IHK Recht aktuell I/2013 · IHK RECHT aktuell I N H A L T S V E R Z E I C H N I S IM BLICKPUNKT —...
Transcript of IHK Recht aktuell I/2013 · IHK RECHT aktuell I N H A L T S V E R Z E I C H N I S IM BLICKPUNKT —...
IHK RECHT aktuell
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
IM BLICKPUNKT— VorsichtbeiderImpressumpflichtimInternet:Abmahnung
einerBaustellenseite
— ELTERNHAFTENFÜRIHREKINDER–abernichtunbedingt
fürillegaleMusikdownloads
— „10%aufalles“–BlickfangwerbungundEinschränkungen,
wasisterlaubt?
GESETZGEBUNG EUROPA— VorschlagzurFrauenquotevomKabinettderEU-Kommission
beschlossen
— EU-KommissionpräsentiertDatenbankmitFraueninundfür
Führungspositionen
— EU-KommissionbeabsichtigtRegelunggegenAdressbuch-
schwindel
GESETZGEBUNG BUND— RegulierungderHonorarberatung
— PartnerschaftsgesellschaftmitbeschränkterBerufshaftung
wurdeimRechtsausschusskontroversdiskutiert
RECHTSPRECHUNG— AuktionatorhaftetfürgefälschteGemälde
— WertersatzanspruchbeiübermäßigerPrüfungderKaufsache
durchKäufer
— RechtlicheEinordnungeinesVertragesübereinenWinter-
dienst
— FolgeneinerFristverlängerungfürdieFertigstellungeines
Werkes
— FreigabeanspruchbeiformularmäßigerGlobalsicherung
— GrenzenderVerkehrssicherungspflichteinesGastwirtsim
Außenbereich
— VerwendungunwirksamerAGBstetswettbewerbswidrig
— UnzulässigeErhebungpersonenbezogenerDatendurchGPS-
SysteminMietwagen
— UnzulässigeBezeichnungvonWeinals„bekömmlich“
— AnschlussinhaberhaftetnichtfürUrheberrechtsverletzun-
gendesEhegatten
— GrenzenderVerwertungsrechteanderMarke„Olympia“
— EuGHerklärtWeiterverkaufgebrauchterSoftwarefürzulässig
— GerichtszuständigkeitfürKlageeinesVerbrauchersgegen
ausländischenVerkäufer
RECHTSPRECHUNG ARBEITSRECHT— FristloseKündigungeinesAuszubildendennachArbeitgeber-
beleidigunginFacebook
— KündigungnachAnkündigungeinerArbeitsunfähigkeit
— ForderungvonArbeitsunfähigkeitsnachweis:Ermessendes
Arbeitgebers
— KeinAnspruchaufDankundguteWünscheimArbeitszeugnis
I/2013
IM BLICKPUNKT
VORSICHT BEI DER IMPRESSUMPFLICHT IM INTERNET: ABMAHNUNG EINER BAUSTELLENSEITE
Nach § 5 TMG muss eine „geschäftsmäßig“ genutzte Internet-
seiteüberein Impressumverfügen, indenenderBetreiberunter
anderemAngabenzumNamen,zurAnschriftundzurRechtsform
usw. informieren muss. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, können
etwa Wettbewerber den Betreiber abmahnen und auf Unterlas-
sunginAnspruchnehmen.
In den letzten Jahren sind eine Reihe von Gerichtsentscheidun-
gen zum InhaltundUmfangder Impressumpflicht ergangen.Die
Gerichtehattenetwazuklären,obderVornamedesGeschäfts-
führers (KG Berlin vom 11. April 2008, Az.:5 W 41/08 und OLG
Düsseldorfvom4.November2008,Az.:I-20U125/08),dieFax-
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sumpflicht unterliegt und wann nicht. Enthält die Seite weitere
Angaben, wird der Betreiber jedenfalls dann auf der sicheren
Seite sein, wenn auch die Baustellenseite über ein vollständiges
Impressumverfügt.LediglicheinereineBaustellenseiteodereine
leere Seite ohne Inhalt wird auch in Zukunft nicht der Impres-
sumpflichtunterliegen.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerbera-
tervereinigungfürdiemittelständischeWirtschafte.V.
RAKlaus-DieterFranzen,Bremen
ELTERN HAFTEN FÜR IHRE KINDER – ABER NICHT UNBEDINGT FÜR ILLEGALE MUSIK
DOWNLOADS
Jeder kennt die gelb-schwarzen Schilder an Baustellen, die
erklären, dass die Erziehungsberechtigten für ihre Jüngsten
einzustehen haben. So manch ein Kind mag sogar niemals eine
Baustelle betreten haben, aus Angst die Eltern müssten dann
ins Gefängnis.
Dass der Grundsatz „Eltern haften für ihre Kinder“ aber keine
absoluterechtlicheWahrheitist,hatkürzlichwiederderBundes-
gerichtshofentschieden(Urteilvom15.11.2012-IZR74/12).
Die Eltern sollten einem Musikverlag mehr als € 5.000 zahlen,
weil ihr 13 jähriger Sohnüber1.000Musiktitel im Internet zum
kostenlosenDownloadzurVerfügunggestellthatte.
DerjungeMannhattezuseinem12.Geburtstageinengebrauch-
tenPCgeschenktbekommenundsogleichdieWeltdespeer-to-
peerFilesharingsfürsichentdeckt.
Dabei kam es zwangsläufig zu den mehr als 1.000 Verstößen
gegendieUrheberrechtederKlägerpartei.DieFrage,mitdersich
die Gerichte beschäftigen mussten, war die, ob die Eltern eine
Aufsichtspflichtverletzthaben.
Hatten die Eltern das Recht oder gar die Pflicht ihren Sohn
konsequent zu kontrollieren, auf welche Weise er das Internet
benutzt?
Landgericht und Oberlandesgericht vertraten die Auffassung,
dassdieElterneineFirewallundSperrprogrammehätten instal-
lierenmüssen. Zumindest aber hätte derRechner einermonatli-
chenKontrolleunterzogenwerdenmüssen,beiderdieVerknüp-
fungzudenTauschprogrammensofortaufgefallenwäre.
Der Bundesgerichtshof teilte diese Auffassung allerdings nicht.
DashöchstedeutscheGerichterachtetees fürausreichend,dass
Eltern ihren Kindern die Benutzung von Tauschprogrammen ver-
bietenundsieüberdieRechtswidrigkeitdieserPortalebelehren.
