IM BLICKPUNKT: Crowdsourcing · Crowdsourcing-Plattformen gefördert wird. Hinter die-ser Kritik am...

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Crowdsourcing IM BLICKPUNKT: Was ist Crowdsourcing? Möglichkeiten des Crowdsourcing Crowdfunding als Beispiel Herausforderungen des Crowdsourcing Digitale Arbeits- und Lebenswelten

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Impressum

Crowdsourcing

Die Erstellung dieser Broschüre wurde von der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Sie kann kostenlos unter www.grimme-institut.de/imblickpunkt heruntergeladen werden.

Grimme-Institut Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbHEduard-Weitsch-Weg 25 • D-45768 MarlTel: +49 (0) 2365 9189-0 • Fax: +49 (0) 2365 9189-89E-Mail: [email protected]: www.grimme-institut.de

Text: Maria-Dorothea Roca LizarazuRedaktion: Annette SchneiderGestaltung und Layout: Georg JorczykBildquellen: Stauke (S. 1), M.studio (S. 1 - 4); alle Fotolia.com

Redaktionsschluss: November 2012

Crowdfunding

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CrowdsourcingIM BLICKPUNKT:

Was ist Crowdsourcing?Möglichkeiten des CrowdsourcingCrowdfunding als BeispielHerausforderungen des Crowdsourcing Digitale Arbeits- und Lebenswelten

Die Beliebtheit dieser Spielart des Crowdsourcing lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass sie Kulturschaffenden und Privatpersonen mit scheinbar geringem Aufwand ein breites Spektrum an Möglich-keiten eröffnet: Crowdfunding hat sich insbesonde-re für solche Projekte als gute Finanzierungsalterna-tive erwiesen, die auf dem breiten Markt oder auch in der klassischen Kulturförderung eher geringe Chan-cen hätten. Denn anders als Musiklabels, Produkti-onsfirmen oder Verlage belohnt die Crowd nicht nur Rentabilität, sondern auch den kreativen Prozess und gute Ideen. Für Künstler und andere Kreative stellt Crowdfunding deshalb eine Möglichkeit dar, Ideen durch- und umzusetzen, die durch gängige Finanzie-rungs- und Förderungsraster fallen würden, weshalb Crowdfunding gerade in den USA immer öfter auch als Möglichkeit der Produktvorfinanzierung genutzt wird.

Damit diese Förderung von Nischen- und Pilotpro-jekten für die Geldgeber nicht zum Risiko wird, funk-tioniert Crowdfunding nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ - bis auf wenige Ausnahmen gilt also: Wenn das Budgetziel innerhalb des vorgegebenen Zeitrah-mens nicht erreicht wird, bekommt die Crowd ihr Geld zurück. Ein den Projektvorgaben entsprechendes, zufriedenstellendes Ergebnis nach Ablauf der Finan-zierungsphase garantiert dieser Mechanismus aller-dings nicht.

Attraktiv ist Crowdfunding jedoch nicht nur für Ni-schenvorhaben, sondern generell auch wegen des geringen bürokratischen Aufwands. Im Gegensatz zu klassischen Finanzierungsmethoden kommt die Schwarmfinanzierung ohne Papierlawinen aus, denn es gibt keine Antragsformulare oder -fristen, keine Gutachten und kein umfangreiches Berichtswesen. Zudem wird meist eine breitere Masse an Entschei-dern einbezogen als es in Expertenrunden, Gremien

und Kommissionen der Fall ist, weshalb Crowdfunding Partizipation und Demokratisierung fördern kann.

Eben dieses stark partizipative Moment macht die Schwarmfinanzierung auch als wirkungsvolles Marke-tinginstrument attraktiv. Da Crowdfunding unabding-bar an die Existenz einer Crowd gekoppelt ist, die als Unterstützerbasis, Werbekanal und Feedback-Instanz dient, können erfolgreich finanzierte Projekte nicht nur auf monetäre Ressourcen, sondern auch auf eine gut vernetzte Community zurückgreifen, die aufgrund der eigenen Beteiligung am Projekt gerne die Werbe-trommel rührt. Ähnlich wie beim Crowdsourcing lässt sich die Unterstützermasse bei der Schwarmfinanzie-rung zudem in die Projektoptimierung und -entwick-lung miteinbeziehen und als Ideengeber aktivieren.

Herausforderungen des Crowdsourcing Kreativität, Partizipation, Flexibilität – all dies schei-nen die neuen, schwarmgestützten Formen des (Zu-sammen-)Arbeitens zu versprechen, weshalb sie be-sonders gut ins Profil einer digitalisierten, vernetzten Gesellschaft passen. Dennoch gilt auch in Bezug aufs Crowdsourcing das bekannte Sprichwort, wo-nach nicht alles Gold ist, was glänzt.

Denn das Anzapfen der Schwarmintelligenz offenba-rt seine Schattenseiten, wenn die Grenzziehung zwi-schen Kollaboration und Ausbeutung verschwimmt. Insbesondere im Bereich des Co-Working, der Ein-bindung der Crowd in die Produktion oder Optimie-rung von Produkten also, werden bisweilen unter dem Deckmantel der Partizipation firmeninterne Arbeits-prozesse wie Ideenfindung, Produktdesign oder Mar-keting billig und meist sogar kostenlos ausgelagert. Insbesondere im Design-Bereich regen sich zudem seit geraumer Zeit Widerstände gegen das spekula-tive Arbeiten, das durch das Wettbewerbsprinzip auf Crowdsourcing-Plattformen gefördert wird. Hinter die-ser Kritik am Crowdsourcing im Design- und Kreativ-bereich steht auch die Angst, dass die billige Arbeit von Amateuren auf Crowdsourcing-Plattformen lang-fristig das Lohnniveau für professionelle Leistungen drücken oder Arbeitsplätze kosten könnte. Ein Bei-spiel hierfür sind Plattformen wie iStockphoto.com oder Fotolia.de, auf denen größtenteils Amateur-Foto-grafien zu Kleinstpreisen verkauft werden.

Aus diesen Gründen kann und darf die bloße Nutzung der Crowd als Pool für billige Arbeitskraft oder Mar-keting-Tool nicht zur Norm werden, was den meisten Crowdsourcern auch bewusst ist. Erfolgreiche Crowd-sourcing-Kampagnen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Prinzipien des Social Web – Kommuni-kation, Partizipation, Authentizität, Transparenz – ver-pflichtet sind und den ehrlichen Austausch mit den jeweiligen Communitys suchen.

Diese konstante Nähe zur Crowd jedoch ist arbeits-aufwendig, weshalb das Versprechen scheinbarer Un-kompliziertheit schnell zur Falle werden kann, wenn dadurch die Anforderungen einer guten Crowdsour-cing-Kampagne unterschätzt werden. Denn wie bei je-der soliden Projektplanung sollte auch im Falle des Crowdsourcing Zeit und Mühe beispielsweise in die

adäquate Auswahl und Ansprache der Zielgruppe, die Laufzeitberechnung, die mediale Präsentation und die Motivationsstrategien investiert werden.

Zudem lebt eine erfolgreiche Crowdsourcing-Aktion wesentlich von den Menschen, die sie zu mobilisie-ren vermag, weshalb der Aufbau einer breiten Unter-stützerbasis möglichst einige Zeit vor dem offiziellen Kampagnenstart angegangen werden sollte. Der Auf-bau solcher Communitys ist zeitaufwendig und erfor-dert zudem eine gewisse Vertrautheit mit den Mecha-nismen des Social Web, weshalb es nicht verwundert, dass meist jene Kampagnen am erfolgreichsten sind, die bereits über eine gewisse Reputation und/oder Community verfügen.

Ist dieser Schritt vollbracht, ist es von zentraler Wich- tigkeit, die jeweilige Community tatsächlich einzubin-den und bei Laune zu halten, indem sie in die Entwick-lung eines Projekts einbezogen und mit ihren Vorschlä-gen ernstgenommen wird. Wohin die Fehleinschätzung des Schwarms führen kann, zeigten in der Vergangen-heit Crowdsourcing-Katastrophen wie die „Mein Stil – mein Pril“-Kampagne: Als sich die Crowd einen Spaß daraus machte, ein Logo mit der Aufschrift „Schmeckt lecker nach Hähnchen!“ bis an die Spitze der einge-reichten Wettbewerbsvorschläge zu wählen, änderten die Verantwortlichen bei Pril im laufenden Wettbewerb die Spielregeln – ein Sturm der Entrüstung innerhalb der Community war die Folge.

Dieses Beispiel verdeutlicht auch, dass die Weis-heit der Vielen oft, aber nicht zwangsläufig die bes-seren Ergebnisse liefert. Das Leistungsniveau leidet vor allem dann, wenn das schnelle Geld im Zentrum der Schwarmaktivitäten steht. Eine Lösung für dieses Problem bietet die Praxis des „Curated Crowdsour-cing“, mittels derer die Ergebnisse der Schwarmar-beit nachbearbeitet oder gefiltert werden können: so zum Beispiel auf der Plattform GeniusRocket.com, die mögliche Jobanwärter vorsortiert und die Projekte kon-stant begleitet, ähnlich einer Agentur.

Digitale Arbeits- und LebensweltenDie neuen, internetgestützten Formen der Arbeitstei-lung, Kollaboration oder Finanzierung könnten die Ar-beits- und Lebenswelten der Zukunft entscheidend ver- ändern. Obwohl die Entwicklungen im Bereich Crowd- sourcing und Crowdfunding in Deutschland vielfach noch in den Kinderschuhen stecken, werden sie auch hier eine Mobilisierung, Fluidisierung und Globalisie-rung des Berufs- und Alltagslebens zur Folge haben, die die Trennlinie zwischen Job und Freizeit zunehmend verschwimmen lässt. Eine solche Flexibilisierung er-öffnet neben neuen Freiräumen auch Problemfelder: Flächendeckende Freizeit- und Freelance-Arbeit bedeu-tet womöglich einen Verlust von sozialer Absicherung und die Gefährdung fester Arbeitsplätze. Hier sind Po-litik und Zivilgesellschaft gefragt, neue Strukturen zu diskutieren und zu schaffen, um die entstehenden Arbeits- und Freiräume sozialverträglich zu gestalten. Aber auch für jede(n) einzelne(n) gilt es, die Chancen und Probleme der digitalen Arbeitswelten mit Blick auf die persönlichen Lebensumstände abzuwägen.

