IG Metall Personalabbau ist nicht innovativ€¦ · Personalabbau ist nicht innovativ JULI 2013...

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ENERGI(E)SCH Juli 2013 Seite 1 Die Lage ist angespannt am Energy- Standort Erlangen. Fünf Interessen- ausgleiche mit den Instrumenten des Rahmensozialplans, der vom Gesamt- betriebsrat ausgehandelt wurde, sind bereits abgeschlossen. Mindestens ein weiterer wird noch folgen. In den be- troffenen Bereichen E F ES, E F CI, E X und E O SOL werden dann zwi- schen 750 und 900 Stellen abgebaut werden müssen. Darüber hinaus wur- den auch den Key Support Functions (Zentrale Funktionen in Sektor und Di- visions) Einsparziele verordnet, die im Einzelfall wohl auch mit den Instru- menten des Rahmensozialplans gelöst werden. In den nicht betroffenen Bereichen E F IE, E F PR und in der E T werden neue Stellen oder Fluktuation nur noch handverlesen besetzt. Ringtauschan- gebote halten sich in Grenzen und nicht in allen Fällen finden sich geeig- nete Wunschkandidaten. Der größte Stress besteht in der E F CI und in der E F ES SPPS. Weil dort das Geschäft eingestellt wird sucht die Firma hier ausschließlich schnelle Lösungen. Flä- chendeckend werden Aufhebungsver- träge verteilt und die Mitarbeiter/innen quält die Frage, was passiert mit mir am 1. Oktober, wenn ich das nicht un- terschreibe. Im Abkommen Radolf- zell II hat Siemens zugesagt, keine be- triebsbedingten Kündigungen auszu- sprechen. Wird Siemens sich von diesen Ver- sprechen verabschieden, nur weil die Manager bei Energy über Jahre fal- sche Erwartungen über das Geschäft bei Dampfkraftwerken und Nuklearan- lagen hatten? Wir denken, Siemens wird mit einem solchen Schritt sein mühevoll gepfleg- tes Image nicht beschädigen und sich auf keinen Konflikt mit der IG Metall und dem GBR einlassen wollen. So wird dem Energy-Management wohl nichts anderes übrig bleiben, als dar- über nachzudenken, wie die beschäfti- gungslosen Mitarbeiter/innen wieder in Beschäftigung kommen. So könnte man ausgelagerte Tätigkeiten wieder ins Haus holen oder über bisher nicht erbrachte Leistungen nachdenken. Wir von der IG Metall wollen mit dem Programm 2020 über langfristige und nachhaltige beschäftigungssichernde Maßnahmen nachdenken und wün- schen uns dazu eine breite Beteiligung im Betrieb. Georg Brugger, Betriebsrat Personalabbau ist nicht innovativ JULI 2013 Telearbeit / Heimarbeitsplatz Seite 7 Gläserner Siemensianer Seite 8 Indirekte Steuerung Seite 9 Aufruf zu Siemens 2020 Seite 9 Gesundheitsschutz Seite 10-11 Militärischer Umgangston Seite 11 Tarifergebnisse, BR-intern, Gedicht, Impressum Seite 12 Inhalt: Aus dem IGM-BR Seite 1 Personalabbau ist nicht innovativ Seite 1 Auf ein Wort Seite 2 Radolfzell II-Abkommen Seite 2 Koreanische Affaire Seite 3-5 Kopfzahldenken Seite 6 „Du kannst hier nicht mehr rein“ Seite 6 web-based Training Seite 7 IG Metall Betriebsräte stellen sich vor, heute: Adolf Fuchs Vor 32 Jah- ren bin ich am 2. März 1981 in die damalige KWU einge- treten. Seit vielen Jahren arbeite ich im Process Engineering und bin in der E F ES EN ERL PTEC-B mit der Planung, Auslegung und Abwick- lung von Komponenten und Sys- temen in GUD-Kraftwerken be- schäftigt. Dem Betriebsrat gehöre ich seit 12 Jahren an und habe seit dem in verschiedenen Ausschüssen und Projektgruppen mitgewirkt. Zurzeit bin ich im Ausschuss für Beschäfti- gungsbedingungen und im Aus- schuss für Öffentlichkeitsarbeit so- wie im Beratungsteam zum Rah- mensozialplan/Interessensaus- gleich tätig. Im Oktober 2010 wurde ich zusätz- lich zum stellvertretenden Schwer- behindertenvertrauensmann ge- wählt und setze mich seit dem mit besonderem Einsatz für unsere schwerbehinderten und gleichge- stellten Kolleginnen und Kollegen im Betrieb ein. In meiner langjährigen Tätigkeit bei Siemens habe ich viele Höhen und Tiefen erlebt und konnte mich immer auf die Unterstützung der IGM verlassen, darum bin ich seit über 40 Jahren Mitglied. Kontakt: +49 (9131) 18 2955 [email protected]

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ENERGI(E)SCH Juli 2013 Seite 1

Die Lage ist angespannt am Energy-Standort Erlangen. Fünf Interessen-ausgleiche mit den Instrumenten des Rahmensozialplans, der vom Gesamt-betriebsrat ausgehandelt wurde, sind bereits abgeschlossen. Mindestens ein weiterer wird noch folgen. In den be-troffenen Bereichen E F ES, E F CI, E X und E O SOL werden dann zwi-schen 750 und 900 Stellen abgebaut werden müssen. Darüber hinaus wur-den auch den Key Support Functions (Zentrale Funktionen in Sektor und Di-visions) Einsparziele verordnet, die im Einzelfall wohl auch mit den Instru-menten des Rahmensozialplans gelöst werden. In den nicht betroffenen Bereichen E F IE, E F PR und in der E T werden neue Stellen oder Fluktuation nur noch handverlesen besetzt. Ringtauschan-gebote halten sich in Grenzen und nicht in allen Fällen finden sich geeig-nete Wunschkandidaten. Der größte Stress besteht in der E F CI und in der E F ES SPPS. Weil dort das Geschäft eingestellt wird sucht die Firma hier ausschließlich schnelle Lösungen. Flä-chendeckend werden Aufhebungsver-träge verteilt und die Mitarbeiter/innen quält die Frage, was passiert mit mir am 1. Oktober, wenn ich das nicht un-terschreibe. Im Abkommen Radolf-zell II hat Siemens zugesagt, keine be-triebsbedingten Kündigungen auszu-sprechen.

Wird Siemens sich von diesen Ver-sprechen verabschieden, nur weil die Manager bei Energy über Jahre fal-sche Erwartungen über das Geschäft bei Dampfkraftwerken und Nuklearan-lagen hatten? Wir denken, Siemens wird mit einem solchen Schritt sein mühevoll gepfleg-tes Image nicht beschädigen und sich auf keinen Konflikt mit der IG Metall und dem GBR einlassen wollen. So wird dem Energy-Management wohl nichts anderes übrig bleiben, als dar-über nachzudenken, wie die beschäfti-gungslosen Mitarbeiter/innen wieder in Beschäftigung kommen. So könnte man ausgelagerte Tätigkeiten wieder ins Haus holen oder über bisher nicht erbrachte Leistungen nachdenken.

Wir von der IG Metall wollen mit dem Programm 2020 über langfristige und nachhaltige beschäftigungssichernde Maßnahmen nachdenken und wün-schen uns dazu eine breite Beteiligung im Betrieb.

Georg Brugger, Betriebsrat

Personalabbau ist nicht innovativ

JULI 2013

Telearbeit / Heimarbeitsplatz Seite 7 Gläserner Siemensianer Seite 8 Indirekte Steuerung Seite 9 Aufruf zu Siemens 2020 Seite 9 Gesundheitsschutz Seite 10-11 Militärischer Umgangston Seite 11 Tarifergebnisse, BR-intern, Gedicht, Impressum Seite 12

Inhalt: Aus dem IGM-BR Seite 1 Personalabbau ist nicht innovativ Seite 1 Auf ein Wort Seite 2 Radolfzell II-Abkommen Seite 2 Koreanische Affaire Seite 3-5 Kopfzahldenken Seite 6 „Du kannst hier nicht mehr rein“ Seite 6 web-based Training Seite 7

IG Metall Betriebsräte stellen sich vor, heute: Adolf Fuchs

Vor 32 Jah-ren bin ich am 2. März 1981 in die damalige KWU einge-treten.

