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IKT 2020 Forschung für Innovationen

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IKT 2020 Forschung für Innovationen

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Getty Images (5), Digital Vision Ltd. (7), Infineon (16), AMO GmbH (16),

VDI TZ GmbH (17), Deutsche Telekom AG (19), Forschungszentrum Jülich GmbH (20),

Fraunhofer IZM (21), Fraunhofer FIT(22), DLR (23), DaimlerChrysler (29),

Fraunhofer IBMT (33), Siemens AG (33, 37, 40, 47), Carl Zeiss AG (43),

Städtisches Vermessungsamt Dresden (44), Prof. Hütten/Universität Bielefeld (48),

Werbeagentur creart/Fachhochschule Fulda (49), BASF (50), AMD (57)

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3 INHALT

Inhalt

Zusammenfassung 4

1. Politische Einordnung 6

2. Wirtschaftliche Potentiale der IKT 9

3. Perspektiven der IuK-Technologien 15

4. Förderprogramm 24

4.1 Strategische Instrumente 26

4.1.1 Leitinnovationen 26

4.1.2 Technologieverbünde 34

4.1.3 Diensteplattformen 40

4.1.4 IKT-spezifische KMU-Förderung 43

4.2 Basistechnologien 43

4.2.1 Elektronik und Mikrosysteme 43

4.2.2 Softwaresysteme und Wissensverarbeitung 48

4.2.3 Kommunikationstechnik und Netze 53

4.3 Zukünftige Entwicklungen 56

5. IKT-Politik aus einem Guss 60

5.1 Entwicklung und Erprobung neuer Multimedia- und Internettechnologien 60

5.2 Europäische Kooperationen im 7. Forschungsprogramm der EU 62

5.3 Exzellenzinitiative 63

5.4 IKT-Forschung der Wissenschaftsorganisationen 64

5.4.1 Max-Planck-Gesellschaft 65

5.4.2 Fraunhofer Gesellschaft 65

5.4.3 Leibniz-Gemeinschaft 66

5.4.4 Helmholtz-Gemeinschaft 67

5.5 Nachwuchs, Fach- und Führungskräfte 68

6. Finanzmittel für IKT 70

7. Operative Umsetzung des Förderprogramms 71

8. Weitere nützliche Informationen 72

9. Glossar 73

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4 ZUSAMMENFASSUNG

Zusammenfassung

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind

der Innovationsmotor Nr. 1. Mehr als 80 Prozent der Innova­

tionen in den in Deutschland starken Anwendungsfeldern/

Branchen Automobil, Medizintechnik und Logistik sind IKT-

getrieben. In der Hightech-Strategie der Bundesregierung

gehören IKT deshalb zu den bedeutendsten Innovations­

feldern.

Diesen Motor müssen Wissenschaft, Wirtschaft und Poli­

tik in Deutschland gemeinsam weiter in Schwung bringen.

Das vorliegende Forschungsprogramm IKT 2020 ist der Bei­

trag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

für das in der Hightech-Strategie und im Aktionsprogramm

„iD2010 – Informationsgesellschaft Deutschland 2010“ iden­

tifizierte Handlungsfeld „Forschungsförderung“. Es ist das

Angebot an Wissenschaft und Wirtschaft, die Zukunft der

IKT-Forschung gemeinsam zu gestalten.

■ Zielsetzung und Leitlinien: Die Förderaktivitäten des

Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)

und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Techno­

logie (BMWi) zielen darauf ab, die technologische Spit­

zenstellung Deutschlands im Bereich IKT zu festigen und

auszubauen. Darüber hinaus soll die Wettbewerbsfähig­

keit des Forschungs-, Produktions- und Arbeitsplatz­

standortes Deutschland sowohl branchenbezogen als

auch branchenübergreifend durch IKT gesichert und

erhöht werden. Verfolgt wird eine Innovationspolitik aus

einem Guss, die an allen Gliedern der Innovationskette

ansetzt. Dazu gehört es auch, den Zugang für kleine

und mittlere Unternehmen (KMU) zu technologischem

Know-how zu verbessern. Im Vordergrund der Förde­

rung stehen Technologieentwicklungen und Prozesse,

die eine besondere volkswirtschaftliche Hebelwirkung

entfalten, Technologieführerschaften erhalten und aus­

bauen sowie neue Dienstleistungen integrieren. Die

Forschungsschwerpunkte wurden und werden gemein­

sam mit Wissenschaft und Wirtschaft identifiziert, bei

gleichzeitiger technologieübergreifender Bündelung

der Forschungskapazitäten und Forschungsgelder.

■ Strategische Ausrichtung: Die Forschungsförderung

von BMBF und BMWi wird auf in Deutschland starke

Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet, in denen

Innovationen in hohem Maße IKT-getrieben sind.

Neben der IKT-Wirtschaft selbst sind dies Automobil,

Maschinenbau, Medizin, Logistik und Energie. Wesent­

liche Grundlage für Innovationen auf diesen Feldern

sind (anwendungsorientierte) Forschungs- und Ent­

wicklungsergebnisse im Bereich der Basistechnologien

Elektronik und Mikrosysteme, Softwaresysteme und

Wissensverarbeitung sowie Kommunikationstechnik

und Netze. Ausgerichtet wird die IKT-Förderung entlang

der strategischen Forschungs- und Entwicklungslinien

„IKT in komplexen Systemen“ (z. B. „Embedded Systems“),

„neue Geschäftsprozesse und Produktionsverfahren“

sowie „Internet der Dinge und Dienste“. Dabei ist eine

Fokussierung auf die Qualitätsziele Wirtschaftlichkeit,

Sicherheit, Nutzerfreundlichkeit und Ressourceneffi­

zienz erforderlich, da sich nur so die Stärken in der

deutschen IKT-Forschung und das traditionell hohe

internationale Ansehen deutscher Ingenieurleistungen

auf IKT-Lösungen aus Deutschland übertragen lassen.

■ Instrumente und Schwerpunkte: Es sollen Brücken

geschlagen werden zwischen Technologien und Anwen­

dungsfeldern/Branchen, damit aus Forschungsergebnis­

sen auch wirtschaftliche Erfolge generiert werden kön­

nen. Hierzu sollen Innovationsallianzen zwischen den

beteiligten Gruppen (Stakeholdern) – insbesondere in

Wissenschaft, Wirtschaft und Politik – geschlossen

werden. Zum einen werden stark vertikal ausgerichtete

Kooperationen (Leitinnovationen), die auf bestimmte

Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet sind und an

denen sich Technologiebereiche abgestimmt fördernd

beteiligen, gebildet. Zum anderen stark horizontal aus­

gerichtete Kooperationen (Technologieverbünde), die

eine gemeinsam mit Wissenschaft und Wirtschaft fest­

gelegte technologische Zielsetzung verfolgen, sowie

Diensteplattformen. Darüber hinaus wird der in der

Hightech-Strategie vorgesehenen stärkeren Innovations­

beteiligung von KMU Rechnung getragen. Dazu wird die

im Rahmen des alten Programms „IT-Forschung 2006“

aufgelegte Forschungsoffensive „Software Engineering

2006“ neu ausgerichtet. Folgende strukturelle Änderun­

gen werden vorgenommen: IuK-technologieübergrei­

fende Förderung von kooperativen FuE-Vorhaben in

KMU, vereinfachte Förderverfahren, Bildung einer zen­

tralen Anlaufstelle sowie Verkürzung der Zeit zwischen

Antragstellung und abschließender Förder­

entscheidung/Mittelbereitstellung.

■ Finanzmittel für IKT 2020: Auf der Basis der derzeitigen

Haushaltsplanung werden für das Förderprogramm IKT

2020 im Zeitraum von 2007 bis 2011 jährlich knapp 300

Mio. Euro zur Verfügung stehen. Hinzu kommen jährlich

rund 80 Mio. Euro für die IKT-Förderung seitens des

BMWi.

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5 ZUSAMMENFASSUNG

■ IKT 2020 als lernendes Programm: Der strategische

Ansatz des Forschungsprogramms IKT 2020 ist auf zehn

Jahre angelegt und weist mit seiner grundsätzlichen

Orientierung auf das Jahr 2020. Da sich IKT rasant weiter­

entwickeln, ist der thematische Rahmen der FuE-För­

derung allerdings zunächst auf 5 Jahre begrenzt. Die

extrem kurzen Innovationszyklen in der IKT machen

es erforderlich, dass möglicherweise bereits in diesem

Zeitraum Ergänzungen und Schwerpunktverlagerungen

vorgenommen werden müssen. Aus diesem Grund ist IKT

2020 bewusst als offenes und lernendes Forschungspro­

gramm ausgelegt. Die dargestellten Leitinnovationen,

Technologieverbünde und Diensteplattformen sowie

Schwerpunkte und Forschungsthemen sind weder

vollständig noch abgeschlossen. Wie bei der Erstellung

von IKT 2020 wird das BMBF zur Fortschreibung und

Weiterentwicklung den Dialog mit Wissenschaft und

(Getty Images)

Wirtschaft fortsetzen. Nur so kann rechtzeitig auf tech­

nologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ent­

wicklungen reagiert und die Förderaktivitäten ent­

sprechend angepasst werden.

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6 POLITISCHE EINORDNUNG

1. Politische Einordnung

Der Informations- und Kommunikationstechnologie-Stand­

ort Deutschland soll an die Weltspitze kommen. Um dieses

Ziel zu erreichen, wollen Wirtschaft, Wissenschaft und

Politik gemeinsam neue Chancen für Wachstum und

Arbeitsplätze eröffnen, zukunftsträchtige Wachstumsfelder

mutig weiter entwickeln und die erfolgskritischen Hand­

lungsfelder angehen. Hierzu ist beim ersten nationalen

Gipfel der Bundeskanzlerin am 18. Dezember 2006 in Pots­

dam ein 12-Punkte-Programm mit einem ersten Bündel von

Maßnahmen erarbeitet worden, dessen Umsetzung Wissen­

schaft, Wirtschaft und Politik als gemeinsame Verantwor­

tung verstehen.

Innovationsfeld IKT in der Hightech-Strategie

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind

der Innovationsmotor Nr. 1. Diesen Motor müssen Wissen­

schaft, Wirtschaft und Politik in Deutschland gemeinsam

weiter in Schwung bringen. Aus diesem Grund gehören IKT

zu den bedeutendsten Innovationsfeldern in der Hightech-

Strategie der Bundesregierung und bilden einen Schwer­

punkt der neuen integrierten Innovationspolitik der Bundes­

regierung.

Deutschland ist das Land der Ideen. Die Hightech-Strate­

gie zeigt den Weg, wie dies auch in Zukunft so bleiben kann.

Aber neue Ideen sollen in Deutschland nicht nur entwickelt,

sondern auch umgesetzt werden. Dafür müssen die Wege

von der Entwicklung zum Markt kürzer und schneller wer­

den. Mit der Hightech-Strategie werden erstmals Forschungs­

förderung und Rahmenbedingungen konsequent gemein­

sam betrachtet.

Mit der Hightech-Strategie rückt Innovationspolitik in

das Zentrum des Regierungshandelns. Dieser Aufbruch für

eine neue Innovationspolitik wird durch Taten unterstri­

chen: Die Investitionen in Forschung und Entwicklung

werden bis Ende 2009 um insgesamt zusätzlich 6 Milliarden

Euro aufgestockt.

Mit dem neuen Aktionsprogramm „iD2010 – Informa­

tionsgesellschaft Deutschland 2010“ der Bundesregierung

werden die verschiedenen programmatischen Maßnahmen

der Bundesregierung in den Bereichen IKT und Neue Medien

zusammengefasst. Es beschreibt damit zusammen mit der

Hightech-Strategie die Innovationsstrategie der Bundes­

regierung für das Innovationsfeld IKT.

Das vorliegende Forschungsprogramm IKT 2020 ist

der Beitrag des BMBF zur Umsetzung des Handlungsfeldes

„Forschungsförderung“ im Innovationsfeld IKT der High­

tech-Strategie und des Aktionsprogramms iD2010.

Ziele und Leitlinien der IKT-Forschungspolitik

Innerhalb der Bundesregierung wird die IKT-Forschungs­

politik vor allem durch BMBF und BMWi gestaltet und

vorangebracht. Deren Förderaktivitäten zielen darauf ab,

die technologische Spitzenstellung Deutschlands im Bereich

IKT zu festigen und auszubauen. Hierdurch sollen die Um­

setzung von Forschungsergebnissen in Produkte und Dienst­

leistungen vorangebracht und dabei neue Anwendungs­

felder erschlossen werden. Durch Forschungsförderung

sollen so unternehmerische Investitionen in Deutschland

ausgelöst werden.

Die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs-, Produktions­

und Arbeitsplatzstandortes Deutschland soll sowohl bran­

chenbezogen als auch branchenübergreifend durch IKT

gesichert und erhöht werden. Darüber hinaus leisten die

IKT wichtige Beiträge im Bereich der Vorsorge (Gesundheit,

Ressourceneffizienz und Umwelt) und der zivilen Sicherheit.

Verfolgt wird eine Innovationspolitik aus einem Guss,

die an allen Gliedern der Innovationskette ansetzt. Dazu

gehört es auch, den Zugang für kleine und mittlere Unter­

nehmen (KMU) zu technologischem Know-how zu verbes­

sern, (rechtliche) Rahmenbedingungen in Kooperation mit

anderen Ressorts innovationsfreundlich mit zu gestalten,

Hürden zu identifizieren und zu beseitigen sowie die Projekt­

förderung und die institutionellen Aktivitäten noch besser

zu verzahnen.

Im Vordergrund der Förderung stehen Technologie­

entwicklungen und Prozesse, die eine besondere volks­

wirtschaftliche Hebelwirkung entfalten, Technologie­

führerschaften erhalten und ausbauen sowie neue Dienst­

leistungen integrieren. Die Forschungsschwerpunkte

werden gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft

identifiziert, bei gleichzeitiger technologieübergreifender

Bündelung der Forschungskapazitäten und Forschungs­

gelder.

Innovationspolitik ist mehr als Forschungsförderung.

Es geht auch darum, wissenschaftliche Exzellenz zu fördern,

technologische Stärken zu erkennen, sie auszubauen und

für Deutschland disziplin-, technologie- und branchenüber­

greifend zu nutzen. Es geht darum, Brücken zu bauen

zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie zwischen

Technologien und Anwendungsfeldern/Branchen.

Forschung und die Umsetzung von Forschungsergeb­

nissen bedürfen exzellent ausgebildeter Wissenschaftler

und Ingenieure sowie einer hervorragenden Forschungs­

infrastruktur. Dabei stellt die Mitarbeit an anspruchsvollen

Forschungsprojekten ihrerseits eine berufliche Aus- und

Weiterbildung dar.

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7 POLITISCHE EINORDNUNG

Ein weiterer wichtiger Faktor ist es, die Bedürfnisse von

Nutzern und Nutzerinnen frühzeitig zu berücksichtigen.

Wenn die Perspektive beider Geschlechter wie auch älterer

Mitbürger und Mitbürgerinnen von Anfang an in die For­

schung einbezogen wird, kann es gelingen, Fehlentwicklun­

gen oder einseitige Festlegungen zu vermeiden.

Europäische Kooperationen und internationale Allianzen

Es sind Brücken zu bauen zwischen nationaler und europäi­

scher Forschung. Die Verabredung gemeinsamer Ziele und

Strategien auf europäischer Ebene sind eine Grundvoraus­

setzung, um im internationalen Wettbewerb mit den USA

und Ostasien um die besten Forschungs- und Produktions­

standorte bestehen zu können. Zudem wird es in einigen

Bereichen darauf ankommen, durch Kooperation in Europa

kritische Massen zu schaffen, die dann zusammengenom­

men auch im globalen Maßstab wettbewerbsfähig sind.

Im 7. Forschungsrahmenprogramm stellt das Förder­

programm aus dem Bereich IKT (IST-Programm) mit einem

Budget von ca. 9 Mrd. Euro für 7 Jahre das größte Einzelpro­

gramm im Bereich Kooperationen dar. Dies unterstreicht die

Bedeutung, die IKT auf europäischer Ebene beigemessen

wird, und die einer Verzahnung von nationaler Förderung

und Förderprogrammatik der EU zukommt.

Auf Grund der absehbaren Entwicklung des IKT-Marktes

und der damit verbundenen veränderten Wettbewerbslage

im globalen Kontext wird selbst die europäische Ebene als

Kooperationsplattform auf bestimmten Gebieten nicht mehr

ausreichen. Deshalb wird das BMBF im Rahmen seiner Strate­

gie zum Internationalen Forschungsmarketing prüfen, ob

und inwieweit die Initiierung von und die Beteiligung an

internationalen Allianzen mit außereuropäischen Partnern

ein Mittel zur Sicherung der nationalen und europäischen

Wettbewerbsfähigkeit auf bestimmten Gebieten im IKT-

Bereich sein kann. Die Strategieentwicklung und -umset­

zung wird dann in enger Abstimmung mit Wirtschaft und

Wissenschaft erfolgen.

(Digital Vision Ltd.)

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8 POLITISCHE EINORDNUNG

Stärken

■ Forschungslandschaft: Hoher Grad an Vernetzung;

FhG ist die größte IKT-Forschungseinrichtung Euro­

pas; alle großen IKT-Hersteller unterhalten FuE-

Labore in Deutschland.

■ Marktgröße: Deutschland ist weltweit der drittgrößte

und in Europa der mit Abstand größte Markt der IKT-

Branche.

■ Europas Elektronik-Standort Nr. 1: Cluster Dresden;

jeder zweite Halbleiter aus Europa ist „Made in

Germany“.

■ Infrastruktur: Leistungsfähiges Transport-Netz; hohe

Funknetzabdeckung; funktionierender Wettbewerb.

■ Chipkarten-Technologie: 70 % Weltmarktanteil für

deutsche Unternehmen.

Chancen

Tabelle 1: SWOT-Analyse zum Innovationsfeld IKT 1

■ Wachstumsmärkte: Chipproduktion +15 % p. a.

■ Forschung: Ergebnisse der Grundlagenforschung

nutzen, neue IKT-Anwendungen in Mobilität,

Medizin, Produktion absehbar.

■ Infrastruktur: Aufbau zukunftsfähiger Netze für

neue ortsfeste und mobile Anwendungsfelder

(z. B. Produktion, Dienstleistung, Gesundheit).

■ Sichere Anwendungen und vertrauenswürdige

Geschäftsprozesse: Unter Berücksichtigung von

Datenschutz / Nutzeranforderungen zu entwickeln.

■ IT-Markt in Bewegung: Es entwickeln sich KMU zu

hochspezialisierten Produktentwicklungs-, System­

architektur- und Systemintegrationsspezialisten.

■ IT-Sicherheit: Den mittelständisch geprägten

IT-Sicherheits-Standort Deutschland ausbauen.

Schwächen

■ Wenige deutsche Global Player: Standardsoftware,

Unterhaltungselektronik, Chip- und Displayproduk­

tion von asiatischen und US-amerikanischen Firmen

dominiert.

■ Langsame Technologiediffusion: Anteil der IKT-Aus­

gaben am BIP unter westeuropäischem Durchschnitt;

bei E-Government unteres Mittelfeld in Europa.

■ Große IT-Anwendungsprojekte: Projektmanagement

und Rahmenbedingungen optimierungsfähig.

■ Internationale Standardisierungsprozesse:

Bedeutung wird unterschätzt, Deutsche Beteiligung

vielfach zu gering.

■ Zu geringe Investitionen in IKT-Infrastrukturen

(neue Märkte).

Herausforderungen

■ Globalisierung: Outsourcing von IT-Dienstleistungen;

Welthandel mit IKT-Produkten und v.a. -Dienstleistun­

gen wächst überdurchschnittlich.

■ Zyklische Märkte: Starke Preisschwankungen

bei Elektronik-Bauteilen, Angebot und Nachfrage

bei IT-Spezialisten unausgeglichen.

■ Entwicklung neuer Geschäftsmodelle: Netzbetreiber

werden Plattformbetreiber und Inhalteanbieter,

TK-Unternehmen geraten durch Internet-Telefonie

etc. unter Druck.

■ Tiefgreifender Wandel: Informations- und Wissens­

gesellschaft entsteht.

■ Ganzheitliche IKT-gestützte Prozess- und

Produktinnovationen: Entwicklung vorantreiben.

■ Verletzlichkeit der Informationsinfrastruktur:

IKT-Sicherheitslösungen entwickeln und einsetzen.

1 Akutalisierung der SWOT-Analye zu IKT aus: Hightech-Strategie der Bundesregierung (2006).

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9 WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT

2. Wirtschaftliche Potentiale der IKT

Wandelnde und neue Märkte bieten großes Wachstumspotential

Die IKT-Branche wächst stetig. Vergessen sind

die kargen Jahre nach Platzen der Internet­

blase zu Beginn dieses Jahrtausends. Handfeste

Technologien und zahlreiche Ideen bahnen

sich weltweit ihren Weg zum begehrten Pro­

dukt. Vom Chip über innovative Software-

Lösungen, von neuen Kommunikationsnetzen

bis zu weit reichenden, neuen Dienstleis­

tungen für Internetnutzer wachsen alte

Märkte und neue entstehen. Parallel nimmt

die Zahl neu geschaffener Arbeitsplätze zu.

Nicht nur in Fernost und in den USA, sondern

dank zukunftsweisender Forschung und Ent­

wicklung auch in Europa und Deutschland.

Dabei ist der große Anteil der IKT-Produkte „Made

in Germany“ für den Konsumenten oft nicht sichtbar.

Sie verbergen sich in Automobilen und Industrieanlagen,

Stromnetzen und Kraftwerken, Kommunikationsnetzen,

Robotern und Logistiksystemen.

„Neue Geschäftsmodelle, neue Kommunikationsplatt­

formen, neue Pforten zum digitalen Wettbewerb finden

ihren Weg in den Weltmarkt“, sagt Bruno Lamborghini,

Leiter des European Information Technology Observatory

(EITO) in Frankfurt. Alljährlich ermittelt das EITO Marktzah­

len und Trends der IKT-Branche. Nach schrumpfenden glo­

balen Umsätzen 2002 und 2003 gewinnt seit 2004 der IKT-

Markt wieder an Dynamik. Weltweit zeigen die EITO-Zahlen

für 2005/2006 ein Wachstum von 5,9 Prozent. Und auch 2007

erwarten die Frankfurter Experten eine ähnliche Zunahme.

Haupttreiber mit knapp zehn Prozent Marktwachstum sind

dabei die aufstrebenden Staaten wie China und Indien. In

Japan rechnet man mit einer schmalen Zunahme von 2,2,

in den USA mit einer kräftigeren von 5,6 Prozent. Und die

EU-Staaten legen mit 4,2 Prozent für 2007 leicht zu. Deutsch­

land bleibt knapp unter diesem Durchschnitt mit drei Pro­

zent Wachstum, zudem begleitet von einem stagnierenden

Markt in der Telekommunikationstechnik. „Doch die meisten

europäischen IKT-Märkte haben sich von der Rezessions­

phase 2001 bis 2003 schneller erholt als die Gesamtwirt­

schaft“, so Lamborghini in dem aktuellen EITO-Report.

Wachstum IT-MarktMrd. Euro

Deutschland Großbritannien Frankreich Italien Spanien

80

70

60

50

40

30

20

10

0 2003 2004 2005 2006 2007

Quelle: EITO, 2006

Metatrends der IKT-Branche

Ein klarer Trend zeichnet sich dabei für die kommenden

Jahre ab: Die größten Stützen des Wachstums werden nicht

mehr Geräte, IKT-Ausstattung und Übertragungstechniken

sein. Hier gehen die Marktanalysten von geringen Wachs­

tumsraten um die zwei Prozent innerhalb der EU aus. Leis­

tungsfähigere, modular aufgebaute Software und auf die

Bedürfnisse von Firmen und Privatpersonen genau zuge­

schnittene Dienstleistungen und Angebote, die IKT-Services,

werden europa- und weltweit mit gut sechs Prozent Zunah­

me immer stärker nachgefragt werden. Dabei spielt die Aus­

richtung auf einzelne Nutzergruppen wie z. B. Frauen oder

ältere Mitbürger und Mitbürgerinnen eine zunehmende

Rolle.

Diese Entwicklung mit einer Konsolidierung beim Hard­

ware-Absatz und deutlichen Steigerungen im Software-

und IKT-Diensleistungsgeschäft spiegelt sich auch in einem

Trendbericht des Bundesverbands Informationswirtschaft,

Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) wieder.

Zusammen mit der Roland Berger Strategy Consultants

heben sich in einer Studie zur „Zukunft der digitalen Wirt­

schaft“ vier übergeordnete Metatrends für die nächsten

Jahre heraus: die Konvergenz der Märkte, die Flexibilisie­

rung von Organisationen, die Allgegenwärtigkeit von IKT-

Technologien und die uneingeschränkte Nutzbarkeit digi­

taler Informationen.

„Diese vier Entwicklungen verändern weltweit die Märk­

te, sie verändern die Unternehmen und sie verändern die

Geschäftsprozesse“, fasst BITKOM-Präsident Willi Berchtold

die Bedeutung dieser Trends zusammen. Damit die etwa

800.000 Arbeitsplätze in der IKT-Branche in Deutschland

mit einem Umsatz von rund 146 Milliarden Euro gesichert

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10 WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT

IKT-Service Markt DeutschlandMrd. Euro

100,0

90,0

80,0

2004 2007

70,0

60,0

50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0

Kommunikation 55,0

IT 25,6

Kommunikation 56,6

Quelle: EITO, 2006

IT 29,4

und weitere geschaffen werden können, ist die Entwicklung

und rasche Umsetzung von Schlüsseltechnologien gefordert.

Dies ist umso wichtiger, da die IKT-Branche schon heute im

Durchschnitt aller OECD-Länder etwa zehn Prozent des

Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet, Tendenz steigend.

Innovationstreiber IKT

IuK-Technologien durchdringen zunehmend eine Vielzahl

anderer Wirtschaftsbereiche wie den Maschinen- und Auto­

mobilbau, die Automatisierungstechnik, das Bildungswesen

und die Dienstleistungsbranche, die Medizintechnik, die

Energietechnik und die Logistik. IKT wird ein immer wichti­

gerer Innovationstreiber. Über drei Viertel der neuen Pro­

dukte entstehen in vielen dieser Märkte durch den Einsatz

von IKT. Für 2007 erwarten

technische Fach- und Füh­

rungskräfte laut einer breiten

Umfrage des VDI, dass 11,2 Pro­

zent aller marktfähigen Inno­

vationen überhaupt auf IKT-

Fortschritten beruhen werden.

Damit stehen die IKT an dritter

Stelle hinter der Nano- und

Biotechnologie. Durch das

rechtzeitige Erkennen von

Marktentwicklungen, aktive

Forschung, sowie geeignete

wirtschaftliche und politische

Randbedingungen sichern IuK-

Technologien auch Spitzenpo­

sitionen in traditionell starken

Wirtschaftszweigen Deutsch­

lands.

Gute Ideen steigern Chancen

Wer sich zuhause und im Büro umschaut,

wird kaum den Eindruck bekommen, dass

IKT-Produkte „Made in Germany“ eine wesent­

liche Rolle spielen. Digitalkameras und Flach­

bildschirme kommen aus Fernost, auf HiFi-

Anlagen, MP3-Playern und Fernsehern prangt

nur selten das Logo einer deutschen Firma,

auf den begehrten Spielekonsolen gar nicht.

In dem boomenden Markt der Computerspiele

wird Deutschland als Entwicklungsland ein­

gestuft.

Auch Software, gerade bei weit ver­

breiteten PC-Endanwendungen, importiert

Deutschland in großen Mengen. Der Export

rangiert trotz des Global Players SAP gerade bei

sieben Prozent Weltmarktanteil. Obwohl die meisten euro­

päischen Chips in dem erfolgreichen Dresdner Mikroelektro­

nikcluster in Deutschland gefertigt werden, bleibt die Bedeu­

tung dieses Standorts für den Weltmarkt begrenzt. Und der

aktuelle Trend weist noch stärker nach Asien. Hier ballen sich

35 der derzeit in Bau befindlichen Chipfabriken. In Nord­

amerika sind es nur drei, in Europa zwei.

Doch der Wandel und die Schnelllebigkeit der IKT-Pro­

dukte bieten in diesen auf den ersten Blick für Deutschland

düsteren Märkten große Chancen. Und sie werden auch

genutzt. So investiert der britische Kunststoff-Elektronik­

hersteller Plastic Logic 100 Millionen Dollar in das europa­

weit erste Werk für elektronisches Papier in Dresden.

Integriert in Kleidung oder zusammengerollt wie eine

normale Zeitung könnten diese stromsparenden Displays

Impulsgeber für Mess- und Automatisierungstechnik (% der Nennungen, Mehrfachnennungen möglich)Top 10 für die

nächsten 3 Jahre

Quelle: VDI / VDE GMA Mitgliedsumfrage ,06

Mikrosystemtechnik / Miniaturisierung

Internettechnologien

Drahtlose Kommunikation

RFID (Transpondertechnik)

Mensch-Maschine-Kommunikation

Optische Technologien

Biotechnologien

Robotik

Informationssicherheit (Security)

Funktionale Sicherheit (Safety)

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45

37,2

40,1

36,5

31,4

27,9

28,6

30,7

24,1

23,1

22,1

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11 WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT

kleine Flachbildschirme aus mobilen Anwendungen ver­

drängen. Bis 2010 wird mit einem Markt für über 40 Millio­

nen Module gerechnet, die Dresdner Fabrik soll 2008 mit

einer Produktion von einer Million Stück pro Jahr starten.

Dieser Fabrikneubau zeigt genauso wie die moderne Chip­

fertigung von AMD und Qimonda, dass in Dresden das

Cluster-Konzept der Bundesregierung Früchte trägt.

Softwareentwicklung – Auf dem Weg zu Europas Nr. 1

Trotz eines starken Kostendrucks investieren deutsche

Unternehmen zunehmend mehr in ihre IKT-Ausstattung.

Mit großem Interesse beobachten sie die Entwicklung von

Webservices und so genannten SOA-Systemen – Service­

orientierten Architekturen. SOA bilden ein breit angelegtes,

konzeptionelles Rahmenwerk, in dem sich Softwaremodule

erstellen, verwalten und kombinieren lassen. Die angestreb­

ten Ziele: eine Erhöhung der Flexibilität des Unternehmens

bei gleichzeitiger Optimierung und Vernetzung von Ge­

schäfts- und Fertigungsprozessen. Diese Systeme werden

zunehmend von außen eingekauft. „Deutsche Unternehmen

werden sich bei der externen Softwareentwicklung zur

Nummer 1 in Zentraleuropa entwickeln“, heißt es in der

IT-Trendstudie 2006 der Consulting-Firma Capgemini.

Durchschnittlich fertigen deutsche Unternehmen heute

nur noch 35,7 Prozent im eigenen Haus und geben den

überwiegenden Teil der Arbeit mit steigender Tendenz an

Dienstleister ab. Von diesem Trend werden nicht nur die

großen Softwareentwickler profitieren. Wegen des kunden­

spezifischen Zuschnitts der Unternehmenssoftware können

vor allem kleinere, auf Branchen spezialisierte Firmen von

dem stark wachsenden Bedarf profitieren.

Weltweiter Markt für Service-orientierte ArchitekturenMrd. Euro

40

35

30

25

20

15

10

5

0 Quelle: Roland Berger 2006 2010

43 % jährliche

Wachstumsrate

9,0 Mrd. Euro

38,0 Mrd. Euro

„Made in Germany“ – Verborgene Produkte brauchen sich nicht zu verstecken

Die wahren Stärken der deutschen IuK-Technologie liegen

indes im Verborgenen. Und doch sind sie allgegenwärtig.

„Embedded Systems“ – in Produkte eingebettete Hard- und

Softwaretechniken allein bildeten laut BITKOM 2005 einen

Weltmarkt von 138 Milliarden Euro, der auf rund 194 Milliar­

den Euro im Jahr 2010 steigen wird. „Moderne Elektronik

und mit ihr die Digital- und Computertechnik ist die Voraus­

setzung für die Leistungsfähigkeit der Produkte und Systeme

in der Energie- und Verkehrstechnik, der Industrieautomati­

sierung, in Fahrzeug- und Maschinensteuerungen, in der

Medizintechnik und vielen anderen Kerngebieten der deut­

schen Industrie“, sagt Friedhelm Loh, Präsident des Zentral­

verband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI).

So bringt der Exporttreiber Maschinenbau laut Aussage

seines Branchenverbandes VDMA mit 17 Prozent Wachstum

in den letzten fünf Jahren und weiterhin guten Aussichten

die IKT-gestützte Automatisierung voran. Flexible Ferti­

gungsprozesse bei geringen Kosten und zugleich hoher

Qualität sind weltweit gefragt. Deutschlands Rolle auf dem

Weltmarkt der Automatisierungstechnik (etwa 13 Prozent)

mit einem Gesamtvolumen von über 214 Milliarden Euro

kann durch IKT-gestützte Innovationen ausgebaut werden.

Eine aktuelle Umfrage des VDI belegt, dass die wesentlichen

Innovationsimpulse für die Automatisierungstechnik in den

nächsten drei Jahren aus der Einbindung der IKT erwartet

werden, z. B. Verwendung der Internettechnologien oder

der drahtlosen Kommunikation.

Viel Know-how bei offenen und vernetzten Kommuni­

kationstechnologien wie zum Beispiel RFID, eine führende

Rolle in moderner Sensorik

und selbst organisierenden

Systemen legen dabei eine

viel versprechende Grundlage.

Diese werden in den nächsten

Jahren zu vollständigen Sensor­

netzwerken ausgebaut wer­

den. Ausgeklügelte Kommuni­

kations- und Mikrosystem­

technik, Telematik und eine

starke Stellung im Bereich

Mensch-Maschine-Interaktion

fördern hier marktrelevante

Innovationen. Das Ziel ist die

intelligente, digitale Fabrik,

das sich auch das Projekt

SmartFactory der TU Kaisers­

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Mrd. Euro

250

200

150

100

50

0

Weltweite Marktentwicklung „Embedded Systems“

jährlich 9 %

Wachstum

138

194

2006 2010 Quelle: Roland Berger, Gartner

12 WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT

lautern mit Industriebeteilung gesetzt

hat. Große Marktchancen bietet zudem

der wachsende Markt für Industrie- und

Serviceroboter, der sich in den letzten

zehn Jahren verdoppelt hat. Mit Produk-

tion und Entwicklung in Deutschland

stehen die Unternehmen Kuka und ABB

mit an der Spitze dieses Trends.

Führung im Automobilbau

Im hart umkämpften Markt der Auto­

mobilbranche können deutsche Her­

steller ihren Platz in der Spitzengruppe

nur mit einem Technologievorsprung

und hoher Zuverlässigkeit sichern. Das Beratungsunter­

nehmen PriceWaterhouseCoopers schätzt, dass weltweit die

Produktion bis 2010 auf mehr als 70 Millionen Autos zuneh­

men wird, das sind knapp 14 Prozent mehr als 2005. Laut

ZVEI stützen sich über 80 Prozent aller Innovationen im

Automobilbau auf Elektrotechnik und Elektronik. „Die deut­

sche Hersteller- und Zulieferindustrie ist (noch) führend in

der Welt“, heißt es in einem Report des Industrieverbandes.