Links

¢Erste Anlaufstelle zum Thema im deutschsprachigen Raum ist Claudia Pelzers CrowdsourcingBlog.

www.crowdsourcingblog.de

¢Im englischsprachigen Raum übernimmt diese Aufgabe Crowdsourcing.org. www.crowdsourcing.org

¢Der ehemalige Blog von Jeff Howe zum Thema Crowdsourcing. www.crowdsourcing.com

¢Artikel aus dem t3n-Magazin zu Mobile Crowdsourcing. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/408841

¢Telepolis-Artikel zu Crowdsourcing in der Wissenschaft. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/250804

Literatur

¢Crowdsourcing Report 2012. Neue digitale Arbeitswelten. Herausgegeben von Claudia Pelzer / Karsten Wenzlaff /

Jörg Eisfeld-Reschke. Berlin 2012.

Links

¢Website der co:funding, Subkonferenz der re:publica zum Thema Crowdfunding. www.cofunding.de

¢Infografik 2012 der co: funding. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/100835

¢Infoseite von Startnext.de zum Thema Crowdfunding. http://crowdfunding.startnext.de/

¢Crowdfunding-Monitor von für-gründer.de. www.für-gründer.de/crowdfunding/

¢Podcast zum Thema Crowdfunding. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/806857

Literatur

¢Mekonet-Dossier zum Thema „Crowdfunding – ein alter-natives Finanzierungsmodell für Medienkompetenzpro-jekte“.

Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/297415

¢Das co:funding handbuch herausgegeben von Tyclipso.me in Zusammenarbeit mit

startnext.de. 2. Ausgabe Mai 2012.

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Arten des Crowdfunding

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Crowdsourcing Die Begründer des Oxford English Dictionary hatten Mitte des 19. Jahrhunderts ein ehrgeiziges Vorhaben: Geschaffen werden sollte ein Inventar der gesamten englischen Sprache zum damaligen Zeitpunkt, das zu-dem die historische Entwicklung einzelner Wörter ab-bildete. Schnell wurde den Beteiligten klar, dass ein solches Mammutprojekt durch einzelne Personen nicht zu bewältigen war. Deshalb startete der Philolo-ge James Murray 1879 einen Aufruf an die gesamte englischsprachige Leserschaft mit der Bitte, ihm Be-legstellen für alltägliche und ungewöhnliche Wörter zu-zusenden. Der Erfolg war überwältigend, das Oxford English Dictionary gilt bis heute als Standardwörter-buch. Gleichzeitig handelt es sich um ein frühes Bei-spiel für Crowdsourcing (dt. Schwarmauslagerung), das nach dem Wikipedia-Prinzip funktioniert, eine Viel-zahl von Freiwilligen in die kollaborative Sammlung und Organisation von Wissen einzubinden.

Während der Crowdsourcing-Gedanke also keineswegs neu ist, konnte die „Weisheit der Vielen“ doch erst in Zeiten des Web 2.0 zu voller Blüte gelangen, das unabhängig vom geografischen Standort eine schnelle und globale Vernetzung von Akteuren ermöglicht. Das Ergebnis sind völlig neue Formen des (Zusammen-)Arbeitens, da sich im Netz binnen kürzester Zeit Nut-zermassen aktivieren lassen, die gemeinsam Wissen sammeln (zum Beispiel Wikipedia), Politik machen (beispielsweise GuttenPlag und WikiLeaks) oder ihre Lieblingsprojekte mit erheblichen Geldsummen unter-stützen (wie etwa Kickstarter). Obwohl diese Entwick-lungen vielerorts noch am Anfang stehen, könnten sie die Arbeits- und Lebenswelten der Zukunft entschei-dend verändern.

IM BLICKPUNKT: Crowdsourcing stellt unterschied-liche Formen der Schwarmarbeit vor und beschäftigt sich speziell mit Crowdfunding als neuartiger Finan-zierungsform für Kreativprojekte oder Geschäftsideen. Neben einem Blick auf die Voraussetzungen und Po-tentiale erfolgreicher Crowdsourcing-Aktionen sollen dabei auch die Probleme schwarmbasierter Arbeit und Finanzierung dargestellt werden.

Was ist Crowdsourcing?Der aus den Worten „Crowd“ und „Outsourcing“ zu-sammengesetzte Begriff Crowdsourcing bezeichnet eine webbasierte Form der Arbeitsteilung, bei der Ar-beitsaufgaben, Problemlösungen oder Finanzierungs-prozesse an eine undefinierte Masse von Internet-nutzern ausgelagert werden. Dies funktioniert meist in Form eines Aufrufs auf einer Internetplattform, auf der die Nutzer/-innen freiwillig – und oft kostenlos – mitarbeiten können. Geprägt wurde der Begriff 2006 durch den US-amerikanischen Journalisten Jeff Howe, der die Wurzeln des Crowdsourcing-Gedankens in der Open Source-Bewegung verortet.

Laut Crowdsourcing Report 2012 unterscheidet man folgende Formen des Crowdsourcing:

¢Microworking: Im Bereich des Microworking werden gegen äußerst geringe Bezahlung Kleinstaufgaben wie zum Beispiel Tagging, Verschlagwortung und Texterstellung abgewickelt, die (noch) nicht rein ma-schinell ausgeführt werden können. Häufig werden diese Teilaufgaben am Ende wieder zu komplexeren Gesamtleistungen zusammengesetzt. Die bekann-teste Microworking-Plattform ist „Amazon Mecha-nical Turk“, die inzwischen durch Anbieter wie click-worker.com oder crowdflower.com ergänzt wird.

¢Collective Knowledge: Unter diesen Begriff fasst man all jene Formen des Crowdsourcing, die der Sammlung, Organisation und Filterung von Wissen dienen. Das bekannteste Beispiel ist Wikipedia bzw. allgemein das Wiki-Prinzip, aber auch Beo-bachtungs- und Prognose-Plattformen wie wahlfie-ber.at fallen in diesen Bereich.

¢Creative Content-Marktplätze: Dieser Bereich um-fasst die Auslagerung von Kreativprozessen, zum Beispiel im Design-Bereich. Auf Plattformen wie 12designer.de oder 99designs.com können Un-ternehmen und Privatpersonen nach dem Wettbe-werbsprinzip bezahlte Aufträge für die Erstellung von Logos, Bannern, Websites etc. an die Crowd ausschreiben. Auf Crowdsourcing-Marktplätzen wie twago.de oder oDesk.com werden zudem nach dem Prinzip des Schwarzen Bretts bezahlte Jobs

an Freelancer ausgeschrieben oder deren Dien-ste in Anspruch genommen. Im Unterschied zum Microworking haben die ausgeschriebenen Jobs und Projekte einen höheren Komplexitätsgrad.

¢Open Innovation and Ideas: Kreativität ist auch im Bereich der Open Innovation gefragt, wo es um die Auslagerung von Innovationsprozessen geht. Im Brainstorming-Verfahren werden gemeinsam mit der Crowd Problemlösungen und Produktideen erarbeitet. Auf InnoCentive.com etwa werden kom-plexe wissenschaftliche Probleme an die Masse der Internetnutzer ausgegeben, die sich gegen Be-zahlung, allein oder im Team, die Köpfe zerbrechen; bei Tchibo-ideas.de hingegen geht es um die Lö-sung von Alltagsproblemen. Open Innovation deckt zudem Co-Working-Prozesse ab, bei der die Masse der Internetnutzer in die Herstellung, Optimierung oder Vermarktung eines Produkts einbezogen wird, wie bei unserAller.de oder Threadless.com.

¢Crowdfunding: Bei dieser Ausprägung des Crowd-sourcing handelt es sich um eine webgestützte Finanzierungsform, die von einer Vielzahl von Per-sonen, der Crowd, getragen und meist über spezi-elle Internetplattformen abgewickelt wird. Für ihren finanziellen Einsatz erhält die Crowd eine Gegenlei-stung, die meist ideellen Wert hat; immer häufiger jedoch funktioniert Crowdfunding gerade in den USA als Form der Produktvorfinanzierung. Bei er-folgreicher Finanzierung eines Projekts erhält die Plattform eine Provision, die durchschnittlich bei zehn Prozent liegt.

¢Engagement und Charity: Obwohl das Gros der Crowdsourcing-Aktionen kommerzielle Zwecke ver-folgt (Marktplätze, Produktentwicklung, Finanzie-rung), lässt sich die „Weisheit der Vielen“ auch für gemeinnützige Zwecke aktivieren, wie zum Beispiel Fundraising (2aid.org, Betterplace.org).

Möglichkeiten des CrowdsourcingVom Standpunkt der Unternehmen aus lässt sich die Frage nach den Potentialen des Crowdsourcing leicht beantworten, denn die Schwarmintelligenz verspricht vor allem in den Bereichen Finanzierung, Produktent-

wicklung, Kreativprozesse und Marketing Vorteile. Crowdsourcing hält einerseits beachtliche Einsparpo-tentiale bereit: Plattformen wie unserAller.de, Kam-pagnen wie „Mein Burger“ von McDonald‘s und das Wissenschaftsprojekt Foldit eint, dass sie die Internet-nutzer zur kostenlosen Freizeitarbeit animieren, ohne dass die Ergebnisse dabei schlechter wären als im Fal-le bezahlter Arbeit. Und selbst im Bereich des „Paid Crowdsourcing“ sparen Unternehmen meist noch er-heblich, wenn sie sich für eine Leistung aus der Crowd entscheiden. Die ausgeschriebenen Preise für einen Logo-Entwurf auf 12designer.de variieren zwischen 200 und 500 Euro – ein Bruchteil dessen, was etwa ein professionell gestaltetes Logo durch eine Agentur kostet.