Seit vielen Jahren arbeite ich im Process Engineering und bin in der E F ES EN ERL PTEC-B mit der Planung, Auslegung und Abwick-lung von Komponenten und Sys-temen in GUD-Kraftwerken be-schäftigt. Dem Betriebsrat gehöre ich seit 12 Jahren an und habe seit dem in verschiedenen Ausschüssen und Projektgruppen mitgewirkt. Zurzeit bin ich im Ausschuss für Beschäfti-gungsbedingungen und im Aus-schuss für Öffentlichkeitsarbeit so-wie im Beratungsteam zum Rah-mensozialplan/Interessensaus-gleich tätig. Im Oktober 2010 wurde ich zusätz-lich zum stellvertretenden Schwer-behindertenvertrauensmann ge-wählt und setze mich seit dem mit besonderem Einsatz für unsere schwerbehinderten und gleichge-stellten Kolleginnen und Kollegen im Betrieb ein. In meiner langjährigen Tätigkeit bei Siemens habe ich viele Höhen und Tiefen erlebt und konnte mich immer auf die Unterstützung der IGM verlassen, darum bin ich seit über 40 Jahren Mitglied. Kontakt: +49 (9131) 18 2955 [email protected]

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Seite 2 ENERGI(E)SCH Juli 2013

„Grundsätze bei Restrukturierungen und Strukturänderungen in der Sie-mens AG Deutschland“ – so lautet der offizielle Titel von Radolfzell II - dies haben der Gesamtbetriebsrat der Siemens AG und die IG Metall mit der Firmenleitung der Siemens AG verhandelt.

Jeder Siemens Beschäftigte denkt bei Radolfzell II sofort an den Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Das ist auch richtig so, denn der Schutz der Beschäftigten vor be-triebsbedingten Kündigungen ist ei-nes der wichtigsten Punkte im Ab-kommen. Gesetzlich hat der Arbeitgeber die Möglichkeit aufgrund von Betriebs-änderungen den Beschäftigten be-triebsbedingt zu kündigen. Mit unse-rer Regelung verpflichten sich die Vertragsparteien das bestmögliche Ergebnis zu erreichen - die betrof-fenen Beschäftigten im Unternehmen zu halten und ihnen eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit anzubie-ten. Ohne Radolfzell II – sähe es wahrlich düster aus für die Beschäf-tigten. Die Umsetzung und Einhal-tung der Vereinbarungen für die ge-planten Projekte bei Energy in Erlan-gen wird der Betriebsrat im Auge be-halten. Weitere Punkte, die im Abkommen erwähnt werden, dienen der Zusam-menarbeit und dem Informationsaus-tausch von Gesamt- Standortbe-triebsrat und der Firmen-/Standortleitung. Denn ein Betriebsrat kümmert und interessiert sich nicht nur für die Kantine und Parkplätze sondern auch für wirtschaftliche Be-lange (Investitionen und Innovatio-nen), um strategische Personalpla-nung etc. Die Möglichkeiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz sind ge-rade in diesen wichtigen Zukunftsfra-gen für die Betriebsräte einge-schränkt – deshalb wurden weiterrei-chende Verfahrensregeln beschlos-sen. Das letzte Wort über wirtschaftliche Entscheidungen oder zu einer unter-nehmerischen Ausrichtung liegt -

nach langen Verhandlungen und Dis-kussionen mit dem Betriebsrat - trotz-dem beim Arbeitgeber.

Elisabeth Mongs, IG Metall Erlangen, Siemens Team

Auf ein Wort Wir haben gefragt, mehr als eine halbe Million Beschäftigte haben ge-antwortet. Die Zusammensetzung der ausgefüllten Fragebögen spiegelt sowohl die Arbeitsbereiche und Qua-lifizierungsstrukturen, als auch die Al-tersstruktur in den Betrieben wieder. Ein Drittel derer, die die Fragebögen ausgefüllt haben, gehört noch nicht der IGM an. Die Größenordnung die-ser Befragung ist einmalig – das hat noch keine andere Gewerkschaft oder andere Organisation geschafft. Für uns ist es ein wichtiger Schritt zur „Beteiligungsgewerkschaft“. 514.134 ArbeitnehmerInnen haben uns gesagt, welche Themen ihnen besonders wichtig oder weniger wichtig sind, welche Sorgen und For-derungen sie haben. Erstes Fazit: Die Beschäftigten for-dern bessere Arbeitsgestaltung, ver-bindliche Gestaltungsrahmen für Fle-xibilitätsanforderungen, attraktivere Weiterbildungsbedingungen, mehr Mitsprache und Beteiligungsmöglich-keiten am Arbeitsplatz. Die Beschäf-tigten fordern bessere Regelungen von Leiharbeit und Werkverträgen, einen gesetzlichen Mindestlohn und flexiblere, besser ausgestaltete Übergänge in die Rente. Sie fordern einen politischen Kurswechsel. Ob es dazu auch eines Farbenwechsels in der Regierung bedarf müssen die Wählerinnen und Wähler im Herbst entscheiden. Die IGM hat Position bezogen. In der Zeitschrift „Kurs Wechsel“ werden auf 8 Seiten die wichtigsten betriebli-chen Themenfelder analysiert und Forderungen an die Politik zusam-mengefasst. Am 6. Juli laden wir zur öffentlichen Diskussion mit Familien-fest auf den Kornmarkt nach Nürn-berg ein. Am 17.7. zur Diskussion mit den Erlanger BundestagskandidatIn-nen ins Erlanger E-Werk. Eine gute Gelegenheit zum Meinungsaus-tausch. Mehr Informationen erhalten Sie bei den IGM Betriebsräten und Vertrauensleuten, direkt in der IGM Erlangen oder auf

www.erlangen.igmetall.de Siemens 2020 braucht nicht nur bei Siemens eine andere (Unternehmens) Poli-tik. Ihr Wolfgang Niclas IG Metall Erlangen

Radolfzell II Abkommen Mehr als ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen

Vorwort der Vereinbarung Die im Juli 2008 zwischen der Fir-menleitung, dem Gesamtbetriebsrat und der IG Metall abgeschlossenen „Eckpunkte“ im Zusammenhang mit dem damaligen Projekt zur Senkung der Vertriebs- und Verwaltungsge-meinkosten sowie weiteren Restruk-turierungsmaßnahmen haben sich aus Sicht der Beteiligten bewährt…

Auszüge aus Radolfzell II - Die Siemens AG wird über Innovati-onen und Investitionen in den Sekto-ren regelmäßig mit den Arbeitneh-mervertretungen (Wirtschaftsaus-schuss) intensiv beraten. Die Be-triebsleitungen werden die jeweiligen örtlichen Betriebsrat über standortbe-zogenen Planungen informieren und mit ihm beraten… - Der Gesamtbetriebsrat wird recht-zeitig vor dem Vollzug eines Verkaufs über die Planungen informiert… - Es werden keine Standorte ge-schlossen oder verlagert. Obgleich die Siemens AG die Siche-rung der Standorte zugesagt hat und alles daran setzen wird, diese aufrechtzuerhalten, kann an einzelnen Standorten die Situation entstehen, das wegen Erreichen der kritischen Größe eine solche Garantie nicht gegeben werden kann. In einem solchen Fall sind alternati-ve Beschäftigungsmöglichkeiten an-zubieten. - Betriebsbedingte Kündigungen wer-den nicht ausgesprochen (sollte es dennoch erforderlich sein kann dies nur einvernehmlich zwi-schen Firmenleitung, Gesamtbe-triebsrat und IG Metall geschehen)

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ENERGI(E)SCH Juli 2013 Seite 3

Nach den Hiobsbotschaften vom Rückzug aus mehreren zum Teil zukunftsträchtigen Technologien nun auch noch die Verlagerung des Engineerings für das Kraftwerkslö-sungsgeschäft nach Korea. Diesbe-züglich drängen sich folgende Fra-gen auf.