„Die computerrelevanten Anwendungen in der Automobil­

branche steigen von Jahr zu Jahr. Ein Oberklassewagen

besitzt heute bis zu 40 Prozent computergesteuerte Kompo­

nenten“, sagt auch der stellvertretende Direktor des Vereins

Deutscher Ingenieure (VDI), Volker Wanduch. Sensoren,

Aktuatoren, Regelsysteme und deren Vernetzung gehören

zu den IKT-relevanten Schlüsselbereichen. Nicht nur moder­

ne Antriebs-, Abgas- und Ausstattungtechniken profitieren

davon, auch Entwicklungen wie Fahrerassistenzsysteme und

die dringend geforderte Robustheit der kompletten Fahr­

zeugelektronik werden dadurch unterstützt.

FuE-Aufwendungen der deutschen Automobilindustrie

Quelle: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 2006

20

18

16

0

14

12

10

8

6

4

2

Mrd. Euro

* Schätzung

6,9

8,8

9,5

12,4

13,5

14,4 14,8

16,3 15,7

15,1 15,2 * 15,8 *

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

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13 WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT

Gute Aussichten: Medizin und Logistik

Neben diesen Paradebeispielen für Produkte „Made in

Germany“ führt IKT zu neuen Produkten in vielen anderen

Wachstumsbranchen. In der Medizintechnik, bei der nach

ZVEI-Angaben allein in Deutschland ein Investitionsstau von

10 bis 15 Milliarden Euro existiert, spielt IKT eine Schlüssel­

rolle. Weltweit erwarten Analysten bis 2010 ein stabiles

Wachstum von jährlich vier bis fünf Prozent. Und der Um­

satz deutscher Medizintechnik-Unternehmen steigt mit

neun Prozent 2005 auf 14,7 Milliarden Euro überproportio­

nal. IKT-gestützte Neuerungen finden sich in der Telemedi­

zin, intelligenten Patientensystemen für Krankenhäuser,

neuen diagnostischen und bildgebenden Verfahren und

nicht zuletzt in vernetzten Informationssystemen, bei denen

Deutschland mit der elektronischen Gesundheitskarte eine

Vorreiterrolle einnimmt.

Mit vernetzten Funkchips (RFID), Echtzeitmanagement

von Logistikketten, vollautomatisierten Lagersystemen und

Telematik baut die moderne Logistik zunehmend auf IKT-

Lösungen. 2004 setzte die Logistikbranche allein in Deutsch­

land rund 170 Milliarden Euro um und baut derzeit mit wach­

senden Unternehmen wie DB Logistics, der Deutschen Post/

DHL und Kühne & Nagel ihren Marktanteil in Westeuropa

aus. „Der deutsche Anteil an den westeuropäischen Logistik­

umsätzen erhöhte sich somit auf rund 26 Prozent, bei einem

Bevölkerungsanteil von knapp 21 Prozent“, berichtet die

Logistik-Beratungsfirma KnowledgeAgent. In Deutschland

ist die Logistik mit 2,5 Millionen Arbeitsplätzen mittlerweile

die drittstärkste Branche. Und mit neuester Technologie

soll diese Position ausgebaut und der Warentransport noch

effizienter gestaltet werden.

Ein Schlüssel dazu sind Funkchips (RFID), die bisher vor

allem an Containern und wertvollen Waren prangen, um

Herkunft, Inhalt und Ziel elektronisch an die Logistikrechner

weiterzugeben. Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und

Logistik will auf diesen Chips die idealen Transportrouten

ergänzen. Pakete und Container melden sich damit selbst­

ständig an Knotenpunkten an und werden automatisch auf

den richtigen Weg und in das jeweils schnellste und günstig­

ste Verkehrsmittel geladen. Transportengpässe umgeht die

Ladung in Zukunft autark, und neue Routen werden rasch

durch spezielle Software ermittelt. Erste Simulationen be­

wiesen, dass sich so die Durchsatzraten effizient steigern

ließen. Die engen Parallelen zu dem paketvermittelten

Datentransport im Internet sind unübersehbar. So wie hier

Informationsstücke sich selbstständig den schnellsten Weg

durchs Web suchen, finden in zukünftigen Logistiknetzwer­

ken reale Pakete ihre beste Route zum Ziel. So werden in den

kommenden Jahren Positionsbestimmungen von Containern

und Stückgut in Echtzeit an Bedeutung gewinnen. Durch die

führende Rolle deutscher Entwickler beim europäischen

Umsatzentwicklung der Medizintechnikindustrie

Quelle: SPECTARIS e. V. Statistisches Bundesamt, 2006 (Rundungsabweichungen)

16

14

12

0

10

8

6

4

2

Mrd. Euro

2000

4,96

5,09

10,05

2001

5,3

5,96

11,27

2002

5,41

6,58

11,99

2003

5,73

6,81

12,54

2004

5,67

7,89

13,56

2005

5,63

9,18

14,72

Auslandsumsatz

Inlandsumsatz

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14 WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT

Satellitennavigationsprojekt Galileo wird hier ein weiterer

Technologievorsprung entstehen. Besonders im Handel

führen diese Innovationen mittelfristig auch zu wichtigen

Verbesserungen für den Endverbraucher. Umfassende Pro­

duktinformation und -beratung durch intelligente Einkaufs­

assistenten, kassenloses Bezahlen sowie rasches und ge­

zieltes Auffinden der gewünschten Produkte im Waren­

markt sind Vorteile für den Kunden, die führende deutsche

Handelsunternehmen mit neuen IKT-Technologien unter­

stützen wollen.

Steigende Energiekosten treiben IKT-Innovationen

Große Chancen für IKT-Systeme liegen in naher Zukunft im

Bereich der Energieversorgung, getrieben von steigenden

Kosten für Strom und Wärme. Deutsche Kraftwerks- und

Leitungsbauer nutzen intelligente Regelungstechnik und

Netzmonitoring-Systeme in ihren neuen Produkten. Wegen

der zunehmenden Einspeisung regenerativer Energien auf

allen Spannungsebenen muss das zukünftige Stromnetz

intelligent werden. Ein komplexes Datenkommunikations­

netz zwischen Erzeugern und Verbrauchern wird parallel zu

den Stromleitungen entstehen. Nach Aussage des Branchen­

verbandes (VDN) werden die deutschen Netzbetreiber bis

2020 etwa 40 Milliarden Euro in Ausbau und Modernisierung

des Stromnetzes investieren. Experten schätzen die nötigen

weltweiten Investitionen sogar auf bis zu fünf Billionen Euro

über die nächsten 20 bis 30 Jahre. Ein Riesenmarkt, von dem

auch die IKT-Branche profitieren wird.

Auch in Millionen von Eigenheimen wird Energie­

effizienz zu einem Treiber für IKT. Heiz- und Stromkosten

lassen sich durch moderne Elektronik effizient einsparen.

Für Europa beträgt der gegenwärtige Energieverbrauch in

den Haushalten ca. 400 Milliarden Kilowattstunden. Davon

könnten allein 70 Milliarden Kilowattstunden – das ent­

spräche der Leistung von vier Kernkraftwerken – eingespart

werden, ohne dass wir uns im täglichen Leben einschränken

müssten. Sensornetzwerke und optimierte Regelsysteme

passen dazu Wärme- und Strombedürfnisse flexibel und

sparsam an die Bewohner an. Nicht nur Neubauten profitie­

ren davon, auch bei älterem Bestand lohnen sich solche

Investitionen gerade bei steigenden Energiekosten.

Boombranche Sicherheitstechnik

Parallel zu dieser umfassenden Datenvernetzung wird die

Nachfrage nach Sicherheitstechnologien im IKT-Bereich

ansteigen. So wird der Markt für Digitales Rechtemanage­

ment, das die Urheberrechte an digitalen, medialen Inhalten

sichert und ihre individuelle Verwertung ermöglicht, welt­

weit von rund 500 Millionen Euro in 2005 auf zwei Milliarden

Euro im Jahr 2010 wachsen. Zudem zeigt der Biometrie-

Markt laut BITKOM eine starke Dynamik. Er soll von aktuell

1,3 Milliarden Euro auf rund fünf Milliarden Euro im Jahr

2010 wachsen. Deutsche Unternehmen haben hier eine gute,

aber keine dominante Position auf dem internationalen

Biometrie-Markt. Öffentliche Projekte wie der elektronische

Reisepass oder der elektronische Personalausweis könnten

Entwicklung und Verbreitung deutscher Biometrie-Techno­

logie fördern.

Mehr Mut und Bildung – Fachkräfte und Neugründungen

Die IKT-Märkte wachsen, auf vielen Gebieten mischen

deutsche Unternehmen in der weltweiten Spitzengruppe

mit. Wie aktuelle Patentzahlen zeigen, mangelt es nicht an

neuen Ideen gerade auf dem innovationsintensiven Feld

der Informationstechnologien. Um diese aber besser um­

zusetzen, müssen die deutsche Wirtschaft und Politik vier

hemmende Entwicklungen in den Griff bekommen: den

derzeit steigenden Fachkräftemangel, die stagnierende Zahl

der Neugründungen von Hightech-Firmen und nicht zuletzt

den mangelnden Mut zur Selbstständigkeit und eine brem­

sende Skepsis gegenüber technologischen Neuerungen.

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15 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

3. Perspektiven der IuK-Technologien

Fundierte Forschung für die Märkte von morgen

Keine Branche ist so schnelllebig wie die der Informations­

und Kommunikationstechnologien. Immer kürzer werden

die Abstände, in denen Speicherchips, Bildschirme und

Handys, Übertragungstechniken, Roboter oder Software

von leistungsfähigeren Nachfolgern aus dem Markt ge­

drängt werden. Behaupten können sich nur Unternehmen,

die Entwicklungen rechtzeitig aufspüren, Kontakte zu

ideenreichen Wissenschaftlern pflegen und massiv in die

eigenen Forschungsabteilungen investieren. Doch dem

drohenden Risiko, schnell den Anschluss und damit Markt­

anteile zu verlieren, stehen mindestens ebenso große Chan­

cen gegenüber. Jeder Technologiewandel öffnet ein Tor, um

in scheinbar aufgeteilte Märkte einzudringen.

Von neuen Chiptechniken über autarke Roboter und

vernetzte Sensoren bis hin zu cleveren Bedienungsmodulen

und intelligenten Computerprogrammen legen deutsche

Forscher die Grundlagen für den Erhalt und Ausbau einer

Spitzenposition im weiten Feld der IKT-Technologien und

deren Anwendung. Im Gebiet der Nanotechnologie machen

sie wahr, was der amerikanische Physiker und Nobelpreis­

träger Richard P. Feynman bereits Ende 1959 in seiner be­

rühmten Rede „There’s plenty of room at the bottom“

(„Da unten ist noch viel Raum“) vorausgesagt hat. Für neue

Techniken zur schnelleren Übertragung und Vernetzung

von Daten arbeiten deutsche Wissenschaftler im Sinne von

Guglielmo Marconi „It is dangerous to put limits on Wireless

Communications“ („Es ist gefährlich, die drahtlose Kommu­

nikation zu begrenzen.“). Marconi hat Ende des 19. Jahrhun­

derts nach Heinrich Hertz Forschungen über die Ausbrei­

tung von elektromagnetischen Wellen als erster diese Wel­

len auf größere Distanzen genutzt und damit die moderne,

drahtlose Datenübertragung begründet. Kaum überschau­

bar ist das Feld der Nutznießer vom Chiphersteller über

Softwareentwickler, Medizintechniker und Ingenieure

bis hin zu jedem einzelnen Bürger.

Chips geben den Takt an

Immer kleiner, schneller und günstiger. Computerchips mit

ihren Millionen von Transistoren geben den Taktschlag für

die gesamte IKT-Branche vor. Etwa alle 18 Monate verdop­

peln Speicher und Rechenchips ihre Leistungsfähigkeit.

Mit den Halbleiterfabriken von Firmen wie AMD, Qimonda

und Infineon behauptet sich Dresden als der führende euro­

päische Chip-Standort im internationalen Wettbewerb. Auf

300 Millimeter großen Silizium-Scheiben (Wafer) werden

hier in den kommenden Jahren Chips in der aktuellen 65

Nanometer-Technologie produziert. Und der nächste Schritt

auf 45 Nanometer kleine Strukturbreiten wird vorbereitet,

um im Wettlauf mit den Halbleiterproduzenten in USA und

Fernost mitzuhalten.

Die Zukunft der Halbleiterchips haben die Industriefor­

scher zusammen mit den Wissenschaftlern der Fraunhofer

Gesellschaft und einer Reihe von Halbleiterinstituten an

Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen im

Blick. Dreidimensionale Chipstrukturen wie beim so ge­

nannten FinFET-Transistor mit einer senkrecht stehenden

Silizium-Finne sollen den Stromverbrauch der Mikroprozes­

soren senken und etwa 2012 serienreif sein. Dieses Konzept

wurde unter anderem von Infineon und dem Institut für

Halbleitertechnik der RWTH Aachen auf seine Einsetzbarkeit

untersucht. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts

wird diese Technik auch von Intel und IBM für die nächsten

Chipgenerationen unter 65 Nanometer (Millionstel Millime­

ter) vorbereitet. Zusätzlich ermöglicht dabei die Immersions­

lithografie mit Wassertropfen zwischen Silizium-Scheibe

und Belichtungsoptik sogar ein Schrumpfen der Schaltkreis­

strukturen auf nur noch 45 Nanometer Größe.

Selbst über die Zeit danach denken deutsche Forscher

und Forscherinnen intensiv nach. Bereits 2003 wurde ge­

zeigt, dass spezielle Transistoren auf Silizium-Basis mit sehr

kleinen Strukturen von zehn Nanometern noch gute Dienste

leisten können. Doch Alternativen zum bewährten Werkstoff

Silizium sind gefragt. All diese neueren Ansätze, die ohne

diesen bewährten Halbleiter arbeiten sollen, müssen mehr

Leistungsfähigkeit und potenziell geringere Kosten als Sili­

zium-Chips aufweisen. So weit ist die Nanoforschung heute

noch nicht.

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16 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

In Zukunft schalten und walten Nanomodule

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen setzen auf

Methoden, mit denen Transistoren nicht mehr aus einem

Kristall herausgeätzt, sondern aus einzelnen Atomen und

Molekülen zusammengesetzt werden. Im letzten Jahr offen­

barte sich eine mögliche Alternative zu Silizium. In mono­

molekulare Graphitschichten, so genannte Graphen-Schich­

ten, können Daten tragende Ladungen rasant mit einem

Drittel der Lichtgeschwindigkeit bewegt werden. Parallel

werden Lichtteilchen (Photonen) als Datenträger der Zu­

kunft untersucht. Aufgebaut aus photonischen Kristallen

und Molekül-kleinen Lichtquellen könnten Photonik-Chips

die Nachfolge von elektronischen Mikroprozessoren antre­

ten. Mit zahlreichen Arbeitsgruppen auf dem Gebiet der

Photonik ist die deutsche Forschung gut auf diesen Trend

vorbereitet und prägt ihn wesentlich mit. So entwickelten

jüngst Physiker der Technischen Universität Chemnitz eine

Art Nano-Scheinwerfer aus einem Millionstel Millimeter

kleinen Molekülhaufen aus Cadmiumselenid. Damit können

die optischen Eigenschaften von photonischen Kristallen

besser untersucht werden.

Klassische, aber teure Lithografie-Prozesse könnten

durch die selbstorganisierenden Fähigkeiten von Molekülen

ersetzt werden. Hier ist das Max-Planck-Institut für Mikro­

strukturphysik in Halle in Europa federführend. In einem

EU-Projekt zusammen mit der Universität Würzburg lassen

sie beispielsweise winzige Nanodrähte aus Silizium gezielt

wachsen. Ein weiteres Beispiel liefert das Max-Planck-Institut

für Festkörperforschung in Stuttgart unter der Leitung des

Nobelpreisträgers Klaus von Klitzing mit einer spin-basierten

Elektronik oder kurz gesagt Spintronik. Statt elektrischer

Ladungen können hier die Spins der Elektronen als Informa­

tionsträger eingesetzt werden. Damit soll die Schaltenergie

von zukünftigen Spin-Transistoren stark vermindert und die

unerwünschte Verlustwärme eines Chips deutlich verringert

werden. Ganz vorne in der internationalen Liga spielen die

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vom Center of

Nanoelectronic Systems for Information Technology (CNI)

am Forschungszentrum Jülich mit. Hier werden magnetische

Spins und selbstorganisierende Nanostrukturen sowie neu­

artige Bauteil- und Materialkonzepte für extrem kleine,

schnelle und Strom sparende Schaltkreise unter die Lupe

genommen.

Und mit Messungen des Magnetismus von einzelnen

Atomen verblüffte das Institut für Angewandte Physik der

Universität Hamburg die Fachwelt. Heute ist dieses Institut

ein gesuchter Forschungspartner bei der Entwicklung

zukünftiger Nanospeicher. Aber trotz solch guter Ansätze in

Deutschland gelten die USA als Vorreiter auf diesem Feld der

Nanoelektronik.

MultiGate-FinFET (Infineon)

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Graphen-Transistors (AMO GmbH)

Noch tiefer in die Quantenwelt tauchen Physiker und Physi­

kerinnen in Bonn, Mainz und München ein. Sie entwickeln

sowohl die theoretischen als auch die praktischen Grundla­

gen für die Verarbeitung von Daten mit Quantenphänome­

nen, die das alltägliche Vorstellungsvermögen überfordern.

Ein Quantenbit könnte beispielsweise nicht nur eine digitale

Null oder Eins repräsentieren, sondern auch gleichzeitig

beliebig viele Zustände dazwischen annehmen. Diese nur auf

Wahrscheinlichkeiten basierenden, physikalischen Aussa­

gen sollen eines Tages jeden Verschlüsselungscode rasant

brechen oder heute unvorstellbare Suchalgorithmen ermög­

lichen können. „Doch praktische Anwendungen für einen

Quantencomputer sehe ich in weiter Ferne“, dämpft Nobel­

preisträger Theodor W. Hänsch vom Max-Planck-Institut für

Quantenoptik in Garching bei München allzu große Erwar­

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17 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

tungen. Er gilt als ein Pionier der Laserspektroskopie und

als internationale Kapazität für Quantenphänomene. Und

obwohl laut Hänsch Deutschland auf dem möglichen Zu­

kunftsfeld der Quanteninformation gut aufgestellt sei, seien

die experimentellen Probleme bis zu einem funktionieren­

den Quantencomputer noch gewaltig.

Software bringt Rechner auf Trab

Weit näher am Markt als die Quantenphysiker und -physi­

kerinnen und Nanoforscher und -forscherinnen arbeiten

Informatiker. Mit intelligenten Programmen forschen sie

daran, wie noch mehr Leistung aus bereits verfügbarer

Hardware heraus zu kitzeln ist. Software-Ingenieure haben

dabei vor allem die Steigerung von Effizienz, Qualität und

Zuverlässigkeit im Blick. Die Nutznießer der Entwicklungen

reichen von Telekommunikationsfirmen über Finanzdienst­

leister und Medizintechniker bis hin zu Automobil- und

Logistikunternehmen.

So abstrakt Software-Entwicklung im Detail sein mag,

handelt es sich für die IKT-Branche um eine grundlegende

und wichtige Wissenschaft. Neue mathematische Modelle,

Datenstrukturen und Algorithmen machen das exponen­

tielle Wachstum der Computerleistungen erst möglich.

Zusammen mit verbesserter Hardware und immer genaue­

ren Simulationen werden hohe Präzision, Visualisierungs­

qualität und Geschwindigkeit möglich. Aktuell wird zuneh­

mend an der Modularisierung von Softwarearchitekturen

gearbeitet, um Service-orientierte Systeme zu entwickeln.

Ein weiterer Trend liegt in so genannten Multi-Nature

Systemen, bei denen elektronische und nichtelektronische

Komponenten miteinander kommunizieren.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit immer leistungs­

fähigerer Software kann ein Produkt schon in der Ent­

wicklung gründlich untersucht und getestet werden, ob­

wohl es physisch noch gar nicht existiert. Rechner simulieren

chemische Reaktionen oder elektronische Schaltungen. Sie

zeigen, wie sich eine Autokarosserie bei einem Aufprall ver­

formt oder welches Licht verschiedene Leuchtmittel aus­

strahlen können. In der Produktion steuern intelligente

Systeme nicht nur den Materialfluss sondern auch kom­

plexe und sicherheitskritische Fertigungsprozesse. Eine

kontinuierliche Datenerfassung in der Produktion ermög­

licht genaue Chargenverfolgung bei sensiblen Produkten,

z. B. in den Bereichen Pharma, Chemie oder Lebensmittel.

(VDI TZ GmbH)

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18 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

Netze der Intelligenz

So wichtig schnelle Prozessoren, gigantische Datenspeicher

und komplexe Programme auch sein mögen, ohne eine opti­

male Vernetzung können sie ihre volle Leistung nicht aus­

spielen. Heute bilden Glasfaserkabel das globale Rückgrat

der modernen Kommunikationstechnik mit dem Internet als

weltweit wichtiger Wirtschaftsmotor. Und ihre Kapazitäten

werden in Zukunft deutlich wachsen. Die Wissenschaftler

und Wissenschaftlerinnen des Fraunhofer Instituts für Nach­

richtentechnik Heinrich-Hertz (HHI) in Berlin gehen davon

aus, dass das Netz der nächsten Generation die Backbone-

Infrastrukturkapazität drastisch erhöhen wird und maximal

ausnutzen muss. Dieses Ziel im Blick stellten HHI-Forscher

2006 eine neue Rekordmarke für die Datenrate durch Glas­

faserkabel auf: 2,56 Terabit flossen pro Sekunde über eine

Strecke von 160 Kilometer Länge – das entspricht dem Inhalt

von 60 DVDs und ist etwa 50 mal schneller als auf den heute

besten Hochgeschwindigkeits-Strecken. Dazu schickten die

Berliner Nachrichtentechniker ultrakurze Laserblitze durch

die Fasern und nutzten eine Phasenmodulation des infraro­

ten Lichts. Mit diesem Ergebnis, von dem die Glasfasernetze

in den kommenden Jahren profitieren werden, überholten

sie nach fünf Jahren wieder

ihre japanische Konkurrenz.

Und das Potential wird in heuti­

gen Netzen nur zu einem

Bruchteil genutzt. Theoretisch

seien sogar Bandbreiten von

60 bis 70 Terabit pro Sekunde

möglich.

Nicht nur Netzwerkfirmen

werden die HHI-Resultate für

zukünftige Produkte nutzen

können. Das Berliner Institut

entwickelt auch die Technik

für deutlich schnellere Daten­

anschlüsse für Privatpersonen

zuhause. Heute fließen über

Kupferkabel und mit DSL-

Technik bis zu 16 Megabit pro

Sekunde in die Wohnzimmer

der Nation. Derzeit läuft der schrittweise Ausbau auf 52 Me­

gabit mit VDSL-Technik. Aber die Zukunft liegt in dem Daten­

transport via Lichtleiter. Laut HHI wird es unvermeidlich

sein, die Glasfaser bis in die Haushalte zu verlegen. Derzeit

haben bei dem Ausbau der Infrastruktur Japan und Korea

die Nase vorn. Doch die Fiber To The Home-Technik (FTTH)

ist europaweit auf dem Vormarsch. Bis zu 2500 Megabit pro

Sekunde sowohl als Down- als auch als Upload werden damit

möglich sein. Erste Pilotprojekte, beispielsweise in Schwerte

und Berlin, sind bereits gestartet. Nach einer Studie der TU

Dresden und der Fraunhofer Gesellschaft wird erwartet, dass

schon 2010 mehr als zehn Prozent aller Haushalte mit FTTH

versorgt werden.

Gut ausgebaute Breitbandnetze bilden auch die Grund­

lage für ein leistungsfähiges Mobilfunknetz. Denn ein

Mobilfunknetz beruht zu 80 Prozent auf einem Festnetz:

Ein Zusammenhang, der den wenigsten Handy-Nutzern

bewusst ist. Begnügen sich UMTS-Nutzer heute mit maximal

1,8 Megabit pro Sekunde (HSDPA), peilt die nächste vierte

Mobilfunkgeneration, kurz 4G, die 1000 Megabit-Schwelle

an. Das zentrale Ziel dieser noch in den Anfängen stecken­

den Entwicklung sind höhere Datenraten zu geringeren

Kosten. Auch die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen

am Lehrstuhl für Mobile Nachrichtensysteme der Techni­

schen Universität Dresden konzentrieren sich auf die 4G­

Forschung. In ihrem Labor funken auch erste Prototypen

mit hohen Megabit-Raten. Noch nimmt die aufwändige

Elektronik ganze Laborschränke ein und passt in kein

Handy. Bis zu einer Einführung von 4G Mitte des kommen­

den Jahrzehnts werden Chips und Antennen noch deutlich

schrumpfen müssen.

Breitband-InternetzugängeMio. Zugänge

25

20

15

10

5

0 2005 2006 2010

Quelle: EITO, 2006

Deutschland Großbritannien Frankreich Italien Spanien

4G wird anders als alle bisherigen Mobilfunkstandards

mehrere Funkkanäle in einem System vereinen. Mindestens

vier Antennen stellen nach dem MIMO-Prinzip (multiple in –

multiple out) ihre Datenverbindungen parallel zu einer

Basisstation her. Damit kann auch jedes Handy selbst als

Basisstation dienen und je nach Verteilung der Geräte die

Netzabdeckung flexibel und schnell erhöhen.

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19 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

Vermittlungsstellen dienen nach wie vor als wichtige Knotenpunkte im weltweiten Datenverkehr.

Zusätzlich greifen die Dresdner Forscher zu einem zweiten

Kunstgriff mit dem Namen OFDM (Orthogonal Frequence

Division Multiplexing). Damit kann ein Frequenzbereich in

viele kleine Subkanäle eingeteilt werden, wodurch die

Datenrate steigt.

In Deutschland ballen sich die Entwicklungslabore für

die Datenübertragung der Zukunft geradezu und schaffen

in der Mobilfunkforschung eine führende Position. Unter­

nehmen wie Nokia und Siemens, Alcatel-Lucent oder Erics­

son arbeiten hierzulande an 4G-Techniken. Im Verbund mit

weiteren 4G-Forschern in Europa besteht sogar die Chance,

einen kommenden Standard vor den USA und Fernost maß­

geblich gestalten zu können. Auch wenn nach dem Aus für

Siemens-BenQ nur noch wenige Handys in Deutschland ge­

baut werden, liegt hier die Wissensbasis für die Mobilfunk­

branche. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an

der TU Dresden sehen hier riesige Chancen für neue kleine

Firmen in Deutschland. Und aus den vielen Blüten könnten

neue Firmen mit 100, 1.000 oder gar 10.000 Mitarbeitern

entstehen.

(Deutsche Telekom AG)

Grids und Supercomputer – Die perfekte Simulation

Breitbandige Datennetze eröffnen nicht nur völlig neue

Märkte für Dienstleistungen, sie ermöglichen zudem ausge­

klügelte Grid-Netzwerke. Durch die Verknüpfung leistungs­

fähiger Rechner werden in einem Grid nicht nur Daten wie

im Internet ausgetauscht, auch die Kopplung und dezentrale

Abfrage von gebündelter Rechenleistung wird möglich. In

Deutschland baut die D-Grid-Initiative eine nachhaltige

Infrastruktur für Anwender aus Wissenschaft, Wirtschaft

und Gesellschaft auf. Beim Höchstleistungsrechenzentrum

der Universität Stuttgart geht man davon aus, dass D-Grid

der Kern einer zukünftigen Infrastruktur ist, die ähnlich dem

Stromnetz die Basis dafür schafft, dass Lösungen nicht lokal

und zeitlich beschränkt, sondern deutschlandweit und auf

Dauer eingesetzt werden können. Der einfache und schnelle

Zugriff auf gewaltige Datenbanken und die Bearbeitung

komplexer Forschungsdaten und Simulationen stehen im

Mittelpunkt.

Deutsche Grid-Entwickler stehen im internationalen Ver­

gleich sehr gut da. Nach wichtigen Pionierarbeiten nehmen

deutsche Grid-Forscher viele Führungsrollen in europäischen

Projekten ein. Ein Marktpotential des Grid liegt in der Kombi­

nation von Grid- und Web-Technologien. Über das Grid kön­

nen nicht voll ausgenutzte Ressourcen verfügbar gemacht

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20 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

In vier Doppelschränken versammelt der Jülicher Superrechner JUBL mehr Rechenleistung als jeder andere Rechner in Europa. Unter den frei verfügbaren Wissenschaftsrechnern

ist er sogar weltweit die Nummer 1. (Forschungszentrum Jülich)

werden. Eine große Menge von Benutzern kann über das

Grid Zugang zu Daten und Rechenleistung bekommen und

damit Dinge wie individualisierte Wettervorhersagen und

Finanzanalysen durchführen. Einmal entwickelt bieten sich

Grid-Produkte für Unternehmen an, um die Nutzung ihrer

IKT-Ressourcen optimieren und Kosten senken zu können.

Neben der D-Grid-Initiative wird das bundesdeutsche

Potential der Supercomputer im Gauß Centrum für Super­

computing gebündelt. Dort arbeiten die Wissenschaftler

und Wissenschaftlerinnen der drei Standorte für das Höchst­

leistungsrechnen in Deutschland – Jülich, München/Gar­

ching, Stuttgart – zusammen. Damit entsteht der größte

Höchstleistungsrechnerverbund in Europa, der eine heraus­

ragende Bedeutung für Forschung und Entwicklung haben

wird. Aufwändige Simulationen stehen an erster Stelle. Denn

das Modellieren am Computer wird für die moderne Klima­

forschung, Hochenergiephysik, Astronomie und medizini­

sche Grundlagenforschung immer wichtiger. Der deutsche

Automobil-, Flugzeug- und Schiffbau, der Maschinenbau

insgesamt, sowie die Werkstoffentwicklung – um nur einige

Anwendungsfelder zu nennen – wären ohne diese leistungs­

fähige Rechnerinfrastruktur und dazugehörigen Software­

systeme auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig.

Sensorik – Das Web lernt Begreifen

Vom Vormarsch der vernetzten und allgegenwärtigen

Datenverarbeitung hat in den letzten 15 Jahren besonders

die Logistik-Branche profitiert. Rechnersysteme und intelli­

gente Algorithmen beschleunigen den Warentransport zu

Wasser, zu Lande und in der Luft. Fabriken lassen ihre Lager

schrumpfen und erhalten ihre Rohwaren „just in time“ für

die aktuelle Produktion. Dieser Wandel ist heute Realität. In

der Zukunft liegt das „Internet der Dinge“, in dem nicht nur

Container per Funkchip identifiziert werden, sondern jeder

einzelne Joghurtbecher Teil des weltweiten Datennetzes

werden kann. Günstigere RFID-Funkchips, entwickelt in

Deutschland, sollen diesen Trend unterstützen. Den Weg

dazu ebnet beispielsweise das Hightech-Unternehmen

PolyIC. Im Rolldruckverfahren bannen sie elektronische

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21 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

RFID/Polymer-MST: Folie auf Rolle. Hybrider additiver polymer-elektronischer Prozess

für Polymer Elektronik und Sensorik (HADPEPP). (Fraunhofer IZM)

Schaltkreise aus halbleitenden und flexiblen Polymeren auf

Kunststofffolie. Mit dieser Schlüsseltechnologie können

schon in den kommenden Jahren die Kosten pro Funkchip

von derzeit rund 25 Cent auf nur wenige Cent fallen.

Noch intelligentere Datennetzwerke haben deutsche

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit autarken

Sensoren im Sinn. Kombiniert mit der RFID-Funktechnik

oder mit Schnittstellen zu Handynetzen können sie in der

Warenwirtschaft beispielsweise den Frischezustand von

Lebensmitteln bestimmen und übermitteln. Medizintechni­

ker und -technikerinnen denken an autarke Überwachungs­

systeme von Patienten, die ständig Blutzuckerspiegel, Herz­

schlag und andere wichtige Körperfunktionen kontrollieren

und bei Bedarf selbstständig einen Alarm auslösen. Im Auto­

mobil- und Maschinenbau sind Sensoren für die Überwa­

chung der technischen Funktionen schon heute unerlässlich.

Sie regeln die Verbrennung im Motor, messen den Abstand

zum vorausfahrenden Auto oder kontrollieren den Reifen­

druck. In einem Neuwagen stecken schon heute bis zu 150

der kleinen Detektoren, Tendenz steigend. Letztlich hängt

der praktische Mehrwert von Sensornetzen aber von der

inhaltlichen Analyse der Sensordaten durch intelligente

Mustererkennung und wissensbasierte Interpretation ab.

Durch semantische Technologien muss gewährleistet wer­

den, dass sich alle Einzelkomponenten im Internet der Dinge

auch untereinander verstehen, so dass ein intelligentes

Gesamtsystem entsteht.

Sensoren und Sensornetzwerke sind auch der Schlüssel

zu einer höheren Zuverlässigkeit der immer komplexer

werdenden Technik. Kontrollieren eingebettete Chips und

Elektronikmodule alle wichtigen Abläufe vom Küchenherd

bis zum Verkehrsflugzeug, kann damit auch die Zuverlässig­

keit dieser Systeme erhöht werden. Über die Rückkopplung

mit Sensordaten können diese Systeme Fehlfunktionen frü­

her erkennen und darauf reagieren. Zudem weiten sich die

Anwendungen der Sensortechnik mit Detektoren für Chemi­

kalien und Schadstoffe zunehmend auf Produktionsprozesse

und das Umweltmonitoring aus. Insgesamt werden Sensoren

die sichere Anwendung von Technik deutlich erhöhen.

Der Drang zu kleineren, leistungsfähigeren und günsti­

geren Modulen bestimmt den boomenden Sensormarkt.

Zahlreiche Universitäten und Fraunhofer-Institute widmen

sich der Entwicklung neuer Sensortechniken, die sowohl

optische Effekte als auch Fortschritte in der Mikro- und

Nanotechnologie für so genannte MEMS (mikro-elektro­

mechanische Systeme) und NEMS (nano-elektromechanische

Systeme) nutzen. Selbst die Verknüpfung von lebloser

Elektronik mit biologischen Sensorsystemen verspricht, die

Empfindlichkeiten und Zuverlässigkeit zu liefern, die der

Technik allein noch versagt bleibt. So greift beispielsweise

ein Team am Forschungszentrum Jülich auf lebende Zellen

zurück, um robuste und genaue Sensoren für spezielle Sub­

stanzen zu entwickeln. Über diesen Weg können in Zukunft

IKT-Methoden verstärkt in die biologische Analytik und Me­

dizintechnik für bessere Lab-on-Chip-Systeme vordringen.