FAZIT
Eine Verpflichtung den Internetzugang von Kindern zu überwa-
chenundetwateilweisezusperren,bestehtalsonichtohneWei-
teres.
nummer (OLG Hamburg vom 5. Juli 2007, Az.: 5 W 77/07) die
Telefonnummer(EuropäischerGerichtshofvom16.Oktober2008,
Az.: C 298/07) anzugeben sind, ob ein Kontaktformular statt
Angabe der E-Mail-Adresse (LG Essen vom19. September 2007,
Az.: 44 O 79/07) den Anforderungen genügt, welche Vertre-
ter zum Beispiel einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts genannt
werden müssen (OLG Hamm, Urteil vom 4.8.2009 – 4 U 11/09)
und ob diese Angaben auch im sozialen Netzwerk Facebook
gemacht werden müssen (LG Aschaffenburg v. 19. August 2011
(Az.:2HKO54/11).
DieFrage,wanndenneineInternetseite„geschäftsmäßigeAnge-
bote“ enthält, war bislang selten Gegenstand von gerichtlichen
Verfahren. So nahm das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 15.
Dezember2010,Az.: 12O312/10) in seiner Entscheidung Inter-
netseiten von Unternehmen jedenfalls dann von der Impres-
sumpflichtaus,wennsiedenHinweisenthielten,dasssieinBear-
beitung(„underconstruction“)sind.
DasdieserGrundsatznichtimmergilt,zeigteinejetztveröffent-
lichte Entscheidung des Landgerichts Aschaffenburg (Urteil vom
03.April2012,Az.:2HKO14/12),soderBremerFachanwaltfür
GewerblichenRechtsschutz,Klaus-DieterFranzen.
ImStreitstandenzweiUnternehmen,die jeweilsAnzeigenblätter
herausgaben. Die Beklagte unterhielt eine Internetseite, die mit
demsichtbarenHinweis „Hierentsteht inKürzeunsere Internet-
präsenz“, deren Logo, denKontaktdateneinesVertriebsmitarbei-
ters, E-Mail-Anschrift undeinerherunterladbarenAusgabe ihres
Anzeigenblattes versehen war. Ein mit den gesetzlich vorge-
schriebenenDatenversehenesImpressumenthieltdieSeitenicht.
DieKlägerinsahdarineinenVerstoßgegendiegeltende Impres-
sumpflichtundmahntedieBeklagteab.Dadiesediegewünschte
Unterlassungserklärungnichtabgab,beantragtedieKlägerinden
ErlasseinereinstweiligenVerfügung.
Das Landgericht gab dem Antrag statt. Nach Auffassung der
Aschaffenburger Richter sei entscheidend, dass der Internetauf-
tritt der Beklagten den Zweck hatte, wirtschaftliche Interessen
zuverfolgen.DenndadasaktuellePrintmediumabrufbargewe-
sensei,habedieBeklagtebereitskonkreteLeistungenbeworben.
PotentielleWerbeinteressentenfürdasAnzeigenblatthättenüber
dieangegebeneTelefonnummerbzw.E-MailAdressedenKontakt
zumVertragsschlussherstellenkönnen.
Danach, so Franzen, können Unternehmen die gesetzliche Infor-
mationspflicht nicht durch die Verwendung eines Baustellenhin-
weises unterlaufen. Vielmehr kommt es darauf an, ob auf der
Internetseite Leistungen angeboten und auch konkret beworben
werden. Enthält die Seite Angaben dieser Art, steigt das Risiko,
dassderBetreiberdiegesetzliche Informationspflichtwirderfül-
len müssen. Die Gerichte nehmen erkennbar eine Einzelfall-
prüfung vor. Deshalb kann nicht abstrakt für alle Fälle geklärt
werden, ab wann eine Baustellenseite mit Inhalt der Impres-
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In der Fachpresse wurde die Entscheidung zum Teil heftig kriti-
siert. Zumeinen stießdas in der EntscheidunggezeichneteBild,
einer auf bloßen elterlichen Erklärungen aufbauenden Erziehung
auf Ablehnung. Und weil durch dieses Urteil eine Haftung der
Eltern ausgeräumt wurde, wird befürchtet, dass nunmehr die
KinderselbstinsVisierderAbmahnungengeraten.
Obsichdasaberbewahrheitet,wirddienähereZukunftzeigen.
Herr Rechtsanwalt Manfred Wagner ist Mitglied der Deutschen
Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische
Wirtschafte.V.
RAManfredWagnerundRAThorstenDohmenLL.M,Saarbrücken
„10 % AUF ALLES“ –BLICKFANGWERBUNG UND EINSCHRÄNKUNGEN, WAS IST ERLAUBT?
Die blickfangmäßig herausgehobene Ankündigung „10 % auf
alles“ ist wettbewerbswidrig, wenn in einem Sternchentext
einzelne Waren von der Aktion ausgenommen werden, so das
Landgericht. In diesem Fall sei die Ankündigung unwahr, da
der Preisnachlass eben nicht auf alle Waren gewährt wird.
Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Urteil des Landgerichts
München I vom28.August2012,AZ:33O13190/12.Dieblick-
fangmäßig herausgehobene Ankündigung „10 % auf alles“ ist
wettbewerbswidrig,wennineinemSternchentexteinzelneWaren
von der Aktion ausgenommen werden, so das Landgericht. In
diesem Fall sei die Ankündigung unwahr, da der Preisnachlass
ebennichtaufalleWarengewährtwird.
Es handelt sich hierbei umdie Problematik der sog. „Blickfang-
werbung“.
Von „Blickfangwerbung“ spricht man, wenn in einem Werbetext
bestimmte Angaben im Vergleich zu anderen Angaben besonders
herausgestellt werden, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher
zuwecken.
Typische Beispiele für Blickfangwerbung sind sog. „Kopplungs-
angebote“,wiez.B.dieAnkündigung„Handy für1Euro“,welche
natürlichnurimZusammenhangmiteinerVertragsbindunggilt.
WieunserAlltagzeigt,istderartigeBlickfangwerbunggrundsätz-
lichzulässig.AllerdingsmussderVerbraucherdurcheinenklaren
HinweisüberEinschränkungenderherausgestelltenAnkündigung
aufgeklärt werden, was oft durch die bekannten Sternchentexte
geschieht.
Wie deutlich ein solcher Hinweis zu erfolgen hat, ist indes eine
Frage des Einzelfalls.
Dieser Grundsatz darf jedoch nicht zu der Annahme verleiten,
jede noch so vollmundige Ankündigung könne durch einen auf-
klärendenHinweiskorrigiertwerden.
SolangedieherausgestellteAnkündigungvagebleibtoder ledig-
lich die halbe Wahrheit enthält, ist dies aus wettbewerbsrecht
licher SichtinderRegelunproblematisch,soferneineunmissver-
ständlicheKlarstellungerfolgt.Unzulässig istes jedoch,objektiv
falscheAngabenblickfangmäßigherauszustellen.
UmeinesolchehandeltessichjedochimvorliegendenFall,denn
„alles“bedeutetebenauch„alles“undlässtkeine Ausnahmenzu.
Folgerichtig urteilte das Gericht, es sei unerheblich, dass auf
bestimmteAusnahmenvondemAngebotdurcheinenSternchen-
text hingewiesen wurde. Im konkreten Fall bestand zudem die
Besonderheit, dass die Beklagte auch Waren anbot, welche der
gesetzlichenPreisbindung unterfallen,nämlichBücherundZeit-
schriften.