Dennoch geht es den Crowdsourcern nicht allein ums Geldsparen. Viel reizvoller ist das kreative Potential des Schwarms, das sich im Web 2.0. anzapfen lässt. Im Bereich der Produktentwicklung und Open Innova-tion, aber auch in der Wissenschaft erlauben Crowd-sourcing-Plattformen den Zugriff auf einen globalen Pool an kreativen Köpfen, die als „global workforce“ vernetzt, mit- oder gegeneinander an der Lösung von Problemen arbeiten und dabei mitunter zu besseren Ergebnissen als Einzelpersonen kommen können.

Gerade im Bereich der Produktentwicklung lässt sich Crowdsourcing nicht zuletzt als effektives Marketingin-strument einsetzen: Wer die Konsumenten in die Pro-duktentwicklung und -optimierung einbezieht, stärkt die Kundenbindung, indem ein partizipatives Verhältnis zu Produkt oder Marke aufgebaut wird. Die so entste-hende Fan-Gemeinde birgt auch Werbepotential, denn ein Produkt, an dessen Entstehung man selbst mitge-arbeitet hat, empfiehlt man gerne weiter. Nicht zuletzt können Unternehmen auf diesem Wege auch Markt-forschung betreiben, denn was der digitalen Crowd ge-fällt, hat auch auf dem analogen Markt gute Chancen.

Was jedoch ist aus der Perspektive der Crowd die Mo-tivation, gegen geringe oder gar keine Entlohnung Zeit, Arbeitskraft und Ressourcen im Netz zur Verfügung stellen? Die Bezahlung zumindest ist in den wenigsten Fällen der entscheidende Motivationsfaktor. Vielmehr zeigt sich, dass auch beim Crowdsourcing eine nach-

haltige Motivation vornehmlich über sogenannte in-trinsische Faktoren läuft, die aus dem Innern der Crowd selbst kommen. Im CrowdsourcingBlog argu-mentieren Christian Hirsig und Axel Liebetrau des-halb mit den „4 Fs“ der Online-Partizipation, um die Anreizstruktur der Schwarmarbeit zu erklären: Fame (Ruhm), Fortune (Reichtum), Fulfillment (Erfüllung) und Fun (Spaß).

Die Möglichkeit zum Austausch und zur Selbstdarstel-lung steht auch laut einer Umfrage von 12designer.de im Vordergrund: Das persönliche Interesse und die Option, die eigenen Fähigkeiten zu üben, werden hier als wesentliche Motivationsfaktoren genannt, wes-halb gerade wenig etablierte oder Amateur-Designer Crowdsourcing-Plattform nutzen, um Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen oder Bekanntheit zu erlangen. Deshalb nimmt laut Umfrage das Feedback des Auftraggebers einen besonders hohen Stellen-wert ein.

Die Faktoren Partizipation, Austausch und Demokra-tisierung spielen eine zentrale Rolle für alle Bereiche des Crowdsourcing, das eine Aufweichung der Grenze zwischen Konsument und Produzent fördert und so völlig neue Optionen für die Gestaltung von Arbeits- und Lebenswelten eröffnet. Crowdsourcing ermög-licht eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -for-men, die neben viel Gutem auch ihre Schattenseiten birgt, denn die soziale Absicherung durch ein regu-läres Arbeitsverhältnis ist in einer solchen „fluid work-force“ nicht immer garantiert.

Crowdfunding als BeispielBeim Crowdfunding handelt es sich wohl um jene Aus-prägung des Crowdsourcing, die bisher die größte Me-dienwirksamkeit auf sich zu versammeln vermochte. Zwar ist der deutsche Markt von den astronomischen Summen, die mittlerweile in den USA über Plattformen wie Kickstarter.com oder Indiegogo.com zusammen-kommen, noch weit entfernt. Dennoch ist die Finan-zierungsform seit ihrer Einführung im Jahre 2010 auch hierzulande auf dem Vormarsch: Laut Crowdfun-ding-Statistik 2012 der Veranstaltung co:funding ka-men bis April 2012 insgesamt 1.001.306 Euro zu-sammen, die sich auf 850 Projekte verteilten.

Das durchschnittliche Projekt-Funding liegt bei 2.750 Euro und die Erfolgsquote aller deutschen Platt-formen bei 40 Prozent. Die Tendenz ist steigend, wie auch die aktuellen Zahlen des Crowdfunding-Moni-tors von Für-Gründer.de belegen: Bereits im ersten Halbjahr 2012 wurden die Einnahmen des Vorjahres um 40 Prozent übertroffen.

Grundsätzlich lassen sich beim Crowdfunding verschiedene Finanzierungsmodelle unterscheiden:

¢Crowdfunding bezeichnet die Finanzierung eines Pro-jekts oder Produkts durch die anonyme Masse der Inter-netnutzer, die meist über eine spezielle Crowdfunding-Plattform läuft und auf einer Gegenleistung basiert. Die international bekannteste Crowdfunding-Plattform ist Kickstarter.com, zu den bekanntesten deutschen Platt-formen zählen Startnext.de, pling.de, VisionBakery.com, mySherpas.com und Inkubato.com.

¢Crowdinvesting oder Equity Crowdfunding bezeichnet die Finanzierung von Geschäftsideen und Start-Ups durch die anonyme Masse der Internetnutzer, bei der die Crowd Anteile erwirbt und am Gewinn beteiligt wird; die bekann-teste deutsche Plattform ist Seedmatch.de.

¢Crowdlending bezeichnet die Vergabe von (Mikro-)Kre-diten durch eine Masse von Internetnutzern, die über spezielle Plattformen läuft; ein Beispiel hierfür ist der deutsche Kreditmarktplatz smava.de.

¢Crowddonations bezeichnen das webbasierte Sammeln von Spenden, das ohne Gegenleistung funktioniert, wie zum Beispiel auf der deutschen Plattform Betterplace.org.

¢Cofunding bezeichnet eine Form der Mischfinanzierung, bei der das nötige Kapital zum Teil durch Crowdfunding und zum Teil durch andere Geldgeber, wie zum Beispiel öffentliche Institutionen, Unternehmen oder Stiftungen generiert wird.

¢Social Payment bezeichnet ein freiwilliges Bezahlmodell im Internet, das meist immaterielle Güter wie Online-Ar-tikel oder Blogbeiträge abdeckt. Dienste wie Flattr.com und Kachingle.com unterscheiden sich allerdings vom klassischen Crowdfunding darin, dass sie Endprodukte und nicht den Entstehungsprozess belohnen.

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Crowdsourcing Die Begründer des Oxford English Dictionary hatten Mitte des 19. Jahrhunderts ein ehrgeiziges Vorhaben: Geschaffen werden sollte ein Inventar der gesamten englischen Sprache zum damaligen Zeitpunkt, das zu-dem die historische Entwicklung einzelner Wörter ab-bildete. Schnell wurde den Beteiligten klar, dass ein solches Mammutprojekt durch einzelne Personen nicht zu bewältigen war. Deshalb startete der Philolo-ge James Murray 1879 einen Aufruf an die gesamte englischsprachige Leserschaft mit der Bitte, ihm Be-legstellen für alltägliche und ungewöhnliche Wörter zu-zusenden. Der Erfolg war überwältigend, das Oxford English Dictionary gilt bis heute als Standardwörter-buch. Gleichzeitig handelt es sich um ein frühes Bei-spiel für Crowdsourcing (dt. Schwarmauslagerung), das nach dem Wikipedia-Prinzip funktioniert, eine Viel-zahl von Freiwilligen in die kollaborative Sammlung und Organisation von Wissen einzubinden.

Während der Crowdsourcing-Gedanke also keineswegs neu ist, konnte die „Weisheit der Vielen“ doch erst in Zeiten des Web 2.0 zu voller Blüte gelangen, das unabhängig vom geografischen Standort eine schnelle und globale Vernetzung von Akteuren ermöglicht. Das Ergebnis sind völlig neue Formen des (Zusammen-)Arbeitens, da sich im Netz binnen kürzester Zeit Nut-zermassen aktivieren lassen, die gemeinsam Wissen sammeln (zum Beispiel Wikipedia), Politik machen (beispielsweise GuttenPlag und WikiLeaks) oder ihre Lieblingsprojekte mit erheblichen Geldsummen unter-stützen (wie etwa Kickstarter). Obwohl diese Entwick-lungen vielerorts noch am Anfang stehen, könnten sie die Arbeits- und Lebenswelten der Zukunft entschei-dend verändern.

IM BLICKPUNKT: Crowdsourcing stellt unterschied-liche Formen der Schwarmarbeit vor und beschäftigt sich speziell mit Crowdfunding als neuartiger Finan-zierungsform für Kreativprojekte oder Geschäftsideen. Neben einem Blick auf die Voraussetzungen und Po-tentiale erfolgreicher Crowdsourcing-Aktionen sollen dabei auch die Probleme schwarmbasierter Arbeit und Finanzierung dargestellt werden.

Was ist Crowdsourcing?Der aus den Worten „Crowd“ und „Outsourcing“ zu-sammengesetzte Begriff Crowdsourcing bezeichnet eine webbasierte Form der Arbeitsteilung, bei der Ar-beitsaufgaben, Problemlösungen oder Finanzierungs-prozesse an eine undefinierte Masse von Internet-nutzern ausgelagert werden. Dies funktioniert meist in Form eines Aufrufs auf einer Internetplattform, auf der die Nutzer/-innen freiwillig – und oft kostenlos – mitarbeiten können. Geprägt wurde der Begriff 2006 durch den US-amerikanischen Journalisten Jeff Howe, der die Wurzeln des Crowdsourcing-Gedankens in der Open Source-Bewegung verortet.

