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« Der Herr ist mein Hirte » Meine Gedanken anlässlich meines Rücktritts von der Bildungsarbeit für die vkbfs am 9.12.2006 im Lassalle-Haus Bad-Schönbrunn © Atelier-Abegg auf alle Bilder und Texte Bei unserem heutigen Zusammentreffen will ich mit Euch verweilen bei einem der bekanntesten Psalmen: „Der Herr ist mein Hirt“ Psalm 23. Als Verfasser dürfen wir wohl König David annehmen. David war in seiner Jugend ein Hirtenjunge und kannte sowohl die Bedürfnisse der Schafe als auch die Pflichten des Hirten. Seine spätere Aufgabe als grosser König empfand er im übertragenen Sinne ebenfalls als Hirtendienst. Dass er sich selber geführt und geborgen wusste in der Hut eines noch grösseren Hirten, das spüren wir aus diesem wunderschönen Psalm des Vertrauens auch heute noch, nach 3000 Jahren. Gottvertrauen, Lob, Dank, aber auch Trauer und Klage, das sind die grossen Psalmen-Themen. Jesus als frommer Jude betete die Psalmen. Maria, die Apostel und die ersten Märtyrer lebten mit ihnen. Im Gebetsleben der Kirche gehören sie an den Anfang und den Schluss eines jeden Tages.

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« Der Herr ist mein Hirte »

Meine Gedanken anlässlich meines Rücktritts von der Bildungsarbeit für die vkbfs

am 9.12.2006 im Lassalle-Haus Bad-Schönbrunn

© Atelier-Abegg auf alle Bilder und Texte

Bei unserem heutigen Zusammentreffen will ich mit Euch verweilen bei einem der bekanntesten Psalmen: „Der Herr ist mein Hirt“ Psalm 23. Als Verfasser dürfen wir wohl König David annehmen. David war in seiner Jugend ein Hirtenjunge und kannte sowohl die Bedürfnisse der Schafe als auch die Pflichten des Hirten. Seine spätere Aufgabe als grosser König empfand er im übertragenen Sinne ebenfalls als Hirtendienst. Dass er sich selber geführt und geborgen wusste in der Hut eines noch grösseren Hirten, das spüren wir aus diesem wunderschönen Psalm des Vertrauens auch heute noch, nach 3000 Jahren. Gottvertrauen, Lob, Dank, aber auch Trauer und Klage, das sind die grossen Psalmen-Themen. Jesus als frommer Jude betete die Psalmen. Maria, die Apostel und die ersten Märtyrer lebten mit ihnen. Im Gebetsleben der Kirche gehören sie an den Anfang und den Schluss eines jeden Tages.

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Die Psalmen, Kapitel 23

Der gute Hirt

1 Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. 2 Er lässt mich lagern auf grünen Auen/ und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. 3 Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. 4 Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. 5 Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher. 6 Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit.

David, der diese Worte schrieb, wusste genau, was sie bedeuten. Er verbrachte unzählige Tage beim Hüten seiner Schafe.

Er verbrachte unzählige Nächte in der Wildnis und kannte die Gefahren, er kannte die Belohnung, er kannte die Schönheit einer Sternennacht, wo er einsam in der Stille saß und nichts anderes hören konnte als den Wind, und hie und da die Laute seiner Tiere.

Im Psalm 23 trifft sich das alte mit dem neuen Testament. Im Johannesevangelium sagt Jesus: “Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Er kennt die Schafe und die Schafe kennen seine Stimme“. Die Stimme der Aufforderung, des Tuns, des Lebens.

Unser Psalm umspannt Höhen und Tiefen des Menschenlebens. Er erzählt von Sonnen- und Schattenseiten. In einer kargen, ausgetrockneten Landschaft führt der Hirte zu grünen Auen und frischen Quellen. Beklemmend ist die Wanderung in finsterer Schlucht. Auch diese Seite gehört wesentlich zum Leben. Doch der gute Hirte mit seinem Stecken und Stab ist da. Der Stecken zum verteidigen, der Stab um zu führen und den Weg zu weisen.

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Wir müssen uns auf den Hirten einlassen. Seiner Stimme und seiner Führung Beachtung schenken. Wir müssen ihn kennen lernen, ihn aushalten, auch wenn er Wege geht, die wir nicht verstehen. Wege, die wir auslassen oder zumindest umgehen möchten, Wege, die durch die gefürchtete finstere Schlucht verlaufen. Doch wir dürfen ihm Vertrauen schenken und mit ihm unterwegs sein. Denn es gibt auch das verweilen an frischem Wasser und auf saftigen Matten. Der Hirte sorgt für die Erfrischung und Erholung. Sein Stecken und Stab sind unser Vertrauen.