Für solche Waren kann ohnehin kein Preisnachlass gewährt
werden,sodassdieAnkündigungnichterfüllbarwar.
FAZIT
Wer die Grenzen der Blickfangwerbung ausreizen möchte, hat
höchsteVorsichtwaltenzulassen.
Zwar hat sich das Verbraucherleitbild in der Rechtsprechung
grundsätzlich gewandelt – der eher flüchtige Verbraucher wich
einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbrau-
cher,welcherderWerbungmiteinerderSituationangemessenen
Aufmerksamkeitentgegentritt.
Eine objektive Falschaussage, welche erst durch eine Fußnote
odereinenaufähnlicheWeiseindenHintergrundgerücktenHin-
weiskorrigiertwird,musserdennochnichthinnehmen.
Herr Rechtsanwalt Manfred Wagner ist Mitglied der Deutschen
Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische
Wirtschafte.V.
RA Manfred Wagner und RA Thorsten Dohmen LL.M., Saar-
brücken
GESETZGEBUNG EUROPA
VORSCHLAG ZUR FRAUENQUOTE VOM KABINETT DER EUKOMMISSION BESCHLOSSEN
DieEU-Kommissionhatam14.November2012einen„Vorschlag
für eine Richtlinie zur Gewährleistung einer ausgewogeneren
Vertretung von FrauenundMännernunter dennichtgeschäfts-
führenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter
Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnah-
men“, COM(2012) 614/5, veröffentlicht. Er soll spätestens zwei
JahrenachErlass innationalesRechtumgesetztwerdenundbis
zum31.Dezember2028gelten.
Der Richtlinienvorschlag, der von Europäischem Parlament und
Rat verabschiedet werden muss, nennt als Rechtsgrundlage Art.
157 Abs. 3 AEUV, der sich auf Chancengleichheit und Gleichbe-
handlungvonMännernundFrauenbezieht.
Große börsennotierte Unternehmen sollen die Zielvorgabe von
40Prozent fürdasunterrepräsentierteGeschlecht imAufsichts-
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rat (bzw. bei den nicht geschäftsführenden Direktoren) bis zum
1. Januar2020bzw. öffentlicheUnternehmenbis zum1. Januar
2018 umsetzen. Die der KMU-Definition der EU-Kommission
unterfallenden Unternehmen (Unternehmen, die die weniger als
250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresum
satz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbi
lanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft.) sollen von
den Vorgaben ausgenommen werden. Zudem können die Mit-
gliedstaaten Unternehmen, in denen das unterrepräsentierte
Geschlechtwenigerals10ProzentderBelegschaftausmacht,von
derVerpflichtungderQuotebefreien.
Der Richtlinienentwurf sieht vor, dass die Unternehmen bei der
Bestellung neuer Mitglieder vorab die Auswahlkriterien für das
neueMitglieddesAufsichtsratsfestlegen.NurbeigleicherQuali-
fikationhinsichtlichEignung,BefähigungundfachlicherLeistung
und wenn eine objektive Beurteilung, bei der alle die einzelnen
Kandidaten betreffenden Kriterien berücksichtigt werden, nicht
ergibt, dass spezifische Kriterien zugunsten des Kandidaten des
anderen Geschlechts sprechen, ist der Kandidat des unterreprä-
sentierten Geschlechts auszuwählen. Die Qualifikationskriterien
sollen auf Antrag eines erfolglosen Kandidaten ebenso offen
gelegt werden, wie der objektive Vergleich dieser Kriterien und
ggf. die Erwägungen, die den Ausschlag für den Kandidaten des
nichtunterrepräsentiertenGeschlechtsgegebenhaben.
Darüber hinaus sollen die großen börsennotierten Unternehmen
sichselbstzueinerausgewogenenVertretungbeiderGeschlech-
ter imVorstandbzw. bei den geschäftsführendenDirektorenbis
zum 1. Januar 2020 bzw. für börsennotierte öffentliche Unter-
nehmenbiszum1.Januar2018verpflichten.
Mittels einer jährlichen Berichtspflicht zu den Zahlenverhältnis-
senvonFrauenundMännern inAufsichtsratbzw.bei dennicht
geschäftsführenden Direktoren und im Vorstand bzw. bei den
geschäftsführenden Direktoren, zu den Maßnahmen, die zur
Erreichung der Zielvorgaben bzw. der Selbstverpflichtung einge-
leitet wurden, sowie zu den Gründen, warum die Zielvorgaben/
Selbstverpflichtungnichteingehaltenwurden,sinddieAufsichts-
behörden zu informieren und auch die Internetseite des Unter-
nehmenszubestücken.
WirdgegendieVorgabenderRichtlinie verstoßen, so sollendie
Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende
Sanktionen erlassen, wie z. B. Geldbußen und/oder Nichtigkeit
der Bestellung/Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern/geschäfts-
führenden Direktoren oder deren Nichtigerklärung durch das
Gericht.
DIHKPOSITION
Gut ausgebildete Frauen sollten ihre Qualifikationen auf allen
Führungsebenenstärkereinbringen.DasistauchimInteresseder
Wirtschaft,insbesondereinZeitenzunehmendenFachkräfteman-
gels.EinegesetzlicheRegelungfürdieBeteiligungvonFrauenin
Führungspositionen berücksichtigt jedoch nicht die erheblichen
Unterschiede zwischen den Unternehmen, insbesondere in Hin-
blick auf die jeweilige Größe oder Branche. Stattdessen ist die
VereinbarkeitvonBerufundFamilieweiterzuverbessern.Neben
grundsätzlichen rechtlichen Bedenken steht auch die Rechts-
grundlagedesRichtlinienvorschlagsinFrage.
EUKOMMISSION PRÄSENTIERT DATENBANK MIT FRAUEN IN UND FÜR FÜHRUNGSPOSITIONEN
Die Datenbank „Global Board Ready Women“ soll 8.000 qualifi-
zierte Frauen auf Positionen in Leitungsorganen enthalten. Die
Listewurdevoneuropäischen„BusinessSchools“erstelltundvon
derEU-Kommissionam12.Dezember2012vorgestellt(Pressein-
formation).