Laut Crowdsourcing Report 2012 unterscheidet man folgende Formen des Crowdsourcing:

¢Microworking: Im Bereich des Microworking werden gegen äußerst geringe Bezahlung Kleinstaufgaben wie zum Beispiel Tagging, Verschlagwortung und Texterstellung abgewickelt, die (noch) nicht rein ma-schinell ausgeführt werden können. Häufig werden diese Teilaufgaben am Ende wieder zu komplexeren Gesamtleistungen zusammengesetzt. Die bekann-teste Microworking-Plattform ist „Amazon Mecha-nical Turk“, die inzwischen durch Anbieter wie click-worker.com oder crowdflower.com ergänzt wird.

¢Collective Knowledge: Unter diesen Begriff fasst man all jene Formen des Crowdsourcing, die der Sammlung, Organisation und Filterung von Wissen dienen. Das bekannteste Beispiel ist Wikipedia bzw. allgemein das Wiki-Prinzip, aber auch Beo-bachtungs- und Prognose-Plattformen wie wahlfie-ber.at fallen in diesen Bereich.

¢Creative Content-Marktplätze: Dieser Bereich um-fasst die Auslagerung von Kreativprozessen, zum Beispiel im Design-Bereich. Auf Plattformen wie 12designer.de oder 99designs.com können Un-ternehmen und Privatpersonen nach dem Wettbe-werbsprinzip bezahlte Aufträge für die Erstellung von Logos, Bannern, Websites etc. an die Crowd ausschreiben. Auf Crowdsourcing-Marktplätzen wie twago.de oder oDesk.com werden zudem nach dem Prinzip des Schwarzen Bretts bezahlte Jobs

an Freelancer ausgeschrieben oder deren Dien-ste in Anspruch genommen. Im Unterschied zum Microworking haben die ausgeschriebenen Jobs und Projekte einen höheren Komplexitätsgrad.

¢Open Innovation and Ideas: Kreativität ist auch im Bereich der Open Innovation gefragt, wo es um die Auslagerung von Innovationsprozessen geht. Im Brainstorming-Verfahren werden gemeinsam mit der Crowd Problemlösungen und Produktideen erarbeitet. Auf InnoCentive.com etwa werden kom-plexe wissenschaftliche Probleme an die Masse der Internetnutzer ausgegeben, die sich gegen Be-zahlung, allein oder im Team, die Köpfe zerbrechen; bei Tchibo-ideas.de hingegen geht es um die Lö-sung von Alltagsproblemen. Open Innovation deckt zudem Co-Working-Prozesse ab, bei der die Masse der Internetnutzer in die Herstellung, Optimierung oder Vermarktung eines Produkts einbezogen wird, wie bei unserAller.de oder Threadless.com.

¢Crowdfunding: Bei dieser Ausprägung des Crowd-sourcing handelt es sich um eine webgestützte Finanzierungsform, die von einer Vielzahl von Per-sonen, der Crowd, getragen und meist über spezi-elle Internetplattformen abgewickelt wird. Für ihren finanziellen Einsatz erhält die Crowd eine Gegenlei-stung, die meist ideellen Wert hat; immer häufiger jedoch funktioniert Crowdfunding gerade in den USA als Form der Produktvorfinanzierung. Bei er-folgreicher Finanzierung eines Projekts erhält die Plattform eine Provision, die durchschnittlich bei zehn Prozent liegt.

¢Engagement und Charity: Obwohl das Gros der Crowdsourcing-Aktionen kommerzielle Zwecke ver-folgt (Marktplätze, Produktentwicklung, Finanzie-rung), lässt sich die „Weisheit der Vielen“ auch für gemeinnützige Zwecke aktivieren, wie zum Beispiel Fundraising (2aid.org, Betterplace.org).

Möglichkeiten des CrowdsourcingVom Standpunkt der Unternehmen aus lässt sich die Frage nach den Potentialen des Crowdsourcing leicht beantworten, denn die Schwarmintelligenz verspricht vor allem in den Bereichen Finanzierung, Produktent-

wicklung, Kreativprozesse und Marketing Vorteile. Crowdsourcing hält einerseits beachtliche Einsparpo-tentiale bereit: Plattformen wie unserAller.de, Kam-pagnen wie „Mein Burger“ von McDonald‘s und das Wissenschaftsprojekt Foldit eint, dass sie die Internet-nutzer zur kostenlosen Freizeitarbeit animieren, ohne dass die Ergebnisse dabei schlechter wären als im Fal-le bezahlter Arbeit. Und selbst im Bereich des „Paid Crowdsourcing“ sparen Unternehmen meist noch er-heblich, wenn sie sich für eine Leistung aus der Crowd entscheiden. Die ausgeschriebenen Preise für einen Logo-Entwurf auf 12designer.de variieren zwischen 200 und 500 Euro – ein Bruchteil dessen, was etwa ein professionell gestaltetes Logo durch eine Agentur kostet.

Dennoch geht es den Crowdsourcern nicht allein ums Geldsparen. Viel reizvoller ist das kreative Potential des Schwarms, das sich im Web 2.0. anzapfen lässt. Im Bereich der Produktentwicklung und Open Innova-tion, aber auch in der Wissenschaft erlauben Crowd-sourcing-Plattformen den Zugriff auf einen globalen Pool an kreativen Köpfen, die als „global workforce“ vernetzt, mit- oder gegeneinander an der Lösung von Problemen arbeiten und dabei mitunter zu besseren Ergebnissen als Einzelpersonen kommen können.

Gerade im Bereich der Produktentwicklung lässt sich Crowdsourcing nicht zuletzt als effektives Marketingin-strument einsetzen: Wer die Konsumenten in die Pro-duktentwicklung und -optimierung einbezieht, stärkt die Kundenbindung, indem ein partizipatives Verhältnis zu Produkt oder Marke aufgebaut wird. Die so entste-hende Fan-Gemeinde birgt auch Werbepotential, denn ein Produkt, an dessen Entstehung man selbst mitge-arbeitet hat, empfiehlt man gerne weiter. Nicht zuletzt können Unternehmen auf diesem Wege auch Markt-forschung betreiben, denn was der digitalen Crowd ge-fällt, hat auch auf dem analogen Markt gute Chancen.

Was jedoch ist aus der Perspektive der Crowd die Mo-tivation, gegen geringe oder gar keine Entlohnung Zeit, Arbeitskraft und Ressourcen im Netz zur Verfügung stellen? Die Bezahlung zumindest ist in den wenigsten Fällen der entscheidende Motivationsfaktor. Vielmehr zeigt sich, dass auch beim Crowdsourcing eine nach-

haltige Motivation vornehmlich über sogenannte in-trinsische Faktoren läuft, die aus dem Innern der Crowd selbst kommen. Im CrowdsourcingBlog argu-mentieren Christian Hirsig und Axel Liebetrau des-halb mit den „4 Fs“ der Online-Partizipation, um die Anreizstruktur der Schwarmarbeit zu erklären: Fame (Ruhm), Fortune (Reichtum), Fulfillment (Erfüllung) und Fun (Spaß).

Die Möglichkeit zum Austausch und zur Selbstdarstel-lung steht auch laut einer Umfrage von 12designer.de im Vordergrund: Das persönliche Interesse und die Option, die eigenen Fähigkeiten zu üben, werden hier als wesentliche Motivationsfaktoren genannt, wes-halb gerade wenig etablierte oder Amateur-Designer Crowdsourcing-Plattform nutzen, um Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen oder Bekanntheit zu erlangen. Deshalb nimmt laut Umfrage das Feedback des Auftraggebers einen besonders hohen Stellen-wert ein.

Die Faktoren Partizipation, Austausch und Demokra-tisierung spielen eine zentrale Rolle für alle Bereiche des Crowdsourcing, das eine Aufweichung der Grenze zwischen Konsument und Produzent fördert und so völlig neue Optionen für die Gestaltung von Arbeits- und Lebenswelten eröffnet. Crowdsourcing ermög-licht eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -for-men, die neben viel Gutem auch ihre Schattenseiten birgt, denn die soziale Absicherung durch ein regu-läres Arbeitsverhältnis ist in einer solchen „fluid work-force“ nicht immer garantiert.

Crowdfunding als BeispielBeim Crowdfunding handelt es sich wohl um jene Aus-prägung des Crowdsourcing, die bisher die größte Me-dienwirksamkeit auf sich zu versammeln vermochte. Zwar ist der deutsche Markt von den astronomischen Summen, die mittlerweile in den USA über Plattformen wie Kickstarter.com oder Indiegogo.com zusammen-kommen, noch weit entfernt. Dennoch ist die Finan-zierungsform seit ihrer Einführung im Jahre 2010 auch hierzulande auf dem Vormarsch: Laut Crowdfun-ding-Statistik 2012 der Veranstaltung co:funding ka-men bis April 2012 insgesamt 1.001.306 Euro zu-sammen, die sich auf 850 Projekte verteilten.

Das durchschnittliche Projekt-Funding liegt bei 2.750 Euro und die Erfolgsquote aller deutschen Platt-formen bei 40 Prozent. Die Tendenz ist steigend, wie auch die aktuellen Zahlen des Crowdfunding-Moni-tors von Für-Gründer.de belegen: Bereits im ersten Halbjahr 2012 wurden die Einnahmen des Vorjahres um 40 Prozent übertroffen.

Grundsätzlich lassen sich beim Crowdfunding verschiedene Finanzierungsmodelle unterscheiden:

¢Crowdfunding bezeichnet die Finanzierung eines Pro-jekts oder Produkts durch die anonyme Masse der Inter-netnutzer, die meist über eine spezielle Crowdfunding-Plattform läuft und auf einer Gegenleistung basiert. Die international bekannteste Crowdfunding-Plattform ist Kickstarter.com, zu den bekanntesten deutschen Platt-formen zählen Startnext.de, pling.de, VisionBakery.com, mySherpas.com und Inkubato.com.