Die digitale Zukunft des Stroms

Schon heute werden IKT-Systeme verstärkt zur besseren

Kontrolle des Stromnetzes genutzt. Doch in Zukunft müssen

diese gekoppelt mit moderner Sensorik noch intelligenter

werden und einen zunehmenden Einfluss auf die Energie­

versorgung haben. Besonders regenerative Quellen wie Wind

und Sonne sollen von verlässlichen Wettervorhersagen profi­

tieren. Ziel ist eine zeitnahe Planung für die zu erwartende

Stromerzeugung. Schwankungen bei Flaute oder bewölktem

Himmel können so intelligent und schnell aufgefangen wer­

den. An der Spitze dieses jungen Forschungsbereichs der

Energiemeteorologie stehen deutsche Wissenschaftler. Ihre

Erkenntnisse und die Vorteile der IKT-Technik für die Energie­

erzeugung bündeln sie im „Wissensnetz Energiemeteorolo­

gie (WISENT)“, das wesentliche Grundlagen für die sichere

und nachhaltige Energieversorgung von morgen legt.

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22 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

Doch dem Stromnetz steht auch ein grundlegender Wandel

bevor, in dem IKT eine zentrale Rolle spielen wird. Heute

fließt der Strom meistens zentral von Gigawatt-Kraftwerken

wie in einer Einbahnstraße zum Verbraucher. Für den zuneh­

menden Austausch von Strom auf allen Spannungsebenen ist

es nicht ausgelegt. Um diesen Anforderungen gerecht zu

werden, sollen möglichst alle Komponenten, seien es kleine

Stromerzeuger oder -verbraucher, mit einem eng geknüpf­

ten Datennetz verbunden werden. Die Forschungen reichen

in Deutschland sogar so weit, dass aktuelle Preisinformatio­

nen von der Strombörse in Leipzig im Eigenheim abgerufen

werden können und so Strom fressende Geräte in Niedrig­

preisphasen gestartet werden können. Im Verbund mit euro­

päischen Wissenschaftlern könnte hierzulande ein Tech­

nikstandard für die Stromnetzregelung entwickelt werden,

der die weltweite Technologieführerschaft in diesem wach­

senden IKT-Bereich festigen könnte.

Der Computer wird sinnlich

So vielseitig die Leistungen von Rechnern und Datennetzen

auch sind, letztendlich muss ein Mensch die Befehle einge­

ben und die Ergebnisse wahrnehmen. Forschungen an der

Aufklärung von kognitiven Prozessen auf experimentellem,

theoretischem und methodischem Gebiet, wie am MPI für

biologische Kybernetik, sind die Grundlage für zukunfts­

weisende Innovationen. Tastatur, Maus und Bildschirm

stehen längst nicht mehr allein. Ausgereifte Sprachdialog­

systeme drängen nach dem Einsatz bei Service-Hotlines,

am PC und dem Handy auch ins Auto und in die Fabriken.

„Auf diesem Feld sind deutsche Forscher dank langjähriger

Förderungen führend“, betont man im Zentrum für Mensch­

Maschine-Interaktion (ZMMI) im Deutschen Forschungs­

zentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) an der TU Kaisers­

lautern. 3D-Displays setzen gerade zum Sprung an, um in

Kürze in Spielekonsolen oder auf speziellen Monitoren Tech­

nikern und Wissenschaftlern die Bearbeitung ihrer Daten

zu erleichtern. Und Datenbrillen zeigen automatisch beim

Betrachten eines Objekts, sei es ein zu reparierendes Gerät in

einer Werkstatt oder eine Sehenswürdigkeit in einer Stadt,

Zusatzinformationen, Schaltpläne oder historische Ansich­

ten an. Dieser Bereich der „erweiterten Realität“, in dem das

Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung zahl­

reiche Fortschritte erzielt hat, könnte schon bald Einzug in

viele Produkte für Industrie, Forschung und Tourismus hal­

ten. „Eine der wichtigsten Herausforderungen für die zu­

künftige Wissensgesellschaft ist die Schaffung intelligenter

Technologien für die Mensch-Maschine-Interaktion, die den

natürlichen Kommunikationsstil von Techniklaien akzeptie­

ren, einen direkten Dialog mit der Technik unterstützen und

damit Hemmschwellen bei der Nutzung von Hochtechnolo­

gie abbauen“, so Wolfgang Wahlster, Vorsitzender der

Geschäftsführung des Deutschen Forschungszentrums für

künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken, Kaiserslautern

und Bremen.

Weit sind die Entwicklungen, Elektronik über Gesten

und Augen zu steuern. Und entsprechende Geräte für be­

rührungslose Kommunikation mit dem Computer sind zwar

noch teuer, aber verfügbar. Fehlerfrei arbeiten sie jedoch

noch nicht. Ein noch besseres Verständnis zwischen Mensch

und Maschine ist gefordert. Der Trend geht zur Verknüpfung

von mehreren Kanälen. Über eine Redundanz der Informa­

tionen wird auch die Zuverlässigkeit steigen. Gerade für neu­

artige Steuerungen in der Industrie, beispielsweise in Che­

mieanlagen, hätten Fehlbedienungen katastrophale Folgen.

Weltweit verfolgen die Forscher und Forscherinnen das

Ziel, den Rechnern alle Sinne des Menschen beizubringen.

In Deutschland wollen beispielsweise Wissenschaftler und

Wissenschaftlerinnen von der Leibniz Universität Hannover

den Rechnern das Fühlen und Tasten beibringen. Form und

Haptik eines Gegenstandes sollen über Tastsensoren digita­

lisiert werden. Über Fühlmodule könnte so ein Mensch in

Europa ein Stück Seide in China über das Internet auf seine

Qualität prüfen. Noch stehen diese Entwicklungen ganz am

Anfang, aber über ein elektronisch gesteuertes Fühlmodul,

das aussieht wie ein kleines Nagelbrett, kann heute schon

die Rauhigkeit einer Oberfläche simuliert werden.

Der Blick durch die Brille erweitert die Realität: Mit Hilfe von semitransparenten

Spezialbrillen werden virtuelle computergenerierte Gebäude dreidimensional in das

Sichtfeld projiziert. Es entsteht der Eindruck, als stünden die Objekte vor dem Benutzer

auf dem Besprechungstisch. Die Gebäude können in Echtzeit modifiziert werden.

Perspektive und Position des Betrachters werden stets berücksichtigt.

(Fraunhofer FIT)

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23 PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN

DLR Leichtbauroboter mit Vierfingerhand.

Roboter mit Gefühl

Ein gefühlvoller Tastsinn wird auch Roboter zu neuen An­

wendungen führen. Weit gediehen sind hier die Entwicklun­

gen am Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen

Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR). Die „DLR Hand“

mit zahlreichen Motoren, Gelenken und Sensoren kann

selbst fragile Objekte sanft ertasten und bewegen. Diese

Technik könnte einen Menschen beim Zupacken in gefähr­

licher und lebensfeindlicher Umgebung – sei es bei Welt­

raummissionen, Laboren oder Kerntechnikanlagen – unter­

stützen. Heute treiben vor allem japanische Firmen mit

tanzenden Androiden oder künstlichen Hunden die Ent­

wicklung wesentlich voran. Aber die deutsche Robotik-

Forschung braucht sich nicht zu verstecken. Bei Industrie­

robotern steht Deutschland sehr gut da, wissen die Roboter­

experten am Lehrstuhl für Angewandte Informatik III der

Universität Bayreuth. Zusammen mit dem ABB Forschungs­

zentrum in Ladenburg arbeiten sie am Fließband der Zu­

kunft mit intelligenteren und beweglicheren Robotern.

Sie sollen vor allem in der Automobilindustrie zu kürzeren

Produktionszeiten bei höherer Qualität führen. Dieses Team

(DLR)

entwirft Techniken und Steuerungsprogramme, wie mehre­

re Roboter an einem Objekt zusammenarbeiten können. In

Zukunft werden Mensch und Roboter sogar auf der gleichen

Arbeitsfläche zusammenarbeiten und sich ergänzen. Ist

diese Kooperation heute aus Sicherheitsgründen nicht mög­

lich, werden Sensorsysteme alle Bewegungen eines Arbeiters

erkennen und die Roboteraktionen an den Kollegen aus

Fleisch und Blut anpassen ohne ihn zu verletzen. Der Trend

muss sich langfristig weg vom starren zum weichen Roboter

ausrichten.

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24 FÖRDERPROGRAMM

4. Förderprogramm

Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der IKT-Forschungs­

politik, die technologische Spitzenstellung Deutschlands im

Bereich IKT zu festigen und auszubauen, und die Wettbe­

werbsfähigkeit des Forschungs-, Produktions- und Arbeits­

platzstandortes Deutschland sowohl branchenbezogen als

auch branchenübergreifend durch IKT zu sichern und zu

erhöhen, sind für die Ausrichtung der Förderaktivitäten

drei Fragen von zentraler Bedeutung:

Worin bestehen die spezifisch deutschen Stärken?

Welche technologischen Entwicklungen sind von

besonderer Bedeutung?

Mit welchen (strategischen) Instrumenten kann am

wirkungsvollsten Innovationspolitik betrieben werden?

Das nachfolgende Förderprogramm ist der Beitrag des BMBF

zur Umsetzung des Handlungsfeldes „Forschungsförderung“

der Hightech-Strategie im IKT-Bereich und des Aktionspro­

gramms iD2010. Die weiteren IKT-relevanten Maßnahmen

der Bundesregierung in diesem Handlungsfeld sind im

Aktionsprogramm iD2010 zu finden und werden mit Ausnah­

me der BMWi-Förderung von Multimedia- und Internettech­

nologien (vgl. Abschnitt 5.1) im Folgenden nicht dargestellt.

Anwendungsfelder/Branchen

Die Analyse der wirtschaftlichen Potentiale (vgl. Kapitel 2)

hat die Bedeutung der in Deutschland starken Anwendungs­

felder/Branchen, in denen Innovationen in hohem Maße

durch IKT getrieben sind oder ohne IKT gar nicht möglich

wären, herausgearbeitet. Die Forschungsförderung wird

deshalb – neben der IKT-Wirtschaft selbst – auf die folgenden

Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet:

Automobil, Mobilität

Maschinenbau, Automatisierung

Gesundheit, Medizintechnik

Logistik, Dienstleistungen

Energie, Umwelt

Basistechnologien

Wesentliche Grundlage für Innovationen in diesen Feldern

sind (anwendungsorientierte) Forschung und Entwicklung

im Bereich der Basistechnologien der IKT: Elektronik und

Mikrosysteme, Softwaresysteme und Wissensverarbeitung

sowie Kommunikationstechnik und Netze.

Qualitätsziele

Bei allen Maßnahmen ist eine Fokussierung auf Qualitätszie­

le erforderlich, denn nur mit klaren Qualitätszielen können

die Stärken in der deutschen IKT-Forschung in Anwendungs­

feldern umgesetzt und das traditionell hohe internationale

Ansehen deutscher Ingenieurleistungen besonders im

Maschinen- und Anlagenbau auf IKT-Lösungen aus Deutsch­

land übertragen werden. Vorrangige Qualitätsziele sind:

Wirtschaftlichkeit, Sicherheit (und Zuverlässigkeit), Nutzer­

freundlichkeit und Ressourceneffizienz. Durch klare Ent­

wurfs- und Qualitätsziele für IKT-Lösungen, die dann auch zu

einem internationalen Gütesiegel für IKT-Produkte „Made in

Germany“ werden, werden im Hochlohnland Deutschland

auch weiterhin wettbewerbsfähige Systemlösungen im

Bereich IKT entstehen.

Strategische Forschungs- und Entwicklungslinien

Die Analyse der technologischen Perspektiven (vgl. Kapitel 3)

hat deutlich gemacht, dass die wichtigen technologischen

Entwicklungen zwar ausgesprochen breit gefächert sind,

dass sich aber drei Themen wie ein roter Faden durch dieses

Spektrum ziehen: IKT in komplexen Systemen („Embedded

Systems“), neue Geschäftsprozesse und Produktionsverfah­

ren sowie Internet der Dinge und Dienste. Die IKT-Förderung

wird deshalb vorrangig entlang der entsprechenden strate­

gischen Forschungs- und Entwicklungslinien ausgerichtet.

Strategische Instrumente

Um Brücken zu schlagen zwischen (Basis-)Technologien und

Anwendungsfeldern/Branchen und damit aus FuE-Ergebnis­

sen auch wirtschaftliche Erfolge zu generieren, sollen Inno­

vationsallianzen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik

(vgl. Hightech-Strategie der Bundesregierung) vereinbart

werden. Zur Bildung solcher Innovationsallianzen kommen

im IKT-Bereich drei strategische Instrumente 2 zum Einsatz

(vgl. Abschnitt 4.1):

Leitinnovationen,

Technologieverbünde und

Diensteplattformen.

2 Auf operativer Ebene steht die Förderung von FuE-Vorhaben als Verbundprojekte im Vordergrund.

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25 FÖRDERPROGRAMM

IKT-Wirtschaft

Anwendungsfelder / Branchen

Automobil, Mobilität Maschinenbau,

Automatisierung Gesundheit, Medizin

Logistik, Dienstleistungen

Energie, Umwelt

Leit­innovationen

(z. B. Initiative „Automobil­elektronik“)

Qualitätsziele

Nutzerfreundlichkeit Ressourceneffizienz

SicherheitWirtschaftlichkeit Technologie­verbünde /

Dienste­plattformen

(z. B. „Standards für die Kommunikation

der Zukunft“)

Basistechnologien

Kommunikations­technik und Netze

Software und Wissensverabeitung

Elektronik und Mikrosysteme

IKT 2020 – Strategischer Ansatz

Darüber hinaus wird ein KMU-spezifisches Förderinstrument

für das Aktionsfeld IKT eingeführt (vgl. Abschnitt 4.1.4).

In der oberen Abbildung ist der strategische Ansatz von

IKT 2020 schematisch dargestellt.

IKT Politik aus einem Guss

Auch für das Innovationsfeld IKT gilt: Innovationspolitik ist

mehr als Forschungspolitik. Deshalb ist „Forschungsförde­

rung“ nur ein Handlungsfeld im Bereich IKT in der Hightech-

Strategie der Bundesregierung und darf nicht isoliert von

anderen IKT-relevanten Maßnahmen betrachtet werden.

Vielmehr gilt es, diese im Sinne einer IKT-Politik aus einem

Guss in den Gesamtkontext einer IKT-Politik der Bundes­

regierung einzuordnen (vgl. Kapitel 5).

Angrenzende Forschungs- und Technologieprogramme des BMBF

Durch das immer stärkere Zusammenwachsen von IKT mit

anderen Schlüsseltechnologien ergibt sich die Notwendig­

keit einer technologieübergreifenden, koordinierten Vor­

gehensweise. Eine solche abgestimmte Förderpolitik findet

im BMBF durch die Bündelung aller Schlüsseltechnologien,

insbesondere zwischen dem Forschungsprogramm IKT 2020

sowie den folgenden Programmen/Initiativen statt:

Förderprogramm Optische Technologien

Mikrosysteme – Rahmenprogramm zur Förderung

von 2004 – 2009

Nano-Initiative – Aktionsplan 2010

Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion

von morgen“

Rahmenprogramm Werkstoffinnovationen für Industrie

und Gesellschaft - WING

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26 FÖRDERPROGRAMM

Das Qualitätsziel Sicherheit (und Zuverlässigkeit) und damit

das Forschungsthema IKT-Sicherheit sind nicht nur Gegen­

stand des vorliegenden Forschungsprogramms. Sie werden

auch im neuen Programm „Forschung für die zivile Sicher­

heit“ der Bundesregierung adressiert, sofern Fragen mit

gesellschaftsdestabilisierendem Potential berührt sind.

IKT 2020 als lernendes Programm

Der strategische Ansatz des Forschungsprogramms IKT 2020

ist auf 10 Jahre angelegt und weist mit seiner grundsätzli­

chen Orientierung auf das Jahr 2020. Aufgrund der dynami­

schen Entwicklung der IKT ist der thematische Rahmen der

FuE-Förderung allerdings zunächst auf 5 Jahre begrenzt, und

die extrem kurzen Innovationszyklen in der IKT werden es

erforderlich machen, dass möglicherweise bereits in diesem

Zeitraum Ergänzungen und Schwerpunktverlagerungen

vorgenommen werden müssen.

Aus diesem Grund ist IKT 2020 als offenes und lernendes

Forschungsprogramm ausgelegt. Die dargestellten Leitinno­

vationen, Technologieverbünde, und Diensteplattformen

sowie Schwerpunkte und Forschungsthemen sind weder

vollständig noch abgeschlossen. Wie bei der Erstellung von

IKT 2020 wird das BMBF zur Qualitätssicherung, Fortschrei­

bung und Weiterentwicklung den Dialog mit Wissenschaft

und Wirtschaft fortsetzen, um auf technologische, wirt­

schaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen abge­

stimmt und zeitnah reagieren zu können. Darüber hinaus

soll das Programm auf seine Wirksamkeit hin von unabhän­

gigen Experten während der Laufzeit und vor der Weiter­

entwicklung des thematischen Rahmens der FuE-Förderung

untersucht werden (Evaluierung).

4.1 Strategische Instrumente

Mit Richtung auf die Ziele der IKT-Forschungspolitik

kommen vier strategische Instrumente bei der Förderung

zum Einsatz:

Leitinnovationen: stark vertikal ausgerichtete Koope­

rationen von Wissenschaft und Wirtschaft, die auf

bestimmte Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet

sind und an denen sich Technologiebereiche abgestimmt

fördernd beteiligen.

Technologieverbünde: stark horizontal ausgerichtete

Kooperationen, die eine gemeinsam mit Wissenschaft

und Wirtschaft festgelegte konkrete technologische

Zielsetzung verfolgen und zu deren Umsetzung eine

technologisch ausgerichtete Roadmap vereinbart wird.

Diensteplattformen: stark horizontal ausgerichtete

Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft, ähn­

lich den Technologieverbünden, allerdings mit dem Ziel,

neue Dienstleistungen durch neue Dienste zu ermög­

lichen.

IKT-spezifische KMU-Förderung.

Auf diese vier strategischen Instrumente werden die Förder­

mittel (vgl. Kapitel 6) konzentriert.

Diese vier strategischen Instrumente können sowohl Aus­

gangspunkt für neue (regionale) Cluster im Sinne der High­

tech-Strategie sein als auch zur Weiterentwicklung vorhan­

dener Cluster beitragen. Ein prominentes Beispiel für ein

Cluster ist die Mikroelektronik in Dresden und Umgebung:

Mit Anstoß des BMBF ist der heute weltweit akzeptierte

300 mm Silizium-Waferstandard in Dresden geschaffen

worden: Dresden hat sich in den letzten Jahren insbesondere

durch staatliche Unterstützung zum bedeutendsten Standort

für Mikro- und Nanoelektronik in Europa entwickelt

(ca. 20.000 Arbeitsplätze).

4.1.1 Leitinnovationen

Die Ausrichtung der Technologieförderung auf ausgewählte

Branchen- und Anwendungsfelder ist immer dann besonders

sinnvoll, wenn so (gesellschaftliche) Problemstellungen

technologieübergreifend zu lösen sind, die Stärke in einem

Anwendungsfeld durch die Nutzung neuer Technologien

ausgebaut werden kann und zugleich die Technologieent­

wicklung ihrerseits profitiert. Märkte und Anwendungsfel­

der können heute nur noch durch das interdisziplinäre Zu­

sammenwirken unterschiedlicher Schlüsseltechnologien

erschlossen werden.

Die gezielte Markt- und Anwendungsorientierung bei

einer Innovationsallianz wird im Rahmen des Konzeptes der

Leitinnovationen umgesetzt. Leitinnovationen sind stark

vertikal ausgerichtete strategische Kooperationen von Wirt­

schaft und Wissenschaft, die auf ein(e) bestimmte(s) Anwen­

dungsfeld/Branche ausgerichtet sind, eine besondere volks­

wirtschaftliche Hebelwirkung entfalten und an denen sich

unterschiedliche Technologiebereiche abgestimmt beteili­

gen. Sie werden gemeinsam mit Wirtschaft und Wissen­

schaft identifiziert, bei gleichzeitiger technologieüber­

greifender Bündelung der Forschungskapazitäten und

Forschungsgelder. Leitinnovationen schaffen so eine kriti­

sche Masse an Forschungskompetenz und -kapazitäten, die

es erlaubt, besonders ehrgeizige und wichtige übergreifende

technologische Fragestellungen anwendungsbezogen

anzugehen.

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27 FÖRDERPROGRAMM

Entscheidend für den Erfolg von Leitinnovationen sind die

Ausrichtung an den Zeitplänen (Roadmaps) der Anwender

und die strategischen Verabredungen mit den beteiligten

Unternehmen auf der Ebene der Geschäftsfeldverantwort­

lichen. Die Leitinnovationen gehen über die Forschungs­

phase hinaus und beziehen die gesamte Wertschöpfungs­

kette mit ein, weshalb ggf. weitere strategische Partner,

wie beispielsweise Verbände und Sozialpartner, hinzuge­

zogen werden. Insbesondere werden die Gestaltung der

erforderlichen (rechtlichen) Rahmenbedingungen sowie

möglicher Nachwuchs-, Fachkräfte- und Qualifizierungs­

bedarf als integraler Bestandteil der Leitinnovation früh­

zeitig aufgegriffen.

Ziel der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft

ist es, Brücken von den Technologien zu den Anwendungs­

feldern/Branchen zu bauen. Für die Umsetzung wird deshalb

ein erheblicher (finanzieller) Eigenanteil der Wirtschaft er­

wartet. Ein Commitment in dieser Richtung ist ebenso Be­

standteil der zwischen den Beteiligten zu schließenden Ver­

einbarung wie operationale Ziele der Zusammenarbeit. Die

Leitinnovationen haben eine Laufzeit von 3 bis 10 Jahren.

Derzeit werden mit Wirtschaft und Wissenschaft die folgen­

den Leitinnovationen diskutiert:

Initiative Automobilelektronik

Vernetzte intelligente Objekte in der Logistik

Sichere Mobilität durch Kommunikationstechnologien

IKT für Gesundheit

Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Leitinnovationen

können und sollen während der Laufzeit des Programms

bzw. im Rahmen der Fortschreibung definiert werden. Wirt­

schaft und Wissenschaft sind aufgefordert, gemeinsam mit

der Politik weitere Leitinnovationen zu konzipieren. Bei der

Förderentscheidung wird das BMBF unabhängige Experten

hinzuziehen.

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28 FÖRDERPROGRAMM

Leitinnovation Initiative Automobilelektronik

Elektrik und Elektronik sind heute die wesentlichen Treiber für etwa 80 % aller Innovationen im Automobil. Im Sinne des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit in 10 und mehr Jahren erscheint es geboten, die deutsche Automobilindustrie durch eine nationale Initiati­ve im vorwettbewerblichen Bereich zu unterstützen. Die führenden deutschen Automobilhersteller und -zulieferer regen deshalb an, eine solche Initiative unter der Überschrift „Initiative Automobilelektronik“ aufzusetzen, um mit einem ganzheitlichen Ansatz gezielt und nachhaltig aktuelle Forschungsthemen genau auf diesem Gebiet zu bearbeiten.

Herausforderungen

Sicherheit Fahrerassistenzsysteme haben ein großes Potential zum Schutz des Lebens der Fahrzeuginsassen und anderer Verkehrsteilneh­mer. Durch die Erfassung des Umfelds z. B. durch vernetzte Sensoren und die Steuerung des Fahrzeugs z. B. durch den Antriebs­strang lassen sich Fahrerassistenzsysteme darstellen, die den Fahrer in kritischen Situationen unterstützen oder gar die Aufgabe des Fahrens autonom durchführen.

Zuverlässigkeit Die Zuverlässigkeit der Automobilelektronik ist eines der wichtigsten Kaufkriterien und hat einen starken Einfluss auf die Gewähr­leistungskosten. Dabei stellen die wachsende Systemkomplexität und die fortschreitende Miniaturisierung ganz neue Herausfor­derungen an die Zuverlässigkeit.

Umweltfreundlichkeit Umweltfreundlichkeit heißt Energieeffizienz und Schadstoffreduzierung. Die Energieeffizienz kann durch ein umfassendes Ener­giemanagement vergrößert werden. Eine wichtige Rolle spielt die Elektronik auch bei der Regelung des Antriebsstrangs. Aufga­ben einer zukünftigen Motorelektronik umfassen diesbezüglich die Effizienzerhöhung des Motors, die Reduzierung des Schad­stoffausstoßes, und die Integration elektrischer Antriebe (Hybridisierung). Dazu sind umfangreiche leistungselektronische und mechatronische Systementwicklungen notwendig.

Zielsetzung

Die Initiative Automobilelektronik möchte dafür sorgen, dass durch Forschung auf dem Gebiet der elektronischen Komponenten und Systeme für das Auto von morgen, die im Wettbewerbsvorfeld unternehmensübergreifend gemeinsam mit den Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen durchgeführt wird, Autos aus Deutschland auch in 10 Jahren noch zu den besten gehören und sich auf dem Weltmarkt durchsetzen. Vision: 0-Tote-Auto, 0-Fehler-Auto und 0-Emissionen-Auto, d. h.

Emissionsreduzierung und Steigerung der Kraftstoffeffizienz Erhöhung der Sicherheit durch Fahrerassistenzsysteme mit vollständiger Erfassung der Fahrzeugumgebung mit dem Lang­fristziel des „unfallfreien Fahrens“ Individuelle und intuitive Komfortsysteme zur einfachen und sicheren Bedienung und Steuerung unter Einbeziehung der Kommunikationsinfrastrukturen Beherrschbarkeit der Systemkomplexität und Kostenreduzierung bei zunehmendem Anteil der Elektronik im Auto Steigerung der System- und Funktionszuverlässigkeit bei wachsender Systemkomplexität und gleichzeitig fortschreitender Miniaturisierung

Strategische Partner

Automobilhersteller, System- und Komponentenzulieferer, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, BMWi (Verkehrsforschung)

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29 FÖRDERPROGRAMM

Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen

Technologien advanced CMOS, Softwaretechnologie, intelligente Leistungselektronik, Sensorsysteme, sichere Datenkommunikation, Systemintegrationstechnologien, unkonventionelle Aktuatoren, Mustererkennung und Sensorfusion, adaptive und multimodale Fahrerdialogsysteme Systeme & Architekturen modulare Architekturen, Fehlertoleranz und Ausfallsicherheit, durchgängige Simulation/Design, System- und Funktions­zuverlässigkeit, Robustheit, Null-Fehler-Konzepte Standardisierung Standardisierung von Schnittstellen & Modulen, Schaffung offener Systeme für hohe Modularität

(DaimlerChrysler)

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30 FÖRDERPROGRAMM

Leitinnovation Vernetzte intelligente Objekte in der Logistik

Die Globalisierung der Produktion und des Wirtschaftsverkehrs sowie die Beschleunigung der Taktraten wirtschaftlicher Aktivität gelten derzeit als die wesentlichen Treiber moderner Logistikentwicklung. Neue Anforderungen an Geschwindigkeit, Fehlertole­ranz und Flexibilität setzen eine maximale Transparenz und automatisierte Abwicklung der physischen Flüsse voraus.

Herausforderungen

Aus technischer Sicht liegt die Herausforderung in der Realisierung einer intelligenten Selbstorganisation der möglicherweise dezentralen Anwendungskomponenten, die gleichzeitig die Reduzierung der Komplexität der bislang zentral organisierten IKT-Systeme und eine Steigerung der Systemzuverlässigkeit ermöglicht. Sicherheitsaspekte betreffen die zuverlässige Absiche­rung der Kommunikation zwischen allen Systemkomponenten sowie die kontinuierliche Erkennung von Manipulationen oder Eindringlingen.

Zielsetzung

Gesamtziel ist die prototypische Implementierung einer innovativen Integrationsplattform für sensornetzwerkbasierte Infor­mationssysteme in der Logistik. Dies beinhaltet die Entwicklung einer Dienste-orientierten Software-Architektur, Hardwareinfra­struktur, Systemintegration, Validierung sowie die Demonstration an praktischen Anwendungsfällen. Aus Sicht der Anwendung ist wissenschaftlich zu klären, wie sich logistische Prozesse mit intelligenten Objekten basierend auf Sensornetzen oder anderen Auto-ID- bzw. Tracking-Technologien technisch und wirtschaftlich verbessern lassen, wie Sensornetzwerk-basierte, dezentrale Informationssysteme in unternehmensinterne und unternehmensübergreifende IKT-Infrastrukturen integriert werden können und wie sich daraus neuartige Geschäftsprozessmodelle entwickeln lassen.3

Strategische Partner

Softwareunternehmen, Logistikdienstleister und Anbieter von Sicherheitslösungen, Forschungsinstitute, Hochschulen, BMWi

Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen

Sensornetzwerke, Mikrosysteme, Sicherheit, Energie (Speicher, Erzeugung/Versorgung), Miniaturisierung, Service-Engineering, IKT-Netzwerke und -Systeme, Protokolle und Standards, Service-orientierte Softwarearchitekturen, Datenintegration

3 Im Rahmen des Leitvorhabens „NextGenerationMedia – Vernetzte Lebens- und Arbeitswelten“ setzt das BMWi Schwerpunkte

in den Bereichen unternehmensübergreifende RFID-basierte Logistiknetze, Rückverfolgbarkeit durch prozesskettenüber­

greifende RFID-gestützte Erfassung von Produktions- und Logistikdaten, intelligente Assistenzsysteme zur Steuerung von

Logistiknetzen, RFID-gestützte Produktions- und Beschaffungslogistik.

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31 FÖRDERPROGRAMM

Leitinnovation Sichere Mobilität durch Kommunikationstechnologien

In den letzten Jahrzehnten wurde zwar erreicht, dass weit weniger Menschen tödlich im Straßenverkehr verunglücken als früher. Solange aber immer noch Menschen im Verkehr zu Schaden kommen, bleibt die Sicherheit im Verkehr ein wichtiges forschungs­politisches Thema. Darüber hinaus ist eine effiziente Mobilität einer der wesentlichen Stützpfeiler eines funktionierenden Wirt­schaftssystems und einer modernen Gesellschaft. In Anbetracht des prognostizierten weiteren Verkehrswachstums müssen Ver­kehrsströme intelligent organisiert werden, u. a. unter Berücksichtigung unterschiedlicher Anforderungen einzelner Gruppen wie älterer Mitbürger und Mitbürgerinnen.

Informations- und Kommunikationstechnologien haben hier ein großes Zukunftspotential. Sie eröffnen eine neue Dimension des vorausschauenden Fahrens: Der Informationsaustausch zwischen intelligenten Systemen von Fahrzeug zu Fahrzeug oder von Fahrzeugen zur Verkehrsinfrastruktur könnten in Zukunft Leben retten: So kann eine Stau-Ende-Warnung an nachfolgende Fahr­zeuge gesendet werden, entfernte Fahrzeuge können über Unfälle informiert werden usw. Die Daten, die Fahrzeuge an eine Verkehrsleitzentrale übersenden, könnten zudem zu einem besseren Verkehrsfluss beitragen.

Herausforderungen

Die gängigen Standards der drahtlosen Datenübertragung eignen sich noch nicht für sicherheitsrelevante Anwendungen. Für solche Anwendungen müssen die Kommunikationsnetze insbesondere ausfallsicher sein und schnelle Reaktionen mit geringer Zeitverzögerung zulassen. In einer Reihe von durch das BMBF und das BMWi geförderten Projekten wurden bisher schon Grundla­gen gelegt, die jetzt in realitätsnahen Umgebungen weiter erforscht und erprobt werden müssen. Dazu ist ein Ressort übergrei­fendes Vorgehen notwendig.

Zielsetzung

Übergeordnetes Ziel ist es, die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland mittelfristig zu halbieren und die Zahl der Unfälle drastisch zu reduzieren. Ferner sollen Staus vermieden werden und zeitnahe exakte Verkehrsinformationen den Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stehen. Technologisches und wirtschaftspolitisches Ziel ist es, einen einheitlichen Standard für die Fahrzeug-zu-Fahr­zeug-Kommunikation zunächst auf europäischer Ebene zu etablieren.

Strategische Partner

Industrie: Automobilhersteller, Elektronik- und Endgerätehersteller, Netzausrüster und Netzbetreiber, Mobilitätsdienstleister, Bundesressorts (Wirtschaft, Forschung, Verkehr), Forschungseinrichtungen, Hochschulen.

Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen

Weiterentwicklung des WLAN-Standards (IEEE 802.11p) zu einem tauglichen Standard für die hochbitratige Fahrzeug-zu-Fahr­zeug-Kommunikation; Weiterentwicklung der Standards im zellularen Mobilfunk für Verkehrsanwendungen; Untersuchung der Tauglichkeit eines reservierten Frequenzbandes im 5,9 GHz Band für Sicherheitsfunktionen; neue Formen des Mobilitätsmanage­ments an lokalen bzw. beweglichen Gefahrenstellen (z. B. Baustelle, Unfall), Multimodale Fahrerassistenzsysteme und standardi­sierte semantische Technologien für die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur.

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32 FÖRDERPROGRAMM

Leitinnovation IKT für Gesundheit

Für die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge und die Diagnose und Therapie von Krankheiten werden IKT künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Informationstechnische Geräte befinden sich bereits heute im Einsatz oder in der klinischen Erprobung. Neue Dienste im Gesundheitsbereich erfordern Forschung und Entwicklung in vielen Technologiefeldern von der Mikrosystem­technik über die Softwaretechnik bis zu den Kommunikationstechnologien.

a) Mobile Monitoring-Systeme werden Patienten künftig ein eigenständiges und gleichzeitig sicheres Leben ermöglichen. Krankenhausaufenthalte, die nur der Beobachtung dienen, bleiben ihnen damit erspart. Derzeit arbeiten Wissenschaftler an der Entwicklung von Monitoring-Systemen, mit denen wichtige Körperfunktionen kontinuierlich überprüft werden können.

b) Mobil einsetzbare Analysesysteme können schon bald langwierige Laboruntersuchungen überflüssig machen. Notärzte werden Patienten damit direkt vor Ort untersuchen und können sofort lebenserhaltende Therapieentscheidungen treffen. In diesen Mini-Labors steckt eine Menge Intelligenz: Auf kleinstem Raum müssen Reagenzien und Reaktionsprodukte von einem Ort zum nächsten transportiert, Proben injiziert, aufbereitet und analysiert sowie die geeigneten Umgebungs­bedingungen für die Reaktionen hergestellt werden. Außerdem müssen die Versuchsergebnisse erfasst und ausgewertet werden.

c) Die Entwicklung isolierter Monitoring-Systeme allein reicht nicht. Der Patient ist nicht an Daten, sondern an Gesundheits­diensten interessiert, die ihm konkrete Hilfe anbieten, z. B. Mobilität und Sicherheit für Risikopatienten, selbstbestimmtes Wohnen für ältere Menschen, oder schneller Kontakt zum Arzt. Die Monitoring-Systeme sind dazu in Netzwerke einzubinden. Softwareplattformen müssen die Entwicklung einfach zu handhabender Dienste ermöglichen und Fragen der Datensicher­heit beantworten.