DieDatenbankwirdauf„LinkedIn“,einerPlattformfürberufliche
Netzwerke geführt und verwaltet. Um in die Datenbank aufge-
nommen zuwerden,müssenbestimmteKriterien erfülltwerden,
die die Organisatoren der europäischen Business Schools-Ini-Business Schools-Ini-
tiative „Frauen in Führungspositionen” festgelegt haben. Jeder
Aufnahmeantrag fürdieDatenbankwird, sodieEU-Kommission,
bewertet und überprüft. Die Frauen müssen über eine mindes-
tens fünfjährigeErfahrung ineinerodermehrerender folgenden
Funktionenverfügen:
Boardvorsitzende und/oder nichtgeschäftsführendes Mitglied
börsennotierter/nichtbörsennotierterUnternehmen
CEO, COO, CFO oder andere Funktionen auf der Vorstandse-
beneaufderGeschäftsführungs-oderAufsichtsebenebörsen-
notierter/nichtbörsennotierterUnternehmen
Anteilseignerin mit Kontrollbeteiligung großer Familienunter-
nehmen
DirektorinstaatlicherStellen
DirektoringemeinnützigerUnternehmen
Leitende Fachkraft einer institutionellen Investitionsgemein-
schaft
Leitende Fachkraft in Beratungsunternehmen für Boards und
derenAusschüsse
Unternehmerin
WissenschaftlicheSpitzenposition
Mit der Datenbank soll Behauptungen der Unternehmen ent-
gegengetreten werden, es gäbe nicht ausreichend qualifizierte
Frauen, so die EU-Kommission. Zur Nutzung der Datenbank ist
eineRegistrierungaufLinkedInerforderlich.
EUKOMMISSION BEABSICHTIGT REGELUNG GEGEN ADRESSBUCHSCHWINDEL
Die EU-Kommission hat am 27.11.2012 eine Mitteilung zu Maß-
nahmen zum Schutz von Unternehmen vor betrügerischen Ver-
marktungspraktiken veröffentlicht. Insbesondere geht es um
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AdressbuchschwindelundMaßnahmen,diedieKommissiondage-
genergreifenwill.EinkonkreterVorschlagzurÄnderungderIrre-
führungsrichtliniesoll2013vorgelegtwerden.
Die Kommission stellt fest, dass irreführende Vermarktungs-
praktiken, für die vor allem kleine Unternehmen anfällig seien,
in großem Maßstab angewendet würden und einen erhebli-
chen Schaden verursachten.Dies gelte in besonderem Maße für
AdressbuchschwindelinallenseinenAusprägungen.DieKommis-
sion hat in dieser Mitteilung ihre Strategie bekanntgegeben, die
einen Katalog von Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes
vonUnternehmenumfasst:
1.Überarbeitung und damit Verstärkung der Vorschriften über
dasVerbotbestimmterPraktiken
Um die Rechtssicherheit zu erhöhen und sicherzustellen,
dasseskeineGesetzeslückengibt,werdeneindeutigirrefüh-
rendePraktikenwiebeispielsweisediePraktikenvonAdress-
buchfirmen ausdrücklich verboten. Damit wissen Gewerbe-
treibende sofort, dass solche Praktiken unter die Richtlinie
über irreführende und vergleichende Werbung fallen und
somitrechtswidrigsind.
Umsicherzustellen,dass sich jederandieRegelnhält, sieht
die Kommission verschärfte Sanktionen für Verstöße vor.
Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass ihre Gesetze
wirksame,angemesseneundabschreckendeSanktionenvor-
sehen.
2.Verstärkte Durchsetzung der Vorschriften gegen irreführende
VermarktungspraktikeningrenzüberschreitendenFällen:
Jeder Mitgliedstaat hat eine Durchsetzungsbehörde zu
benennen, die mit den erforderlichen Befugnissen ausge-
stattet ist, um sicherzustellen, dass die Vorschriften auch
imGeschäftsverkehrzwischenUnternehmenbefolgtwerden.
DiesistderzeitnichtinallenEU-LändernderFall.
Die Kommission wird ein Verfahren der Zusammenarbeit
zwischen den Durchsetzungsbehörden einführen. Dank
dieses Netzes werden die zuständigen Stellen wie Wettbe-
werbs-oderVerbraucherschutzbehördenInformationenaus-
tauschen, voneinander grenzüberschreitende Unterstützung
anfordernund irreführendePraktikenmitAuswirkungenauf
Unternehmenunterbindenkönnen.
ZurÜberarbeitungderderzeitigenVorschriftender Irreführungs-
richtlinieplantdieKommission,nacheinergründlichenFolgenab-
schätzungimLaufdesJahres2013einenVorschlagvorzulegen.
DIHKPOSITION:
Da der Adressbuchschwindel in allen seinen Ausprägungen tat-
sächlich ein erhebliches Problem für die Unternehmen darstellt,
kanneineklarstellendeDefinition,dassdiesIrreführung(undggf.
sogarBetrug)ist,hilfreichsein.Auchwirmüssenfeststellen,dass
eszunehmendFällegibt,indenendieAdressbuchunternehmenin
anderenEU-MitgliedstaatensitzenundschondortdieVerfolgung
kaummöglich ist.Nochschwierigerwirdes,wennsieaußerhalb
derEUsitzen,aberdieskanndieEUnichtregeln.
Die Forderung der EU-Kommission nachwirksamen, angemesse-
nenundabschreckendenSanktionenistzwargrundsätzlichposi-
tivzubewerten.Siedarfabernichtdazu führen,dassdasdeut-
sche zivilrechtliche Durchsetzungssystem bei UWG-Verstößen
als unzureichend eingeordnet und eine Durchsetzungsbehörde
angeordnet wird. Insofern ist bei der verstärkten Durchsetzung
in grenzüberschreitenden Fällen zu fordern, dass dieses Verfah-
ren,fallsBehördenangeordnetwerdensollten–vergleichbarmit
der EU-Verordnung zur Zusammenarbeit der Verbraucherschutz-
behörden – mit einer Öffnungsklausel versehen wird. Auf diese
Weise könnte eine schlanke deutsche Behörde – möglicherweise
angesiedeltbeimBundesjustizamtoderbeimBundesamtfürVer-
braucherschutz–mittelsRahmenvereinbarungdieWettbewerbs-
zentralemitderDurchsetzungbetrauen.
Die Pressemeldung der EU-Kommission finden Sie unter http://
europa.eu/rapid/press-release_IP-12-1264_de.htm
Die Mitteilung der EU-Kommission finden Sie unter http://
ec.europa.eu/justice/consumer-marketing/files/communication_
misleading_practices_protection_de.pdf
GESETZGEBUNG BUND
REGULIERUNG DER HONORARBERATUNG
Das BMF hat einen Entwurf zur gesetzlichen Regulierung der
Honorarberatung erstellt. Die Regelungen erfassen sowohl
Unternehmen, die Anlageberatung nach dem WpHG erbringen,
als auch gewerbliche Anlageberater, die über Finanzanlagen
beraten.FürdiegewerblicheHonorarberatungsoll–analogden
neuen Regeln für Finanzanlagenvermittler – künftig eine Sach-
kundeprüfung, eine Registrierung im Vermittlerregister und der
Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung erforderlich sein.
ZudemsolleinebegrifflicheDefinitionderHonorarberatungein-
geführtwerden.
PARTNERSCHAFTSGESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER BERUFSHAFTUNG WURDE IM RECHTSAUSSCHUSS
KONTROVERS DISKUTIERT
IneinerAnhörungdesRechtsausschussesdesDeutschenBundes-
tagswurdendieNotwendigkeitsowiedieVor-undNachteileder
geplanten Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufs-
haftung (Partnerschaftsgesellschaft mbB) kontrovers diskutiert.
Einige der Sachverständigen zweifelten die von der Bundesre-
gierungdargestellte Konkurrenz der Limited Liability Partnership
(LLP)an.KritischhinterfragtwurdedarüberhinausdieNotwen-
digkeit,nebenderGmbHeineweitereRechtsformmitbeschränk-
ter (Berufs)Haftungzuschaffen,diebestimmte freieBerufevon
der Gewerbesteuerpflicht befreit. Es wurde von anderer Seite
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aberauchdieErwartunggeäußert,dassdiePartnerschaftsgesell-
schaftmbBeineAlternativezurLLPseiundÄnderungsvorschläge
fürdenGesetzentwurfunterbreitet.
RECHTSPRECHUNG
AUKTIONATOR HAFTET FÜR GEFÄLSCHTES GEMÄLDE
VersteigerteinAuktionshauseinwertvollesGemäldeausPrivatbe-
sitz, das bislangals verschollengalt undauchnicht katalogisiert
war, ohne die Echtheit durch ein wissenschaftliches Gutachten
zuprüfen,hatesdemErwerberdenKaufpreiszurückzuerstatten,
wennsichherausstellt,dassdasBildeineFälschungist.
In dem vom Landgericht Köln entschiedenen Fall war ein
Gemälde mit dem Titel „Rotes Bild mit Pferden“ für 2.400.000
Euro versteigert worden, das angeblich von dem der Gruppe
„DerBlaueReiter“(u.a.Kandinsky)angehörendenMalerHeinrich
Campendonk herrührte. Da das Auktionshaus keine Zweifel an
denHerkunftsangabenhatte, ließesdasGemäldenur voneige-
nen Experten überprüfen, die es fälschlicherweise für echt hiel-
ten.DasGerichtkamzudemErgebnis,dasssichderKäufernicht
darauf verweisen lassenmuss, sichhinsichtlich derRückzahlung
des Kaufpreises an den Verkäufer zu halten. Er ist berechtigt,
das Auktionshaus auch dann in voller Höhe auf Rückzahlung
desKaufpreises inAnspruch zunehmen,wenndieses denKauf-
preisnachAbzugdereigenenProvisionbereitsandenVerkäufer
weitergeleitet hat. Der verurteilte Auktionator vertritt weiterhin
die Auffassung, bei 20 Prozent Kommission nicht in vollerHöhe
haftenzumüssenundlegtedaherBerufunggegendasUrteilein.
UrteildesLGKölnvom28.09.2012
2O457/08(nichtrechtskräftig)
GRUR-RR2012,444
WERTERSATZANSPRUCH BEI ÜBERMÄSSIGER PRÜFUNG DER KAUFSACHE DURCH KÄUFER
Häufig kommt es zwischen Parteien eines Fernabsatzkaufver-
trages (Bestellung im InternetoderüberKatalog) zuStreitigkei-
ten, wenn der Verbraucher von seinem gesetzlichen Widerrufs-
recht Gebrauch macht, nachdem er den Kaufgegenstand bereits
benutzthat,umdiesenzuprüfen.NachderVorschriftdes§357
Abs. 3 BGB hat der Verbraucher – eine ordnungsgemäße Beleh-
rung vorausgesetzt – dem Verkäufer Wertersatz für eine durch
die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstan-
dene Verschlechterung zu leisten. Dies gilt jedoch dann nicht,
wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der
Sachezurückzuführenist.
Das Amtsgericht Köln sieht eine fünftägige Nutzung einer
MatratzenichtmehrlediglichalsPrüfungderEigenschaftenund
der Funktionsweise der Kaufsache an. Dies hat zur Folge, dass
dem Verkäufer ein angemessener Wertersatzanspruch zusteht,
den er vom an den Kunden zurückzuerstattenden Kaufpreis
abziehenkann.
UrteildesAGKölnvom04.04.2012
119C462/11
jurisPR-ITR22/2012,Anm.5
RECHTLICHE EINORDNUNG EINES VERTRAGES ÜBER EINEN WINTERDIENST
Das Amtsgericht Berlin-Mitte hatte sich mit der umstrittenen
Rechtsfrage zu befassen, ob es sich bei einem Vertrag über die
Schnee- und Eisbeseitigung um einen Dienst- oder einen Werk-
vertrag handelt. Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil
beim Dienstvertrag bekanntlich kein bestimmter Erfolg geschul-
det ist, sodass auch bei Schlechtleistung in der Regel die volle
Vergütung beansprucht werden kann. Anders ist es beim Werk-
vertrag.DortistderAuftraggeberimFalleeinerSchlechtleistung
zurMinderungdervereinbartenVergütungberechtigt.
FürdasVorliegeneinesWerkvertragesspricht,wenndieVertrags-
parteien etwaige Leistungsstörungen (Schlechterfüllung, Nach-
besserungo.Ä.)indemVertragimEinzelnengeregelthaben.Dann
istdavonauszugehen,dassnichtnur eine Tätigkeit an sich, son-
derneinkonkreterErfolg,nämlichdie fristgerechteundvollstän-
digeBeseitigungvonEisundSchneegeschuldetwird.Kommtder
BetreiberdesWinterdienstesdemnichtrechtzeitigundvollständig
nach,kannderAuftraggeberdievereinbarteVergütungkürzen.
UrteildesAGBerlin-Mittevom01.02.2012
29C54/10
Grundeigentum2012,408
FOLGEN EINER FRISTVERLÄNGERUNG FÜR DIE FERTIGSTELLUNG EINES WERKES
RäumtderBauherreinemVertragshandwerkereineFristverlänge-
rungfürdieFertigstellungdesWerkesein,stelltdiesrechtlichein
AngebotaufVereinbarungeinesneuenFertigstellungsterminsdar.
DieshatzurKonsequenz,dassderaufgrundderFristverlängerung
neuangeboteneFertigstellungsterminnurdanneineVertragsfrist
ist,wennderAuftragnehmerdiesesAngebotauchannimmt.Der
Auftragnehmermuss also auf dasAngebot reagieren. Tut er das
nicht,wirddasAngebotdesAuftraggebersaufFristverlängerung
gegenstandslosmitder Folge, dass esbeidemursprünglichver-
einbartenFertigstellungsterminbleibt.
In diesem Zusammenhang weist das Gericht darauf hin, dass ein
AngebotaufFristverlängerungnichtbedeutet,dassderBauherrseine
ihm in diesem Zeitpunkt bereits zustehenden Ansprüche aufgrund
desVerzugesdesVertragspartnersaufgibtundhieraufverzichtet.