Warum? - haben wir etwas falsch gemacht? Ist das ein zukunftssicherer, richtiger Weg?

Was erwartet Siemens in Korea? Korea leidet wie Deutschland an Überalterung, die Lebenserwartung liegt bei 75,5 Jahren, die Geburtenrate war 2009 die weltweit geringste - diesbezüglich hat Korea also noch

größere Defizite als Deutschland. Auch erwartet Korea einen Bevölke-rungsschwund, das Thema kennen wir in Deutschland auch – wieder sind beide Länder vergleichbar. Konse-quenterweise hat auch Korea eine ho-he Zuwanderung von ca. 1,2 Mio Ein-wohnern/Jahr – auch dieses Thema kennen wir in Deutschland. Korea ist in Nord und Süd geteilt in denen ver-schiedene Gesellschaftsordnungen herrschen. Auch Deutschland hat Er-fahrungen mit derartigen Teilungen, hier standen sich Ost und West ge-genüber. In Deutschland ist die Tei-lung überwunden, was wir für einen klaren Standortvorteil für Deutschland ansehen. Wenn Kim Jong Un wieder

einmal „der Hafer sticht“ steht das Kraftwerkslösungsgeschäft in Korea evtl. auf einer ganz anderen Ab-schussliste. Sollte hinter den Verlage-rungsabsichten, die wiedergefundene „soziale Kompetenz“ der Siemens AG stecken und möchte Siemens die deutschen Erfolge im Mauerabbruch exportieren, wird sicher auch der An-satz „gleicher Lohn für gleiche Ar-beit“ Anwendung finden. Überrascht waren wir bei der Ver-gleichbarkeit der Länder im Bereich Energieversorgung, auch Korea hat ca. 30% Kernenergie, muss einen Groß-teil der fossilen Energieträger importie-ren und setzt in geringem Maße auf Windkraft. Deutschland muss man zu Gute halten, dass es Vorreiter im Be-zug auf die Ausbaupläne der Erneuer-baren Energien ist. Dieses Engage-ment wird sich in der bevorstehenden ‚dritten industriellen Revolution’ als vorteilhaft erweisen, warum also in die Ferne schweifen? Die Breitbandanbindung der Bevölke-rung scheint in Korea weiter vorange-trieben zu sein als in Deutschland. Wer will es dem Land verdenken, in Bereichen, in denen es unbestreitbar eine führende Rolle einnimmt, seine Technologien beispielhaft im eigenen Land einzusetzen. Sicher ist der hohe Anteil an Breitbandanschlüssen auf eine sehr zentralistische Besiedelung in Ballungsräumen zurückzuführen (487 Einwohner/km²). Vielleicht fehlt Nokia Siemens Networks lediglich die richtige Spielwiese, um gleichermaßen in Fahrt zu kommen. Die deutsche Bundesregierung hat sicher ein offe-nes Ohr für Vorschläge.

Was uns Korea eindeutig voraus hat, ist ein gesetzlicher Mindestlohn, auf niedrigem Niveau aber immerhin.

Über eine Arbeitslosenquote wie in Korea mit 3,8% (2011) würden wir in Deutschland jubeln. Aber warum jubelt Siemens, bedeutet eine geringe Ar-beitslosenquote doch in der Regel ho-he Lohnsteigerungen und mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Arbeitskräfte, was auch in Deutschland trotz höherer Quote und moderaten Abschlüssen immer wieder thematisiert wird.

6500 Gewerkschaften organisierten in Korea 319 (2003) Streiks. Man mag davon halten was man will, für ein Un-ternehmen sind das nicht die besten

Voraussetzungen mit dutzenden Ge-werkschaften verhandeln zu müssen, wie sich hierzulande am Beispiel der Deutschen Bahn oder Lufthansa zeigt. Es mag weitere Argumente gegen aber auch für den Standort Korea ge-ben, insgesamt scheint der Standort-vorteil aber in Deutschland zu liegen. Solange die Firma keine ausreichen-den Argumente liefert, sehen wir die Entscheidung für Korea als Roulett Entscheidung.

Haben wir etwas falsch gemacht? Ja offensichtlich, denn sonst wären die Auftragsbücher nicht leer. Angebote wurden mit zu hohen Margenansprü-chen während einer weltweiten Re-zession belastet, während Konkurren-ten offenbar ein besseres Gespür für die derzeitigen Grenzen von Margen hatten. Trotz des durch unrealistische Geschäftsvolumenziele rückläufigen Auftragseinganges wurden noch vor einem Jahr Neueinstellungen vorge-nommen, diese Kollegen sind heute vom Personalabbau bedroht. >>

Koreanische Affaire – wohin gehst du, Engineering? Überlegungen zur geplanten Verlagerung des Kraftwerks-Engineering nach Korea

Korea leidet an Überalterung und Bevölkerungsschwund

Was uns Korea eindeutig voraus hat, ist ein gesetz-licher Mindestlohn… …und eine niedrige Arbeitslosenquote

…insgesamt scheint der Standortvorteil … in Deutschland zu liegen.

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ENERGI(E)SCH Juli 2013 Seite 4

>> Wo lassen wir das Geld liegen? In Israel, wo wir Solel teuer kauften und heute abschreiben müssen. In Frankreich, wo uns vertragliche Fallstricke einen dreistelligen Millio-nenbetrag kosten. In Finnland, wo strategische Projekte trotz technischer Bedenken zu knapp kalkuliert wurden. In den USA, wo der ‚best in class’ Ge-nerator erst sitzenbleiben musste, um Bester der Klasse zu werden. In der Nordsee, wo wir die Komplexität von Pilotprojekten unterschätzten.

Die seit einiger Zeit betriebene Kon-zentration auf renditestarke Kernge-schäfte macht sich mittlerweile auch in der Unternehmensstrategie negativ bemerkbar. Ein „Multikultiladen“ mit vielen Beteiligungen und Klein(st)-geschäften, wie es Siemens vor dem Umbau zum Rendite-Musterschüler war, birgt einige Vorteile. Man ist nicht allein auf externe Meinungen ange-wiesen und versteht von sich anbah-nendem Geschäft genug, um Portfo-lioanpassungen zur richtigen Zeit mit den richtigen Partnern zu betreiben. Ein zu enger Fokus auf das Kernge-schäft schadet hier. Aber diese Sichtweise greift noch im-mer zu kurz. Siemens hat Jahrzehnte lang eigenes Führungspotential kon-sequent genutzt und entwickelt. Füh-rungskräfte konnten sich mit dem Un-ternehmen vertraut machen, sind im Unternehmen gewachsen und bauten eine Bindung zum Unternehmen und Verbindungen im Unternehmen auf. Durch häufige Wechsel im oberen

Management und die damit einherge-hende Fluktuation im mittleren Mana-gement wurde der Informationsfluss offensichtlich empfindlich gestört, was

sich z.B. in der sehr kurzfristigen Kommunikation von Verlustrisiken bei Offshore-Plattformen zeigte. Das Engineering wird durch oft dog-matische Prozesse der Innovations-kraft beraubt. Seit Jahren werden die Kommunikationswege länger. Zum Beispiel durch die Zentralisierung im Personal- und Rechnungswesen müs-sen zunehmend Anfragen schriftlich formuliert werden, die vorher am Standort in der Personalabteilung schnell mündlich geklärt werden konn-ten. Dadurch ist die Konzentration auf das Alltagsgeschäft nur geteilt und die Innovationskraft sinkt.