¢Crowdinvesting oder Equity Crowdfunding bezeichnet die Finanzierung von Geschäftsideen und Start-Ups durch die anonyme Masse der Internetnutzer, bei der die Crowd Anteile erwirbt und am Gewinn beteiligt wird; die bekann-teste deutsche Plattform ist Seedmatch.de.

¢Crowdlending bezeichnet die Vergabe von (Mikro-)Kre-diten durch eine Masse von Internetnutzern, die über spezielle Plattformen läuft; ein Beispiel hierfür ist der deutsche Kreditmarktplatz smava.de.

¢Crowddonations bezeichnen das webbasierte Sammeln von Spenden, das ohne Gegenleistung funktioniert, wie zum Beispiel auf der deutschen Plattform Betterplace.org.

¢Cofunding bezeichnet eine Form der Mischfinanzierung, bei der das nötige Kapital zum Teil durch Crowdfunding und zum Teil durch andere Geldgeber, wie zum Beispiel öffentliche Institutionen, Unternehmen oder Stiftungen generiert wird.

¢Social Payment bezeichnet ein freiwilliges Bezahlmodell im Internet, das meist immaterielle Güter wie Online-Ar-tikel oder Blogbeiträge abdeckt. Dienste wie Flattr.com und Kachingle.com unterscheiden sich allerdings vom klassischen Crowdfunding darin, dass sie Endprodukte und nicht den Entstehungsprozess belohnen.

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Arten des Crowdfunding

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Crowdsourcing Die Begründer des Oxford English Dictionary hatten Mitte des 19. Jahrhunderts ein ehrgeiziges Vorhaben: Geschaffen werden sollte ein Inventar der gesamten englischen Sprache zum damaligen Zeitpunkt, das zu-dem die historische Entwicklung einzelner Wörter ab-bildete. Schnell wurde den Beteiligten klar, dass ein solches Mammutprojekt durch einzelne Personen nicht zu bewältigen war. Deshalb startete der Philolo-ge James Murray 1879 einen Aufruf an die gesamte englischsprachige Leserschaft mit der Bitte, ihm Be-legstellen für alltägliche und ungewöhnliche Wörter zu-zusenden. Der Erfolg war überwältigend, das Oxford English Dictionary gilt bis heute als Standardwörter-buch. Gleichzeitig handelt es sich um ein frühes Bei-spiel für Crowdsourcing (dt. Schwarmauslagerung), das nach dem Wikipedia-Prinzip funktioniert, eine Viel-zahl von Freiwilligen in die kollaborative Sammlung und Organisation von Wissen einzubinden.

Während der Crowdsourcing-Gedanke also keineswegs neu ist, konnte die „Weisheit der Vielen“ doch erst in Zeiten des Web 2.0 zu voller Blüte gelangen, das unabhängig vom geografischen Standort eine schnelle und globale Vernetzung von Akteuren ermöglicht. Das Ergebnis sind völlig neue Formen des (Zusammen-)Arbeitens, da sich im Netz binnen kürzester Zeit Nut-zermassen aktivieren lassen, die gemeinsam Wissen sammeln (zum Beispiel Wikipedia), Politik machen (beispielsweise GuttenPlag und WikiLeaks) oder ihre Lieblingsprojekte mit erheblichen Geldsummen unter-stützen (wie etwa Kickstarter). Obwohl diese Entwick-lungen vielerorts noch am Anfang stehen, könnten sie die Arbeits- und Lebenswelten der Zukunft entschei-dend verändern.

IM BLICKPUNKT: Crowdsourcing stellt unterschied-liche Formen der Schwarmarbeit vor und beschäftigt sich speziell mit Crowdfunding als neuartiger Finan-zierungsform für Kreativprojekte oder Geschäftsideen. Neben einem Blick auf die Voraussetzungen und Po-tentiale erfolgreicher Crowdsourcing-Aktionen sollen dabei auch die Probleme schwarmbasierter Arbeit und Finanzierung dargestellt werden.

Was ist Crowdsourcing?Der aus den Worten „Crowd“ und „Outsourcing“ zu-sammengesetzte Begriff Crowdsourcing bezeichnet eine webbasierte Form der Arbeitsteilung, bei der Ar-beitsaufgaben, Problemlösungen oder Finanzierungs-prozesse an eine undefinierte Masse von Internet-nutzern ausgelagert werden. Dies funktioniert meist in Form eines Aufrufs auf einer Internetplattform, auf der die Nutzer/-innen freiwillig – und oft kostenlos – mitarbeiten können. Geprägt wurde der Begriff 2006 durch den US-amerikanischen Journalisten Jeff Howe, der die Wurzeln des Crowdsourcing-Gedankens in der Open Source-Bewegung verortet.

Laut Crowdsourcing Report 2012 unterscheidet man folgende Formen des Crowdsourcing:

¢Microworking: Im Bereich des Microworking werden gegen äußerst geringe Bezahlung Kleinstaufgaben wie zum Beispiel Tagging, Verschlagwortung und Texterstellung abgewickelt, die (noch) nicht rein ma-schinell ausgeführt werden können. Häufig werden diese Teilaufgaben am Ende wieder zu komplexeren Gesamtleistungen zusammengesetzt. Die bekann-teste Microworking-Plattform ist „Amazon Mecha-nical Turk“, die inzwischen durch Anbieter wie click-worker.com oder crowdflower.com ergänzt wird.

¢Collective Knowledge: Unter diesen Begriff fasst man all jene Formen des Crowdsourcing, die der Sammlung, Organisation und Filterung von Wissen dienen. Das bekannteste Beispiel ist Wikipedia bzw. allgemein das Wiki-Prinzip, aber auch Beo-bachtungs- und Prognose-Plattformen wie wahlfie-ber.at fallen in diesen Bereich.

¢Creative Content-Marktplätze: Dieser Bereich um-fasst die Auslagerung von Kreativprozessen, zum Beispiel im Design-Bereich. Auf Plattformen wie 12designer.de oder 99designs.com können Un-ternehmen und Privatpersonen nach dem Wettbe-werbsprinzip bezahlte Aufträge für die Erstellung von Logos, Bannern, Websites etc. an die Crowd ausschreiben. Auf Crowdsourcing-Marktplätzen wie twago.de oder oDesk.com werden zudem nach dem Prinzip des Schwarzen Bretts bezahlte Jobs

an Freelancer ausgeschrieben oder deren Dien-ste in Anspruch genommen. Im Unterschied zum Microworking haben die ausgeschriebenen Jobs und Projekte einen höheren Komplexitätsgrad.

¢Open Innovation and Ideas: Kreativität ist auch im Bereich der Open Innovation gefragt, wo es um die Auslagerung von Innovationsprozessen geht. Im Brainstorming-Verfahren werden gemeinsam mit der Crowd Problemlösungen und Produktideen erarbeitet. Auf InnoCentive.com etwa werden kom-plexe wissenschaftliche Probleme an die Masse der Internetnutzer ausgegeben, die sich gegen Be-zahlung, allein oder im Team, die Köpfe zerbrechen; bei Tchibo-ideas.de hingegen geht es um die Lö-sung von Alltagsproblemen. Open Innovation deckt zudem Co-Working-Prozesse ab, bei der die Masse der Internetnutzer in die Herstellung, Optimierung oder Vermarktung eines Produkts einbezogen wird, wie bei unserAller.de oder Threadless.com.

¢Crowdfunding: Bei dieser Ausprägung des Crowd-sourcing handelt es sich um eine webgestützte Finanzierungsform, die von einer Vielzahl von Per-sonen, der Crowd, getragen und meist über spezi-elle Internetplattformen abgewickelt wird. Für ihren finanziellen Einsatz erhält die Crowd eine Gegenlei-stung, die meist ideellen Wert hat; immer häufiger jedoch funktioniert Crowdfunding gerade in den USA als Form der Produktvorfinanzierung. Bei er-folgreicher Finanzierung eines Projekts erhält die Plattform eine Provision, die durchschnittlich bei zehn Prozent liegt.

¢Engagement und Charity: Obwohl das Gros der Crowdsourcing-Aktionen kommerzielle Zwecke ver-folgt (Marktplätze, Produktentwicklung, Finanzie-rung), lässt sich die „Weisheit der Vielen“ auch für gemeinnützige Zwecke aktivieren, wie zum Beispiel Fundraising (2aid.org, Betterplace.org).

Möglichkeiten des CrowdsourcingVom Standpunkt der Unternehmen aus lässt sich die Frage nach den Potentialen des Crowdsourcing leicht beantworten, denn die Schwarmintelligenz verspricht vor allem in den Bereichen Finanzierung, Produktent-

wicklung, Kreativprozesse und Marketing Vorteile. Crowdsourcing hält einerseits beachtliche Einsparpo-tentiale bereit: Plattformen wie unserAller.de, Kam-pagnen wie „Mein Burger“ von McDonald‘s und das Wissenschaftsprojekt Foldit eint, dass sie die Internet-nutzer zur kostenlosen Freizeitarbeit animieren, ohne dass die Ergebnisse dabei schlechter wären als im Fal-le bezahlter Arbeit. Und selbst im Bereich des „Paid Crowdsourcing“ sparen Unternehmen meist noch er-heblich, wenn sie sich für eine Leistung aus der Crowd entscheiden. Die ausgeschriebenen Preise für einen Logo-Entwurf auf 12designer.de variieren zwischen 200 und 500 Euro – ein Bruchteil dessen, was etwa ein professionell gestaltetes Logo durch eine Agentur kostet.

