BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz –...

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Plenarprotokoll 806 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon: 02 21/9 76 68-0, Telefax: 02 21/9 76 68-338 ISSN 0722-7999 BUNDESRAT Stenografischer Bericht 806. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. November 2004 Inhalt: Amtliche Mitteilungen Zur Tagesordnung 1. Fünftes Gesetz zur Änderung des Sechs- ten Buches Sozialgesetzbuch (Druck- sache 832/04) Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG 2. Gesetz zur Verbesserung des unfallver- sicherungsrechtlichen Schutzes bürger- schaftlich Engagierter und weiterer Personen (Drucksache 833/04, zu Druck- sache 833/04) Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ge- sundheit und Soziale Sicherung Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84 Abs. 1 GG – Annahme einer Entschlie- ßung 3. Gesetz zum qualitätsorientierten und be- darfsgerechten Ausbau der Tagesbetreu- ung für Kinder (Tagesbetreuungsausbau- gesetz – TAG) – gemäß Artikel 84 Abs. 1 GG – (Drucksache 834/04) Ute Schäfer (Nordrhein-Westfalen) Christa Stewens (Bayern) Dr. Ralf Stegner (Schleswig-Hol- stein) Erwin Huber (Bayern) Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Herbert Mertin (Rheinland-Pfalz) Beschluss: Anrufung des Vermittlungs- ausschusses – Der Bundesrat hält das Gesetz für zustimmungsbedürftig 4. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 (Finanzkonglomeraterichtlinie-Umset- zungsgesetz) (Drucksache 835/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80 Abs. 2 und Art. 84 Abs. 1 GG 5. Gesetz zur finanziellen Unterstützung der Innovationsoffensive durch Abschaf- fung der Eigenheimzulage (Drucksache 836/04) Gerold Wucherpfennig (Thürin- gen) Heribert Rech (Baden-Württem- berg) Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz) Peter Müller (Saarland) Volker Halsch, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen Beschluss: Keine Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 GG 6. Gesetz zur Änderung des Versicherungs- aufsichtsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksache 837/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 3 GG 7. Gesetz zur Umsetzung von EU-Richt- linien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richt- . . . . . . . . 577 A . . . . . . . . . . 577 C . . . . . . . . . . . 579 C . . . . . . . . . . . 611*B . . . . . . . . . . . 579 C . . . 579 C . 580 B . . . . . . . . . . . . . 581 C . . . . . . 585 A . 585 A . . . . 585 D . . . . . . . . . . . . 587 A . . . . . . 588 D . . . . . . . . . . . 589 C . 613*D . 591 C, D . . 579 C . . . . 611*D . . . . . . . . . . . . . 591 D . . . . . . . . . . . . 591 D . . . . . . . . . . . . 592 C . 593 C . . . . . 594 C . 595 A . . . . . . . . 595 D . . . . . . . . 579 C . . . 611*D

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Plenarprotokoll 806

BUNDESRATStenografischer Bericht

806. Sitzung

Berlin, Freitag, den 26. November 2004

I n h a l t :

Amtliche Mitteilungen

Zur Tagesordnung

1. Fünftes Gesetz zur Änderung des Sechs-ten Buches Sozialgesetzbuch (Druck-sache 832/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

2. Gesetz zur Verbesserung des unfallver-sicherungsrechtlichen Schutzes bürger-schaftlich Engagierter und weitererPersonen (Drucksache 833/04, zu Druck-sache 833/04)

Kurt Beck (Rheinland-Pfalz)

Franz Thönnes, Parl. Staatssekretärbei der Bundesministerin für Ge-sundheit und Soziale Sicherung

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG – Annahme einer Entschlie-ßung

3. Gesetz zum qualitätsorientierten und be-darfsgerechten Ausbau der Tagesbetreu-ung für Kinder (Tagesbetreuungsausbau-gesetz – TAG) – gemäß Artikel 84 Abs. 1GG – (Drucksache 834/04)

Ute Schäfer (Nordrhein-Westfalen)

Christa Stewens (Bayern)

Dr. Ralf Stegner (Schleswig-Hol-stein)

Erwin Huber (Bayern)

Renate Schmidt, Bundesministerinfür Familie, Senioren, Frauen undJugend

Herbert Mertin (Rheinland-Pfalz)

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Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 BerlinVertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 KölnTelefon: 02 21/9 76 68-0, Telefax: 02 21/9 76 68-338ISSN 0722-7999

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses – Der Bundesrat hält dasGesetz für zustimmungsbedürftig

4. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie2002/87/EG des Europäischen Parlamentsund des Rates vom 16. Dezember 2002(Finanzkonglomeraterichtlinie-Umset-zungsgesetz) (Drucksache 835/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 und Art. 84 Abs. 1 GG

5. Gesetz zur finanziellen Unterstützungder Innovationsoffensive durch Abschaf-fung der Eigenheimzulage (Drucksache836/04)

Gerold Wucherpfennig (Thürin-gen)

Heribert Rech (Baden-Württem-berg)

Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz)

Peter Müller (Saarland)

Volker Halsch, Staatssekretär imBundesministerium der Finanzen

Beschluss: Keine Zustimmung gemäßArt. 105 Abs. 3 GG

6. Gesetz zur Änderung des Versicherungs-aufsichtsgesetzes und anderer Gesetze(Drucksache 837/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 und Art. 105 Abs. 3 GG

7. Gesetz zur Umsetzung von EU-Richt-linien in nationales Steuerrecht und zurÄnderung weiterer Vorschriften (Richt-

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II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG)(Drucksache 838/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 und Art. 108 Abs. 5 GG

8. Gesetz zur Gründung einer Bundes-anstalt für Immobilienaufgaben (BImA-Errichtungsgesetz) (Drucksache 839/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

9. Gesetz zum Ausschluss von Dienst-,Amts- und Versorgungsbezügen von denEinkommensanpassungen 2003/2004(Anpassungsausschlussgesetz) (Drucksa-che 840/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 74aAbs. 1 und Abs. 2 GG

10. Gesetz zur Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes (Drucksache 841/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

11. Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderungdes Bundesausbildungsförderungsgeset-zes (21. BAföGÄndG) (Drucksache 842/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 104aAbs. 3 GG

12. Gesetz zur Anpassung von Verjährungs-vorschriften an das Gesetz zur Moderni-sierung des Schuldrechts (Drucksache843/04 [neu])

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

13. Gesetz zur Änderung des Patentgesetzesund anderer Vorschriften des gewerb-lichen Rechtsschutzes (Drucksache 844/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

14. Gesetz zur Verlängerung der Geltungs-dauer der §§ 100g, 100h StPO (Druck-sache 845/04, zu Drucksache 845/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

15. … Strafrechtsänderungsgesetz – §§ 180b,181 StGB (… StrÄndG) – gemäß Arti-kel 77 Abs. 2 GG – (Drucksache 846/04)

Dr. Christean Wagner (Hessen)

Dr. Beate Merk (Bayern)

Prof. Dr. Hansjörg Geiger, Staatsse-kretär im Bundesministerium derJustiz

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses

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16. Gesetz zur Vereinfachung und Verein-heitlichung der Verfahrensvorschriftenzur Wahl und Berufung ehrenamtlicherRichter (Drucksache 847/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

17. Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verlet-zung des Anspruchs auf rechtliches Ge-hör (Anhörungsrügengesetz) (Drucksa-che 848/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

18. Gesetz zur Überarbeitung des Lebens-partnerschaftsrechts (Drucksache 849/04)

Karin Schubert (Berlin)

Erwin Huber (Bayern)

Dr. Roger Kusch (Hamburg)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

19. Gesetz zur Einführung der EuropäischenGesellschaft (SEEG) – gemäß Artikel 77Abs. 2 GG – (Drucksache 850/04)

Walter Hirche (Niedersachsen)

Jochen Riebel (Hessen)

Wolfram Kuschke (Nordrhein-West-falen)

Prof. Dr. Hansjörg Geiger, Staatsse-kretär im Bundesministerium derJustiz

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses

20. Gesetz zur Kontrolle von Unternehmens-abschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – Bil-KoG) (Drucksache 851/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

21. Gesetz zur Einführung internationalerRechnungslegungsstandards und zur Si-cherung der Qualität der Abschlussprü-fung (Bilanzrechtsreformgesetz – Bil-ReG) (Drucksache 852/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

22. Gesetz zur Umsetzung gemeinschafts-rechtlicher Vorschriften über die grenz-überschreitende Prozesskostenhilfe inZivil- und Handelssachen in den Mit-gliedstaaten (EG-Prozesskostenhilfege-setz) (Drucksache 853/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

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Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 III

23. Fünftes Gesetz zur Änderung des Ab-wasserabgabengesetzes (Drucksache 854/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

24. Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinieüber die Bewertung und Bekämpfungvon Umgebungslärm (Drucksache 855/04)

Beschluss: Keine Zustimmung gemäßArt. 84 Abs. 1 GG – Annahme der Be-gründung – Annahme einer Entschlie-ßung

25. Gesetz zu dem Vertrag vom 17. April2003 zwischen der BundesrepublikDeutschland und der TschechischenRepublik über die Änderung des Ver-laufs der gemeinsamen Staatsgrenze imBereich der Autobahnbrücke am Grenz-übergang Waidhaus – Rozvadov/Roß-haupt (Drucksache 856/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

26. Gesetz zur Änderung des Übereinkom-mens vom 29. Mai 1990 zur Errichtungder Europäischen Bank für Wiederauf-bau und Entwicklung (Drucksache 857/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

27. Gesetz zu dem Dritten Zusatzprotokollvom 4. Juni 2004 zum Abkommen vom16. Juni 1959 zwischen der Bundesrepu-blik Deutschland und dem Königreichder Niederlande zur Vermeidung derDoppelbesteuerung auf dem Gebiete derSteuern vom Einkommen und vom Ver-mögen sowie verschiedener sonstigerSteuern und zur Regelung anderer Fra-gen auf steuerlichem Gebiete (Druck-sache 886/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 GG

28. Gesetz zu dem Beschluss der im Rat derEuropäischen Union vereinigten Vertre-ter der Regierungen der Mitgliedstaatenvom 28. April 2004 betreffend die Vor-rechte und Immunitäten von ATHENA(Drucksache 858/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 GG

29. Gesetz zum EU-Truppenstatut vom17. November 2003 (Drucksache 859/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105Abs. 3 GG

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30. a) Entwurf eines … Gesetzes zur Ände-rung des Asylbewerberleistungsge-setzes – Antrag der Freien HansestadtBremen – (Drucksache 367/04)

Beschluss: Einbringung des Gesetzent-wurfs gemäß Art. 76 Abs. 1 GG beimDeutschen Bundestag in der festgeleg-ten Fassung – Bestellung von SenatorinKarin Röpke (Bremen) zur Beauftragtendes Bundesrates gemäß § 33 GO BR

31. Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdes Masseur- und Physiotherapeutenge-setzes und anderer Gesetze zur Regelungvon Gesundheitsfachberufen – Antragdes Landes Niedersachsen – (Drucksache790/04)

Beschluss: Einbringung des Gesetzent-wurfs gemäß Art. 76 Abs. 1 GG beimDeutschen Bundestag nach Maßgabeder beschlossenen Änderungen – Be-stellung von Minister Bernhard Buse-mann (Niedersachsen) zum Beauftrag-ten des Bundesrates gemäß § 33 GO BR

32. Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebungdes Art. 6 des 32. Gesetzes zur Verbesse-rung des Mietrechts und zur Begrenzungdes Mietanstiegs sowie zur Regelung vonIngenieur- und Architektenleistungen– Antrag des Freistaates Bayern – (Druck-sache 777/04)

Beschluss: Einbringung des Gesetzent-wurfs gemäß Art. 76 Abs. 1 GG beimDeutschen Bundestag nach Maßgabeder beschlossenen Änderung – Bestel-lung von Staatsminister Dr. GüntherBeckstein (Bayern) zum Beauftragtendes Bundesrates gemäß § 33 GO BR

33. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung derFahrgastrechte – gemäß Artikel 76 Abs. 1GG – Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 36 Abs. 2 GO BR –(Drucksache 903/04)

Dr. Axel Horstmann (Nordrhein-Westfalen)

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse

34. Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdes Absatzfondsgesetzes und des Holz-absatzfondsgesetzes (Drucksache 779/04)

Erwin Huber (Bayern)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

35. Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnungdes Pfandbriefrechts (Drucksache 781/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

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IV Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

36. Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdienst- und arbeitsrechtlicher Vorschrif-ten im Hochschulbereich (HdaVÄndG)– gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG –(Drucksache 818/04)

Ph. D. Jörg Dräger (Hamburg)

Wolf-Michael Catenhusen, Staats-sekretär im Bundesministerium fürBildung und Forschung

Erwin Huber (Bayern)

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArt. 76 Abs. 2 GG

37. Entwurf eines Gesetzes über die Neuord-nung der Reserve der Streitkräfte und zurRechtsbereinigung des Wehrpflichtgeset-zes (Streitkräftereserve-Neuordnungs-gesetz – SkResNOG) (Drucksache 782/04)

Beschluss: Stellungnahme gemäß Art. 76Abs. 2 GG

38. Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertragvom 5. April 2004 zwischen der Bundes-republik Deutschland, der RepublikPolen und der Tschechischen Republiküber den Bau einer Straßenverbindungin der Euroregion Neiße, im Raumzwischen den Städten Zittau in der Bun-desrepublik Deutschland, Reichenau(Bogatynia) in der Republik Polen undHrádek nad Nisou/Grottau in derTschechischen Republik (Drucksache783/04)

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArt. 76 Abs. 2 GG

39. Umweltradioaktivität und Strahlenbe-lastung im Jahr 2003 – gemäß § 5 Abs. 2StrVG – (Drucksache 746/04)

Beschluss: Stellungnahme

40. Vorschlag für einen Beschluss des Ratesüber das System der Eigenmittel der Eu-ropäischen Gemeinschaften

Vorschlag für eine Verordnung des Ratesmit Durchführungsmaßnahmen für dieKorrektur der Haushaltsungleichge-wichte gemäß den Artikeln 4 und 5 desBeschlusses des Rates über das Systemder Eigenmittel der Europäischen Ge-meinschaften – gemäß §§ 3 und 5 EUZ-BLG – (Drucksache 636/04)

Beschluss: Stellungnahme

41. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi-schen Parlaments und des Rates zur Än-derung der Richtlinie 2003/88/EG überbestimmte Aspekte der Arbeitszeitge-

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staltung – gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 737/04)

Herbert Mertin (Rheinland-Pfalz)

Beschluss: Stellungnahme

42. Grünbuch der Kommission der Europäi-schen Gemeinschaften über die Beschaf-fung von Verteidigungsgütern – gemäߧ§ 3 und 5 EUZBLG – (Drucksache 778/04)

Beschluss: Stellungnahme

43. Vorschlag für eine Verordnung des Euro-päischen Parlaments und des Rates überdas Finanzierungsinstrument für dieUmwelt (LIFE+) – gemäß §§ 3 und 5 EUZ-BLG – (Drucksache 772/04)

Beschluss: Stellungnahme

44. Zweite Verordnung zur Änderung derLebensmitteltransportbehälter-Verord-nung (Drucksache 774/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

45. Zehnte Verordnung zur Änderung derBedarfsgegenständeverordnung (Druck-sache 786/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

46. Verordnung zur Änderung einfuhrrecht-licher Vorschriften (Drucksache 787/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

47. Verordnung über maßgebende Rechen-größen der Sozialversicherung für 2005(Sozialversicherungs-Rechengrößenver-ordnung 2005) (Drucksache 784/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

48. Zehnte Verordnung zur Änderung derRisikostruktur-Ausgleichsverordnung(10. RSA-ÄndV) (Drucksache 788/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG nach Maßgabe der beschlos-senen Änderung

49. Zweite Verordnung zur Änderung derKostenverordnung zum Atomgesetz(Drucksache 785/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG nach Maßgabe der beschlos-senen Änderung

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Page 5: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

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50. Zweite Verordnung zu Änderungen derAnlage IV zum Übereinkommen von1992 über den Schutz der Meeresumweltdes Ostseegebiets (2. Ostseeschutz-Ände-rungsverordnung) (Drucksache 810/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG

51. … Verordnung zur Änderung straßenver-kehrsrechtlicher Vorschriften (Druck-sache 776/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 80Abs. 2 GG in geänderter Fassung

52. Benennung von Vertretern in Beratungs-gremien der Europäischen Union (Aus-schuss der Kommission für europaweiteeGovernment-Dienste – PEGSCO) – ge-mäß § 6 Abs. 1 EUZBLG i.V.m. Ab-schnitt IV der Bund-Länder-Vereinba-rung – (Drucksache 792/04)

Beschluss: Zustimmung zu der Empfeh-lung in Drucksache 792/1/04

53. Benennung eines stellvertretenden Mit-glieds des Kuratoriums der Stiftung„Haus der Geschichte der Bundesrepu-blik Deutschland“ – gemäß § 7 Abs. 3 desGesetzes zur Errichtung einer Stiftung„Haus der Geschichte der Bundesrepu-blik Deutschland“ – (Drucksache 757/04)

Beschluss: Zustimmung zu dem Vor-schlag in Drucksache 757/04

54. Personelle Veränderungen im Beirat fürAusbildungsförderung beim Bundes-ministerium für Bildung und Forschung– gemäß § 44 Abs. 1 BAföG i.V.m. § 2Nr. 7 BeiratsV – (Drucksache 793/04)

Beschluss: Zustimmung zu dem Vor-schlag in Drucksache 793/04

55. Vorschlag der Bundesministerin der Jus-tiz für die Ernennung von Bundesanwäl-ten beim Bundesgerichtshof – gemäߧ 149 GVG – (Drucksache 797/04)

Beschluss: Zustimmung zu dem Vor-schlag in Drucksache 797/04

56. Gesetz zur Ergänzung des Entschädi-gungsgesetzes (Entschädigungsrechts-ergänzungsgesetz – EntschRErgG)(Drucksache 906/04)

Beschluss: Kein Antrag gemäß Art. 77Abs. 2 GG

57. Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsge-setzes und weiterer Gesetze – gemäß Ar-tikel 84 Abs. 1 GG – (Drucksache 918/04)

Peter Müller (Saarland)

Beschluss: Anrufung des Vermittlungs-ausschusses

. 579 C

. . . . . . . . . . . . 613*A

. . . . . . . . . . . 579 C

. . 612*D

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579 C

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581 C. . . . . 581 C

. . . . . . . . . . . 582 D

58. Zweites Gesetz zur Änderung woh-nungsrechtlicher Vorschriften (Druck-sache 909/04)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 und Art. 104a Abs. 3 GG

59. a) Entwurf eines Gesetzes zum Bürokra-tieabbau – Antrag des Landes Baden-Württemberg – Geschäftsordnungsan-trag des Landes Baden-Württemberg –(Drucksache 709/04)

b) Entwurf eines Gesetzes zur Deregulie-rung und Beschleunigung von Geneh-migungsverfahren im Bereich des Le-bensmittelrechts und Veterinärwesens– gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG – Antragdes Freistaates Bayern – Geschäftsord-nungsantrag des Freistaates Bayern –(Drucksache 732/04)

c) Entwurf eines Gesetzes zur Deregulie-rung im Bereich des sozialen undtechnischen Arbeitsschutzes, der Me-dizinprodukte-Betreiberverordnungund der Röntgenverordnung – gemäßArtikel 76 Abs. 1 GG – Antrag desFreistaates Bayern – Geschäftsord-nungsantrag des Freistaates Bayern –(Drucksache 733/04)

d) Entwurf eines Gesetzes zur Deregulie-rung und Beschleunigung von Geneh-migungsverfahren im Bereich desUmweltrechts – gemäß Artikel 76Abs. 1 GG – Antrag des FreistaatesBayern – Geschäftsordnungsantragdes Freistaates Bayern – (Drucksache734/04)

in Verbindung mit

60. a) Entschließung des Bundesrates zumBürokratieabbau – Antrag des LandesBaden-Württemberg – Geschäftsord-nungsantrag des Landes Baden-Württemberg – (Drucksache 710/04)

b) Entschließung des Bundesrates zurDeregulierung der Vierten Verord-nung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und desGesetzes über die Umweltverträglich-keitsprüfung – Antrag des Landes Nie-dersachsen – Geschäftsordnungsan-trag des Landes Niedersachsen –(Drucksache 692/04)

c) Entschließung des Bundesrates zurVereinheitlichung der Bestimmungendes Infektionsschutzgesetzes, der Tier-seuchenerreger-Verordnung und derBiostoffverordnung zum Schutz vor

. . . . . . . . . . . 579 C

. . . 611*D

Page 6: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

VI Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

Krankheitserregern – Antrag des Frei-staates Bayern – Geschäftsordnungs-antrag des Freistaates Bayern –(Drucksache 735/04)

und

30. b) Entwurf eines … Gesetzes zur Ände-rung des Asylbewerberleistungsge-setzes – gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG –Antrag des Landes Schleswig-Hol-stein – (Drucksache 638/04)

Erwin Teufel (Baden-Württemberg)

Herbert Mertin (Rheinland-Pfalz)

Beschluss zu 59 a): Einbringung des Ge-setzentwurfs gemäß Art. 76 Abs. 1 GGbeim Deutschen Bundestag in der be-schlossenen Fassung – Bestellung vonMinister Ernst Pfister (Baden-Württem-berg) zum Beauftragten des Bundesra-tes gemäß § 33 GO BR

Mitteilung zu 30 b) und 59 b) bis d): DieGesetzesanträge werden für erledigterklärt

Beschluss zu 60 a): Annahme der Ent-schließung in der beschlossenen Fas-sung

Mitteilung zu 60 b) und c): Die Entschlie-ßungsanträge werden für erledigt er-klärt

61. Wahl des Vorsitzenden des Ausschussesfür Fragen der Europäischen Union – ge-mäß § 12 Abs. 3 GO BR – (Drucksache937/04)

. . . . 582 D

. 583 B

. 613*C

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Beschluss: Minister Ulrich M ü l l e r(Baden-Württemberg) wird gewählt

62. Gesetz zur Anpassung der Finanzierungvon Zahnersatz (Drucksache 941/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg), Berichterstatter

Beschluss: Einspruch gemäß Art. 77Abs. 3 GG

63. Gesetz zur Berücksichtigung der Kinder-erziehung im Beitragsrecht der sozialenPflegeversicherung (Kinder-Berücksich-tigungsgesetz – KiBG) (Drucksache 942/04)

Rudolf Köberle (Baden-Württem-berg), Berichterstatter

Beschluss: Einspruch gemäß Art. 77Abs. 3 GG

64. Zweites Gesetz zur Änderung der Vor-schriften zum diagnose-orientierten Fall-pauschalensystem für Krankenhäuserund zur Änderung anderer Vorschriften(Zweites Fallpauschalenänderungsge-setz – 2. FPÄndG) (Drucksache 943/04)

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer (Sach-sen-Anhalt), Berichterstatter

Erwin Huber (Bayern)

Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 84Abs. 1 GG

Nächste Sitzung

Feststellung gemäß § 34 GO BR

. 577 D

. . 577 D

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. . . . . . . . . . . . 578 B

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Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 VII

Verzeichnis der Anwesenden

V o r s i t z :

Präsident M a t t h i a s P l a t z e c k , Minister-präsident des Landes Brandenburg

Vizepräsident D i e t e r A l t h a u s , Minister-präsident des Freistaats Thüringen – zeit-weise –

S c h r i f t f ü h r e r i n n e n :

Annemarie Lütkes (Schleswig-Holstein)

Dr. Beate Merk (Bayern)

B a d e n - W ü r t t e m b e r g :

Erwin Teufel, Ministerpräsident

Rudolf Köberle, Minister und Bevollmächtigterdes Landes Baden-Württemberg beim Bund

Heribert Rech, Innenminister

B a y e r n :

Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident

Erwin Huber, Staatsminister für Bundesangele-genheiten und Verwaltungsreform und Leiterder Staatskanzlei

Christa Stewens, Staatsministerin für Arbeit undSozialordnung, Familie und Frauen

Josef Miller, Staatsminister für Landwirtschaftund Forsten

Dr. Beate Merk, Staatsministerin der Justiz

B e r l i n :

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister

Karin Schubert, Bürgermeisterin und Senatorinfür Justiz

B r a n d e n b u r g :

Ulrich Junghanns, Minister für Wirtschaft

B r e m e n :

Dr. Kerstin Kießler, Staatsrätin, Bevollmächtigteder Freien Hansestadt Bremen beim Bundund für Europa

H a m b u r g :

Dr. Roger Kusch, Senator, Präses der Justizbe-hörde

Ph. D. Jörg Dräger, Senator, Präses der Behördefür Wissenschaft und Gesundheit

H e s s e n :

Roland Koch, Ministerpräsident

Jochen Riebel, Minister für Bundes- und Europa-angelegenheiten und Bevollmächtigter desLandes Hessen beim Bund

Dr. Christean Wagner, Minister der Justiz

M e c k l e n b u r g - V o r p o m m e r n :

Dr. Harald Ringstorff, Ministerpräsident

Prof. Dr. Wolfgang Methling, Umweltminister

Erwin Sellering, Justizminister

N i e d e r s a c h s e n :

Christian Wulff, Ministerpräsident

Walter Hirche, Minister für Wirtschaft, Arbeitund Verkehr

Elisabeth Heister-Neumann, Justizministerin

Page 8: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

VIII Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

N o r d r h e i n - W e s t f a l e n :

Wolfram Kuschke, Minister für Bundes-, Europa-angelegenheiten und Medien und Bevoll-mächtigter des Landes Nordrhein-Westfalenbeim Bund

Wolfgang Gerhards, Justizminister

Ute Schäfer, Ministerin für Schule, Jugend undKinder

Dr. Axel Horstmann, Minister für Verkehr, Ener-gie und Landesplanung

R h e i n l a n d - P f a l z :

Kurt Beck, Ministerpräsident

Gernot Mittler, Minister der Finanzen

Herbert Mertin, Minister der Justiz

S a a r l a n d :

Peter Müller, Ministerpräsident

Monika Beck, Staatssekretärin, Bevollmächtigtedes Saarlandes beim Bund

S a c h s e n :

Prof. Dr. Georg Milbradt, Ministerpräsident

Thomas Jurk, Staatsminister für Wirtschaft undArbeit

Geert Mackenroth, Staatsminister der Justiz

S a c h s e n - A n h a l t :

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident

Rainer Robra, Staatsminister und Chef derStaatskanzlei

S c h l e s w i g - H o l s t e i n :

Annemarie Lütkes, Ministerin für Justiz, Frauen,Jugend und Familie

Dr. Ralf Stegner, Finanzminister

T h ü r i n g e n :

Dieter Althaus, Ministerpräsident

Gerold Wucherpfennig, Minister für Bundes-und Europaangelegenheiten und Chef derStaatskanzlei

Harald Schliemann, Justizminister

V o n d e r B u n d e s r e g i e r u n g :

Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie,Senioren, Frauen und Jugend

Dr. Christina Weiss, Staatsministerin beim Bun-deskanzler

Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister für Wirtschaft und Arbeit

Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bun-desministerin für Gesundheit und SozialeSicherung

Lutz Diwell, Staatssekretär im Bundesministe-rium des Innern

Prof. Dr. Hansjörg Geiger, Staatssekretär imBundesministerium der Justiz

Volker Halsch, Staatssekretär im Bundesministe-rium der Finanzen

Wolf-Michael Catenhusen, Staatssekretär imBundesministerium für Bildung und For-schung

Page 9: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 577

(A) (C)

(B) D)

806. Sitzung

Berlin, den 26. November 2004

Beginn: 9.30 Uhr

Präsident Matthias Platzeck: Meine sehr verehrtenDamen und Herren, ich eröffne die 806. Sitzung desBundesrates.

Bevor ich mich der Tagesordnung zuwende, habeich gemäß § 23 Abs. 1 unserer GeschäftsordnungVeränderungen in der Mitgliedschaft bekannt zu ge-ben:

Aus der Regierung des Freistaates Sachsen und da-mit aus dem Bundesrat sind mit Ablauf des 10. No-vember 2004 die Herren Staatsminister ProfessorDr. Karl M a n n s f e l d , Horst R a s c h , Dr. Mar-tin G i l l o und Dr. Matthias R ö ß l e r ausgeschie-den.

Die Staatsregierung hat mit Wirkung vom 23. No-vember 2004 den Ministerpräsidenten des FreistaatesSachsen Professor Dr. Georg M i l b r a d t sowie dieHerren Staatsminister Thomas J u r k , HermannW i n k l e r und Geert M a c k e n r o t h zu Mit-gliedern des Bundesrates bestellt. Die weiteren Mit-glieder der Regierung wurden zu stellvertretendenMitgliedern des Bundesrates bestellt.

Aus der Regierung des Landes Baden-Würt-temberg und damit aus dem Bundesrat ist am10. November 2004 Herr Minister Dr. ChristophP a l m e r ausgeschieden.

Die Landesregierung hat am 23. November 2004Herrn Minister Ulrich M ü l l e r als stellvertreten-des Mitglied des Bundesrates benannt.

Den ausgeschiedenen Mitgliedern danke ich fürihre Arbeit in den Organen des Bundesrates. Denneuen Mitgliedern wünsche ich mit uns allen hier imHause eine gute und vertrauensvolle Zusammenar-beit.

Ich komme nun zur Tagesordnung. Sie liegt Ihnenin vorläufiger Form mit 64 Punkten vor. Zur Reihen-folge der Tagesordnung ist vorgesehen, dass zu Be-ginn der Sitzung Punkt 61 behandelt wird. Es folgendie Tagesordnungspunkte 62 bis 64. Nach Punkt 2wird Punkt 57 aufgerufen. Es folgen die miteinanderverbundenen Punkte 59, 60 und 30 b). Im Übrigen

(

bleibt es bei der ausgedruckten Reihenfolge der Ta-gesordnung.

Gibt es Wortmeldungen zur Tagesordnung?

Dann ist sie so festgestellt.

Wir kommen zu Punkt 61:

Wahl des Vorsitzenden des Ausschusses fürFragen der Europäischen Union (Drucksache937/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Für diese Wahl liegt Ihnen ein Antrag des Präsi-diums vor.

Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitteich um sein Handzeichen.

Dann ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 62:

Gesetz zur Anpassung der Finanzierung vonZahnersatz (Drucksache 941/04)

Das Gesetz kommt aus dem Vermittlungsausschusszurück. Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Minis-ter Köberle (Baden-Württemberg) das Wort. Bittesehr.

Rudolf Köberle (Baden-Württemberg), Bericht-erstatter: Verehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin-nen, liebe Kollegen! Der Deutsche Bundestag hat am1. Oktober 2004 das Gesetz zur Anpassung derFinanzierung von Zahnersatz verabschiedet.

Das Gesetz macht die im überparteilichen Konsenszum GKV-Modernisierungsgesetz vorgesehene ge-sonderte Finanzierung des Zahnersatzes ab 1. Januar2005 rückgängig und belässt diesen im Leistungska-talog der gesetzlichen Krankenversicherung. Der mitdem GKV-Modernisierungsgesetz zum 1. Januar2006 vorgesehene zusätzliche Beitragssatz soll be-reits zum 1. Juli 2005 in Kraft treten und von 0,5 auf0,9 % angehoben werden.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 5. Novem-ber 2004 beschlossen, zu dem Gesetz die Einberu-fung des Vermittlungsausschusses zu verlangen, undzwar mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzes.

Redetext

Page 10: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

578 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

(A C)

(B) D)

)Zur Begründung führte der Bundesrat unter ande-

rem aus, dass der Bundestag mit dem Gesetz denparteiübergreifenden Kompromiss zum GKV-Moder-nisierungsgesetz aufgekündigt habe. Den entschei-denden Vorteil der Abkopplung des Zahnersatzesvon den Arbeitskosten habe er aufgegeben. Zudemverhindere das Gesetz mehr Wettbewerb der Kran-kenkassen und begründe die Gefahr von Regressfor-derungen der privaten Versicherungsunternehmen,die bereits Verträge mit den Versicherten abge-schlossen hätten. Die von der Bundesregierungangeführten praktischen Schwierigkeiten bei derAusführung des Gesetzes hätten bei rechtzeitigerVorbereitung vermieden werden können.

Der Vermittlungsausschuss hat das Verfahren inseiner Sitzung am 24. November 2004 ohne Eini-gungsvorschlag beendet.

Das Gesetz liegt uns also in unveränderter Fassungvor. Es handelt sich um ein Einspruchsgesetz. Wir ha-ben daher jetzt über den Einspruch zu entscheiden.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht derFall.

Wie schon gesagt worden ist, liegt das Gesetz inunveränderter Fassung vor.

Baden-Württemberg beantragt in Drucksache 941/1/04, gegen das Gesetz Einspruch einzulegen. Werstimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Mehrheit.