UrteildesBGHvom08.03.2012
VIIZR118/10
BauR2012,949
NZBau2012,357
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FREIGABEANSPRUCH BEI FORMULARMÄSSIGER GLOBALSICHERUNG
BGH,Beschlussvom27.11.1997,Az.GSZ1/97;GSZ2/97
a)Der Sicherungsgeber hat bei formularmäßig bestellten, revol-
vierenden Globalsicherungen im Falle nachträglicher Über-
sicherung einen ermessensunabhängigen Freigabeanspruch
auchdann,wennderSicherungsvertragkeineodereineermes-
sensabhängigausgestalteteFreigabeklauselenthält.
b)Bei formularmäßig bestellten, revolvierenden Globalsicherun-
gensindwedereineausdrücklicheFreigaberegelungnocheine
zahlenmäßigbestimmteDeckungsgrenzenocheineKlausel für
die Bewertung der Sicherungsgegenstände Wirksamkeitsvor-
aussetzungen.
c)Enthält die formularmäßige Bestellung revolvierender Global-
sicherungen keine ausdrückliche oder eine unangemessene
Deckungsgrenze, so beträgt diese Grenze (unter Berücksichti-
gung der Kosten für Verwaltung und Verwertung der Sicher-
heit), bezogen auf den realisierbaren Wert der Sicherungsge-
genstände,110%dergesichertenForderungen.
d)AllgemeingültigeMaßstäbefürdieBewertungderSicherungs-
gegenstände bei Eintritt des Sicherungsfalles lassen sich im
Voraus weder bei der Sicherungsübereignung noch bei einer
Globalabtretungfestlegen.
e)Die Grenze für das Entstehen eines Freigabeanspruchs für
Sicherungsgut liegt regelmäßig bei 150% des Schätzwerts
(§237Satz1BGB).
RAMichaelHenn,Stuttgart
GRENZEN DER VERKEHRSSICHERUNGSPFLICHT EINES GASTWIRTS IM AUSSENBEREICH
Der Außenbereich einer Gaststätte grenzte unmittelbar an den
Rhein.AlseinGastzurAbkühlungdieBeine indenFlusshängen
wollte, stürzte er auf der durch Nässe glatten vorletzten Stufe
der Treppe, die vom Gaststättengrundstück in den Fluss führte.
Der Gast zog sich dabei u. a. einen Armbruch zu. Er verlangte
von dem Gastwirt Schadensersatz i.H.v. rund 28.600 Euro und
Schmerzensgeld i.H.v. 3.000 Euro mit der Begründung, der Wirt
habenichtausreichendaufdieSturzgefahrhingewiesen.
Das Oberlandesgericht Koblenz verneinte eine Pflichtverletzung
des Gastwirts. Der Gast hätte selbst erkennen müssen, dass
wegen des üblichenWellengangs immerwiederWasser über die
unteren Stufen schwappte und daher auch die oberen Stufen
ständig nass und glatt waren. Die Gefahrenstelle warnte daher
praktisch vor sich selbst und begründete keine darüber hinaus-
gehendeVerkehrssicherungspflichtfürdenGastwirt.Zusätzlicher
Warnhinweisebedurfteessomitnicht.DerverletzteGastgingim
Ergebnisleeraus.
UrteildesOLGKoblenzvom31.05.2012
8U1030/11
PressemitteilungdesOLGKoblenz
VERWENDUNG UNWIRKSAMER AGB STETS WETTBEWERBSWIDRIG
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Internet-
händlers waren an mehreren Stellen wegen zum Teil drastischer
Einschränkungen der Verbraucherrechte unwirksam. In diesem
Zusammenhang wies der Bundesgerichtshof zum wiederholten
Male darauf hin, dass die Verwendung unwirksamer Allgemeiner
Geschäftsbedingungen einen Verstoß gegen Marktverhaltensre-
gelungen darstellt und damit als wettbewerbswidrig anzusehen
ist. Daher haben in derartigen Fällen nicht nur Verbraucherver-
bände,sondernauchKonkurrentendasRecht,einestrafbewehrte
Unterlassung der Verwendung von wegen der unzulässigen Ein-
schränkungvonVerbraucherrechtenunwirksamenAGBzuverlan-
genunddiesgerichtlichdurchzusetzen.
UrteildesBGHvom31.05.2012
IZR45/11
WRP2012,1086
GRUR2012,949
UNZULÄSSIGE ERHEBUNG PERSONENBEZOGENER DATEN DURCH GPSSYSTEM IN MIETWAGEN
DerhamburgischeBeauftragte fürDatenschutzschutzund Infor-
mationsfreiheitbeanstandete,dassderAutovermieterEuropcarin
1.300 hochwertige Fahrzeuge seiner Flotte GPS-Systeme einge-
bauthatteunddamit dieMieter ohnederenWissen stets orten
konnte. Gegen das Unternehmen wurde wegen Verstoßes gegen
das Datenschutzgesetz ein Bußgeld in Höhe von 54.000 Euro
verhängt.
Der hamburgische Datenschutzbeauftragte führte zur Begrün-
dung des erlassenen Bußgeldbescheides Folgendes aus: „Grund-
sätzlich ist die Motivation von Europcar nachvollziehbar. Die
heimliche Ortung von Mietfahrzeugen und die heimliche Kont-
rolle der Mieter stellen jedoch einen schweren Eingriff in deren
Persönlichkeitsrechtdar.DerAutovermieterhatesdadurchinder
Hand, Bewegungsprofile seiner Kunden zu erstellen. Mithilfe der
Ortungstechniklässtsichnichtnurrekonstruieren,wersichwann
wo aufgehalten hat, sondern auch, wer zu welchem Zeitpunkt
mit welcher Geschwindigkeit gefahren ist. Insbesondere durch
dieanlassloseOrtungwerdendieMieter regelmäßigunter einen
Generalverdachtgestellt.“
BußgeldbescheidderSenatskanzleiHamburgvom17.07.2012
JURISonline
UNZULÄSSIGE BEZEICHNUNG VON WEIN ALS „BEKÖMMLICH“
DasEU-RechtverbietetfürGetränkemiteinemAlkoholgehaltvon
mehrals1,2Volumenprozent, alsou. a. fürWein, jede „gesund-
heitsbezogeneAngabe“ inderEtikettierungundderWerbung. In
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diesem Zusammenhang hat der Europäische Gerichtshof (EuGH)
entschieden, dass Wein nicht als „bekömmlich“ vermarktet
werdendarf,daeinesolcheBezeichnung,dieaufeinenreduzier-
ten Säuregehalt hinweist, eine bei alkoholischen Getränken ver-
botenegesundheitsbezogeneAngabedarstellt.