Im Projektgeschäft wurden bereits mehrere Versuche unternommen, Tei-le des Engineerings zu verlagern. SPEL (Siemens Power Engineering Limited) in Indien glänzt durch hohe Fluktuation und Ausbildungskosten. Die uneingeschränkte, direkte, münd-liche und damit schnelle Kommunika-tion mit dem Schlüsselgewerk Anla-genplanung indes leidet auch hier, was sich besonders bei standardfer-nen Projekten zeigt.

Für die Abwicklung von Großprojekten hat sich physikalische Nähe in Teams bewährt, in denen alle Fachgewerke mit allen Arbeitsschritten direkt vertre-ten sowie ansprechbar sind um Prob-leme zu diskutieren und zu lösen. Die-ses Vorgehen ist leider nicht mehr möglich, da einige Arbeitsschritte in Deutschland nicht mehr ausgeführt werden (z.B. Routing, Raumplanung). Was haben wir richtig gemacht? Wir sind in der Lage Großprojekte in der Komplexität des Hauptstadtflugha-fens gewinnbringend, technisch kor-rekt und im zeitlichen Rahmen abzu-wickeln, das haben wir in zahllosen Projekten bewiesen. Dieses Ergebnis ist allen voran das Verdienst des En-gineerings im Kraftwerkslösungsge-schäft. Verglichen mit dem Kompo-nentengeschäft, (dem ein Großteil un-seres Managements entstammt), ist das Engineering im Kraftwerkslö-sungsgeschäft die Planung, Endmon-tage und Qualitätskontrolle der Kom-ponente. Was nützen mir all die Einzelteile des Puzzles, wenn keiner weiß wie sie zu-sammengehören, sie einfach nicht zu-

sammenpassen oder schlicht keiner merkt dass es die falschen Teile sind?

Die Fähigkeit komplexe Projekte ab-zuwickeln, ist eine Kernkompetenz im Anlagenbau. Andere haben diese Kompetenz nicht, siehe Hauptstadt-flughafen, der Jahre verzögert Milliar-den Verluste einfährt. Diese Fähigkeit ist bei Siemens über Jahrzehnte ge-wachsen, sie ist ein Zusammenspiel vieler Rädchen die ein fragiles Ganzes

bilden. Diese hier auszubauen und in Korea wieder einzubauen verträgt sich nicht. Ist der Weg der Verlagerung des Engineerings für Kraftwerkslösun-gen, ein zukunftssicherer und rich-tiger Weg? Die Entscheidung zur Verlagerung scheint kurzsichtig und oberflächlich getroffen zu sein, wie so viele Ent-scheidungen in der jüngeren Vergan-genheit. Ein Stapel Verfahrensanweisungen und Fachbücher in Korea können die Erfahrungen der Kollegen in Deutsch-land auf absehbare Zeit nicht ersetzen. Über die Flexibilität von Papier lässt sich streiten, aber die Flexibilität erfah-rener Kollegen hilft im Alltagsgeschäft Fehler zu vermeiden. Eine Verlage-rung würde non conformance costs (Fehlleistungskosten) geradezu pro-vozieren. >>

Durch häufige Wechsel im oberen Management und die damit einhergehende Fluktua-tion im mittleren Management wurde der Informationsfluss offensichtlich empfindlich ge-stört,…

Das Engineering wird durch oft dogmatische Prozesse der Innovationskraft beraubt.

Für die Abwicklung von Groß-projekten hat sich physikali-sche Nähe in Teams bewährt, in denen alle Fachgewerke mit allen Arbeitsschritten direkt vertreten sowie ansprechbar sind…

Ein Stapel Verfahrensanwei-sungen und Fachbücher in Korea können die Erfahrungen der Kollegen in Deutschland auf absehbare Zeit nicht er-setzen.

Die Fähigkeit, komplexe Projekte abzuwickeln, ist eine Kernkompetenz im Anlagen-bau,…

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ENERGI(E)SCH Juli 2013 Seite 5

>> Es geht bei dieser Verlagerung nicht um die Steigerung lokaler Wert-schöpfung, nicht um die Anpassung von Produkten an lokale Märkte, hier steht das Herz von Energy auf dem Spiel, von dessen Wissen auch weite-re komponentenorientierte Bereiche innerhalb von Siemens Energy wie E F IE und E F PR profitieren. Es geht um den Ingenieurstandort Erlan-gen/Offenbach und Deutschland, es geht um Siemens als deutschen Technologiekonzern - oder soll nur noch ein Briefkasten in München übrig bleiben?

Richtiger wäre zweifellos, die vorhan-denen Überkapazitäten einzusetzen, um die Fragen der „dritten industriellen Revolution“ zu lösen. Um schließlich aus diesen Ingenieurleistungen Kapital zu schlagen, auch wenn dieses erst jenseits der eigenen Amtszeit liegen mag. Der Ingenieur sollte endlich wie-der innovativ sein dürfen und nicht zum Sachbearbeiter degradiert wer-den wie dies nur allzu oft der Fall ist.

Liebe Ingenieurinnen, liebe Ingenieure, bevor hier ein falscher Eindruck ent-steht, wir haben hier nicht nur ein Ma-nagementproblem, wer sich bevor-munden lässt und sich zum Sachbe-arbeiter machen lässt, trägt eine ge-wisse Mitschuld an der eigenen Mise-re. Und wir nehmen uns davon kei-neswegs aus. Streitet, klärt, prüft, skizziert und entscheidet, das Klima in der Firma bestimmt jeder einzelne Mitarbeiter mit, nehmt euch diese Frei-heit!

Die Antwort auf das „Warum?“, das am Beginn des Beitrages stand, müs-sen wir leider schuldig bleiben. Die Argumentationsweise der Firmenseite ist unzureichend bis nicht vorhanden. Fragen, die in der Betriebsversamm-lung an die Geschäftsleitung gerichtet wurden, wurden nur ausweichend oder erst gar nicht beantwortet. Uns fällt keine Begründung ein, etwas gut Funktionierendes zu liquidieren. Siemens täte gut daran, die offen-sichtlich nicht ausgereiften, über-stürzten Pläne zu überdenken und zu korrigieren.

Der Ingenieur sollte endlich wieder innovativ sein dürfen und nicht zum Sachbearbei-ter degradiert werden wie dies nur allzu oft der Fall ist.

Die Argumentationsweise der Firmenseite ist unzureichend bis nicht vorhanden.

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ENERGI(E)SCH Juli 2013 Seite 6

Die schmerzlichen Nebenwirkungen des Personalabbaus bei Energy ha-ben auch einen Nebenaspekt, der ei-gentlich ein bisschen pervers anmutet.

Unser Szenario Im Bereich Energy Fossile Power Ge-neration (E F) wird derzeit Personal abgebaut. Schönredner sprechen gern von ‘Personalanpassung‘. Viele betroffene Mitarbeiter suchen krampf-haft nach einer neuen Stelle. Im Bereich Energy Power Transmis-sion (E T) und auch in anderen Erlan-ger Bereichen läuft es im Moment noch ganz passabel. So kann es vor-kommen, dass für bestimmte Tätigkei-ten zusätzliches Personal benötigt wird. Auf Grund der ‚Löscherschen’ Sparmaßnahmen von 3 Milliarden Eu-ro traut sich allerdings keiner, eine Stelle zu schaffen, damit diese Tätig-keiten erledigt werden. Also wird mal wieder ein Leiharbeitnehmer gesucht, der diese Tätigkeiten übernehmen soll.

Und nun wird es kurios: Selbst wenn ein Siemens-Kollege aus den vom Personalabbau betroffenen Ab-teilungen der E F sich um diese Stelle

bewerben würde, dann würde er hö-ren: „Sorry, die Stelle ist nur für Leih-arbeitnehmer und wird nicht Siemens-Intern besetzt.“ Aber Hallo – Geht’s noch?