Der Bundesrat hat mit der Mehrheit seiner Mitglie-der beschlossen, gegen das Gesetz Einspruch einzu-legen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 63:

Gesetz zur Berücksichtigung der Kindererzie-hung im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversi-cherung (Kinder-Berücksichtigungsgesetz –KiBG) (Drucksache 942/04)

Auch dieses Gesetz kommt aus dem Vermittlungs-ausschuss zurück. Zur Berichterstattung erteile ichHerrn Minister Köberle (Baden-Württemberg) dasWort.

Rudolf Köberle (Baden-Württemberg), Berichter-statter: Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen undKollegen! Der Deutsche Bundestag hat am 1. Okto-ber 2004 das Gesetz zur Berücksichtigung der Kin-dererziehung im Beitragsrecht der sozialen Pflege-versicherung verabschiedet.

Mit dem Gesetz sollen nach Vorgaben des Bundes-verfassungsgerichts die Kindererziehungszeiten inder Pflegeversicherung bei der Beitragsbemessungberücksichtigt werden. Dazu ist für kinderlose Mit-glieder ab Vollendung des 23. Lebensjahres ein Bei-tragszuschlag von 0,25 % vorgesehen. Ausgenom-men sind kinderlose Mitglieder, die vor dem1. Januar 1940 geboren sind, Wehr- und Zivildienst-leistende sowie Bezieher von Arbeitslosengeld II.

(

(

Der Bundesrat hat zu dem Gesetz in seiner Sitzungam 5. November 2004 den Vermittlungsausschuss an-gerufen und die Aufhebung des Gesetzesbeschlussesverlangt. Er war der Auffassung, dass es nicht ausrei-che, Familien lediglich von einer Beitragserhöhungauszunehmen. Geboten sei eine echte Beitragsent-lastung von Familien. Außerdem hielt der Bundesratdas Gesetz in verfassungsrechtlicher Hinsicht für an-greifbar, da es nicht nach der Zahl der Kinder unter-scheide. Schließlich vermisste der Bundesrat in demGesetz ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Sicherungder mittel- und langfristigen Stabilität des finanziel-len Systems der Pflegeversicherung.

Der Vermittlungsausschuss hat das Gesetz in seinerSitzung am 24. November 2004 behandelt und dasVerfahren ohne Einigungsvorschlag beendet.

Das Gesetz liegt uns also in unveränderter Fassungvor. Es handelt sich um ein Einspruchsgesetz. Wir ha-ben daher jetzt über den Einspruch zu entscheiden.

Präsident Matthias Platzeck: Danke schön!

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht derFall.

Der Vermittlungsausschuss hat das Verfahren ohneEinigungsvorschlag abgeschlossen. Das Gesetz liegtin unveränderter Fassung vor.

Baden-Württemberg beantragt in Drucksache 942/1/04, gegen das Gesetz Einspruch einzulegen. Werstimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Mehrheit.

Der Bundesrat hat mit der Mehrheit seiner Mitglie-der beschlossen, gegen das Gesetz Einspruch einzu-legen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 64:

Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriftenzum diagnose-orientierten Fallpauschalensys-tem für Krankenhäuser und zur Änderung an-derer Vorschriften (Zweites Fallpauschalen-änderungsgesetz – 2. FPÄndG) (Drucksache943/04)

Das Gesetz kommt aus dem Vermittlungsausschusszurück. Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Minis-terpräsidenten Professor Dr. Böhmer (Sachsen-An-halt) das Wort.

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt), Be-richterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat am22. Oktober dieses Jahres das Zweite Gesetz zur Än-derung der Vorschriften zum diagnose-orientiertenFallpauschalensystem für Krankenhäuser und zurÄnderung anderer Vorschriften – Zweites Fallpau-schalenänderungsgesetz – beschlossen. Der Bundes-rat hat am 5. November dieses Jahres dazu die Ein-berufung des Vermittlungsausschusses verlangt.

Der Vermittlungsausschuss hat am 24. November2004 getagt und Ihnen ein einstimmiges Ergebnisvorgelegt. Er ist auf sämtliche Anrufungsgründe desBundesrates eingegangen und schlägt – zusammen-

Rudolf Köberle (Baden-Württemberg), Berichterstatter

Page 11: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 579

(A C)

(B) D)

)gefasst – vor, den Konvergenzzeitraum insgesamtauf fünf Jahre auszudehnen, so dass er im Jahr 2009endet. Er hat die Konvergenzschritte neu formuliert:15, 20, 20, 20 und zuletzt 25 %. Er hat außerdem eineKappungsgrenze eingeführt, mit der die Anglei-chungsbeträge auf 1, 1,5, 2, 2,5 und im letzten Jahr3 % des jeweiligen Krankenhausbudgets begrenztwerden.

Der Konsens war möglich, weil in einer Reihe vonanderen Fragen, die den Konvergenzprozess belastethatten, Einvernehmen erzielt werden konnte. Ichdarf sie themenbezogen auflisten:

Vereinbart wurden die vollständige Berücksichti-gung der Grundlohnrate beim einzelnen Kranken-haus, ein Abschlag für Krankenhäuser, die nicht ander Notfallversorgung teilnehmen – dies war zwar ineinem Krankenhausentgeltgesetz schon geregelt; dieSelbstverwaltungskörperschaften haben das abernicht geschafft –, die Finanzierung zusätzlicher Leis-tungen mit hohem Sachkostenanteil, die Entfristungder Öffnungsklausel für noch nicht vom DRG-Sys-tem erfasste Leistungen, die Flexibilisierung derInnovationsregelung, eine Öffnung für krankenhaus-individuelle DRG-Erhöhungen für hochspeziali-sierte Leistungen in den Krankenhäusern der Maxi-malversorgung, die Genehmigung des landesweitenBasisfallwertes durch die zuständige Landesbehörde,die einmalige Vorgabe vorläufiger landesweiter Ba-sisfallwerte für 2005 durch Rechtsverordnung des zu-ständigen Ministeriums, die Ausbildungsfinanzie-rung über Kostenpauschalen für Krankenhäuser, dieSchwesternschulausbildung oder Ähnliches betrei-ben, nach Abschluss der Konvergenzphase sowieverschiedene technische Änderungen, insbesondereim Bereich der Datenerfassung und -auswertung.

Mindestens vier der Sonderregelungen sind für dieKrankenhäuser der hochspezialisierten Versorgung,die so genannten Universitätsklinika und andereKrankenhäuser der Maximalversorgung, vorgesehen.Damit ermöglichen wir es ihnen innerhalb der ver-längerten Konvergenzphase, die Besonderheiten ih-res Hauses abzubilden.

Wir glauben, mit dem Vorschlag einen guten Kom-promiss zwischen sehr unterschiedlichen Interessengefunden zu haben. Wie ich gehört habe, hat derBundestag ihm gestern zugestimmt. Ich empfehledem Bundesrat, ebenfalls zuzustimmen. – VielenDank.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Herr Staatsminister Huber (Bayern) gibt eine Er-klärung zu Protokoll*). – Weitere Wortmeldungenliegen nicht vor.

Der Deutsche Bundestag hat den Vorschlag desVermittlungsausschusses in seiner 142. Sitzung am25. November 2004 angenommen.

*) Anlage 1

(

(

Wer dem Gesetz in der Fassung des Einigungsvor-schlags des Vermittlungsausschusses zustimmenmöchte, den bitte ich um sein Handzeichen.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Zur gemeinsamen Abstimmung nach § 29 Abs. 2der Geschäftsordnung rufe ich die in dem UmdruckNr. 10/2004*) zusammengefassten Beratungsgegen-stände auf. Es sind dies die Tagesordnungspunkte:

1, 4, 6 bis 14, 16, 17, 21 bis 23, 25 bis 29, 31, 32,35, 38, 39, 42, 44 bis 47, 49 bis 55 und 58.

Wer den Empfehlungen folgen möchte, den bitteich um sein Handzeichen.

Dann ist so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2:

Gesetz zur Verbesserung des unfallversiche-rungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlichEngagierter und weiterer Personen (Druck-sache 833/04, zu Drucksache 833/04)

Zunächst hat Herr Ministerpräsident Beck (Rhein-land-Pfalz) das Wort.

Kurt Beck (Rheinland-Pfalz): Sehr geehrter HerrPräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!Es ist sicherlich wahr: Sich ehrenamtlich zu engagie-ren, wie es Millionen von Menschen in unserem Landtun, ist eines der nachdrücklichsten Bekenntnisse zuunserer freiheitlichen demokratischen Ordnung, dasman ablegen kann. Ehrenamtliches Engagement imsozialen, im kulturellen, im sportlichen Bereich – infast allen Bereichen der Gesellschaft – bereichert un-ser Zusammenleben.

Es kommt darauf an, dass wir das Engagement derMenschen anerkennen und es immer wieder hervor-heben, um ihnen Mut zu machen, diesen Aufgabenweiterhin nachzukommen. Junge Menschen lassensich durch das gute Beispiel davon überzeugen, dasses sinnvoll ist, sich gesellschaftlich zu engagieren.Gerade vor dem Hintergrund der zu erwartenden de-mografischen Entwicklung wird es immer wichtiger,dass ein Teil dessen, was Lebensqualität in unsererGesellschaft ausmacht, nicht allein den Kommunen,dem Staat, zugeordnet wird, sondern von den Men-schen aus eigener Überzeugung und aus eigenemAntrieb beigesteuert wird.

Viele, die sich ehrenamtlich engagieren, erwartenzwar keinen materiellen Ausgleich, möchten aber dieRisiken abgedeckt wissen, die mit ihrem Einsatz ver-bunden sein können. Deshalb haben wir in Rhein-land-Pfalz vor Jahresfrist sowohl eine Unfall- alsauch eine Haftpflichtversicherung für alle ehren-amtlich Tätigen abgeschlossen. Sie ist subsidiär zudem Schutz, den Sportverbände oder ähnliche Orga-nisationen ihren Aktiven ohnehin anbieten, und um-fasst auch diejenigen, die sich aus besonderemAnlass engagieren, indem sie beispielsweise inNachbarschaftshilfe einer in Not geratenen Familie

*) Anlage 2

Prof. Dr. Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt), Berichterstatter

Page 12: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

580 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

(A C)

(B) D)

)beispringen. Sie sichert also auch spontanes En-gagement ab, das sich nicht im Rahmen eines ver-fassten, organisierten Vereins vollzieht.

Das Angebot einer zusätzlichen Absicherung hateinen verstärkten Impuls hinsichtlich des ehrenamt-lichen Engagements ausgelöst. Ich begrüße es des-halb außerordentlich, dass die Bundesregierung denGesetzentwurf eingebracht hat. Damit wird einewichtige Schlussfolgerung aus dem Bericht der En-quete „Ehrenamt“ gezogen. Auf diese Weise wird er-neut das Signal ausgesandt, dass wir zum Ehrenamtstehen und die Leistungen der dort Tätigen anerken-nen. Wir schaffen Rahmenbedingungen, die dasehrenamtliche Engagement unterstützen.

Wenn das Gesetz in Kraft tritt, können wir in Rhein-land-Pfalz unsere Regelung noch stärker spezia-lisieren. Dann werden die Gruppen, die nicht oderaus unserer Sicht nicht ausreichend erfasst sind, inden Versicherungsschutz einbezogen; dies gilt insbe-sondere für die Haftpflichtregelung.

Das Bundesgesetz sorgt für ein Grundnetz in dergesamten Bundesrepublik, das von den Ländernweiter ausgestaltet werden kann. Ich finde, das istein Meilenstein auf dem Weg hin zu einer Bürger-gesellschaft, und bedanke mich beim Bund für seineInitiative.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat Herr Parlamentarischer Staatssekre-tär Thönnes (Bundesministerium für Gesundheit undSoziale Sicherung).

Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär bei der Bun-desministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung:Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Es ist schön, dass sich alles zusammenfügt;denn länderspezifische Regelungen, wie Minister-präsident Beck sie gerade genannt hat, haben demGesetz den Weg geebnet. Ich freue mich darüber,dass die Beratungen über das Gesetz einen gutenVerlauf genommen haben und dass die Bereitschaftbestand, in Fragen, in denen man unterschiedlicherAuffassung war, eine Kompromisslösung zu finden,um dem Grundgedanken des Gesetzes Rechnung zutragen.

Für rund 22 Millionen Menschen in Deutschland istes eine Sache der Ehre, sich für ihre Mitmenschenund für das Gemeinwohl zu engagieren. Sie tun es inihrer Freizeit unter Aufopferung eines Teils ihres Fa-milienlebens, ohne großes Aufheben davon zu ma-chen. Gerade in Zeiten knapper Kassen ist es wich-tig, dass der Staat auf ehrenamtliches Engagementzählen kann. Er ist darauf angewiesen, dass die Men-schen ein Verständnis von Bürgergesellschaft haben,das auf Solidarität gründet und in dem der Einsatzfür die Gemeinschaft ein fest verankerter Wert ist.

Wir sprechen heute über diejenigen, die neben ih-ren beruflichen und familiären Pflichten den Feier-abend als Jugendwart auf dem Bolzplatz verbringen,die in sozialen Brennpunkten Migrantenkindern hel-

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(

fen, die Schwimmbäder und Bibliotheken betreiben,weil die öffentliche Hand deren Fortbestand nichtmehr gewährleisten kann, die mit behinderten Men-schen spazieren gehen oder alten Menschen vorle-sen.

Diese wenigen Beispiele machen deutlich, welcheDimension ehrenamtliches Engagement in unsererGesellschaft mittlerweile hat: Erstens wäre unser so-ziales Netz um einiges grobmaschiger, wenn es dieseMenschen nicht gäbe. Der Sozialstaat webt zwar andiesem Netz mit. Er tut es aber nicht allein; vieleHände knüpfen daran. Zweitens wäre unsere Gesell-schaft kälter und ärmer ohne den Dienst am Mit-menschen.

Das Mindeste, was wir, die wir Verantwortung inder Politik tragen, tun können und müssen, ist – HerrMinisterpräsident Beck hat bereits darauf hingewie-sen –, den ehrenamtlich Tätigen jede nur möglicheUnterstützung zu gewähren und sie vor Risiken imRahmen ihres Ehrenamtes zu schützen. Wir gebendamit auch Dank und Anerkennung an die vielenMenschen zurück, die das soziale Gesicht unsererGesellschaft entscheidend prägen.

Bereits in der Vergangenheit haben wir mit gesetz-lichen Regelungen zur stärkeren Anerkennung bür-gerschaftlichen Engagements beigetragen. Diewesentlichen Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen En-gagements“ sind von uns umgesetzt worden. Ichnenne nur zwei Beispiele, die auch in den Debattendes Bundesrates eine Rolle gespielt haben: die Erhö-hung der Übungsleiterpauschale, die inzwischenauch für den Kreis der Betreuer als steuerfreie Ein-nahme gilt, und die Neuregelung der 400-Euro-Minijobs. Seit dem 1. April 2003 kann die Aktivitätder Übungsleiter im Sportverein mit bis zu 400 Europro Monat abgaben- und steuerfrei honoriert wer-den.

Mit dem nun vorliegenden Gesetz zur Verbesse-rung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzesbürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personenschließen wir konsequent daran an. Allerdings kon-zentrieren wir den Versicherungsschutz auf be-stimmte Gruppen.

Es geht zunächst um diejenigen, die in den Kirchenund Religionsgemeinschaften tätig sind. Wir wollendie Ungerechtigkeit ausgleichen, dass ein Ministrantversichert ist, derselbe junge Mann aber nicht versi-chert ist, wenn er sich bei einer Jugendfreizeit enga-giert.

Künftig ist auch derjenige versichert, der im Inte-resse der Kommune mit deren Einwilligung ehren-amtlich tätig ist. Dabei ist es unerheblich, ob er diesdirekt für die Kommune oder mittelbar als Vereins-mitglied tut.

Daneben sollen gemeinnützige Vereine und Orga-nisationen die Möglichkeit haben, ihre gewähltenEhrenamtsträger freiwillig in der gesetzlichen Unfall-versicherung zu versichern.

Kurt Beck (Rheinland-Pfalz)

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)Dies alles geschieht relativ einfach und unbürokra-

tisch. Es genügt eine Meldung der Zahl der Versi-cherten an den zuständigen Unfallversicherungsträ-ger. Der Name des Versicherten kommt erst imLeistungsfall ins Spiel. Durch dieses „schlanke“ Ver-waltungsverfahren halten wir die Kosten für Kom-mune, Kirche oder Sportverein niedrig. Wir rechnenmit Aufwendungen in Höhe von 2,50 Euro pro Jahrund versicherte Person.

Ein weiteres Anliegen war es, den Schutz desEigentums zu stärken. Es ist nicht nachzuvollziehen,dass ehrenamtliche Rettungskräfte bei persönlichenSachschadensfällen im Einsatz Gefahr laufen, materi-elle Einbußen zu erleiden. Daher soll im Rahmen derschon bestehenden Versicherung ehrenamtlich Täti-ger in Rettungsunternehmen der Versicherungsum-fang auf den Ersatz von Sachschäden ausgeweitetwerden.

Die Wünsche der Länder haben zum Teil Eingangin das Gesetz gefunden, so der Wunsch, eine Mög-lichkeit zur zusätzlichen Erweiterung des versicher-ten Personenkreises zu schaffen. Künftig kann jedeUnfallkasse im Rahmen ihrer Satzungsgewalt selbstfestlegen, welche weiteren Personen in der Unfall-versicherung geschützt sein sollen. Hier ergeben sichHandlungsspielräume für die Länder.

Ein gemeinsamer Auftrag an Bund und Länder er-gibt sich aus den Entschließungsanträgen, die sowohlder Bundestag als auch der Bundesrat an die Bundes-regierung gerichtet haben. Bund und Länder sollennach dem erklärten Willen beider Organe ein ge-meinsames Konzept für eine Reform der gesetzlichenUnfallversicherung entwickeln. Der Auftrag, einenzustimmungsfähigen Entwurf zu erstellen, gibt allenBeteiligten die Chance, gemeinsam ein Konzept zuentwickeln, das unsere bewährte gesetzliche Unfall-versicherung zukunftsfest macht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie be-schließen heute über ein in zweifacher Hinsicht be-sonderes Gesetz: Erstens ist es ein Gesetz, dessenWirkung hoffentlich nie zum Tragen kommen wird.Denn wir wünschen all denjenigen, die sich ehren-amtlich engagieren, dass sie bei ihrem Einsatz wederkörperlichen noch materiellen Schaden erleiden.Zweitens geht es um ein Gesetz, das unsere Festre-den, die wir bei Tagungen von Vereinen und Verbän-den häufig halten, durch die Hervorhebung des bür-gerschaftlichen Engagements mit Leben erfüllt. Wirtragen heute gemeinsam dazu bei, dass Menschen,die sich für das Wohl ihrer Mitmenschen und der ge-samten Gemeinschaft einsetzen, mehr Anerkennungzuteil wird – nicht nur in Form von Lorbeeren undLobreden, sondern in Form eines konkreten Versi-cherungsschutzes. – Herzlichen Dank für Ihre Auf-merksamkeit.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht derFall.

Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu liegen Ihnendie Ausschussempfehlungen vor.

(

(

Das Gesetz ist zustimmungsbedürftig. Ich frage da-her: Wer stimmt dem Gesetz gemäß Ziffer 1 der Emp-fehlungen zu? Bitte Handzeichen! – Das ist klar dieMehrheit.

Nun zu Ziffer 2 der Ausschussempfehlungen! Werstimmt der Entschließung zu? – Auch das ist dieMehrheit.

Die Entschließung ist gefasst.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 57:

Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzesund weiterer Gesetze (Drucksache 918/04)

Es spricht Herr Ministerpräsident Müller (Saar-land).

Peter Müller (Saarland): Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Das vorliegende Ge-setz enthält Bestimmungen, die das Aufenthaltsge-setz redaktionell ändern, sowie Anpassungen an dieRegelungen des Kommunalen Optionsgesetzes unddie Hartz-IV-Vorschriften. Dies ist logisch und nichtzu beanstanden.

Darüber hinaus enthält das Gesetz aber materielleÄnderungen dessen, was Gegenstand des Zuwande-rungskompromisses ist, der in wahrhaft langwieri-gen und schwierigen Verhandlungen zwischen vie-len Beteiligten gefunden wurde. Das Gesetz ändertmateriell einen Kompromiss, dessen gesetzliche Um-setzung erst zum 1. Januar kommenden Jahres inKraft treten wird. Dies halte ich für einen hoch pro-blematischen Vorgang, weil der Versuch, einengefundenen Kompromiss noch vor Inkrafttreten desGesetzes, das ihn umsetzt, in einem erneuten Gesetz-gebungsverfahren zu ändern, die Grundlagen fürderartige Kompromisse in der Zukunft zerstört. Ichmache dies an drei Punkten deutlich:

Erstens. Durch die Änderung des § 104 Aufent-haltsgesetz sollen Personen, die vor dem 1. Januar2005 seit mehr als drei Jahren über eine Aufenthalts-befugnis nach § 70 Asylverfahrensgesetz verfügen,künftig eine Niederlassungserlaubnis erhalten, ohnedass vorher geprüft wird, ob Gründe des Widerrufsoder der Rücknahme für diesen Aufenthaltstitel vor-liegen. Dies ist eine massive Besserstellung im Ver-gleich zu den Regelungen, die beim Zuwanderungs-kompromiss – in § 25 Abs. 2 – gefunden worden sind.

Eine sachliche Begründung dafür gibt es nicht. DenMedien war allerdings eine Begründung zu entneh-men: Ein Mitglied der der Regierungsmehrheit zuzu-ordnenden Partei hat erklärt, vor dem Hintergrunddes Rückgangs der Asylbewerberzahlen stehe zu be-fürchten, dass die zuständigen Entscheider die Prü-fung, ob Gründe des Widerrufs oder der Rücknahmevon Aufenthaltstiteln vorliegen, künftig gründlicherals in der Vergangenheit vornähmen. Dies sei nichthinnehmbar; dem müsse vorgebeugt werden. Des-halb solle durch Gesetz ausgeschlossen werden, dassgeprüft wird, ob Gründe des Widerrufs oder derRücknahme vorliegen. Ich hoffe, dass diese in der Öf-fentlichkeit vorgetragene Begründung nicht ernst ge-meint war; denn sie bedeutet nichts anderes, als dass

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes

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582 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

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)kritisiert wird, es bestehe die Gefahr der Anwendungeines Gesetzes.

Vor diesem Hintergrund gehe ich zwingend davonaus, dass die Regelung, die auf die Änderung von§ 104 Aufenthaltsgesetz zielt, nicht bestehen bleibt.Sie muss geändert werden, weil sie dem im Zuwan-derungskompromiss vereinbarten Ziel der Begren-zung und der Steuerung der Zuwanderung diametralwiderspricht.

Zweites Beispiel: Durch eine Änderung des Asyl-bewerberleistungsgesetzes soll der Leistungsbezugvon Personen, die nach dem Zuwanderungskompro-miss nur die abgesenkten Leistungen nach dem Asyl-bewerberleistungsgesetz erhalten würden, angeho-ben werden. Auch dadurch wird ein Punkt desvereinbarten Kompromisses außer Kraft gesetzt. Einenachvollziehbare Begründung dafür gibt es nicht. ImGegenteil, es werden eher integrationsfeindliche An-reize gesetzt, weil beispielsweise die Motivation zurArbeitsaufnahme eingeschränkt wird. Auch dies er-füllt den Tatbestand des Vertrauensbruchs.

Drittes Beispiel: Im Bereich der Ermessensauswei-sung nach § 55 Aufenthaltsgesetz unterbleibt dieKlarstellung, dass der Bezug von Arbeitslosengeld IIgenauso zu behandeln ist wie der Bezug von Sozial-hilfe; an anderen Stellen des Gesetzes wird dieseKlarstellung vorgenommen.

In der Vergangenheit stellte der Bezug von Sozial-hilfe einen Ausweisungstatbestand dar. Bei der Er-messensausweisung wird auf diese Klarstellung ver-zichtet. Dem Zuwanderungskompromiss lag zuGrunde: Der Bezug von Sozialleistungen ist ein Aus-weisungstatbestand; entsprechend ist § 55 Aufent-haltsgesetz zu formulieren. – Dies entspricht einerForderung des Bundesrates, die mit Unterstützungvon A-Ländern beschlossen, von der Bundesregie-rung gleichwohl nicht berücksichtigt worden ist.

Davon abgesehen ist die Frage – darüber ist nichtim Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens zu ent-scheiden –, ob unter dem Gesichtspunkt der Verbes-serung der Integration über manche Forderung, dieim Zuwanderungskompromiss nicht durchgesetztwerden konnte, erneut zu diskutieren ist. Ich bin festdavon überzeugt, dass wir diese Diskussion führenwerden. Dazu gehört die Frage: Muss in den Fällen, indenen Integrationsverpflichtungen nicht eingehaltenwerden, ein Sanktionensystem geschaffen werden?

Es handelt sich hierbei um einen gravierenden Vor-gang. Einen in schwierigsten Verhandlungen verein-barten Kompromiss vor Inkrafttreten des Gesetzes,das ihn umsetzt, zu unterlaufen kann nicht akzeptiertwerden. Deshalb bitte ich um Unterstützung der An-träge auf Verweisung des Gesetzes in den Vermitt-lungsausschuss.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht derFall.

Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu liegen Ihnendie Ausschussempfehlungen sowie ein Antrag Ham-burgs vor.

(

(

Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten emp-fiehlt die Anrufung des Vermittlungsausschusses ausmehreren Gründen. Ich lasse daher zunächst darüberabstimmen, ob allgemein ein Vermittlungsverfahrengewünscht wird. Wer ist dafür? – Mehrheit.

Dann kommen wir zu den einzelnen Anrufungs-gründen. Zur Einzelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Ich komme nun zu Ziffer 4, bei deren Annahme derLandesantrag in Drucksache 918/2/04 erledigt ist.Wer stimmt Ziffer 4 zu? – Mehrheit.

Damit ist der Antrag von Hamburg erledigt.

Wer ist für Ziffer 5? – Mehrheit.

Ziffer 6! – Mehrheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Wir kommen zu Ziffer 8. Zu dieser Streichungs-empfehlung ist um getrennte Abstimmung gebetenworden.

Ich frage daher zunächst, wer der Streichung vonNummer 6a zustimmt. – Mehrheit.

Nun bitte das Handzeichen für die Streichung vonNummer 6b! – Mehrheit.

Der Vermittlungsausschuss ist, wie soeben festge-legt, angerufen.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 59, 60und 30 b):

59. a) Entwurf eines Gesetzes zum Bürokratieab-bau – Antrag des Landes Baden-Württem-berg – Geschäftsordnungsantrag des LandesBaden-Württemberg – (Drucksache 709/04)

b) Entwurf eines Gesetzes zur Deregulierungund Beschleunigung von Genehmigungsver-fahren im Bereich des Lebensmittelrechtsund Veterinärwesens – Antrag des Freistaa-tes Bayern – Geschäftsordnungsantrag desFreistaates Bayern – (Drucksache 732/04)

c) Entwurf eines Gesetzes zur Deregulierungim Bereich des sozialen und technischenArbeitsschutzes, der Medizinprodukte-Be-treiberverordnung und der Röntgenverord-nung – Antrag des Freistaates Bayern – Ge-schäftsordnungsantrag des FreistaatesBayern – (Drucksache 733/04)

d) Entwurf eines Gesetzes zur Deregulierungund Beschleunigung von Genehmigungsver-fahren im Bereich des Umweltrechts – An-trag des Freistaates Bayern – Geschäftsord-nungsantrag des Freistaates Bayern –(Drucksache 734/04)

in Verbindung mit

Peter Müller (Saarland)

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Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 583

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)60. a) Entschließung des Bundesrates zum Büro-

kratieabbau – Antrag des Landes Baden-Württemberg – Geschäftsordnungsantragdes Landes Baden-Württemberg – (Drucksa-che 710/04)

b) Entschließung des Bundesrates zur Deregu-lierung der Vierten Verordnung zur Durch-führung des Bundes-Immissionsschutzge-setzes und des Gesetzes über dieUmweltverträglichkeitsprüfung – Antragdes Landes Niedersachsen – Geschäftsord-nungsantrag des Landes Niedersachsen –(Drucksache 692/04)

c) Entschließung des Bundesrates zur Verein-heitlichung der Bestimmungen des Infek-tionsschutzgesetzes, der Tierseuchenerre-ger-Verordnung und der Biostoffverordnungzum Schutz vor Krankheitserregern – An-trag des Freistaates Bayern – Geschäftsord-nungsantrag des Freistaates Bayern –(Drucksache 735/04)

und

30. b) Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung desAsylbewerberleistungsgesetzes – Antragdes Landes Schleswig-Holstein – (Drucksa-che 638/04)

Zu uns spricht Herr Ministerpräsident Teufel (Ba-den-Württemberg).

Erwin Teufel (Baden-Württemberg): Herr Präsi-dent! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein tiefgreifender und nachhaltiger Bürokratieabbau istdringend notwendig: Die Überregulierung in unse-rem Land ist mit immensen volkswirtschaftlichenKosten verbunden. Die Bürokratie bindet unnötigPersonal in den Verwaltungen. Wir haben inzwi-schen einen Gesetzes- und Vorschriftendschungel,den nicht einmal mehr Fachleute gänzlich durch-schauen können.

In diesem Punkt sind wir uns einig: Wir wollen inDeutschland wettbewerbsfähige Unternehmen, diebestehende Arbeitsplätze sichern und neue Arbeits-plätze schaffen. Dies können sie aber nur dann tun,wenn sie sich in erster Linie um die Entwicklungneuer Produkte, um Wissenschaft und Forschung,und um die Erschließung neuer Märkte kümmernkönnen, statt Personal mit der Erfüllung bis insKleinste geregelter Behördenauflagen und dem Be-treiben langwieriger Genehmigungsverfahren zubinden. Vor allem den Mittelstand in Deutschland,der über 80 % der Arbeitsplätze stellt, belasten wirmit unserer Regelungsdichte schwer.

Bürokratieabbau ist eine Aufgabe über Parteigren-zen hinweg. Das hat der Beitrag des Kollegen Beckaus Rheinland-Pfalz zum baden-württembergischenAntrag und zu meinem Debattenbeitrag in der vor-letzten Sitzung gezeigt; es herrscht völlige Überein-stimmung in dieser Zielsetzung.

(

(

Als ich vor ziemlich genau zwei Monaten unsereInitiative zum Bürokratieabbau in den Bundesrat ein-gebracht habe, war mir bewusst, dass uns eine lang-wierige Auseinandersetzung mit Fachexperten undInteressenvertretern bevorsteht. Ich habe Verständ-nis dafür, dass die Fachleute die Vorschläge durchdie Brille des Spezialisten beurteilen. Wir müssenaber an das alte Sprichwort denken: „Wenn du einenTeich trockenlegen willst, darfst du nicht die Fröschefragen.“ – Der Bürokratieabbau erfordert den Blickauf das Ganze und ein Denken in Zusammenhängen.Wir müssen dem Interesse an möglichst perfektenRegelungen das Interesse von Unternehmen, Kom-munen und Bürgern an unbürokratischem Verwal-tungshandeln gegenüberstellen.

Auch die schwierige Haushaltslage im Bund, inden Ländern und in den Gemeinden zwingt uns zumBürokratieabbau. Wir müssen überall mit wenigerPersonal auskommen. Deshalb ist es unumgänglich,Prioritäten zu setzen und die Frage zu beantworten,was der Staat noch regeln und umsetzen soll. DerStaat muss sich – wie die Unternehmen – auf Kern-aufgaben zurückziehen.

Bürokratieabbau muss zu einer Grundmaxime beider Normfindung werden. Aus allfällig aufflackern-den, zufälligen Bürokratieabbaubemühungen musseine Daueraufgabe werden. Deshalb haben wir inBaden-Württemberg die Aufgabe eines Ombuds-mannes geschaffen. So selbstverständlich es heutegeworden ist, die Frage nach der Wirtschaftlichkeitzu stellen, so selbstverständlich muss die Frage nachmöglichst unbürokratischem Handeln werden.

Mit unseren Anträgen, die Ihnen vorliegen, wollenwir einen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten. Sehrerfreulich ist, dass wir für unsere Vorschläge zahlrei-che Verbündete gefunden haben. Nur in wenigenPunkten waren Korrekturen notwendig. So könnenwir heute einen Gesetzesantrag und einen Entschlie-ßungsantrag präsentieren, der Initiativen aus ver-schiedenen Ländern bündelt. Ich möchte an dieserStelle den Kolleginnen und Kollegen, die unsere An-träge unterstützen, herzlichen Dank sagen. Nur miteiner gemeinsamen Kraftanstrengung ist es möglich,Bürokratie und Überregulierung Herr zu werden.

Darüber hinaus ist es im Interesse eines wirksamenBürokratieabbaus meines Erachtens sehr wichtig, dieMissstände ungeschminkt zu benennen und kon-krete Vorschläge zur Verbesserung zu machen. Ichmöchte jetzt nicht die vielen Einzelheiten unserer ge-meinsamen Anträge wiederholen, sondern nur einigewichtige Grundsatzpositionen nochmals nennen.

Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass dieVerwaltungsbehörden größere Ermessensspiel-räume bekommen, damit sie den Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit, aber auch den Grundsatz der wirt-schaftlichen und sparsamen Mittelverwendungkonsequent anwenden können.

Bedeutsam sind auch die vorgesehenen Länderöff-nungsklauseln, mit denen wir das Prinzip der Zu-ständigkeitsverlagerung nach unten umsetzen kön-nen.

Präsident Matthias Platzeck

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584 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

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)Wir schlagen vor, zahlreiche Regelwerke zusam-

menzufassen, zu harmonisieren und von überflüssi-gen Detailregelungen zu entschlacken.

Meine Damen und Herren, Bürokratie macht nichtan Staatsgrenzen Halt. Deswegen dürfen sich unsereAnstrengungen nicht auf landes- und bundesrechtli-che Regelungen beschränken. Ich begrüße außeror-dentlich die Deregulierungsinitiative des derzeitigenEU-Ratsvorsitzes als wichtigen Beitrag, um die Wirt-schaft von Überregulierungen durch EU-Vorgaben zubefreien. Dadurch werden neue Wachstumsimpulseausgelöst und die wirtschaftliche Dynamik gestärkt.Bundeswirtschaftsminister C l e m e n t denkt in diegleiche Richtung.

Die bisherigen Aktivitäten dazu können angesichtsdes Umfangs des EU-Rechts aber nur ein ersterSchritt sein. Vielmehr muss dauerhaft sichergestelltwerden, dass EU-Recht die Wettbewerbsfähigkeitder europäischen Unternehmen nicht beeinträchtigt.

Das zunehmende Akzeptanzproblem der Europäi-schen Union in allen Mitgliedsländern – auch inDeutschland ist die Zustimmungsquote auf unter50 % abgesackt – hat seine Ursache in unnötigerZentralisierung, Bürokratisierung und Detailrege-lung in Brüssel. Dies ärgert immer mehr Bürger,Kommunalpolitiker, Handwerker und Bauern. Wenndie Europäische Union in den Gedanken der Men-schen nicht mehr mit gemeinsamen europäischenWerten, mit der Friedensgemeinschaft Europa undmit Wohlstand, sondern mit Bürokratie in Verbin-dung gebracht wird, dann ist es um die Akzeptanzder Europäischen Union geschehen.

Ich fordere die Bundesregierung deshalb nach-drücklich dazu auf, sich bei der EU massiv dafür ein-zusetzen, dass aus der EU-Deregulierungsinitiativeein kontinuierlicher Prozess entsteht, in dessen Ver-lauf der gesamte Rechtsbestand der EU deutlich re-duziert wird. Die Länder werden auf jeden Fall wei-tere Vorschläge zur Deregulierung des EU-Rechtserarbeiten.

Was die Umsetzung des EU-Rechts betrifft, so müs-sen wir uns aber auch an die eigene Nase fassen.Häufig beschränken wir uns nicht darauf, die Vorga-ben der EU nur umzusetzen, sondern wir erweiternsie ohne Not, satteln weitere Standards drauf undschränken Ermessensspielräume wieder ein.

In Baden-Württemberg habe ich deshalb die De-vise ausgegeben, dass, soweit das Land Handlungs-spielraum hat, EU-Recht nur noch 1 : 1 in Landes-recht umgesetzt wird. Nach dieser Devise sollte auchder Bund verfahren. Häufig sind wir bereits durchüberobligatorische bundesrechtliche Vorgaben fest-gelegt. Ich appelliere daher an die Bundesregierung,künftig ebenfalls darauf zu achten, sich bei der Um-setzung von EU-Recht auf die Vorgaben der EU zubeschränken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe ein-gangs erwähnt: Bürokratieabbau erfordert partei-übergreifende Zusammenarbeit. Darum haben wirdie Initiative der Bundesregierung zum Bürokratie-abbau vor drei Wochen im Bundesrat unterstützt. Un-

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sere Anträge, über die heute zu entscheiden ist, er-gänzen und erweitern die Initiative des Bundes. Nunkann jeder zeigen, ob er es mit dem Bürokratieabbauernst meint. Ich bin davon überzeugt, im Namen vie-ler Länder zu sprechen, wenn ich sage: Wir sind gernbereit, mit der Bundesregierung bei Bürokratieabbauund Deregulierung konstruktiv zusammenzuarbei-ten.

In diesem Sinne bitte ich Sie, gemeinsam mit unsdie Herausforderungen im Kampf gegen die Bürokra-tie anzunehmen und die vorliegenden gemeinsamenLänderanträge zum Bürokratieabbau zu unterstüt-zen.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Herr Staatsminister Mertin (Rheinland-Pfalz) gibteine Erklärung zu Protokoll*). – Gibt es weitereWortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über Ta-gesordnungspunkt 59 a).

Die Ausschussberatungen sind noch nicht abge-schlossen. Das Land Baden-Württemberg hat bean-tragt, sofort in der Sache zu beschließen. Wer diesemAntrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um dasHandzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen, ein Mehr-Länder-Antrag in Drucksache709/2/04 und ein Antrag der Länder Hamburg undHessen in Drucksache 709/3/04 vor.

Wir stimmen zunächst über den 2-Länder-Antrag inDrucksache 709/3/04 ab. Wer stimmt diesem Antragzu? – Das ist die Mehrheit.

Nun zur Abstimmung über den Mehr-Länder-An-trag, bei dessen Annahme die Ausschussempfehlun-gen erledigt sind! Wer stimmt dem Antrag zu? – Dasist die Mehrheit.

Damit sind die Ausschussempfehlungen erledigt.

Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf in der so-eben beschlossenen Fassung beim Deutschen Bun-destag eingebracht.

Damit sind die Punkte 30 b) und 59 b) bis d) – dassind die Gesetzesanträge in den Drucksachen 638/04, 732/04, 733/04 und 734/04 sowie die Empfehlun-gen der Ausschüsse in den Drucksachen 638/1/04und 733/1/04 – ebenfalls erledigt.

Schließlich sind wir übereingekommen, HerrnMinister Ernst Pfister (Baden-Württemberg) zum Be-auftragten des Bundesrates gemäß § 33 der Ge-schäftsordnung des Bundesrates zu bestellen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesord-nungspunkt 60 a).

Die Ausschussberatungen sind auch bei dieser Vor-lage noch nicht abgeschlossen. Baden-Württemberghat beantragt, zu diesem Punkt bereits heute in der

*) Anlage 3

Erwin Teufel (Baden-Württemberg)

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)Sache zu entscheiden. Wer diesem Antrag zu-zustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei-chen. – Das ist die Mehrheit.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen sowie ein Mehr-Länder-Antrag vor.

Ich beginne mit dem Mehr-Länder-Antrag inDrucksache 710/2/04, bei dessen Annahme die Aus-schussempfehlungen erledigt sind. Wer stimmt zu? –Das ist die Mehrheit.

Damit sind die Ausschussempfehlungen erledigt.

Der Bundesrat hat die Entschließung, wie soebenbeschlossen, gefasst.

Damit sind die Punkte 60 b) und c) – das sind dieEntschließungsanträge in den Drucksachen 692/04und 735/04 – ebenfalls erledigt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3:

Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfs-gerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kin-der (Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG)(Drucksache 834/04)

Es spricht zunächst Frau Ministerin Schäfer (Nord-rhein-Westfalen).

Ute Schäfer (Nordrhein-Westfalen): Herr Präsident!Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem derDeutsche Bundestag das Tagesbetreuungsausbauge-setz am 28. Oktober verabschiedet hat, sollten auchwir im Bundesrat den Weg zu einem zügigen Ausbauder Betreuung von Kindern unter drei Jahren frei ma-chen.

Ich glaube, im Namen aller Anwesenden sagen zudürfen, dass wir uns über das Ziel des Gesetzes einigsind. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist derzeiteine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufga-ben. Die Sicherung des Angebots an Tagesbetreuungin den neuen sowie der Ausbau in den alten Bundes-ländern sind wichtige Bestandteile einer nachhalti-gen Familienpolitik.

Bedarfsorientierte und qualifizierte Tagesbetreu-ung ist ein wesentlicher Baustein für die Vereinbar-keit von Familie und Beruf. Die Tagesbetreuung isteine wichtige Voraussetzung dafür, dass Mütter undVäter nach ihrer Ausbildung einer qualifizierten Er-werbstätigkeit nachgehen können. Diese brauchenmehr Unterstützung, um Berufstätigkeit und Kinder-erziehung vereinbaren zu können.

Wir wollen durch ein verbessertes Kinderbetreu-ungsangebot langfristig auch die Entscheidung fürdie Erfüllung eines Kinderwunsches erleichtern unddamit gesamtgesellschaftliche Wirkung auf die de-mografische Entwicklung in unserem Land erzielen.

Die Schaffung von mehr und besseren Kinderbe-treuungsangeboten ist überfällig. Wir dürfen denAusbau nicht durch eine weitere Debatte verzögern.Wir sollten vielmehr alles daransetzen, um das In-krafttreten des Tagesbetreuungsausbaugesetzes zum1. Januar nächsten Jahres zu ermöglichen.

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Ich bin der Überzeugung – die Sachverständigen inder entscheidenden Bundestagsanhörung haben diesmehrheitlich bestätigt –, dass das Tagesbetreuungs-ausbaugesetz ein guter Kompromiss zwischen Bundund Ländern bzw. den Kommunen ist. Die Bestim-mungen des vorliegenden Gesetzes konkretisierennur die bereits jetzt nach dem Kinder- und Jugend-hilfegesetz bestehende rechtliche Verpflichtung desTrägers der öffentlichen Jugendhilfe, nach BedarfPlätze für unter Dreijährige in Tageseinrichtungenund in der Kindertagespflege vorzuhalten.

Ich möchte deutlich herausstellen: Bei dieser Vor-haltepflicht handelt es sich bereits heute um einePflichtaufgabe der Kommunen. Durch die gesetzlichformulierten Kriterien wird allerdings der Mindestbe-darf näher bestimmt. Das Tagesbetreuungsausbauge-setz konkretisiert und modifiziert also die bisherigenRegelungen, mehr nicht.

Das Tagesbetreuungsausbaugesetz gibt einenRahmen vor und lässt weitergehenden Regelungennach Landesrecht und der Wahrnehmung der Pla-nungsverantwortung durch die Kommunen breitenRaum. Die vorgesehenen Zielsetzungen und Min-destkriterien beschränken sich auf den ver-fassungsrechtlich gebotenen Umfang. Das Tagesbe-treuungsausbaugesetz vereinheitlicht nur dort, wovereinheitlicht werden muss, um dem gesellschafts-politischen Wandel und den neuen Bedingungen inder Arbeitswelt nach mehr als zehnjähriger Erfah-rung mit dem Sozialgesetzbuch VIII Rechnung zutragen.

Wer der Meinung ist, dass das Kinderbetreuungs-angebot in Deutschland gerade für die unter Dreijäh-rigen unzureichend ist und dass wir den differenzier-ten Bedürfnissen von Kindern und Eltern sowie dengesellschaftlichen Anforderungen besser gerechtwerden müssen, darf das Gesetz nicht blockieren.Wir kommen mit dem TAG endlich dem Zustand et-was näher, der in Westeuropa schon lange Standardist.

Deshalb mein dringender Appell hier und heute:Zeigen Sie Herz für Familien und Kinder in Deutsch-land! Das ist sozial und ökonomisch vernünftig. Le-gen Sie dem Tagesbetreuungsausbaugesetz keineSteine in den Weg! – Danke.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Jetzt spricht Frau Staatsministerin Stewens (Bay-ern) zu uns.

Christa Stewens (Bayern): Herr Präsident! Kolle-ginnen und Kollegen! Der Ausbau der Kinderbetreu-ung im Bereich Kindertagesstätten und Tagespflegeinsbesondere für die unter Dreijährigen ist von ele-mentarer gesellschaftspolitischer Bedeutung. Das istkeine Frage. Wir können die Vereinbarkeit vonFamilie und Erwerbstätigkeit nur durch ein qualifi-ziertes Angebot an Betreuungsplätzen nachhaltigverbessern. In dieser Zielrichtung, Frau KolleginSchmidt, sind wir uns sicherlich einig. Bayern, FrauKollegin Schäfer, zeigt Herz für Familien: In Bayern

Präsident Matthias Platzeck

Page 18: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

586 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

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)werden bis 2006 30 000 neue Plätze geschaffen undinsgesamt 1,8 Milliarden Euro investiert.

Gerade weil wir es hier mit einer Gestaltungsauf-gabe ersten Ranges für Bund, Länder und Kommu-nen zu tun haben, enttäuscht mich der von der Bun-desregierung mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetzeingeschlagene Weg; er wird dem Ziel eines quali-tätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbaus derKinderbetreuung in keiner Weise gerecht.

Nach wie vor fehlt eine solide Finanzierungs-grundlage, die die Kommunen in die Lage versetzt,das Betreuungsangebot vernünftig und verantwor-tungsbewusst zu planen und auszubauen. Die vonder Bundesregierung gebetsmühlenartig vorgetra-gene Entlastung der Kommunen durch die Zusam-menlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfeschafft keinerlei Planungs- bzw. Finanzierungs-sicherheit.

Entgegen anders lautenden Behauptungen vonSeiten der Bundesregierung werden Bayern undwohl auch die übrigen Länder die Nettowohngeld-entlastung durch Hartz IV vollständig – jeden Cent –an die Kommunen weitergeben. Aber wir wissen we-der, wann die vom Bund versprochenen Einsparun-gen eintreten, noch, ihren Eintritt unterstellt, wiehoch die Entlastungen konkret ausfallen werden.

Was wir sicher wissen, ist, dass die vorgesehenenEinsparungen durch Hartz IV nicht den geringstenZusammenhang mit der Bedarfssituation im Bereichder Kinderbetreuung vor Ort aufweisen. Wir wissenauch: Weder die Landkreise noch die kreisfreienStädte können bei solider Haushaltsführung Mittelverplanen, wenn nicht feststeht, wann und in wel-cher Höhe diese Mittel tatsächlich zur Verfügung ste-hen. Schon aus diesem Grunde ist die konstruierteFinanzierung des Bundes, 1,5 Milliarden Euro unddamit den Großteil der in Aussicht gestellten Entlas-tungen für die Kommunen aus der Umsetzung vonHartz IV für die Kinderbetreuung zu verwenden,ganz entschieden zurückzuweisen.

Wir fordern stattdessen eine Abkopplung des Aus-baus der Kinderbetreuung von Hartz IV. Es gibt hierkeinen sachlichen Zusammenhang. Es gilt die De-vise: Wer anschafft, muss zahlen. Alles andere, liebeKolleginnen und Kollegen, ist höchst unseriös undunglaubwürdig.

Wenn die Bundesregierung trotz der landauf,landab geäußerten Bedenken ihre politischen Zieleauf Biegen und Brechen durchsetzen will, fährt sienicht nur weiterhin ihren eigenen Haushalt an dieWand, sondern sie reißt auch die Kommunen und dieLänder in diesen Strudel mit.

Wir Länder wollen familienfreundliche Kommunen.Aber durch die kommunalfeindliche Politik der Bun-desregierung seit sechs Jahren kämpfen die Kommu-nen mit der schwersten Finanzkrise seit Bestehen derBundesrepublik.

Die bayerischen Kommunalpolitiker und Kommu-nalpolitikerinnen, die viel näher an den Bedürfnissenihrer Bürgerinnen und Bürger dran sind, versichern

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glaubhaft ihre Bereitschaft, eine bedarfsorientierteund qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuunganzubieten. Aber die Kommunalhaushalte sind be-reits jetzt überstrapaziert. Die Ausgaben für die so-zialen Leistungen, insbesondere für die Sozial- unddie Jugendhilfe, sind dramatisch angestiegen, näm-lich auf ca. 30 Milliarden Euro in diesem Jahr. Mitdem Kommunalentlastungsgesetz haben wir ver-sucht, den Kommunen wieder finanzielle Spielräumezu verschaffen, damit mehr Geld in den Ausbau derKinderbetreuung fließen kann.

Wer also wird die Zeche zahlen, falls das Tagesbe-treuungsausbaugesetz wie vorgesehen in Kraft tritt?Nicht der Bund mit seiner Luftbuchung! Vielmehr istdamit zu rechnen, dass die Kommunen und – jeden-falls zu einem großen Teil – letztlich die Eltern denAusbau der Kinderbetreuung über höhere Beiträgeselbst finanzieren müssen. In Rheinland-Pfalz,Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern undBerlin sind die Elternbeiträge bereits erhöht worden.Die Folge ist, dass Eltern ihre Kinder aus den Kinder-tagesstätten abmelden, weil sie die Beiträge nichtzahlen können. Verlierer dieser Lösung sind die Kin-der, weil ihnen eine qualifizierte frühkindliche För-derung vorenthalten wird. Hier zeigt man kein Herzfür Kinder.

(Kurt Beck [Rheinland-Pfalz]: Frau Kollegin, es ist unzutreffend, was Sie sagen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir drängt sichder Verdacht auf, dass mittlerweile auch die Bundes-regierung erkannt hat, dass das Tagesbetreuungs-ausbaugesetz und insbesondere seine Finanzierungs-grundlage in Form von Hartz IV auf Sand gebautsind. Warum sonst hätte die rotgrüne Mehrheit in ei-ner Nacht-und-Nebel-Aktion das ursprüngliche Ge-setz aufteilen sollen, wenn nicht zu dem Zweck, denBundesrat zu umgehen und die primär betroffenenLänder und Kommunen auszublenden? Diese Aktionist beispiellos. Damit werden auch die Zielsetzungund die aktuelle Arbeit der Föderalismuskommissioneklatant missachtet. Dieses Handeln darf nichtSchule machen.

Die Haltung des Bundes, die zur Kinderbetreuunggetroffenen Regelungen im Tagesbetreuungsausbau-gesetz seien zustimmungsfrei, ist abzulehnen. Es istschlechterdings nicht möglich, das Tagesbetreu-ungsausbaugesetz in einen zustimmungspflichtigenund einen zustimmungsfreien Teil aufzuspalten.Vielmehr ist das Gesetz in Gänze, d. h. sind auch diezur Kinderbetreuung ergangenen Regelungen zu-stimmungspflichtig. Die Bundesfamilienministerinsetzt sich hier zu dem von ihr oft beschworenenGrundsatz der Einheit der Kinder- und Jugendhilfeselbst in Widerspruch. Hier geht es nicht nur um An-nexregelungen, sondern um grundlegende Auswei-tungen und Veränderungen der bisherigen gesetzli-chen Regelung. Die Landkreise und kreisfreienStädte werden gerade im angeblich zustimmungs-freien Teil des Tagesbetreuungsausbaugesetzesdurch zusätzliche Verpflichtungen erheblich belastet.

Mit der Festlegung von Bedarfskriterien für diePlatzvergabe maßt sich der Bund des Weiteren eine

Christa Stewens (Bayern)

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)Definitionshoheit an und mischt sich damit in pri-märe kommunale Verantwortungsebenen und in dieTrägerautonomie ein.

Die Erfüllung dieser zusätzlichen Aufgaben löst er-heblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand aus.Statt den Ländern und Kommunen die ihnen zuste-henden Gestaltungsspielräume im Sinne eines mo-dernen Föderalismus zu eröffnen, werden diesedurch eine detailversessene Gesetzeslyrik weiter ein-geengt. Der Bund greift hier nicht nur massiv inSelbstverwaltungskompetenzen der Kommunen undin die Organisationshoheit der Länder ein; schlimmernoch: Er missachtet die Entscheidung der Verfas-sung, wonach grundsätzlich die Länder die umfas-sende Verwaltungszuständigkeit haben.

Wenn es dem Bund mit dem Ausbau der Kinderta-gesbetreuung ernst ist, muss er einen ehrlichen Bei-trag zur Verbesserung der kommunalen Finanzaus-stattung leisten und im Interesse der Familien mitLändern und Kommunen an einem Strang ziehen. Ichhalte es daher für zwingend festzustellen, dass dasTagesbetreuungsausbaugesetz gemäß Artikel 84Abs. 1 des Grundgesetzes der Zustimmung des Bun-desrates bedarf.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat jetzt Herr Minister Dr. Stegner(Schleswig-Holstein).

Dr. Ralf Stegner (Schleswig-Holstein): Sehr geehr-ter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Das Gesetzgebungsverfahren und die Dis-kussion über dieses Thema sind ein Lehrstück für dieGrenzen von Freiwilligkeit bzw. die Missachtung derkünftigen Generationen. Alle wissen um die Proble-matik der demografischen Entwicklung. Alle wissen,dass der Schlüssel zur Lösung des Problems in derbesseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegtund dass der Ausbau der Kinderbetreuung wiederumeiner der entscheidendsten Faktoren dafür ist. Wenndie Lebenserwartung erfreulicherweise immer weitersteigt, gleichzeitig aber der Nachwuchs fehlt, gerätder Generationenvertrag in Gefahr.

Dennoch haben wir ein völlig unzureichendes An-gebot an Kinderbetreuung und eine der niedrigstenGeburtenraten in Europa. Statt also in das alteSchwarz-weiß- oder das A/B-Schema zu verfallen,lassen Sie uns doch einmal konstatieren: Es ist gut,richtig und wichtig, dass wir mit dem Tagesbetreu-ungsausbaugesetz die Betreuungsangebote in Kin-dertageseinrichtungen ausbauen. Es ist gut, richtigund wichtig, dass wir uns zum Ausbau bedarfsge-rechter Angebote für Kinder unter drei Jahren undschulpflichtige Kinder sowie zu qualifizierter Tages-pflege verpflichten. Es ist wichtig, Aspekte der päda-gogischen Arbeit in Kindertageseinrichtungen zuverankern.

Die Debatte ist aber leider auch ein Lehrstück da-für, dass wir alle uns sonntags grundsätzlich zu etwasbekennen, um es am Montag bzw. am Freitag, wenn

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über entsprechende Vorhaben abgestimmt wird, ausparteipolitischen Motiven abzulehnen.

Wenn wir uns im Grunde einig sind, dass der Aus-bau der Kinderbetreuung notwendig ist, müssen wirdamit aufhören, hauptsächlich über Zuständigkeitenund Verfahrensfragen zu streiten. Wir dürfen sicher-lich nicht damit aufhören, über die finanziellen Fol-gen zu reden. Wir müssen dann aber gemeinsameLösungen für die Finanzierungsfragen finden. Mankann dem Bund nicht einfach sagen: Das ist einegute Idee. Im Grunde hast du Recht; aber weil esdein Vorschlag ist, zahle du dafür! – Wir haben hiereine gesamtstaatliche Verantwortung, und die Bür-ger, die das alles schließlich finanzieren, sind keineGemeinde-, Landes-, Bundes- oder Europabürger,sondern sie haben nur ein Portemonnaie. Sie sind esLeid, dass sich unterschiedliche staatliche EbenenKosten zuschieben und Zuständigkeitsdebatten füh-ren, statt Probleme zu lösen. Das würde übrigensbesser zu dem passen, was Herr MinisterpräsidentTeufel soeben zu dem Thema „Bürokratieabbau“ausgeführt hat.

Wenn wir in Sachen Vereinbarkeit von Familie undBeruf nicht Entwicklungsland bleiben wollen, wasgerade auf den Westen zutrifft, müssen wir von unse-ren europäischen Nachbarn, z. B. von denjenigen imNorden, lernen. In diesem Feld liegen übrigens ge-waltige Wachstumspotenziale, was den Beschäfti-gungssektor angeht. Damit wird deutlich, dass diesesThema mit der Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitikeng verknüpft ist. Denn unser Hauptproblem liegtdoch darin, dass die Arbeitslosigkeit und die Sozial-transfers zu hoch, die Beiträge und Steuern hingegenzu niedrig sind. Wenn man da nicht herangeht – diesist einer der entscheidenden Punkte, über die wir da-bei reden –, dann kann man nichts verändern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein we-nig entsprechen die Finanzierung des Tagesbetreu-ungsausbaugesetzes und die Finanzierung vonHartz IV der Philosophie von Hartz IV selbst: Es gehtum Fördern und Fordern. Der Bund nimmt eineMenge Geld in die Hand, um die Kommunen – zusätz-lich zu den eigentlichen Wirkungen von Hartz IV –finanziell zu stärken. Das gilt zumindest insgesamt;regional gibt es Unterschiede und Verwerfungen.Momentan werden viele falsche Behauptungen auf-gestellt, die sich im Lichte der konkreten Entwicklun-gen im kommenden Jahr relativieren bzw. durch dieRevisionsklausel, die ich in dieser Form noch nie ge-sehen habe, in Luft auflösen werden, wenn man dasdenn konkret macht.

Frau Kollegin Stewens, ich finde es bemerkens-wert, dass Sie hier von einer kommunalfeindlichenFinanzpolitik gesprochen haben; denn das armeSchleswig-Holstein gibt die Entlastungen ausHartz IV komplett an die Kommunen weiter. IhrNachbarland tut dies nicht. Baden-Württemberg hatdeutlich mehr Möglichkeiten als Schleswig-Holstein.

Was die kommunale Finanzreform angeht, so wa-ren gerade die Vorschläge aus Ihren Reihen alles an-dere als kommunalfreundlich. Die Abschaffung derGewerbesteuer entzieht den Kommunen finanzielle

Christa Stewens (Bayern)

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)Möglichkeiten. Die fehlenden Mittel wollen Sie denBürgern bzw. den Arbeitnehmern über einen Zu-schlag auf die Einkommensteuer wieder aus der Ta-sche ziehen, wodurch Ihre Steuerpolitik konterkariertwird. Das ist nicht kommunalfreundlich, sondern dasist kommunalfeindlich.

Die Vorschläge, die wir gemacht haben – nebenbeibemerkt: die Kommunen sind durch die Veränderungder Gewerbesteuerumlage real gestärkt worden –,um wenigstens etwas zu erreichen, sind kommunal-freundlich, nicht aber das, was Sie hier vorgetragenhaben.

Nun ist es an der Zeit zu fordern, wenn es denndiese Entlastungen gibt: Macht etwas Überlebens-notwendiges mit diesem Geld! Investiert in eine kin-der- und familienfreundliche Infrastruktur! – Wir alletragen Verantwortung für die Vergangenheit und fürdie Zukunft. Den jungen Paaren, die darüber nach-denken, Kinder zu bekommen, ist es egal, wer dieKinderbetreuungseinrichtungen finanziert. Sie wol-len, dass sie endlich gebaut werden. Es gibt sehrviele Frauen, die gerne arbeiten würden, statt Sozial-transfers zu beziehen. Aber sie können nicht arbei-ten, weil es – anders als in anderen Ländern – an derBetreuungsinfrastruktur sowie an praktikablen undflexiblen Lösungen fehlt.

Die Sozialhilfequote bei Kindern ist mehr als dop-pelt so hoch wie bei Erwachsenen. Demografisch tutdiese Gesellschaft genau das Gegenteil dessen, wassie im Interesse unserer Sozialsysteme, unserer Be-schäftigungsquote, unserer Haushalte und nicht zu-letzt der Eltern und der Zukunft unseres Landes tunmüsste. Es geht hier nicht etwa um Bevölkerungspo-litik, sondern es geht um Rahmenbedingungen.

Natürlich geht es auch um Geld. Aber es gibtdurchaus Finanzierungswege, wenn wir z. B. endlichernst machten mit dem Subventionsabbau. LieberHerr Ministerpräsident Teufel, Sie haben vorhin vonden Fröschen in den Teichen gesprochen. Bei der Ei-genheimzulage, über die wir nachher sprechen wer-den, wird sich zeigen, wie es sich damit verhält. Esgeht nicht an, gegen die Abschaffung der Eigen-heimzulage zu stimmen, aber gleichzeitig Subven-tionsabbau zu fordern. Dann stehen uns nicht dieMittel zur Verfügung, um solche Dinge zu finanzie-ren.

Welch ein Umgang mit der Bevölkerung ist es,wenn man sagt, man sei eigentlich dafür, wolle sichdas Geld aber für die Zeit aufheben, in der sich dieMehrheiten in diesem Lande verändert haben. Wasist das eigentlich für eine Politik! Man kann doch nie-mandem erzählen, Subventionsabbau sei im Prinziprichtig, könne aber nur dann vorangebracht werden,wenn andere Mehrheiten vorhanden seien.

Möglichkeiten, Finanzierungswege zu finden, gibtes genug. Ich denke an Subventionsabbau, aber auchan den Weg, den wir in unserem Steuerkonzept vor-geschlagen haben. Wir müssen einmal darüber nach-denken, ob wir nicht eine kinder- und familien-freundlichere Steuerpolitik machen sollten, ob diekinderlose Ehe wirklich in dem Maße subventioniert

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werden muss, wie wir es gegenwärtig tun, und ob wirnicht nach dem Grundsatz handeln sollten, dass je-des Kind dem Staat gleich viel wert ist. Damit wür-den wir Familie als Ort definieren, an dem Kindersind, statt die moralischen Familienbegriffe der 50er-Jahre anzulegen. Wenn es nicht weiter Urteile gäbe,dass Professorenkinder höher alimentiert werdenmüssen als die Kinder eines einfachen Polizeibeam-ten, und wenn die Kinderzuschläge nicht mit demEinkommen wüchsen, hätten wir auch Mittel, um dieKinderbetreuungsinfrastruktur in unserem Landeauszubauen.

Ich vermute, dass wir vielleicht nicht in diesemHause, aber in der Gesellschaft, insbesondere beiden jüngeren Menschen und bei den Frauen, eineklare Mehrheit dafür bekämen. Ich gebe zu, bei denälteren Männern könnte es schwierig werden. Es istein Thema, dem wir uns auf andere Weise widmenmüssen, als wir es gegenwärtig tun.

Es geht also um Entlastungspotenziale ausHartz IV – allerdings in anderer Form, als Frau Ste-wens es soeben gesagt hat –, um Subventionsabbauund um eine gerechtere Steuerpolitik, die beschäfti-gungsfreundlich, kinder- und familienfreundlich istund die die Handlungsfähigkeit unseres Gemeinwe-sens sichert, statt milliardenschwere Steuerentlastun-gen zu versprechen, die niemand finanzieren kann.Das wissen Sie selbst, wenn Sie an die Debatte überIhr unseliges Kopfpauschalenprojekt oder daran den-ken, wie Sie die Gewerbesteuer ersetzen wollen.

Die Debatte über faire Finanzierungsgrundlagenfür das gesellschaftspolitische Thema der nächstenJahrzehnte muss jetzt konstruktiv geführt werden.Dabei sollten wir nicht über Zuständigkeiten streiten,sondern das Projekt auf den Weg bringen. – Ich be-danke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

Präsident Matthias Platzeck: Das Wort hat HerrStaatsminister Huber (Bayern).

Erwin Huber (Bayern): Herr Präsident, meine Da-men und Herren! Ich möchte feststellen, dass HerrKollege Stegner weitgehend am Thema vorbeigere-det hat. Es geht nicht darum, das Ziel weiterer Be-treuungseinrichtungen in Frage zu stellen. Frau Kol-legin Stewens hat ausdrücklich darauf hingewiesen,dass wir dieses Ziel bejahen. Sie hat auch die Zahlenfür Bayern genannt. Das Ziel wird insgesamt nicht inFrage gestellt.

Die Frage ist vielmehr, ob dazu ein Bundesgesetznotwendig ist. Es handelt sich um eine originäreAufgabe der Kommunen und der Länder. Wenn eseinen Bedarf gibt, kann man doch nicht immer sagen,es müsse ein Bundesgesetz her, Herr Kollege. Dannkönnen Sie im Grunde die Länder und die kommu-nale Ebene abschaffen. So gesehen ist Ihre Argu-mentation in keiner Weise logisch.

Was die Finanzierung angeht, so hat der Bund zu-gesagt, dass die Kommunen durch Hartz IV um2,5 Milliarden Euro entlastet werden. Das war auchdas Ziel der Verhandlungen im Vermittlungsaus-

Dr. Ralf Stegner (Schleswig-Holstein)

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)schuss. Obwohl das Gesetz erst zum 1. Januar 2005in Kraft tritt und die Kommunen noch keinen EuroEntlastung erhalten haben – im Übrigen bezweifelnviele Kommunen, dass die Entlastung so ankommt; esist auch zu bezweifeln, ob das ab Januar 2005 funk-tioniert –, verbraucht der Bund heute schon die frag-liche Finanzmasse im kommunalen Bereich.

Es ist doch kein redlicher Umgang des Bundes mitden Kommunen zu versprechen, dass sie um2,5 Milliarden Euro entlastet werden, aber noch be-vor ein Euro bei ihnen angekommen ist, ein neuesBundesgesetz zu machen, durch das sie verpflichtetwerden, 1,5 Milliarden Euro davon für einen be-stimmten Zweck auszugeben, mit genauen Vorgabenvon Seiten des Bundes, mit detaillierten Regelungenin die Kommunalpolitik hinein. Was ist denn das fürein Umgang mit der kommunalen Selbstverwaltung!