Herausforderungen

Zur kontinuierlichen Erfassung von Patientendaten werden im und außerhalb des Körpers befindliche Sensorsysteme benötigt. Bisher verfügte man hier über Insellösungen, d. h. die Daten werden nur im Gerät gespeichert. So gibt es ambulant einsetzbare Geräte, beispielsweise die 24-Stunden-Blutdruckmessung oder die 72-Stunden-Blutzuckermessung. Deren Aufzeichnungsmög­lichkeiten sind begrenzt. Es geht nun darum, einerseits miniaturisierte und neue Sensorsysteme zu entwickeln, andererseits die Insellösungen zu vernetzten Gesundheitsdiensten zusammenzubringen. Nahtlose Nutzungsmöglichkeiten in wechselnden Umgebungen (zuhause, unterwegs, im Auto usw.) müssen entstehen. Die Benutzerschnittstellen müssen intuitiv bedienbar sein bzw. automatisch und individuell angepasst arbeiten. 4

Zielsetzung

Ziel ist, durch IKT im Gesundheitsbereich mehr Lebensqualität für Risikopatienten und ältere Menschen zu erreichen. Konkret bedeutet Lebensqualität mehr Mobilität, Steigerung des Sicherheitsempfindens, größere Selbständigkeit in der Lebensgestal­tung und Erhöhung der sozialen Kontaktmöglichkeiten. Der Gesundheitsbereich ist aber gleichzeitig auch ein großer Markt: Ziel der Leitinnovation ist es deshalb, durch neue Gesundheitsdienste Arbeitsplätze in Deutschland aufzubauen. Schließlich werden IKT-basierte Gesundheitsdienste zu einer Kostensenkung im Gesundheitswesen beitragen bei gleichzeitig steigender Qualität der Leistungen und den unterschiedlichen Bedürfnissen von Männern und Frauen besser Rechnung tragen können.

4 Im Rahmen des Technologievorhabens NextGenerationMedia unterstützt das BMWi die Entwicklung und Erprobung von

zukunftsweisenden integrierten telemedizinischen Anwendungen, um die Möglichkeiten modernster funkbasierter Sensor­

technologien, leistungsfähiger mobiler Kommunikationstechnologien, intelligenter Software zu verbinden und um neue

Formen von Dienstleistungs- und Geschäftsmodellen aufzuzeigen. Dabei geht es neben rein medizinischer Prävention und

Nachsorge auch um den Wachstumsmarkt Life-Style.

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33 FÖRDERPROGRAMM

Strategische Partner

Medizintechnik-Hersteller und -Zulieferer, Kommunikationsdienstleister und Ausrüster für Kommunikationstechnologien; Kompetenzzentren der Medizintechnik, Forschungsinstitute; Fachärzte-Vertreter, BMWi

Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen

Telemedizin (z. B. 24/7 Telemonitoring einschl. Kommunikation), Computergestützte Diagnose, Therapieplanung und Therapie­begleitung, Navigation in der minimal-invasiven Chirurgie und Intervention, Funktionelle und zellbiologische Bildgebung (z. B. Großgeräte wie MRT), Vernetzung miniaturisierter Sensoren und Aktoren (z. B. Intelligente Implantate, Point-of-Care und Drug-Delivery), Bildverarbeitung, Wissensmanagement, Softwaretechnologien, Entwicklung flexibler Softwareplattformen als Basis für neue Dienste im Gesundheitsbereich, intuitiv bedienbare und automatisch arbeitende Benutzerschnittstellen, Dienste mit automatischer situativer Anpassung, Standardisierung, Echtzeitfähigkeit, nahtlose Nutzungsmöglichkeiten in wechselnden Umgebungen.

Mikrosystemtechnologisches Gerätesystem für die kryobiologische Lebendablage

von multizellulären Aggregaten (µCryoLab). (Fraunhofer IBMT)

Das Bild zeigt Nerven im Gehirn, die mit speziellen Magnetresonanztomographen

von Siemens Medical Solutions sichtbar gemacht werden. (Siemens AG)

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34 FÖRDERPROGRAMM

4.1.2 Technologieverbünde

Voraussetzung für den Auf- und Ausbau von Technologie­

führerschaften und damit auch für den Erhalt der techno­

logischen Spitzenstellung Deutschlands ist, dass den großen

technologischen Herausforderungen branchen- und diszi­

plinübergreifend bei gleichzeitiger Bündelung aller Aktivi­

täten (von der Forschung bis zu den Rahmenbedingungen)

begegnet wird. Die Ausrichtung auf technologische Frage­

stellungen ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Fragen der

Standardisierung im Vordergrund stehen und es im inter­

nationalen Wettbewerb einer kritischen Masse bedarf.

Die gezielte Technologieorientierung bei einer Innova­

tionsallianz wird im Rahmen des Konzeptes der Technologie­

verbünde umgesetzt. Technologieverbünde sind stark hori­

zontal ausgerichtete strategische Kooperationen von Wirt­

schaft und Wissenschaft, bei denen eine technologische

Zielsetzung im Vordergrund steht, die auf Erhalt und Aus­

bau von Technologieführerschaften abzielen und durch die

Anwendungspotentiale in Breite erschlossen werden. Sie

werden gemeinsam von Wirtschaft und Wissenschaft defi­

niert, bei gleichzeitiger branchen- und disziplinübergreifen­

der Bündelung der Forschungskapazitäten und Forschungs­

gelder.

Entscheidend für den Erfolg der Technologieverbünde

sind die Ausrichtung an technologieorientierten Zeitplänen

(Roadmaps) sowie die Einbeziehung von unterschiedlichen

Anwendungsfeldern/Branchen. Die Technologieverbünde

gehen über die Forschungsphase hinaus und bereiten vor

dem Hintergrund des angestrebten Technologietransfers ins­

besondere Standardisierungen und deren Überführung in

Normen sowie die Gestaltung von Rahmenbedingungen für

die spätere Nutzung der Technologie vor. Dabei sind Inter­

operabilität und offene Standards anzustreben. Wie bei den

Leitinnovationen werden deshalb ggf. weitere strategische

Partner, wie beispielsweise Verbände und Sozialverbände,

hinzugezogen, und möglicher Nachwuchs-, Fachkräfte- und

Qualifizierungsbedarf werden als integraler Bestandteil des

Technologieverbundes frühzeitig aufgegriffen.

Ziel der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissen­

schaft ist es, Brücken von den Technologien zu den Anwen­

dungsfeldern/Branchen zu bauen. Anders als bei den Leit­

innovationen steht aber stärker die Funktion von IKT als

Enabler und weniger als Basis konkreter Innovationen im

Vordergrund. Für die Umsetzung wird auch hier erheblicher

(finanzieller) Eigenanteil der Wirtschaft erwartet. Ein Com­

mitment in dieser Richtung ist ebenso Bestandteil der zwi­

schen den Beteiligten zu schließenden Vereinbarung wie

operationale Ziele der Zusammenarbeit. Die Technologie­

verbünde haben eine Laufzeit von 3 bis 10 Jahren.

Aus erfolgreichen Technologieverbünden können sich

dabei (neue) Leitinnovationen entwickeln.

Derzeit werden mit Wirtschaft und Wissenschaft die

folgenden Technologieverbünde diskutiert:

Standards für die Kommunikation der Zukunft

Virtuelle Technologien und reale Produkte

Digitales Produktgedächtnis

Umgebungsintelligenz für autonome vernetzte Systeme

Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Technologie­

verbünde können und sollen während der Laufzeit des

Programms bzw. im Rahmen der Fortschreibung definiert

werden. Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgefordert,

gemeinsam mit der Politik weitere Technologieverbünde

zu konzipieren. Bei der Förderentscheidung wird das BMBF

unabhängige Experten hinzuziehen.

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35 FÖRDERPROGRAMM

Technologieverbund Digitales Produktgedächtnis

Die IKT-gestützte Logistik und Dienstleistungen (von der Beratung, über die Wartung, und Reparatur bis zum Recycling) rund um hochwertige Produkte sind in vielen Branchen zum wichtigsten Erfolgsfaktor geworden. Durch die immer kürzeren Produkt- und Innovationszyklen sowie immer komplexere Logistikketten ist die digitale Erfassung des Lebenszyklus von hochwertigen Produk­ten, die ständige Überwachung des Zustandes und Verfolgung der Position eines Produktes sowie der ubiquitäre Zugang zu allen relevanten Produktdaten für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Produktions- und Handelsunternehmen von entschei­dender Bedeutung. Schließlich eröffnet das digitale Produktgedächtnis eine neue Dimension beim Schutz vor Produktpiraterie, dem Verbraucherschutz und der Produkthaftung.

Herausforderungen

Die nächste Generation der in Produkten verbauten „Smart Items“ muss über die reine Identifikationsfunktion von RFID-Kenn­zeichnungen hinausgehen und neben der Auswertung verschiedener eingebetteter Sensoren (Temperatur, Lage, Licht, Feuchtig­keit) alle relevanten Produkt- und Betriebsdaten erfassen und im Sinne eines „Internet der Dinge“ mit seiner Umgebung und seinen Nutzern aktiv Information austauschen können: Softwaremäßig durchgehende Verfolgung der Produkte von der Ent­stehung bis zum Recycling in einer im Produkt integrierten digitalen Blackbox, benutzerfreundlicher dialogischer Zugang zum Produktgedächtnis, semantische Interoperabilität zwischen Produktgedächtnissen durch Produktontologien, Standardisierung von webfähigen Markierungssprachen für Produktgedächtnisse.

Zielsetzung

Durchgängige Innovation von anwendungsorientierter Grundlagenforschung bis zum Demonstrator in der ersten Phase, rasche internationale Technologieführerschaft durch parallele praxistaugliche Entwicklung und industrielle Pilotanwendung in ausge­wählten Zielbranchen wie Automobilbau, Medizintechnik, Paketlogistik, Anlagenbau und Luftfahrttechnik, innovative Geschäfts­modelle im Logistik, Handels- und Dienstleistungsbereich durch Standardisierung und Nutzung der Information durch den End­kunden in der zweiten Phase.

Strategische Partner

Logistikunternehmen der o. g. Zielbranchen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen.

Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte

Maschinell verstehbare semantische Beschreibungssprachen für Produktgedächtnisse, Kombination von Nahfeldkommunikation und Telekommunikation, multimodale Interaktion mit dem Endverbraucher für den Zugriff auf kritische Produktdaten, Nutzung der Produktinformation durch Serviceroboter beim Handling (Größe, Gewicht, Aufnahmepunkte), aktive und passive Komponen­ten mit integrierten Umgebungssensoren, Zugriff auf externe Sensoren in instrumentierten Umgebungen (z. B. Kühlhaus, Ver­ladestation, Verkaufsregal), Schutz vor unerlaubtem Zugriff oder Zerstörung des Produktgedächtnisses, fälschungssichere Inte­gration des digitalen Produktgedächtnisses.

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36 FÖRDERPROGRAMM

Technologieverbund Standards für die Kommunikation der Zukunft

Kommunikation ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Die technischen Voraussetzungen, über weite Entfernungen zu kommuni­zieren, haben sich in den letzten Jahren revolutionär entwickelt. Aber:

Netze sind nicht flächendeckend und jederzeit verfügbar. Das ist besonders für sicherheitsrelevante Anwendungen (Notruf, Sicherheit im Verkehr, Telemedizin) problematisch. Es sind neue Standards notwendig, durch die die dafür essenziellen Parameter wie z. B. „Quality of Service“, „Fairness“ und „Latenz“ weiter verbessert werden können. Der Datenverkehr allein im Mobilfunk verzehnfacht sich alle fünf Jahre, der Datenverkehr über das Internet steigt um 30 % jährlich an. Die Versorgung der Menschen mit Kommunikationsmöglichkeiten kann in Zukunft nur gewährleistet werden, wenn die knappen Ressourcen (Frequenzen) effizienter genutzt werden können. Dafür sind neue Übertragungs­standards notwendig. Wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland sind nur mit einer leistungsfähigen Netzinfrastruktur möglich. Durch die Möglichkeiten der Telekommunikation ändern sich die Geschäftsprozesse in den Unternehmen. Video­konferenzen sind nur ein Beispiel für ein zwar etabliertes Instrument, das aber durch die netzseitige Begrenzung (Bandbreite, Kodierung, Latenzzeiten) die Ansprüche an eine Kommunikation noch nicht erfüllen kann. Das heutige Internet stößt hinsichtlich Beherrschbarkeit der Komplexität, Zuverlässigkeit und Sicherheit an seine Grenzen. Der notwendige Wandel zur nächsten Generation der Kommunikationsnetze bietet die Chance, durch neue technologische Konzepte die Zuverlässigkeit und die Ausfallsicherheit des Internets auf ein neues Niveau zu bringen.

Die steigenden Anforderungen betreffen also die drahtgebundenen Zugangsnetze und den Mobilfunkbereich wie auch die Metro- und Kernnetze. Es werden konzeptionell neue Architekturen und Technologien für die Kommunikationsnetze zu erforschen und entwickeln sein. Daraus leiten sich die technischen Kommunikationsstandards der Zukunft ab.

Die Ausgangsposition der Ausrüster sowohl im Mobilfunk als auch bei den Festnetzen ist gut: Europäische Unternehmen sind in vielen Teilbereichen weltweit führend und haben wesentliche Produktionskapazitäten in Deutschland. Deutschland ist einer der Leitmärkte für Telekommunikation. Der Markt der Telekommunikation wuchs in den letzten Jahren in Deutschland jährlich durch­schnittlich um 4,4 %. In anderen Teilbereichen (z. B. Router) liegt eine US-amerikanische Dominanz vor. Die Herausforderung an die Kommunikationsnetze der Zukunft ist nur in einer gemeinsamen europäischen Anstrengung zu bewältigen.

Herausforderungen

Für die künftigen Netze sind neue Architekturen und Standards, insbesondere auch für die Wechselwirkung bisher getrennter Netze wie Mobilfunk, Internet und Festnetz erforderlich und in Testumgebungen zu überprüfen. Es sind Netz- und Komponenten­technologien zu entwickeln, die den erwarteten Datenverkehr unterstützen können, ohne Duplizierung des heute installierten Netzes. Für ein völlig neues Internet („Post-IP“) sind grundlegend neue Konzepte zu erforschen und mit Partnern im internationa­len Umfeld zu testen.

Zielsetzung

Es gilt, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu stärken und so die rund 66.500 Arbeitsplätze in diesem Bereich in Deutschland auszubauen. Deutsche KMU sind bereits heute weltweit technologisch in Teilbereichen führend. Mit stei­gendem Datenverkehr bietet sich die Chance, diese Leitposition in eine deutlich höhere Zahl von Arbeitsplätzen umzusetzen. Neue innovative Übertragungsverfahren und Netztechniken sowie einheitliche Standards für die Datenübertragung im Internet sollen europäisch geschaffen werden (z. B. für Netzbetreiber geeignetes 100 Gbit/s Ethernet) und damit die Basis für eine welt­weite Durchsetzung gelegt werden.

Die Schwächen des heutigen Internets hinsichtlich Zuverlässigkeit und Sicherheit sollen durch neue Technologien, Netz­architekturen und Netzmanagementkonzepte beseitigt werden. Dabei sollen sowohl kurz- und mittelfristig neue evolutionäre, als auch langfristig revolutionäre („clean slate“) Ansätze verfolgt werden.

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37 FÖRDERPROGRAMM

Strategische Partner

Industrie: Netzausrüster, Netzbetreiber, mittelständische Unternehmen als Komponentenhersteller, Normungsgremien, Forschungseinrichtungen, Hochschulen.

Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen

Neue Standards: 100 Gbit/s Ethernet im Bereich der Netzbetreiber, effiziente, zuverlässige und skalierbare Paket-Transportnetze, zukünftige Mobilfunkstandards nach 3GPP-LTE („beyond LTE“). Architekturen für ein sichereres und zuverlässigeres Internet. Tech­nologien zur Verbesserung der Latenz (Zeitverzögerungen), der Fairness (gerechte Versorgung aller Teilnehmer) und der Qualität im Mobilfunk. Die Bandbreite in der Datenübertragung muss gesteigert werden, z. B. im Mobilfunk durch bessere Ausnutzung der Frequenzen und Einführung von Techniken zur Selbstoptimierung der Funkzugangsnetze. Konzepte für einen revolutionär neuen Ansatz des Internets ohne Vorbedingung („clean slate“). Neue Technologien für eine Weiterentwicklung internetgestützter Dienstleistungen, wie peer-to-peer Technologien oder IMS-basierte Plattformen sowie Komponenten für eine Datenübertragung, die die Bandbreite der existierenden Leitungen deutlich effizienter ausnutzen.

Der Ticketkauf für Bus oder Bahn mit dem Mobiltelefon läuft in Deutschland jetzt im großen Stil an: Eine Software von Siemens macht das Handy damit zum mobilen Fahrkartenauto­

maten. Ab dem zweiten Quartal 2007 ist der neue Service des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in sieben Großstädten und einer Reihe kleinerer Kommunen verfügbar.

(Siemens AG)

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38 FÖRDERPROGRAMM

Technologieverbund Virtuelle Technologien und reale Produkte

Technologien aus den Bereichen „Virtuelle und Erweiterte Realität“ (VR/AR) können komplexe Vorgänge visualisieren und damit für den Menschen besser erfassbar und interpretierbar machen. Dies unterstützt beispielsweise die Produktentwicklung in com­putergenerierten dreidimensionalen Räumen und an realen Modellen. Konkrete Anwendungsschwerpunkte im Bereich VR/AR finden sich beispielsweise im Automobil- und im Anlagenbau. In der angemessenen Aufbereitung und Nutzung digitaler Infor­mation während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts bzw. Produktionsmittels von der Entstehung über die Nutzung bis zur Entsorgung liegen erhebliche Produktivitätspotentiale. Auch viele Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Fernwartung, bei der dem Techniker vor Ort über eine Datenbrille relevante Angaben über die zu wartende Anlage eingeblendet werden, können hiervon profitieren.

Herausforderungen

Zwar ist grundsätzlich bekannt, dass geeignete Informationsaufbereitung und -visualisierung einen erheblichen Beitrag zur effizienten Produktentwicklung und Produktion leisten können. Erfolgreiche Arbeiten in dieser Richtung waren aber bisher im Wesentlichen nur vereinzelt und unzusammenhängend vorzufinden. Die daraus resultierende Herausforderung zur Bündelung der Anstrengungen hat eine Reihe von Unternehmen erkannt. Mit der Gründung des „Industriekreises Augmented Reality“ verfolgen sie das Ziel einer gemeinsamen Strategie des Einsatzes menschzentrierter virtueller Techniken in der industriellen Praxis.

Zielsetzung

Mit diesen Aktivitäten soll im vorwettbewerblichen Bereich der sich durch die Einzelanstrengungen abzeichnende Vorteil für den Standort Deutschland umgesetzt und verstärkt werden. Wesentliche positive Effekte werden hier im Hinblick auf die Ver­besserung der Produkt- und Prozessqualität, die Reduktion von Kosten und die Verkürzung der Time to Market erwartet.

Strategische Partner (partiell bereits im Industriekreis Augmented Reality organisiert)

Investitionsgüterindustrie, Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt sowie Optische Industrie, KMU verschiedener Branchen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen

Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte

Ausbau und insbesondere Integration der Themenbereiche Informationsmanagement, Produktion mit digitalen Informationen, Darstellung virtueller Informationen, Tracking-Systeme, Systeme zur Visualisierung (Renderer), Gerätetechnologie (insbesondere mobile Informationsaufnahme- und Anzeigegeräte) sowie Technologien zur Erstellung und Verarbeitung der Informationen (Engineering- und Autorensysteme).

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39 FÖRDERPROGRAMM

Technologieverbund Umgebungsintelligenz für autonome vernetzte Systeme

Die Nutzung des Internets steht vor einem Paradigmenwechsel: In Zukunft werden kleine mobile Geräte, die über drahtlose Tech­nologien mit dem Netz verbunden sind, den größten Teil der Internetnutzer stellen. Man schätzt, dass bis 2017 bei einer Weltbe­völkerung von 7 Milliarden Menschen weltweit bis zu 7 Billionen drahtlos vernetzte Sensoren und Endgeräte existieren. Im Bereich des Handels und der Logistik hat die Einführung von Funketiketten bereits begonnen. Dabei geht es insbesondere auch um „Real World Awareness“ von IKT-Systemen, d. h. um IKT-Systeme, die ihre (umgebende) Welt erfassen und „verstehen“, wie wir sie in Zukunft finden werden in Fahrzeugen (Orientierung im Verkehr) sowie in der Überwachung von Fertigungen, im Servicebereich (Roboter) und bei Objektsicherungsanlagen. Intelligente und autonome vernetzte Sensorsysteme bieten Einsatzmöglichkeiten u. a. bei der genauen und preiswerten Steuerung chemischer Prozesse, bei der Überwachung und Verknüpfung von Maschinen, bei der Verfolgung und Verwaltung sicherheitsrelevanter Objekte, bei der Erfassung von Umweltbedingungen sowie bei der Prü­fung von Produktqualität oder des Zustands von Bausubstanz. Im Gesundheitswesen kann Umgebungsintelligenz z. B. Patienten, die aus Gesundheitsgründen einer Beobachtung bedürfen, volle Bewegungsfreiheit ermöglichen.

Herausforderungen

Eine zentrale Herausforderung ist, Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit bei autonomen Systemen mit Umgebungsintelligenz zu erreichen. Beispiele für anspruchsvolle Anforderungen an zukünftige Technologien sind die Hochintegration der elektroni­schen Komponenten und der Sensorik, die Zuverlässigkeit auf Radioebene, die Echtzeitfähigkeit, die Lokalisierung und die Energieeffizienz der Sensorknoten. Zurzeit existieren noch keine Kommunikationsprotokolle, mit denen Sensornetzwerke hinreichend effizient arbeiten können.

Zielsetzung

Die Spitzenposition des deutschen Maschinenbaus in der Automatisierungstechnik und der Unternehmen der Mikrosystemtech­nik soll durch Technologieführerschaft bei autonomen vernetzten Systemen weiter ausgebaut werden. Durch Sensornetze soll bestimmten kritischen Patientengruppen, industriellen Anlagen und Gebäuden mehr Sicherheit gegeben werden und der einzel­ne Bürger vor Kriminalität und Terrorismus geschützt werden.

Strategische Partner

System-, Komponenten- und Endgerätehersteller, Netzbetreiber, Unternehmen des Maschinenbaus und der Automatisierungstech­nik, Verkehrsträger, Versicherungen, Akteure im Gesundheitswesen, Anlagenbetreiber, Forschungseinrichtungen, Hochschulen

Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte

Energiemanagement und -effizienz der Sensorknoten, Algorithmen für die Kommunikation in Sensornetzen, Kommunikationspro­tokolle für autonome Sensornetze, Echtzeitfähigkeit, selbstkonfigurierbare Kommunikationsschnittstellen, neue Funksysteme und Netzarchitekturen, Anbindung an Kommunikationsnetze, neue Systemkonzepte für Sensornetze, Programmierung und Management von Sensornetzen, adaptive und selbstlernende Sensoren/Aktuatoren, Lokalisierung mit hoher Ortsauflösung (auch in Gebäuden).

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40 FÖRDERPROGRAMM

4.1.3 Diensteplattformen

Voraussetzung für die Integration neuer Dienstleistungen

und damit auch für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

– insbesondere für KMU – ist, dass den großen Herausforde­

rungen hinsichtlich der Entwicklung von IKT-basierten

Diensten branchen- und disziplinübergreifend bei gleich­

zeitiger Bündelung aller Aktivitäten (von der Forschung bis

zu den Rahmenbedingungen) begegnet wird. Gerade im

Bereich der Dienstleistungen hat sich gezeigt, dass sich eine

besondere wirtschaftliche Dynamik dann entwickelt, wenn

alle relevanten Partner im Innovationsprozess (Wissenschaft,

Forschung, Industrie, Kapitalgeber sowie Politik) intelligent

miteinander vernetzt sind und auf eine gemeinsame Platt­

form aufsetzen können.

Die gezielte Diensteorientierung bei einer Innovations­

allianz wird im Rahmen des Konzeptes der Diensteplatt­

formen umgesetzt. Aus instrumenteller Sicht sind Dienste­

plattformen ähnlich den Technologieverbünden, nur dass

keine technologischen Ziele, sondern Ziele hinsichtlich der

Entwicklung und Bereitstellung von IKT-basierten Diensten

im Vordergrund stehen. Diese stark horizontal ausgerichte­

ten Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft haben

aber wie die Leitinnovationen auch vertikale Anteile, da auf

der Basis neuer IKT-basierter Dienste auch die Integration

neuer Dienstleistungen ermöglicht werden soll. Gerade für

KMU sind deshalb die auf der Basis der Diensteplattformen

entstehenden Netzwerke und Forschungskooperationen für

den angestrebten Zugang zu Forschungsergebnissen von

zentraler Bedeutung.

Auch hinsichtlich der Beteiligung von Stakeholdern,

der Umsetzung und der Laufzeit gilt für Diensteplattformen

im Wesentlichen dasselbe wie für Technologieverbünde.

Derzeit werden mit Wirtschaft und Wissenschaft die folgen­

den Diensteplattformen diskutiert:

IKT für Dienste und Dienstleistungen

Flexible Module für Kommunikationsdienste

Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Diensteplatt­

formen können und sollen während der Laufzeit des Pro­

gramms bzw. im Rahmen der Fortschreibung definiert

werden. Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgefordert,

gemeinsam mit der Politik weitere Diensteplattformen zu

konzipieren. Bei der Förderentscheidung wird das BMBF

unabhängige Experten hinzuziehen.

Call Center-Lösungen (Siemens AG)

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41 FÖRDERPROGRAMM

Diensteplattform IKT für Dienste und Dienstleistungen

Im Mittelpunkt steht ein (Software-)Konzept zur Bereitstellung (plattform-)unabhängiger IKT-Dienste auf einem Netzwerk. Diese Dienste bestehen aus lose miteinander gekoppelten und über Standard-Schnittstellen interoperablen Komponenten, die sowohl in spontanen und veränderlichen Netzwerken als auch in klassischen Geschäftsprozessen Anwendung finden. Damit sollen die Gestaltungsziele der Geschäftsprozess-Orientierung, der Flexibilität, der Wiederverwendbarkeit und der Unterstützung verteilter Software-Systeme mit dem Ziel einer an Geschäftsprozessen ausgerichteten IKT-Infrastruktur verbunden werden, die schnell auf veränderliche Anforderungen reagiert und damit den Unternehmen ein wirtschaftlicheres Handeln ermöglicht.5

Herausforderungen

Heutige IKT-Systeme sind in der Regel komplexe, monolitische, statische Anwendungssysteme. Beim Aufbau zu einer flexiblen Service-orientierten Architektur (SOA) können Unternehmen deshalb nur in kleinen Schritten vorgehen, ausgehend von den vor­handenen Ressourcen und unter Einbeziehen aller Fachabteilungen und gegebenenfalls auch externer Partner. Insbesondere müssen auch die zahlreichen internen und externen Daten-Repositorien eingebunden werden. Die Herausforderung besteht dabei in der flexiblen effizienten Anpassung der bestehenden heterogenen Systemlandschaft an Änderungen im Geschäfts­prozess (oder im Geschäftsmodell).

Zielsetzung

Die Spitzenposition deutscher Unternehmen, die IKT als ein wesentliches Werkzeug anbieten oder für ihre Geschäftsprozesse ein­setzen, soll durch die Migration von Silo-orientierten IKT-Umgebungen zu Service-orientierten Architekturen (SOA) weiter ausge­baut werden. Durch die Erweiterung der unternehmensspezifischen SOA auf externe Partner und globale Prozesse soll die inter­nationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und ihre Reaktionsfähigkeit auf einen sich dynamisch verändernden Markt gestärkt werden.

Strategische Partner

Unternehmen im Business Services Bereich sowie im Bereich Unternehmensanwendungen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, BMWi

Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte

Entwicklung dynamischer, intelligenter, standardisierter SOA-Systeme der nächsten Generation, Einsatz und Nutzenbewertung von SOA für KMU, Konzeption und Implementierung von SOA für global agierende Unternehmen unter Einbeziehung aller Ge­schäftsprozesse, Integration heterogener Daten-Repositorien in eine SOA als Basis für eine rasche und vollständige Information bei Management-Entscheidungen, Werkzeuge zur Analyse von Geschäftsprozessen und IKT-Ressourcen, Sicherheit in einer globalen SOA, SOA Service Orchestrierung und ‚Composite Applications’.

5 Im Rahmen der BMWi-Fördermaßnahmen wurde hierzu bereits das Projekt MODIFRAME im Jahr 2006 für den Bereich mobiler

Netzwerkanwendungen gestartet.

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42 FÖRDERPROGRAMM

Diensteplattform Flexible Module für Kommunikationsdienste

Im Bereich der Kommunikationstechnologien haben Dienste das größte Wachstums- und Arbeitsplatzpotential. Von den rund 283.000 Arbeitsplätzen sind rund 220.000 im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen angesiedelt. Bei Festnetz-Daten­diensten wird für 2007 ein Wachstum von 6,5 % vorausgesagt, bei Mobiltelefondiensten ein Wachstum von 1 % (BITKOM). Treiben­der Faktor des Wachstums ist dabei die Nutzung von Diensten im oder über das Internet. Besonders datenintensive Dienste sind Web-Broadcast und Video-Gruppenkommunikation, für die auch Bedarf bei mobilen Nutzern besteht. In Zukunft werden eine Vielzahl kleiner Endgeräte und Sensoren dem Internet eine neue Qualität geben. Das Internet dient dann nicht nur der Informa­tionsbeschaffung, sondern über Sensoren und Aktuatoren werden zusätzliche Informationen für neue kommunikationsintensive Dienste und Anwendungen verfügbar. Diese werden besonders im Gesundheitsbereich, im Verkehrsbereich, im Ablauf von Geschäfts- und Produktionsprozessen und bei Sicherheitsanwendungen erwartet.

Herausforderungen

Das Anwendungspotential neuer Dienste kann nur erschlossen werden, wenn die Unternehmen aus den Anwenderbranchen ihre jeweiligen Dienste einfach und intuitiv erstellen können. Diensteanbieter benötigen deshalb geeignete Plattformen, auf denen aus flexiblen Modulen neue Dienste entwickelt werden können.6 Die Konvergenz der Netze ist dabei eine besondere Herausfor­derung: Der Nutzer möchte den Dienst unabhängig vom Netzzugang über Netzgrenzen hinweg nutzen. Die technische Umset­zung im Netz darf für den Nutzer, aber auch für den Diensteentwickler nicht hemmend sein (engl. „seamless services“). Die Dien­ste müssen die momentane Situation des Netzes, aber auch des individuellen Nutzers erfassen (Kontextsensitivität) und sich auf die aktuellen Bedingungen im Netz und die individuellen Bedürfnisse des Nutzers einstellen. Ferner werden neue Dienste auch geänderte Strukturen des Internets bewirken. So werden die bisherigen Client-Server-Architekturen durch neue peer-to-peer-Architekturen und entsprechende Dienste ergänzt oder ersetzt.

Zielsetzung

Übergeordnetes Ziel ist es, neue Anwendungen in der Gesundheit, im Verkehrsbereich, in der Geschäftskommunikation und im Sicherheitsbereich zu erschließen. Der Zugang zu neuen Diensten soll intuitiv nutzbar und einfach zugänglich (barrierefrei) sein. Die flexible Modularität der Diensteplattform soll es jedem Nutzer ermöglichen, neue und kreative Ideen zu entwickeln und in einem neuen Internet anbieten zu können.

Strategische Partner

Telekommunikationsausrüster und -dienstleister, Netzbetreiber, Unternehmen aus den Anwendungsbranchen, insbesondere KMU, Forschungsinstitute

Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte

Middleware und neue Dienste für peer-to-peer Netze, Module für IMS-basierte Plattformen, Verschlüsselungstechnologien für Sicherheit und Schutz der Privatsphäre, Technologien für Kontextsensitivität (z. B. Dienste, die Lokalisierung benötigen, intelli­gente personenbezogene Dienste), standardisierte Beschreibung der Funktionalität von Diensten bzw. Dienstemodule, Metho­den zur zentralen Orchestrierung von Diensten („Service Orchestration“), dezentrale Kooperationsprotokolle („Service Choreo­graphy“), Semantische Technologien zur Komposition und Interoperabilität von Diensten.

6 Zur Förderung der Entwicklung und Anwendung mobiler IKT-Dienste in Wirtschaft und Verwaltung hat das BMWi im Jahr

2006 den Technologiewettbewerb „SimoBIT: Sichere mobile IT-Anwendungen in Wirtschaft und Verwaltung“ gestartet.

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43 FÖRDERPROGRAMM

4.1.4 IKT-spezifische KMU-Förderung

Die exzellente Position Deutschlands bei Forschungsleistun­

gen und -potentialen muss auch mit der konsequenten Um­

setzung der (Forschungs-)Ergebnisse in industriellen An­

wendungen und Produkten einhergehen. Eine besondere

Stellung nehmen hier KMU ein, die nicht nur wichtiger

Innovationsmotor sind, sondern auch eine entscheidende

Schnittstelle für den Transfer von Forschungsergebnissen

aus der Wissenschaft in die Wirtschaft darstellen. Daher

sollen vorrangig technologie- und forschungsintensive

KMU noch stärker als bisher in die öffentliche Förderung

von Innovation einbezogen werden.

IKT 2020 trägt in besonderem Maße der Innovations­

beteiligung von KMU durch direkte Projektförderung Rech­

nung. Dazu wird die im Rahmen von „IT-Forschung 2006“

aufgelegte Forschungsoffensive „Software Engineering

2006“ neu ausgerichtet. Dabei werden insbesondere

folgende strukturelle Verbesserungen vorgenommen:

themenoffene Förderung von FuE-Vorhaben im Rahmen

des Programms IKT 2020;

zentrale Anlaufstelle;

vereinfachtes Förderverfahren;

Verkürzung der Zeit zwischen Antragsstellung und

abschließender Förderentscheidung/Mittelbereit­

stellung.

Spiegelbild des Starlith 1700i an einem strukturierten 300mm Wafer. Es handelt sich

um ein 193nm Immersionssystem mit einer numerischen Apertur von 1,20. Systeme

mit diesem Objektiv sind schon bei verschiedenen Halbleiterherstellern im Einsatz.

Die Auflösung ist <50nm. (Carl Zeiss AG)

Neben Querschnittsaktivitäten im Rahmen der Hightech-

Strategie wie der technologieübergreifenden Forschungs­

prämie für Hochschulen und gemeinsam von Bund und

Ländern finanzierten Forschungseinrichtungen für FuE-

Aufträge von KMU und der Mitwirkungsmöglichkeiten bei

Verbundprojekten im Rahmen der Fachprogramme wird

damit ein gezielter Beitrag zur Stärkung der Innovations­

fähigkeit von KMU in Deutschland und besseren Ver­

netzung mit Industrie und Forschung geleistet.

4.2 Basistechnologien

Der thematische Raum für mögliche Förderungen von FuE-

Vorhaben ist für die Basistechnologien wie folgt gegeben:

4.2.1 Elektronik und Mikrosysteme

Ohne Elektronik ist unser Alltag heute nicht mehr vorstell­

bar. Computer, Mobiltelefone, MP3-Player, Sicherheitssyste­

me, wie z. B. Anti-Blockier-Bremssysteme oder Antischleuder­

systeme im Automobil, Haushaltstechnik und Medizintech­

nik sind fester Bestandteil des täglichen Lebens geworden.

Der Einfluss, den diese Entwicklungen auf unser Leben

haben, wird vom größten Teil der Gesellschaft gesehen und

geschätzt, beispielsweise in den Bereichen Komfort und

Sicherheit.