Lassen wir uns die Situation mal auf der Zunge zergehen:

• Ein Mitarbeiter der Siemens AG sucht Arbeit, weil es in seiner Ab-teilung zurzeit wenig zu tun gibt.

• Eine Abteilung in der Siemens AG hat viel Arbeit und sucht jeman-den, der diese Arbeit erledigen kann. Sie sucht aber aufgrund der Kopfzahl-Beschränkung einen Leiharbeitnehmer.

• Der arbeitssuchende Siemens-Mitarbeiter erfährt davon, bewirbt sich um diese Arbeit und wird ab-gelehnt, weil für die Stelle kein ‘Kopf‘ vorhanden ist.

• Der Siemens-Mitarbeiter nimmt in seiner Not einen Aufhebungsver-trag an und ‘verschwindet‘ mit ei-ner Prämie von z.B. 200.000 Euro (o.ä.).

Kann mir jemand die Logik dieses Ablaufs erklären? Klar, ich kann mich in jeden Abtei-lungsleiter hineinversetzen, der Arbeit zu vergeben hat, aber wegen Perso-nalmangel auf die Lösung mittels Leiharbeit angewiesen ist. Ich freue mich auch über jeden Leiharbeitneh-mer, der dadurch eine Beschäftigung findet. Aber, dass ein Arbeitgeber es nicht schafft, in solchen Situationen von seiner ‘Kopfzahl-Denke‘ wegzukom-men ist schon etwas schwach. Wir fordern • Erhaltung aller Arbeitsplätze

in Erlangen • Keine Verlagerung des

E F ES Engineering nach Korea oder sonstwohin in der Welt

Günter Ünzelmann, Betriebsrat

„Du darfst hier nicht mehr rein!“ Oder was unsere Füh-rungskräfte sagen - oder auch nicht sagen. Diesen Satz bekommen unsere Kol-leginnen und Kollegen, direkt oder auch indirekt zu hören. Denn das ist es, was unsere Führung zu Ihnen sagt, wenn sie von „Personalanpas-sung“ redet. Nun wird teilweise mit Verwunderung festgestellt, dass die betroffenen Personen, darauf etwas sauer reagieren, anstatt einfach zu verstehen, dass die notwendigen Per-sonalanpassungen für die Siemens AG gut sind. Nach dem Motto: “Wenn es für Siemens gut ist, ist es auch für die Mitarbeiter gut!“ Die Betroffenen sehen das sicher etwas anders. Nun fängt man an, darüber nachzu-denken wie viele Projekte man mit sehr viel Engagement, vielen Über-stunden und Arbeiten am Wochenen-

de erfolgreich abgewickelt hat. Und nun heißt es: “Du darfst hier nicht mehr rein!“

Im selben Moment könnte man über unverschämte Gehaltserhöhungen nachdenken, die sich unsere Füh-rungsriege einfach so genehmigt hat. Die vielen falschen und nur kurzfristig gedachten wirtschaftlichen Entschei-dungen, springen einem direkt ins Auge. Warum sagt man nicht zu den Verantwortlichen dafür: „Ihr dürft hier nicht mehr rein“!?

Man ärgert sich über diese überhebli-che Arroganz unserer Wirtschaftslen-ker, welche uns nicht zuhören und auch nicht zuhören wollen. Denn un-sere „großen Lenker und Denker“ sind der Meinung, dass nur sie es richtig machen und wir - das Fußvolk - so etwas nicht beurteilen können. Es mag sein, dass wir manchmal nur unseren gesunden Menschenvers-tand haben, aber eines ist auch klar, dass es bei diesem Thema um die Existenz von uns und unseren Famili-en geht. Liebe Führung denkt doch mal darüber nach, wenn Entschei-dungen nur noch unter der Prämisse von Margen gefällt werden, wenn notwendige Innovationen wegen Kos-tendruck nicht abgeschlossen oder erst gar nicht gemacht werden. Wir wollen eine zukunftsfähige Sie-mens AG in Deutschland und das ist auch möglich wenn man will. Siemens 2020 wird es zeigen.

Petra Lagler, Betriebsrätin

Kopfzahldenken in Zeiten des Personalabbaus

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ENERGI(E)SCH Juli 2013 Seite 7

Web based Training „Datenschutz“ und „Sicher durch den Tag“ Kurz nachgedacht Wir alle sind ja in den Genuss eines zweiteiligen Online-Sicherheits-trainings gekommen, das sicherheits-relevantes Wissen aufgefrischt oder verfestigt hat. Dieser Test ist selbster-klärend und verständlich aufgezogen, so dass man keine weiteren Erklärun-gen braucht um ihn durchzuführen. Was mich zum nachdenken gebracht hat ist die Tatsache, dass hier viel Wert auf Sicherheit gelegt wird, aber gleichzeitig sicherheitsrelevante Daten, Wissen und Informationen an externe Firmen und Mitarbeiter weitergegeben werden, damit diese ihre gestellten Aufgaben erledigen können. Techni-sche Lösungen von unseren Produk-

ten genauso wie interne Lösungsstruk-turen. Dies Alles kann auch extern verwendet werden um Aufgaben nicht mehr im Siemenskonzern abwickeln zu müssen. Dies hat zur Folge, dass externe „Dienstleister“, sich die einzelnen Komponenten zusammen kaufen und in ihrer Firma die technischen Lösun-gen erarbeiten und diese auch für ehemalige Siemenskunden anbieten können. Wo bleibt hier der Gedanke der Datensicherheit in all ihren Facet-ten? Meistens wird das Argument der Kosten angeführt um diese Vorge-hensweise zu rechtfertigen. Aber wie ist das langfristig gesehen? Hier sehe ich nicht nur den Arbeitsplatz unserer Siemensianer gefährdet, sondern auch den Umsatz und den Gewinn von Siemens. Langsam aber sicher wandert der ganze Wissensschatz von Siemens in externe Hände und dort ist er auch nicht mehr für uns verfügbar

und kontrollierbar. Siemens ist doch kein Gemischtwarenladen in dem But-ter, Mehl und Eier für einen guten Ku-chen verkauft werde. Und die Verede-lung dieser Zutaten wird von soge-nannten „Dienstleistern“ erbracht, die daran verdienen.

Kosten sind bei diesen Maßnahmen immer ein Argument, aber wie können wir in Deutschland kostengünstig ar-beiten wenn wir immer mehr mit Trai-ningseinheiten oder Vorschriften über-frachtet werden. Ganz zu schweigen von den Umlagen für Infrastruktur, Personalwesen (z.B. DV-Verfahren, Gebäude, Führungskräfte usw.) ein-schließlich FuE. Dies alles wird nur in Deutschland auf den Stundensatz umgelegt. Oder ist das Alles so gewollt? Petra Lagler, Betriebsrätin

An uns, die IG Metall Fraktion des Be-

triebsrates, wurde die Bitte herange-tragen, die Rahmenbedingungen bei Telearbeit, das heißt beim Arbeiten von zu Hause aus, darzustellen. Diese Zusammenfassung kann natürlich nur in groben Zügen zeigen was in der Be-triebsvereinbarung 50/98 über Telear-beit steht. Link zur Recherche aller Betriebsvereinbarungen (BV): https://application.siemens.com/content/10000116/default.aspx