Das sind doch die Themen, Herr Kollege Stegner.Es geht nicht um einen Appell, dass da mehr getanwerden muss. Man sollte die Bedeutung der kommu-nalen Selbstverwaltung nicht in Sonntagsreden he-rausstellen, wenn man den Kommunen in Bezug aufKindergärten, Kinderbetreuung, Kinderkrippen, Kin-derhorte bis ins Detail gehende Vorgaben macht. DieKommunen sind in der Lage, die Aufgaben in ihremBereich selbst zu erfüllen; dann können wir auch aufsie vertrauen. Wenn das nicht der Fall ist, nützt auchein Bundesgesetz nichts.

Als Nächstes möchte ich festhalten, dass Bayernalle Vorteile aus Hartz IV an die Kommunen weiter-gibt. Nach dem, was das Bundesarbeitsministeriumin umfangreichen Tableaus dargestellt hat, ist das fürganz Bayern möglicherweise ein Betrag von70 Millionen Euro. Wir hoffen, dass diese Größen-ordnung ankommt. Aber auch viele sozialdemokrati-sche Landräte und Oberbürgermeister befürchten,dass sie draufzahlen. Dann bleibt im Grunde keineReserve für das, was Sie heute vorschlagen.

Zum Subventionsabbau! Ich möchte darauf hinwei-sen, dass der Bund durch die Koch/Steinbrück-Liste,die durch den Bundesrat in den Vermittlungsaus-schuss eingeführt wurde, in einem Dreijahreszeit-raum, nämlich von 2004 bis 2006, um 5 MilliardenEuro entlastet wird. Das war eine Länderinitiative.Der Bundesfinanzminister hat durch eine Entschei-dung, die über die Länder und den Vermittlungsaus-schuss herbeigeführt wurde, eine gewaltige Entlas-tung seines Haushalts erfahren. Er beklagt heute,dass die Länder nicht zum Subventionsabbau bereitseien, und führt als Beweis dafür wiederholt und fasteinzig die Eigenheimzulage an.

Man muss in diesem Gremium auch etwas zur Wir-kung einer Abschaffung der Eigenheimzulage imJahr 2005 sagen. Im Jahr 2005 würde die Entlastungdes Bundeshaushalts dadurch rund 90 MillionenEuro betragen. Bei einer Verschuldung des Bundesin diesem Jahr von 43 Milliarden Euro und einer Ge-samtverschuldung im nächsten Jahr von mindestens22 Milliarden Euro – aber jeder, der die liederlicheArbeit des Bundesfinanzministers kennt, muss ver-muten, dass die Verschuldung auch im Jahr 2005 aufdas Doppelte ansteigt –, also bei einer mutmaßlichen

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Verschuldung von 30 bis 40 Milliarden Euro wagenSie es, 90 Millionen Euro zum Kern der Auseinander-setzung über den Sparwillen zu machen. Das ist dochabsurd und abwegig.

Wir haben auch die Eigenheimzulage verändert.Sie ist zum 1. Januar 2004 um 30 % reduziert wor-den. Das war ein Ergebnis des Vermittlungsaus-schusses. Es muss doch Rechtssicherheit für dieHäuslebauer geben. Deshalb sollten Sie diesesThema nicht in dieser Weise ins Zentrum stellen.Wenn nur das als Vorzeigeobjekt dient, muss ich ver-muten, dass weder Bund noch SPD noch Grüne wirk-lichen Sparwillen haben.

Meine Damen und Herren, wir sollten die Ausei-nandersetzung heute in der Tat darauf konzentrieren,dass im Bereich Kindertagesbetreuung mehr als bis-her notwendig ist, dass dies aber eine Aufgabe vonKommunen und Ländern ist und dass wir gerade da-rum ringen, die Zuständigkeiten von Bund und Län-dern in der Föderalismuskommission zu entzerren.Was Sie vorhaben, ist genau das Gegenteil, nämlicheine neue Bundeszuständigkeit, die fragwürdig undnicht notwendig ist.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Nun Frau Bundesministerin Schmidt.

Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Se-nioren, Frauen und Jugend: Sehr geehrter Herr Präsi-dent! Meine sehr geehrten Herren, meine sehr ge-ehrten Damen! Liebe Frau Kollegin Stewens, ichmöchte auf einige Dinge eingehen, die Sie hier ge-nannt haben.

Die Trennung in ein zustimmungsfreies Gesetzzum Ausbau der Tagesbetreuung, das heute hier vor-liegt, und ein zustimmungsbedürftiges Gesetz zurWeiterentwicklung der Jugendhilfe ist sachgerechtund zulässig. Sie ist sachgerecht, weil wir die Anlie-gen des Bundesrates zum SGB VIII sehr ernst neh-men und Ihnen, wo immer es möglich ist, entgegen-kommen wollen und werden.

Sie haben eine Vielzahl von Initiativen verabschie-det, als das Tagesbetreuungsausbaugesetz im letztenStadium der Beratungen im Bundestag war bzw. demBundesrat bereits vorlag. Ich nenne als Beispiele dasvon Ihnen erwähnte Kommunale Entlastungsgesetzvom 5. November 2004 und die heute zu behan-delnde Initiative des Landes Baden-Württemberg zurEntbürokratisierung, die ursprünglich die völligeStreichung der Jugendhilfestatistik vorsah. Ich denkean die hessische Initiative, den Schutz von Kindernin Einrichtungen zu verbessern, deren Träger funda-mentalistische Ziele verfolgen. Diese wird von derBundesregierung unterstützt, und ich bin der festenÜberzeugung, dass auch der Bundestag in den weite-ren Gesetzesberatungen zur Fortentwicklung der Ju-gendhilfe sie aufgreifen wird. Hinzu kommt, eben-falls allseits bekannt, weiterer Erörterungsbedarf zu§ 35a SGB VIII. Dazu haben die Länder und jetztauch der Behindertenbeauftragte der Bundesregie-rung Vorschläge vorgelegt, die eingehend geprüftwerden.

Erwin Huber (Bayern)

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)Ich sage damit nicht zu, dass wir alle Ihre Vor-

schläge aufnehmen werden. Unser Ziel – ich gehedavon aus, es ist auch das Ihrige – ist und bleibt guteQualität und Effizienz der Kinder- und Jugendhilfeals Instrument der Zukunftssicherung und nicht nachörtlicher Kassenlage. Das wäre kurzfristig billiger,langfristig umso teurer. Aber das heißt nicht, dassnicht auch hier erhebliche Einsparpotenziale mög-lich wären; diesbezüglich gebe ich Ihnen völligRecht. Wir werden deshalb die Weiterentwicklungder Kinder- und Jugendhilfe zügig auf den Weg brin-gen. Die sorgfältige Prüfung Ihrer Vorschläge soll unsaber auch nicht daran hindern, die Tagesbetreuungso schnell wie möglich auszubauen.

Ich betone, dass die Trennung auch verfassungs-rechtlich zulässig ist. Die Aufteilung in zwei Gesetzeist „ein legitimer Weg, einer ausgreifenden Erstre-ckung der Zustimmungsbedürftigkeit von Gesetzenzu begegnen und dem Parlament die Realisierungseines Gesetzesvorhabens zu ermöglichen“ – so dasBundesverfassungsgericht am 17. Juli 2002 im Zu-sammenhang mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz.Entgegen der Auffassung von Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg ist das Tagesbetreu-ungsausbaugesetz in der vorliegenden Form nämlichnicht zustimmungsbedürftig. Mit dem TAG kommenauf die Kommunen, sehr verehrter Herr Staatsminis-ter Huber, keine neuen Pflichtaufgaben zu, sonderneine seit nahezu 13 Jahren bestehende Verpflichtungwird lediglich konkretisiert. Damit hat KolleginSchäfer völlig Recht. Eine Verschiebung der imGrundsatz festgelegten Zuständigkeiten zu Lastender Länder wird durch die Aufteilung nicht bewirkt.

Das nunmehr vom Bundestag beschlossene Tages-betreuungsausbaugesetz enthält weder verfahrens-rechtliche Regelungen im Sinne von Artikel 84 Abs. 1Grundgesetz noch erhalten die bestehenden verfah-rensrechtlichen Regelungen durch neue materiell-rechtliche Aspekte eine wesentlich andere Bedeu-tung und Tragweite. Eine Zustimmungspflicht kanndaher nicht bestehen.

Herr Staatsminister Huber, die neuen Regelungendes § 22a Abs. 1, 2 und 3 SGB VIII sind kein Eingriffin die Organisationshoheit der Länder, weil sie wedermit einer neuen Aufgabenzuweisung verbunden sindnoch dadurch Verfahrensvorschriften wesentlich ge-ändert werden. Die Qualitätsentwicklung und -siche-rung ergeben sich schon aus der allgemeinen Zielset-zung der Kinder- und Jugendhilfe. Sie gelten bereitsheute bei vielen Leistungen. Gleiches gelten für dieVerpflichtung zur Zusammenarbeit. Die neue Vor-schrift in Absatz 2 stellt diese „Selbstverständlich-keit“ lediglich klar. Daraus eine Zustimmungspflichtableiten zu wollen ist in meinen Augen nicht ge-rechtfertigt. Und auch heute schon muss sich, wie inAbsatz 3 formuliert, die Kinder- und Jugendhilfe anden Bedürfnissen des Kindes und der Familie orien-tieren.

Meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrtenDamen, lassen Sie mich nun zu dem Kritikpunkt Kos-ten und ihre Finanzierung kommen! Dies möchte ich,auch wenn Sie das selbst mitbeschlossen haben – ich

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erinnere an das Vermittlungsergebnis –, nochmals er-läutern.

Im Jahr 2005 wird der Saldo aus Entlastungendurch den Wegfall der Sozialhilfekosten und anderer,kleinerer Positionen und den Belastungen durch dieWohnkosten ein Minus von 0,7 Milliarden Euro fürdie Kommunen bedeuten. Um die zugesicherte Ent-lastung von 2,5 Milliarden Euro zu erreichen, über-nimmt der Bund die Wohnkosten in Höhe von29,1 %. Das entspricht 3,2 Milliarden Euro.

Bekanntlich ist eine Revisionsklausel verabredetworden. Es ist gerade schon geschildert worden, dasses eine solche in dieser Form noch nie gegeben hat.Die Revisionsklausel stellt sicher, dass die Kommu-nen bundesweit tatsächlich um 2,5 Milliarden Eurojährlich entlastet werden. Diese 2,5 Milliarden Eurosollen den Kommunen – so steht es in der Begrün-dung des Gesetzestextes – für Investitionen und fürden Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung ste-hen. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso dieseRechnung, die Sie selbst mitbeschlossen haben, vonIhnen laufend angezweifelt wird.

Die Entlastung der Kommunen um 2,5 MilliardenEuro wird allerdings nur dann erreicht, wenn dieLänder ihre eigenen Entlastungen wie vereinbartvollständig an die Kommunen weitergeben. Aller-dings hat der Bund keinerlei Einfluss darauf, dassjede einzelne Kommune entlastet wird. Dies kannnur durch Regelungen der Länder sichergestellt wer-den.

Es bleibt also dabei: Die 2,5 Milliarden Euro, bezo-gen auf alle Kommunen in Deutschland, sind sicher.Einen anderen Finanzierungsweg über dieses Gesetzgibt es mangels direkter Finanzbeziehungen zwi-schen Bund und Kommunen nicht.

Meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrtenDamen, Sie wissen so gut wie ich, dass es nicht aus-reicht, sich laufend auf das Argument der angeblichunzureichenden Finanzierung zu beziehen. Zum ei-nen handelt es sich bei dem bedarfsgerechten Aus-bau der Kinderbetreuung für alle Altersgruppen,nicht nur für die Drei- bis Sechsjährigen, um einekommunale Pflichtaufgabe, die seit fast 13 Jahrenbesteht. In diesen 13 Jahren ist leider Gottes zu we-nig geschehen. Herr Staatsminister Huber, das istauch der Grund, warum der Bundesgesetzgeber tätigwerden muss. Das können wir nicht weiter auf dielange Bank schieben. Wir dürfen nicht erneut fest-stellen, dass wir uns über das Ziel einig sind, es abernicht umsetzen, weil es leider nicht geht. Ich darf inErinnerung rufen, dass von der damaligen Bundesre-gierung Umsatzsteueranteile für diese Gesamtauf-gabe vom Bund auf die Länder übertragen wurden.

Zum anderen steht der Entlastung der Kommunenum insgesamt 6,6 Milliarden Euro im nächsten Jahreine Belastung durch das Tagesbetreuungsausbauge-setz gegenüber, die bei einem stufenweisen Ausbauim Jahr 2005 rund 600 Millionen Euro beträgt. Es isteben nicht so, dass die 1,5 Milliarden Euro im nächs-ten Jahr auf einen Schlag ausgegeben werden sollen.Vielmehr erfolgt der Ausbau stufenweise; denn wirwollen auf die Situation der Kommunen Rücksicht

Bundesministerin Renate Schmidt

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)nehmen. Wir wissen, dass diese Aufgabe nicht in ei-nem Aufwasch zu erledigen ist. Wenn wir die Ein-sparmöglichkeiten bei der geplanten Weiterentwick-lung der Kinder- und Jugendhilfe gegenrechnen,wird die Belastung nochmals um mindestens220 Millionen Euro niedriger ausfallen. Den Kreisenund kreisfreien Städten bleibt genügend Hand-lungsspielraum, um den Ausbau zeitlich gestuft nachden jeweiligen lokalen Bedingungen voranzutreiben.

Meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrtenDamen, ich halte also fest:

Erstens. Die Trennung ist sachgerecht und zulässig.

Zweitens. Der Ausbau der Kinderbetreuung für dieunter Dreijährigen ist nicht zustimmungsbedürftig.

Drittens. Die Finanzierung ist, soweit dies vomBund und über dieses Gesetz leistbar ist, sicherge-stellt.

Viertens. Die Kosten sind, und zwar nachweisbar,eher komfortabel als niedrig angesetzt. Das habenUmfragen in sehr unterschiedlichen Kommunen querdurch Deutschland ergeben.

Fünftens. Die Qualität und die bedarfsgerechteQuantität der Betreuung sind damit gewährleistet.

Deshalb möchte ich zum Schluss mit Nachdruckdie Notwendigkeit des Betreuungsausbaus unter-streichen – eine Notwendigkeit, die von Ihnen nichtbestritten wird. Es sind aber zumindest bei Teilendieses Hauses offensichtlich nur verbale Bekundun-gen; sonst könnte die Bundesratsmehrheit dem Ge-setz ja zustimmen.

Der Ausbau der Betreuung für unsere Kleinsten ge-nießt hohe Aufmerksamkeit in der Bevölkerung,aber auch in der Wirtschaft, in den Gewerkschaftenund bei den Kirchen. Wir dürfen hier nicht im Statusvon Sonntagsreden verharren. Angesichts der öffent-lichen Meinung über das politische Geschäft und diepolitische Klasse sollten wir es uns allesamt nichtleisten, ausgerechnet dieses Projekt zu verschleppen.

Wir brauchen die frühe familienergänzende Förde-rung und Betreuung auch der Kleinsten, damit ElternKinder und Beruf vereinbaren können. Wir müssenendlich zu den vergleichbaren europäischen Ländernaufschließen. Auch das gehört zur Innovation undModernisierung unseres Landes.

Wir brauchen diese Förderung und Betreuung vorallem im Interesse der Kinder; denn Förderung vonKindern beginnt nicht erst mit drei Jahren, sondernfrüher. Wir wissen doch, dass diese leider in immermehr Familien nicht ausreichend gewährleistet ist.

Wenn wir die PISA-Studie, wenn wir Integrationernst nehmen, müssen wir in die frühe Förderung in-vestieren, am dringendsten in diejenige der unterDreijährigen, weil wir dort die größten Defizite ha-ben, aber auch in diejenige der Drei- bis Sechsjähri-gen. In diesen Altersgruppen sind Kinder am lernbe-gierigsten und am lernfähigsten. Wir geben imeuropäischen Vergleich viel für die Oberstufe derGymnasien aus, aber bei den Ausgaben für den vor-schulischen Bereich sind wir unten auf der Ver-gleichsskala.

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Wir müssen endlich mit dem Skandal Schluss ma-chen, dass nirgendwo in Europa die Herkunft einesKindes so sehr über seine Bildungschancen entschei-det wie bei uns in Deutschland.

Alles spricht für dieses im Bundestag ohne Gegen-stimmen – ich betone das – verabschiedete Gesetz.Deshalb meine Bitte: Stimmen auch Sie im Bundesratdem Tagesbetreuungsausbaugesetz zu! Das wäre eingroßartiges Signal an die Kinder und ihre Eltern undvor allen Dingen an diejenigen, die Eltern werdenwollen. Ihnen müssen wir ein solches Signal geben. –Herzlichen Dank.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank, FrauBundesministerin!

Herr Staatsminister Mertin (Rheinland-Pfalz) gibteine Erklärung zu Protokoll*). – Gibt es weitereWortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Die beteiligten Ausschüsse empfehlen unter Zif-fer 1 der Drucksache 834/1/04, den Vermittlungsaus-schuss mit dem Ziel der grundlegenden Überarbei-tung des Gesetzes anzurufen. Wer stimmt dieserEmpfehlung zu? – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat beschlossen, den Vermitt-lungsausschuss anzurufen.

Die Ausschüsse empfehlen unter Ziffer 2 derDrucksache 834/1/04, die Zustimmungsbedürftig-keit des Gesetzes festzustellen. Ich bitte um dasHandzeichen für Ziffer 2. – Auch das ist die Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat festgestellt, dass das Ge-setz seiner Zustimmung bedarf.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 5:

Gesetz zur finanziellen Unterstützung der Inno-vationsoffensive durch Abschaffung der Eigen-heimzulage (Drucksache 836/04)

Das Wort hat Herr Minister Wucherpfennig (Thü-ringen).

Gerold Wucherpfennig (Thüringen): Sehr geehrterHerr Präsident! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Der Bundesrat befasst sich heute wieder ein-mal mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, ei-nem Thema, das in den vergangenen Monaten be-reits mehrfach auf der Tagesordnung stand.

Das Gesetz zur finanziellen Unterstützung der In-novationsoffensive durch Abschaffung der Eigen-heimzulage trägt dazu bei, die Menschen zu verun-sichern. Es ist Ausdruck einer unberechenbarenPolitik der Bundesregierung, die auf die Lebenspla-nung der Menschen keine Rücksicht nimmt. Und esist ein Paradebeispiel für die unseriöse Finanzpolitikvon Rotgrün. Ich stelle fest: Auf die Bundesregierungist wieder einmal kein Verlass.

*) Anlage 4

Bundesministerin Renate Schmidt

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)Ich erinnere daran, dass sich alle Beteiligten im De-

zember 2003 auf einen Kompromiss geeinigt hatten.Nach jener Einigung im Vermittlungsausschusswurde die Eigenheimzulage um 30 % reduziert, wieKollege Huber heute bereits gesagt hat. Die Förde-rung von Neubauten wurde dem Erwerb von Altbau-ten gleichgestellt. Ich bin davon überzeugt: DiesesUmsteuern war richtig und notwendig, um unsereStädte zu revitalisieren und die weitere Zersiedelungder Landschaft zu verhindern.

Wir brauchen die Eigenheimzulage. Diese Subven-tion ist nicht rückwärtsgewandt, wie der Bundes-kanzler vor wenigen Tagen behauptet hat, sondernzukunftsorientiert. Sie hilft der krisengeschütteltenBauwirtschaft, sie hilft den Familien, die ihren Traumvom Eigenheim verwirklichen wollen, und sie ist einunverzichtbarer Beitrag zur Eigentumsbildung undAltersvorsorge.

Niemand bestreitet, dass der Abbau von Subven-tionen notwendig ist. Dieser darf aber nicht einseitigerfolgen, er muss ausgewogen sein. Wir haben unsim letzten Jahr darauf verständigt, die Eigenheimzu-lage überproportional zu kürzen. Wo aber bleiben dieVorschläge des Bundes, auch andere Subventionendeutlich zurückzufahren? Vorschläge kamen bisherallenfalls von den Ländern.

Der Freistaat Thüringen hat in der Diskussion überdie Eigenheimzulage einen klaren Standpunkt. Wirsind stets für den Erhalt dieser wichtigen Förderungeingetreten, damit auch Menschen mit durchschnitt-lichem Einkommen Wohneigentum erwerben kön-nen.

Gerade für Familien mit Kindern ist das Wohnen inden eigenen vier Wänden erstrebenswert. Die Fami-lien nehmen die Eigenheimzulage auch überpropor-tional in Anspruch. Wohneigentumsförderung istdamit ein wesentlicher Pfeiler erfolgreicher Famili-enpolitik.

Der Wunsch nach Wohneigentum ist ungebrochen.Im europäischen Vergleich haben wir in Deutschlandimmer noch erheblichen Nachholbedarf, vor allem inden jungen Ländern. Die Eigentumsquote – Stand2003 – liegt bundesweit bei etwa 43 %; in den altenLändern sind es 44,5 %, in den jungen Ländern35,4 %. Zum Vergleich: In Spanien, Italien, Irlandoder auch Großbritannien verfügen mehr als 70 %über eine eigene Wohnimmobilie.

Wer Wohneigentum fördert, trägt auch dazu bei,dass Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft gesichertwerden. Wenn wir die Eigenheimzulage abschaffen,verschärfen wir die Probleme in dieser krisenge-schüttelten Branche. Schon die Kürzung vor einemJahr hat dazu geführt, dass die Zahl der Baugeneh-migungen bei Einfamilienhäusern erheblich gesun-ken ist: In Thüringen war im ersten Halbjahr 2004 imVergleich zum Vorjahreszeitraum ein Minus von16,5 % zu verzeichnen.

Die Argumentation der Bundesregierung, manwolle die freiwerdenden Mittel für Bildung und Inno-vationen einsetzen, klingt nicht überzeugend, nichtnur, weil diese Bereiche in die Zuständigkeit der

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Länder gehören, sondern vor allem, weil die Bundes-regierung das eingesparte Geld benötigt, um die grö-ßer werdenden Haushaltslöcher zu stopfen. Wennjetzt 63 Millionen Euro beim Hochschulbau gesperrtbleiben sollen, solange der Bundesrat der Abschaf-fung der Eigenheimzulage nicht zustimmt, zeigt das,wie unglaubwürdig die angekündigte Innovationsof-fensive ist.

Meine Damen, meine Herren, ein Gesetz, das po-tenzielle Bauherren, insbesondere Familien mit Kin-dern, verunsichert, das der Baubranche schadet undvielen Menschen die langfristige private Vorsorgeunmöglich macht, lehnt der Freistaat Thüringen ab.Wir werden der Abschaffung der Eigenheimzulagenicht zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerk-samkeit.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Ich darf Herrn Minister Rech (Baden-Württemberg)bitten.

Heribert Rech (Baden-Württemberg): Sehr geehrterHerr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!Herr Minister Wucherpfennig hat soeben darauf hin-gewiesen – und ich möchte das betonen –: Vor nochnicht einmal zwölf Monaten, im Dezember des letz-ten Jahres, haben sich Bundestag und Bundesrat imVermittlungsausschuss auf einen meines Erachtensdurchaus tragbaren Kompromiss verständigt, mitdem die Eigenheimzulage verändert und um rund30 % gekürzt wurde. Wir stehen zu dem Kompro-miss. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten dies zuRecht von uns.

Die Bürger unseres Landes, die auf das Ziel der ei-genen vier Wände hinarbeiten, gehen davon aus,dass diese Regelung wenigstens über einen mittel-fristigen Zeitraum Bestand hat. Der Beschluss desBundestages vom Oktober dieses Jahres, die Zulagekomplett zu streichen, ist daher absolut kontrapro-duktiv und zerstört erneut das Vertrauen der Bürgerin die Verlässlichkeit der Politik.

Das Ziel der eigenen vier Wände wird besondersvon jungen Familien mit Kindern angestrebt. Unter-suchungen belegen, dass die Eigenheimzulage zu60 % von Haushalten mit Kindern in Anspruch ge-nommen wurde. Dies ist eine beeindruckende Zahl,wenn man bedenkt, dass Familien mit Kindern imDurchschnitt nur ein Drittel aller Haushalte stellen.Häufig gehören diese Haushalte vom Einkommenher zu den so genannten Schwellenhaushalten. Jederzweite müsste ohne die Gewährung der Eigenheim-zulage den Erwerb von Wohneigentum auf späterverschieben oder darauf verzichten. Mehr als jederfünfte Haushalt mit drei und mehr Kindern müssteauf den Erwerb ganz verzichten. Diese Zahlen be-weisen die herausragende familienpolitische Bedeu-tung der Eigenheimzulage.

Ihre Wirkung geht aber weit über eine bloße Woh-nungsbauförderung hinaus. Der Schwerpunkt dersteuerlichen Wohneigentumsförderung besteht viel-mehr darin, die Bildung von Eigentum in Form selbst

Gerold Wucherpfennig (Thüringen)

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)genutzter Wohnungen zu fördern. Die Betonung liegtauf „Eigentum“. Das Eigentum an einer selbst ge-nutzten Wohnung hat nicht nur erhebliche gesell-schaftspolitische Bedeutung, das Wohneigentum istals wesentlicher Eckpfeiler der privaten Altersvor-sorge nahezu unübertroffen. Das schuldenfreie Woh-nen im Alter senkt den Finanzbedarf durchschnittlichum etwa ein Drittel. Nach aktuellen Untersuchungensetzen die Bundesbürger das Wohnen in den eigenenvier Wänden nach wie vor mit Sicherheit im Altergleich. Rund 85 % der Bundesbürger halten dieselbst genutzte Immobilie für die beste Form der Al-tersvorsorge. Das ist sie unbestritten.

Dem Erfordernis eines weiteren privat finanziertenStandbeins bei der Altersvorsorge wird staatlicher-seits im Rahmen der Riester-Rente grundsätzlichRechnung getragen; das will ich einräumen. Aberdiese Form der Vorsorge zielt auf die Zahlung einerGeldrente im Alter ab. In der Wirkung bleibt dieRiester-Rente weit hinter dem selbst genutztenWohneigentum zurück.

Bund, Länder und Gemeinden haben sich im Rah-men des Wohnraumförderungsgesetzes zum Ziel ge-setzt, Mietwohnungsbau und die Schaffung vonWohneigentum für so genannte Schwellenhaushaltezu unterstützen. Die Förderprogramme der Länderzur Bildung von Wohneigentum können ihre Wir-kung aber nur dann gezielt für die Schwellenhaus-halte entfalten, wenn die Eigenheimzulage als we-sentliche Förderkomponente in diese Programmeeinbezogen wird.

Sollte dies nicht mehr möglich sein, wird das Zieldes erst im Jahr 2001 beschlossenen Wohnraumför-derungsgesetzes in der Eigentumsförderung weitest-gehend verfehlt. Das Wohnraumförderungsgesetzgeht in § 1 ausdrücklich vom Vorhandensein einerEigenheimzulage aus. Der Aufhebung dieser Ge-schäftsgrundlage der Wohnraumförderung im Eigen-tumsbereich werden wir nicht zustimmen. Wenn dieWohneigentumsförderung auch weiterhin neben derMietwohnraumförderung – ich beziehe mich beimMietwohnungsbau sowohl auf die steuerlichen alsauch auf die Fördermaßnahmen nach dem Wohn-raumförderungsgesetz – einigermaßen gleichberech-tigt behandelt werden soll, muss die Eigenheimzu-lage beibehalten werden. Ansonsten entsteht einnicht zu rechtfertigendes Ungleichgewicht.

Angesichts der umfassenden Bedeutung desWohneigentums in vielerlei Hinsicht eignet sich dieEigenheimzulage weder als Haushaltskonsolidie-rungsmasse noch als Alternative zu Forschung undInnovationen. Eine Verbindung zwischen beiden Be-reichen herzustellen mit dem Ziel, das eine gegendas andere auszustechen, halte ich für unseriös. Ba-den-Württemberg wird daher dem Gesetz nicht zu-stimmen. – Ich danke Ihnen.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Es spricht zu uns Herr Staatsminister Mittler(Rheinland-Pfalz).

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Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz): Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke,dass wir in der Diskussion über die Zukunft der Ei-genheimzulage, die einen hohen familienpolitischenStellenwert hat – dies war bei der Einführung im Jahr1996 maßgebend –, die finanzpolitische Wirkung, dieBelastung der öffentlichen Haushalte, nicht außenvor lassen dürfen. Deswegen ist die Rheinland-Pfälzi-sche Landesregierung der Meinung, dass Pro undKontra sorgfältig gegeneinander gewogen werdenmüssen.

Ich sage das nicht, weil die Einführung der Eigen-heimzulage im Jahr 1996 auf einen rheinland-pfälzi-schen Gesetzesantrag zurückging; daraus resultiertnatürlich eine gewisse emotionale Beziehung zu demThema. In erster Linie lassen wir uns von dem Ge-sichtspunkt leiten, welche bauwirtschaftlichen, fami-lienpolitischen, städtebaulichen Probleme sich bei ei-ner Umsetzung des Gesetzes ergeben.

Die Einführung der Eigenheimzulage war ohneZweifel erfolgreich. Sie war eine Erfolgsstory. Mankann das konkret an der Steigerung der Wohneigen-tumsquoten in Deutschland ablesen. Rheinland-Pfalzrangiert mit einer Eigentumsquote von knapp 56 %an zweiter Stelle nach dem Saarland; bei den Saar-ländern beträgt sie knapp 57 %. Das Land der Häus-lebauer übrigens – ich bedauere es sehr, dass HerrMinisterpräsident Teufel dies im Moment nicht hörenkann – rangiert im Hinblick auf die Eigentumsquoteerst an fünfter Stelle in Deutschland.

(Rudolf Köberle [Baden-Württemberg]: Ich sag's ihm!)

Die Niedersachsen und die Schleswig-Holsteiner lie-gen noch vor den Baden-Württembergern.

Die Eigenheimzulage war ein großer Erfolg. Aberdie Lage hat sich verändert. Die Eigenheimzulagehat zu beträchtlichen Fehlallokationen geführt, ins-besondere durch die – inzwischen abgesenkte – Ein-kommensgrenze, die zum Bezug berechtigte.

Sie führt unter einem weiteren Gesichtspunkt zurFehlallokation; nach der zu erwartenden demografi-schen Entwicklung wird das in der Zukunft in beson-derem Maße der Fall sein. Es stellt sich die Frage: Istes vor dem Hintergrund einer tendenziell abnehmen-den Bevölkerungszahl gerechtfertigt, den Schwer-punkt der Eigenheimförderung weiterhin auf denNeubau zu legen mit allen Folgen, die sich unterstädtebaulichen Gesichtspunkten für die Dorfkerneund für die Stadtkerne ergeben? Auch dies muss be-antwortet werden. Insoweit war es vernünftig, dasswir uns im vergangenen Jahr im Vermittlungsaus-schuss darauf verständigt haben, den Neubau nichtmehr stärker als den Erwerb aus dem Bestand zu för-dern. In Rheinland-Pfalz beträgt das Verhältnis vonAltbauerwerb und Bestandsmodernisierung auf dereinen Seite und Neubau auf der anderen Seite mitt-lerweile 70 zu 30.

Diskutieren wir über die Rückwirkung der vomBundestag beschlossenen gesetzlichen Regelung aufdie Bauwirtschaft, so müssen wir feststellen, dass diebeträchtliche Förderung, die wir seit Jahren im

Heribert Rech (Baden-Württemberg)

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)Rahmen der Eigenheimzulage gewähren, den Ab-sturz der Bauwirtschaft im Bereich des Wohnungs-baus in den vergangenen Jahren nicht hat verhin-dern können. Nach einer Untersuchung des Ifo-Instituts vom Frühjahr dieses Jahres ist damit zurechnen, dass in den kommenden zehn Jahren all-jährlich rund 300 000 Wohneinheiten in Deutschlandneu entstehen; im vergangenen Jahr waren es rund270 000. Wenn diese Einschätzung realistisch ist,stellt sich die Frage, wie viele Wohnungen wahr-scheinlich – genau wird man es nicht feststellen kön-nen – weniger gebaut werden, wenn es die Eigen-heimzulage nicht mehr gibt. Des Weiteren stellt sichdie Frage, ob die geringere Zahl dann den fiskali-schen Aufwand rechtfertigt, den wir bei der Eigen-heimzulage nach wie vor betreiben. Darauf müssenwir eine Antwort geben.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hinter-grund stellt sich eine weitere Frage: Ist im Hinblickauf die Lage der öffentlichen Haushalte und auf dieKonkurrenz der Förderung des selbst genutztenWohneigentums zu anderen wichtigen Feldern dieEigenheimzulage in ihrem bisherigen Umfang nochzu rechtfertigen, selbst wenn man sie aus familien-politischen Gründen für hoch erwünscht hält?