Welche Herausforderungen und welcher Aufwand aller­

dings hinter all diesen neuen Entwicklungen stehen, ist den

meisten nicht bekannt. Kleinste Strukturen für Systeme mit

höchster Komplexität müssen in extrem kurzen Zeiten zu

einem akzeptablen Preis auf den Markt gebracht werden

und absolut zuverlässig funktionieren.

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44 FÖRDERPROGRAMM

Silicon Saxony in Dresden

Zukünftige, hochkomplexe elektronische Schaltungen und

Systeme müssen neue Anforderungen an Lebensdauer und

Zuverlässigkeit erfüllen. Die Anzahl der kritischen Anwen­

dungen, bei denen elektronische Systeme auf keinen Fall

versagen dürfen, nimmt stetig zu. Beispiel Fahrerassistenz­

systeme: Der Ausfall des ABS ist vom Fahrer im Zweifelsfall

noch aufzufangen, bei einem Ausfall mitten in einem vom

System eigenständig durchgeführten Ausweichmanöver ist

das nicht mehr der Fall. Für diese Systeme sind die Anforde­

rungen an die Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit um

ein Vielfaches härter. Bei gleichzeitig voranschreitender

Innovation in der Fertigungstechnologie erfolgt parallel zu

dieser Entwicklung eine stark zunehmende Miniaturisierung

der verwendeten Bauteile.

Elektronik ist für Deutschland, das sich mit innovativen

technologischen Produkten führend am Weltmarkt positio­

nieren will, unverzichtbarer und an Bedeutung noch zuneh­

mender Bestandteil der Wertschöpfungskette. Weltweit

wird um die Ansiedelung von Forschungs- und Produktions­

stätten dieser global agierenden Industrie geworben. Der

Forschungsförderung kommt hier eine zentrale Rolle zu.

Sie hilft, die Attraktivität des Standortes Deutschland zu

sichern und in Zukunft noch auszubauen.

In vielen Teilbereichen der Elektronik besitzt Deutsch­

land noch einen Wissensvorsprung, der gepaart mit den für

die Umsetzung notwendigen Produktions- und Vertriebs­

strukturen und der international anerkannten deutschen

Fähigkeit zur Systemintegration konsequent zum Markt­

erfolg geführt werden muss.

(Luftbild, Befliegung 2005, Städtisches Vermessungsamt Dresden)

Schwerpunkte

Kompetenzzentren im Bereich Bauelemente und Geräte

für die Elektronikfertigung

Chipentwurf (EDA) als „Enabling Technologie“ der

Elektronik ausbauen

Neuartige Elektronik für die Erschließung neuer

Anwendungen

Organische Elektronik

Magnetische Mikrosysteme

RFID und Smart-Label

Kompetenzzentren im Bereich Bauelemente und Geräte für die Elektronikfertigung schaffen

Die bisherige Förderung der Elektronik hat insbesondere im

Raum Dresden ein beeindruckendes Netzwerk aus Produzen­

ten von Halbleiterbauelementen, Material- und Technologie­

zulieferern, Serviceeinrichtungen sowie FuE-Strukturen (TU,

FhG etc.) wachsen lassen. Wesentlich hierfür war vor allem

die Ansiedelung der Großunternehmen. Um den Standort

zukunftsfähig zu machen, hat sich das BMBF vor allem auch

für eine Stärkung der Forschung vor Ort eingesetzt und an

der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die

Gründung von CNT (Center for Nanoelectronic Technologies)

und AMTC (Advanced Mask Technology Center) mitgewirkt.

Diese Forschungszentren, die aufgrund ihres Standortes

und ihrer Forschungsthemen in direktem Kontakt zur Chip­

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45 FÖRDERPROGRAMM

produktion von AMD, Qimonda und Infineon stehen, werden

durch Forschungsaktivitäten zu grundlagennäheren The­

men an den Universitäten, der Max-Planck- und Fraunhofer-

Gesellschaft sowie anderen Forschungseinrichtungen wie

dem Forschungszentrum Jülich ergänzt.

Handlungsbedarf

Die Strukturen von FuE in anwendungsnäheren Bereichen

(Produktion von Speicher- und Logikbausteinen) müssen

weiter entwickelt und durch strategische Allianzen mit

den Kapazitäten in grundlegenderen Forschungsbereichen

bereichert werden. Während der nächsten Jahre müssen

übergreifende Kompetenzzentren der Lithographie und

Strukturierung entstehen unter Einbeziehung aller hiermit

in Zusammenhang stehender Aspekte, wie z. B. neuer Materi­

alien, neuer Geräte- und Prozesskonzepte, Metrologie- und

Analysetools etc. Hierfür wird gemeinsam mit Wirtschaft

und Wissenschaft eine nationale Roadmap Elektronik

erarbeitet werden.

Forschungsthemen

■ H

H

ti

u

■ N

ochauflösende Lithografie für Nanostrukturen

Materialien, innovative Strukturen und Prozesse für

öchstleistungschips (Energieeffizienz, Höchstintegra­

on, Multifunktionalität, zukunftsweisende Speicher­

nd Logikkonzepte, neue Chiparchitekturen)

eue Analyse- und Testverfahren für Nanostrukturen

Chipentwurf (EDA) als „Enabling Technologie“ der Elektronik ausbauen

Den aktuellen Anforderungen kann die Halbleiterindustrie

nur nachkommen, wenn sie sich permanent weiterentwik­

kelt und Entwurfsmethoden und Entwurfswerkzeuge zur

Verfügung hat, die sie optimal beim Entwurf und der Ent­

wicklung ihrer Produkte unterstützen. Bei diesen rechner­

gestützten Entwurfswerkzeugen liegen mittlerweile die

größten Herausforderungen. Nur wenn diese bewältigt

werden, können wir auch in Zukunft die technologischen

Möglichkeiten ausnutzen und weiterhin wirtschaftlich

erfolgreich sein. Electronic Design Automation (EDA) steht

für die dazu benötigte Kompetenz, mit der elektronische

Systeme hoher Komplexität schnell und sicher entworfen

werden können. EDA ermöglicht, dass neue elektronische

Schaltungen und Systeme in einem hoch automatisierten

und weitgehend standardisierten Entwurfsprozess ent­

wickelt werden und ihre Aufgaben während der gesamten

Benutzungszeit fehlerfrei erfüllen können.

Komplexe Elektroniksysteme mit hoch integrierten Chips als

wichtige Komponenten werden in Deutschland erfolgreich ent­

wickelt. Dies basiert auf den Erfolgen von EDA. Auch wenn der

absolute Anteil des EDA-Marktes am gesamten Halbleitermarkt

klein ist, so ist seine Auswirkung ungleich größer: Der wirt­

schaftliche Markterfolg von elektronischen Schaltungen und

Systemen hängt entscheidend von den Ergebnissen der EDA-

Forschung, den daraus entstehenden EDA-Werkzeugen und

deren Anwendung ab. Studien haben gezeigt, dass sich höhere

Investitionen in EDA mittelfristig in größeren Marktanteilen

niederschlagen. Aufgrund der besonderen Schwierigkeit und

Komplexität des Entwurfs elektronischer Schaltungen und Syste­

me liegen die Produktivitätszuwächse durch EDA mit ca. 35 % im

Vergleich zu denen durch die Entwicklungen in der Elektronik­

technologie mit ca. 60 % im Jahr weit zurück. Eine Steigerung der

Entwurfsproduktivität durch bessere EDA-Werkzeuge kann

daher die bessere Technologie eher nutzen und damit in ent­

scheidendem Maße die Wertschöpfungskette der Halbleiter­

industrie verbessern.

Handlungsbedarf

Miniaturisierung, Komplexität, Zuverlässigkeit, kurze Pro­

duktlebenszyklen und niedrige Preisniveaus – das sind die

Faktoren, die den Halbleitermarkt vor eine Herausforderung

stellen und weit reichende Fortschritte und neue Werkzeuge

im Bereich EDA erfordern und diesen Bereich damit zur Schlüs­

seltechnologie erheben: Ein sicherer Entwurfsprozess und die

Kompetenz zur Entwicklung zuverlässiger Produkte sind nur

möglich mit hervorragenden EDA-Werkzeugen. Sie schaffen

die Voraussetzungen, um integrierte Schaltungen (IC), SoC

(System-on-Chip) und SiP (System-in-Package) extrem wirt­

schaftlich zu produzieren.

Forschungsthemen

Produktiver Systementwurf für robuste, zuverlässige

Systeme

Herstellungsorientierter Entwurf von nanostrukturierten

Schaltungen

Automatisierter Entwurf von Analog- und Mixed­

Signal-Schaltungen

Verifikation und Test von der Systemebene bis zum

Transistorlayout

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46 FÖRDERPROGRAMM

Neuartige Elektronik für die Erschließung neuer Anwendungen

Die Erfolge der konventionellen Silizium-CMOS Elektronik

sind in der Technikgeschichte beispiellos. Keine andere

Technologie hat in nur wenigen Jahrzehnten eine auch nur

ansatzweise vergleichbare Bedeutung und Durchdringung

erreicht. Der PC, das Mobiltelefon, die Digitalkamera und

MP3-Player sind dafür prominente Beispiele.

Die auf Höchstleistung, kleinste Strukturen und höchste

Stückzahlen optimierte CMOS Technologie erfüllt nicht

immer die Anforderungen der gewünschten Anwendung.

Bei zu kleinen Stückzahlen oder wenig anspruchsvollen

Anwendungen mit niedrigem Preisniveau (Low-Cost/Low-

Performance) ist Silizium-CMOS zu teuer, da sich der hohe

Aufwand bei Strukturierung und Prozessierung nicht rech­

net. Nicht immer ist die geforderte Funktionalität, z. B. die

Messung kleinster Magnetfelder mit CMOS Bauteilen, dar­

stellbar.

Hier schlägt die Stunde neuartiger Ansätze zur Erschlie­

ßung neuer Anwendungsfelder. Die im Folgenden beschrie­

benen Technologien organische Elektronik, magnetische

Mikrosysteme und RFID sind erste Beispiele für diese Ent­

wicklung.

Organische Elektronik

Unter Organischer Elektronik werden Technologien mit

optoelektrischen und elektrisch aktiven organischen Ma­

terialien zusammengefasst. Ein wesentliches Merkmal

vieler Komponenten auf der Basis organischer Elektronik,

wie OLED-Displays, flexible Displays, OLED-Beleuchtungs­

elemente, Funketiketten, Sensoren, organische Solarzellen,

Batterien sind, dass sie prinzipiell mit energieeffizienten und

schnellen Produktionsverfahren preiswert hergestellt wer­

den können. Durch eine deutliche Kostenreduktion bei der

Herstellung verschiedener Komponenten kann die organi­

sche Elektronik neue Möglichkeiten der Informationsgewin­

nung, Informationsbereitstellung und der Umgebungskonfi­

guration in alltäglichen Zusammenhängen und dezentralen

Systemen erschließen. Daher ist die Organische Elektronik

eine „enabling technology“ für das „Internet der Dinge“.

In diesem werden zukünftig Gegenstände mit elektrisch

auslesbaren Codes gekennzeichnet und für verschiedenste

Anwendungen über ein mobiles Internet identifizierbar

werden, bis hin zu vollständigen Sensornetzen. Sensornetze

ermöglichen verschiedenste Monitoring- und Steuerungs­

anwendungen im Gesundheits-, Umwelt-, Produktions- und

Sicherheitsbereich, die eine zeitnahe adäquate Reaktion auf

verschiedenste Änderungen von Umgebungsparametern

gestatten.

Bedeutende Märkte für die organische Elektronik sind

die Informations- und Kommunikationstechnik, Medizin­

technik, Energietechnik, Sicherheitstechnik, Verpackungs-

und Bekleidungsindustrie und der Life Sciences Sektor.

Handlungsbedarf

Forschung und Entwicklung ist noch in allen wesentlichen

Feldern der Organischen Elektronik erforderlich. Dieses

sind insbesondere die Bereiche:

Materialsysteme (z. B. neue organische Halbleiter-

und Leitermaterialien)

Technologie (z. B. durch neue Bauteil- und Schaltungs­

konzepte)

Produktionstechnologien (z. B. hocheffiziente

Rolle-zu-Rolle Produktionsverfahren)

Systemintegration (z. B. elektronischer Produktcode

auf Basis von organischer Elektronik)

Anschlussfähigkeit an die klassische Halbleiterelektronik

(z. B. hybride Elektroniksysteme)

Polymere Mikrosysteme erfordern einen interdisziplinären

Ansatz und die ganzheitliche Betrachtung der miteinander

verzahnten Technologiefelder wie Material, Design und

Simulation, Herstellungs- und Strukturierungstechnologien,

Einzelkomponenten, Systemintegration sowie Zuverlässig­

keit.

Forschungsthemen

Organische Bauelemente und integrierte Schaltungen

Sensoren und Sensornetze auf der Basis von organischer

Elektronik

Organische Photovoltaik (OPV) 7

RFID auf organischer Basis für die Logistik

Organische Leuchtdioden (OLED) für Beleuchtungs-

und Displayanwendungen 8

7 Hierzu ist derzeit eine gemeinsame Initiative von BMBF und Unternehmen in Vorbereitung, die voraussichtlich Ende 2007

zu ersten Projekten führen wird. 8 Auf diesem Gebiet arbeiten seit Mitte 2006 die Projekte im Rahmen der deutschen OLED-Initiative

(http://www.bmbf.de/de/3604.php).

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47 FÖRDERPROGRAMM

OLED-Displays mit neuen Farben (Siemens AG)

Magnetische Mikrosysteme

Deutschland hat eine starke Position im Bereich der magneti­

schen Technologien und damit beste Voraussetzungen für

die Entwicklung und Anwendung Magnetischer Mikrosyste­

me. Basis sind die von deutscher Spitzenforschung erbrach­

ten Ergebnisse: Der GMR-Effekt (engl. Giant Magneto Resi­

stance, dt. „Riesen-Magnetwiderstand“) wurde zuerst 1988

von P. Grünberg vom Forschungszentrum Jülich und A. Fert

von der Universität Paris entdeckt und beruht auf quanten­

mechanischen Eigenschaften, die in dünnen Filmstrukturen

aus abwechselnd ferromagnetischen und nicht-magneti­

schen Schichten beobachtet werden. GMR-Schichten zeich­

nen sich durch größere magnetoresistive Effekte aus als die

bereits verwendeten AMR-Schichten, das heißt größere Mess­

genauigkeiten oder empfindlichere Messsysteme sind reali­

sierbar. Neben der Anwendung in Speicherfestplatten wer­

den GMR-Schichten zzt. auch in der nichtflüchtigen Daten­

speichertechnologie „Magnetoresistive Random Access

Memory“ und in Magnetfeldsensoren, z. B. bei der Messung

der Raddrehzahl in der Automobilindustrie, eingesetzt. Noch

intensiv in der Vorentwicklungsphase steckt die Technologie

für die sogenannten TMR (Tunneling Magneto Resistance)­

Sensoren. Diese sind ideale Kandidaten, um sowohl den

Anforderungen nach noch größerer Empfindlichkeit, nach

geringerem Energieverbrauch und insbesondere raueren

Umgebungsbedingungen (z. B. Temperaturen über 300°C)

gerecht zu werden. In der Medizin werden zukünftig z. B.

DNA-Stränge oder Proteine mit magnetischen Partikeln

gezielt markiert und mittels Magnetfeldsensoren detektiert.

Die Bedeutung magnetischer Mikrosysteme wird in den

nächsten Jahren weiter stark zunehmen, weil die Stückzah­

len in einzelnen Anwendungen überdurchschnittlich wach­

sen. So wird allein der Markt für Radsensoren für Kraftfahr­

zeuge in 2010 auf 180 Mio. Einheiten geschätzt.

Handlungsbedarf

Auf der Forschungsseite ist erst ein kleiner Teil der mög­

lichen Anwendungen einer magnetischen Elektronik er­

schlossen. Durch BMBF-Projekte konnte in den letzten

Jahren das Anwendungsspektrum der Magnetoelektronik

von der Magnetfeldmessung auf Drehzahl-, Winkel- und

Druckmessung erweitert werden. Neuartige Material-,

Bauteil- und Schaltungskonzepte, deren Erforschung

auch weiterhin durch das BMBF unterstützt wird, werden

die Leistungsfähigkeit erhöhen und zu weiteren An­

wendungen führen.

Die Entwicklungen für die verschiedenen Anwendungs­

gebiete sind heute noch unterkritisch gebündelt hinsichtlich

Stückzahlen und Funktionalitäten, haben aber ein enormes

Marktpotential. Für diese zukünftigen Märkte bieten die

Mikrosysteme mittels Systemintegration von Magnetoelek­

tronik, Magneto-Sensoren oder -Aktuatoren in hochwertige

Produkte sehr gute Chancen, im internationalen Wettbe­

werb Paroli zu bieten. Forschung und Entwicklung für die

breite Anwendung müssen in Kooperationen über die Inno­

vations- und Wertschöpfungsketten gebündelt werden.

Forschungsthemen

Neuartige Material-, Bauteil- und Schaltungskonzepte

sowie die zugehörige Prozesstechnologie

Entwicklung von anwendungsspezifischen Basis­

funktionalitäten von Elektronik, Sensorik und Aktorik

Weiterentwicklung von Querschnittstechnologien für

die Systemintegration (Entwurf, Simulation, Aufbau-

und Verbindungstechnik)

Entwicklung von Strategien/Technologien zur

Kostensenkung

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48 FÖRDERPROGRAMM

TMR Sensor Arrays mit integriertem Speicherelement. (Universität Bielefeld)

RFID und Smart-Label

Zusammen mit der Mikroelektronik und der Hochfrequenz­

technik ist die Mikrosystemtechnik eine der Kerntechnolo­

gien für RFID und Smart Label. RFID (radio frequency identi­

fication) dient der berührungslosen, automatischen und

eindeutigen Identifikation von Gütern. Die hierfür notwen­

digen „Transponder“ sind kleine Chips, die wie Etiketten an

Waren angebracht oder in Gegenstände integriert werden

können. Die Besonderheit von RFID besteht in der berüh­

rungslosen Kommunikation ohne direkten Kontakt zwischen

dem Transponder und dem Lesegerät. Seit Jahren finden sich

RFID-Systeme in Autoschlüsseln, Warensicherungssystemen

im Kaufhaus oder in der Kennzeichnung von Nutztieren.

Neue technologische Entwicklungen eröffnen jetzt vielfäl­

tige weitere Einsatzbereiche. Mit RFID können unterschied­

lichste Güter – Paletten, Kartons, Werkstücke oder Einzel­

produkte – identifiziert und ihr Lauf durch die logistische

Kette verfolgt werden.

Handlungsbedarf

RFID-Systeme bieten für die zentralen Branchen der deut­

schen Volkswirtschaft – Handel, Konsumgüterindustrie,

Automobilindustrie, Elektronikindustrie, Logistikdienst­

leister – große Potentiale bei der Optimierung ihrer Produk­

tions- und Distributionsprozesse. Für Massenanwendungen

sind kostengünstige Lösungen – insbesondere für passive

Transponder – zu erarbeiten. Durch übergreifende Ko­

operationen über die gesamte Wertschöpfungskette ist

die Anwendung von RFID-Systemen zu beschleunigen.

Forschungsthemen

Erschließung neuer Basistechnologien

(z. B. organische Elektronik) für eine kosten­

günstige Fertigung von RFID Systemen

Anpassung der Transponder und der

Lesegeräte an besondere Anforderungen

bzgl. Baugröße, Funktionsumfang und

mechanischer Flexibilität

mehr Speicherplatz, größere Rechenkapa­

zitäten, leistungsfähigere Antennen und

Zusatzfunktionen wie Sensorik auf den

Transponder in vorhandene System­

architekturen zu bringen

technologieintegrierter Datenschutz von

RFID-Systemen (Deaktivierung, Anpassung

krypto-graphischer Methoden an

beschränkte Ressourcen)

4.2.2 Softwaresysteme und Wissensverarbeitung

Softwaresysteme sind die Innovationstreiber in fast allen

Wirtschaftszweigen. Sie bestimmen maßgeblich die Wert­

schöpfung von Produkten, Fertigungs- und Geschäftspro­

zessen. Der Softwaremarkt war in Deutschland im Jahr 2006

durch deutliches Wachstum gekennzeichnet. Deutsche

Unternehmen erzielen bereits heute mit innovativen Soft­

warelösungen einen Konkurrenzvorsprung auf den inter­

nationalen Märkten. Diesen Wettbewerbsvorteil gilt es zu

halten und auszubauen und durch neue Aspekte in unserer

Wissensgesellschaft zu verstärken.

Bei der Gestaltung der Wissensgesellschaft kommt

einem schnellen transparenten und sicheren Zugang zu

verteiltem Wissen hohe Bedeutung zu. Weltweit wird mit

Hochdruck an einer stetigen Verkürzung wissenschaftlicher

Erkenntnis- und Innovationszyklen gearbeitet. Eine wesent­

liche Rolle spielen dabei Wissenstechnologien und speziell

der Wandel des weltumspannenden Webs zu einem auch

semantisch erschließbaren Netz des Wissens (Semantic

Web). Im Unterschied zu den heute angewandten Informa­

tionstechnologien werden innovative Wissenstechnologien

es Computern ermöglichen, Daten aus der schier unüber­

schaubaren Fülle elektronischer Informationen in ihren

inhaltlichen Bezügen zu interpretieren, ihren Sinn zu er­

schließen und dem Menschen sinngerecht zu präsentieren.

Sie verknüpfen Informationen logisch miteinander, spei­

chern sie und machen sie in unterschiedlichen Kontexten

verfügbar. Die Erzeugung und Verteilung von Wissen wer­

den künftig eine vorrangige Bedeutung in der Wertschöp­

fung von Produkten haben und eine tragende Rolle im ge­

sellschaftlichen Bewusstsein einnehmen.

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49 FÖRDERPROGRAMM

Die bisherige Forschungsförderung des BMBF im Rahmen

des auslaufenden Programms IT-Forschung 2006 deckt

wichtige softwarerelevante Themen ab. Spektakuläre Er­

folge wurden bereits erzielt, die große Beachtung in der

internationalen Fachwelt gefunden haben. Mit der Initiative

„WissensMedia – Wissensmanagement in mittelständischen

Unternehmen und öffentlicher Verwaltung“ fördert da­

rüber hinaus das BMWi anhand von Pilotprojekten die Ent­

wicklung und Erprobung von neuen Technologien zum Wis­

sensmanagement in KMU sowie öffentlichen Verwaltungen.

Thematische Schwerpunkte sind u. a. die Schaffung und

Sicherung einer netzbasierten dynamischen Wissensbasis,

die bedarfs- und nutzergerechte Wissensbereitstellung so­

wie die wirkungsvolle Nutzung von Wissen in komplexen

Organisationsstrukturen. Aufbauend auf diesen Erfolgen

soll im neuen Forschungsprogramm IKT 2020 eine Strategie

verfolgt werden, die mit Blick auf Praxis und Anwendungen

bereits vorhandene Stärken bei innovativen Softwarelösun­

gen stärkt und die vorwettbewerbliche FuE von Schlüssel­

technologien mit marktrelevanter Hebelwirkung versieht.

Schwerpunkte

Der Förderbereich Softwaresysteme/Wissensverarbeitung

steht auf drei thematischen Säulen9

Embedded Systems, wobei insbesondere software­

intensive eingebettete Systeme mit Anknüpfungen

an die Elektronik, Kommunikationstechnologie und

Mikrosystemtechnik im Vordergrund stehen

Simulierte Realität mit den Themen Grid-Anwendungen

und -Infrastruktur, virtuelle/erweiterte Realität und

Ambient Intelligence, Simulation, Informationslogistik

und Software-Entwicklung für Höchstleistungsrechnen

Mensch-Technik-Interaktion mit den Sprach- und Medien­

technologien, Bioanaloger Informationsverarbeitung,

der Service-Robotik und der Usability/Gebrauchstaug­

lichkeit

Das Software Engineering sowie die Zuverlässigkeit und

Sicherheit ergänzen und verbinden als Querschnittstechno­

logien diese drei thematischen Säulen. Innerhalb derer

erfolgt eine besondere Fokussierung auf die strategischen

Schwerpunkte Softwareintensive Embedded Systems, Grid-

Anwendungen und -Infrastruktur sowie virtuelle/erweiterte

Realität. Diese Akzentsetzung erfolgt unter dem Aspekt des

großen Innovationspotentials für die deutsche Wirtschaft

und der Tatsache, dass Deutschland in diesen Bereichen

weltweit eine Führungsrolle mit einnimmt bzw. führend ist.

(Werbeagentur creart/Fachhochschule Fulda)

9 Der aktuelle Förderschwerpunkt THESEUS des BMWi, bei dem es um die Schaffung einer neuen Wissensinfrastruktur für

das Internet der nächsten Generation insbesondere mithilfe semantischer Verfahren geht („Internet der Dienste“), wird

in Abschnitt 5.1 dargestellt.

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50 FÖRDERPROGRAMM

Softwareintensive Embedded Systems

Embedded Systems sind der Innovationstreiber für viele

Kernbereiche der deutschen Industrie. Sie sind ein Parade­

beispiel für ein Teilgebiet übergreifendes und interdiszipli­

näres Forschungs- und Entwicklungsgebiet. Aus den ver­

schiedenen Anwendungsgebieten von Embedded Systems

ergeben sich Schnittstellen zu einer Reihe anderer Wissen­

schaftsdisziplinen. Hervorzuheben sind hierbei die Elektro­

niksysteme (Hardwarebausteine), die Kommunikations­

technologie (Vernetzungsplattformen) und die Mikro­

systemtechnik (Sensoren, Aktuatoren).

Softwareintensive Embedded Systems, bei denen

Deutschland in Europa und zum Teil auch weltweit einen

Technologievorsprung hat, spielen in vielen Hightech-

Produkten wie in Fahrzeugen, Flugzeugen, in der Robotik,

in der Haushaltstechnik, in der Medizintechnik und vielen

anderen Anwendungsgebieten des täglichen Lebens eine

zentrale Rolle. Sie werden immer entscheidender für die

Konkurrenzfähigkeit von Produkten.

Handlungsbedarf

Die Bereitstellung immer stärker integrierter Anwendungen

mit steigender Komplexität bei höchsten Qualitätsansprü­

chen unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Kosten­

aspekten ist eine enorme Herausforderung für große Teile

der deutschen Wirtschaft. Die systematische Entwicklung,

Modellierung, Validierung, Verifikation und Gestaltung der

Software solcher Systeme, insbesondere auch über Unterneh­

mensgrenzen hinweg und unter Einbeziehung des Mittel­

stands, bietet eine Fülle aktueller Forschungsfragen mit

hoher Anwendungsrelevanz.

(BASF)

Forschungsthemen

Requirements Engineering; Requirementsdriven

Engineering; Qualitätsmanagement; Usability

Engineering

Zukunftsträchtige Architekturen; Trade-off Analysen

Besondere Maßnahmen zur Verbesserung der

Zuverlässigkeit

Werkzeugunterstützung bei der Entwicklung;

Integration von Werkzeugketten

Produktlinien- und komponentenbasierte Ansätze

für die Entwicklung

Modellbasierte Entwicklung mit besonderer Betonung

auf Modellierungsaspekten

Fortschrittlicher Entwurfs- und Zertifizierungsprozess

softwareintensiver eingebetteter Systeme für sicher­

heitskritische Anwendungen

Evolutionäre Systeme, Fernwartung und Software­

aktualisierung

Grid-Anwendungen und Grid-Infrastruktur

Nach World Wide Web als universeller Kommunikations­

und Informations-Infrastruktur werden nunmehr Grid­

Middleware-Technologien entwickelt, die den einfachen

Zugriff auf IKT-Ressourcen und die weltweite Kooperation

über das Internet ermöglichen. In Deutschland haben For­

schungsprojekte wie Unicore und D-Grid zu dieser Entwik­

klung beigetragen und haben in einem ersten Schritt insbe­

sondere der Wissenschaft den einfachen Zugriff auf verteilte

Ressourcen (wie Computer, Datenspeicher, Experimente und

Instrumente) ermöglicht. Im Rahmen von D-Grid wird eine

IKT-Infrastruktur aufgebaut, die e-Research in breitem Rah­

men ermöglicht: Computer und Speicher werden in eine ver­

netzte, transparente Serviceumgebung eingebunden, auf die

die Anwender bei Bedarf über das Internet zugreifen können.

Die Erweiterung des Internet um die Grid-Ressourcen wird

zukünftig allen den Zugriff auf die Rechnerleistung großer

Computer und auf die internationalen Daten- und Wissens­

banken ermöglichen.

Handlungsbedarf

Wie bei jeder Schlüssel-Infrastruktur erfordern auch Ent­

wicklung und Aufbau von Grid-Infrastrukturen eine längere

Zeitspanne. Ihre hohe Komplexität macht eine enge Zu­

sammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft erforder­

lich. Die Komplexität wird weiter steigen, wenn zusätzlich

die dynamischen und globalen Geschäftsprozesse der Wirt­

schaft mittels Service-orientierter Architekturen (SOA) auf

die Grid-Ressourcen und deren optimale Nutzung abgebil­

det werden sollen, um die Wirtschaft für den globalen Wett­

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51 FÖRDERPROGRAMM

bewerb fit zu machen. Fernziel muss deshalb sein, beide

Architekturen – Grid und SOA – in eine gemeinsame Umge­

bung zusammenzuführen. Eine möglichst rasche Einfüh­

rung dieser Technologien in Wissenschaft und Wirtschaft

und die damit einhergehende Anpassung der Anwendungen

und Prozesse werden von entscheidender Bedeutung für den

Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland

sein.

Forschungsthemen

Sicherheit in Grids (Authentifizierung, Autorisierung,

Identität, Privatsphäre, Vertrauen)

Erweiterung der existierenden D-Grid-Infrastruktur um

weitere, insbesondere anwendungsorientierte Dienste

zur gemeinsamen Nutzung von im Internet verteilten

Ressourcen wie Computer, Speicher, Anwendungen und

Daten sowie zur interdisziplinären Zusammenarbeit auf

nationaler und internationaler Ebene

Anpassung von Software-Anwendungen aus Physik,

Chemie, Biologie, Wetter, Klima, Umwelt, Bioinformatik,

Biophysik, Pharmazie, Medizin, Aero- und Fluidmecha­

nik, Bodenschätze, Wirtschaft, Finanzen, Visualisierung,

usw. an die neue Grid-Infrastruktur und an neue Dienst­

leistungskonzepte

Integration lokaler und nationaler Grids und

Anwendungen in europäische und internationale

Grid-Infrastrukturen

Sensor-Grids und Wireless-Grids zur Kommunikation

und Interaktion von Elementen unserer Umwelt, z. B.

aus Sicherheitsgründen, z. B. bei Brücken, Hochhäusern,

Automobilen, Flugzeugen usw.

Entstehen von Massen-Grids für Millionen von Nutzern

in den Bereichen Gesundheit (Krankheit, Vorsorge,

Fitness, sensorbasiertes Monitoring), Freizeit (Multi-

Player Spiele, digitales Entertainment, Sport), Bildung

und Weiterbildung (Life Long Learning, Schul-Grids,

digitale interaktive Labors) und Beruf (Internet-Kurse,

Training, kooperatives Arbeiten)

Ausleihen von Ressourcen und Diensten von Service-

Providern gegen Nutzungsgebühr oder einen Sub­

skriptionsbeitrag

Virtuelle/Erweiterte Realität

Virtuelle Technologien (Virtuelle Realität – Virtual Reality –

VR und Erweiterte Realität – Augmented Reality – AR) bieten

ein hohes Potential für innovative Lösungen in den Wert­

schöpfungsketten von Hightech-Branchen (z. B. Automobil-

und Flugzeugbau). Sie besitzen großes Potential, beispiels­

weise zur Unterstützung von industriellen Arbeitsprozessen.

Basierend auf der geeigneten Aufbereitung und Visualisie­

rung von Daten wird bei dieser Technologie das Sichtfeld

eines Akteurs mit rechnergenerierten virtuellen Objekten

angereichert, so dass Produkt- bzw. Prozessinformationen

sehr viel direkter genutzt werden können. Neben der sehr

intuitiven Interaktion erschließt der Einsatz tragbarer Com­

puter Anwendungsfelder mit hohen Mobilitätsanforderun­

gen. Deutschland hat auf diesem Gebiet eine international

führende Rolle. Sowohl für die Produktion als auch für pro­

duktnahe Dienstleistungen ergeben sich durch den Einsatz

von Techniken der virtuellen und erweiterten Realität

Innovationssprünge, von denen viele Wirtschaftszweige

profitieren können.

Handlungsbedarf

Technische Systeme werden in ihrer Funktionalität immer

komplexer, was erheblich ansteigende Anforderungen an

die Entwickler, Hersteller und Nutzer dieser Systeme zur

Folge hat. Die Integration virtueller Technologien in den

Lebenszyklus von Produkten wird perspektivisch dazu bei­

tragen, diese Komplexität zu beherrschen. Forschung zur

virtuellen Realität ist in den letzten Jahren bereits etabliert

und partiell in Standardtechnologie eingebunden worden.

Erforschung und Anwendung von erweiterter Realität ist

dagegen ein noch relativ junges Arbeitsgebiet mit ersten

Durchbrüchen, das von den Ergebnissen aus der Virtuellen

Realität profitieren kann. Zusammen lassen sie ein hohes

Forschungs- und Umsetzungspotential für die nächsten

Jahre erkennen.

Forschungsthemen

Entwicklung von Softwarekomponenten für VR/AR

gemeinsam mit Entwicklung der Hardware und der

Interaktion untereinander

Unterstützung für die Integration von VR/AR in Anwen­

dungsgebiete durch die verstärkte Förderung inter­

disziplinärer Forschung im Bereich Computational

Science & Engineering

Interaktive VR/AR-basierte Worker- und Serviceunter­

stützung in verschiedenen Anwendungsbereichen

(z. B. Automobilbau, Luftfahrt, Maschinen- und Anlagen­

bau) sowie VR-basierte Lern- und Schulungssysteme

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52 FÖRDERPROGRAMM

Virtuelle interaktive Prototypen zur Entwicklung und

Validierung von Mensch-Maschine-Schnittstellen sowie

Nutzerinteraktion in immersiven Umgebungen

Mixed Reality Systeme (z. B. Verknüpfung realer Bedien­

komponenten mit virtuell repräsentierter Maschine)

zur Unterstützung der Produktentwicklung und des

Bedienertrainings

Unterstützung innovativer Forschung mit dem Ziel der

Handhabung extrem großer Datenmengen

Multimodale und perzeptive Benutzerschnittstellen mit

Integration von Sprache, Gestik sowie Haptik zur Inter­

aktionen mit virtuellen Welten

Erweiterung der Aktivitäten in nicht-technische Bereiche

mit der Zielsetzung, die Nutzung der Technologie für

geistes-, sozialwissenschaftliche und künstlerische An­

wendungen zu erforschen bzw. zu ermöglichen

Querschnittsthema Software Engineering

Software Engineering ist in vielen Industriezweigen die

„Produktionstechnik des 21. Jahrhunderts“. Defizite im

Bereich des Software Engineering gefährden im Informa­

tionszeitalter Arbeitsplätze in den primären, und insbeson­

dere auch in den vielen Software-Sekundärbranchen. Die

Forschungsoffensive „Software Engineering 2006“ des

BMBF und das Virtuelle Software-Engineering-Kompetenz­

zentrum (VSEK) haben wesentlich zur Verbreitung von

Software-Engineering-Wissen gerade bei KMU beigetragen.