Arbeitsmittel und Unterhaltskosten: Die Arbeitsmittel wie PC und Sonsti-ges werden vom Arbeitgeber gestellt und bleiben auch immer, im Besitz des Arbeitgebers. Die Unterhaltskosten für diese Arbeitsmittel wie Strom Repara-turen usw. werden auch vom Arbeit-geber getragen. Arbeitsvertrag: Bei allen Telearbeitern wird der Ar-beitsvertrag ergänzt und nicht erneuert. Die Personalabteilung hat hierfür vor-gefertigte Formulare. Wir empfehlen immer einen ergänzenden Telear-beitsvertrag zu machen. Vorschriften und Regeln: Alle Bedingungen am Heimarbeits-platz werden natürlich von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien, welche auch im Büro gelten geregelt. Natür-lich müssen alle Gesetze, Schutzbe-

stimmungen und tariflichen Vorschrif-

ten wie im Büro, eingehalten werden. Zum Beispiel nicht mehr als 10 Stun-den am Tag arbeiten und keine „Nachtschichten“. Arbeitszeit Die Arbeitszeit am Heimarbeitsplatz sollte nicht unter 20% und nicht über 80% der vertraglichen Arbeitszeit lie-gen. Kontakte zu den Kollegen wie Einladungen zu Teammeetings, Be-triebsversammlungen und Weiterbil-dung sind nicht nur selbstverständlich, sondern sind auch zu gewährleisten. Versicherungsschutz: Der Versicherungsschutz wird nach dem SGB VII (Sozialgesetzbuch, ge-setzliche Unfallversicherung) geregelt. Die Nicht-Einhaltung dieser Regelun-gen kann im Einzelfall zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Des-halb ist es umso wichtiger, beim Ein-richten eines Heimarbeitsplatzes die zuständigen Stellen einzuschalten, um Risiken zu minimieren. Eine Haftung für Arbeitsmittel besteht nur bei grober Fahrlässigkeit und der Datenschutz ist wie im Büro zu handhaben. Probleme: Meinungsverschiedenheiten über all diese Dinge, sollen in einem Gespräch zwischen Betriebsleitung und Be-triebsrat geklärt werden.

Links und Merkblätter: Siehe ZP-Rundschreiben: 2. Nachtrag Nr.50/98 Telearbeit https://application.siemens.com/content/10000116/Lists/Rundschreiben/19901999.aspx?Filter=1

Anhang 1: Merkblatt zur Kostenerstat-tung. Erstattung von Kosten im Rah-men von Telearbeit. Anhang 2: Merkblatt zu Arbeitssicher-heit und gesetzlichen Unfallversiche-rungen bei Telearbeit Anhang 3: Hinweis zu Datenschutz und Informationssicherheit Fazit: Ein umsichtiger und vorsichtiger Um-gang in allen Bereichen sowie im Büro, wird auch zu Hause erwartet und ver-langt. Genaue Details müssen immer mit den zuständigen Stellen vor Ort geklärt und besprochen werden.

Telearbeit / Heimarbeitsplatz Was man dazu wissen sollte

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Seite 8 ENERGI(E)SCH Juli 2013

Der Einstieg in die Selbstgefährdung ist die Übernahme von Verantwortung, die bisher der Vorgesetzte inne hatte. Nach wie vor wird die Führungskraft dafür fürstlich bezahlt, die Verantwor-tung für die tägliche Arbeit hat er längst auch seinem Untergebenen weitergegeben. Der Mitarbeiter wurde, obwohl angestellt, sein eigener Unter-nehmer im Betrieb und agiert wie ein Selbständiger. Er übernimmt die volle Verantwortung für seinen beruflichen Erfolg, arbeitet über vereinbarte Ar-beitszeiten hinweg und handelt dabei häufig über persönliche und gesund-heitliche Grenzen hinaus. Ganz freiwil-lig werden sogar Arbeitszeitregelungen unterlaufen und notwendige Pausen nicht genommen. Der Vorgesetzte kann sich darauf beschränken, die Mitarbeitergespräche zu führen und über Zielvereinbarungen den Druck noch zu erhöhen.

Zusätzlich hat man das Gefühl, der Datenschutz ist auch nicht das, was er mal war. Wie sieht es denn damit in unserer Firma aus? Kann unser fir-meninterner Datenschutz die ein-zelne Persönlichkeit schützen?

Wird auf die Privatsphäre des einzel-nen die nötige Rücksicht genommen? Oder gibt es gar ein systematisches Durchleuchten der MitarbeiterInnen, gepaart mit einer ausgeprägten Da-tensammelwut? Viele Fragen. Die letzte Frage mit dem Durchleuchten sollte uns an dieser Stelle interessieren. Sicherlich kann niemand den Vorgesetzten oder der Firmenleitung ein flächendeckendes Aushorchen der MitarbeiterInnen un-terstellen. Allerdings gibt es genügend Beispiele von Kolleginnen und Kolle-gen, die sich ausgehorcht, ausgenutzt und manipuliert fühlen. Aber wie kann es dazu kommen? Die Methode ist ganz einfach. Der Vorgesetzte erklärt seinen Untergebe-nen, dass sie eben keine Untergebe-nen sind, sondern MitarbeiterInnen in einem Team. Alle ziehen an dem be-rühmten „einen Strang“ und „wir sind alle per Du“.

Das „Du“ schafft Vertrauen, wirkt fast freundschaftlich und geht unmerklich ins Private über, wenn man sich auch mal in der Kneipe trifft. Handynum-mern werden ausgetauscht und klar, man ist auch in Facebook „befreundet“. Doch was ist das für eine Freundschaft, wenn der „befreundete“ Vorgesetzte das erreichte Vertrauen und private In-formationen seiner MitarbeiterInnen missbraucht? Es ist für den Vorgesetzten wesentlich einfacher, Leistungssteigerungen ab-zuverlangen, wenn er per Du mit dem Kollegen oder der Kollegin ist. Es ist schon ein Unterschied, ob er sagt: „Ich möchte gerne, dass Sie heute noch eine Stunde länger arbeiten!“ Oder „Macht es Dir etwas aus, heute noch ein bisschen länger zu bleiben?“

Beim „Duz-Verhältnis“ ist es eben leicht, am Wochenende mal beim Un-tergebenen anzurufen und nach kur-zem privaten Vorgeplänkel zu fragen: „ich habe Dir gerade ´ne Mail ge-schrieben. Schau doch mal drüber, wenn Du ´ne Stunde entbehren kannst“… und grüße mir die Doris…

Jetzt sagen viele: ist doch nicht schlimm. Mach´ ich schon hin und wieder, dass ich abends oder am Wo-chenende Mails bearbeite. Richtig. Ist tatsächlich nicht schlimm. Schlimm wird es nur dann, wenn es zur Gewohnheit wird. Und einmal damit angefangen, kommt man auch häufig nicht mehr raus.

„Warum beantwortest Du meine Mails nicht?“ fragt der Vorgesetzte. Mitarbei-ter: „ich war im Skiurlaub und habe mein Diensthandy ausgeschaltet“. Da der Vorgesetzte es allerdings gewohnt war, jederzeit die Mails beantwortet zu kriegen, antwortet er: „ich erwarte von Dir, dass Du auch im Urlaub Deine Mails checkst“.

Darf er das verlangen? Natürlich nicht. Aber er tut es, weil er weiß, der „be-freundete“ Untergebene wird es sich gefallen lassen und nicht zum Be-triebsrat rennen. Oder er empfindet es selbst schon längst als normal.

Ein anderer Fall. Von der Kollegin X liegt der Vorgesetzten eine Arbeits-unfähigkeitsbescheinigung vor. Trotz-dem ruft sie die Halbtagskraft daheim an und verlangt, dass Sie von zu Hau-se aus weiterarbeitet. Und zwar mit der Begründung: „Du kennst doch die Situation in der Abteilung“ und „die Ar-beit muss gemacht werden“. Was kann man daraus lernen? Es ist wie in der „guten alten Zeit“ möglicherweise gesünder, mit Vorgesetzten sich zu „Siezen“. Einen privaten Kontakt von dienstlichen Be-langen zu trennen und bei derartigen „Übergriffen“ sich Unterstützung vom Betriebsrat zu holen. Wenn Mann oder Frau sich hier sei-ner/ihrer Haut nicht wehrt, bewegen wir uns geradewegs ins beschäfti-gungspolitische Mittelalter zurück. „Nur Sklaven sind ständig er-reichbar“ (Zitat Anitra Eggler, Digi-tal-Therapeutin) Martin Distler-Hofmann, Leiter Vertrauenskörper

Auf dem Weg zum gläsernen Siemensianer „interessierte Selbstgefährdung“ oder warum Mitarbeiter ihre Gesundheit aufs Spiel setzen

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Seite 9 ENERGI(E)SCH Juli 2013

Entnommen aus direkt (Infodienst der IG Metall) Nr.6, Mai 2013

Mehr über indirekte Steuerung steht in der IG Metall-Broschüre: »Indirekte Steuerung. Eine gewerkschaftliche Herausforderung.«

Als PDF unter: extranet.igmetall.de à Praxis à Rat + Tat àArbeitszeit

Fragen beantwortet: [email protected]

Beteiligen Sie sich am Zukunftsprozess! Ihre Ideen und Vor-schläge sind gefragt –

Siemens 2020 Siemens 2020 – unsere Antwort auf das Unternehmenspro-gramm.