In den vergangenen Monaten habe ich des Öfterenein Argument gehört, das ich nie akzeptieren werde:Die Alternative sei: Investitionen in Köpfe oder In-vestitionen in Beton? Letztere werden mit der Eigen-heimzulage in Verbindung gebracht. In diesem Punktstimme ich Herrn Kollegen Rech aus Baden-Württemberg zu, der vorhin hier sagte, auch derMietwohnungsbau stelle eine Investition in Betondar.

Wir werden die Frage beantworten müssen, warumwir allein bei der Eigenheimzulage Kürzungen vor-nehmen, den Mietwohnungsbau aber weiterhin inunveränderter Höhe subventionieren. Immerhin ma-chen die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeitenin den ersten zehn Jahren 40 % der Anschaffungs-bzw. Herstellungskosten aus. Welche Begründunggibt es dafür? Wo steckt der Werteverzehr in den ers-ten Jahren, der, wie gesagt, mit 40 % angesetzt wird,wenn im gleichen Zeitraum Reparatur- oder Erhal-tungsaufwand für einen tatsächlich eingetretenenGebäudeschaden zusätzlich zur Abschreibung steu-erlich geltend gemacht werden kann? Dies werdenwir den Menschen erklären müssen.

Die Eigenheimzulage wird sicherlich nicht völligabgeschafft; dies ist hier spürbar. Aber sie wird auchnicht so bleiben, wie sie ist. Wir haben Grund, unsdarauf einzustellen, dass es zu einem Vermittlungs-verfahren kommt. Dabei wird es darum gehen, mög-lichst viele Interessen zu einer möglichst sinnvollenLösung zusammenzubinden. Familien müssen auchweiterhin in der Lage sein, in jungem Alter Wohnei-gentum zu erwerben.

Ich füge deutlich hinzu: Die Diskriminierung desWohneigentums bei der Riester-Rente ist zu beseiti-gen; an diesem Punkt wird nachzuarbeiten sein. Wirwerden auch eine Antwort auf die Frage finden müs-sen, wie wir künftig den Stellenwert von selbst ge-

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nutztem Wohneigentum als Element der Altersvor-sorge definieren wollen.

Schließlich wird es darauf ankommen, eine Lösungzu finden, die in sehr ressourcenschonender Weise,also bei weitgehender Neutralität für die öffentlichenHaushalte, die Bauherren gegen die Hauptrisikenabsichert. Weil wir seit einigen Jahren ein Niedrig-zinsniveau haben, machen wir uns nicht ausreichenddeutlich, dass die Zinsen wieder steigen können, wasnach Ansicht aller Fachleute auch der Fall sein wird.Dies ist nach wie vor das Hauptrisiko, gegen das dieBauherren abzuschirmen sind.

Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz wird sichjedenfalls in sehr lebhafter Weise in das Vermitt-lungsverfahren einbringen und für ein Zusammen-binden der gleichwertig und wahrscheinlich auchgleichberechtigt nebeneinander stehenden Interes-sen eintreten. – Vielen Dank.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Herr Ministerpräsident Müller hat das Wort.

Peter Müller (Saarland): Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Ich knüpfe gern an dieAusführungen des Kollegen Mittler an – nicht, weil erzu Recht darauf hingewiesen hat, dass das von mirvertretene Bundesland das Land mit der höchsten Ei-genheimquote ist, sondern weil ich glaube, dass dervon ihm aufgezeigte Weg einer ist, über den wir ge-meinsam nachdenken und den wir gemeinsam be-schreiten sollten.

Ohne alles wiederholen zu wollen, was hier vorge-tragen worden ist, weise ich zumindest auf folgendenPunkt ergänzend hin: Die Vorläufer der demografi-schen Entwicklung, die uns in den nächsten Jahrenmit Wucht treffen wird, beginnen wir bereits zu spü-ren. Wir haben Leerstand nicht nur bei gewerblichgenutztem Raum, sondern zunehmend auch beiWohnraum. Wir haben das Problem der Entleerungunserer Innenstädte. Im Bereich der Wohnraumver-sorgung verändern sich die Bedarfe dramatisch.

Darauf muss Politik reagieren. Deshalb stimme ichdem Hinweis zu, dass wir weiter darüber nachzuden-ken haben, an welchen Punkten eine finanzielle Be-gleitung der Schaffung von Wohnraum gerechtfertigtist. Wir werden dies neu zu definieren haben. Des-halb wird am Ende einer solchen politischen Debattesinnvollerweise nicht die Abschaffung, wohl aber dieVeränderung der Eigenheimzulage stehen. Es gehtum Veränderungen unter Berücksichtigung der de-mografischen Entwicklung, um Veränderungen unterbesonderer Betonung des Schaffens von Wohnraumfür kinderreiche Familien, die hier nach wie vor er-heblichen Belastungen ausgesetzt sind, aber auchum Veränderungen unter der Überschrift „Subven-tionsabbau“.

( V o r s i t z : Vizepräsident Dieter Althaus)

Vor diesem Hintergrund ist es sicherlich nicht sinn-voll, am heutigen Tag einem Gesetz zuzustimmen,das die ersatzlose Abschaffung der Eigenheimzulage

Gernot Mittler (Rheinland-Pfalz)

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)zum Gegenstand hat. Dazu ist die Saarländische Lan-desregierung nicht bereit. Sie ist aber bereit, in ei-nem nachfolgenden Diskussionsprozess, gegebenen-falls im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens,darüber nachzudenken, wie wir die Eigenheimzu-lage verändern können, so dass sie den demografi-schen Herausforderungen Rechnung trägt und zu-gleich die Situation der öffentlichen Haushalteangemessen berücksichtigt wird.

Vizepräsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Staatssekretär Halsch (Bundesministerium derFinanzen).

Volker Halsch, Staatssekretär im Bundesministe-rium der Finanzen: Herr Präsident, meine Damenund Herren! Zunächst einmal bin ich dafür dankbar,dass die Debatte durch die beiden letzten Wortbei-träge eine Wendung hin zu einer differenzierterenBetrachtung genommen hat.

Die Politik, die Finanzpolitik allzumal, steht vor derAufgabe, in einem sehr schwierigen Umfeld Prioritä-tenentscheidungen zu treffen und mit dem zur Verfü-gung stehenden Geld möglichst effizient umzuge-hen. Sie muss die vor uns liegenden Probleme imHinblick auf die Rangfolge ihrer Lösung richtig be-nennen und dafür die notwendigen Finanzmittel zurVerfügung stellen.

Herr Kollege Mittler hat auf die Geschichte der Ei-genheimzulage hingewiesen. Es gibt aber auch eineGeschichte der Diskussion über ihre Abschaffungbzw. Reduzierung in den letzten drei Jahren. Ich willnicht alle Argumente wiederholen. Der entschei-dende Punkt ist, ob wir genügend Geld in der Kassehaben und wie wir damit die Zukunft des Landes si-chern.

Ich nutze die Gelegenheit, um auf einige Wider-sprüche in den Argumenten der Befürworter hinzu-weisen. Zunächst ein ordnungspolitisches Argu-ment: Mehrfach ist hier angesprochen worden, esbedürfe der Eigenheimzulage, um einer Branche zuhelfen, die zweifelsohne in einer schwierigen Situa-tion ist. Führt man diese Argumentation zu Ende,heißt das, dass jede Subvention sinnvoll ist, weil mandamit immer irgendeiner Branche hilft. Wenn man inSonntagsreden den ordnungspolitischen Rahmen derMarktwirtschaft hochhält, ist dieses Argument miteinem großen Fragezeichen zu versehen. Wir allewissen, dass Subventionen in der Regel zu Mitnah-meeffekten sowie zu Verzerrungen bei der Preisbil-dung führen. Beides ist – das ist durch wissenschaftli-che Untersuchungen nachgewiesen – im Bereich desWohnungsbaus extrem der Fall. Deswegen muss mandiesen Punkt ansprechen, wenn man ordnungspoli-tisch sauber diskutiert.

Die zweite Frage ist eine steuerpolitische und steu-ersystematische. Wofür sollen die Gelder, die heutenoch für die Eigenheimzulage eingesetzt werden,verwendet werden? Auch diejenigen, die sich vehe-ment für ihre Beibehaltung aussprechen, vertretenoft das Argument, sie stehe im Rahmen einer großen

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Steuerreform ebenfalls zur Disposition. Hier mussnach den Auswirkungen gefragt werden, wenn mandie Zulage abschafft. Dann erhalten insbesondere dieBezieher kleiner und mittlerer Einkommen und Fa-milien mit Kindern diese Hilfe nicht, und der Spitzen-steuersatz wird gesenkt. Indem man diese Fragestellt, ist sie schon beantwortet: Wenn die Steuerpoli-tik so angelegt wird, wie derzeit diskutiert wird, kannman die Befürworter der Eigenheimzulage nichternst nehmen. Das passt nicht zusammen.

Deswegen ist es richtig, dafür zu plädieren, die Ei-genheimzulage abzuschaffen und die freiwerdendenMittel für Projekte einzusetzen, die wir alle bitternötig haben. Beim Bund ist dies der Bereich der For-schung. Auch die Länder könnten diese Mittel gutverwenden. Wir alle kennen die PISA-Studie; ichmuss das nicht vertiefen. Meine Lebenserfahrungsagt mir zumindest, dass es immer um Geld geht,wenn man im Bildungsbereich etwas verändern will.

Heute Morgen habe ich im „Handelsblatt“ gelesen,dass Herr O e t t i n g e r über die Abschaffung derEigenheimzulage erneut nachdenken wolle, wenndas Geld zu großen Teilen bei den Ländern bleibe. Esbleibt zu großen Teilen bei den Ländern; das wissenSie alle. Deswegen sollten sich alle Beteiligten, auchdie Länder, noch einmal der Frage zuwenden, ob esangesichts der Probleme, die wir im gesamten Bil-dungsbereich haben, nicht sinnvoller ist, dieses Gelddort einzusetzen.

Auf die Argumente, die sich auf die demografischeEntwicklung beziehen, möchte ich nicht näher ein-gehen; Herr Ministerpräsident Müller hat sie richtigbeschrieben.

Ich habe heute Morgen im „Handelsblatt“ weitergelesen, die Union wanke. Ich gehe davon aus, dasssie nicht wankt und uns das – jedenfalls heute –durch entsprechendes Abstimmungsverhalten be-weist. Insoweit gebe ich mich keinen Illusionen hin.

Ich meine aber, dass das Thema mit der heutigenAbstimmung nicht beendet ist. Es wäre gut, wenn wiran dieser Stelle kein Catenaccio betreiben, sondernoffensiv spielen würden. Das gefiele auch dem Publi-kum besser. Vielleicht können Sie sich doch noch ei-nen Ruck geben und unserem Gesetz zustimmen. –Vielen Dank.

Vizepräsident Dieter Althaus: Herzlichen Dank!

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Die beteiligten Aus-schüsse empfehlen in Drucksache 836/1/04, dem Ge-setz nicht zuzustimmen. Gemäß unserer Geschäfts-ordnung stelle ich die Abstimmungsfrage positiv. Werstimmt dem Gesetz zu? – Das ist eine Minderheit.

Ich stelle fest, dass der Bundesrat beschlossen hat,dem Gesetz n i c h t zuzustimmen.

Wir haben nun noch über die unter Ziffer 1 derAusschussdrucksache aufgeführte Begründung zubefinden. Wer ist hierfür? – Das ist eine Minderheit.

Peter Müller (Saarland)

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)Damit hat der Bundesrat von einer Begründung ab-

gesehen.

Punkt 15:

... Strafrechtsänderungsgesetz – §§ 180b, 181StGB (... StrÄndG) (Drucksache 846/04)

Wortmeldung: Staatsminister Dr. Wagner (Hessen).

Dr. Christean Wagner (Hessen): Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bera-ten heute über ein Gesetz zu einem Thema, das auchin der Öffentlichkeit immer mehr als ernst zu neh-mendes gesellschaftliches Problem wahrgenommenwird: Menschenhandel.

Menschenhandel ist eine schwer wiegende Forminternationaler Kriminalität. Die hohen Gewinnaus-sichten und das – bislang – verhältnismäßig geringeEntdeckungsrisiko erklären die zunehmend festzu-stellenden Strukturen organisierter Kriminalität.

( V o r s i t z : Präsident Matthias Platzeck)

Betroffen von sämtlichen Formen des Menschen-handels sind überwiegend junge Frauen und Mäd-chen, wie die jährlichen Statistiken der Landeskrimi-nalämter sowie des Bundeskriminalamtes zurAltersstruktur der Opfer belegen.

Die Täter gehören häufig internationalen Verbre-cherringen an und entstammen in der Regel der Bor-dellbesitzer- und Zuhälterszene. Die Frauen werdenmit falschen Versprechungen nach Deutschland ge-lockt und nach ihrer Einreise – oftmals unter Andro-hung oder Ausübung von Gewalt – zur Prostitutiongezwungen. Dabei nutzen die Täter bewusst die inden Herkunftsländern ihrer Opfer vorherrschendenschlechten sozialen Verhältnisse für ihre Zwecke ausund täuschen den Frauen vor, durch einen Aufenthaltim Ausland ihre soziale und wirtschaftliche Lage ver-bessern zu können. Sobald die Frauen eingereistsind, werden ihnen ihre Papiere abgenommen undsie damit gezwungen, in die Illegalität abzutauchen.Sie sind damit auch finanziell an die Menschenhänd-ler gebunden und werden unter psychischer und kör-perlicher Gewaltandrohung und -anwendung gefü-gig gemacht und zu Prostitution oder Zwangsarbeitgezwungen.

Besondere Aktualität erlangt dieses Thema nun-mehr durch die Erweiterung der EuropäischenUnion; denn betroffen von dieser Form der Kriminali-tät sind in erster Linie Mädchen und Frauen aus denmittel- und osteuropäischen Staaten. Auch wenn dieEU-Erweiterung diesen Frauen die Last der Illegali-tät ihres Aufenthaltes in Deutschland nimmt, erleich-tert sie es den Tätern andererseits, die Frauen zumZwecke der sexuellen Ausbeutung nach Deutschlandzu bringen.

Meine Damen und Herren, dieser kurze Problem-aufriss macht deutlich, dass der Bekämpfung desMenschenhandels national wie international hoherStellenwert beigemessen werden muss. Unzurei-chende Gesetze, schwerfällige internationale Zusam-menarbeit bei der Strafverfolgung sowie nur unzurei-

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chende Opfer- und Zeugenschutzmaßnahmen führendazu, dass die Täter oft straffrei davonkommen. So-weit es um die nationale Gesetzgebung geht, habensich die bisherigen Regelungen zur Bekämpfung desMenschenhandels im Strafgesetzbuch in der Praxisals nicht ausreichend erwiesen.

Es ist daher grundsätzlich zu begrüßen, dass sichdie Regierungskoalition endlich diesem wichtigenThema gewidmet und einen Gesetzentwurf vorgelegthat, wenngleich es für ihr Handeln erst eines Ansto-ßes von Seiten der EU bedurft hatte. Ich weise daraufhin, dass die Frist für die Umsetzung des entspre-chenden Rahmenbeschlusses der EU vom 19. Juli2002 im August 2004 abgelaufen ist. Ich hätte mir ge-wünscht, dass die Bundesregierung gesetzgeberischetwas zügiger handelt.

Meine Damen und Herren, sosehr die Initiative imGrundsatz zu begrüßen ist, muss ich dennoch fest-stellen, dass das Gesetz unter erheblichen Mängelnleidet, die nach meiner Vorstellung im Vermittlungs-ausschuss erörtert und beseitigt werden müssen. Ichwill nur wenige Punkte aufgreifen:

Die Opfer von Menschenhändlern werden in ihrerWürde und in ihrer Selbstbestimmung in weit rei-chender Weise verletzt. Sie sind eingeschüchtert und– sofern sie nicht ohnehin bereits ausgewiesen wor-den sind – aus Angst vor Repressalien seitens der Tä-ter in der Regel nicht bereit, Aussagen über die Täterzu machen. Sie stehen somit als Zeugen regelmäßignicht zur Verfügung.

Die Strafverfolgungsbehörden sind daher in erheb-lichem Maße darauf angewiesen, Erkenntnisse ausder Überwachung der Telekommunikation zu erlan-gen. Dies verhindert aber die Koalition, wenn sie inihrem Gesetz die Telefonüberwachung nur insoweiterlaubt, als Verbrechenstatbestände des Menschen-handels im Raum stehen. Gerade zu Beginn der Er-mittlungen sind die kriminellen Strukturen der Men-schenhändler, die Gewerbs- oder Bandenmäßigkeitihres Handelns noch nicht bekannt. Man nimmt denErmittlungsbehörden effektive Ermittlungsansätze,wenn man nicht schon für den einfachen Menschen-handel die Schaltung einer Telefonüberwachung zurAufdeckung der kriminellen und organisierten Struk-turen gestattet. Dies zu erreichen wird eines derwichtigsten Ziele im Vermittlungsausschuss sein.

Aber nicht nur verfahrensrechtlich, sondern auchin materiell-rechtlicher Hinsicht weist das GesetzSchwächen auf. So fehlt es vor allem an einer Vor-schrift, die den eigentlichen Menschenhandel, denVerkauf einer Person, unter Strafe stellt. Dieser Zu-stand ist nicht hinnehmbar. Zum einen werden damitnicht alle Vorgaben des Rahmenbeschlusses der EUzum Menschenhandel umgesetzt. Zum anderen kannes nicht angehen – auf diesen Wertungswiderspruchmöchte ich hinweisen –, dass wir den Verkauf einesmenschlichen Organs, nicht aber den Verkauf desMenschen selbst bestrafen. Der Gesetzgeber mussdiesen Widerspruch auflösen und eine entspre-chende Strafvorschrift schaffen.

Vizepräsident Dieter Althaus

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)Ich hoffe, dass wir diese Punkte sine ira et studio

und verantwortungsbewusst im Vermittlungsaus-schuss erörtern können.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat Frau Staatsministerin Dr. Merk (Bay-ern).

Dr. Beate Merk (Bayern): Sehr geehrter Herr Präsi-dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zumdritten Mal innerhalb kürzester Zeit befasst sich derBundesrat mit gesetzgeberischen Maßnahmen gegenden Menschenhandel. Heute ist der Tag, an dem fürdas Gesetzgebungsverfahren die entscheidende Wei-che gestellt wird. Es geht darum, ob wir den Vermitt-lungsausschuss anrufen.

Ich meine, dass dieser Weg gegangen werdenmuss. Das sind wir den Opfern schuldig. Niemandemwäre geholfen, wenn ein Gesetz beschlossen würde,das in Bezug auf die sexuelle Ausbeutung vonFrauen und Mädchen nur wenige substanzielle Än-derungen gegenüber dem heutigen Recht enthielte.Heute haben wir es in der Hand, etwas Sinnvolles fürden Opferschutz zu tun.

Damit ist bereits der erste zentrale Punkt angespro-chen: die Bestrafung von Freiern, die sich an Men-schenhandelsopfern vergehen. Der Bundesrat hatsich für die Schaffung einer neuen Strafbarkeit aus-gesprochen. Liebe Frau Kollegin Schubert und liebeFrau Kollegin Lütkes, ich freue mich, dass wir Sie in-soweit an unserer Seite wissen.

Umso mehr überrascht mich die Haltung der Bun-desregierung. Herr Kollege Hartenbach hat uns An-fang November darum gebeten – ich zitiere –, „dierechtlich und tatsächlich schwierige Frage der Frei-erbestrafung“ nicht „zum Gegenstand eines Vermitt-lungsverfahrens zu machen“. Schade, dass dasBundesjustizministerium nicht vertreten ist. – Ent-schuldigung! Herr Staatssekretär Geiger ist anwe-send. Dann sage ich es Ihnen; vielleicht erörtern Siemit Herrn Hartenbach, welche Differenzen zwischenuns bestehen.

Herr Hartenbach hat weiter erklärt, die Bundesre-gierung habe zu dieser Frage „auf einen Gesetzesan-trag Bayerns gewartet“, dem man sich dann „mit dergebotenen Ernsthaftigkeit und dem Willen zur Zu-sammenarbeit gewidmet“ hätte.

Ich freue mich zunächst einmal, wenn der HerrStaatssekretär bayerische Gesetzesanträge als wich-tig erachtet. Allerdings muss ich hinzufügen, dassbayerische Vorschläge zur Bekämpfung der sexuel-len Ausbeutung von Menschenhandelsopfern seitJuni dieses Jahres, d. h. seit längerer Zeit, auf demTisch liegen; wir brauchen nicht mehr zu warten.Über die Vorschläge ist in der Öffentlichkeit breit dis-kutiert worden. Sie haben ein überaus positives Echogefunden. Das kann der Bundesregierung nicht ent-gangen sein.

Vor diesem Hintergrund kann man nur den Schlussziehen, dass Rotgrün nicht gewillt ist, die Sache

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ernsthaft und mit dem Willen zur Zusammenarbeitanzugehen, sondern dieses zentrale Anliegen auf dielange Bank schieben will. Es ist kein nachvollziehba-rer Grund vorhanden, die Sache nicht im anhängigenGesetzgebungsverfahren anzugehen, es sei denn, dieganze Richtung passt einem nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich findees unglaublich, wie hier laviert wird. Es geht dochnicht um irgendetwas, es geht um das Schicksal ge-schundener, versklavter junger Frauen und Mäd-chen. Herr Kollege Wagner hat die Situation soebendeutlich dargestellt und darauf hingewiesen, dasswir hier dringend eingreifen müssen.

Die jungen Frauen und Mädchen werden beispiels-weise an der tschechischen Grenze von einer Viel-zahl von Freiern missbraucht – Tag für Tag! Es istdoch kein Zufall, dass insbesondere Organisationen,die mit diesem Leid täglich konfrontiert sind, die sichmit den betroffenen Frauen täglich befassen, so ve-hement für unsere Vorschläge eintreten und darumbitten, dass in diesem Sinne etwas geschieht.

Wir wissen auf der anderen Seite, dass der bishe-rige, einseitig auf die Menschenhändler ausgerich-tete Kampf gegen den Menschenhandel nicht dengewünschten Erfolg erbringt. Angesichts einer sol-chen Situation müssen wir jetzt handeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit denim Jahre 2001 vorgenommenen Änderungen desProstitutionsgesetzes komme ich zum zweiten Punktund lasse abermals Herrn Kollegen Hartenbach zuWort kommen. „Wir wollten“, so hat er gesagt, „mitdiesem Gesetz die Prostitution ganz bewusst aus derSchmuddelecke, aus der kriminalisierten Ecke he-rausholen, um ein Stück Normalität in der gesamt-deutschen Wirklichkeit herzustellen.“

Dass Sie das wollten, will ich Ihnen gern zugeste-hen; erreicht haben Sie es nicht. Das Rotlichtgewerbeist nach wie vor von der Ausbeutung schutzloserFrauen und Mädchen geprägt. Dass man die Ausbeu-tung von Prostituierten nicht dadurch zurückdrängenkann, dass man von der Bordell- und Zuhälterszeneden Druck der Strafverfolgung nimmt, hätte eigent-lich von Anfang an einleuchten müssen. Wir jeden-falls haben schon seinerzeit mit großem Nachdruckdavor gewarnt.

Jetzt ist genau das eingetreten, was wir befürchtethaben: Die Strafverfolgungsbehörden haben nichtmehr das notwendige Instrumentarium, um in dieSzene hineinzukommen. Das rotgrüne Prostitutions-gesetz hat einen Schutzwall aufgerichtet, hinter demdie Drahtzieher weitgehend risikolos ihrem Ziel derGewinnmaximierung nachgehen können – in derMasse der Fälle gewiss nicht zum Vorteil der Prosti-tuierten!

Nun kann man in der Politik durchaus Fehler ma-chen. Man sollte solche Fehler aber schnellstmöglichrevidieren, wenn man von der harten Wirklichkeiteingeholt wird. Das ist beim Prostitutionsgesetz derFall. Das Gesetz hat sich nicht nur in strafrechtlicherHinsicht ziemlich katastrophal ausgewirkt. Auch dieerhofften positiven Wirkungen sind durchwegs

Dr. Christean Wagner (Hessen)

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)ausgeblieben. Aber die Größe, von sozialromantischverklärten Fehlvorstellungen Abschied zu nehmen,hat die Bundesregierung ganz offensichtlich nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aus-schüsse haben in den von mir heute angesprochenenund in weiteren Punkten die Anrufung des Vermitt-lungsausschusses empfohlen. Bayern wird sämtli-chen Empfehlungen zustimmen. Ich bitte Sie herzlichum Ihre Unterstützung.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Geiger (Bun-desministerium der Justiz).

Prof. Dr. Hansjörg Geiger, Staatssekretär im Bun-desministerium der Justiz: Herr Präsident! Meinesehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keinenZweifel, dass wir alle uns in dem Ziel einig sind, denMenschenhandel und die Zwangsprostitution mit ih-ren menschenunwürdigen und ekelhaften Praktikenzu bekämpfen. Minister Wagner hat das Bild völligzu Recht gezeichnet. Hierzu liegt Ihnen ein gutes Ge-setz vor, das die Bekämpfung des Menschenhandelsmit den Mitteln des Strafrechts weiterentwickelt undverbessert. Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Men-schenhandel zu bekämpfen; das Strafrecht ist nureine Methode. Zu diesem Zweck liegt das Gesetz vor.

Das Gesetz dient auch – das wissen Sie – der Um-setzung internationaler Rechtsinstrumente, beispiels-weise des Zusatzprotokolls zu dem entsprechendenUN-Übereinkommen und insbesondere des EU-Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung des Menschen-handels. Und – das ist in diesem Zusammenhangwichtig – es ist von allen Fraktionen des DeutschenBundestages einstimmig beschlossen worden.

Dennoch empfehlen der Rechtsausschuss und derInnenausschuss des Bundesrates die Anrufung desVermittlungsausschusses.

Ich möchte dabei auf einen entscheidenden Punktzu sprechen kommen, auf den meine Vorrednerin,die bayerische Staatsministerin Merk, gerade hinge-wiesen hat, nämlich die Freierstrafbarkeit. Einesmöchte ich gleich zu Anfang klarstellen, Frau Staats-ministerin Merk: Die Bundesregierung hat sich dieserThematik gestellt. Sie hat sehr deutlich gemacht,dass das Problem mit der augenblicklichen Nichtbe-rücksichtigung der Freierstrafbarkeit nicht vom Tischist, sondern weiter diskutiert wird. Wir sind der Auf-fassung, dass wir die Freierstrafbarkeit – anders undweiter als Ihr Ansatz – nicht nur für die Fälle erwä-gen müssen, die Sie gerade geschildert haben – indenen die Betreffenden von Bayern oder von Sach-sen nach Tschechien ausreisen –, sondern insgesamtansprechen müssen.

Es gibt ein schwedisches Modell der Freierstraf-barkeit. Wir müssen uns sehr ernsthaft mit den Erfah-rungen auseinander setzen, die Schweden gesam-melt hat. Wir wollen nicht im luftleeren Raumagieren; gerade das Strafrecht eignet sich dafürnicht.

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Es geht nicht darum, dass wir ein paar Monatenach Vorlage Ihres Gesetzentwurfs noch keine ab-schließende Stellungnahme abgegeben haben unduns zu viel Zeit lassen, sondern darum, dass wir indieser Frage, die sehr viele Menschen angeht, eineklare Antwort geben wollen. Wir wollen den Punkt,von dem an sich Freier strafbar machen, genau be-schreiben. Dazu brauchen wir noch Zeit. Ich bitte Sieum Verständnis, dass wir diesen Punkt sehr ernstnehmen und in der Praxis und mit der Praxis intensivdarüber diskutieren möchten. Ich lade Sie herzlichein, an dieser Diskussion teilzunehmen; ich habe kei-nen Zweifel daran, dass Sie das tun werden.

Minister Wagner aus Hessen hat deutlich daraufhingewiesen, dass wir einen Rahmenbeschluss derEuropäischen Union umzusetzen haben. Termin fürdie Umsetzung war der 1. August. Wir stehen alsounter einem gewissen Zeitdruck. Unter Zeitdrucksollten wir die wichtige Frage der Freierstrafbarkeitdefinitiv nicht behandeln. Deswegen habe ich Zwei-fel, ob sie im Rahmen eines Vermittlungsverfahrensabschließend und ausführlich genug debattiert wer-den kann.

Ich möchte auf einen weiteren Anrufungsgrund zusprechen kommen. Er betrifft die Frage, ob wir einespezifische Strafvorschrift zum so genannten Ver-kauf von Menschen brauchen. Ich habe erstensZweifel, ob der Vermittlungsausschuss das richtigeGremium ist, neue Strafvorschriften zu formulieren.Wir alle wissen, unter welchem Zeitdruck der Ver-mittlungsausschuss arbeitet. Gerade das Strafrechtmit seinen Auswirkungen will besonders gründlichbedacht sein. Sie kennen die Anforderungen desGrundgesetzes und des Bundesverfassungsgerichtsan klare Strafnormen. Deswegen habe ich Zweifel,ob das optimal ist. Zweitens meinen wir, dass eineStrafvorschrift hier nicht erforderlich ist, da wir mitden bestehenden und den mit diesem Gesetz neueinzuführenden Strafvorschriften bereits ausreichen-den Schutz der Opfer von Menschenhandel errei-chen. Ich möchte in diesem Zusammenhang insbe-sondere auf die Schutzvorschriften des § 232 unddes § 233a Strafgesetzbuch verweisen, die Men-schenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung– das ist der „Verkauf“ – und Schweren Menschen-handel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeits-kraft unter Strafe stellen. Hier haben wir also Straf-normen zur Verfügung; das ist kein strafrechtsfreierRaum.

Schließlich habe ich in einem weiteren Anrufungs-grund, den Sie heute nicht angesprochen haben, ge-lesen, dass Sie für den Fall, dass ein Kind Opfer vonMenschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeu-tung ist, die Strafandrohung auf eine Mindeststrafevon zwei Jahren erhöhen wollen. Es ist besondersekelhaft, wenn Kinder Opfer sind; darin sind wir alleuns einig. Ich sehe aber in der Regelung des Gesetz-entwurfs mit der Mindeststrafe von einem Jahr kei-nen Wertungswiderspruch zum geltenden Sexual-strafrecht. Tatsächlich entspricht die Tathandlung desneuen § 232 Abs. 3 Nr. 1 – bei der das Kind Gegen-stand ist – weder genau dem Grundtatbestand des

Dr. Beate Merk (Bayern)

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)sexuellen Missbrauchs von Kindern, des so genann-ten einfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern– juristisch ausgedrückt – in § 176, in dem eine Min-destfreiheitsstrafe von sechs Monaten vorgesehen ist,noch dem Tatbestand des schweren sexuellen Miss-brauchs von Kindern in § 176a Abs. 2, der eine Min-deststrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht.

Ich glaube deshalb, wir haben das Richtige getan– und der Bundestag hat die richtige Entscheidunggetroffen –, als wir mit der Strafandrohung des § 232eine Mindeststrafe von einem Jahr vorgesehen ha-ben, die genau zwischen dem einfachen und demschweren sexuellen Missbrauch von Kindern liegt.

Herr Minister Wagner, Sie haben zusätzlich die Te-lekommunikationsüberwachung angesprochen undbeklagt, dass diese nur für Verbrechen vorgesehensei. Ich brauche nicht zu sagen, dass das Bundesver-fassungsgericht in jüngsten Entscheidungen, die sichmit diesem Themenbereich beschäftigt haben, sei eszu § 100g, § 100h, § 100c StPO oder zum Außenwirt-schaftskontrollgesetz, immer deutlich gemacht hat,dass es sich um einen sehr schwer wiegenden Ein-griff handelt, der besonders begründet werden muss,und dass bei der Abwägung nach dem Verhältnismä-ßigkeitsgrundsatz schwerste Straftaten vorliegenmüssen. Deswegen meine ich, dass wir im Hinblickauf diese sehr aktuelle Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts mit der Beschränkung auf Ver-brechen die richtige Entscheidung getroffen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Laufedes Gesetzgebungsverfahrens sind alle Argumente,die in den Anrufungsgründen vorgetragen werden,hinreichend geprüft und diskutiert worden. Sie wis-sen, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf, der vonden Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vor-gelegt worden ist, im Laufe des Verfahrens erhebli-che Veränderungen erfahren hat. Einige Verände-rungen sind dem Bundesrat zu verdanken. EineReihe von Forderungen des Bundesrates ist berück-sichtigt worden; ich denke an die Schutzaltersgrenzein § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB.

Ich bitte zu bedenken, dass dem geänderten Ent-wurf, so wie er heute vorliegt, in der Schlussabstim-mung alle Fraktionen des Bundestages zugestimmthaben. Deswegen würde ich mich freuen, wenn Siedem Gesetz Ihre Zustimmung heute nicht versag-ten. – Vielen Dank.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank, HerrStaatssekretär!