Dennoch geht es den Crowdsourcern nicht allein ums Geldsparen. Viel reizvoller ist das kreative Potential des Schwarms, das sich im Web 2.0. anzapfen lässt. Im Bereich der Produktentwicklung und Open Innova-tion, aber auch in der Wissenschaft erlauben Crowd-sourcing-Plattformen den Zugriff auf einen globalen Pool an kreativen Köpfen, die als „global workforce“ vernetzt, mit- oder gegeneinander an der Lösung von Problemen arbeiten und dabei mitunter zu besseren Ergebnissen als Einzelpersonen kommen können.

Gerade im Bereich der Produktentwicklung lässt sich Crowdsourcing nicht zuletzt als effektives Marketingin-strument einsetzen: Wer die Konsumenten in die Pro-duktentwicklung und -optimierung einbezieht, stärkt die Kundenbindung, indem ein partizipatives Verhältnis zu Produkt oder Marke aufgebaut wird. Die so entste-hende Fan-Gemeinde birgt auch Werbepotential, denn ein Produkt, an dessen Entstehung man selbst mitge-arbeitet hat, empfiehlt man gerne weiter. Nicht zuletzt können Unternehmen auf diesem Wege auch Markt-forschung betreiben, denn was der digitalen Crowd ge-fällt, hat auch auf dem analogen Markt gute Chancen.

Was jedoch ist aus der Perspektive der Crowd die Mo-tivation, gegen geringe oder gar keine Entlohnung Zeit, Arbeitskraft und Ressourcen im Netz zur Verfügung stellen? Die Bezahlung zumindest ist in den wenigsten Fällen der entscheidende Motivationsfaktor. Vielmehr zeigt sich, dass auch beim Crowdsourcing eine nach-

haltige Motivation vornehmlich über sogenannte in-trinsische Faktoren läuft, die aus dem Innern der Crowd selbst kommen. Im CrowdsourcingBlog argu-mentieren Christian Hirsig und Axel Liebetrau des-halb mit den „4 Fs“ der Online-Partizipation, um die Anreizstruktur der Schwarmarbeit zu erklären: Fame (Ruhm), Fortune (Reichtum), Fulfillment (Erfüllung) und Fun (Spaß).

Die Möglichkeit zum Austausch und zur Selbstdarstel-lung steht auch laut einer Umfrage von 12designer.de im Vordergrund: Das persönliche Interesse und die Option, die eigenen Fähigkeiten zu üben, werden hier als wesentliche Motivationsfaktoren genannt, wes-halb gerade wenig etablierte oder Amateur-Designer Crowdsourcing-Plattform nutzen, um Erfahrungen zu sammeln, Kontakte zu knüpfen oder Bekanntheit zu erlangen. Deshalb nimmt laut Umfrage das Feedback des Auftraggebers einen besonders hohen Stellen-wert ein.

Die Faktoren Partizipation, Austausch und Demokra-tisierung spielen eine zentrale Rolle für alle Bereiche des Crowdsourcing, das eine Aufweichung der Grenze zwischen Konsument und Produzent fördert und so völlig neue Optionen für die Gestaltung von Arbeits- und Lebenswelten eröffnet. Crowdsourcing ermög-licht eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -for-men, die neben viel Gutem auch ihre Schattenseiten birgt, denn die soziale Absicherung durch ein regu-läres Arbeitsverhältnis ist in einer solchen „fluid work-force“ nicht immer garantiert.

Crowdfunding als BeispielBeim Crowdfunding handelt es sich wohl um jene Aus-prägung des Crowdsourcing, die bisher die größte Me-dienwirksamkeit auf sich zu versammeln vermochte. Zwar ist der deutsche Markt von den astronomischen Summen, die mittlerweile in den USA über Plattformen wie Kickstarter.com oder Indiegogo.com zusammen-kommen, noch weit entfernt. Dennoch ist die Finan-zierungsform seit ihrer Einführung im Jahre 2010 auch hierzulande auf dem Vormarsch: Laut Crowdfun-ding-Statistik 2012 der Veranstaltung co:funding ka-men bis April 2012 insgesamt 1.001.306 Euro zu-sammen, die sich auf 850 Projekte verteilten.

Das durchschnittliche Projekt-Funding liegt bei 2.750 Euro und die Erfolgsquote aller deutschen Platt-formen bei 40 Prozent. Die Tendenz ist steigend, wie auch die aktuellen Zahlen des Crowdfunding-Moni-tors von Für-Gründer.de belegen: Bereits im ersten Halbjahr 2012 wurden die Einnahmen des Vorjahres um 40 Prozent übertroffen.

Grundsätzlich lassen sich beim Crowdfunding verschiedene Finanzierungsmodelle unterscheiden:

¢Crowdfunding bezeichnet die Finanzierung eines Pro-jekts oder Produkts durch die anonyme Masse der Inter-netnutzer, die meist über eine spezielle Crowdfunding-Plattform läuft und auf einer Gegenleistung basiert. Die international bekannteste Crowdfunding-Plattform ist Kickstarter.com, zu den bekanntesten deutschen Platt-formen zählen Startnext.de, pling.de, VisionBakery.com, mySherpas.com und Inkubato.com.

¢Crowdinvesting oder Equity Crowdfunding bezeichnet die Finanzierung von Geschäftsideen und Start-Ups durch die anonyme Masse der Internetnutzer, bei der die Crowd Anteile erwirbt und am Gewinn beteiligt wird; die bekann-teste deutsche Plattform ist Seedmatch.de.

¢Crowdlending bezeichnet die Vergabe von (Mikro-)Kre-diten durch eine Masse von Internetnutzern, die über spezielle Plattformen läuft; ein Beispiel hierfür ist der deutsche Kreditmarktplatz smava.de.

¢Crowddonations bezeichnen das webbasierte Sammeln von Spenden, das ohne Gegenleistung funktioniert, wie zum Beispiel auf der deutschen Plattform Betterplace.org.

¢Cofunding bezeichnet eine Form der Mischfinanzierung, bei der das nötige Kapital zum Teil durch Crowdfunding und zum Teil durch andere Geldgeber, wie zum Beispiel öffentliche Institutionen, Unternehmen oder Stiftungen generiert wird.

¢Social Payment bezeichnet ein freiwilliges Bezahlmodell im Internet, das meist immaterielle Güter wie Online-Ar-tikel oder Blogbeiträge abdeckt. Dienste wie Flattr.com und Kachingle.com unterscheiden sich allerdings vom klassischen Crowdfunding darin, dass sie Endprodukte und nicht den Entstehungsprozess belohnen.

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Impressum

Crowdsourcing

Die Erstellung dieser Broschüre wurde von der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Sie kann kostenlos unter www.grimme-institut.de/imblickpunkt heruntergeladen werden.

Grimme-Institut Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbHEduard-Weitsch-Weg 25 • D-45768 MarlTel: +49 (0) 2365 9189-0 • Fax: +49 (0) 2365 9189-89E-Mail: [email protected]: www.grimme-institut.de

Text: Maria-Dorothea Roca LizarazuRedaktion: Annette SchneiderGestaltung und Layout: Georg JorczykBildquellen: Stauke (S. 1), M.studio (S. 1 - 4); alle Fotolia.com

Redaktionsschluss: November 2012

Crowdfunding

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CrowdsourcingIM BLICKPUNKT:

Was ist Crowdsourcing?Möglichkeiten des CrowdsourcingCrowdfunding als BeispielHerausforderungen des Crowdsourcing Digitale Arbeits- und Lebenswelten

Die Beliebtheit dieser Spielart des Crowdsourcing lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass sie Kulturschaffenden und Privatpersonen mit scheinbar geringem Aufwand ein breites Spektrum an Möglich-keiten eröffnet: Crowdfunding hat sich insbesonde-re für solche Projekte als gute Finanzierungsalterna-tive erwiesen, die auf dem breiten Markt oder auch in der klassischen Kulturförderung eher geringe Chan-cen hätten. Denn anders als Musiklabels, Produkti-onsfirmen oder Verlage belohnt die Crowd nicht nur Rentabilität, sondern auch den kreativen Prozess und gute Ideen. Für Künstler und andere Kreative stellt Crowdfunding deshalb eine Möglichkeit dar, Ideen durch- und umzusetzen, die durch gängige Finanzie-rungs- und Förderungsraster fallen würden, weshalb Crowdfunding gerade in den USA immer öfter auch als Möglichkeit der Produktvorfinanzierung genutzt wird.

Damit diese Förderung von Nischen- und Pilotpro-jekten für die Geldgeber nicht zum Risiko wird, funk-tioniert Crowdfunding nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ - bis auf wenige Ausnahmen gilt also: Wenn das Budgetziel innerhalb des vorgegebenen Zeitrah-mens nicht erreicht wird, bekommt die Crowd ihr Geld zurück. Ein den Projektvorgaben entsprechendes, zufriedenstellendes Ergebnis nach Ablauf der Finan-zierungsphase garantiert dieser Mechanismus aller-dings nicht.

Attraktiv ist Crowdfunding jedoch nicht nur für Ni-schenvorhaben, sondern generell auch wegen des geringen bürokratischen Aufwands. Im Gegensatz zu klassischen Finanzierungsmethoden kommt die Schwarmfinanzierung ohne Papierlawinen aus, denn es gibt keine Antragsformulare oder -fristen, keine Gutachten und kein umfangreiches Berichtswesen. Zudem wird meist eine breitere Masse an Entschei-dern einbezogen als es in Expertenrunden, Gremien

und Kommissionen der Fall ist, weshalb Crowdfunding Partizipation und Demokratisierung fördern kann.

Eben dieses stark partizipative Moment macht die Schwarmfinanzierung auch als wirkungsvolles Marke-tinginstrument attraktiv. Da Crowdfunding unabding-bar an die Existenz einer Crowd gekoppelt ist, die als Unterstützerbasis, Werbekanal und Feedback-Instanz dient, können erfolgreich finanzierte Projekte nicht nur auf monetäre Ressourcen, sondern auch auf eine gut vernetzte Community zurückgreifen, die aufgrund der eigenen Beteiligung am Projekt gerne die Werbe-trommel rührt. Ähnlich wie beim Crowdsourcing lässt sich die Unterstützermasse bei der Schwarmfinanzie-rung zudem in die Projektoptimierung und -entwick-lung miteinbeziehen und als Ideengeber aktivieren.