Wie Sie in den letzten Wochen schon immer wieder gehört haben, z.B. auch auf der Betriebsver-sammlung oder im letzten Ener-gi(e)sch erarbeiten die IG Metall Betriebsräte ein Zukunftskonzept für ihre Standorte. In vielen Standorten sind dazu schon die ersten Projekte mit Be-schäftigten gestartet. Sie, die Be-schäftigten in den Standorten wis-sen meist, wo Verbesserungen notwendig und umsetzbar sind. Mit Ihren Ideen und Vorschlägen wol-len die IG Metall Betriebsräte die Standortpolitik und Ausrichtung mitbegleiten. Auf folgende Schwerpunkte/Kern-überschriften haben sich die Standortbetriebsräte geeinigt: - Wie will ich am Energy Stand-

ort 2020 arbeiten? Was brau-che ich dazu?

- Welche Produkte und Techno-logien soll es geben?

- Bürokratie/Hierarchien abbau-en

- Doppelarbeiten vermeiden - Entscheidungs- und Arbeits-

prozesse vereinfachen und verkürzen

- Aktivitäten sektorübergreifend integrieren

- Arbeitsbedingungen/Umfeld attraktiv gestalten

- Unternehmenskultur weiter-entwickeln

FSchreiben Sie uns Ihre Ideen und Vorschläge.

Gerne per Email ([email protected]) oder mit der Hauspost an Betriebsrat Distler-Hofmann, Martin

Ihre Vorschläge werden vertraulich behandelt. Gerne stehen wir auch für ein per-sönliches Gespräch zur Verfügung.

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Seite 10 ENERGI(E)SCH Juli 2013

Außen hui … Immer wieder wird uns erzählt, wie wichtig die Gesundheit der Mitarbeite-rInnen, für Siemens ist. Da gibt es die Mitteilung von Herrn Springer an alle MitarbeiterInnen seines Bereiches, in der unter anderem steht:

„der Schutz von Leben und Ge-sundheit ist oberstes Gebot in un-serem Handeln. Denn ein sicherer Arbeitsplatz ist auch ein produktiver Arbeitsplatz. Verantwortung für die Gesundheit von Menschen ist die Grundvoraussetzung unserer Ar-beit“.

Zu finden unter: https://info.industry.siemens.com/Newsl/163/1/Newsletter20130325_de.htm. Oder der Artikel von Dr. Ulrich Birner, Leiter des Fachreferats für psychoso-ziale Gesundheit, in dem es um die psychische Gesundheit (Stress, Über-lastung etc.) der MitarbeiterInnen geht. (https://newscenter.siemens.com/siemens-news/index.php?webcode=40007810&lang=de&id=40007810&sheet=0#) Hier sollten auf jeden Fall die Kom-mentare der KollegenInnen dazu gele-sen werden. Auf dieser Seite https://intranet.w1.siemens.com/cms/ehs/de/hm/Seiten/Default.aspx finden wir jede Menge Informationen darüber, wie sehr die Firma offiziell um unsere Gesundheit besorgt ist.

Innen pfui … Wie sieht nun diese „Gesundheitsfür-sorge“ im Energy-Alltag aus? „Personalanpassungen“ im Zusam-menhang mit Siemens 2014: (https://newscenter.siemens.com/siemens-news/?webcode=40005694.) Dahinter ver-birgt sich umfangreicher Personalab-bau, das ‚Allheilmittel’ für sämtliche Probleme. Auch die zusätzlich geplan-ten Arbeitsplatz-Verlagerungen nach Asien gehen in diese Richtung. Was im Endeffekt bedeutet: Noch mehr Personalabbau! Diesmal mit einer mehrjährigen Laufzeit.

So lange das alles „gelebt wird“, kann keine Ruhe bei den MitarbeiternInnen einkehren. Zu der ohnehin schon

hohen Arbeitsbelastung durch eine immer dünner werdende Personalde-cke, kommt eine anhaltende psychi-sche Belastung, ausgelöst durch be-fristete Arbeitsverträge und die daraus resultierenden Ängste um den Arbeits-platz.

In den Abteilungen bei E T TS, in de-nen verstärkt Fremdfirmen (Werkver-träge mit einer indischen Firma?) für Engineering Leistungen eingesetzt werden, bangen die MitarbeiterInnen um ihren Arbeitsplatz. Die nächste „Personalanpassung“ wird von den KollegenInnen schon befürchtet. Damit einher geht auch hier eine dauerhafte psychische Belastung der Mitarbeite-rInnen, mit allen bekannten negativen Folgen für die Gesundheit.

Aber sonst wird sicher alles für die Gesundheit der MitarbeiterInnen ge-tan. ODER?

Käfighaltung im Südgelände? Nach jedem Umzug werden die Ar-beitsplätze verkleinert. CAD-Arbeits-plätze sind über Nacht plötzlich keine mehr. Ein CAD-Arbeitsplatz bean-sprucht mehr Fläche und kostet somit mehr Geld. Die KollegenInnen müssen eben sehen, wie sie mit den großen Plänen (A3 bis A0) zurechtkommen. Es gibt zwar jede Menge Vorschriften, Regeln, Gesetze, Betriebsvereinba-rungen und vieles mehr… (ein Beispiel für CAD-Arbeitsplätze findet sich beim VBG = gesetzliche Unfallversicherung unter: http://www.vbg.de/apl/zh/bgi856/6_4.htm.

Eingehalten wird davon nur noch we-nig. Im BGI 650 (Berufsgenossen-schaft) steht, dass die Arbeitsplatztiefe für regelmäßig benutzte Arbeitsplätze, an keiner Stelle 1000 mm unterschrei-ten darf. Da steht auch, dass die Flä-che pro Arbeitsplatz nicht weniger als 8 m² bis 10 m² beträgt. Bei Großraum-büros (ab 400 m²) dürfen es nicht we-niger als 12 m² bis 15 m² sein. Obwohl die Werte der Berufsgenos-senschaft zu berücksichtigen sind, wird das nicht immer und überall ein-gehalten. Die Begründung:

„Das sind nur Richtwerte, an die müs-sen wir uns nicht halten“. Die Ge-sundheit der MitarbeiterInnen spielt da offenbar keine Rolle, denn hier geht es ums Geld.

Auch der Bau 72, wurde wieder reakti-viert und „aufgehübscht“. Ein abge-wirtschaftetes ramponiertes Relikt aus den 70er Jahren. Riesige vollklimati-sierte Büros (1529 m²) wurden mit Menschen, Möbeln und Maschinen voll gestopft. Für die MitarbeiterInnen bleiben nur noch 10,4 m² bis 11,5 m² pro Arbeitsplatz an Fläche übrig. Ein-schließlich der Besprechungsbereiche, Wege, Schrankflächen und Dru-cker/Kopierer. Die Besprechungsbe-reiche beanspruchen laut BGI eine zusätzliche Fläche. Auch das sind laut den Verantwortlichen nur Richt-werte und müssen nicht eingehalten werden. Gesundheit? Das ist hier kein Thema.