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht derFall.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Dazu liegenIhnen die Ausschussempfehlungen in Drucksache846/1/04 und ein Antrag Baden-Württembergs inDrucksache 846/2/04 vor.

Da die Anrufung des Vermittlungsausschusses ausmehreren Gründen empfohlen wird, frage ich zu-nächst, ob allgemein ein Vermittlungsverfahren ge-wünscht wird. Wer ist dafür? – Das ist die Mehrheit.

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Dann kommen wir zu den einzelnen Anrufungs-gründen. Aus den Ausschussempfehlungen rufe ichauf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Wir kommen zu Ziffer 4.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden.Wir stimmen daher zunächst ab über die Buchstabena, b und c Doppelbuchstabe aa, jedoch ohne denAbsatz 2 von § 232a. Ich bitte um Ihr Handzeichen. –Das ist die Mehrheit.

Jetzt bitte das Handzeichen für Absatz 2 von§ 232a! – Das ist eine Minderheit.

Damit ist das Anliegen des Landesantrages erfüllt,so dass sich eine Abstimmung über ihn erübrigt.

Es bleibt abzustimmen über Buchstabe c Doppel-buchstabe bb. Wer ist dafür? – Mehrheit.

Jetzt bitte das Handzeichen für:

Ziffer 5! – Mehrheit.

Ziffer 6! – Mehrheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Der Bundesrat hat beschlossen, den Vermittlungs-ausschuss, wie soeben festgelegt, anzurufen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 18:

Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartner-schaftsrechts (Drucksache 849/04)

Das Wort hat Frau Bürgermeisterin Schubert (Ber-lin).

Karin Schubert (Berlin): Herr Präsident, meine Da-men und Herren! Das Generalthema des Gesetzeszur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts istdas der Gleichheit.

Namentlich geht es um die Frage, ob der Gesetzge-ber Menschen, die sich in unserem Land zueinanderbekennen, weiterhin allein auf Grund ihrer sexuellenAusrichtung verschieden behandeln soll. Die Ant-wort Berlins hierzu ist ebenso klar wie diejenige desBundestages: Nein. Der Staat hat die Menschengleich zu behandeln und sich gefälligst aus ihrenSchlafzimmern herauszuhalten. Wenn mein hessi-scher Kollege in einer Presseerklärung vom29. Oktober 2004 diesen elementaren Grundsatzgesetzgeberischen Handelns als „schrankenloseGleichstellungsideologie“ diskreditiert, stellt das dieDinge auf den Kopf. Gleichbehandlung ist keine Ide-ologie irgendwelcher politischen Strömungen. Sie istein Verfassungsgebot. Erst recht ist ihr eine Be-schränkung wesensfremd. Im hessischen Ministe-rium der Justiz scheint das in Vergessenheit geratenzu sein.

Das Einzige, was die einen Partnerschaften vonden anderen unterscheidet, ist, dass es den einen

Staatssekretär Prof. Dr. Hansjörg Geiger

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)gegeben ist, gemeinsame Kinder zu bekommen, denanderen nicht.

(Zuruf: Das ist entscheidend!)

Das Vorhandensein von Kindern kann aber naturge-mäß nur bei solchen Gesetzen von Bedeutung sein,die an das Vorhandensein von Kindern anknüpfen.Im Eherecht ist Letzteres gerade nicht der Fall. Nochgibt es keine gesetzliche Pflicht für Eheleute, Kinderzu bekommen. Ich denke, auch das hessische Minis-terium der Justiz dürfte keine Pläne in diese Rich-tung schmieden.

Der Antrag des Hamburger Senats, wegen der ver-löbnisrechtlichen Regelungen den Vermittlungsaus-schuss anzurufen, zeigt, dass auch dort mit zweierleiMaß gemessen wird. Man sollte generell über Sinnoder Unsinn einer gesetzlichen Regelung des Verlöb-nisses streiten, insbesondere darüber, ob zwischenVerlobten ein Zeugnisverweigerungsrecht bestehensoll. Nur, wenn man hier althergebrachte Rechts-grundsätze abschafft, muss dies für die einen wie fürdie anderen gelten. Es ist keinesfalls einzusehen,dass das Verlöbnisrecht, das wahrhaftig nicht mehrim Vordergrund der politischen Reformdiskussionstand, seit der Kranzgeldparagraf abgeschafft wor-den ist, über Nacht nicht mehr sein soll, nur weilauch ein paar homosexuelle Menschen das Verlöbnismissbrauchen könnten. Das kann wohl nicht richtigsein. Wenn wir es abschaffen, dann, bitte schön, füralle. Darüber sollte man nachdenken, aber nichtheute das Gesetz zur Änderung des Lebenspartner-schaftsrechts aufhalten. Dieses Gesetz brauchen wir.Berlin denkt darüber nach, ob es sich im Anschlussan das Inkrafttreten dieses Gesetzes dem Verlöbnisinsgesamt zuwendet.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen,der im bisherigen Gesetzgebungsverfahren beson-dere Aufmerksamkeit erfahren hat, nämlich den derStiefkindadoption.

Die Forderung nach Gleichberechtigung von Ehe-leuten und Lebenspartnern im Bereich der Stief-kindadoption habe ich schon auf der Justizminister-konferenz im Herbst 2003 erhoben. Viele derer, diemir damals widersprochen haben, konnten inzwi-schen von der Richtigkeit der Forderung überzeugtwerden. Zu meiner Freude zählen hierzu viele Ver-treter der so genannten B-Länder. Sie haben erkannt,dass die Ermöglichung der Stiefkindadoption vor al-lem dem Wohle des zu adoptierenden Kindes dient.Das Kind wächst ohnehin in der Lebensgemeinschaftdes leiblichen Elternteils mit seinem neuen Partnerauf, sei er nun Ehegatte oder Lebenspartner. Hierankann und will niemand etwas ändern.

Bei der Stiefkindadoption geht es daher allein umdie rechtliche Absicherung dieser tatsächlich bereitsbestehenden Lebenssituation, und zwar im Einver-nehmen mit dem gegebenenfalls vorhandenen ande-ren leiblichen Elternteil und selbstverständlich nurnach Wahrung der Interessen des Kindes durch dieGerichte. Wer hier die Beteiligten in rechtlicher Unsi-cherheit belassen möchte und die Ermöglichung derStiefkindadoption ablehnt, betreibt in Wahrheit ideo-

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logisch motivierte Fundamentalopposition auf demRücken der Kinder. Das wird niemand unterstützenwollen, dem es um die Sache geht. Deswegen denkeich, Sie sollten hier zustimmen. – Danke schön.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat Herr Staatsminister Huber (Bayern).

Erwin Huber (Bayern): Herr Präsident, meine Da-men und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz willdie rotgrüne Koalition die gleichgeschlechtliche Le-bensgemeinschaft weiter der Ehe angleichen. DieBayerische Staatsregierung lehnt dieses Projekt ab.Es ist gesellschaftspolitisch verfehlt, verfassungs-rechtlich fragwürdig, rechtlich problematisch, geset-zestechnischer Pfusch und schlicht überflüssig.

Die Koalition beruft sich auf das Bundesverfas-sungsgericht. Das heißt aber noch lange nicht, dassweitere Angleichungen rechtlich unproblematischund gesellschaftspolitisch sinnvoll sind.

Der Jubel von Herrn Abgeordneten B e c k – Bünd-nis 90/Die Grünen – im Bundestag, damit bereiteman für Lesben und Schwule ein Fest, ist nicht aus-reichend für rechtliche und gesellschaftspolitischeExperimente.

Ich mache verfassungsrechtliche Bedenken gegendieses Gesetz geltend. Zu Recht heißt es in der Aus-schussempfehlung:

Die Förderung der Ehe als Keimzelle des Staa-tes hat gesellschaftspolitisch erste Priorität. DieEhe sichert den Fortbestand der Generationen-folge und damit letztlich der Gesellschaft unddes Staates.

Frau Kollegin Schubert, wenn Sie hier Gleichbe-handlungsgrundsätze geltend machen, darf ich da-rauf hinweisen, dass selbst unter Juristen unstrittigist, dass man Gleiches gleich behandeln muss, nichtaber Ungleiches. Dieser Einwand überzeugt nicht.

Ehe und gleichgeschlechtliche Lebenspartner-schaft sind eben unterschiedliche Institutionen. Werpauschal rechtliche Regelungen, die für die Ehe gel-ten, auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaftenüberträgt, wird dieser tatsächlichen und rechtlichenUnterschiedlichkeit nicht gerecht. Er relativiert die inArtikel 6 Grundgesetz verfassungsrechtlich ge-schützte Institution der Ehe. Der Verfassungsauftragder besonderen Förderung von Ehe und Familie läuftins Leere, wenn das einfache Recht eins zu eins aufgleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ange-wandt wird. Die SPD sollte sich die eigenartige ge-sellschaftspolitische Sicht der Grünen nicht zu Eigenmachen, mit der die Werteordnung des Grundgeset-zes verwischt und verändert wird.

Die im Gesetz vorgesehenen Regelungen sind ver-fehlt. Sie orientieren sich nicht an sachlichen Not-wendigkeiten, sondern lediglich an dem Kriterium,welche rechtlichen Regelungen ohne Zustimmungdes Bundesrates getroffen werden können. Damitgaukeln Sie im Übrigen denjenigen, die eine gleich-geschlechtliche Lebenspartnerschaft eingehen

Karin Schubert (Berlin)

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)wollen, Verbesserungen vor, die in Wirklichkeit zuRechtsproblemen, Auseinandersetzungen und Belas-tungen führen.

Besonders verfehlt ist die Übernahme der Regelun-gen zur Stiefkindadoption in das Recht der Lebens-partnerschaften. Das Familienrecht ist in erster Liniedem Kindeswohl verpflichtet. Sie wollen aber dieAdoption auch für homosexuelle Paare öffnen. Dergleichgeschlechtliche Partner soll das mitgebrachteleibliche Kind annehmen dürfen. Das hat zur Folge,dass die verwandtschaftlichen Beziehungen zumbiologischen Elternteil erlöschen und nunmehr diegleichgeschlechtlichen Lebenspartner rechtliche El-tern des Kindes sind.

Ich möchte dazu aus der Erklärung zitieren, dieBundestagsvizepräsidentin Dr. Antje V o l l m e r am29. Oktober 2004 bei der Behandlung des Gesetzent-wurfs im Deutschen Bundestag abgegeben hat. Sieerklärte:

Mit der Adoption aber geht es nicht um … Sta-tusfragen von benachteiligten gesellschaftli-chen Gruppen, sondern allein um die Frage desKindeswohls.

Kinderperspektive muss einen Vorrang vor Er-wachsenenbedürfnissen und -wünschen haben,selbst wenn dies der berechtigte und sehr ver-ständliche Kinderwunsch ist.

Ich zitiere weiter:

Durch eine Adoption oder neue Formen derkünstlichen Befruchtung verschwindet aber derursprüngliche Elternteil oder manchmal sogarbeide Eltern vollständig aus dem Blickfeld. Bio-logische Eltern und Kind werden einanderfremd und entfremdet.

So weit die Ausführungen der Bundestagsvizepräsi-dentin bei der Beratung im Bundestag. Ich habe des-halb ausführlich zitiert, damit Sie diese Argumenta-tion auch von anderer Seite hören.

Das neue Rechtsverhältnis – die Adoption – wirdoftmals die gleichgeschlechtliche Lebenspartner-schaft überdauern, was die Gesetzesbegründung ge-nauso verschweigt wie die Diskussion über den Sinnder Stiefkindadoption in der Ehe.

Wir beklagen zu Recht, dass bei Trennungsfamiliendem Kind die Erfahrung mit Elternteilen verschiede-nen Geschlechts genommen wird, wenn etwa derUmgang mit dem Vater in hartnäckiger Weise verei-telt wird. Warum schaffen wir auf der anderen Seiterechtliche Regelungen, die dem Kind genau diese Er-fahrung weiblicher und männlicher Lebenssicht neh-men sollen?

Ich möchte dazu noch einmal Frau Dr. Vollmer zi-tieren – sie schreibt –:

Ich fürchte aber, dass das generelle Recht aufAdoption hier eher problemverschärfend stattproblemlösend wirkt, worauf auch ernst zu neh-mende kinderpsychologische Stellungnahmenhinweisen. Der Staat ist nicht so omnipotent,

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alle Schicksalskonstellationen ausgleichen zukönnen. Er sollte es auch nicht versuchen.

Ansonsten erschöpft sich das Gesetz in der pau-schalen unveränderten Übernahme von Rechtsinsti-tuten, die selbst im Eherecht als reformbedürftig gel-ten. Die unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnissein Ehe und gleichgeschlechtlicher Lebenspartner-schaft werden in keiner Weise berücksichtigt. DieseKritik wurde schon in der Sachverständigenanhö-rung im Deutschen Bundestag unüberhörbar vorge-tragen. Aber Rotgrün ist taub für sachlichen undbegründeten Einwand auch seitens der Sachverstän-digen und der Wissenschaftler.

Versorgungsausgleich, Unterhalt, eheliches Gü-terrecht und Hinterbliebenenversorgung sind aufunterschiedliche Erwerbsbiografien zugeschnitten,die in der Ehe wegen der Kindererziehung durchausnoch an der Tagesordnung sind und bleiben werden.Dem Versorgungsausgleich steht im Übrigen einegroße Strukturreform bevor. Im ehelichen Unterhalts-recht hat die Bundesregierung selbst Änderungenangekündigt. Reformbedarf im ehelichen Güterrechtwird diskutiert. Dennoch will die Koalition dies allesheute eins zu eins auf die gleichgeschlechtliche Le-benspartnerschaft übertragen.

Meines Erachtens geht es der rotgrünen Koalitiongar nicht darum, sinnvolle und passende Regelungenfür Lebenspartnerschaften zu schaffen. Es geht alleinum ein fragwürdiges und problematisches gesell-schaftspolitisches Signal. Das können und wollen wirnicht mittragen. Bayern unterstützt deshalb die Aus-schussempfehlung: Anrufung des Vermittlungsaus-schusses mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzes.

Sollte das Gesetz in Kraft treten, behalten wir unseine verfassungsrechtliche Prüfung vor. Wir erwä-gen, aus den von mir dargelegten Gründen erneutdas Bundesverfassungsgericht anzurufen.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat Herr Senator Dr. Kusch (Hamburg).

Dr. Roger Kusch (Hamburg): Herr Präsident, meineDamen und Herren! Herr Staatsminister Huber, Siehaben Hamburg nicht erwähnt. Frau Schubert hatHamburg erwähnt, und zwar kritisch. Trotzdem steheich den Ausführungen von Frau Schubert näher.

Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hatsich die Stärkung der Rechtsstellung der Lebenspart-nerschaften auf die Fahnen geschrieben. Diesemrechtspolitischen und gesellschaftspolitischen Zielentspricht das vorliegende Gesetz.

Dass wir trotzdem – Ihnen liegt ein entsprechenderPlenarantrag vor – die Anrufung des Vermittlungs-ausschusses erwogen haben, liegt an einem Phäno-men, das Sie, Frau Schubert, schon erwähnt haben,wofür Sie Hamburg aber zu Unrecht kritisiert haben.Unsere Begründung beginnt damit, dass wir in Über-einstimmung mit dem vorliegenden Gesetz keinensachlichen Grund sehen, hinsichtlich des Verlöbnis-ses einen Unterschied zwischen Lebenspartnern und

Erwin Huber (Bayern)

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)Eheleuten zu machen. Wir wollen also nicht, wie Sieuns vorwerfen, zweierlei Maß anlegen.

Unserer Ansicht nach kann die Stärkung desRechtsinstituts der Lebenspartnerschaft unmöglichmit einer Schwächung der inneren Sicherheit ein-hergehen. Es ist ein Schönheitsfehler dieses Geset-zes, dass durch Ausdehnung des Verlöbnisses aufgleichgeschlechtliche Partner auch das Zeugnisver-weigerungsrecht im Strafprozess ausgedehnt wird.Ein heute an sich schon antiquiertes Zeugnisverwei-gerungsrecht, das in eine effektive Strafverfolgungnicht passt, wird ausgeweitet.

Wenn Sie nun, Frau Schubert, das Angebot ma-chen, über A/B-Grenzen hinweg im Bundesrat eineInitiative zu starten, um diesen für die innere Sicher-heit unerfreulichen Zustand zu beenden, so kannHamburg damit genauso leben wie mit einer Anru-fung des Vermittlungsausschusses. Ich greife deshalbIhr Angebot auf: Im Hinblick auf eine gemeinsameInitiative, der ich große Erfolgsaussichten beimesse,wird Hamburg den Antrag auf Anrufung des Vermitt-lungsausschusses nicht stellen.

Zum Schluss möchte ich auf Folgendes hinweisen:Wenn Sie sich die Abstimmungsmehrheiten im Bun-destag vor Augen führen und sehen, wie heute überdieses Gesetz abgestimmt wird, ist das Thema „Le-benspartnerschaft“ entgegen einigen Äußerungenvon Staatsminister Huber kein Kampfthema mehr aufder Grenzlinie von Rotgrün. Es ist kein A/B-Themamehr. Ich meine, das ist ein Fortschritt für unser Land.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht derFall.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Dazu liegenIhnen die Ausschussempfehlungen in Drucksache849/1/04 sowie ein Antrag Hamburgs in Drucksache849/2/04 vor.

Da die Anrufung des Vermittlungsausschusses ausmehreren Gründen gewünscht wird, müssen wir zu-nächst feststellen, ob allgemein eine Mehrheit für dieAnrufung besteht. Wer allgemein für die Anrufungist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist eineMinderheit.

Damit hat der Bundesrat den Vermittlungsaus-schuss n i c h t angerufen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 19:

Gesetz zur Einführung der Europäischen Ge-sellschaft (SEEG) (Drucksache 850/04)

Es spricht zu uns Herr Minister Hirche (Nieder-sachsen).

Walter Hirche (Niedersachsen): Herr Präsident,meine Damen und Herren! Mit dem zur Debatte ste-henden Gesetz soll die Rechtsgrundlage für die Ge-sellschaftsform einer europäischen Kapitalgesell-schaft für europaweit tätige und damit auch für

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deutsche beteiligungswillige Unternehmen geschaf-fen werden.

Die Niedersächsische Landesregierung unterstütztdiese Zielsetzung uneingeschränkt. Aber mit demvorliegenden Gesetz wird man ihr nicht gerecht. DieGrundlage und die Voraussetzungen, die deutscheUnternehmen für eine auch arbeitsmarktpolitischdringend erforderliche erfolgreiche Beteiligung aneiner europäischen Kapitalgesellschaft benötigen,schafft dieses Gesetz nicht. In Übereinstimmung mitzahlreichen Vertretern aus Wirtschaft und Wissen-schaft sieht unsere Landesregierung vielmehr dieGefahr, dass sich europäische Unternehmen aufGrund der vorgesehenen Regelungen zur Mitbestim-mung kraft Gesetzes und der sich daraus letzten En-des in vielen Fällen ergebenden Anwendung derrein deutschen paritätischen Mitbestimmung hütenwerden, deutsche Partner für eine Europäische Ge-sellschaft in Betracht zu ziehen.

Dieses Gesetz zwingt zu einer sehr genauen Be-trachtung der europarechtlichen Vorgaben und ihrerFolgen. Wir alle müssen höllisch aufpassen, dass esnicht zu einer unnötigen Benachteiligung deutscherGesellschaften im internationalen Wettbewerbkommt. Das können wir uns nicht leisten. Es wird fürunsere Arbeitsplätze erhebliche negative Folgen ha-ben.

Um dies zu verhindern, müssen wir bei dem Um-setzungsgesetz gemeinsam zu Regelungen kommen,die auch im europäischen Ausland und bei den dorti-gen Unternehmen möglichst hohe Akzeptanz, nichtkategorische Ablehnung hervorrufen.

Meine Damen und Herren, genauso interpretiereich übrigens die am gestrigen Tag erteilte Zustim-mung der Bundesregierung zur EU-Fusionsrichtli-nie. Wir können nicht einfach ignorieren, dass dieMehrheit der europäischen Mitgliedstaaten unserMitbestimmungsmodell, vor allem die paritätischeMitbestimmung, ablehnt und zwölf von ihnen Mitbe-stimmungsregelungen nicht einmal kennen. Dortgibt es Befürchtungen zum Teil aus Unkenntnis. Ge-rade deshalb müssen wir mit der Fassung unserer ei-genen Vorschriften vermitteln, dass die Teilnahmevon Arbeitnehmervertretern und Arbeitnehmerver-treterinnen in Aufsichtsgremien von Kapitalgesell-schaften, die Sicherstellung von Anhörungs- und In-formationsrechten sehr wohl positive Effekte für dasUnternehmen haben können.

Wir sollten aber auch unter Berücksichtigung derRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtsdeutlich werden lassen, dass Mitbestimmungsrege-lungen nicht das Ziel haben, dass Arbeitnehmerver-treter und -vertreterinnen im Verwaltungsrat einermonistisch geführten Europäischen Gesellschaft z. B.gegen den Willen der Anteilseigner über das im Un-ternehmen investierte Kapital entscheiden können.Die Fassung des vorliegenden Gesetzes lässt diesaber zu. Dies muss geändert werden, weil sonst derWirtschaftsstandort Deutschland Nachteile erleidenwürde.

Dr. Roger Kusch (Hamburg)

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)Wenn der Bundeswirtschaftsminister bei den

grenzüberschreitenden Fusionen Kompromissbe-reitschaft hinsichtlich der Begrenzung der Anzahlder Arbeitnehmersitze im Verwaltungsrat gezeigthat, wie die Zeitungen heute berichten, sollte diesdoch auch für das vorliegende Gesetz, bei dem esinhaltlich um die gleichen Fragen geht, möglichsein.

Ich denke, dass wir, entsprechenden Willen voraus-gesetzt, in dem von uns beantragten Vermittlungs-verfahren dann auch zu einem vernünftigen Ergebniskommen. – Ich danke Ihnen.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat Herr Staatsminister Riebel (Hessen).

Jochen Riebel (Hessen): Herr Präsident! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Ich will mir zu-nächst den Hinweis erlauben, dass ich mir die Argu-mente, die Kollege Hirche vorgetragen hat, zu Eigenmache und sie aus hessischer Sicht um einen Aspektergänze.

Uns geht es mit der Anrufung des Vermittlungsaus-schusses darum, die auf europäischer Ebene neu ge-schaffene Kapitalgesellschaftsform deutschen Unter-nehmen nicht nur zu ermöglichen, sondern soauszugestalten, dass sie zu einer attraktiven, akzep-tierten Option wird. Hessen sieht die Gefahr, dassdeutsche Unternehmen auf europäischer Ebene alsPartner für eine Europäische Gesellschaft nicht inBetracht gezogen werden, weil das Mitbestim-mungsmodell, die paritätische Mitbestimmung in Ka-pitalgesellschaften, die sich über 55 Jahre in derBundesrepublik Deutschland aus hessischer Sichtausdrücklich bewährt hat, in Frankreich, Spanien,Italien und darüber hinaus auf kein Verständnisstößt.

In der Sache sieht die Regelung, die uns jetztvorliegt, vor, dass sich bei der Beteiligung einesdeutschen Unternehmens an einer EuropäischenGesellschaft bei Nichteinigung der höchste Arbeit-nehmeranteil aus dem deutschen Mitbestimmungs-modell ergibt. Da dies bei ausländischen Investorenzweifelsfrei und sicher prognostizierbar auf erhebli-che Bedenken stoßen wird, wird deutschen Unter-nehmen sozusagen eine Fußfessel angelegt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir be-finden uns bei diesem in der Öffentlichkeit nicht be-sonders diskutierten und akzeptierten Problem ineinem wichtigen Teil des europäischen Integrations-prozesses.

Ich möchte betonen, dass die Hessische Landesre-gierung die Mitbestimmung, wie sie sich in der Bun-desrepublik entwickelt hat, für ein gutes Modell hält.Ich will aber darauf hinweisen, dass es nicht unserZiel sein kann, dass der Rest Europas am deutschenWesen genese. Wenn Sie informell oder offiziell inFrankreich mit einem überzeugten Sozialisten reden,werden Sie feststellen, dass er für das deutsche Mit-bestimmungsmodell kein Verständnis hat.

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Was jetzt auf dem Tisch liegt, muss im Vermitt-lungsausschuss neu erörtert werden, damit wiederInvestitionen getätigt werden, wodurch Arbeitsplätzeentstehen und insgesamt Wachstum generiert wird.Das ist ein wichtiges Anliegen des Landes Hessen.Deswegen bitte ich um Zustimmung zur Anrufungdes Vermittlungsausschusses.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Das Wort hat Herr Minister Kuschke (Nordrhein-Westfalen).

Wolfram Kuschke (Nordrhein-Westfalen): HerrPräsident, meine Damen und Herren! Wir haben eshier mit einem aktuellen Anlass zu tun, der auf einerfast 30-jährigen Geschichte beruht. Ich will die Ent-wicklung nicht darstellen, aber der Vollständigkeithalber erwähnen, dass wir uns seit mehr als 30 Jah-ren mit der Schaffung einer Europäischen Aktienge-sellschaft beschäftigen.

Ausgangspunkt für uns und auch für das Handelnder Bundesregierung sind zwei Rechtsakte aus demJahre 2001, nämlich die Verordnung über das Statutder Europäischen Gesellschaft und die Richtlinie zurErgänzung des Statuts der Europäischen Gesell-schaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitneh-mer.

Es kann kein Zweifel daran bestehen: Ein Ausfüh-rungsgesetz, das die Bundesregierung in Form einesArtikelgesetzes zur Einführung der EuropäischenGesellschaft vorgelegt hat, ist erforderlich; denn so-wohl die Verordnung als auch die Richtlinie enthal-ten Regelungsaufträge für den nationalen Gesetzge-ber, allerdings verbunden mit Wahlrechten, also auchGestaltungsmöglichkeiten für die innerstaatlicheUmsetzung. Die entsprechende Verordnung ist be-reits am 8. Oktober dieses Jahres in Kraft getreten, sodass auch europarechtliche Gründe für die baldigeendgültige Verabschiedung des Gesetzes sprechen.

Mit dem Gesetz sind mehrere Zielsetzungen ver-bunden, von denen die meisten unstreitig sein dürf-ten. Das hat auch die Diskussion in den vergangenenWochen ergeben. So muss die neue Gesellschaftsformmit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Aktien-rechts vereinbar sein. Zudem ist der Aktionärs- undGläubigerschutz auszugestalten. Schließlich müssendie deutschen Regelungen zur Unternehmensmitbe-stimmung in europarechtlich zulässiger Weise auf dieEuropäische Gesellschaft übertragen werden.

Es gibt einen entscheidenden Punkt, der von mei-nen beiden Vorrednern bereits genannt worden ist,bei dem ich mir angesichts des Tenors und des Duk-tus der Ausführungen aber nicht ganz sicher bin, wieman es damit zu halten hat. Wenn mehrfach betontwird, dass es gegen das Wesen der deutschen Mitbe-stimmung keine grundsätzlichen Bedenken gibt,Herr Kollege, dann stellt sich doch die Frage, ob hiernicht ein Popanz aufgebaut werden soll – ich glaube,es kann nicht anders verstanden werden –: DerAntrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusseswird damit begründet, dass die Anwendung des

Walter Hirche (Niedersachsen)

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604 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

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)deutschen Mitbestimmungsmodells bei ausländi-schen Investoren auf Bedenken stößt und daher de-ren Bereitschaft, mit deutschen Unternehmen eineGesellschaft zu gründen, eher gering sein dürfte. Ichweiß nicht, ob es die richtige Strategie ist, Nachbarn,bei denen man Skepsis vermutet, auch gleich nochdie Bedenken aufzuzeigen, die sie haben könnten.

Wir glauben nicht, dass sich Wettbewerbsnach-teile ergeben. Auch die Bundesregierung sieht dasso. Es ist mehrfach betont worden, dass der beson-dere Vorteil der deutschen Mitbestimmung in ihrerBefriedungsfunktion in Krisenfällen liegt. DieserBeurteilung würden Sie sich im Zweifel anschließen,Herr Kollege. Wir würden dann aber auch gemein-sam zu der Schlussfolgerung kommen, dass daskeine Standortnachteile mit sich bringt, wedernational noch bei europäischen, internationalen Vor-haben.

Selbst die Antragsteller räumen letztlich ein, dasssich die Einführung der Europäischen Gesellschaftnicht für eine Grundsatzdiskussion in Sachen Mitbe-stimmung eignet. Sie gestehen in ihrer Begründungzu, dass die Sicherung erworbener Mitbestim-mungsrechte fundamentaler Grundsatz und erklär-tes Ziel der Richtlinie ist und damit nicht zur Disposi-tion des nationalen Gesetzgebers steht. Das istrichtig. Daher gibt es keinen Grund, eine grundle-gende Überarbeitung des Gesetzes zu verlangen.

Vielmehr ist hervorzuheben, dass die EuropäischeGesellschaft zu einer Vielzahl von rechtlichen Neue-rungen führt. Eine Neuerung ist die Möglichkeit,über die Form der Mitbestimmung in der zukünftigenGesellschaft zu verhandeln. Dieser Verhandlungs-grundsatz ist Folge der Tatsache, dass es in Europahöchst unterschiedliche Mitbestimmungstraditio-nen gibt. Das ist richtigerweise schon dargestelltworden. Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird einSpielraum eingeräumt, um im Einzelfall angemes-sene Lösungen zu finden. Das ist sicherlich für dasdeutsche Rechtssystem neu, aber aus europäischerSicht eine große Chance für das Zusammenwachsennationaler Rechtssysteme unter Einbeziehung der je-weiligen nationalen Traditionen in diesen Bereichen.Wir denken, dass diese Chance genutzt werdensollte.

Alles in allem, Herr Präsident, meine Damen undHerren: Die Einführung der Europäischen Gesell-schaft eignet sich nicht für eine Grundsatzdiskussionüber die Mitbestimmung, auch nicht, wenn vorherbetont wird, dass es keine Grundsatzdiskussion ist.Vielmehr sollte das europäische Recht möglichstschnell umgesetzt werden. – Herzlichen Dank.

Präsident Matthias Platzeck: Vielen Dank!

Je eine Erklärung zu Protokoll*) haben HerrStaatssekretär Professor Dr. Geiger (Bundesministe-rium der Justiz) für Herrn Parlamentarischen Staats-sekretär Andres (Bundesministerium für Wirtschaft

*) Anlagen 5 und 6

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und Arbeit) und Herr Staatsminister Riebel (Hessen)abgegeben. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Dasist nicht der Fall.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 850/1/04 vor.

Wer gemäß Ziffer 1 dafür ist, den Vermittlungsaus-schuss anzurufen, den bitte ich um sein Handzei-chen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat den Vermittlungsaus-schuss angerufen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 20:

Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensab-schlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG)(Drucksache 851/04)

Gibt es Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 851/1/04 vor.

Wer gemäß Ziffer 1 dafür ist, den Vermittlungsaus-schuss anzurufen, den bitte ich um sein Handzei-chen. – Das ist eine Minderheit.

Damit hat der Bundesrat den Vermittlungsaus-schuss n i c h t angerufen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 24:

Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie überdie Bewertung und Bekämpfung von Umge-bungslärm (Drucksache 855/04)

Gibt es Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 855/1/04 vor.

Die Ausschüsse empfehlen unter Ziffer 1, dem Ge-setz nicht zuzustimmen. Gemäß unserer Geschäfts-ordnung frage ich positiv, wer dem Gesetz zuzustim-men wünscht. Handzeichen bitte! – Das ist eineMinderheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz n i c h t zu-gestimmt.

Wir stimmen nun über die hierfür unter Ziffer 2vorgeschlagene Begründung ab. Wer stimmt zu? –Das ist die Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Es bleibt abzustimmen über die Entschließung un-ter Ziffer 3. Wer ist dafür? – Auch das ist die Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat die Entschließung gefasst.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 30 a):

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung desAsylbewerberleistungsgesetzes – Antrag derFreien Hansestadt Bremen – (Drucksache 367/04)

Gibt es Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu liegen Ihnendie Ausschussempfehlungen in Drucksache 367/1/04vor.

Wolfram Kuschke (Nordrhein-Westfalen)

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Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 605

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)Ich beginne mit Ziffer 1 der Ausschussempfehlun-

gen. Wer ist dafür? – Das ist die Mehrheit.

Wer den Gesetzentwurf in der soeben festgelegtenFassung beim Deutschen Bundestag einzubringenwünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das istdie Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Wir sind übereingekommen, Frau Senatorin Röpke(Bremen) zur Beauftragten für die Beratung des Ge-setzentwurfs im Deutschen Bundestag zu bestellen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 33:

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Fahr-gastrechte – Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 36 Abs. 2 GO BR – (Druck-sache 903/04)

Es spricht zu uns Herr Minister Dr. Horstmann(Nordrhein-Westfalen).