Herausforderungen des Crowdsourcing Kreativität, Partizipation, Flexibilität – all dies schei-nen die neuen, schwarmgestützten Formen des (Zu-sammen-)Arbeitens zu versprechen, weshalb sie be-sonders gut ins Profil einer digitalisierten, vernetzten Gesellschaft passen. Dennoch gilt auch in Bezug aufs Crowdsourcing das bekannte Sprichwort, wo-nach nicht alles Gold ist, was glänzt.

Denn das Anzapfen der Schwarmintelligenz offenba-rt seine Schattenseiten, wenn die Grenzziehung zwi-schen Kollaboration und Ausbeutung verschwimmt. Insbesondere im Bereich des Co-Working, der Ein-bindung der Crowd in die Produktion oder Optimie-rung von Produkten also, werden bisweilen unter dem Deckmantel der Partizipation firmeninterne Arbeits-prozesse wie Ideenfindung, Produktdesign oder Mar-keting billig und meist sogar kostenlos ausgelagert. Insbesondere im Design-Bereich regen sich zudem seit geraumer Zeit Widerstände gegen das spekula-tive Arbeiten, das durch das Wettbewerbsprinzip auf Crowdsourcing-Plattformen gefördert wird. Hinter die-ser Kritik am Crowdsourcing im Design- und Kreativ-bereich steht auch die Angst, dass die billige Arbeit von Amateuren auf Crowdsourcing-Plattformen lang-fristig das Lohnniveau für professionelle Leistungen drücken oder Arbeitsplätze kosten könnte. Ein Bei-spiel hierfür sind Plattformen wie iStockphoto.com oder Fotolia.de, auf denen größtenteils Amateur-Foto-grafien zu Kleinstpreisen verkauft werden.

Aus diesen Gründen kann und darf die bloße Nutzung der Crowd als Pool für billige Arbeitskraft oder Mar-keting-Tool nicht zur Norm werden, was den meisten Crowdsourcern auch bewusst ist. Erfolgreiche Crowd-sourcing-Kampagnen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Prinzipien des Social Web – Kommuni-kation, Partizipation, Authentizität, Transparenz – ver-pflichtet sind und den ehrlichen Austausch mit den jeweiligen Communitys suchen.

Diese konstante Nähe zur Crowd jedoch ist arbeits-aufwendig, weshalb das Versprechen scheinbarer Un-kompliziertheit schnell zur Falle werden kann, wenn dadurch die Anforderungen einer guten Crowdsour-cing-Kampagne unterschätzt werden. Denn wie bei je-der soliden Projektplanung sollte auch im Falle des Crowdsourcing Zeit und Mühe beispielsweise in die

adäquate Auswahl und Ansprache der Zielgruppe, die Laufzeitberechnung, die mediale Präsentation und die Motivationsstrategien investiert werden.

Zudem lebt eine erfolgreiche Crowdsourcing-Aktion wesentlich von den Menschen, die sie zu mobilisie-ren vermag, weshalb der Aufbau einer breiten Unter-stützerbasis möglichst einige Zeit vor dem offiziellen Kampagnenstart angegangen werden sollte. Der Auf-bau solcher Communitys ist zeitaufwendig und erfor-dert zudem eine gewisse Vertrautheit mit den Mecha-nismen des Social Web, weshalb es nicht verwundert, dass meist jene Kampagnen am erfolgreichsten sind, die bereits über eine gewisse Reputation und/oder Community verfügen.

Ist dieser Schritt vollbracht, ist es von zentraler Wich- tigkeit, die jeweilige Community tatsächlich einzubin-den und bei Laune zu halten, indem sie in die Entwick-lung eines Projekts einbezogen und mit ihren Vorschlä-gen ernstgenommen wird. Wohin die Fehleinschätzung des Schwarms führen kann, zeigten in der Vergangen-heit Crowdsourcing-Katastrophen wie die „Mein Stil – mein Pril“-Kampagne: Als sich die Crowd einen Spaß daraus machte, ein Logo mit der Aufschrift „Schmeckt lecker nach Hähnchen!“ bis an die Spitze der einge-reichten Wettbewerbsvorschläge zu wählen, änderten die Verantwortlichen bei Pril im laufenden Wettbewerb die Spielregeln – ein Sturm der Entrüstung innerhalb der Community war die Folge.

Dieses Beispiel verdeutlicht auch, dass die Weis-heit der Vielen oft, aber nicht zwangsläufig die bes-seren Ergebnisse liefert. Das Leistungsniveau leidet vor allem dann, wenn das schnelle Geld im Zentrum der Schwarmaktivitäten steht. Eine Lösung für dieses Problem bietet die Praxis des „Curated Crowdsour-cing“, mittels derer die Ergebnisse der Schwarmar-beit nachbearbeitet oder gefiltert werden können: so zum Beispiel auf der Plattform GeniusRocket.com, die mögliche Jobanwärter vorsortiert und die Projekte kon-stant begleitet, ähnlich einer Agentur.

Digitale Arbeits- und LebensweltenDie neuen, internetgestützten Formen der Arbeitstei-lung, Kollaboration oder Finanzierung könnten die Ar-beits- und Lebenswelten der Zukunft entscheidend ver- ändern. Obwohl die Entwicklungen im Bereich Crowd- sourcing und Crowdfunding in Deutschland vielfach noch in den Kinderschuhen stecken, werden sie auch hier eine Mobilisierung, Fluidisierung und Globalisie-rung des Berufs- und Alltagslebens zur Folge haben, die die Trennlinie zwischen Job und Freizeit zunehmend verschwimmen lässt. Eine solche Flexibilisierung er-öffnet neben neuen Freiräumen auch Problemfelder: Flächendeckende Freizeit- und Freelance-Arbeit bedeu-tet womöglich einen Verlust von sozialer Absicherung und die Gefährdung fester Arbeitsplätze. Hier sind Po-litik und Zivilgesellschaft gefragt, neue Strukturen zu diskutieren und zu schaffen, um die entstehenden Arbeits- und Freiräume sozialverträglich zu gestalten. Aber auch für jede(n) einzelne(n) gilt es, die Chancen und Probleme der digitalen Arbeitswelten mit Blick auf die persönlichen Lebensumstände abzuwägen.

Links

¢Erste Anlaufstelle zum Thema im deutschsprachigen Raum ist Claudia Pelzers CrowdsourcingBlog.

www.crowdsourcingblog.de

¢Im englischsprachigen Raum übernimmt diese Aufgabe Crowdsourcing.org. www.crowdsourcing.org

¢Der ehemalige Blog von Jeff Howe zum Thema Crowdsourcing. www.crowdsourcing.com

¢Artikel aus dem t3n-Magazin zu Mobile Crowdsourcing. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/408841

¢Telepolis-Artikel zu Crowdsourcing in der Wissenschaft. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/250804

Literatur

¢Crowdsourcing Report 2012. Neue digitale Arbeitswelten. Herausgegeben von Claudia Pelzer / Karsten Wenzlaff /

Jörg Eisfeld-Reschke. Berlin 2012.

Links

¢Website der co:funding, Subkonferenz der re:publica zum Thema Crowdfunding. www.cofunding.de

¢Infografik 2012 der co: funding. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/100835

¢Infoseite von Startnext.de zum Thema Crowdfunding. http://crowdfunding.startnext.de/

¢Crowdfunding-Monitor von für-gründer.de. www.für-gründer.de/crowdfunding/

¢Podcast zum Thema Crowdfunding. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/806857

Literatur

¢Mekonet-Dossier zum Thema „Crowdfunding – ein alter-natives Finanzierungsmodell für Medienkompetenzpro-jekte“.

Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/297415

¢Das co:funding handbuch herausgegeben von Tyclipso.me in Zusammenarbeit mit

startnext.de. 2. Ausgabe Mai 2012.

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Crowdsourcing

Die Erstellung dieser Broschüre wurde von der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Sie kann kostenlos unter www.grimme-institut.de/imblickpunkt heruntergeladen werden.

Grimme-Institut Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbHEduard-Weitsch-Weg 25 • D-45768 MarlTel: +49 (0) 2365 9189-0 • Fax: +49 (0) 2365 9189-89E-Mail: [email protected]: www.grimme-institut.de

Text: Maria-Dorothea Roca LizarazuRedaktion: Annette SchneiderGestaltung und Layout: Georg JorczykBildquellen: Stauke (S. 1), M.studio (S. 1 - 4); alle Fotolia.com

Redaktionsschluss: November 2012

Crowdfunding

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CrowdsourcingIM BLICKPUNKT:

Was ist Crowdsourcing?Möglichkeiten des CrowdsourcingCrowdfunding als BeispielHerausforderungen des Crowdsourcing Digitale Arbeits- und Lebenswelten

Die Beliebtheit dieser Spielart des Crowdsourcing lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass sie Kulturschaffenden und Privatpersonen mit scheinbar geringem Aufwand ein breites Spektrum an Möglich-keiten eröffnet: Crowdfunding hat sich insbesonde-re für solche Projekte als gute Finanzierungsalterna-tive erwiesen, die auf dem breiten Markt oder auch in der klassischen Kulturförderung eher geringe Chan-cen hätten. Denn anders als Musiklabels, Produkti-onsfirmen oder Verlage belohnt die Crowd nicht nur Rentabilität, sondern auch den kreativen Prozess und gute Ideen. Für Künstler und andere Kreative stellt Crowdfunding deshalb eine Möglichkeit dar, Ideen durch- und umzusetzen, die durch gängige Finanzie-rungs- und Förderungsraster fallen würden, weshalb Crowdfunding gerade in den USA immer öfter auch als Möglichkeit der Produktvorfinanzierung genutzt wird.