Liebe Kursleiterinnen, Ich will mich über den Psalm 23 von der Bildungsarbeit für die vkbfs verabschieden. Wenn ich meine Hingabe und Anstrengung für die Biblischen Figuren mir vor Augen führe, und – damit verbunden – den Weg sehe, den ich mit den Kursleiterinnen gegangen bin, dann komme ich zum Schluss, dass auch ich auf meine Art ein Hirte gewesen bin. Ich habe Stecken und Stab ergriffen, Verantwortung für die Kursleiterinnen übernommen. Allen neue Wege gezeigt, mich für sie eingesetzt, sie vorwärts geführt, mich um sie gekümmert.

I. Wegstation: Es war im Jahre 1979 als mein ganzes früheres Leben nach einem unverschuldeten Autounfall zusammenbrach. Unsere beiden Kinder waren nicht mehr da. Die Verletzungen und das Hirntrauma meines Mannes, dazu meine eigenen Gesundheitsschäden haben mich vor fast unlösbare Probleme gestellt. Ich war im Tal der totalen Dunkelheit,

ohne Kraft, körperlich und seelisch verwundet. In dieser finsteren Schlucht begegnet mir mein Hirte, oder war es mein Engel mit Stecken und Stab.

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II. Wegstation: Ich wagte neue Weg zu gehen. Warum zu den Krippen-figuren und nicht zu etwas Anderem? Vielleicht spürte ich, dass es da so etwas gab wie einen Lebensfaden zu meinen heimgegangenen Kindern: Denn für unsere allererste und einzige Familienweih-nacht – die Kinder zum ersten Mal alt genug, so dass ich ihnen vom Christkind erzählen konnte – hatte ich meine allerersten Krippenfiguren gemacht, in einem der damaligen Kurse, noch ganz bescheiden. Ich habe sie heute noch. Und genau durch diese erste Kursleiterin bin ich zum Schwarzenberg gekommen. Es war Marietta Lichtsteiner, die mich eingefädelt hat. Auf diesem neuen Weg zur Krippen-arbeit begegnete ich Frauen, die auch unterwegs waren. Noch wusste ich nicht, sind es Freunde oder Feinde. Nicht im Sinn von Konflikt. Mehr im Sinn von nicht verstanden werden, aus Oberflächlichkeit, oder aus Überheblich-keit. Doch mein Hirte war auch jetzt da und beobachtete mich aus Distanz.

III. Wegstation: Vorsichtig lasse ich mich auf die Begegnungen ein, ich halte sie aus und dabei spüre ich, andere Frauen haben auch Angst vor möglichem Versagen und dabei wollen alle dasselbe, Biblische Figuren gestalten, mit diesen Figuren unterwegs sein. Ihre Geschichten kennen lernen und erfah-ren, dass es auch heutige Geschichten sind.

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IV. Wegstation: 1993, ich wage den angebotenen Hirtenstab anzunehmen. Das heißt, mit Psalm 23 ver-glichen, dass das Wohl der Frauen mir näher ist, als das Eigene. Ich suche Lager-plätze, Futter und Wasser (d.h. ich organisiere Kurse, beschaffe Material , setze Schwerpunkte). Ich trage den Stecken und Stab, also stehe ich ein für die Bibli-sche Figurenarbeit und für die Kursleiterinnen. Ich baue sie auf, ich ermutige und verteidige sie. Den Schwä-cheren will ich helfen und übe aufbauende Kritik. Meine Herde hört meine Stimme und wir lernen uns langsam kennen. Ich habe Misstöne gehört, Konflikte nicht unter den Teppich gekehrt. Die Verant-wortung lag bei mir. Ich habe Euch das Gute, das Erworbene, das Erarbeitete weitergegeben.

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V. Wegstation: Das ist nun heute. Jetzt trennen sich unsere Wege. Ich gebe den Hirtenstab zurück. Neue Hirten müssen die Führung übernehmen. Ich vertraue darauf, dass sich die Kursleiter-innen immer wieder daran erinnern, dass unsere Geschöpfe mehr sind als dekorative Figuren. Es sind Biblische Figuren. Das heisst, sie müssen das Anliegen von Sr. Anita , unserer Gründerin in sich tragen. Eine Biblische Figur ist dann belebt und beseelt, wenn sie Träger von dem ist, was ihr in der Geschichte zugemutet wird. Erst dadurch begegnen auch unsere Kursfrauen der eigenen Lebensgeschichte, nehmen sie einfacher an und tragen sie leichter. So wie ich, als ich 1980 von Marietta Lichtsteiner aufgefangen wurde, durch die Biblische Figurenarbeit und die ihr zugrunde liegen-den Geschichte meine Vergangenheit aufgearbeitet habe und auch leichter getragen habe.

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Liebe Kursleiterinnen, unser Zentrum ist die Krippe, die Menschwerdung Gottes in ein Hirtenvolk hinein. Herden brauchen Hirten. Das ist das Bild der menschlichen Situation. Und jedes von uns braucht den grossen Hirten, ihn, der uns nicht nur auf grüne Weiden und zum Wasser führt, sondern, uns auch wohnen lässt für alle Zeiten in seinem Vaterhaus.

Doris Abegg-Schäfer/Hanni Muff-Arnold

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