Deutschland lebt zu einem hohen Anteil von der Wert­

schöpfung seiner ingenieurgeprägten Industrie wie Auto­

mobil- oder Anlagenbau. In Zukunft werden dazu wichtige

neue Bereiche in der Medizin- und Betreuungstechnik, im

Umweltschutz sowie der Nanotechnologie hinzukommen.

All diesen Anwendungen ist gemeinsam, dass der Software­

anteil immer größer, komplexer und für die Wertschöpfung

immer wichtiger wird.

Handlungsbedarf

Heutige Entwicklungsansätze trennen immer noch Kompo­

nenten der Mechanik, Elektronik und Software bei Konzep­

tion und Entwicklung komplexer technischer Systeme. Die

späte Berücksichtigung der Spezifika von Software führt zu

unnötiger Komplexität und unnötig hohen Entwicklungs­

kosten. Die integrierte Systementwicklung solcher software­

intensiven Systeme basiert auf Erkenntnissen des Software

Engineering und wird die ingenieurwissenschaftliche Kom­

petenz in Deutschland entscheidend stärken. Die zu erwar­

tenden Vorteile umfassen sowohl eine erhebliche Qualitäts­

verbesserung als auch deutliche Kosten- und Zeitreduktio­

nen.

Forschungsthemen

Entwicklung einer neuen Generation von Software­

technologien zur Realisierung von Smart-Applikationen

und -Services

Entwicklung einer umfassenden neuartigen Software-

Kompetenz zur Stärkung der zentralen Sekundär­

branchen im Hinblick auf die Beherrschung der

Systemkomplexität

Modellgetriebene Entwicklung und Endnutzer­

programmierung: Agile Methoden und modell­

getriebene Ansätze

Flexibilisierung und Wiederverwendung von

Anwendungen

Weiterentwicklung der Technologiebasis für

Web-Services und Service-orientierte Architektur

Entwicklung von Methoden, Konzepten und

Entwicklungsumgebungen für eine Service-

Orchestrierung, die die Lücke zwischen Geschäfts­

prozessen und Web-Service basierten Entwicklungen

schließt

Aufbau von Erfahrungsdaten im Software

Engineering

Querschnittstechnologie Sicherheit und Zuverlässigkeit

Sicherheit und Zuverlässigkeit sind conditio sine qua non für

die Nutzung moderner IKT. Softwaretechnologie muss dazu

beitragen, dass Daten und Kommunikationskanäle sicher

gegen unbefugten Zugriff und unbeabsichtigte Änderung

sind. Darüber hinaus muss die zuverlässige und korrekte

Arbeitsweise von Komponenten und Diensten unter norma­

len Betriebsbedingungen gewährleistet sein. Sicherheit und

Zuverlässigkeit durchdringen alle Bereiche des Lebens und

erfordern daher eine hochgradig multidisziplinäre Behand­

lung.

Die Entwicklung von Sicherheits- und Zuverlässigkeits­

standards, die Fehler ausschließen und das einwandfreie

Funktionieren mit Hilfe beispielsweise der Methoden der

formalen Verifikation und von softwaretechnologisch ge­

triebenen Tests sicherstellen, ist eine Grundvoraussetzung

für den Einsatz und die Akzeptanz von immer mehr Elektro­

nik im täglichen Leben. Sicherheit und Zuverlässigkeit von

Softwaresystemen haben deshalb in den Bereichen Embed­

ded Systems, Kommunikation und Anwendungssoftware

hohe Priorität. Wer hier Maßstäbe setzt, hat entscheidende

Wettbewerbsvorteile auf den internationalen Märkten.

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53 FÖRDERPROGRAMM

Die Unterstützung fehlerfreier Entwicklung von Software

durch Verifikation, wie sie vom BMBF im Projekt VERISOFT

gefördert wird, ist bereits heute eine deutsche Stärke, die

Grundlage für den guten Ruf von „Verified in Germany“

sein kann. Auch bei Softwaretestverfahren werden in

Deutschland im Verbund mit europäischen Partnern

wichtige Entwicklungen vorangetrieben.

Handlungsbedarf

Bei einer Reihe von Leitinnovationen, Technologieverbün­

den und Diensteplattformen aus IKT 2020 spielen Service­

orientierte Architekturen eine wichtige Rolle. Die Offenheit

und Flexibilität sind dabei besondere Sicherheitsherausfor­

derungen. Hier können grundlegende gemeinsame und

instrumenteübergreifende Aktivitäten zur IKT-Sicherheit

für Service-orientierte Architekturen entscheidende Grund­

lagen für den Erfolg der Leitinnovationen bilden.

Qualitätsprobleme in großen Hardware-/Software­

systemen begrenzen die Möglichkeiten funktionaler

Innovation. Hier muss die Zuverlässigkeit erhöht werden.

Es gibt einen gewaltigen Fundus an Basistechniken der

Verifikation und methodisch abgesicherter Softwaretest­

verfahren sowie eine Community von einer großen Zahl auf

diesem Gebiet tätigen Wissenschaftler allein in Deutschland.

Für industrielle FuE bleiben diese Ressourcen bisher oft weit­

gehend unzugänglich. Daher müssen neue Verfahren ent­

wickelt und bestehende verbessert werden, die produktiv

alle Funktionsfehler einer komplexen industriellen System­

komponente entdecken. Solche Komponenten sind an­

spruchsvolle, hoch optimierte Hardware-/Softwareeinheiten

von eigenständiger technischer und oft wirtschaftlicher

Bedeutung. Hierzu können insbesondere aktuelle Verfahren

der Verifikation dienen. Daneben sollen weitere Ansätze zur

Qualitätssicherung von Software gerade bei offenen, verteil­

ten Systemen mit ad-hoc-Vernetzung zum Einsatz kommen.

Hier müssen neue Testverfahren entwickelt werden, um

zumindest minimale Qualitätskriterien zu erfüllen.

Forschungsthemen

IKT-Sicherheit für Service-orientierte Architekturen

Sichere Dienste bei wechselnden Partnerschaften und

Sicherheit als Service

Entwicklung grundlegender Techniken, um Software-

Qualität zu produzieren und zu garantieren (formale

Testmethoden bis hin zu Qualität garantierenden Ent­

wicklungsprozessen, Qualitätsmanagement)

Modellbasierte Software- und Systementwicklung

(Modellierung, Simulation, Verifikation,

Codegenerierung)

Einbindung der existierenden Software-Verifikations­

werkzeuge in industrielle Entwicklungsumgebungen

und in den Standardisierungs- und Zertifizierungs­

prozess sicherheitskritischer Systeme

Werkzeugunterstützung zur Verifikation und Validie­

rung (Theorembeweiser, Modellprüfer, Programmprüfer,

Testmanagement und Testfallprüfung)

4.2.3 Kommunikationstechnik und Netze

Kommunikationstechnologien haben praktisch alle Lebens­

bereiche in den letzten Jahren grundlegend verändert, wie

Industrie, Handel, Dienstleistungen, Verkehr, Verwaltung,

Arbeit, Ausbildung, Gesundheitsversorgung (auch im Hin­

blick auf die alternde Gesellschaft), Umwelt, Wissen, Kultur

und Unterhaltung. Besonders sichtbar wird das durch die

stetig steigende Nutzung des Internets (30 % Zunahme des

Datenverkehrs in Europa jedes Jahr, in Ostasien rund 300 %)

und den raschen Ausbau der Mobilkommunikation (Ver­

dopplung des Datenverkehrs alle 20 Monate).

Die industrielle Situation in den Netztechnologien in

Deutschland heute liefert ein gemischtes Bild: Die Unterneh­

men der Branche befinden sich zurzeit in einem Umbruch.

Strategische Fusionen vor allem europäischer Unternehmen

führen dazu, dass weniger und größere europäische Unter­

nehmen den Markt für Netzwerkausrüster dominieren. In

einer Reihe von Bereichen hat es Rückschläge aus deutscher

und europäischer Sicht gegeben, wie der Rückgang der Han­

dyfertigung in Deutschland beispielhaft zeigt. Entsprechend

ging in den Kommunikationstechnologien der letzten acht

Jahre im Schnitt die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland

um 4,5 % pro Jahr zurück. Die andere Seite ist, dass die Kom­

munikationstechnologien in unserem Land ein besonders

bedeutender Wirtschaftszweig geblieben sind. Sie beschäfti­

gen heute rund 283.000 Menschen. Die in Deutschland pro­

duzierenden Festnetzausrüster haben in Teilbereichen (z. B.

optischen Netzen) einen hohen Weltmarktanteil von über

50 %. Die europäischen Mobilfunkausrüster dominieren den

Weltmarkt und produzieren wesentlich in Deutschland.

Diese Potentiale gilt es zu nutzen. Die Spitzenstellung für

die Ausrüster im Mobilfunk und im Festnetz in Deutschland ist

durch ein gemeinsames europäisch-strategisches Vorgehen

auszubauen. Eine leistungsfähige KMU-Szene im Bereich der

Komponentenhersteller und Systemzulieferer ist zu unterstüt­

zen. Die Wertschöpfung in den Netztechnologien erfolgt zu

einem großen Anteil durch neue Dienstleistungen. Es verwun­

dert deshalb nicht, dass von den rund 270.000 Arbeitsplätzen

in Deutschland über 220.000 im Bereich der Kommunika­

tionsdienstleistungen liegen. Neue Dienste auf der Basis

neuer Netztechnologien sind deshalb voranzubringen.

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54 FÖRDERPROGRAMM

Eine leistungsfähige Netzinfrastruktur ist die Voraussetzung

für wirtschaftlichen Erfolg und eine funktionierende Gesell­

schaft. Die Forschungspolitik hat deshalb das Ziel, die Sicher­

heit, die Zuverlässigkeit und die Ausfallsicherheit von Netzen

zu verbessern. Erst damit können sich den Kommunikations­

technologien sicherheitsrelevante Anwendungen, z. B. im

Verkehr oder im Gesundheitsbereich erschließen.

Die Forschung in den Kommunikationstechnologien

steht angesichts der dynamischen Entwicklung vor den im

Folgenden genannten Herausforderungen.

Schwerpunkte

Neue Standards für künftige Kommunikationsnetze

Kommunikation ohne netzseitige Begrenzung:

überall, ohne merkliche Zeitverzögerung und

mit hohen Datenraten

Sicherheit und Zuverlässigkeit der Netze

Autonome vernetzte Sensorsysteme

Neue Standards für künftige Kommunikationsnetze

Kommunikation zwischen Teilnehmern mit unterschied­

lichen Endgeräten und über unterschiedliche Zugangsnetze,

Metronetze und Kernnetze hinweg ist nur möglich, wenn es

einheitliche, weit verbreitete technische Standards für die

Kommunikation gibt. Wem es gelingt, die Standards ent­

scheidend mit zu gestalten, hat den Markterfolg. Die euro­

päische Spitzenstellung im Mobilfunk (rund Dreiviertel

Weltmarktanteil der drei großen europäischen Mobilfunk­

ausrüster) hat seine Ursache im Erfolg des europäischen

Mobilfunkstandards GSM.

Zukünftige Telekommunikationsdienste stellen hohe

Anforderungen, die im Rahmen der heute gültigen Stan­

dards nicht bewältigt werden können. So können sicher­

heitsrelevante Anwendungen nur erschlossen werden,

wenn Netze zuverlässig immer und überall zur Verfügung

stehen. Gefahrenwarnungen z. B. im Verkehr erfordern eine

schnelle Übermittlung von Information mit einer Zeitver­

zögerung im Millisekundenbereich, die heute nicht garan­

tiert werden können.

Handlungsbedarf

Die Konvergenz der Netze erfordert übergreifende Stan­

dards mit gemeinsamen Grundkonzepten vom Netzzugang

bis zur Datenübertragung im Kernnetz. Das Internet der

Dinge wird ohne eine Vereinheitlichung der Übertragungs­

protokolle nicht zum Durchbruch kommen und damit das

wirtschaftliche Potential nicht ausgeschöpft werden können.

Ziel sollte es sein, flexibel auf Module innerhalb von Stan­

dards zurückgreifen zu können, die der jeweiligen Anwen­

dung optimal angepasst sind. Ziel neuer Standards ist gleich­

zeitig auch, die Komplexität des Netzmanagements zu ver­

ringern, um Ausfallsicherheit, Robustheit, Selbstorganisation

und Selbstheilung zu ermöglichen.

Die mobile Nutzung des Internets nimmt immer mehr

zu. Dienste sollten unabhängig vom Ort und der Geschwin­

digkeit, mit der sich der Nutzer bewegt, zur Verfügung ste­

hen. Für viele mobile Anwendungen, z. B. Fahrzeug-zu-Fahr­

zeug-Kommunikation, gibt es noch keine funktionierenden

Standards.

Forschungsthemen

Standards mit einheitlichen Modulen vom Teilnehmer­

zugangsbereich bis hin zum Kernnetz, z. B. basierend

auf Ethernet-Technologie

Neue Netzprotokolle, die ausfallsichere und sichere

Netze ermöglichen, Steuerungsmechanismen mit

inhärenter Sicherheit, z. B. durch Trennung der Steue­

rungs- von der Nutzdatenebene, selbstorganisierende

Routingverfahren

Standards, die sicherheitsrelevanten Anwendungen

genügen, z. B. durch Verringerung von Latenzzeiten,

Standards auch für Signalübertragung bei höherer

Geschwindigkeit

Standards, die eine effizientere Ressourcennutzung

ermöglichen. Neue Ansätze sind Mehrantennensysteme,

Mehrzellen-Kooperationstechniken, Verfahren zur Inter­

ferenzreduktion, Ressourcenzuteilungsverfahren,

Signalübertragungs- und Modulationsverfahren und

Kodierungsverfahren

Standards, die einen zuverlässigen Zugang überall

ermöglichen. Forschungsparameter sind z. B. Fairness

des Zugangs und Scheduling

Standardisierung von Vereinfachungen des Netz­

management („Self-X“- Methoden wie Selbstheilung,

Selbstorganisation etc.)

Kommunikation ohne netzseitige Begrenzung: überall, ohne merkliche Zeitverzögerung und mit hohen Datenraten

Bei dem oben beschriebenen dramatischen Anstieg des

Datenverkehrs ist abzusehen, dass die heutige Infrastruktur

der Netze den Anforderungen nicht mehr gewachsen sein

wird. Durch neue Technologien sollten die begrenzten Res­

sourcen der Netze optimal bis an die physikalische Grenze

ausgeschöpft werden. Getrieben durch neue Anwendungen

und Dienste und durch die Anforderungen an die Antwort­

zeiten (Latenz) steigt der Bandbreitebedarf und verschiebt

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55 FÖRDERPROGRAMM

sich zunehmend an den Rand des Netzes. Im Anschluss-Be­

reich werden bei 20-100 Mbit/s pro Teilnehmer die Grenzen

der derzeitigen DSL-Technologie erreicht. Im Bereich des

drahtlosen Datenverkehrs werden Summendatenraten von

10 Gbit/s für schnelle Datensynchronisation und Inhaus­

verteilung im Nahbereich (bis 3 m) und 1 Gbit/s im WLAN-

Bereich (bis 300 m) erwartet. Für den klassischen Mobilfunk

im zellularen Bereich (bis 3 km) werden flächendeckend

Summendatenraten von 100 Mbit/s zu bewältigen sein.

Handlungsbedarf

Die Herausforderung heißt: Kommunikation ohne netz­

seitige Begrenzung, überall, mit nicht merklicher Zeit­

verzögerung und mit hoher Qualität („Quality of Service“).

Dazu muss das Bandbreiteangebot einen qualitativen

Sprung machen. Der Trend im Internet geht dahin, dass der

Endnutzer selbst zum Anbieter von Inhalten wird (peer­

to-peer Datenaustausch). Dieses setzt einen breitbandigen

Anschluss auch für das Hochladen von Daten voraus. Da­

durch werden die Dynamik und die Spitzenlasten des Daten­

verkehrs stark zunehmen. Störeffekte werden durch den

Anstieg im Datenverkehr zunehmen und müssen kompen­

siert werden. Es ergibt sich der im Folgenden umrissene

Forschungsbedarf:

Forschungsthemen

„Self-X“-Netze: Entwicklung neuer Netz-Management­

konzepte mit Mechanismen der Selbstorganisation,

Selbstheilung, Selbstoptimierung und integrierte Netz­

steuerung

Frequenz-Ökonomie: möglichst effiziente Nutzung der

zur Verfügung stehenden begrenzten Ressourcen durch

Bearbeitung von Forschungsthemen wie „cognitive

radio“, Multizellen-Kooperationstechniken

Qualität trotz Störungen: Korrektur von unvermeid­

lichen Störeinflüssen („dirty RF“, „interference cancel­

lation“)

Effizienter, zuverlässiger und skalierbarer Pakettransport

(Modul- und Subsystemtechnologien, Integration und

Parallelisierung optischer Komponenten, neue Verstär­

ker- und Transmittertechnologien)

Konvergenz der Netze: Netzwerkübergreifendes Teil­

nehmerzugangs-, Mobilitäts- und Qualitätsmanagement

zur universellen Bereitstellung der gewünschten Dienste

Inhaus-Netze und andere kurzreichweitige Systeme

mit hohen und höchsten Datenraten, schnelle Daten­

synchronisation mobiler Geräte, medizinisches

und haustechnisches Monitoring; adaptive und

skalierbare Kodierverfahren

■ Lernfähige Endgeräte mit perzeptiven Komponenten,

die eine adäquate Anpassung an den situativen Kontext,

die Aufmerksamkeit und die Präferenzen des Nutzers

vornehmen

Sicherheit und Zuverlässigkeit der Netze

In dem Maße, wie die Abhängigkeit der Gesellschaft von den

modernen Informations- und Kommunikationstechniken

steigt, erhöhen sich auch die Anforderungen an Sicherheit

und Zuverlässigkeit. Die Themen Sicherheit und Zuverlässig­

keit umfassen sowohl Angriffe infolge Terrorismus oder

Sabotage als auch den Bereich der Funktions- oder Betriebs­

sicherheit. Eine neue Qualität von Sicherheit und Zuverläs­

sigkeit ist entscheidend für die Akzeptanz neuer Netzdienste

und für die Vermeidung immenser betriebs- und volkswirt­

schaftlicher Schäden durch Netzattacken.

Handlungsbedarf

Zum Schutz der Netze vor Angriffen sind integrierte Sicher­

heitssysteme zu entwickeln, die in das Internet und in die

Telekommunikationsnetze eingebettet sind und Angriffe

und andere Störungen zuverlässig und frühzeitig erkennen

und abwehren. Zur Steigerung der Zuverlässigkeit ist das

Verhalten bei Netzfehlern zu untersuchen, wie trotz des Aus­

falls ganzer Netzteile die Kommunikation gewährleistet wer­

den kann, und es sind geeignete Netzarchitekturen sowie

robuste Übertragungsverfahren zu entwickeln. Drahtlose

Kommunikationssysteme sind eine besondere Herausforde­

rung für Sicherheit und Zuverlässigkeit, da die Informations­

übertragung über die Luft bislang anfällig gegen Angriffe

und Abhören ist. Auch neue Anwendungen müssen sicher

gestaltet werden, wie z. B. die Kommunikation zwischen

Fahrzeugen im Straßenverkehr oder Anwendungen im

Gesundheitsbereich.

Forschungsthemen

Robustes Netz: Neue Konzepte des Netzmanagements

zur Abwehr von Netzattacken. Beispielsweise kann eine

Entkopplung von Daten-, Netzsteuerungs- und Netz­

managementebenen das Netz immanent sicherer

gegen Angriffe machen

Authentifizierung, Autorisierung und Abrechnung in

technologisch inhomogener Landschaft

Verfahren zur Entwicklung von vertrauenswürdigen

offenen Sicherheitssystemen (single-sign-on, krypto­

graphische und biometrische Verfahren)

Integrität von Bild-, Video- und Sprachinformationen

Selbstlernende Sicherheits-Gateways

Fälschungssichere Smart-Cards

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56 FÖRDERPROGRAMM

Autonome vernetzte Sensorsysteme

Jedes Jahr sterben Menschen in Lawinen, weil es zu lange

dauert, sie unter dem Schnee zu finden. Waldbrände ver­

wüsten Landschaften und bedrohen Siedlungsgebiete.

Gebäude stürzen ein, weil es keine regelmäßige Überwa­

chung der Bausubstanz gibt. In Zukunft könnten autonome

Sensornetze bei diesen Gefahren helfen. Die Anwendungs­

potentiale gehen noch weit über die genannten Beispiele

hinaus und umfassen die Landwirtschaft, die Telemedizin,

die Logistik (z. B. beim Transport gefährlicher Güter), den

Personenschutz, die Prozessautomatisierung in der Ferti­

gungstechnik, die Überwachung der technischen Sicherheit

von Flugzeugen und Gebäuden, das Umweltmonitoring

(z. B. Luftgüte, Wetterdaten), den Bereich Wellness/Freizeit,

die Sicherheit im Verkehr, den Verbraucherschutz z. B. bei

der Lebensmittelkennzeichnung und den Bereich der

Servicerobotik.

Autonome Sensornetze sind die technologische Basis für

IKT-Systeme, die ihre Umgebung erfassen und „verstehen“

(„Real World Awareness“) und ihre Informationen kommu­

nizieren. Sensornetze können Umgebungsdaten an bisher

nicht oder nur mit hohem Aufwand erreichbaren Orten

messen und diese Daten ohne hohen Aufwand weiterleiten.

Sie bestehen aus einer hinreichend großen Zahl von einzel­

nen miniaturisierten Sensorknoten, welche sich auszeichnen

durch

eine integrierte Sensorik,

erste Datenverarbeitung vor Ort im Sensorsystem,

integrierte drahtlose Kommunikation für das Senden

und Empfangen von Daten (Ad-hoc und von und zur

Infrastruktur) und

eine autonome, d. h. der jeweiligen Applikation ent­

sprechend von einem festen Netz unabhängige

Energieversorgung.

Handlungsbedarf

Die genannten Anwendungen für Sensornetze können nur

erschlossen werden, wenn die Basistechnologien für Sensor­

netze zur Verfügung stehen. Dies ist heute nicht der Fall. Ein

wichtiges Handlungsfeld ist z. B. die Energieversorgung des

Sensorknotens und die Minimierung des Energieverbrauchs

im Betrieb. Sensornetze müssen zuverlässig funktionieren,

auch wenn einzelne Sensorknoten ausfallen. Dazu müssen

Konzepte für die Kommunikationsarchitektur zwischen den

Sensorknoten und zur Basisstation entwickelt werden.

Darüber hinaus müssen Sensornetze kostengünstig sein,

was in der Regel bedeutet, dass die Sensorknoten hoch mini­

aturisiert sein müssen. Bei der zukünftigen Umsetzung sol­

len sowohl mobile als auch stationäre Sensornetzwerke ent­

stehen, die in der Lage sind, neuartige Aufgaben der Daten­

erfassung und Auswertung vorrangig in technischen Prozes­

sen zu erfüllen.

Forschungsthemen

Echtzeitfähigkeit

Energie-Autarkie, Zuverlässigkeit und Robustheit

Architektur des Sensornetzwerkes und Algorithmen für

die Datenkommunikation zwischen den Sensorknoten

und die Datenverarbeitung im Sensorknoten

Sicherheit der Sensornetze gegen Missbrauch und

Datenverlust

Reduktion des Installationsaufwandes, freie Konfigu­

rierbarkeit

Mehrfachnutzbarkeit einzelner Sensorknoten

(mit der Möglichkeit zur Umprogrammierung)

4.3 Zukünftige Entwicklungen

Neben der Ausrichtung auf die Verbundforschung werden

auch Fördermittel aus den Technologietiteln für neue The­

men mit noch geringer Markt- und Anwendungsnähe ver­

wendet. Diese Themen werden gemeinsam mit Wirtschaft

und Wissenschaft identifiziert, aber zunächst an öffentlichen

Forschungseinrichtungen und Universitäten mit geringer

oder ganz ohne Industriebeteiligung gefördert. So soll

sichergestellt werden, dass die deutsche Wissenschaft und

Forschung im Bereich der Schlüsseltechnologien internatio­

nal wettbewerbsfähig bleibt und Zukunftstrends frühzeitig

erkannt werden.

Bei einer Reihe von Themen, mit denen physikalisches

und technologisches Neuland der Informations- und Kom­

munikationstechnik betreten wird, ist abzusehen, dass sie

erst langfristig, d. h. mit einer Zeitperspektive von 10 Jahren

und länger, zu Produkten führen werden. Bei diesen grund­

lagennäheren Forschungsthemen sind darüber hinaus

meistens heute noch längst nicht alle zukünftigen Anwen­

dungen sicher zu benennen. Durch sie können die Grund­

lagen für die anwendungsorientierte Forschung in künftigen

Jahren gelegt werden. Im Rahmen des Forschungsprogram­

mes IKT 2020 werden deshalb 10 % der Mittel für Langfrist­

forschung vorgesehen. Damit werden neue physikalische

Effekte und disruptive Technologien untersucht, denen lang­

fristig im Innovationsprozess eine fundamentale Bedeutung

zukommt.

Derzeit sind folgende Zukunftsthemen mit Wissenschaft

und Wirtschaft in der Diskussion:

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57 FÖRDERPROGRAMM

Elektroniksysteme der Zukunft

Organic Computing

Integrierte Photonik

Netzwerkinformationstheorie für Kommunikations­

systeme

Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Themen können

und sollen während der Laufzeit des Programms bzw. im

Rahmen der Fortschreibung diskutiert werden.

Elektroniksysteme der Zukunft

Die heutige Elektronik steht vor zwei wesentlichen Heraus­

forderungen:

Auch wenn durch die Massenfertigung Bauelemente auf

der Basis der Si-Hochleistungstechnologie (CMOS) ein

wesentlich günstigeres Kosten-Nutzen-Verhältnis als

noch vor wenigen Jahren aufweisen, müssen – durch den

Markt getrieben – heutige Verfahren und Produkte bei

einer Vielzahl von Anwendungen zu weiteren Höchst­

leistungen bei niedrigeren Preisen getrieben werden.

Immer weitere Strukturverkleinerungen und neuartige

Konzepte, z. B. bei der Chiparchitektur (Multilevel/Multi­

core) werden jedoch irgendwann an ihre prinzipiellen

physikalischen Grenzen stoßen, wobei selbst Spezialisten

mit Prognosen über den Zeitpunkt dieser Entwicklung

zurückhaltend sind.

Zum einen ist daher die rechtzeitige konzeptionelle Vor­

bereitung multifunktionaler Bauelemente mit neuen

Leistungsdimensionen und extremer Energieeffizienz auf der

Basis systemarer Hochintegration von Speicher-, Schalt- und

Steuerfunktionen wichtig. Auch wenn die Elektronikindustrie

sich ihre Maßstäbe für die zukünftige Leistungsfähigkeit der

Elektronik durch die sogenannte ITRS-Roadmap selbst defi­

niert, ist bei weitem nicht immer klar, wie diese Maßstäbe

erfüllt werden können. Die technologische Umsetzung dieser

ITRS-Vorgaben wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Zusätzlich

rücken fundamentale Probleme, die dem Erreichen physikali­

scher Grenzen geschuldet sind, immer näher. Somit erfordert

auch die „klassische“ Mikro- und Nanoelektronik immer grö­

ßere FuE-Anstrengungen, um zukünftige Marktanforderun­

gen zu erfüllen. Während vor ca. 30 Jahren nur eine geringe

Anzahl chemischer Elemente für die Chipproduktion notwen­

dig war, ist es heute bereits ein Großteil der Elemente mit ent­

sprechender Zunahme an Komplexität und Aufwand für For­

schung und Produktion.

300 mm Wafer mit Vier-Kern Prozessoren in 65 nm Technologie (AMD)

Zum anderen aber ist auch interdisziplinäre Grundlagenfor­

schung nötig, um zukünftige Bauelemente bzw. Elektronik­

systeme jenseits der heute bekannten Technologien, Struktu­

ren und Materialien vorzubereiten. So gibt es im Bereich der

Spintronik noch viele ungelöste Grundlagenprobleme, da bis­

her ein anwendungsnahes Materialsystem fehlt, mit dem sich

alle relevanten Bauteile darstellen lassen. Entsprechend sind

auch die möglichen Anwendungen bzw. deren Überlegenheit

zu konventionellen Konzepten noch unklar.

Die Einschätzung der Entwicklung dieser oder auch ande­

rer Bereiche (z. B. Bioelektronik oder Carbon Nano-Tubes)

muss einem regelmäßigen Evaluierungsprozess unterworfen

werden, der vor allem auch die Entwicklungen im internatio­

nalen Umfeld berücksichtigt, so in den USA und Asien.

Dieser längerfristige Ansatz im Bereich der interdiszipli­

nären Grundlagenforschung stellt in besonderem Maße eine

große Herausforderung dar, da hierfür die Organisation einer

interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Physik, Chemie,

Ingenieur- und Lebenswissenschaften erforderlich ist. Zudem

müssen erhebliche Risiken bei der Schwerpunktsetzung für

FuE in Kauf genommen werden, da Grenzen heute bekannter

Substrate, Funktionen und Technologien überschritten wer­

den müssen.

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58 FÖRDERPROGRAMM

Organic Computing

Deutschland ist weltweit mit führend im Bereich von Syste­

men der Automobiltechnik, Verkehrstechnik, Automatisie­

rungstechnik und Telekommunikation. Zur Wahrung und

zum Ausbau dieser Führungsposition ist es nötig, frühzeitig

die Möglichkeiten adaptiver und selbstorganisierender

Systeme zu nutzen und die absehbaren Probleme zu lösen.

Es geht dabei nicht mehr um die Frage, ob selbstorganisie­

rende Systeme entstehen werden, sondern darum, wie wir

sie gewinnbringend gestalten und einsetzen können.

Die bisherige Grundlagenforschung zum Thema Organic

Computing, das sich mit diesen Fragen befasst, ist national

und international ausgerichtet (DFG-Schwerpunktprogramm

sowie EU-Projekte). Eine Reihe größerer Unternehmen in

Deutschland ist daran interessiert, die Ergebnisse aus diesen

Forschungsinitiativen mittelfristig wirtschaftlich nutzbar zu

machen. Hier bieten sich zunächst vor allem deutsche Unter­

nehmen an, zu denen bereits vielfältige Kontakte existieren.

Weiterhin besteht im nationalen Rahmen die Chance, bereits

frühzeitig KMU in den FuE-Prozess einzubeziehen.

Das Thema Organic Computing ist in Deutschland früh­

zeitig aufgegriffen worden. Nach Aussagen potentieller

Anwender ist ein praktischer Einsatz im größeren Rahmen

etwa ab 2015 realistisch, wobei kleinere Systeme früher zu

erwarten sind. Daher soll eine gezielte Überführung aus der

Grundlagenforschung in die industrielle Praxis gefördert

werden.

Seit etwa dem Jahr 2003 bearbeitet eine wachsende

Anzahl von Forschungseinrichtungen Themen der Selbst­

organisation und Adaptivität technischer Systeme. Auch die

Industrie sieht in der Beherrschbarkeit selbstorganisierender

Systeme eine der größten Herausforderungen für Forschung

und Entwicklung. Doch trotz vielfacher Aktivitäten vor allem

auch im Bereich bio-inspirierter Systeme fehlt noch weit­

gehend das grundlegende Verständnis für die technische

Beherrschung selbstorganisierender adaptiver Systeme.

Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen unterschied­

lichen Disziplinen der Grundlagenforschung und zwischen

Forschungseinrichtungen und Industrie nötig. Lücken be­

stehen u.a. auf den Gebieten Entwurfsverfahren und -werk­

zeuge für selbstorganisierende adaptive Systeme.

Erfolgversprechend ist hier, in Erweiterung der DFG-

Aktivitäten die Hauptarbeitsgebiete Architekturen, Sicher­

heit sowie Entwurfsverfahren und -werkzeuge auf industriell

relevante Anwendungsfelder (Automobiltechnik, Fabrik­

automatisierung, adaptive Energieversorgung und weitere)

auszudehnen.

Integrierte Photonik

Mit der Einführung der Glasfasertechnologie in die Kommu­

nikationstechnik wurde das Fenster für eine nahezu unbe­

grenzte Bandbreite geöffnet. Mit den Fortschritten in der

Glasfaser-, Laser- und Codierungstechnologie nahm die über­

tragbare Datenrate ständig zu. Die daraus resultierenden

Anwendungen und die zunehmende Durchdringung aller

Lebensbereiche mit Kommunikationstechnologien generie­

ren ihrerseits weiteren neuen Bandbreitebedarf. In naher Zu­

kunft werden bereits bis zu 100 Mbit/s pro Teilnehmer und

40-100 Gbit/s je Einzelkanal im Kernnetz erwartet. Auf länge­

re Sicht soll dem Teilnehmer 1 Gbit/s zu Verfügung stehen.

Dies wird nur auf der Basis von Optischen Technologien

(Photonik) möglich sein. Neue photonische Komponenten

werden das Potential für Leistungssteigerungen um den

Faktor 100 bis 1000 besitzen. Photonische Komponenten

sind aber heute oft noch recht teuer. Zur Realisierung preis­

werter photonischer Komponenten wird weltweit an Lösun­

gen gearbeitet, die Photonik in ähnlicher Weise kompakt

in Chips zu integrieren, wie es in der Silizium-Elektronik

gelang. Vor allem für flexible (schaltbare) optische Netze

werden Lösungen erforderlich, die viel mehr photonische

Funktionalität enthalten als gegenwärtige Systeme.

Deutsche Unternehmen, insbesondere kleine und mittle­

re, und Forschungseinrichtungen haben sowohl bei opti­

schen als auch elektronischen Komponenten internationale

Spitzenstellungen erreicht. Erste Schritte der Integration

von elektronischen und photonischen Funktionen wurden

bereits in Empfängern und Verstärkern realisiert.

Die photonische und die photonisch/elektrische Inte­

gration wird dabei in mehreren Stufen erwartet: Erstens

die Integration mehrerer photonischer Funktionalitäten

basierend auf klassischen Technologien, zweitens die hybri­

de Integration von Elektronik und Photonik und drittens die

Integration einer hohen Anzahl elektrischer und photoni­

scher Funktionalitäten z. B. auf Basis einer CMOS kompati­

blen Siliziumtechnologie. Die Photonik zur Informations­

übertragung wird in alle denkbaren Anwendungsbereiche

vordringen und die zu Verfügung stehende Bandbreite,

deren Grenzen noch nicht erreicht sind, effizienter nutzen.