UrteildesEuGHvom06.09.2012
C-544/10
EuGHonline
ANSCHLUSSINHABER HAFTET NICHT FÜR URHEBERRECHTSVERLETZUNGEN DES EHEGATTEN
MittlerweilesindzahlreicheGerichtsentscheidungenzuderFrage
ergangen,obderInhabereinesInternetanschlusses,derauchvon
Familienangehörigen benutzt wird, für Urheberrechtsverletzun-
gen durch Herunterladen von Audio- und Videodateien aus ille-
galen Tauschbörsen haftbar gemacht werden kann. Die meisten
Entscheidungen verneinen eine Haftung zumindest dann, wenn
dasbetreffendeFamilienmitglied(insbesondereKinder)ausdrück-
lichdaraufhingewiesenwordenist,denInternetanschlussnurzu
legalenZweckenundinsbesonderenichtfürillegaleTauschbörsen
zunutzen.
DasOberlandesgerichtKölngehtdavonaus,dassdenAnschluss-
inhaberalsüberwiegenderNutzerdesInternetanschlussesgegen-
über seinem Ehegatten keine vergleichbaren Kontrollpflichten
treffen,wiesieetwabei–insbesondereminderjährigen–Kindern
oderanderenHausgenossengelten.Diesgiltjedenfallsdann,wenn
keinAnlasszurAnnahmederartigerRechtsverletzungenbesteht.
UrteildesOLGKölnvom16.05.2012
6U239/11
CR2012,534
GRUR-RR2012,329
GRENZEN DER VERWERTUNGSRECHTE AN DER MARKE „OLYMPIA“
Sämtliche Verwertungsrechte an Olympischen Spielen stehen
dem Internationalen Olympischen Committee (IOC) und in
Deutschland dem Deutschen Olympischen Sportbund zu. Dabei
ist nicht nur das Olympia-Logo (5 Ringe) markenrechtlich
geschützt,sondernauchdieeigentlicheBezeichnungdesbedeu-
tendenSportevents.AuchdieOlympischenSpieleinLondon2012
haben gezeigt, dass Rechtsverletzungen von den Berechtigten
mitallemNachdruckverfolgtwerden.
Das Landgericht Kiel schränkt die Verfolgung der Verwertungs-
rechte jedoch nicht unerheblich ein. Danach stellt die Werbung
mit „Olympischen Preisen“ bzw. einem „Olympia-Rabatt“ keine
Verletzungshandlungdar,wennkeineVerwechslungsgefahrindem
Sinne besteht, dass die Bezeichnung fälschlicherweise mit den
OlympischenSpielenoderderOlympischenBewegunggedanklich
inVerbindunggebrachtwird.AneinerVerwechslungsgefahr fehlt
esnachAuffassungdesGerichts,wenneinDurchschnittsverbrau-
cheraufgrundderWerbungnichtvoneinemSponsoring-Verhält-
nis des Werbenden mit dem Deutschen Olympischen Sportbund
ausgehenkannunddurchdieWerbung–wiehier– lediglichdas
aktuellezeitgeschichtlicheEreignisderOlympischenSpieleausge-
nutztwird,umzusätzlicheAufmerksamkeitzuerreichen.
UrteildesLGKielvom21.06.2012
15O158/11
JurPCWeb-Dok.133/2012
EUGH ERKLÄRT WEITERVERKAUF GEBRAUCHTER SOFTWARE FÜR ZULÄSSIG
Ein Softwarehersteller hat nach Meinung des Europäischen
Gerichtshofs(EuGH)keinerechtlicheMöglichkeit,denWeiterver-
kauf von „gebrauchten“ Lizenzen seiner Computerprogramme zu
verhindern. Mit dem Verkauf der Software „erschöpft“ sich das
RechtzurweiterenVerbreitungdesProgramms.Diesgiltauchfür
legal aus dem Internet heruntergeladene entgeltliche Software.
EntgegenstehendeKlauselnimLizenzvertragsindunwirksam.
Anderenfalls könnte der Urheberrechtsinhaber bei jedem Weiter-
verkauf erneut eine Vergütung (Lizenzgebühr) verlangen, obwohl
er schon beim Erstverkauf eine angemessene Vergütung erzielt
hat. Das Recht zur Weiterverbreitung setzt sich gleichermaßen
auf weitere, nachfolgende Erwerber fort. Folglich hat auch der
Erwerber einer in dieser Weise legal erworbenen Programmkopie
gegenüberdemHersteller einenAnspruchaufAktualisierungdes
Programms.InjedemFallmussjedochsichergestelltsein,dassder
WeiterverkäuferseineProgrammdateienvollständiggelöschthat.
UrteildesEuGHvom03.07.2012
C-128/11
BB2012,1741
GRURPrax2012,326
GERICHTSZUSTÄNDIGKEIT FÜR KLAGE EINES VERBRAUCHERS GEGEN AUSLÄNDISCHEN VERKÄUFER
EinVerbraucher,dermiteinem imEU-AuslandansässigenGewer-
betreibenden einen Vertrag geschlossen hat, kann den Vertrags-
partner dann vor den inländischenGerichten verklagen,wennder
GewerbetreibendeseineberuflicheodergewerblicheTätigkeitauch
indemMitgliedstaatausübt,indemderVerbraucherseinenWohn-
sitzhat,odererseinegeschäftlichenAktivitäteninandererWeise
(z.B.überdasInternet)auchaufdiesenMitgliedstaatausrichtet.
Beruht die Geschäftsanbahnung auf einer Werbung über das
Internet,setztdieKlagebefugnisvoreinemGerichtamWohnsitz
des Verbrauchers nicht den Abschluss eines Fernabsatzvertrages
an dessen Wohnort voraus. Allein das im EU-Ausland abrufbare
Angebot reicht nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs
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(EuGH) für die Annahme einer beruflichen oder gewerblichen
Tätigkeit aus, die auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers aus-
gerichtet ist. Somit konnte die in Österreich ansässige Käuferin
eines Gebrauchtwagens, die nach einem Internetangebot eines
deutschenAutohändlersdenKaufvertragandessenFirmensitzin
Hamburgunterschriebenhatte, ihreMängelansprüchevor einem
österreichischenGerichtgeltendmachen.
UrteildesEuGHvom06.09.2012
C-190/11
WRP2012,1373
CR2012,670
RECHTSPRECHUNG ARBEITSRECHT
FRISTLOSE KÜNDIGUNG EINES AUSZUBILDENDEN NACH ARBEITSGEBERBELEIDIGUNG IN FACEBOOK
Beleidigende oder diffamierende Äußerungen eines Arbeitneh-
mers in sog. SozialenNetzwerkenwie Facebook gegenüber dem
Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kunden des Betriebs können
unangenehme Folgen bis hin zur fristlosen Kündigung haben.
Mittlerweile durchsuchen viele Betriebe regelmäßig Blogs und
DiskussionsforennachÄußerungenvonMitarbeiternundStellen-
bewerbern.
Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Bochum können belei-
digende Äußerungen eines Auszubildenden in seinem privaten,
für jedermann zugänglichen Facebook-Profil über seinen Ausbil-
dungsbetrieb mit Begriffen wie „Menschenschinder“ und „Aus-
beuter“ einenwichtigenGrund für eine fristloseKündigungdar-
stellen.BeiderAbwägungderAngemessenheitderKündigungist
bei Auszubildenden jedoch zu berücksichtigen, dass diese einer
besonderen Förderungspflicht im Ausbildungsverhältnis unterlie-
gen, so dass bei einer außerordentlichen Kündigung, die bereits
bei der Beendigung eines Arbeitsvertrages nur das letzte Mittel
darstellt, zugunsten des Auszubildenden ein noch strengerer
Maßstabangelegtwerdenmuss.
UrteildesArbeitsgerichtsBochumvom09.02.2012
3CA1203/11
JURISonline
KÜNDIGUNG NACH ANKÜNDIGUNG EINER ARBEITSUNFÄHIGKEIT
Schlägt ein Arbeitnehmer nach Ablehnung seines aus betriebli-
chen Gründen abgelehnten Urlaubswunsches dem Arbeitgeber
vor, Urlaub zu gewähren um die Erkrankung auszukurieren, liegt
in diesem Verhalten eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung.
Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm im Fall eines Lkw-Fah-
rers entschieden, dessen Urlaubsantrag vom Arbeitgeber aus
betrieblichenGründenwiederholtabgelehntwordenwarundder
dem Arbeitgeber vorschlug, keine Arbeitsunfähigkeitsbeschei-
nigung vorzulegen,wenn erUrlaub erhalte. Erwerde dannnach
dem Urlaub geheilt seine Arbeit wieder aufnehmen. Der Arbeit-
gebernahmdieszumAnlassfüreineaußerordentlicheundhilfs-
weiseeineordentlicheKündigung.InseinerBegründungsiehtdas
Gericht in dem Angebot des Arbeitnehmers, sich als Alternative
zurUrlaubsgewährungvombehandelndenArztkrankschreibenzu
lassen, eine unzulässige Ausübung von Druck auf den Arbeitge-
ber.AucheinobjektivarbeitsunfähigerArbeitnehmer,derberech-
tigtsei,derArbeitfernzubleiben,dürfeseineEntscheidunghier-
von Gebrauch zu machen nicht davon abhängig machen, dass
derArbeitgeber unterDruck gesetztwerde, einemaus betriebli-
chen Sachgründen abgelehnten Urlaubwunsch nachzugeben. Im
Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung sei jedoch zu
berücksichtigen, dass es sichumein einmaliges und erstmaliges
Fehlverhalten nachüber zwanzigjähriger unbeanstandeter Tätig-
keit gehandelt habe. Die Kündigung sei daher unzulässig gewe-
sen,weilvorherkeineAbmahnungerfolgte.
(Urteil des Landesarbeitsgerichts – LAG – Hamm vom 21. Juli
2012;Az.:8Sa315/12)
(Bs)
FORDERUNG VON ARBEITSUNFÄHIGKEITSNACHWEIS: ERMESSEN DES ARBEITGEBERS
Verlangt ein Arbeitgeber die Vorlage einer ärztlichen Bescheini-
gung über die Arbeitsunfähigkeit bereits ab dem ersten Krank-
heitstag, ist er hierbei in seinem Ermessen nicht an besondere
Voraussetzungen gebunden. Das hat das Bundesarbeitsgericht
imFalleinerRedakteurinbeieinerRundfunkanstaltentschieden.
Der Arbeitgeber forderte sie auf, künftig ab dem ersten Krank-
heitstageinenArbeitsunfähigkeitsnachweisvorzulegen.Vorange-
gangen waren zwei Ablehnungen von Dienstreiseanträgen durch
den Arbeitgeber und anschließend eine eintägige Krankmeldung
der Redakteurin für den Tag der abgelehnten Dienstreise. Die
RedakteurinverlangtedieRücknahmederArbeitgeberweisung.In
seinerBegründungweistdasGerichtdaraufhin,dassderArbeit-
gebernachdemEntgeltfortzahlungsgesetz(vgl.Paragraf5Abs.1
Satz3 EFZG)berechtigt sei vomArbeitnehmerdieVorlage einer
ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähig-
keit und deren voraussichtliche Dauer vom ersten Krankheitstag
an zu fordern. Dieses Recht stehe in seinem Ermessen und sei
nicht an besondere Voraussetzungen gebunden. Daher sei nicht
erforderlich,dasseinbesondersbegründeterVerdachtgegenden
ArbeitnehmervorliegeinderVergangenheiteineErkrankungvor-
getäuschtzuhaben.TariflicheRegelungenstündendiesemRecht
nur entgegen, wenn sie die Berechtigung des Arbeitgebers aus-
drücklichausschließen,wasvorliegendnichtderFallssei.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 14. November
2012;Az.:5AZR886/11)
(Bs)
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KEIN ANSPRUCH AUF DANK UND GUTE WÜNSCHE IM ARBEITSZEUGNIS
Erstellt der Arbeitgeber bei Beendigung eines Arbeitsverhältnis-
ses ein Arbeitszeugnis, besteht kein Anspruch darauf, dass der
Arbeitgeber seinenDankundguteWünsche fürdieZukunftaus-
drückt.DashatdasBundesarbeitsgerichtimFalleinesBaumarkt-
leiters entschieden, der von seinem Arbeitgeber angesichts einer
betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein qua-
lifiziertes Arbeitszeugnis mit einer überdurchschnittlichen Leis-
tungs-undVerhaltensbeurteilungerhielt,dasmitdemSatzendete
„WirwünschenihmfürdieZukunftallesGute.“DerArbeitnehmer
sahhierineineEntwertungseinesgutenZeugnissesundverlangte
stattdessendie Formulierung „Wirbedankenuns fürdie langjäh-
rige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und
berufliche Zukunft alles Gute“. In seiner Begründung weist das
Gerichtdaraufhin,dasseinAnspruchaufDankundguteWünsche
nicht bestehe. Mit Schlusssätzen in Zeugnissen drückten Arbeit-
geberoftpersönlicheEmpfindungenzumAusdruck;sieseiennicht
neutral, sondern könnten die objektiven Zeugnisaussagen sowohl
zur Führung wie auch zur Leistung bestärken oder einschränken.
Wenn ein Arbeitgeber solche Schlusssätze verwende und der
Arbeitnehmer damit nicht einverstanden sei, könne er lediglich
einZeugnisohneSchlussformelverlangen.Zwarsei inderPraxis,
insbesondere bei überdurchschnittlichen Zeugnisbeurteilungen,
eineDank-undWunschformelhäufigzufinden,mangelsgesetz-
licherGrundlagekönnedarausaberkeinAnspruchaufeinesolche
Formelabgeleitetwerden.
(Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 11. Dezember
2012;Az.:9AZR227/11)
(Bs)
HERAUSGEBER:
IHKNürnbergfürMittelfrankenHauptmarkt25/27 90403Nürnberg
V.i.S.d.P.:RAOliverBaumbach