Dr. Axel Horstmann (Nordrhein-Westfalen): HerrPräsident! Sehr verehrte Damen und Herren! ZehnJahre Bahnreform haben – bisher jedenfalls – für dieFahrgäste nicht alle Vorteile erbracht, die von ihr er-wartet worden sind.

Das schlägt sich in der Entwicklung der Fahrgast-zahlen nieder. Die Bahn hat im Fernverkehr inner-halb dieser Zeit Marktanteile verloren, nicht gewon-nen. Auch die steigenden Fahrgastzahlen imNahverkehr sind nur auf massive quantitative Leis-tungsausweitungen zurückzuführen, die am Endeder Steuerzahler finanziert hat. Dass diese Entwick-lung insgesamt nicht günstiger ausfällt, dazu tragenmassive Qualitätsmängel der Bahnleistungen bei,die gerade in dieser Jahreszeit verstärkt auftreten.

Wie andere Beispiele der Bahnpolitik zeigen, ist esmit politischen Interventionen, mit politischem Drucknicht getan. Wir meinen, das Ordnungsgefüge vonBahnverkehrsunternehmen, öffentlichen Auftragge-bern und Fahrgästen muss neu austariert werden:Die Interessen der Fahrgäste müssen ein wichtigeresKriterium für die Leistungserbringung werden,Pünktlichkeit muss ernster genommen werden, Zug-ausfälle dürfen nicht in dem Maße auftreten, wie eszurzeit der Fall ist, andere Qualitätsmängel dürfennicht in dem Maße auftreten, wie wir es gerade imHerbst immer wieder beobachten.

Der Ordnungsrahmen ist heute dadurch gekenn-zeichnet, dass die Unternehmen nicht verpflichtetsind, dem Fahrgast eine Entschädigung zu zahlen,wenn ihre Busse und Bahnen nicht pünktlich sindoder gar ausfallen. Nach der geltenden Rechtslagesind jegliche Ansprüche des Fahrgastes wegenVerspätung und Zugausfall nach der einschlägigenVorschrift des § 17 der Eisenbahn-Verkehrsordnungausgeschlossen, und zwar im Nahverkehr, im Fern-verkehr und im straßengebundenen öffentlichen Per-sonennahverkehr mit Bussen und Straßenbahnen.

Diese Rechtslage entstammt nicht dem letztenJahrhundert, meine sehr verehrten Damen und Her-ren, sondern dem vorletzten Jahrhundert. Die Ein-

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räumung eines Beförderungsanspruchs und dergleichzeitige Ausschluss der Haftung mögen damalsein großer Fortschritt gewesen sein. Die Bahn hatteein Transportmonopol, das jedermann zugute kom-men sollte. Daher sollte sie für die damit einherge-henden typischen Risiken nicht haften müssen.

Heute sind Bahnen und andere Verkehrsunterneh-men Wettbewerber um Fahrgäste, die sich auf Leis-tungsversprechen verlassen können wollen. DerBund hat seine ehemalige Staatsbahn diesem Wett-bewerb ausdrücklich zugeordnet und sie in ein Wirt-schaftsunternehmen umgewandelt. Auch sie musssich deshalb wie ein solches behandeln und sich anden allgemeinen Maßstäben des Vertragsrechts mes-sen lassen.

Dies scheint übrigens die Deutsche Bahn AG ge-nauso zu sehen. Die seit Oktober 2004 geltende Kun-dencharta ist ein Indiz dafür, dass das noch beste-hende Nicht-Haftungsprivileg von der Bahn AGselbst als nicht mehr zeitgemäß betrachtet wird.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetz-entwurf des Landes Nordrhein-Westfalen zur Ände-rung des einschlägigen Bundesrechts will dasRechtsverhältnis zwischen der Bahn und ihren Fahr-gästen ändern und die Fahrgastrechte stärken. GutesGeld vom Fahrgast soll es künftig nur für gute Leis-tungen geben. Der Rechtsrahmen ist so auszurichten,dass er die Qualität des Schienenverkehrs fördert.Der Schlüssel dazu ist: Die Höhe der monetären Ein-nahmen ist in straffe Abhängigkeit zur verkehrlichenLeistungsgüte zu bringen, und zwar – das sollte dieLänder interessieren – insbesondere im Nahverkehr,wo die Bahn zurzeit ihre „guten“ Geschäfte macht,aber bisher auch nicht freiwillig Haftungsregelungenfür sich übernommen hat. Wir wollen deshalb dasHaftungsprivileg ändern: § 17 der Eisenbahn-Ver-kehrsordnung soll dem Fahrgast einen Anspruch aufSchadenersatz für den Fall eines Zugausfalls odereiner Verspätung um mehr als 20 Minuten bieten.

Dieser Anspruch setzt, wie im allgemeinen Zivil-recht üblich, ein Verschulden der Bahn voraus. DieBeweislast soll jedoch nicht beim Fahrgast liegen.Sollten Ansprüche aus Kettentransporten durch un-terschiedliche Verkehrsunternehmen entstehen, dieim ÖPNV oft erst im Zusammenwirken die bestellteLeistung erbringen, richten sich die Schadenersatz-ansprüche nicht nur gegen den Vertragspartnerselbst, sondern auch gegen die Bahn, die die Beför-derung nur operativ durchführt.

Inhaltlich umfasst der Anspruch der Fahrgäste dieentgeltfreie Rückfahrt des Fahrgastes zum Aus-gangspunkt der Fahrt oder die Erstattung der Kos-ten, die der Fahrgast aufgewandt hat, um sein imNahbereich liegendes Fahrziel durch Benutzung an-derer Verkehrsmittel, z. B. Taxi, zu erreichen, oderÜbernachtungs- und Benachrichtigungskosten.

Die Beschränkung des Ersatzes auf die Schadens-positionen, die mit der „schlechten“ Nahverkehrs-leistung unmittelbar selbst im Zusammenhangstehen, berücksichtigt die Besonderheiten des Schie-nenpersonennahverkehrs als Massentransportmittel

Präsident Matthias Platzeck

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606 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

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)mit potenziell hohem Haftungsrisiko und gefährdetdas moderate Fahrpreisniveau im Bereich des öffent-lichen Personennahverkehrs nicht.

Die Besonderheiten des Schienenpersonennahver-kehrs, die diese Sonderregelung notwendig machen,zeichnen auch denjenigen Bereich des öffentlichenPersonennahverkehrs aus, der mit den dem Perso-nenbeförderungsgesetz unterfallenden Verkehrsträ-gern – Straßenbahnen, Bussen – abgewickelt wird.Diese Gemeinsamkeiten sprechen für eine Verein-heitlichung der Rechtsstellung aller Benutzerinnenund Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel.

( V o r s i t z : Vizepräsident Dieter Althaus)

Der vorliegende Gesetzentwurf übernimmt deshalbdie von mir dargestellte Neuregelung des § 17 derEisenbahn-Verkehrsordnung auch in den Regelungs-bereich des Personenbeförderungsrechts.

Im Gegensatz zum Schienenpersonennahverkehrwird der Schienenpersonenfernverkehr eigenwirt-schaftlich erbracht. Staatliche Betriebskostenzu-schüsse werden also nicht gewährt.

Die Rechtsbeziehung des Fahrgastes zur Bahn isteine Geschäftsbeziehung klassischer Art und solldeshalb dem allgemeinen zivilrechtlichen Haftungs-system des BGB unterstellt werden. Schienenperso-nenfernverkehr betreibende Eisenbahnen sollen al-lerdings die Möglichkeit erhalten, ihre Haftungvertraglich durch Allgemeine Geschäftsbedingun-gen bei leicht fahrlässig verursachten Ausfall- sowieVerspätungsschäden auf einen angemessenen Um-fang zu begrenzen. Für unmittelbare Schäden kön-nen sie eine angemessene Pauschalierung vorsehen.Damit soll das besondere Risiko der Bahn, das sie alsMassentransporteur auch im Fernverkehr hat, ausge-glichen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gehtNordrhein-Westfalen mit dem vorliegenden Gesetz-entwurf nicht darum, die öffentlichen Personenver-kehrsunternehmen mit Zahlungsverpflichtungen zuüberziehen. Entsprechende Reaktionen und Behaup-tungen seitens der Deutschen Bahn belegen schondas zu Grunde liegende Missverständnis. Es gehtnicht darum zu erreichen, dass die Bahn zahlt, son-dern es geht darum zu erreichen, dass sie nicht zahlt,weil sie pünktlich fährt und ihre Fahrgäste so be-fördert, wie sie es ihnen versprochen hat. Es gehtletztlich um die Attraktivität und die Qualität desöffentlichen Verkehrs – ein Ziel, das sowohl denFahrgästen als auch den Verkehrsunternehmenselbst im Wettbewerb zum Vorteil gereicht.

Die Haftungsmechanismen, die wir vorschlagen,haben die Sicherung eines störungsfreien Verkehrs– soweit menschenmöglich – zum Zweck. Die an dieVerkehrsunternehmen gerichtete Haftungsandro-hung ist Mittel zum Erreichen dieses Zwecks. Wiralle würden uns am meisten freuen, wenn vondiesem Mittel kein Gebrauch gemacht werdenmüsste.

Erstmals, meine sehr verehrten Kolleginnen undKollegen, liegt ein konkreter Gesetzentwurf vor,

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nachdem der Bundesrat vor genau einem Jahr in ei-ner Entschließung eine entsprechende Forderungaufgestellt hatte. Jetzt muss zur Sache gesprochenund entschieden werden. Ich bitte dies möglichstohne Zögern zu tun. Insbesondere rufe ich dazu auf,nicht aus falsch verstandener Hilfestellung für öffent-liche Verkehrsunternehmen heraus zu zögern, dieRechte der Fahrgäste zu stärken. Letztlich wird es ineinem Wettbewerbssystem „Verkehr“ auch den Ver-kehrsunternehmen zum Vorteil gereichen, wenn siesich ihren Fahrgästen in dieser Weise stellen müssen.

Die Politik, meine sehr verehrten Damen und Her-ren, ist in der Mitverantwortung. Es geht darum, denordnungsrechtlichen Rahmen so auszurichten, dassdie Interessen der Fahrgäste höheres Gewicht erhal-ten als bisher. Die Politik ist mitverantwortlich fürdas, was Fahrgäste auf Bahnsteigen und in Zügen er-leben und, wie man zum Teil sagen muss, auszuhal-ten haben. Ich bitte gerade uns Länder, diese Verant-wortung wahrzunehmen. – Herzlichen Dank.

Vizepräsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur weiteren Beratung weise ich die Vorlage demVerkehrsausschuss – federführend – sowie demAgrarausschuss, dem Ausschuss für Innere Angele-genheiten und dem Rechtsausschuss – mitberatend –zu.

Punkt 34:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ab-satzfondsgesetzes und des Holzabsatzfonds-gesetzes (Drucksache 779/04)

Herr Staatsminister Huber (Bayern) gibt für HerrnStaatsminister Miller eine Erklärung zu Protokoll*).

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungender Ausschüsse und ein Antrag Brandenburgs vor.

Ich beginne mit den Ausschussempfehlungen inDrucksache 779/1/04 und rufe auf:

Ziffer 1! Handzeichen bitte! – Das ist die Mehrheit.

Ziffern 2 und 3 gemeinsam! – Mehrheit.

Nun bitte das Handzeichen zum Antrag Branden-burgs in Drucksache 779/2/04! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetzentwurfentsprechend Stellung genommen.

Punkt 36:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung dienst-und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hoch-schulbereich (HdaVÄndG) (Drucksache 818/04)

Erste Wortmeldung: Herr Senator Dräger (Ham-burg).

*) Anlage 7

Dr. Axel Horstmann (Nordrhein-Westfalen)

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) Ph.D. Jörg Dräger (Hamburg): Herr Präsident,meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zurEinführung der Juniorprofessur hätte heute nicht aufder Tagesordnung stehen müssen, wenn der ersteVersuch des Bundes zur Vorlage eines entsprechen-den Gesetzes verfassungsgemäß gewesen wäre.

Der Bund hatte mit der 5. HRG-Novelle seine Kom-petenzen deutlich überschritten und gegen die Kul-turhoheit der Länder verstoßen; denn ihm steht imBereich der Hochschulen lediglich eine Rahmenge-setzgebungskompetenz zu. Sie bedingt, dass dieLänder noch hinreichend Freiheiten haben, diesenRahmen auszugestalten. Mit der damals im HRG imDetail beschriebenen Juniorprofessur als dem einzigmöglichen Qualifikationsweg blieben hingegen denLändern und damit auch den Hochschulen keine Ge-staltungsmöglichkeiten. Das Bundesverfassungsge-richt hat deswegen diese unnötige Überregulierungdes Bundes mit seinem Urteil vom 27. Juli diesesJahres völlig zu Recht gekippt und die Länderrechteentscheidend gestärkt.

Fehler, meine Damen und Herren, müssen jedochschnellstmöglich repariert werden. Eine entspre-chend schlanke und zügig zu beschließende Repara-turnovelle ist sinnvoll und nötig. Der Bund ist mitdem vorgelegten Gesetzentwurf jetzt endlich dabei,die selbst verursachten Probleme bei der Einführungder Juniorprofessur zu bereinigen.

Bei unserer heutigen Entscheidung über denvorliegenden Gesetzentwurf geht es um die Schaf-fung von Rechtssicherheit für die mehr als600 Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren so-wie für Tausende befristet angestellte Wissenschaft-lerinnen und Wissenschaftler in der Bundesrepublik.Diese im Wissenschaftsbereich Tätigen und dieHochschulen haben Karriereplanung und Vertrags-recht an den Qualifikationswegen und Befristungs-zeiträumen der 5. Novelle des HRG ausgerichtet.

Der Wegfall der Befristungsgrundlage hat deshalbbei allen Beteiligten zu erheblicher Verunsicherungbis hin zu der Drohung geführt, mittels einer Klage-welle eine unbefristete Anstellung zu erreichen. DasHochschulsystem in Deutschland braucht aber keineKlagen auf Grund von Rechtsunsicherheit und Über-regulierung, sondern Freiräume für wissenschaftlicheExzellenz.

Rechtssicherheit ist insoweit schnellstens herzu-stellen. Rechtssicherheit ist aber auch generell ge-rade vor dem Hintergrund der mit der Juniorprofes-sur verbundenen Ziele erforderlich; denn dieJuniorprofessur als ein möglicher Qualifikationswegist sinnvoll und richtig.

Erstens wollen wir die Abwanderung qualifizierterNachwuchswissenschaftler ins Ausland stoppen undgleichzeitig für die derzeit im Ausland Tätigen at-traktive Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland schaf-fen. Dies erreichen wir nur, wenn wir wie mit der Ju-niorprofessur früher und flexibler als bisher dieMöglichkeit eröffnen, eigenständig zu forschen undzu lehren.

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Zweitens wollen wir den wissenschaftlichen Nach-wuchs verjüngen; denn das heutige Erstberufungsal-ter ist mit 42 Jahren deutlich zu hoch.

Hamburg hat ebenso wie andere Bundesländer dieChancen der Juniorprofessur frühzeitig erkannt undsie deshalb in seinem Hochschulgesetz bereits veran-kert. Aber auch dann, wenn wir die Juniorprofessurfür den zukünftig besten Qualifikationsweg halten,muss er nicht der einzig mögliche sein. Nur durchWettbewerb der Wege und Systeme – nicht durchÜberregulierung und Verbot – werden wir Akzeptanzfür die nötigen Veränderungen im Hochschulwesenschaffen.

Meine Damen und Herren, der Reformbedarf desWissenschaftsstandorts Deutschland verlangt nachklaren rechtlichen Zuständigkeiten. Insofern freueich mich über die in der Begründung zu dem Gesetz-entwurf niedergelegte Bereitschaft des Bundes, dasHochschulrahmengesetz insgesamt auf den Prüf-stand zu stellen. Dies ist auch dringend nötig; denndas Hochschulrahmengesetz in seiner heutigen Formhat mehr geschadet als genutzt. Ohne HRG wärenwir bei der Reform des Hochschulwesens deutlichweiter, als wir es heute erst sind.

Gleichwohl verträgt die Schaffung von Rechtssi-cherheit im Interesse der betroffenen Wissenschaftle-rinnen und Wissenschaftler und der Hochschulenkeinen weiteren Aufschub. Wie auch immer über dieBundeskompetenz im Rahmen der Föderalismuskom-mission entschieden wird – kein HRG oder ein aufsehr wenige Kernpunkte verschlanktes HRG –, diejetzt vom Bund vorgelegte Novelle stellt für die sofor-tige Reparatur einen praktikablen Weg dar.

Aus diesen Gründen wird Hamburg ohne Präjudizfür die Zukunft eines HRG gegen den vorliegendenEntwurf keine Einwendungen erheben. – Dankeschön.

Vizepräsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Staatssekretär Catenhusen (Bundesministe-rium für Bildung und Forschung).

Wolf-Michael Catenhusen, Staatssekretär im Bun-desministerium für Bildung und Forschung: Herr Prä-sident, meine Damen und Herren! In der Tat geht esheute darum, in einer Reparaturnovelle negative Fol-gen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom27. Juli 2004 für das deutsche Hochschulsystem undinsbesondere für den wissenschaftlichen Nachwuchsin Deutschland aufzufangen. Mit der Entscheidungdes Verfassungsgerichts ist zum einen die bundes-rahmenrechtliche Grundlage für die Personalkatego-rie der Juniorprofessorin oder des Juniorprofessorsentfallen. Zum anderen wurde aus schwer nachvoll-ziehbaren Gründen auch das neu gestaltete Zeitver-tragsrecht aufgehoben.

Wir sind uns heute Gott sei Dank darüber einig,dass es das gemeinsame Interesse von Bund undLändern ist, das Reformmodell „Juniorprofessur“

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608 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

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)rechtlich abzusichern und zugleich die Rechtsun-sicherheit im Umgang mit dem Befristungsrecht soschnell wie möglich zu beenden. Beiden Anliegenträgt der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesre-gierung in vollem Umfang Rechnung.

Darüber hinaus wird in § 57f HRG vorgesehen,dass befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitar-beiter auch nach Ausschöpfung des HRG-Befris-tungsrahmens mit einer Laufzeit bis zum 29. Februar2008 befristet beschäftigt werden können. Hierdurchsoll zum einen der erneute Übergang auf das neueBefristungsrecht weiter erleichtert werden. Zum an-deren sollten wir diese Zeit gemeinsam – jeder in derVerantwortung, die die Föderalismuskommissionihm zuweisen wird – dazu nutzen, die Rahmenbedin-gungen für die Beschäftigung von wissenschaft-lichem Personal nach der Qualifizierungsphase zuverbessern.

Die Bundesregierung unterstützt das Votum desWissenschaftsrates zur Erleichterung der unbefriste-ten Beschäftigung qualifizierter Wissenschaftler un-terhalb der Professur. Hier besteht nach Abschlussder Verhandlungen über die Reform des BAT drin-gender Handlungsbedarf mit Blick auf spezifischeRegelungen für den Wissenschaftsbereich.

Wir sind uns sicherlich auch darüber einig, dass wirmit dieser Reparaturnovelle keine Entscheidungüber die Zukunft des Hochschulrahmengesetzes vor-wegnehmen und auch nicht dem Ausgang der Dis-kussion in der Föderalismuskommission von Bundes-tag und Bundesrat über die künftige Verteilung derGesetzgebungszuständigkeiten vorgreifen. Heutegeht es lediglich darum, umgehend, bis zum Jahres-ende, die dringend notwendige Rechtssicherheit beider Juniorprofessur und den befristeten Arbeitsver-trägen zu schaffen.

Herr Dräger, im Jahr 2000 hat der Wissenschaftsratnach zehnjähriger quälender Reformdebatte undnach Aufdeckung der Schwächen der bisherigen Ha-bilitationsstruktur in Deutschland die Abschaffungder Habilitation empfohlen. Dieser Empfehlung wi-dersetzten sich die Länder damals nicht. Wenn nunwiederum die Verfassungslage eintritt, die durch einNebeneinander von Juniorprofessur und Habilitationgekennzeichnet ist, dann dokumentiert dies, dass dieabstrakte Kritik, wenn die Reformschritte vollzogenwerden sollen, für den einen oder anderen auch dieVersuchung enthält, sich zum Anwalt des Bestehen-den zu machen.

Es ist nun unsere gemeinsame Aufgabe, das in derJuniorprofessur liegende Reformpotenzial für dierasche Karriere des wissenschaftlichen Nachwuch-ses in Deutschland zu nutzen. In diesem Zusammen-hang danke ich sehr herzlich für die intensive undgute Zusammenarbeit zwischen den Wissenschafts-ressorts der Länder und dem Bundesministerium fürBildung und Forschung im Interesse der Betroffe-nen. Die einzelnen Bestimmungen des Gesetzent-wurfs sind im fachlichen Konsens mit der Länder-seite entwickelt worden. Wenn Sie heute und der

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Bundestag in der nächsten Woche die entsprechen-den Entscheidungen treffen, werden wir Zehntau-senden junger Menschen wieder eine klare Perspek-tive zur Fortsetzung ihrer wissenschaftlichenKarriere geben. – Danke schön.

Vizepräsident Dieter Althaus: Vielen Dank!

Herr Staatsminister Huber (Bayern) gibt eine Er-klärung zu Protokoll*). – Weitere Wortmeldungenliegen nicht vor.

Der federführende Ausschuss für Kulturfragen, derFinanzausschuss und der Ausschuss für Innere Ange-legenheiten empfehlen, gegen den Gesetzentwurfkeine Einwendungen zu erheben. Wer dieser Emp-fehlung folgen möchte, den bitte ich um das Hand-zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Punkt 37:

Entwurf eines Gesetzes über die Neuordnungder Reserve der Streitkräfte und zur Rechtsbe-reinigung des Wehrpflichtgesetzes (Streitkräf-tereserve-Neuordnungsgesetz – SkResNOG)(Drucksache 782/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungender Ausschüsse in Drucksache 782/1/04 vor. Ich rufehieraus auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Minderheit.

Ziffer 3! – Minderheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Punkt 40:

Vorschlag für einen Beschluss des Rates überdas System der Eigenmittel der EuropäischenGemeinschaften

Vorschlag für eine Verordnung des Rates mitDurchführungsmaßnahmen für die Korrekturder Haushaltsungleichgewichte gemäß denArtikeln 4 und 5 des Beschlusses des Rates überdas System der Eigenmittel der EuropäischenGemeinschaften (Drucksache 636/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen in Drucksache 636/1/04 und ein Landes-antrag in Drucksache 636/2/04 vor.

Aus den Ausschussempfehlungen rufe ich zunächstauf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

*) Anlage 8

Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen

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Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 609

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)Nun zur Abstimmung über den Landesantrag! Wer

für den Landesantrag ist, den bitte ich um das Hand-zeichen. – Minderheit.

Wir kommen zurück zu den Ausschussempfehlun-gen. Bitte Ihr Handzeichen für:

Ziffer 2! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Punkt 41:

Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates zur Änderung derRichtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekteder Arbeitszeitgestaltung (Drucksache 737/04)

Herr Staatsminister Mertin (Rheinland-Pfalz) gibteine Erklärung zu Protokoll*). – Wortmeldungen lie-gen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungender Ausschüsse in Drucksache 737/1/04 vor. Zur Ein-zelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 2! – Minderheit.

Es erübrigt sich eine Abstimmung über Ziffer 3.

Ziffer 4! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 5.

Bitte das Handzeichen zu:

Ziffer 6! – Minderheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Ziffer 8! – Mehrheit.

Ziffer 9! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 10.

Ziffer 12! – Minderheit.

Ziffer 15! – Mehrheit.

Ziffer 17! – Mehrheit.

Ziffer 18! – Minderheit.

Ziffer 19! – Mehrheit.

Ziffer 20! – Mehrheit.

Ziffer 21! – Mehrheit.

Ziffer 24! – Mehrheit.

Ziffer 27! – Mehrheit.

Nun bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

*) Anlage 9

(

(

Punkt 43:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäi-schen Parlaments und des Rates über dasFinanzierungsinstrument für die Umwelt(LIFE+) (Drucksache 772/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Empfehlungender Ausschüsse in Drucksache 772/1/04 vor. Zur Ein-zelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 10! – Mehrheit.

Ziffer 11! – Minderheit.

Ziffer 12! – Minderheit.

Ziffer 13! – Mehrheit.

Ziffer 14! – Minderheit.

Ziffer 15! – Mehrheit.

Ziffer 16! – Mehrheit.

Ziffer 17! – Minderheit.

Ziffer 19! – Mehrheit.

Ziffer 21! – Mehrheit.

Ziffer 32! – Minderheit.

Bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erledigtenZiffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Punkt 48:

Zehnte Verordnung zur Änderung der Risiko-struktur-Ausgleichsverordnung (10. RSA-ÄndV) (Drucksache 788/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor. – Herr MinisterKöberle (Baden-Württemberg) gibt eine Erklärungzu Protokoll*).

Der Gesundheitsausschuss empfiehlt in Drucksa-che 788/1/04, der Verordnung nach Maßgabe einerÄnderung zuzustimmen. Wer stimmt dieser Empfeh-lung zu? – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat der Verordnung, wie so-eben festgelegt, zugestimmt.

Punkt 56:

Gesetz zur Ergänzung des Entschädigungs-gesetzes (Entschädigungsrechtsergänzungsge-setz – EntschRErgG)(Drucksache 906/04)

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer ist entspre-chend Ziffer 1 der Ausschussdrucksache 906/1/04 fürdie Einberufung des Vermittlungsausschusses? –Minderheit.

*) Anlage 10

Vizepräsident Dieter Althaus

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610 Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

(A C)

(B)

)Ich stelle fest, dass der Bundesrat einen Antrag

nach Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes n i c h tstellt.

Damit haben wir die Tagesordnung der heutigenSitzung abgearbeitet.

(Die nächste Sitzung des Bundesrates berufe ich ein

auf Freitag, den 17. Dezember 2004, 9.30 Uhr.

Die Sitzung ist geschlossen.

(Schluss: 12.57 Uhr)

Feststellung gemäß § 34 GO BR

Einspruch gegen den Bericht über die 805. Sitzung istnicht eingelegt worden. Damit gilt der Bericht gemäß

Vizepräsident Dieter Althaus

§ 34 GO BR als genehmigt.

(D)

Page 43: BUNDESRAT · II Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 linien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) (Drucksache 838/04) Beschluss: Zustimmung gemäß Art. 105 Abs. 3 und Art. 108

Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 611*

(A C)

(B) D)

)Anlage 1

Erklärung

von Staatsminister Erwin Huber(Bayern)

zu Punkt 64 der Tagesordnung

Das Bundesministerium für Gesundheit hat zu denBeratungen des Vermittlungsausschusses mitgeteilt,in den Jahren 2005 bis 2009 sei zu Gunsten der gro-ßen Krankenhäuser mit Verbesserungen des Fallpau-schalenkatalogs sowie der Zusatzentgelte zu rech-nen. Es hat die Verbesserungen des Katalogs aufjeweils 2 % in 2005 bis 2007 sowie auf je l % in 2008und 2009 beziffert. Zusätzlich wurde eine Verbesse-rung durch Zusatzentgelte in Höhe von 6 % des Bud-gets in 2005 bis 2009 angekündigt. Die Zustimmungdes Freistaates Bayern zum Zweiten Fallpauscha-lenänderungsgesetz erfolgt auf der Grundlage, dassdie vom Bundesministerium für Gesundheit in Aus-sicht gestellten Verbesserungen auch tatsächlich ein-treten.

Anlage 2

Umdruck Nr. 10/2004

Zu den folgenden Punkten der Tagesordnung der806. Sitzung des Bundesrates empfehlen die Aus-schüsse dem Bundesrat:

I.

Zu den Gesetzen einen Antrag auf Anrufung desVermittlungsausschusses nicht zu stellen:

Punkt 1Fünftes Gesetz zur Änderung des SechstenBuches Sozialgesetzbuch (Drucksache 832/04)

Punkt 8Gesetz zur Gründung einer Bundesanstalt fürImmobilienaufgaben (BImA-Errichtungsgesetz)(Drucksache 839/04)

Punkt 10Gesetz zur Änderung des Deutsche-Welle-Geset-zes (Drucksache 841/04)

Punkt 12Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschrif-ten an das Gesetz zur Modernisierung desSchuldrechts (Drucksache 843/04 [neu])

Punkt 13Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und an-derer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschut-zes (Drucksache 844/04)

(

(

Punkt 14Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer der§§ 100g, 100h StPO (Drucksache 845/04, zuDrucksache 845/04)

Punkt 17Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung desAnspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrü-gengesetz) (Drucksache 848/04)

Punkt 21Gesetz zur Einführung internationaler Rech-nungslegungsstandards und zur Sicherung derQualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsre-formgesetz - BilReG) (Drucksache 852/04)

Punkt 23Fünftes Gesetz zur Änderung des Abwasserabga-bengesetzes (Drucksache 854/04)

Punkt 25Gesetz zu dem Vertrag vom 17. April 2003 zwi-schen der Bundesrepublik Deutschland und derTschechischen Republik über die Änderung desVerlaufs der gemeinsamen Staatsgrenze im Be-reich der Autobahnbrücke am GrenzübergangWaidhaus - Rozvadov/Roßhaupt (Drucksache 856/04)

Punkt 26Gesetz zur Änderung des Übereinkommens vom29. Mai 1990 zur Errichtung der EuropäischenBank für Wiederaufbau und Entwicklung (Druck-sache 857/04)

II.

Den Gesetzen zuzustimmen:

Punkt 4Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EGdes Europäischen Parlaments und des Rates vom16. Dezember 2002 (Finanzkonglomeraterichtli-nie-Umsetzungsgesetz) (Drucksache 835/04)

Punkt 6Gesetz zur Änderung des Versicherungsauf-sichtsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksache837/04)

Punkt 7Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nati-onales Steuerrecht und zur Änderung weitererVorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz –EURLUmsG) (Drucksache 838/04)

Punkt 9Gesetz zum Ausschluss von Dienst-, Amts- undVersorgungsbezügen von den Einkommensanpas-sungen 2003/2004 (Anpassungsausschlussgesetz)(Drucksache 840/04)

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612* Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

(A C)

(B) D)

)Punkt 11

Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung desBundesausbildungsförderungsgesetzes (21. BAföG-ÄndG) (Drucksache 842/04)

Punkt 16

Gesetz zur Vereinfachung und Vereinheitlichungder Verfahrensvorschriften zur Wahl und Beru-fung ehrenamtlicher Richter (Drucksache 847/04)

Punkt 22

Gesetz zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicherVorschriften über die grenzüberschreitende Pro-zesskostenhilfe in Zivil- und Handelssachen inden Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhilfege-setz) (Drucksache 853/04)

Punkt 27

Gesetz zu dem Dritten Zusatzprotokoll vom4. Juni 2004 zum Abkommen vom 16. Juni 1959zwischen der Bundesrepublik Deutschland unddem Königreich der Niederlande zur Vermei-dung der Doppelbesteuerung auf dem Gebieteder Steuern vom Einkommen und vom Vermögensowie verschiedener sonstiger Steuern und zurRegelung anderer Fragen auf steuerlichem Ge-biete (Drucksache 886/04)

Punkt 28

Gesetz zu dem Beschluss der im Rat der Europäi-schen Union vereinigten Vertreter der Regierun-gen der Mitgliedstaaten vom 28. April 2004 be-treffend die Vorrechte und Immunitäten vonATHENA (Drucksache 858/04)

Punkt 29

Gesetz zum EU-Truppenstatut vom 17. November2003 (Drucksache 859/04)

Punkt 58

Zweites Gesetz zur Änderung wohnungsrecht-licher Vorschriften (Drucksache 909/04, Druck-sache 909/1/04)

III.

Die Gesetzentwürfe nach Maßgabe der in der je-weils zitierten Empfehlungsdrucksache angeführ-ten Änderungen beim Deutschen Bundestag einzu-bringen und gemäß § 33 GO BR einen Beauftragtenzu bestellen:

Punkt 31

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mas-seur- und Physiotherapeutengesetzes und andererGesetze zur Regelung von Gesundheitsfachberu-fen (Drucksache 790/04, Drucksache 790/1/04)

(

(

Punkt 32Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Art. 6des 32. Gesetzes zur Verbesserung des Miet-rechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs so-wie zur Regelung von Ingenieur- und Architek-tenleistungen (Drucksache 777/04, Drucksache777/1/04)

IV.

Zu dem Gesetzentwurf die in der zitierten Emp-fehlungsdrucksache wiedergegebene Stellung-nahme abzugeben:

Punkt 35Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung desPfandbriefrechts (Drucksache 781/04, Drucksa-che 781/1/04)

V.

Gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungenzu erheben:

Punkt 38Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom5. April 2004 zwischen der BundesrepublikDeutschland, der Republik Polen und der Tsche-chischen Republik über den Bau einer Straßen-verbindung in der Euroregion Neiße, im Raumzwischen den Städten Zittau in der Bundesrepu-blik Deutschland, Reichenau (Bogatynia) in derRepublik Polen und Hrádek nad Nisou/Grottau inder Tschechischen Republik (Drucksache 783/04)

VI.

Zu den Vorlagen die Stellungnahme abzugebenoder ihnen nach Maßgabe der Empfehlungen zuzu-stimmen, die in der jeweils zitierten Empfehlungs-drucksache wiedergegeben sind:

Punkt 39Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung imJahr 2003 (Drucksache 746/04, Drucksache 746/1/04)

Punkt 42Grünbuch der Kommission der Europäischen Ge-meinschaften über die Beschaffung von Verteidi-gungsgütern (Drucksache 778/04, Drucksache778/1/04)

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Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 613*

(A C)

(B) D)

)Punkt 49Zweite Verordnung zur Änderung der Kostenver-ordnung zum Atomgesetz (Drucksache 785/04,Drucksache 785/1/04)

Punkt 51... Verordnung zur Änderung straßenverkehrs-rechtlicher Vorschriften (Drucksache 776/04,Drucksache 776/1/04)

VII.

Den Vorlagen ohne Änderung zuzustimmen:

Punkt 44Zweite Verordnung zur Änderung der Lebensmit-teltransportbehälter-Verordnung (Drucksache774/04)

Punkt 45Zehnte Verordnung zur Änderung der Bedarfsge-genständeverordnung (Drucksache 786/04)

Punkt 46Verordnung zur Änderung einfuhrrechtlicherVorschriften (Drucksache 787/04)

Punkt 47Verordnung über maßgebende Rechengrößen derSozialversicherung für 2005 (Sozialversiche-rungs-Rechengrößenverordnung 2005) (Druck-sache 784/04)

Punkt 50Zweite Verordnung zu Änderungen der Anlage IVzum Übereinkommen von 1992 über den Schutzder Meeresumwelt des Ostseegebiets (2. Ostsee-schutz-Änderungsverordnung) (Drucksache 810/04)

VIII.

Entsprechend den Anregungen und Vorschlägenzu beschließen:

Punkt 52Benennung von Vertretern in Beratungsgremiender Europäischen Union (Ausschuss der Kommis-sion für europaweite eGovernment-Dienste –PEGSCO) (Drucksache 792/04, Drucksache 792/1/04)

Punkt 53Benennung eines stellvertretenden Mitglieds desKuratoriums der Stiftung „Haus der Geschichteder Bundesrepublik Deutschland“ (Drucksache757/04)

(

(

Punkt 54Personelle Veränderungen im Beirat für Ausbil-dungsförderung beim Bundesministerium für Bil-dung und Forschung (Drucksache 793/04)

Punkt 55Vorschlag der Bundesministerin der Justiz für dieErnennung von Bundesanwälten beim Bundesge-richtshof (Drucksache 797/04)

Anlage 3

Erklärung

von Staatsminister Herbert Mertin(Rheinland-Pfalz)

zu den Punkten 59 a) bis d) und 60 a) bis c) der Tagesordnung

Rheinland-Pfalz stimmt mit dem Grundanliegender Gesetzentwürfe und Entschließungen überein,übermäßige Reglementierungen in Gesetzen, Ver-ordnungen und Verwaltungsvorschriften abzubauen.Neben einer höheren Transparenz staatlichen Han-delns würde ein Beitrag zur Kostenentlastung derBürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft und der öf-fentlichen Verwaltung geleistet. Damit könnten zu-gleich neue Gestaltungsspielräume und flexibleresHandeln der regionalen und kommunalen Ebenenermöglicht werden.

Rheinland-Pfalz legt Wert darauf, dass detailreicheVorlagen qualifiziert beraten werden. Es ist bedauer-lich, dass die Ausschüsse des Bundesrates ihre Arbeitzu den Tagesordnungspunkten 59 und 60 nicht ab-schließen konnten. Auch die vor wenigen Tagen vor-gelegten umfangreichen Änderungsanträge von achtLändern hätten es verdient gehabt, nicht von einerknappen Mehrheit in einer Entweder-oder-Entschei-dung durchgesetzt zu werden; angesichts ihrer Be-deutung hätte es einer Beratung in den zuständigenAusschüssen bedurft.

Rheinland-Pfalz wird sich daher bei den Entschei-dungen in der Sache der Stimme enthalten.

Anlage 4

Erklärung

von Staatsminister Herbert Mertin(Rheinland-Pfalz)

zu Punkt 3 der Tagesordnung

Die Landesregierung Rheinland-Pfalz verzichtetauf die Anrufung des Vermittlungsausschusses, weildie Bundesregierung die Zusage gegeben hat, beider Überprüfung auf Grund der Revisionsklauselnach dem Kommunalen Optionsgesetz nicht nur dieHöhe der kommunalen Gesamtentlastung zu prüfen,

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614* Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

(A C)

(B) D)

)sondern auch darauf zu achten, dass deren Vertei-lung auf die Länder in einem angemessenen Verhält-nis zur Verteilung der erwarteten Kosten des Aus-baus der Betreuung für Kinder unter drei Jahrennach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz steht.

Anlage 5

Erklärung

von Staatssekretär Prof. Dr. Hansjörg Geiger(BMJ)

zu Punkt 19 der Tagesordnung

Für Herrn Parlamentarischen Staatssekretär GerdAndres (BMWA) gebe ich folgende Erklärung zu Pro-tokoll:

Die Thematik grenzüberschreitender wirtschaftli-cher Aktivitäten und Strukturveränderungen von Un-ternehmen in einem zusammenwachsenden Europabeschäftigt uns seit Jahrzehnten. Auf der einen Seitesteht das Engagement für eine Liberalisierung desGesellschaftsrechts in einem gemeinsamen Binnen-markt, auf der anderen Seite ist mit der Ausgestal-tung des Gesellschaftsrechts untrennbar die Fragenach der Mitwirkung der Arbeitnehmer verbunden.

In Deutschland besteht insoweit eine lange undbewährte Praxis. Die Mitbestimmung ist ein Grund-pfeiler unserer Sozial- und Wirtschaftsordnung. Siesichert den sozialen Frieden und ist ein Stück gelebteDemokratie in deutschen Unternehmen.

Andere Mitgliedstaaten – wenn auch nicht alle –können ebenfalls auf eigene Mitbestimmungstradi-tionen zurückblicken. Europa kennt eine Formen-und Modellvielfalt der Beteiligungsrechte der Arbeit-nehmer, die sehr unterschiedlich und daher nurschwer vergleichbar ist.

Die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer aufeuropäischer Ebene zu sichern und auszubauen warin der Vergangenheit und bleibt für die Zukunft einewichtige Aufgabe. Auch auf dem gestrigen Wettbe-werbsfähigkeitsrat ist in der Frage der Beteiligungder Arbeitnehmer eine Einigung gelungen. Wiebereits beim Europäischen Betriebsrat und bei derEuropäischen Gesellschaft konnte der Vorrang vonVerhandlungen gesichert werden. Wir haben deut-lich gemacht, dass die Mitbestimmung in Europaeine wichtige Errungenschaft ist, die wir nicht preis-geben dürfen.

Einen geradezu historisch zu nennenden Schrittnach vorn auf diesem Weg brachte nach über 30-jäh-rigen Verhandlungen der 8. Oktober 2001. Mit derVerabschiedung der Verordnung und der Richtlinieüber die Europäische Gesellschaft wird erstmals eineeuropaweit einheitliche Rechtsform für größere Un-ternehmen geschaffen, die von den nationalenRechtsordnungen weitgehend losgelöst ist.

Die europäischen Vorgaben in der Verordnungund der Richtlinie bilden das Fundament dieser

(

(

neuen europäischen Rechtsform. Die Umsetzungs-gesetze der Mitgliedstaaten und damit auch das Ge-setz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft(SEEG) machen die SE praxistauglich. Dabei ist esgelungen, die Interessen der Unternehmen an flexi-blen Strukturen und die Interessen der Arbeitneh-mer, ihre erworbenen Rechte zu schützen, ausgewo-gen miteinander zu verbinden.

Wesentliches Element des gefundenen SE-Kom-promisses über die Beteiligung der Arbeitnehmer istdie Verhandlungslösung. Sie berücksichtigt die un-terschiedlichen Mitbestimmungstraditionen der Mit-gliedstaaten.

Die Beteiligung der Arbeitnehmer soll vorrangigim Wege freier Verhandlung zwischen Arbeitgeber-und Arbeitnehmerseite ausgestaltet werden. DieserAnsatz ist vom Europäischen Betriebsrat her be-kannt. Neu ist jedoch, dass sich das Verhandlungs-prinzip auch auf die Unternehmensmitbestimmungerstreckt.

Wenn eine Mindestzahl der betroffenen Arbeit-nehmer aus einem Land mit Unternehmensmitbe-stimmung stammt – 25 % bei einer Fusion bzw. 50 %bei Gründung einer Holding oder Tochtergesell-schaft –, ist die Fortgeltung der Mitbestimmung aufdem höchsten bisherigen Niveau garantiert. Werdendiese Schwellenwerte nicht erreicht, kann die Mitbe-stimmung durch einen entsprechenden Beschluss desBesonderen Verhandlungsgremiums der Arbeitneh-mer (BVG) gesichert werden.

Gestaltungsspielraum besteht für den nationalenGesetzgeber bei der Frage, wie und durch wen dieArbeitnehmer der an der Gründung der SE beteilig-ten Gesellschaften im BVG vertreten werden.

Diese Gestaltungsmöglichkeit nutzt das Umset-zungsgesetz, indem es nicht auf bisher bestehendeVerfahrensvorschriften wie die Urwahl oder Dele-giertenwahl zurückgreift, sondern einen neuen undeinfacheren Weg beschreitet.

Um einerseits eine möglichst breite Legitimationzu erreichen und andererseits den bürokratischenund zeitlichen Aufwand für die beteiligten Unterneh-men gering zu halten, nutzen wir die vorhandenenBetriebsratsstrukturen. Die jeweiligen Betriebsräteauf oberster Ebene, also die Konzern- und Gesamtbe-triebsräte, wenn es solche nicht gibt, die Betriebsrätebilden ein Wahlgremium. Es entscheidet über die ausDeutschland teilnehmenden Mitglieder des BVGnach Maßgabe der im Gesetz vorgegebenen Krite-rien, insbesondere des Proportionalitätsgrundsatzes.In Anlehnung an das Mitbestimmungsgesetz von1976 können sowohl leitende und nicht leitende Ar-beitnehmer als auch Gewerkschaftsvertreter die Inte-ressen der deutschen Arbeitnehmer im BVG vertre-ten.

Auch für die Wahl der aus Deutschland kommen-den Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsratsder SE sowie des SE-Betriebsrats ist ein aus Betriebs-räten bestehendes Wahlgremium verantwortlich. Umdieses einfache und kostengünstige Verfahren derEinbeziehung der nationalen Arbeitnehmervertre-

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Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004 615*

(A C)

(B) D)

)tungsstrukturen beneiden uns andere Mitgliedstaa-ten.

Erstens zur Optionslösung: Der Antrag auf Anru-fung des Vermittlungsausschusses stützt sich auf dieBefürchtung, dass deutsche Unternehmen auf euro-päischer Ebene als Partner für eine Europäische Ge-sellschaft nicht in Betracht kommen. Diese Befürch-tung ist unberechtigt.

Der Vorschlag des Bundesrates, zur Abwehr diesererwarteten Folge von der in Artikel 7 Abs. 3 derRichtlinie geregelten Optionslösung Gebrauch zumachen, ist weder sachgerecht noch zielführend. Ar-tikel 7 Abs. 3 der Richtlinie eröffnet den Mitglied-staaten die Möglichkeit, die Auffangregelung für denGründungsfall der Verschmelzung nicht in nationalesRecht umzusetzen. Dies hat zur Folge, dass die Betei-ligung der Arbeitnehmer in der SE ausschließlich imWege einer Vereinbarung geregelt werden kann.Kommt es zwischen dem Besonderen Verhandlungs-gremium und der Unternehmensseite nicht zu einerVereinbarung, ist die Gründung der SE endgültig ge-scheitert. Das Letztentscheidungsrecht über dieGründung einer SE liegt grundsätzlich bei der An-teilseignerseite. Durch das Gebrauchmachen von derOptionslösung würde der Anteilseignerseite diesesLetztentscheidungsrecht genommen. Die Attraktivi-tät deutscher Unternehmen als Fusionspartner beider Gründung einer SE wird hierdurch nicht gestei-gert.

Die Forderung, Deutschland solle von der Options-lösung Gebrauch machen, ist in der Anhörung desDeutschen Bundestages zum SEEG von keiner Seitegestellt worden. Bisher hat auch keiner der Mitglied-staaten, die die Europäische Gesellschaft in nationa-les Recht umgesetzt haben, von der OptionslösungGebrauch gemacht. Das zeigt, dass die Options-lösung kein geeignetes Mittel ist, um positive Ak-zente bei der Standortfrage zu setzen.

Zweitens zur Mitbestimmung im monistischenSystem: Eine andere Ausgestaltung der Mitbestim-mung im monistischen System als im SEBG ist sach-lich nicht geboten und aus rechtlichen Gründen nichtmöglich.

Bei der Ausgestaltung der Mitbestimmung in einerSE ist allein die Definition der Mitbestimmung nachArtikel 2 Buchstabe k der Richtlinie maßgeblich. Die-ser Definition liegt bewusst keine qualitative, wer-tende Betrachtung zu Grunde, sondern nur einequantitative Betrachtung entsprechend den Anteilender Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Ver-waltungsrat. Dabei unterscheidet die Richtlinie nichtzwischen dem monistischen und dem dualistischenSystem. Alle Mitglieder im Aufsichts- oder Verwal-tungsrat der SE haben die gleichen Rechte undPflichten. An diese Vorgaben, die das Umsetzungs-gesetz beachtet, ist der jeweilige nationale Gesetz-geber gebunden. Eine andere Ausgestaltung ist miteuropäischem Recht nicht vereinbar. Ein Spielraumfür die Umsetzung besteht nicht.

Dies zeigen auch die Umsetzungsregelungen inden Mitgliedstaaten, die die Europäische Gesell-

(

(

schaft bereits in ihr nationales Recht eingeführt ha-ben. Sie entsprechen insofern der im SEBG vorge-nommenen Umsetzung.

Der Antrag auf Anrufung des Vermittlungsaus-schusses berücksichtigt zudem eine entscheidendeÄnderung nicht, die auf Grund der Sachverständi-genanhörung im Deutschen Bundestag vorgenom-men worden ist. Es geht um die Regelung in § 35Abs. 3 SEAG-neu. Durch diese wird sichergestellt,dass in einem paritätisch besetzten Verwaltungsratbei einem Ausschluss der geschäftsführenden Direk-toren vom Stimmrecht eine einseitige Verschiebungder Parität zu Lasten der Vertreter der Anteilseigner-seite nicht eintreten kann. Dieser Fall ist der einzige,der in der Anhörung als problematisch angesehenwurde. Diese Änderung ist bei der Entscheidung zuberücksichtigen, ob dieses für die Unternehmenwichtige Gesetz durch die Anrufung des Vermitt-lungsausschusses weiter verzögert werden soll.

Immer wieder wird von Arbeitgeberseite vorgetra-gen, deutsche Unternehmen kämen auf Grund derMitbestimmung als Partner einer SE-Gründung nichtin Betracht. Dies ist eine Behauptung, die durchnichts bewiesen ist. Sie fußt auf der generellen Ab-lehnung der Mitbestimmung und ignoriert ihre nach-gewiesenen positiven Einflüsse auf den sozialen Frie-den, ohne den wirtschaftlicher Erfolg nicht möglichist.

Die deutsche Wirtschaft ist stark geworden durchdas partnerschaftliche Miteinander von motiviertenund qualifizierten Arbeitnehmern und Unterneh-mern, die sich ihrer sozialen Verantwortung bewusstsind.

Durch die Sicherung der Beteiligungsrechte derArbeitnehmer in der SE sind die Grundsätze des Mit-gestaltens und Mitverantwortens von Unternehmens-entscheidungen auch in Europa zu einem wichtigenEckpfeiler geworden. Sie sind zukunftweisend fürandere europäische Vorhaben. Die soziale Dimensionder Europäischen Union hat mit der SE Kontur ge-wonnen.

Anlage 6

Erklärung

von Staatsminister Jochen Riebel(Hessen)

zu Punkt 19 der Tagesordnung

Mit der Anrufung des Vermittlungsausschussesgeht es dem Bundesrat darum, die auf europäischerEbene neu geschaffene Gesellschaftsform – die Euro-päische Gesellschaft (Societas Europaea – SE) – auchfür deutsche Unternehmen als eine attraktive Optionauszugestalten.

Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass deutsche Un-ternehmen auf europäischer Ebene als Partner füreine Europäische Gesellschaft nicht in Betracht

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616* Bundesrat – 806. Sitzung – 26. November 2004

(A C)

(B) D)

)kommen. Die bereits im europäischen Recht ver-ankerte Verhandlungslösung ist grundsätzlich zu be-grüßen. Der Vorrang der Verhandlungslösung ist ausanderen europäischen Mitbestimmungsmodellen be-kannt, z. B. der Regelung der europäischen Betriebs-räte. Verhandlungslösungen bieten die Möglichkeit,unternehmensspezifische Regelungen zu finden, diesowohl der Unternehmensseite als auch der Beschäf-tigtenseite gerecht werden.

Problematisch erscheint aus der Sicht deutscherUnternehmen jedoch die Auffangregelung, die im-mer dann greift, wenn die Verhandlungen nicht in-nerhalb der vorgegebenen Frist zu einer Mitbestim-mungsvereinbarung geführt haben und ein Beschlussüber den Abbruch der Verhandlungen nicht gefasstwurde. Danach bemisst sich der Anteil der Arbeit-nehmer zwingend nach dem höchsten Arbeitnehmer-anteil im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der be-teiligten Gesellschaften vor Gründung der SE. Es istdavon auszugehen, dass sich der höchste Arbeitneh-meranteil bei der Beteiligung eines deutschen Unter-nehmens an der Gründung einer Europäischen Ge-sellschaft aus dem deutschen Mitbestimmungsmodellergibt. Da dieses bei ausländischen Investoren aufBedenken stößt, dürfte deren Bereitschaft, mit deut-schen Unternehmen eine Europäische Gesellschaftzu gründen, eher gering sein. Für den Fall der Ver-schmelzung sollte eingehender geprüft werden, obvon der Umsetzung der Auffangregelung abgesehenwerden sollte.

Darüber hinaus können sich aus der vorgesehenenRegelung zur Mitbestimmung im monistischen Sys-tem gravierende Wettbewerbsnachteile für deutscheUnternehmen und in der Folge auch für den deut-schen Arbeitsmarkt ergeben. Die EG-Verordnung2157/2001, die seit dem 8. Oktober 2004 in der Euro-päischen Gemeinschaft gilt, erlaubt es Unternehmen,bei der Rechtsform der Europäischen Gesellschaftzwischen dem dualistischen Modell (Aufsichts- undLeitungsorgan) und dem monistischen Modell (Ver-waltungsorgan) der Unternehmensleitung zu wählen.

Die Beteiligung der Arbeitnehmer in der monis-tisch organisierten SE ist zunächst ebenfalls durchfreie Verhandlungen zwischen den Leitungsorganender beteiligten Gesellschaften und der Arbeitneh-merseite zu bestimmen. Wird dabei keine Einigungerzielt, gilt die Auffangregelung. Danach ist dashöchste jeweilige nationale Niveau der Mitbestim-mung für die Zahl der Arbeitnehmervertreter maß-geblich.

Nach dem von der Bundesregierung vorgelegtenGesetzentwurf soll der Arbeitnehmeranteil aus demMitbestimmungsrecht des dualistischen Systems 1 : 1in das auch für die Geschäftsführung zuständige Ver-waltungsorgan nach dem monistischen System über-tragen werden. Es ist davon auszugehen, dass damitdie Gründung einer monistischen SE unter Beteili-gung einer deutschen mitbestimmten Aktiengesell-schaft eine theoretische Variante bleibt; denn für aus-ländische Unternehmen, die an dem internationalverbreiteten und am Kapitalmarkt bekannten monis-

(

(

tischen Leitungssystem festhalten wollen, ist dieseVorstellung eher abschreckend.

Aus dem Grundsatz der SE-Richtlinie, dass die bis-herige Regelung zur Mitbestimmung erhalten blei-ben soll, lässt sich für das deutsche Recht keine ein-deutige Bestimmung der Zusammensetzung desVerwaltungsrats ableiten; denn die bisherige Rege-lung zur Mitbestimmung in Deutschland bezog sichalleine auf das dualistische System Aufsichtsrat (Be-setzung mit Arbeitnehmervertretern) und auf denVorstand, also auf zwei Organe, die in der monisti-schen SE vollständig in einem einzigen Verwaltungs-organ aufgehen. Hier ist der Verwaltungsrat zugleichLeitungs- und Überwachungsorgan der SE. DieÜbertragung der Grundsätze der Mitbestimmung derArbeitnehmer im Aufsichtsrat auf den Verwaltungs-rat einer monistischen SE, wie sie der Gesetzentwurfder Bundesregierung vorsieht, bedeutet daher einenMachtzuwachs der Arbeitnehmervertreter in einermonistisch geführten SE: Sie sind im Verwaltungsratzusätzlich zu den Kontrollfunktionen, die den Aufga-ben des Aufsichtsrats im dualistischen System ent-sprechen, in unternehmerische Entscheidungen ein-zubinden, die im dualistischen System vom Vorstandgetroffen und vom mitbestimmten Aufsichtsrat nurüberwacht werden.

Eine solche schematische Gleichbehandlung vonAufsichtsrat und Verwaltungsrat wird vor dem Hin-tergrund der Mitbestimmungsentscheidung des Bun-desverfassungsgerichts zumindest teilweise für ver-fassungsrechtlich bedenklich gehalten, da dieAnteilseignerseite eines Unternehmens bei einemparitätisch besetzten Verwaltungsrat auch bei zahl-reichen Entscheidungen, die die Unternehmenspla-nung betreffen, letztlich auf das Zweitstimmrecht desVerwaltungsratsvorsitzenden angewiesen wäre.

Die zukünftig in Deutschland geltende Regelungzur Europäischen Gesellschaft muss so ausgestaltetwerden, dass die für das dualistische System gelten-den Grundsätze zur Unternehmensmitbestimmungqualitativ und ihrer gesellschaftsrechtlichen Funktionentsprechend auf die bislang unbekannte monisti-sche Gesellschaftsstruktur übertragen werden. Nurdann haben deutsche Unternehmen eine Chance, eu-ropäische Partner für die Gründung einer Europäi-schen Aktiengesellschaft zu gewinnen.

Anlage 7

Erklärung

von Staatsminister Erwin Huber(Bayern)

zu Punkt 34 der Tagesordnung

Für Herrn Staatsminister Josef Miller gebe ich fol-gende Erklärung zu Protokoll:

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Ge-setzes zur Änderung des Absatzfondsgesetzes unddes Holzabsatzfondsgesetzes vorgelegt. Diese Ände-

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)rungsvorschläge kann ich aus der Sicht Bayerns nichtmittragen, weil damit die Interessen der Beitragszah-ler in unvertretbarer Weise missachtet werden.

Der Gesetzentwurf reiht sich nahtlos ein in dieAgrarpolitik dieser Bundesregierung, mit der sie of-fenbar weiter vor allem bestrebt ist, die Stellung derLandwirtschaft zu schwächen und dem landwirt-schaftlichen Bereich Finanzmittel zu entziehen.

Ich fordere für das Absatzfondsgesetz und dasHolzabsatzfondsgesetz:

Erstens keine weitere Reduzierung des Mitspra-cherechts im Absatzfonds derjenigen, die das Geldaufbringen – unserer Landwirte!

Der Bundesrechnungshof hat die Entflechtung derAufsichtsgremien des Absatzfonds und seiner nach-geordneten Einrichtung – der CMA – gefordert. DerRegelung im Gesetzentwurf, die Besetzung des Ver-waltungsrates im Absatzfonds mit drei CMA-Mitglie-dern aufzuheben, stimme ich daher zu.

Die Tatsache jedoch, dass unter dem Deckmantelder Entflechtung das Mitspracherecht und die Ein-flussmöglichkeit der Beitragszahler im Absatzfondsgeschwächt werden, lehne ich ab. Es sollten daher anStelle der CMA-Mitglieder drei Vertreter auf Vor-schlag des Zentralausschusses der Deutschen Land-wirtschaft in den Verwaltungsrat berufen werden.

Beim Erlass des Absatzfondsgesetzes war ein aus-tariertes Verhältnis von Beitragszahlern und sonsti-gen Mitgliedern vom Gesetzgeber vorgesehen undumgesetzt worden. Durch die bereits im Jahr 2002auf Initiative der Bundesregierung vorgenommeneHinzunahme von drei neuen Mitgliedern (Verbrau-cherzentralen, Tierschutz, Naturschutzring) wurdedas Kräfteverhältnis schon einmal zu Lasten der Bei-tragszahler verschoben.

Zweitens. Die bisherige Vertretung des Absatz-fonds im Aufsichtsrat der CMA hat sich bewährt undsollte beibehalten werden. Die im Gesetzentwurf vor-gesehene Aufhebung der Entsendung von Mitglie-dern des Absatzfonds in den Aufsichtsrat der CMAwürde zu einer weiteren Verschiebung im wichtigenEntscheidungsgremium der CMA führen.

Drittens. Die Beiträge zum Absatzfonds müssen imgleichen Umfang wie bisher zum Nutzen der Bei-tragszahler verwendet werden.

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Einführung ei-ner Erstattung der tatsächlichen Personal- und Sach-kosten, die der Bundesanstalt für Landwirtschaft(BLE) im Zusammenhang mit der Erhebung der Bei-träge entstehen, lehne ich ab. Die Kostenerstattungmüsste der Absatzfonds aus den erhobenen Beiträ-gen aufbringen. Nach § 10 Abs. 1 des Absatzfondsge-setzes fließen die Beiträge dem Absatzfonds jedochin voller Höhe zur Durchführung seiner Aufgaben zu.Damit ist die Einführung einer Kostenerstattung zuGunsten der BLE nicht vereinbar.

Das Gleiche gilt für den Holzabsatzfonds: Mit dervon Frau Bundesministerin Künast am 3. Septemberdieses Jahres vorgestellten „Charta für Holz“ wurde

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unserem Ziel einer verstärkten Unterstützung desnachwachsenden und umweltfreundlichen RohstoffsHolz weitgehend Rechnung getragen. Umso mehrverwundert es, wenn die Bundesregierung kaumsechs Wochen später die wirtschaftliche Grundlageder wichtigsten deutschen Institution zur Holzabsatz-förderung, des Holzabsatzfonds (HAF), massiv kürzt.

Das Budget des Holzabsatzfonds war nie auf dieFinanzierung der Erhebungskosten der Holzabsatz-fondsabgabe abgestellt. Soll der Holzabsatzfondsnun die Erhebungskosten aus den ihm zur Verfügungstehenden Mitteln bestreiten, bedeutet das de factoeine Kürzung der Mittel für die Holzabsatzförderungum rund 7 %. Vor dem Hintergrund der Zielsetzun-gen der „Charta für Holz“ ist das völlig unverständ-lich.

Die deutsche Land- und Forstwirtschaft muss sichin einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld be-haupten. Unsere Landwirte stehen gerade in der der-zeitigen Umsetzungsphase der EU-Agrarreform vorbesonderen Herausforderungen. Vor diesem Hinter-grund werden die Marketingaktivitäten zukünftigeher noch zu verstärken sein. Eine beträchtliche Ver-ringerung der dem Absatzfonds zur Verfügung ste-henden Haushaltsmittel, wie sie im Gesetzentwurfder Bundesregierung vorgesehen ist, wirkt dabeikontraproduktiv.

Ich appelliere deshalb an Sie: Lehnen Sie zusam-men mit Bayern die von der Bundesregierung vorge-schlagenen Änderungen des Absatzfonds- und desHolzabsatzfondsgesetzes ab, und stimmen Sie denvom Agrarausschuss empfohlenen Änderungen zu!

Anlage 8

Erklärung

von Staatsminister Erwin Huber(Bayern)

zu Punkt 36 der Tagesordnung

Der Freistaat Bayern bedauert, dass die Bundesre-gierung mit ihrem Gesetzentwurf auch die Juniorpro-fessur regelt und sich nicht auf den Bereich des Zeit-vertragsrechts beschränkt. Nur bei Letzterem ist zurWiederherstellung der Rechtssicherheit im Anschlussan das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom27. Juli 2004 eine bundesrechtliche Regelung erfor-derlich.

Im Hinblick auf eine verfassungsgemäße Neure-gelung der Juniorprofessur hat der Bundesrat am24. September 2004 einen Gesetzentwurf (Bundes-rats-Drucksache 714/04) mit dem Ziel beschlossen,die Regelung der Personalstruktur gemäß Artikel125a Abs. 2 des Grundgesetzes den Ländern freizu-geben. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechungdes Bundesverfassungsgerichts zu den engen Gren-zen der hochschulrechtlichen Rahmengesetzge-bungskompetenz des Bundes wäre dies der konse-quente Weg gewesen.

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)Im Interesse der Hochschulen und insbesondere

des wissenschaftlichen Nachwuchses ist jedoch dieunverzügliche Wiederherstellung der Rechtssicher-heit geboten. Da mit der Verabschiedung des vorlie-genden Gesetzentwurfs der Bundesregierung diesesZiel erreicht wird, verzichtet Bayern im Interesse derBetroffenen auf die Erhebung von Einwendungen.

Anlage 9

Erklärung

von Staatsminister Herbert Mertin(Rheinland-Pfalz)

zu Punkt 41 der Tagesordnung

Rheinland-Pfalz nimmt den Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Richtlinie 2003/88/EGüber bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltungzur Kenntnis. Der Vorschlag ermöglicht ein neu defi-niertes Niveau des Schutzes der Gesundheit und derSicherheit der Arbeitnehmer, während er zugleichden Unternehmen und Anstellungsträgern mehrSpielraum bei der Organisation der Arbeitszeit ver-schafft.

Auf Grund der beiden Urteile des EuropäischenGerichtshofs zur Arbeitszeit von Ärztinnen und Ärz-ten in Krankenhäusern ist es in vielen Krankenhäu-sern zu einer Anpassung der Arbeitszeit an die neuentstandene Rechtslage mit einhergehender Arbeits-verdichtung gekommen. Der Richtlinienvorschlagkann in der vorliegenden Form jedoch das Problemvon überlangen Arbeitszeiten von Ärztinnen undÄrzten in Krankenhäusern nicht lösen. Die Kombina-tion von Arbeitszeit und Bereitschaftszeit führt viel-fach zu Diensten von über 30 Stunden. Dies liegt we-der im Arbeits- und Gesundheitsschutzinteresse derArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch im Inter-esse der Krankenhauspatienten. Eine für alle Betei-ligten in diesem Bereich tragbare Lösung zu findensollte weiterhin ein vordringliches Anliegen bleiben.

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Die Bemühungen um eine Begrenzung des Rah-mens für das „Opt-out“ werden zur Kenntnis genom-men. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen,dass bei diesem Punkt sowohl die Schutzinteressender Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu be-rücksichtigen sind als auch den Bedürfnissen der Ar-beitgeber nach flexiblen Arbeitszeitmodellen Rech-nung getragen werden sollte.

Bei der am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen No-velle zum Arbeitszeitgesetz wurde den Ländern nichtausreichend Zeit zur Mitwirkung eingeräumt. Rhein-land-Pfalz weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass der Bund seine Vorstellungen diesmalrechtzeitig einbringen sollte, damit den Ländern einefachlich fundierte Beteiligung am Gesetzgebungs-prozess ermöglicht wird.

Anlage 10

Erklärung

von Minister Rudolf Köberle(Baden-Württemberg)

zu Punkt 48 der Tagesordnung

Das Land Baden-Württemberg wird sich bei derAbstimmung über die 10. RSA-ÄndV der Stimmeenthalten.

Baden-Württemberg hält den Risikostrukturaus-gleich in der derzeit geltenden Form für verfassungs-widrig, weil er in die Finanzkompetenz der Ländereingreift. Laut den neuesten Zahlen sind im Risiko-strukturausgleich 2003 insgesamt 15,8 MilliardenEuro umverteilt worden. Dieser Betrag liegt weitüber den Beträgen, die im Länderfinanzausgleich indie Ausgleichsmasse einbezogen werden. Baden-Württemberg ist nicht grundsätzlich gegen Transfer-leistungen zwischen einzelnen Krankenkassen, mitdenen ein Ausgleich für die unterschiedlichen Mit-gliederstrukturen erfolgt. Der Finanzausgleich mussjedoch transparent und gerecht sein.

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