Page 61: IKT 2020 - forschungsnetzwerk.atder Beitrag des BMBF zur Umsetzung des Handlungsfeldes „Forschungsförderung“ im Innovationsfeld IKT der High tech-Strategie und des Aktionsprogramms

59 FÖRDERPROGRAMM

Netzwerkinformationstheorie für Kommunikationssysteme

Die mobile Kommunikation verwendet für die Übertragung

der Informationen ein sehr wertvolles Allgemeingut, das

Frequenzspektrum. Der steigende Bedarf an Datenkommu­

nikation als Basis neuer, innovativer Dienste ist weiterhin für

absehbare Zukunft unbegrenzt. Um diese Ressource verant­

wortlich und mit erheblich gesteigerter Effizienz einzuset­

zen, bedarf es grundlegender theoretischer Forschung sowie

experimenteller Verifizierung der Theorien. Nur so können

Reserven gehoben werden, die heute noch unbekannt sind.

Als eine der großen Herausforderungen gilt die multivalente

Optimierung dieses multidimensionalen Problems. Zukünf­

tig stehen nicht mehr das Betrachten und Optimieren einzel­

ner Netzelemente im Vordergrund, sondern deren Zusam­

menhang und die konstruktive Interaktion sowie die gegen­

seitige Störung der kommunizierenden Netzelemente. Auch

das Verständnis der physikalischen Grundlagen der tech­

nisch nie optimal, sondern nur degradiert realisierbaren

Komponenten, und der Einfluss dieser Effekte auf die Nut­

zung der Funkressource muss aufgebaut werden. Durch

diese fundamentalen Arbeiten kann das theoretisch erziel­

bare Maximum an Frequenzökonomie mit dem realisierten

verglichen werden.

Eine maßgebliche Herausforderung besteht dabei darin,

neben dem klassischen Leistungsmaß der spektralen Effi­

zienz neue Kriterien wie Energieeffizienz, Delay und Robust­

heit des gesamten Systems zu beherrschen. Für die Vielfalt

der unterschiedlichen Leistungsmaße muss eine Netzwerk­

informationstheorie entwickelt werden, die unter Berück­

sichtigung der verfügbaren Hardware einen effizienten Ent­

wurf und Betrieb von mobilen Kommunikationssystemen

ermöglicht. Hierzu müssen neue Ansätze zur Modellierung

des gesamten Netzes, von Diensten, Kanälen und Hardware

entwickelt werden (Paradigmenwechsel von der Punkt-zu­

Punkt-Optimierung hin zur Netzoptimierung).

Page 62: IKT 2020 - forschungsnetzwerk.atder Beitrag des BMBF zur Umsetzung des Handlungsfeldes „Forschungsförderung“ im Innovationsfeld IKT der High tech-Strategie und des Aktionsprogramms

60 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

5. IKT-Politik aus einem Guss

Innovationspolitik ist mehr als Forschungspolitik. In der

Hightech-Strategie wurden für das spezifische Innovations­

feld IKT vier Handlungsfelder identifiziert:

Informationsgesellschaft: Diffusion und Nutzung

voranbringen; E-Government: Zukunft gestalten

Schutz der Informationsinfrastruktur: Nationalen

Plan zur IKT-Sicherheit umsetzen

Forschungsförderung: Stärken ausbauen, Chancen

nutzen, Herausforderungen begegnen

Rahmenbedingungen: Innovations- und investitions­

freundliche Ausgestaltung

Mit dem Aktionsprogramm „iD2010 – Informationsgesell­

schaft Deutschland 2010“ werden die verschiedenen pro­

grammatischen Maßnahmen der Bundesregierung in den

Bereichen IKT und Neue Medien zusammengefasst. Aus die­

sem Grund wurde auf die Darstellung derjenigen Maßnah­

men, die nicht dem Handlungsfeld „Forschungsförderung“

zuzuordnen sind, verzichtet.

Das vorliegende Förderprogramm (vgl. Kapitel 4) ist der

Beitrag des BMBF zur Umsetzung der Hightech-Strategie im

IKT-Bereich für das Handlungsfeld „Forschungsförderung“.

Die weiteren IKT-relevanten Maßnahmen der Bundesregie­

rung in diesem Handlungsfeld sowie in den anderen sind im

Aktionsprogramm iD2010 zu finden und werden im Folgen­

den nicht im Einzelnen dargestellt.

Darüber hinaus wurden in der Hightech-Strategie die

folgenden (auch) für IKT relevanten Querschnittsthemen

identifiziert:

(

(

(

Europäische Forschungs- und Innovationspolitik

mit gestalten (vgl. Abschnitt 5.2)

Exzellenzinitiative zur Förderung der Hochschulen

vgl. Abschnitt 5.3)

Anwendungsorientierte Wissenschaft

vgl. Abschnitt 5.4)

Nachwuchs, Fach- und Führungskräfte

vgl. Abschnitt 5.5)

5.1 Entwicklung und Erprobung neuer Multimedia- und Internettechnologien10

Bei der Förderung multimedialer Technologien geht es um

die Neuausrichtung, Automatisierung und Optimierung von

Abläufen und Wertschöpfungsketten, neuen Formen der

Wissensvermittlung, Wissensbeschaffung (E-Learning,

Wissensmanagement) oder der individualisierten, kontext­

sensitiven und mobilen Wissensbereitstellung.

Mit Technologiewettbewerben und Pilotvorhaben zur

digitalen Konvergenz, zum mobilen Geschäftsverkehr in

Wirtschaft und Verwaltung sowie zu intelligenten Metho­

den für die Digitalisierung und Nutzung globalen Wissens

sollen Demonstrationsvorhaben angestoßen werden, die

nicht nur technische, sondern auch rechtliche und organi­

satorische Fragen lösen und nachhaltige Effekte bewirken.

Grundvoraussetzung ist dabei, dass die beteiligten Unter­

nehmen ihr Umsetzungsinteresse mit der Übernahme eines

Eigenanteils, der sich nach dem jeweiligen Anwendungs­

grad der Forschungs- und Entwicklungsvorhaben richtet

und in der Regel über 50 % liegt, unterstreichen. Mit Hilfe

einer Begleitforschung wird der Technologietransfer ent­

wicklungsbegleitend beschleunigt.

Schwerpunkte der Förderung multimedialer Techno­

logien seitens BMWi sind:

Next Generation Media

Mit der Förderung von Entwicklung, Erprobung und Demon­

stration von Multimedia-Anwendungen für vernetzte intelli­

gente Systeme („Next Generation Media“) sollen Referenz­

modelle und Vorzeige-Beispiele entstehen, die Machbarkeit

und wirtschaftlichen Nutzen aufzeigen und zur Nachah­

mung anregen. Die angestrebten Entwicklungen greifen

Begriffe wie Ambient Intelligence, Ubiquitous Computing

oder „Things that Think“ auf, die den Beginn eines neuen

Zeitalters, das „Internet der Dinge“, markieren. Die ausge­

wählten Projekte zielen auf technologische Leitinnovationen

in den Feldern „Konsumelektronik in vernetzten Systemen“,

„Intelligente Logistiknetze“, „Intelligente Vernetzung von

Produktionsanlagen“ und „Intelligente Systeme in der Ge­

sundheitsversorgung“. Vor allem zukunftsweisende RFID-

Anwendungen bilden einen wichtigen Schwerpunkt des

Gesamtvorhabens.

10 Förderaktivitäten des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).

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61 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

Mobile Anwendungen

Im Gegensatz zu den Fortschritten im Lifestyle-Bereich wird

das Potenzial mobiler IKT-Anwendungen in KMU und Ver­

waltungen nur zögerlich aufgegriffen. Ein Hauptgrund sind

Sicherheitsbedenken. Hier setzt die neue BMWi-Fördermaß­

nahme SimoBIT mit dem Schwerpunkt IKT-Sicherheit an.

SimoBIT wurde im Mai 2006 als Technologiewettbewerb aus­

geschrieben. Von 100 Einsendungen hat eine Jury 9 Projekt­

ideen ausgewählt, die mit Hilfe der BMWi-Förderung in den

nächsten drei Jahren umgesetzt werden sollen. BMWi hat

hierfür bis zu 20 Mio. Euro vorgesehen.

Ziel ist die Ausschöpfung des Potenzials mobil-vernetzter

Multimedia-Dienste zur Steigerung von Produktivität und

Qualität sowie Kosten- und Zeitersparnisse in Wirtschaft und

Behörden. Einen hohen Stellenwert hat die Umsetzung von

Konzepten zur Gewährleistung hoher IT-Sicherheit. SimoBIT

soll helfen, die Zurückhaltung auf diesem für die Wettbe­

werbsfähigkeit der Unternehmen und Standorte unseres Lan­

des wichtigen Gebiet zu überwinden und mehr Dynamik zu

entfachen. Insbesondere sollen FuE-Aktivitäten unterstützt

werden, die zu Beispiellösungen führen, die den Sicherheits­

erfordernissen entsprechen, den hohen Nutzen für Anbieter

und Anwender deutlich machen und möglichst schnell und

breitenwirksam Nachahmungseffekte und Folgeinvestitio­

nen auslösen.

Radiofrequenz-Identifikation (RFID)

Deutschland nimmt bei der Forschung und Entwicklung

von RFID weltweit eine führende Position ein. Ziel ist, diesen

technologischen Vorsprung zügig in Markterfolge umzu­

setzen. Dazu leistet die Bundesregierung durch die Förde­

rung von Entwicklungsvorhaben für zukunftweisende

RFID-Anwendungen auch im Rahmen von „Next Generation

Media“ (s. o.) gezielte Unterstützungsmaßnahmen, um Vor­

zeigelösungen zu schaffen und Machbarkeit zu demon­

strieren. Zu den öffentlichen Vorhaben mit großer Breiten­

wirkung gehört die für 2008 geplante Einführung des elek­

tronischen Personalausweises. Diese zielt auf eine zum

elektronischen Pass – der seit Ende 2005 bereits heraus­

gegeben wird – vergleichbare RFID-Lösung zur kontakt­

losen Datenübertragung.

Informationen zu Aktivitäten und Initiativen von Wirt­

schaft und Bundesregierung wurden in einer gemeinsamen

„RFID-Dialogplattform“ zusammengeführt. Darüber hinaus

zielt das Diskussionsforum „RFID und Verbraucherschutz“

darauf ab, nötiges Vertrauen und Transparenz für Anwender

und Nutzer zu schaffen. Sowohl Fragen des Datenschutzes

wie auch umfassende Informationen für Verbraucher sind

aus Sicht der Bundesregierung wichtige Themen, um die

nötige Akzeptanz bei der Einführung von RFID-Technologien

zu erreichen.

E-Energy: IKT-basiertes Energiesystem der Zukunft

Zur Auslotung der Bedeutung der neuen IKT für die Energie­

wirtschaft hat das BMWi 2005 eine umfassende Potenzial­

analyse und Bestandsaufnahme (E-Energy Studie) in Auftrag

gegeben und in Verbindung damit zahlreiche Fachgesprä­

che durchgeführt. Entsprechend den Analyse-Ergebnissen

und Experteneinschätzungen wird die Energietechnik allein

den erforderlichen innovativen Wandel der Energiemärkte

zu mehr Wettbewerb, dezentraler Energieerzeugung und

verteilten Wertschöpfungsprozessen nicht vollbringen

können. Um weitere Fortschritte bei Energieeffizienz, Ver­

sorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit erreichen

zu können, muss nun auch im Energiesektor (wie sonst schon

in Wirtschaft und Gesellschaft) die digitale Vernetzung von

Marktteilnehmern und technischen Anlagen sowie ihre Nut­

zung mit Hilfe intelligenter IKT-Systeme beschleunigt und

verstärkt voran gebracht werden.

Besondere technologische und wirtschaftliche Chancen

bestehen darin, effiziente elektronische Online-Interaktions­

systeme und Anwendungen zu schaffen, die von der Erzeu­

gung über Transport und Verteilung bis hin zum Verbrauch

elektrischer Energie alle Segmente des Strommarktes inte­

grieren. So können auf flexible und intelligente Weise An­

gebot und Nachfrage besser aufeinander abgestimmt und

ressourcenschonend gesteuert werden. Damit werden große

Effizienzschübe im Geschäfts- und Rechtsverkehr, aber auch

im technischen Betrieb erwartet.

Darauf aufbauend wurde E-Energy als Leuchtturmpro­

jekt der Bundesregierung auf dem von der Bundeskanzlerin

im Dezember 2006 durchgeführten IT-Gipfel angekündigt.

Das Förderprogramm E-Energy wird derzeit vom BMWi im

Dialog mit Wirtschaft und Wissenschaft strukturiert. Die

Ausschreibung des Förderschwerpunkts „E-Energy“ erfolgt

im ersten Halbjahr 2007. In auf Basis eines Technologie­

wettbewerbs ausgewählten E-Energy-Modellregionen sollen

Beispiellösungen geschaffen werden, die zeigen, was mach­

bar und wirtschaftlich ist und so breitenwirksam Nachah­

mungseffekte und Folgeinvestitionen auslösen.

Eine neue Wissensinfrastruktur für das Internet der Zukunft schaffen

Ein Schwerpunkt des Aktionsprogramms iD2010 ist die

Schaffung einer neuen internetbasierten Infrastruktur zur

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62 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

Ordnung und Verbreitung von Wissen. Mit dem Leuchtturm­

projekt THESEUS (vormals QUAERO), das auf dem nationalen

IT-Gipfel vorgestellt wurde, soll die Wettbewerbsfähigkeit

Deutschlands und Europas beim Zugang und der Nutzung

von digital verfügbarem Wissen als wichtigste Ressource

des 21. Jahrhunderts und mit Blick auf den globalen Inhalte-

Wettbewerb verbessert werden.

Strategisches Ziel von THESEUS ist die Entwicklung und

Erprobung einer neuen internetbasierten Wissensinfra­

struktur („Internet der Dienste“). Durch die Zusammenarbeit

führender Partner aus IKT-Wirtschaft und -Wissenschaft in

Deutschland und Bündelung der Kräfte sollen innovative

Technologien (Web 3.0, semantische Verfahren, Musterer­

kennung) entwickelt werden, die die Grundlage für inter­

national wettbewerbsfähige Lösungen und damit auch den

Durchbruch mit Blick auf neue integrierte IKT-Services auf

vielversprechenden Anwendungsfeldern wie z. B. Software,

Medizintechnik, Medien und Maschinenbau bilden sollen.

Mit den im Rahmen des THESEUS-Programms entwickel­

ten Lösungen zur Suche und Präsentation multimedialer

Inhalte im Internet sollen auch deutsche und europäische

Kultureinrichtungen befähigt werden, in eigener Regie

einem breiten Publikum den strukturierten Zugriff auf

innovativ aufbereitete kulturelle Bestände online zu ermög­

lichen. Das THESEUS-Programm leistet insoweit eine wichti­

ge Unterstützung beim Aufbau der Europäischen Digitalen

Bibliothek durch die Europäische Kommission.

Gründerwettbewerb „Mit Multimedia erfolgreich starten“

Der „Gründerwettbewerb – Mit Multimedia erfolgreich star­

ten“ des BMWi soll einen neuen Impuls für mehr Unterneh­

mensgründungen im zukunftsträchtigen Multimediabe­

reich geben. Jährlich werden zukünftig zwei Wettbewerbs­

runden veranstaltet. In jeder Runde werden bis zu 5 beste

Gründungsideen mit Hauptpreisen von je 25.000 Euro Start­

kapital ausgezeichnet, bis zu 5 weitere Preisträger erhalten

je 5.000 Euro. Außerdem wird in jeder Runde ein Sonderpreis

in Höhe von 5.000 Euro zu einem Fokusthema gemeinsam

mit einem Partner aus der Wirtschaft ausgelobt. Neben den

Preisgeldern erhalten Gründer aktive Unterstützung (indivi­

duelles Coaching, Seminare, Workshops durch erfahrene

Experten), um damit typische Fehler in der Startphase zu

vermeiden. Daneben wird einmal im Jahr im Rahmen des

„Gründerkongresses Multimedia“ der mit 50.000 Euro

dotierte Preis „Multimediagründung des Jahres“ für den

erfolgreichsten aus dem „Gründerwettbewerb – Mit Multi­

media erfolgreich starten“ hervorgegangenen Unterneh­

mensstart vergeben.

Zukünftige Entwicklungen

Die Maßnahmen des BMWi zur Förderung von Entwicklung

und Erprobung neuer Multimedia- und Internettechnolo­

gien werden laufend auf neue Herausforderungen und Fra­

gestellungen hin angepasst. Hauptinstrument sind dabei

Technologiewettbewerbe, die starken Anwendungscharak­

ter haben und nicht nur technische, sondern auch rechtliche

und organisatorische Fragen mit einbeziehen sowie Nach­

ahmungseffekte bewirken sollen. Mit Hilfe einer Begleit­

forschung, die sowohl für ein begleitendes Monitoring und

Benchmarking der Projekte auch im internationalen Ver­

gleich sorgt, eine projektübergreifende Netzwerkbildung

anregt und eine zielgerichtete, vor allem mittelstandsbezo­

gene Öffentlichkeitsdarstellung durchführt, soll der Techno­

logietransfer entwicklungsbegleitend beschleunigt werden.

Zur Vorbereitung der Technologiewettbewerbe werden Stu­

dien zur Ermittlung des Handlungsbedarfs in Auftrag gege­

ben und Gespräche mit Wirtschaft und Wissenschaft ge­

führt. Zur Zeit zeichnen sich über die o. g. Förderschwer­

punkte hinaus als Themen u. a. „E-Simulation“ (webbasierte

Simulation von Bauteilen und Prozessen), „E-Robotik“ (auto­

nome Steuerung webbasierter Strukturen) und „3D-Applika­

tionen für digitale Medien“ ab.

5.2 Europäische Kooperationen im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU

Der Verzahnung der Fachprogramme des BMBF mit der

Förderprogrammatik der Forschungsrahmenprogramme

der EU kommt eine immer größere Bedeutung zu. Im Vollzug

des 7. Forschungsrahmenprogramms 11 (2006 – 2013) werden,

eine gleich bleibend hohe deutsche Beteiligung vorausge­

setzt, im IKT-Bereich jährlich annähernd so viele EU-Förder­

mittel für deutsche Antragsteller zur Verfügung stehen,

wie in diesem Förderprogramm.

Die EU-Förderung wird in diesem Kontext als konstituti­

ver Baustein des nationalen IKT-Förderprogramms verstan­

den, da sie mehr und mehr an „Grundlast“ in der IKT-Förde­

rung schultern und damit Spielräume für eine Fokussierung

der nationalen Förderung schaffen wird.

11 Nähere Informationen zum 7. Forschungsrahmenprogramm: http://www.forschungsrahmenprogramm.de

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63 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

Auf Basis der Lissabon-Beschlüsse des EU-Rats wurden ins­

besondere zwei strategische Ansätze zur FuE-Förderung

auf EU-Ebene forciert, entwickelt und implementiert:

Dies ist zum einen der ERA-NET Ansatz mit dem Ziel,

europäische Forschungsansätze zu defragmentieren,

nationale/regionale Forschungsprogramme zu koordi­

nieren und nationale Anstrengungen additiv zu über­

nehmen. Ziel ist die Schaffung von Synergieeffekten

zwischen der Kommission und, uns um die Wettbewerbs­

fähigkeit der europäischen Industrie entscheidend zu

stärken.

Ein weiterer strategischer Ansatz für das 7. Forschungs­

rahmenprogramm wurde mit den europäischen Techno­

logieplattformen (ETP) geschaffen. Hier entwickelte die

europäische IKT-Industrie im Vorfeld für ökonomisch

strategische Zukunftsbereiche gemeinsame Zukunfts­

visionen. Deren Umsetzung und Realisierung wurden in

Forschungsagenden beschrieben und bilden einen Leit­

faden für die gemeinsame europäische und nationale

Forschungspolitik. Zudem haben sich zwei Technologie­

plattformen aus dem IKT-Sektor, ARTEMIS und ENIAC,

zu JTIs (Joint Technology Initiatives) formiert. In dieser

Public Private Partnership wollen Industrie und Wissen­

schaft gemeinsam mit der europäischen Kommission

und den nationalen Förderern die Umsetzung der For­

schungsagenden unterstützen. Sie können auf ihrem

speziellen Gebiet Fördergelder allokieren und vergeben.

Angesichts der Bedeutung der gemeinsamen strategischen

Ansätze und der Höhe der europäischen Fördergelder wird

das BMBF kontinuierlich darauf hinwirken, dass die EU-För­

derung und die nationale Förderung im IKT-Bereich zukünf­

tig ein Höchstmaß an programmatischer und strategischer

Komplementarität aufweisen. Deshalb werden die Arbeits­

programme der EU fortlaufend mit den Förderschwerpunk­

ten des IKT-2020-Programmes abgeglichen. Ziel ist es, die

Industrie in ihrem Bemühen um die bestmögliche interna­

tionale Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen und somit

nachhaltig Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.

Gemeinsame Strategieentwicklung und Projektförderung

Aufbauend auf den EUREKA-Clustern MEDEA+ (Nano­

elektronik) und ITEA (Software-Systeme) werden mit der

EU-Kommission und den Mitgliedstaaten Strategien für die

gemeinsam finanzierten Technologieplattformen ENIAC

(Nanoelektronik), ARTEMIS (Embedded Systems), EPoSS

(Smart Systems Integration), eMobility (mobile und drahtlose

Kommunikationstechnologie), NEM (vernetzte elektronische

Medien), NESSI (vernetzte Software und Systeme), EUROP

(Robotik), PHOTONICS21 (Photonik) und ISI (Satelliten­

kommunikation) entwickelt.

ARTEMIS

Zukünftig soll die europäische Kooperation im Bereich

der Embedded Systems über die Joint Technology Initiative

ARTEMIS noch verstärkt werden. Dabei wird in einer gemein­

samen Anstrengung der europäischen Industrie, der Mit­

gliedstaaten und der EU-Kommission eine europäische

Strategie zu Embedded Systems entwickelt und vorange­

trieben, wobei die bisher fragmentierten Förderansätze

gebündelt und fokussiert werden.

Der inhaltliche Schwerpunkt von ARTEMIS liegt im

Design, der Entwicklung und der Anwendung von ubiqui­

tären, interoperablen, kosteneffektiven und sicheren

Embedded Systems. Ein elementarer Aspekt, der künftig

zunehmend einen Wettbewerbsvorteil darstellen wird, ist

die möglichst breit angelegte Wiederverwendbarkeit von

Bausteinen bis hin zu ganzen Systemen. Europäische Unter­

nehmen müssen darüber hinaus auf dem Gebiet System­

entwicklung von „Embedded Systems“, insbesondere bei

„time to market“ und Zuverlässigkeit auf der Basis dieser

JTI gefördert werden.

ENIAC

Die europäische Technologieplattform ENIAC (European

Nanoelectronics Initiative Advisory Council) hat sich eben­

falls zu einer Joint Technology Initiative mit starker deut­

scher Beteiligung formiert. Die Nanoelektronik bildet in

zunehmendem Maße die technologische Basis für alle Ent­

wicklungen der Informations- und Kommunikationstechnik

und wirkt damit in alle Lebensbereiche hinein.

Die wesentlichen Zielsetzungen der Technologieplatt­

form ENIAC lauten daher: Sicherung der globalen Führungs­

position Europas, Schaffung wettbewerbsfähiger Produkte,

Stärkung eines hohen Innovationsniveaus und die Stär­

kung hochklassiger beruflicher Qualitäten der Fachkräfte

in Europa.

5.3 Exzellenzinitiative

Mit der Förderung der universitären Spitzenforschung im

Rahmen der Exzellenzinitiative sollen Leuchttürme der Wis­

senschaft in Deutschland entstehen, die auch international

ausstrahlen. Für die Hochschulen stehen im Rahmen der Ex­

zellenzinitiative 1,9 Mrd. Euro zur Verfügung, 75 % davon

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64 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

trägt der Bund. Die Begutachtungen werden von der Deut­

schen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Wissen­

schaftsrat durchgeführt. In der zweiten Wettbewerbsrunde

wurde am 12. Januar 2007 eine Vorentscheidung bekannt

gegeben. Für die erste Förderrunde fielen bereits am

13. Oktober 2006 die finalen Entscheidungen.

Konkret geht es beim Wettbewerb Exzellenzinitiative

um drei projektorientierte Förderlinien:

Graduiertenschulen für den wissenschaftlichen Nach­

wuchs bieten strukturierte Promotionsprogramme

innerhalb eines exzellenten Forschungsumfeldes und

eines breiten Wissenschaftsgebietes an. Etwa 40 Gradu­

iertenschulen erhalten jeweils durchschnittlich eine

Million Euro pro Jahr, insgesamt stehen für diesen

Bereich jährlich 40 Millionen Euro zur Verfügung.

Mit Exzellenzclustern sollen an den Universitäten inter­

national sichtbare und konkurrenzfähige Forschungs­

und Ausbildungseinrichtungen etabliert werden, die

mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen,

Fachhochschulen und der Wirtschaft kooperieren.

Für jedes dieser etwa 30 geförderten Cluster stehen pro

Jahr durchschnittlich 6,5 Millionen Euro zur Verfügung,

in Summe damit insgesamt 195 Millionen Euro pro Jahr.

Mit der Förderung von „Zukunftskonzepten zum

Ausbau universitärer Spitzenforschung“ soll das

Forschungsprofil von bis zu zehn ausgewählten Univer­

sitäten weiter gestärkt werden. Voraussetzung ist, dass

eine Hochschule mindestens ein Exzellenzcluster, eine

Graduiertenschule sowie eine schlüssige Gesamtstrate­

gie zu einem weltweit anerkannten „Leuchtturm der

Wissenschaft“ vorweisen kann. Für diesen Bereich sind

insgesamt 210 Millionen Euro pro Jahr eingeplant. Der

Umfang jedes Fördervorhabens soll bei durchschnittlich

21 Millionen Euro liegen.

Mit Bezug zu Informations- und Kommunikationstechno­

logien zählen die Graduiertenschulen:

„Aachen Institute for Advanced Studies in

Computational Engineering Science“,

„Karlsruhe School of Optics and Photonics“ und

„Erlangen Graduate School in Advanced Optical

Technologies“

sowie die Exzellenzcluster:

„Ultra High-Speed Mobile Information and

Communication“ in Aachen und

„Cognition for Technical Systems“ in München

zu den bisherigen Gewinnern der Förderrunden.

5.4 IKT-Forschung der Wissenschafts­organisationen

Die deutsche Forschung wird getragen von den Universi­

täten, den außeruniversitären Forschungsorganisationen

(Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-

Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft), unabhängigen

Instituten sowie der Wirtschaft. Jede Einrichtung hat einen

spezifischen Auftrag, sei es Grundlagenforschung, ange­

wandte Forschung, deren interdisziplinäre Verknüpfung,

Technologietransfer und/oder Entwicklung, wissenschaft­

liche Großgeräte und Vorsorgeforschung.

Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaft

In den letzten Jahren wurde von den Wissenschaftsorgani­

sationen vieles angestoßen: Sonderforschungsbereiche und

Transregios, DFG-Forschungszentren und Exzellenzcluster,

Schwerpunktprogramme, die Max-Planck-Research Schools,

Leibniz Graduate Schools, international integrierende EU-

Projekte, Kooperationsprojekte zwischen FhG und MPG

sowie zwischen MPG und WGL, Max-Planck-Innovation,

gemeinsame Research Labs mit der Industrie, Private-Public-

Partnerships wie beispielsweise das Deutsche Forschungs­

zentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)12, innovative

IP-Regelungen, eine stärkere Vernetzung der außeruniversi­

tären Forschung mit den Hochschulen etc. Die meisten die­

ser Programme betreffen die Zusammenarbeit innerhalb

der Wissenschaft.

Einzeldarstellungen der Organisationen in den folgen­

den Abschnitten werden die individuellen Stärken aufzeigen.

Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft

Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft

kann noch deutlich verbessert werden. Das Ziel muss eine

wesentlich gesteigerte Innovationseffizienz sein. Die Wissen­

12 Das DFKI wurde 1988 von namhaften deutschen Unternehmen der IKT-Wirtschaft zusammen mit Forschungseinrichtungen

sowie den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland gegründet.

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65 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

schaft muss bereit sein, auf die Fragen der Wirtschaft einzu­

gehen (market-pull), und die Wirtschaft muss offen für die

Ergebnisse der Wissenschaft (technology-push) sein.

Über die Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaft

hinaus gibt es seitens der Wissenschaftsorganisationen das

Angebot zur Kooperation mit der Wirtschaft entlang der

gesamten Innovationskette – von der Grundlagenforschung

über angewandte Forschung bis hin zum Technologietrans­

fer. Konkrete Anknüpfungspunkte werden vor allen Dingen

bei folgenden Themenschwerpunkten gesehen, die un­

mittelbaren Bezug zu den thematischen Schwerpunkten

in diesem Forschungsprogramm haben:

Intelligente und sichere Automobile, Mobilität

als Dienstleistung – Automotive Engineering;

Anwendungs- und branchenübergreifende

Schlüsseltechnologien im Bereich „Computing“;

Intelligente Lösungen zur Wissensvernetzung/

Wissensmanagement;

Unterstützung älterer Menschen – Assisted Living.

Um zu einer noch besseren Verzahnung der IKT-Forschungs­

politik des BMBF mit den IKT-Forschungsaktivitäten der

Wissenschaftsorganisationen zu gelangen, werden wie bei

der Erstellung des Programms IKT 2020 auch bei dessen

Weiterentwicklung die Wissenschaftsorganisationen mit

eingebunden.

5.4.1 Max-Planck-Gesellschaft

Die Institute der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) betreiben

erkenntnisorientiert und anwendungsoffen Grundlagen­

forschung in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften

auf höchstem Niveau. Viele der in den Max-Planck-Instituten

bearbeiteten Themen sind mittel- oder unmittelbar für die

Informations- und Kommunikationstechnik relevant. Derzeit

gibt es 78 Max-Planck-Institute und Einrichtungen mit unter­

schiedlicher Größe, Struktur und Aufgabenstellung, die sich

mit ihren Standorten auf alle Bundesländer und das nähere

Ausland (Niederlande, Italien) verteilen.

Grundlegende Beiträge im Bereich Software liefern vor

allem das Max-Planck-Institut für Informatik und das Max­

Planck-Institut für Softwaresysteme. Relevante Forschung

wird aber auch in den Max-Planck-Instituten auf dem Gebiet

der Mathematik und der theoretischen Physik, in den Com­

putational Science Abteilungen der Institute auf dem Gebiet

der Physik, Chemie, Meteorologie, Medizin und Biologie, im

Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ), im Rechenzentrum

Garching (RZG), in der Gesellschaft für Wissenschaftliche

Datenverarbeitung Göttingen (GWDG) und in der Max-

Planck Digital Library (MPDL) betrieben. Hinzu kommen

Forschungsarbeiten zu Grundlagen neuronaler und kog­

nitiver Prozesse, die zum Grossteil in der Biologisch-Medizi­

nischen Sektion angebunden sind. Mit den gesellschaft­

lichen Auswirkungen und den Rahmenbedingungen der

neuen Technologien beschäftigen sich ebenso mehrere

Institute der Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaftlichen

Sektion der MPG (GSHS).

Im Bereich Hardware tragen vor allem die materialwis­

senschaftlich orientierten Institute durch grundlagenorien­

tierte Forschungsarbeit zur Neu- und Weiterentwicklung

von Materialien und Prozessen bei. Die adressierten Frage­

stellungen reichen von der Fertigung von Komponenten und

Systemen der Mikro- und Optoelektronik bis zu den Grund­

lagen für neuartige, miniaturisierte Speichermedien. Im

Rahmen der Verbundforschung, aber auch begründet durch

rein wissenschaftliche Fragestellungen arbeiten vor allem

die folgenden Institute mit erheblichen Teilen ihrer Potentia­

le an diesen Themen: MPI für Metallforschung, MPI für Fest­

körperforschung, MPI für Mikrostrukturphysik, MPI für Poly­

merforschung, MPI für Quantenoptik und die Max-Planck-

Forschungsgruppe Optik, Information und Photonik.

Der Forschungsschwerpunkt des Max-Planck-Instituts für

Informatik sind Algorithmen. Informatiksysteme haben über

die letzten Jahrzehnte wesentlich an Effizienz gewonnen.

Der Fortschritt beruht zum einen auf Entwicklungen in der

Hardware (Moore’s Gesetz) und zum anderen auf verbesser­

ten Algorithmen.

Das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme wurde im

November 2004 gegründet und befindet sich im Aufbau. Der

Forschungsschwerpunkt des Instituts sind Softwaresysteme,

komplexe technische Systeme, die durch Softwareprogram­

me realisiert werden. Verglichen mit dem Max-Planck-Insti­

tut für Informatik, das Algorithmen untersucht, ist hier das

komplexe Zusammenspiel verschiedenster durch Algorith­

men realisierter Komponenten plus deren Interaktion mit

der Außenwelt Forschungsgegenstand.

5.4.2 Fraunhofer Gesellschaft

Angewandte Forschung zum direkten Nutzen der Unterneh­

men kennzeichnet die Arbeit der Fraunhofer-Gesellschaft:

An 80 Forschungseinrichtungen werden neue Technologien

in kurzer Zeit zusammen mit der Industrie umgesetzt in kon­

krete Problemlösungen, Produkte und Dienstleistungen,

wobei mittlerweile ein Großteil der Fraunhofer-Gesellschaft

Hard- und Software erforscht und entwickelt. Somit deckt

die Fraunhofer-Gruppe Informations- und Kommunikations­

technik (IuK) die gesamten Wertschöpfungsketten nahezu

aller Branchen ab – von der Medizin über die Medienindu­

strie und das produzierende Gewerbe bis hin zum Finanz­

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66 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

wesen – was die Gruppe in Europa zur größten IKT-For­

schungsorganisation macht. Daneben leistet auch der Ver­

bund Mikroelektronik der FhG – in Kooperation mit der In­

dustrie – wichtige Beiträge zu Equipment-, Material- und

Prozessentwicklung sowohl im Frontend als auch im Back­

end der Halbleitertechnologie.

Charakteristisch für den IKT-Bereich sind die außer­

ordentlich kurzen Innovationszyklen, wodurch Fachkennt­

nisse eine nur kurze Halbwertzeit haben. Schnelligkeit und

Effizienz von Prozess- und Produktinnovationen entscheiden

deshalb im Softwarebereich noch weitaus stärker als in den

meisten anderen Forschungsgebieten über die Wettbe­

werbsfähigkeit von Unternehmen. Weil Software-Systeme

zugleich immer komplexer werden – und dies auch in immer

mehr eingebetteten Systemen für Alltagsgegenstände – wird

es für Unternehmen und Anwender immer schwieriger zu

entscheiden, welche Investitionen wirklich nachhaltig Wett­

bewerbsvorteile schaffen. Marktkenntnis, technisches Know­

how und eine kritische Masse an Experten und Ausstattung

machen die Fraunhofer-Institute somit zum strategischen

Partner der Industrie.

In den fünf Jahren seit der Integration der GMD-Institute

in die Fraunhofer-Gesellschaft hat die IuK-Gruppe gemein­

same Geschäftsfelder etabliert sowie strategische Themen

der Vorlaufforschung und gemeinsame Technologieszena­

rien erarbeitet. Diese Bündelung ermöglicht branchenspe­

zifische, ganzheitliche und maßgeschneiderte IKT-Lösungen

sowie kompetente Technologieberatung. Bei Kooperations­

projekten werden die Verwertungsrechte je nach Wunsch

des Unternehmens individuell gestaltet. Regelmäßige Wirt-

schafts-Summits bringen Industrie, Forschung und Politik

zu bestimmten Themen an einen Tisch und bilden so eine

Plattform für kontinuierlichen Wissenstransfer.

