenden Mindestlohns in der gewerblichenWirtschaft im Freistaat Sachsen zu untersuchen.

Die für die Untersuchung benötigten Daten wurdenüber eine Befragung der Mitgliedsbetriebe der INDUSTRIE-UND HANDELSKAMMERN CHEMNITZ, DRESDEN UND ZU LEIPZIGso wie der HANDWERKSKAMMER CHEMNITZ erhoben, an dersich insgesamt 2.668 Betriebe beteiligten. Dies sind diezentralen Ergebnisse: In der gewerblichen Wirtschaft Sachsens entfaltet der

flächendeckende Mindestlohn eine besonders hoheReichweite. Insgesamt sind 54% der teilnehmendenBetriebe nach eigener Aussage vom Mindestlohn be-troffen.

Die Reichweite des Mindestlohns endet nicht bei Löh-nen von 8,50€ je Stunde. Ein Drittel der betroffenenBetriebe berichtet, in Reaktion auf die neue Lohnun-tergrenze auch Löhne oberhalb des Mindestlohn -

niveaus angepasst zu haben (z.B. aus Gründen desqualifikatorischen Lohnabstandes). Dazu zählen auchBetriebe, die bereits 2014 keine Löhne unterhalb von8,50€ je Stunde gezahlt haben.

Die betroffenen Betriebe reagierten nach eigenen Angaben mit vielfältigen Maßnahmen auf die neueLohn untergrenze, vor allem mit Preiserhöhungen(58%), weniger Neueinstellungen (39%), weniger In-vestitionen (39%), der Kürzung von Sonderzahlun-gen (33%) sowie einer Reduktion der Arbeitszeit(32%). Anscheinend versuchten sie, zumindest in derkurzen Frist Anpassungen bei der Beschäftigung zuvermeiden.

Auch aufgrund der vielfältigen Maßnahmen dämpfteder flächendeckende Mindestlohn im ersten halbenJahr nach seiner Einführung die Beschäftigungsent-wicklung in betroffenen Betrieben insgesamt nichtstatistisch signifikant. Allerdings sind bei besondersstark betroffenen Betrieben, die den Bruttostunden-lohn für mindestens einen Beschäftigten um mehr als20% anheben mussten, signifikante Beschäftigungs-effekte zu beobachten. Nach Angaben der Betriebebetrafen die Anpassungen in der Beschäftigung undbei Neueinstellungen insbesondere Ungelernte undAngelernte.

Ochsner, Christian und Felix Rösel (2016): Migrating Ex-tremists, CESifo Working Papers, Nr. 5799.

Rösel, Felix (mit Alexander Karmann und Markus Schnei-der) (2016): Produktivitätsmotor Gesundheitswirtschaft:finanziert sich der medizinisch-technische Fortschrittselbst?“, ifo Working Paper, Nr. 214.

Weber, Michael (2016): „Wage Determination and Em-ployment Adjustment in Croatia“, CESifo Forum 17 (1),S. 22–26.

ifo Veröffentlichungen

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ifo Dresden berichtet 3/2016

Aus der ifo Werkstatt

Am 15. und 16. September 2016 findet der 6. Work -shop „Regional Economics“ in den Räumen der Nieder -lassung Dresden des IFO INSTITUTS statt. Der diesjährigeWorkshop wird von der Dresdner Niederlassung des IFOINSTITUTs und der TECHNISCHEN UNIVERSITÄT BRAUNSCHWEIG

ausgerichtet. Es sind sowohl theoretische als auch empi-rische Arbeiten willkommen (vgl. Call for Papers am Endedes Heftes).

Im Rahmen der Dresdner Vorträge zur Wirtschafts-politik spricht am 07. September 2016 Prof. Dr. Micha-el Voigtländer, Leiter des Kompetenzfeldes Finanzmärkte

und Immobilienmärkte am INSTITUT DER DEUTSCHEN WIRT-SCHAFT (IW) KÖLN. In der gleichen Veranstaltungsreihe wirdam 05. Oktober 2016 Dr. Michael Heise, Chief Econo-mist ALLIANZ SE, München vortragen.

Die Vorträge sind öffentlich und finden im Seminar-raum der Niederlassung Dresden des IFO INSTITUTS, in derEinsteinstraße 3, statt. Beginn des Vortrags ist jeweilsum 18:30 Uhr.

Weiterführende Informationen zu diesen Veranstaltungenfinden Sie auf der Homepage von ifo Dresden (www.ifo-dresden.de) unter der Rubrik Veranstaltungen.

ifo Veranstaltungen

Im Mai 2016 hielt sich Carolin Fritzsche, Doktorandinder Niederlassung Dresden des IFO INSTITUTS, zu einemForschungsaufenthalt an der UNIVERSITY OF GLASGOW inSchottland auf. Zur Unterstützung dieses Aufenthalts wur -de ihr am 01. Juni 2016 der Preis der DEUTSCHEN BUN-DESBANK verliehen.

Im Mai/Juni 2016 weilte Christian Ochsner, Doktorandder Niederlassung Dresden des IFO INSTITUTS, als Gastfor-scher für vier Wochen am INSTITUT FÜR HÖHERE STUDIEN(IHS) in Wien. Der Forschungsaufenthalt wurde u. a. zurAkquise weiterer Daten und zur Besprechung aktuellerForschungsresultate genutzt.

ifo intern

Christian Ochsner und Felix Rösel, Doktoranden derNiederlassung Dresden des IFO INSTITUTS, wurden für ihrArbeitspapier „Migrating Extremists“ (CESifo Working Pa-per No. 5799) mit dem Young Economist Award der ös -terreichischen NATIONALÖKONOMISCHEN GESELLSCHAFT (NOEG)ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand im Rahmen desJoint Annual Meeting of the Austrian Economic Associa-tion und der Slovak Economic Association (NOeG-SEA2016) am 27.05.2016 in Bratislava statt.