Das Raumklima in den Großraumbü-ros ist, dank der betagten Klimaanlage und der dichten Belegung mit Men-schen und Maschinen, denkbar schlecht. MitarbeiterInnen klagen über die schlechte Luft und diverse Be-schwerden wie: Hustenreiz, Atem-wegsbeschwerden, trockene Augen, Schleimhautreizungen, Kopfschmer-zen, Hautprobleme. Kritik an den Ver-hältnissen wird als überzogen, als Ein-zelfall, oder als Provokation bezeich-net. Die Beweislast, dass Beschwer-den durch das Raumklima verursacht werden liegt bei jedem einzelnen Mit-arbeiter. Fürsorge der Führungskräfte bzw. des Arbeitgebers? Fehlanzeige. Gesundheit? Haben die MitarbeiterIn-nen mitzubringen und auf eigene Kos-ten zu erhalten. >>

Gesundheitsschutz bei Energy oder

Außen hui – Innen pfui

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Seite 11 ENERGI(E)SCH Juli 2013

>> Die „Teeküchen“ im Bau 72 verfügen, pro Etage mit bis zu 300 MitarbeiterInnen, über einen 5 Liter Heißwasserboiler. Damit müssen alle auskommen. Wie vie-le KollegenInnen ihre Tasse mit heißem Wasser auswaschen können, das ist nicht schwer zu erraten. Die Mitarbeite-rInnen weichen, aus Platzmangel und wegen fehlenden heißem Wasser, auf die Handwaschbecken in den Toiletten aus. Die Gesundheit der KollegenInnen? Hygiene ist Eigenverantwortung!

Stark frequentierte Drucker/Kopierer soll-ten in separaten Räumen untergebracht werden. Die Drucker in den Büros sollten emissionsarm und geräuscharm sein. Siehe Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): http://www.watzulik.de/media/buero.pdf . Davon können die MitarbeiterInnen im Bau 72 nur träumen.

Nur noch mal zum Verständnis: Beim BGI 650 handelt es sich NICHT um un-verbindliche Richtlinien, sondern um „gesicherte arbeitswissenschaftliche Er-kenntnisse“. Diese müssen, laut § 4 .3 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz): bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sons-tige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen, angewendet werden. Siehe auch §§ 90 bis 91 BetrVerfG (Betriebsverfassungs-gesetz). Gefährdungsbeurteilung als Farce? Die gesetzlich vorgeschriebene Gefähr-dungsbeurteilung, nach den §§ 5, 6 ArbSchG und § 3 BildscharbV (Bild-schirmarbeitsverordnung) unter Einbe-ziehung der Norm DIN EN ISO 10075, zusammen mit den Mitarbeitern (wie sie auch in der Siemens Richtlinie: https://intranet.w1.siemens.com/cms/ehs/de/safety/arbeitsschutz/gesetze/regelwgesetze_as/sras0003.pdf gefordert wird, wird bei Energy - wenn überhaupt - vom Vorgesetzten allein im „stillen Kämmer-lein“ erledigt. Ergebnis: An den Arbeits-plätzen gibt es keinerlei Probleme.

Wir fragen: Wo sind die Vorgesetzten und Verantwortlichen bei Energy, die Gesundheitsschutz nicht nur als Sprech-blase im Munde führen? Wo sind die Manager, die sich trauen, eine ethische Verantwortung der reinen Gewinnabliefe-rung gegenüber zu stellen? Bitte bleiben Sie gesund!

Jutta Schreiter, Betriebsrätin

Gelbe Karte Aktion der IG Metall Kommentare aus der Belegschaft

Im Februar haben wir „gelbe Karten“ mit entscheidenden Fragen an das Management verteilt. Sie hatten Gelegenheit, dazu selbst Kommentare ab-zugeben und an den Betriebs-rat weiterzuleiten. Alle einge-gangenen Kommentare aus der Belegschaft haben wir in einem Heftchen gebündelt und dieses bei der letzten Betriebs-versammlung verteilt. Exempla-re dieses gedruckten Heftes – oder alle Kommentare als pdf-Datei – stellen wir Ihnen auf Wunsch gern zur Verfügung. Eine E-Mail an [email protected] genügt.

Militärischer Umgangston In einer „Tatort“-Reihe wurde kürzlich ein Fall von häuslicher Gewalt beschrieben. Ein nach außen hin gut situierter Anwalt schlägt regelmäßig seine Ehefrau. Ihr wird wiederholt von der Polizei Hilfe angeboten. Sie weigert sich allerdings vehement, Ihren Mann anzuzeigen. Der Fall bleibt am Ende ungeahndet.

Eine Vorstufe von Gewalt ist das Herumschreien wie am Kasernenhof. Bei Energy findet dieser Umgangston bis heute Duldung bzw. Akzeptanz der Firmenleitung. Welch eine „Überraschung“, wenn dieser Stil Nachahmer findet. MitarbeiterInnen werden ohne ersichtlichen Grund wie am Kasernenhof an-geschrien, des Zimmers verwiesen etc. Die Verängstigten Kollegen/innen gehen aus Furcht vor Repressalien nicht zum Betriebsrat oder anderen An-laufstellen. Jetzt könnte man fragen, war das vor 80 Jahren ? Nein, es war im Jahr 2013, geschehen bei der Firma Siemens Energy in Erlangen.

Anmerkung der Redaktion: sicherlich kann man auch auf diese Art und Weise das Sparprogramm Siemens 2014 vorantreiben….

Martin Distler-Hofmann, Leiter Vertrauenskörper

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Seite 12 ENERGI(E)SCH Juli 2013

Aus dem BR Anne Angermüller ist zum 1.07.2013

aus dem Betrieb aus-geschieden. Seit 2010 war sie für die IG Metall im Betriebsrat tätig. Dabei hat sie sich besonders für

Gleichstellungsfragen stark gemacht. Auf ih-re Anregung hin wurde

auk der Betriebsversammlung im De-zember erstmals durch die Firmenlei-tung ein Gleichstellungsbericht vorge-legt. Wir danken Anne Angermüller für die geleistete Arbeit.

Als Ersatzbetriebsrätin ist Petra Rosenfeld von der IG Metall-Fraktion in den Be-triebsrat nachgerückt. Ihr wünschen wir erfolgreiches Wirken im BR.

S uche I n E inem M onat E ine N eue S telle

Tarifnachrichten zum Tarifabschluss in der Elektro- und Metallindustrie für die Beschäftigten in Bayern.

Dank des Engagements unserer Kolleginnen und Kollegen bei den Warnstreiks in allen Teilen der Bundesrepublik, konnte dieses Ergebnis mit den Arbeitgebern erzielt werden: 3,4 % Tariferhöhung ab 1. Juli 2013

2,2 % Tariferhöhung ab 1. Mai 2014 Die Azubi-Vergütungen steigen um 46 - 49 € im Monat.

Laufzeit des Tarifvertrages sind 20 Monate und ist bis 31.12.2014 datiert. Die aktuellen Tarifkärtchen können ab sofort bei den IG Metall-Vertrauensleuten und Betriebsräten abgeholt werden.

Impressum ENERGI(E)SCH ist die Zeitung der Vertrauens-leute der IG Metall bei Energy in Erlangen. Redaktion: G. Brugger, M.Distler- Hofmann, P. Lagler, B. Raber-Sigor, L. Mongs V.i.S.d.P.: Wolfgang Niclas, IGM-Verwaltungsstelle, Friedrichstr. 5, 91056 Erlangen Cartoons: Andre Polpczek, Stephan Rürup, Harm Bengen Fotos: IG Metall, dpad, panthermedia

Dem Einzelkämpfer

Du brauchst niemanden

keinen Betriebsrat keine Gewerkschaft kannst alles selber

tun für Dich Sogar den

Aufhebungsvertrag den sie Dir

vorgelegt haben hast Du

ohne jede Hilfe unterschreiben können.

aus: „Der Schein bestimmt das Bewußtsein“ - von Knut Becker