Aktuelle Top-Themen der Vorlaufforschung, die mit

einem Zeithorizont von 2 bis 3 Jahren neue Märkte adressie­

ren oder schaffen, sind Sicherheit und Usability, Ambient

Intelligence und Grid Computing, Spiele und Unterhaltung,

Data Analysis und Information Extraction, Produktion und

Simulierte Realität, Software Engineering und Next Genera­

tion Networks.

Außerdem stimmt die IuK-Gruppe intern Forschungs-Per­

spektiven für unterschiedlichste Lebens- und Arbeitsberei­

che ab, die in Form von Anwendungsszenarien und Techno­

logie-Roadmaps mit externen Fachleuten erarbeitet und vali­

diert werden. Der Zeithorizont liegt hier bei 5 bis 7 Jahren.

5.4.3 Leibniz-Gemeinschaft

Die Institute der Leibniz-Gemeinschaft sind als Strukturele­

ment von IKT 2020 vor allem als Partner für Innovationsplatt­

formen und Träger von Querschnittsthemen essentiell. Leib­

niz-Institute nehmen mit ihrem einzigartigen Charakter der

missionsgebundenen Forschung in transsektoralen Verbün­

den eine Scharnierfunktion wahr. Dieser translationale inter­

disziplinäre Ansatz kann und sollte im Sinne der IKT 2020­

Strategie weiter ausgebaut und unterstützt werden.

So bestehen z. B. erfolgreiche Verbünde zur Materialfor­

schung in Dresden 13 und in Berlin zur optischen Technologie

und Mikrosystemtechnik 14, die entweder selbst als Innova­

tionsplattformen verstanden werden können oder wichtige

Beiträge zur Lösung der anstehenden Herausforderungen im

Bereich der Hardware für das Programm IKT 2020 liefern

können.

Im Einzelnen lassen sich neben der allgemeinen Nut­

zung von IKT zwei (Querschnitts-)Felder identifizieren, in

denen Leibniz-Institute im Rahmen des Forschungspro­

gramms IKT 2020 aktiv sind: die schon angesprochene

Hardware für IKT und wissenschaftliche Nutzung von IKT.

Dazu kommen Aspekte, die einzelne Leibniz-Einrichtungen

bereits heute erfolgreich als Service an die Wirtschaft ver­

markten, z. B. im Bereich des Informationstransfers.

Hardware für IKT

Hier sind vor allem die Institute zu nennen, die im Bereich

der Mikrosystemtechnik und Elektroniksysteme auch Kom­

ponenten für Kommunikationstechnologien entwickeln und

herstellen 15. Beispiele sind Sendebausteine für die nächste

Generation von Basisstationen in der Mobilkommunikation

sowie für autarke verteilte Mikrosysteme oder effiziente

13 Materialforschungsverbund Dresden e. V. 14 OpTecBB, ZEMI 15 Innovations for High Performance Microelectronics/Institut für Innovative Mikroelektronik, Frankfurt (Oder) (IHP), Ferdinand­

Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik, Berlin (FBH), Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik, Berlin (PDI, eingeschränkt)

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67 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

Lichtquellen für zukünftige Displaytechnologien. Hinzu

kommen Institute im Bereich der optischen Technologien

und die vorwiegend materialwissenschaftlichen Institute,

die in die Entwicklung neuer Materialien für IKT eingebun­

den werden 16.

Wissenschaftliche Nutzung von IKT

Die Weiterentwicklung von Hoch- und Höchstleistungsrech­

nen sowie Grid-Computing in Deutschland kann nicht los­

gelöst von deren Nutzern geschehen. Die Leibniz-Institute,

die auf so unterschiedlichen Gebieten wie Astrophysik, Son­

nenphysik, Klimafolgenforschung oder Meereswissenschaf­

ten tätig sind 17, sind mit der Simulation und Verarbeitung

großer Datenmengen beschäftigt und haben entsprechende

Expertise in der Erstellung und Benutzung eigener Software

für diese Bereiche. Das Weierstraß-Institut für Angewandte

Analysis und Stochastik (WIAS) entwickelt Simulationssoft­

ware für spezifische Rechnerarchitekturen. Zahlreiche

lebenswissenschaftliche Institute unterhalten Abteilungen

für Bioinformatik und haben Datenbanken mit Struktur­

eigenschaften biologisch und damit ggf. auch industriell

relevanter Verbindungen.

Die Fachinfomationszentren18 betreiben (und vermark­

ten) Datenbanken mit komplexen naturwissenschaftlichen

Informationen, eingeschlossen Strukturen, Metadaten, Voll­

texten sowie Patenten. Die Serviceinstitute in den Bereichen

Informatik und Mathematik19 können durch die Ausrichtung

ihrer Veranstaltungen den Prozess des Forschungspro­

gramms IKT 2020 unterstützen.

Die neuen Formen des wissenschaftlichen Arbeitens –

vernetztes Wissensmanagement – erfordern innovative,

IKT-getriebene, effiziente und sichere Infrastrukturen und

Applikationen. Das Fachinformationszentrum (FIZ) Karls­

ruhe entwickelt Software, die den gesamten Prozess der

wissenschaftlichen Wertschöpfung unterstützt. Mit der

Max-Planck- Gesellschaft besteht eine Partnerschaft zum

Aufbau einer nationalen Service-Infrastruktur für netz­

basierte Formen wissenschaftlichen Arbeitens.

5.4.4 Helmholtz-Gemeinschaft

Die wissenschaftlichen Aktivitäten in der Helmholtz-

Gemeinschaft (HGF) orientieren sich entlang einer nach

sechs Forschungsbereichen gegliederten Programmstruktur.

Die einzelnen wissenschaftlichen Programme werden in der

Regel von mehreren Helmholtz-Zentren kooperativ bearbei­

tet. Unter den etwa 30 Programmen finden sich einige zen­

trale, die sich explizit mit Themen aus dem Bereich IKT be­

schäftigen, und andere, die IKT-Forschung und Entwicklung

mit Blick auf eine übergeordnete wissenschaftliche Frage­

stellung betreiben. Die im Folgenden vorgestellten Projekte

und Themen sollen daher exemplarisch einen Einblick in die

IKT-Forschung der HGF geben.

Höchstskalierbare Hard- und Software für Supercomputer

Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der HGF

umfassen die Gebiete „Höchstskalierbare Hard- und Soft­

ware für Supercomputer“ sowie „Grid-Computing“ im

Rahmen der Programmorientierten Förderung (aktuelle

Laufzeit: 2005 bis 2009) im Programm „Wissenschaftliches

Rechnen“ des Forschungsbereichs „Schlüsseltechnologien“.

Das aktuelle Strategiekonzept des Forschungsbereichs

„Schlüsseltechnologien“ für die zweite Periode der Pro­

grammorientierten Förderung (2010 bis 2014) sieht eine

massive Verstärkung dieser Forschungsaktivitäten vor.

Die HGF wird:

hoch skalierbare Supercomputer der Multi-Petaflop-

Klasse in Zusammenarbeit mit führenden europäischen

Firmen und europäischen Universitäten und Forschungs­

einrichtungen mitentwickeln;

ihre Forschung zum „High-Productivity-Computing“

auch durch Verschränkung mit Universitäten (bspw.

im Rahmen von „Virtuellen Instituten“) erheblich inten­

sivieren. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die

gemeinsam vom Forschungszentrum Jülich und der

16 Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, Berlin (MBI), Leibniz-Institut für Polymerforschung,

Dresden (IPF, organische Halbleiter), Leibniz-Institut für Neue Materialien, Saarbrücken (INM, nanostrukturierte Schichten),

Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung, Dresden (IFW), Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) 17 Astrophysikalisches Institut Potsdam (AIP), Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Leibniz-Institut für Meeres­

wissenschaften, Kiel (IFM-GEOMAR), Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik (KIS) 18 Fachinformationszentrum Karlsruhe, Karlsruhe (FIZ K); Fachinfomationszentrum Chemie; Berlin (FIZ C) 19 Mathematisches Forschungsinstitut, Oberwolfach (MFO), Internationales Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik

Schloss Dagstuhl (IBFI)

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68 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

RWTH Aachen gegründete „German Research School

for Simulation Science“. Diese Initiative stellt ein neu­

artiges Ausbildungskonzept für besonders begabte

Master- und Promotionsstudenten dar;

ein Supercomputerzentrum als Teil des deutschen

Gauß-Centrums am Forschungszentrum Jülich mit

Unterstützung der Bundesregierung und des Landes

Nordrhein-Westfalen betreiben;

ein Helmholtz-Grid aufbauen, in der Absicht, weitere

Communities an das Thema Grid-Computing heranzu­

führen, die Community-Bildung anzustoßen sowie sich

für die Weiterentwicklung und den nachhaltigen

Betrieb des D-Grid zu engagieren.

Forschungszentrum Jülich (FZJ)

Das Forschungszentrum Jülich (FZJ) befasst sich mit IKT

im Wesentlichen innerhalb seines Forschungsschwer­

punktes „Information“. Das FZJ sieht seine Rolle in diesem

Zusammenhang bei den Querschnittstechnologien in der

Erforschung von zukünftigen und innovativen nanoelek­

tronischen Systemen für die Informationstechnik und im

Bereich des Supercomputings.

Bei der Mehrzahl aller zukünftigen Anwendungen im

Bereich der Informations- und Kommunikationstechno­

logien werden höhere Rechenleistungen und Speicher­

kapazitäten der elektronischen Systeme notwendig sein als

derzeit verfügbar sind. Dies zudem vor dem Hintergrund,

dass in den nächsten 10 – 15 Jahren die augenblickliche

höchst-integrierte CMOS-Technologie absehbar an ihre tech­

nischen und ökonomischen Grenzen stoßen wird. Deshalb

forscht das FZJ sowohl an Konzepten, welche die CMOS-Tech­

nologie an ihre ultimativen Grenzen bringen („Advanced

CMOS“), als auch an alternativen Technologien, die mit höhe­

rer Rechenleistung und geringerem Leistungsverbrauch die

bisherige Siliziumtechnologie ergänzen sollen („Beyond

CMOS“). Durch Gründung eines gemeinsamen Zentrums mit

der RWTH Aachen, das alle physik- und technologieorientier­

ten IKT-Institute des FZJ und der RWTH umfasst und welches

eine Technologie-Plattform als User Facility betreiben will,

wird ein weiterer, bedeutender Ausbau der Forschungs­

kapazität und eine erhebliche Bündelung der Kräfte erreicht.

Neben der Nanoelektronik ist der zweite große Schwer­

punkt in Jülich das Supercomputing und – in verschiedenen

zentralen Bereichen in Kooperation mit dem FZK – das Thema

„Grids für Simulation Science“. Simulation und Datenaus­

wertung auf Supercomputern („Capability“) und in Grid-

Infrastrukturen („Capacity“) sind heute eine unabdingbare

Methodik bei der Lösung komplexester Fragen in Wissen­

schaft, Technik und Industrie.

Forschungszentrum Karlsruhe (FZK)

Im Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) sind es im Wesent­

lichen die drei Institute für Angewandte Informatik (IAI),

für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik (IPE) und für

Wissenschaftliches Rechnen (IWR), die sich als zentrale

Arbeitsschwerpunkte mit IKT-Themen beschäftigen. Hier

sind es insbesondere die Virtualisierung von IKT-Ressourcen,

das Ressource-Brokering in Grids sowie die Simulation und

Leistungsbewertung von Rechenressourcen und die Zu­

sammenschaltung heterogener IKT-Infrastrukturen in weit­

räumig verteilten Computing- und Daten-Grids. Weitere

Themen sind parallele und verteilte Systeme und Daten­

strukturen, das Datenmanagement sowie Netzwerke und

Kommunikationsstrukturen und die Entwicklung ausge­

wählter Middlewarekomponenten.

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Im Forschungsbereich „Verkehr und Weltraum“, der vom

Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) ge­

tragen wird, ist die IKT-Forschung überwiegend im Institut

für Kommunikation und Navigation konzentriert. Das Insti­

tut befasst sich mit den Themen Satellitenkommunikation,

optische Freiraumkommunikation, aeronautische Kommu­

nikation, terrestrische Kommunikation und insbesondere

auch mit der Navigation (speziell im Zusammenhang mit

dem europäischen Satellitennavigationssystem GALILEO)

sowie mit Diensten, die sich aus diesem Kontext heraus

ergeben. Schwerpunkte der Aktivitäten sind neue System­

konzepte, Übertragungsverfahren und Protokolle zur mobi­

len und breitbandigen Multimediakommunikation über

Satellit einerseits und der allgemeinen Kommunikations­

fähigkeit durch „Satellite Messaging“ andererseits. Zielset­

zung ist es, neue Dienste durch effizientere und besonders

angepasste Verfahren zu ermöglichen.

5.5 Nachwuchs, Fach- und Führungskräfte

Der internationale Wettbewerb ist nicht nur ein Wettbewerb

um Kosten, sondern auch um Köpfe. Innovations- und Wett­

bewerbsfähigkeit sowohl der IKT-Branche selbst als auch der

in Deutschland starken Branchen, in denen Innovationen zu

einem hohen Maße IKT-getrieben sind, sind in zunehmen­

dem Maße auf hoch qualifizierte Fachkräfte und Nachwuchs

angewiesen.

Die Verfügbarkeit von Fachkräften und Nachwuchs wird

allerdings zu einem kritischen Erfolgsfaktor für den Standort

Deutschland: Jedes Jahr verlassen bis zu 10.000 IKT-Fachkräf­

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69 IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS

te weniger die Hochschulen, als benötigt werden. Beim IT-

Gipfel der Bundeskanzlerin im Dezember 2006 war deshalb

die einhellige Meinung, dass die Problematik des Fachkräfte-

und Nachwuchsmangels stärker als bisher bei der Ausgestal­

tung innovations- und investitionsfreundlicher Rahmenbe­

dingungen aufgegriffen werden muss. Gleichzeitig gelte es,

alle Ebenen, die berufliche Ausbildung, das Studium und die

Weiterbildung, besser auf die zentralen Optionen für die

weitere IKT-Entwicklung auszurichten. Dies beinhaltet, Sys­

tem- und Prozessorientierung sowie Innovationsfähigkeit in

den Mittelpunkt zu stellen und dabei zu mehr integrativen,

interdisziplinären oder sogar transdisziplinären Bildungs­

modellen überzugehen, die in einer Strategie lebenslangen

Lernens verankert sind.

Eine Veränderung der Situation bei Fachkräften und

Nachwuchs im IKT-Bereich lässt sich nur durch gesamt­

gesellschaftliche Anstrengungen erreichen. Aus Sicht der

Arbeitsgruppe „Hightech-Strategie für die Informations­

gesellschaft“ müssen die Ziele des gemeinsamen Handelns

von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sein:

ein technikfreundliches gesamtgesellschaftliches Klima

schaffen, dass die Begeisterung für Zukunftstechnolo­

gien weckt;

die Anzahl von IKT-Fachleuten durch verstärkte Anstren­

gungen im Bereich Erstausbildung/Weiterbildung

erhöhen;

Erhöhung des Anteils von Frauen in den IKT-Berufen;

durchgängige Angebote zur effektiven IKT-Nutzung von

der Schule bis zum Beruf sowie für die Aus- und Weiter­

bildung von IKT-Nutzern schaffen;

die Attraktivität Deutschlands für die weltweit besten

Köpfe durch sichtbare Exzellenz und vereinfachten

Zugang (Zuwanderungsrecht) erhöhen.

Derzeit gibt es umfangreiche Aktivitäten und Maßnahmen

mit dieser Zielrichtung: Allen voran sind hier vom BMBF ge­

förderte Vorhaben (vgl. Aktionsplan iD2010) und die beim

IT-Gipfel vereinbarten Initiativen zu nennen. Eine Gesamt­

strategie und ein durchgängiges Konzept stehen bisher aber

noch aus. Im Rahmen des Follow-up-Prozesses zum IT-Gipfel

gibt es aber seitens Wissenschaft, Wirtschaft und Politik

erste Ansätze, die Vielzahl von Einzelmaßnahmen zu bün­

deln und zu einem kohärenten Ganzen zusammenzuführen.

Es gilt dann, die IKT-Forschungspolitik eng mit der Gesamt­

strategie zu Nachwuchs, Fach- und Führungskräften im IKT-

Bereich zu verzahnen.

Neben der Verzahnung mit bestehenden können aus

IKT 2020 heraus aber auch neue Initiativen und Prozesse zur

Verbesserung der Situation bei Nachwuchs, Fach- und Füh­

rungskräften angestoßen werden. Ausgangspunkt hierfür

sind der im Rahmen von Leitinnovationen, Technologie­

verbünden und Dienstplattformen identifizierte Nach­

wuchs-, Fach- und Führungskräftebedarf immer dann,

wenn sich der Bedarf bzw. die konkrete Problemstellung

auch über die spezifische Kooperation (von Wissenschaft

und Wirtschaft) hinaus stellt.

Page 72: IKT 2020 - forschungsnetzwerk.atder Beitrag des BMBF zur Umsetzung des Handlungsfeldes „Forschungsförderung“ im Innovationsfeld IKT der High tech-Strategie und des Aktionsprogramms

70 FINANZMITTEL FÜR IKT

6. Finanzmittel für IKT 20

IKT-Projektförderung des BMBF (Forschung; Haushaltsplanung)

Titel

Vernetzte Welt,

Nanoelektronik,

Softwaresysteme,

Mikrosystemtechnik

2007

287,0

2008

292,0

2009

293,0

2010

299,3

2011

308,3

Summe

1.479,6

IKT-Projektförderung des BMWi (Forschung; Haushaltsplanung)

Titel

Multimedia,

Theseus,

IKT-Anwendungen

2007

60,8

2008

71,2

2009

87,0

2010

87,5

2011

73,0

Summe

379,5

IKT-Institutionelle Förderung des BMBF im Zeitraum 2007 – 2011 (Plan- und Schätzwerte)

Summe

MPG 120

FhG 750

WGL 190

HGF 420

DFG 260

1.740

Gesamtmittel des BMBF im Bereich IKT-Forschung

Summe

IKT-Projektförderung 1.480

IKT-institutionelle

Förderung 1.740

3.220

20 Alle Angaben gerundet in Mio. Euro.

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71 OPERATIVE UMSETZUNG DES FÖRDERPROGRAMMS

7. Operative Umsetzung des Förderprogramms

Grundlage für die Förderung im IKT-Bereich im Rahmen

der direkten Projektförderung sind die im Abschnitt 4.1 dar­

gestellten strategischen Instrumente sowie der in den

Abschnitten 4.2 und 4.3 abgesteckte thematische Rahmen.

Gefördert werden vorrangig an der Innovations- und Wert­

schöpfungskette ausgerichtete Verbundprojekte zwischen

Industrie und Forschungseinrichtungen, d. h. industriege­

führte Forschungsvorhaben, in die universitäre und außer­

universitäre Forschungseinrichtungen gezielt einbezogen

werden. Eine Förderung von Einzelvorhaben sowie von Ver­

bundvorhaben allein zwischen wissenschaftlichen Partnern

ist nur in Ausnahmefällen möglich.

Sowohl Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (mit

Sitz und überwiegender Ergebnisverwertung in Deutsch­

land) als auch Hochschulen, Großforschungseinrichtungen

und andere FuE-Institutionen können sich an diesem Pro-

gramm beteiligen. Die Beteiligung kleiner und mittlerer

Unternehmen ist ausdrücklich erwünscht. Das BMBF ist

darüber hinaus bestrebt, den Anteil der Fachhochschulen

in der Forschungsförderung zu erhöhen.

Aktuelle Bekanntmachungen zu einzelnen Förder­

schwerpunkten werden im Bundesanzeiger veröffentlicht

und über die Internetseiten der Förderinstitutionen verbrei­

tet. Mit diesen werden die Fördermodalitäten bzw. -regula­

rien verbindlich festgelegt. Bei der Begutachtung wird das

BMBF von unabhängigen Experten (aus Wissenschaft und

Wirtschaft) unterstützt. Die Förderentscheidung trifft das

BMBF. Zur fachlichen und administrativen Betreuung von

FuE-Förderprojekten beauftragen das BMBF und das BMWi

Projektträger. Diese beraten Antragsteller und begleiten

die Durchführung der Projekte bis zu ihrem Abschluss.

Informationen zur Förderung durch das BMBF erteilen die Auskunftsstelle BMBF-Förderung

Forschungszentrum Jülich GmbH

Förderberatung des BMBF beim Projektträger Jülich

Wallstr. 18

10179 Berlin

Tel: 0800 – 262-3008

Fax: 030 – 20199-470

E-Mail: [email protected]

sowie speziell für IKT (BMBF, BMWi)

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Projektträger im DLR - Informationstechnik

Linder Höhe

51147 Köln

Tel. 02203 – 601-2862

Fax: 02203 – 601-2842

E-Mail: [email protected]

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72 WEITERE NÜTZLICHE INFORMATIONEN

8. Weitere nützliche Informationen

Informationen der Bundesregierung

http://www.bundesregierung.de

Informationen des BMBF

http://www.bmbf.de

BMBF-Informationen zur Hightech-Strategie

für Deutschland

http://www.bmbf.de/de/6608.php

BMWi-Informationen zu Informationsgesellschaft

Deutschland 2010

http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Technologie­

und-Innovation/informationsgesellschaft.html

BMBF-Informationen zu Exzellenzinitiative und Pakt

für Forschung und Innovation

http://www.bmbf.de/press/1505.php

BMBF-Informationen zur Forschung für die

zivile Sicherheit

http://www.bmbf.de/de/6293.php

BMBF-Informationen zur Nanotechnologie

http://www.bmbf.de/de/nanotechnologie.php

BMBF-Informationen zu Optischen Technologien

http://www.bmbf.de/de/3591.php

BMBF-Informationen zur Mikrosystemtechnik

http://www.bmbf.de/de/5701.php

BMBF-Informationen zur Werkstoffforschung

http://www.bmbf.de/de/3738.php

BMBF-Informationen zur Produktionsforschung

http://www.bmbf.de/de/686.php

Deutsches Portal zum 7. Forschungsrahmenprogramm

der EU

http://www.forschungsrahmenprogramm.de

Förderdatenbank des Bundes im Internet

http://www.foerderdatenbank.de

Gesellschaft für Informatik e.V. (GI)

http://www.gi-ev.de

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

http://www.bdi-online.de

BITKOM – Bundesverband Informationswirtschaft,

Telekommunikation und neue Medien e.V.

http://www.bitkom.org

ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und

Elektronikindustrie e.V.

http://www.zvei.org

VDMA – Verband Deutscher Maschinen-

und Anlagenbau e.V.

http://www.vdma.org

VDE – Verband der Elektrotechnik Elektronik

Informationstechnik e.V.

http://www.vde.com

VDI – Verein Deutscher Ingenieure

http://www.vdi.de

Max-Planck-Gesellschaft

http://www.mpg.de

Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der Angewandten

Forschung e.V.

http://www.fraunhofer.de

Helmholtz-Gemeinschaft

http://www.helmholtz.de

Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V.

http://www.wgl.de

Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V.

http://www.dfg.de

Deutsches Forschungszentrum für künstliche Intelligenz

http://www.dfki.de

Feldafinger Kreis

http://www.feldafinger-kreis.de

Münchner Kreis – Übernationale Vereinigung

für Kommunikationsforschung e.V.

http://www.muenchner-kreis.de

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GLOSSAR 73

9. Glossar

4G

auch als „Beyond 3G“ bezeichnet, steht für die Weiterent­

wicklung der mobilen Kommunikation über die dritte

Generation (UMTS „3G“; HSDPA- „3,5G“) hinaus.

Aktuatoren

(auch Aktoren genannt) bezeichnen in der Steuer- und Rege­

lungstechnik das wandlerbezogene Gegenstück zu Sensoren

und bilden das Stellglied in einem Regelkreis.

Auto-ID- bzw. Trackingtechnologien

Logische Prozesse mit intelligenten Objekten basierend auf

Sensornetzen und anderen automatischen Identifikationssy­

stemen und einer Technologie der dynamischen Zuordnung.

Backbone

Hauptstränge eines Netzwerks (Hauptnetz) mit hoher Band­

breite, die kleinere Teilnetze verbinden.

Bioanaloge Informationsverarbeitung

Nachbildung der Eigenschaften biologischer Informations­

verarbeitungssysteme (z. B. Gehirn, Immunsystem) in tech­

nischen Systemen.

Biometrie

Identifizierung einer Person durch Körpermerkmale wie

beispielsweise Fingerabdruck oder Gesichtsform.

Carbon Nano-Tubes

Kohlenstoffnanoröhren sind mikroskopisch kleine röhren­

förmige Gebilde aus Kohlenstoff mit entweder halbleitenden

oder leitenden Eigenschaften.

Clean slate – Ansätze

Ansätze zum radikalen Neuentwurf der technologischen

Basis des Internet, die auch Sicherheitsaspekte beinhalten

sollen.

CMOS

(Complementary Metal Oxid Semiconductor) Halbleitertech­

nologie, die hauptsächlich für integrierte Schaltkreise ver­

wendet wird.

Composite Applications

Composite Applications ist eine Vorgehensweise in der Soft­

ware-Entwicklung, bei der eine Anwendung auf Basis der

Kombination multipler Dienste und deren Funktionalitäten

definiert wird.

Daten-Repositorien

Verzeichnisstruktur oder Datenbank, die Datenobjekte und

deren Methoden zur Datentransformation enthält. Reposito­

rien werden unter anderem zum Versionsmanagement ver­

wendet.

Drug-Delivery

Medikamente/Wirkstoffe sollen im Körper so transportiert

werden, dass sie unter Überwindung biologischer Barrieren

an ihrem Bestimmungsort zum Einsatz kommen können.

Echtzeitfähigkeit

Fähigkeit eines Systems, auf Eingaben aus der Systemumwelt

innerhalb von definierten Zeitlimits zu reagieren.

EDA

Electronic Design Automation (EDA) ist ein rechnergestütz­

ter Entwurf integrierter Schaltungen und Systeme, wobei

nicht die Entwurfsobjekte (Schaltungen), sondern die Ent­

wurfsmittel (Werkzeuge) im Vordergrund stehen.

ERA-NET

European Research Area Networks, strategischer Forschungs­

ansatz der Europäischen Kommission zur Forschungsförde­

rung auf EU-Ebene.

Erweiterte Realität

computergestützte Überlagerung der Realitätswahrneh­

mung mit virtueller Information.

ETP

Europäische Technologieplattform, Zusammenschluss der

wichtigsten Akteure aus dem jeweiligen Forschungsgebiet

auf EU-Ebene mit dem Ziel der Stärkung der Wettbewerbs­

fähigkeit Europas.

EUV

„Extremes Ultraviolett“ ermöglicht die Fortführung der

optischen Lithographie.

Fahrerassistenzsystem

Fahrerassistenzsysteme sind elektronische Zusatzeinrichtun­

gen in Kraftfahrzeugen zur Unterstützung des Fahrers in

bestimmten Fahrsituationen.

FinFET-Transistor

Das Fin Field Effect Transistor Design (FinFET) basiert auf

einer dünnen, vertikalen "Siliziumlamelle" (s. Silizium-

Finne). Ein solches Design ermöglicht es, neue Chips mit

mehr Leistung und immer kleineren Maßen herzustellen.

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74 GLOSSAR

Fiber-to-the-Home

Abkürzung FTTH. Bei der FTTH-Technik wird mittels Glas­

faser der Anschluss von der Ortsvermittlungsstelle bis zum

Teilnehmer geführt.

GMR

„Giant Magneto Resistance“, Riesen-Magnetwiderstand

beruht auf quantenmechanischen Eigenschaften, die in

dünnen Filmstrukturen aus abwechselnd ferromagnetischen

und nichtmagnetischen Schichten beobachtet werden.

Graphen-Schichten

Monomolekulare Graphit-Schichten, die halbleitende Eigen­

schaften aufweisen.

Grid

Leitet sich ab vom englischen Begriff für das Stromnetz

(„power grid“) und bedeutet, dass jeder angeschlossene Nut­

zer eine „Leistung“ auf einfache Art beziehen kann, ohne die

vollständige Infrastruktur zur Erzeugung und Weiterleitung

besitzen zu müssen. Für den Bereich IKT umfasst diese Leis­

tung z. B. den Zugriff auf Hochleistungsrechner, Datenban­

ken, Software und Messinstrumente/Maschinen/Werkzeuge.

GSM

Global System for Mobile Communications (GSM). Digitaler

Mobilfunk-Standard für Mobilfunknetze, der 1992 in

Deutschland eingeführt wurde.

HSDPA

HSDPA steht für „high speed downlink packet access“ und ist

eine Erweiterung des UMTS-Standards, um im Datenverkehr

(Internetzugriff etc.) in Mobilfunknetzen höhere Übertra­

gungsgeschwindigkeiten (im „Downlink“, d. h. vom Sender

zum Enduser), zu erzielen.

Immersionslithografie

Optisches Verfahren in der Halbleiterfertigung, mit dem die

Abbildungsgenauigkeit der Projektion verbessert wird.

Intelligente Implantate

Intelligente Implantate sind in der Lage, Informationen über

den Heilungsverlauf sowie den Zustand des Implantats

drahtlos aus dem Körperinneren zu übertragen.

ITEA

Information Technology for European Advancement, strate­

gisches pan-europäisches Programm für fortgeschrittene,

vor-wettbewerbliche FuE in der Software für softwareinten­

sive Systeme und Dienstleistungen.

JTI

Joint Technology Initiative, Europäische Technologieplatt­

formen können sich zu JTIs formieren und damit Förder­

gelder auf ihrem speziellen Gebiet vergeben. Das Budget

setzt sich aus Fördermitteln der Industrie, der Europäischen

Kommission und nationalstaatlicher Förderung zusammen.

Lab-on-Chip Systeme

„Lab-On-Chip Systeme“ bilden neue Verfahren zur Hand­

habung, Messung und Analyse von biologischen Objekten.

Maskentechnologie

beschäftigt sich mit der Herstellung von Belichtungsmasken

für die Halbleiterproduktion (Prozessoren, Speicherchips

etc.).

MEDEA

Microelectronics Development for European Applications,

von der Industrie initiiertes, pan-europäisches Programm

für kooperative Forschung und Entwicklung in der Mikro­

elektronik.

MEMS

MEMS (Micro-Electro-Mechanical System) ist die Kombina­

tion aus mechanischen Elementen, Sensoren, Aktuatoren

und elektronischen Schaltungen auf einem Substrat bzw.

Chip.

MIMO

(multiple input multiple output) Beim MIMO-Verfahren han­

delt es sich um ein Mehrantennensystem, bei dem die glei­

chen Funkfrequenzen gleichzeitig über ein Antennen-Array

gesendet und von einem Mehrantennensystem empfangen

werden.

Mixed Reality Systeme

Umgebungen oder Systeme, die die reale Welt mit einer

virtuellen Realität vermischen.

MP3

MP3 (Abkürzung für MPEG-1 Audio Layer 3) ist ein Dateifor­

mat zur verlustbehafteten Audiodatenkompression. Dabei

wird versucht, keine für den Menschen hörbaren Verluste zu

erzeugen.

MRAM

Magneto-resistive Random Access Memory (MRAM) ist eine

nichtflüchtige Speicher-Technik. Speicher-Chips behalten

ihre gespeicherten Daten auch nach dem Abschalten der

Energieversorgung.

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GLOSSAR 75

MRT

Magnetresonanztomographie (MR, MRT); Tomographie ist

ein bildgebendes Verfahren zur Darstellung von Strukturen

im Inneren des Körpers. Die Magnetresonanztomographie

nutzt magnetische Felder, keine Röntgenstrahlen.

Nanotechnologie

Von „Nano“-Technologie wird gesprochen ab dem Einzel­

atom bis zu einer Strukturgröße von 100 Nanometern (nm).

Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter. Diese Größenord­

nung bezeichnet einen Grenzbereich, in dem die Oberflä­

cheneigenschaften gegenüber den Volumeneigenschaften

der Materialien eine immer größere Rolle spielen und zuneh­

mend quantenphysikalische Effekte berücksichtigt werden

müssen.

NEMS

Nano-elektromechanische Systeme. Beispiele: Nanorotor,

ein Nanotransportband, eine Nanohydraulik.

OFDM

Orthogonal Frequence Division Multiplexing „OFDM“ ist eine

Frequenzmultiplex-Technik, die mehrere Trägerfrequenzen

für die Übertragung verwendet. Durch das Unterteilen des

zur Verfügung stehenden Frequenzbandes in mehrere

Trägerbänder wird eine höhere Übertragungsrate erzielt.

Organische Bauelemente

Die Entdeckung von elektrisch hochleitfähigen Polymeren

führte zu einem enormen weltweiten Interesse an organi­

schen Halbleitern und deren Verwendung in der Elektronik

und Optoelektronik.

Quality of Service

bezeichnet die Gesamtheit der Qualitätsmerkmale eines

Netzwerks aus der Sicht der Benutzer eines bestimmten

Dienstes (Verkehrsgüte, Übertragungsgüte etc.).

Quantenbits

sind die kleinstmögliche Speichereinheit in der Quanten­

informatik; sie bilden die Grundlage für Quantencomputer

und die Quantenkryptografie.

RFID

RFID (radio frequency identification) dient der berührungs­

losen, automatischen und eindeutigen Identifikation von

Gütern. Die hierfür notwendigen „Transponder" sind kleine

Chips, die wie Etiketten an Waren angebracht oder in Gegen­

stände integriert werden und berührungslos und ohne Sicht­

kontakt gelesen werden können.

Router

Ein Router ist ein Vermittlungsrechner, der mehrere Rech­

nernetze koppelt.

Semantik/Semantic Web

Erweiterung des World Wide Web, die es ermöglichen soll,

Inhalte aufgrund ihres Bedeutungsinhalts (Semantik) zu

finden.

Service-Engineering

Systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienst­

leistungsprodukten unter Verwendung geeigneter Vor­

gehensmodelle, Methoden und Werkzeuge.

Smart-Card

Chipkarte mit integriertem Mikroprozessor und Daten­

speicher.

SOA

Service Oriented Architecture, Managementkonzept, das

eine an den Geschäftsprozessen orientierte IKT-Infrastruktur

anstrebt, die schnell auf Veränderungen im Geschäftsumfeld

reagieren kann.

Spintronik

Forschungsgebiet, welches die Nutzung des Elektronenspins

(engl. spin: Drehung, Drall) zur Erweiterung der Funktiona­

lität von Chips zum Ziel hat.

UMTS

Das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) ist

das 1998 von der ETSI (European Telecommunications Stan­

dards Institute) standardisierte Mobilfunksystem der dritten

Generation (3G).

VR

Virtuelle Realität, Darstellung und gleichzeitige Wahrneh­

mung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaf­

ten in einer computergenerierten, interaktiven, virtuellen

Umgebung (Beispiel: Fahrsimulator).

WLAN

WLANs sind lokale Netze, die wireless (ohne Kabelverbin­

dung) über Funkfrequenzen bzw. über Infrarotlicht arbeiten.

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