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Am 1. Januar 2015 wurde in Deutschland ein flächen deckender, gesetzlicher Mindestlohn in

Höhe von 8,50€ je Stunde eingeführt. Dieser soll zum 1. Januar 2017 erstmals angepasst werden. Die Anpassung soll dabei laut Mindestlohngesetz

die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Mindest-schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

auf die Wettbewerbsbedingungen und auf das Beschäftigungsniveau berücksichtigen. Besondersumfangreiche Wirkungen sind im Freistaat Sach-

sen zu erwarten, da der Mindestlohn hier eine besonders hohe Reichweite entfaltet. Vor diesem

Hintergrund hat die Industrie- und Handelskammer Chemnitz die Dresdner Niederlassung des ifo Insti-tuts beauftragt, die bisherigen Auswirkungen des

flächendeckenden Mindestlohns in der gewerblichenWirtschaft im Freistaat Sachsen zu untersuchen.

Die für die Untersuchung benötigten Daten wurdenüber eine Befragung der Mitgliedsbetriebe der

Industrie- und Handelskammern Chemnitz, Dresdenund zu Leipzig sowie der Handwerkskammer Chem -nitz erhoben, an der sich insgesamt 2.668 Betriebe

beteiligten. Dies sind die zentralen Ergebnisse: In der gewerblichen Wirtschaft Sachsens entfaltet

der flächendeckende Mindestlohn eine be sondershohe Reichweite. Insgesamt sind 54% der teilneh-menden Betriebe nach eigener Aus sage vom Min-destlohn betroffen.

Die Reichweite des Mindestlohns endet nicht beiLöhnen von 8,50€ je Stunde. Ein Drittel der betrof-fenen Betriebe berichtet, in Reaktion auf die neueLohnuntergrenze auch Löhne oberhalb des Min-destlohnniveaus angepasst zu haben (z.B. aus Grün -den des qualifikatorischen Lohnabstandes). Dazuzählen auch Betriebe, die bereits 2014 keine Löhneunterhalb von 8,50€ je Stunde gezahlt haben.

Die betroffenen Betriebe reagierten nach eigenenAngaben mit vielfältigen Maßnahmen auf die neueLohnuntergrenze, vor allem mit Preis erhöhungen(58%), weniger Neueinstellungen (39%), wenigerInvestitionen (39%), der Kürzung von Sonderzah-lungen (33%) sowie einer Reduktion der Arbeits-zeit (32%). Anscheinend versuchten sie, zumin-dest in der kurzen Frist Anpassungen bei derBeschäftigung zu ver meiden.

Auch aufgrund der vielfältigen Maßnahmendämpf te der flächendeckende Mindestlohn imersten halben Jahr nach seiner Einführung die Be-schäftigungsentwicklung in betroffenen Be triebeninsgesamt nicht statistisch signifikant. Aller dingssind bei besonders stark betroffenen Betrieben,die den Bruttostundenlohn für min destens einenBeschäftigten um mehr als 20% anheben muss -ten, signifikante Beschäftigungs effekte zu beob-achten. Nach Angaben der Betriebe betrafen dieAnpassungen in der Beschäf tigung und bei Neu-einstellungen ins besondere Ungelernte und Ange-lernte.

ifo Dresden Studie 77

Auswirkungen des flächendeckendenMindestlohns auf die gewerbliche Wirtschaft

im Freistaat Sachsen

Antje Schubert, Johannes Steinbrecher, Marcel Thum und

Michael Weber

ISBN 978-3-95942-015-070 Seiten, München/Dresden 2016, 15,–€, zzgl. Versandkosten.

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The IFO INSTITUTE, Dresden Branch, and the TECHNISCHE UNIVERSITÄT BRAUNSCHWEIG

are pleased to announce the 6th Ifo Dresden Workshop on Regional Eco-

nomics. The workshop aims at facilitating the networking of young scientists and

at promoting the exchange of their latest research across the range of regional

economics, persistency in regional inequality, regional structural change

and growth-enhancing regional policies.

Policy relevant contributions, either theoretical or applied, are highly welcome. We particularly encourage PhD students

to submit their latest research.Each paper will be allocated 45 minutes, to be divided between the presentation, a short discussion by an assigned work-

shop participant and a general discussion.

There is no workshop fee, but participants have to cover their own expenses for

travelling, accommodation and the joint informal dinner on September 15th.

Submissions:

Please submit your (preliminary) paper by July 15, 2016,

via the workshop website. Acceptance decisions will be announced

at the beginning of August.We are looking forward to seeing

you in Dresden.

Conference Venue

Ifo Institute – Leibniz Institute for Economic Researchat the University of Munich e. V.Dresden BranchEinsteinstr. 301069 DresdenGermany

Organizers

Christian Lessmann(Technische Universität Braunschweig)

Jan Kluge(Ifo Institute, Dresden Branch)

Christian Ochsner(Ifo Institute, Dresden Branch)

Website

http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/events/academic-conferences/forthcoming.html

Contact

Jan KlugePhone: +49(0)351-26476-35E-Mail: [email protected]

Christian OchsnerPhone: +49(0)351-26476-26E-Mail: [email protected]

Call for Papers6. Ifo Dresden WorkshopRegional Economics

September 15–16, 2016, Dresden, Germany

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