Damit diese Förderung von Nischen- und Pilotpro-jekten für die Geldgeber nicht zum Risiko wird, funk-tioniert Crowdfunding nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ - bis auf wenige Ausnahmen gilt also: Wenn das Budgetziel innerhalb des vorgegebenen Zeitrah-mens nicht erreicht wird, bekommt die Crowd ihr Geld zurück. Ein den Projektvorgaben entsprechendes, zufriedenstellendes Ergebnis nach Ablauf der Finan-zierungsphase garantiert dieser Mechanismus aller-dings nicht.

Attraktiv ist Crowdfunding jedoch nicht nur für Ni-schenvorhaben, sondern generell auch wegen des geringen bürokratischen Aufwands. Im Gegensatz zu klassischen Finanzierungsmethoden kommt die Schwarmfinanzierung ohne Papierlawinen aus, denn es gibt keine Antragsformulare oder -fristen, keine Gutachten und kein umfangreiches Berichtswesen. Zudem wird meist eine breitere Masse an Entschei-dern einbezogen als es in Expertenrunden, Gremien

und Kommissionen der Fall ist, weshalb Crowdfunding Partizipation und Demokratisierung fördern kann.

Eben dieses stark partizipative Moment macht die Schwarmfinanzierung auch als wirkungsvolles Marke-tinginstrument attraktiv. Da Crowdfunding unabding-bar an die Existenz einer Crowd gekoppelt ist, die als Unterstützerbasis, Werbekanal und Feedback-Instanz dient, können erfolgreich finanzierte Projekte nicht nur auf monetäre Ressourcen, sondern auch auf eine gut vernetzte Community zurückgreifen, die aufgrund der eigenen Beteiligung am Projekt gerne die Werbe-trommel rührt. Ähnlich wie beim Crowdsourcing lässt sich die Unterstützermasse bei der Schwarmfinanzie-rung zudem in die Projektoptimierung und -entwick-lung miteinbeziehen und als Ideengeber aktivieren.

Herausforderungen des Crowdsourcing Kreativität, Partizipation, Flexibilität – all dies schei-nen die neuen, schwarmgestützten Formen des (Zu-sammen-)Arbeitens zu versprechen, weshalb sie be-sonders gut ins Profil einer digitalisierten, vernetzten Gesellschaft passen. Dennoch gilt auch in Bezug aufs Crowdsourcing das bekannte Sprichwort, wo-nach nicht alles Gold ist, was glänzt.

Denn das Anzapfen der Schwarmintelligenz offenba-rt seine Schattenseiten, wenn die Grenzziehung zwi-schen Kollaboration und Ausbeutung verschwimmt. Insbesondere im Bereich des Co-Working, der Ein-bindung der Crowd in die Produktion oder Optimie-rung von Produkten also, werden bisweilen unter dem Deckmantel der Partizipation firmeninterne Arbeits-prozesse wie Ideenfindung, Produktdesign oder Mar-keting billig und meist sogar kostenlos ausgelagert. Insbesondere im Design-Bereich regen sich zudem seit geraumer Zeit Widerstände gegen das spekula-tive Arbeiten, das durch das Wettbewerbsprinzip auf Crowdsourcing-Plattformen gefördert wird. Hinter die-ser Kritik am Crowdsourcing im Design- und Kreativ-bereich steht auch die Angst, dass die billige Arbeit von Amateuren auf Crowdsourcing-Plattformen lang-fristig das Lohnniveau für professionelle Leistungen drücken oder Arbeitsplätze kosten könnte. Ein Bei-spiel hierfür sind Plattformen wie iStockphoto.com oder Fotolia.de, auf denen größtenteils Amateur-Foto-grafien zu Kleinstpreisen verkauft werden.

Aus diesen Gründen kann und darf die bloße Nutzung der Crowd als Pool für billige Arbeitskraft oder Mar-keting-Tool nicht zur Norm werden, was den meisten Crowdsourcern auch bewusst ist. Erfolgreiche Crowd-sourcing-Kampagnen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Prinzipien des Social Web – Kommuni-kation, Partizipation, Authentizität, Transparenz – ver-pflichtet sind und den ehrlichen Austausch mit den jeweiligen Communitys suchen.

Diese konstante Nähe zur Crowd jedoch ist arbeits-aufwendig, weshalb das Versprechen scheinbarer Un-kompliziertheit schnell zur Falle werden kann, wenn dadurch die Anforderungen einer guten Crowdsour-cing-Kampagne unterschätzt werden. Denn wie bei je-der soliden Projektplanung sollte auch im Falle des Crowdsourcing Zeit und Mühe beispielsweise in die

adäquate Auswahl und Ansprache der Zielgruppe, die Laufzeitberechnung, die mediale Präsentation und die Motivationsstrategien investiert werden.

Zudem lebt eine erfolgreiche Crowdsourcing-Aktion wesentlich von den Menschen, die sie zu mobilisie-ren vermag, weshalb der Aufbau einer breiten Unter-stützerbasis möglichst einige Zeit vor dem offiziellen Kampagnenstart angegangen werden sollte. Der Auf-bau solcher Communitys ist zeitaufwendig und erfor-dert zudem eine gewisse Vertrautheit mit den Mecha-nismen des Social Web, weshalb es nicht verwundert, dass meist jene Kampagnen am erfolgreichsten sind, die bereits über eine gewisse Reputation und/oder Community verfügen.

Ist dieser Schritt vollbracht, ist es von zentraler Wich- tigkeit, die jeweilige Community tatsächlich einzubin-den und bei Laune zu halten, indem sie in die Entwick-lung eines Projekts einbezogen und mit ihren Vorschlä-gen ernstgenommen wird. Wohin die Fehleinschätzung des Schwarms führen kann, zeigten in der Vergangen-heit Crowdsourcing-Katastrophen wie die „Mein Stil – mein Pril“-Kampagne: Als sich die Crowd einen Spaß daraus machte, ein Logo mit der Aufschrift „Schmeckt lecker nach Hähnchen!“ bis an die Spitze der einge-reichten Wettbewerbsvorschläge zu wählen, änderten die Verantwortlichen bei Pril im laufenden Wettbewerb die Spielregeln – ein Sturm der Entrüstung innerhalb der Community war die Folge.

Dieses Beispiel verdeutlicht auch, dass die Weis-heit der Vielen oft, aber nicht zwangsläufig die bes-seren Ergebnisse liefert. Das Leistungsniveau leidet vor allem dann, wenn das schnelle Geld im Zentrum der Schwarmaktivitäten steht. Eine Lösung für dieses Problem bietet die Praxis des „Curated Crowdsour-cing“, mittels derer die Ergebnisse der Schwarmar-beit nachbearbeitet oder gefiltert werden können: so zum Beispiel auf der Plattform GeniusRocket.com, die mögliche Jobanwärter vorsortiert und die Projekte kon-stant begleitet, ähnlich einer Agentur.

Digitale Arbeits- und LebensweltenDie neuen, internetgestützten Formen der Arbeitstei-lung, Kollaboration oder Finanzierung könnten die Ar-beits- und Lebenswelten der Zukunft entscheidend ver- ändern. Obwohl die Entwicklungen im Bereich Crowd- sourcing und Crowdfunding in Deutschland vielfach noch in den Kinderschuhen stecken, werden sie auch hier eine Mobilisierung, Fluidisierung und Globalisie-rung des Berufs- und Alltagslebens zur Folge haben, die die Trennlinie zwischen Job und Freizeit zunehmend verschwimmen lässt. Eine solche Flexibilisierung er-öffnet neben neuen Freiräumen auch Problemfelder: Flächendeckende Freizeit- und Freelance-Arbeit bedeu-tet womöglich einen Verlust von sozialer Absicherung und die Gefährdung fester Arbeitsplätze. Hier sind Po-litik und Zivilgesellschaft gefragt, neue Strukturen zu diskutieren und zu schaffen, um die entstehenden Arbeits- und Freiräume sozialverträglich zu gestalten. Aber auch für jede(n) einzelne(n) gilt es, die Chancen und Probleme der digitalen Arbeitswelten mit Blick auf die persönlichen Lebensumstände abzuwägen.

Links

¢Erste Anlaufstelle zum Thema im deutschsprachigen Raum ist Claudia Pelzers CrowdsourcingBlog.

www.crowdsourcingblog.de

¢Im englischsprachigen Raum übernimmt diese Aufgabe Crowdsourcing.org. www.crowdsourcing.org

¢Der ehemalige Blog von Jeff Howe zum Thema Crowdsourcing. www.crowdsourcing.com

¢Artikel aus dem t3n-Magazin zu Mobile Crowdsourcing. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/408841

¢Telepolis-Artikel zu Crowdsourcing in der Wissenschaft. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/250804

Literatur

¢Crowdsourcing Report 2012. Neue digitale Arbeitswelten. Herausgegeben von Claudia Pelzer / Karsten Wenzlaff /

Jörg Eisfeld-Reschke. Berlin 2012.

Links

¢Website der co:funding, Subkonferenz der re:publica zum Thema Crowdfunding. www.cofunding.de

¢Infografik 2012 der co: funding. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/100835

¢Infoseite von Startnext.de zum Thema Crowdfunding. http://crowdfunding.startnext.de/

¢Crowdfunding-Monitor von für-gründer.de. www.für-gründer.de/crowdfunding/

¢Podcast zum Thema Crowdfunding. Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/806857

Literatur

¢Mekonet-Dossier zum Thema „Crowdfunding – ein alter-natives Finanzierungsmodell für Medienkompetenzpro-jekte“.

Kurzlink: www.grimme-institut.de/d/297415

¢Das co:funding handbuch herausgegeben von Tyclipso.me in Zusammenarbeit mit

startnext.de. 2. Ausgabe Mai 2012.