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Auf einen Blick Vor einem Jahr stand an dieser Stelle: „Die Weltwirt- schaft steht (…) vor einer schweren Bewährungs- probe“ (IMK 2007, S.1). So ist es gekommen. Die Krise auf den Finanzmärkten, die ihren Anfang auf dem US- amerikanischen Immobilienmarkt genommen hatte, hat sich in ansteigenden Wellen auf die globale Realwirt- schaft ausgebreitet. Es droht eine weltweite Rezes- sion. Der Ansteckungsprozess erfolgte auf zwei Wegen. Die enge Verflechtung der globalen Finanzmärkte hat vor allem über die verstärkte Handelbarkeit von Fi- nanzprodukten dazu geführt, dass die negativen Fol- gen des extrem riskanten Verhaltens von Finanzmarktakteuren in den USA sich rasch weltweit ausbreiteten. Die Fragilität der Finanzsysteme belastet seither die Realwirtschaft der betroffenen Länder. Der zweite, langsamere Weg führte über die traditionellen Handelsbeziehungen. Als die Importnachfrage der USA wegen der Konsum- und Investitionsschwäche sowie der vorangegangenen Abwertung des US-Dol- lar deutlich nachließ, spürten dies die Handelspartner der USA sofort. Wie in einem Schneeballsystem brei- teten sich die Impulse anschließend über die nachlas- sende Konjunktur der US-Handelspartner immer weiter aus. Die Wirtschaftspolitik steht vor gewaltigen Heraus- forderungen. Ein Zusammenbruch des Weltfinanzsy- stems konnte bisher durch massive geldpolitische und staatliche Stützungsaktionen vermieden werden. Not- wendig war dazu, dass die Zentralbanken die Funktio- nen des Interbankenmarktes weitgehend übernahmen, Banken teilverstaatlicht und staatliche Bürgschaften bereitgestellt wurden. Dennoch ist bislang keine Bo- denbildung erkennbar. Schlecht steht es auch um die konjunkturellen Aus- sichten: Alle Indikatoren weisen auf eine globale Re- zession hin. Die Konjunktur befindet sich weltweit im freien Fall. Es ist damit zu rechnen, dass die US-Wirt- schaft im kommenden Jahr dank massiver Stabilisie- rungsmaßnahmen nur um 1,1 % schrumpft. Im Euroraum, wo bislang keine klare Stabilisierungspolitik erkennbar ist, ist hingegen mit einem Sinken der Wirt- schaftsleistung um 1,5 %, in Deutschland sogar um 1,8 % zu rechnen. Dabei verstärken sich die Finanzmarktkrise und der Konjunktureinbruch wechselseitig. Die Finanzmarkt- krise lässt Banken und andere Finanzmarktinvestoren risikoscheu werden, sodass Kredite nur noch zu schlechteren Konditionen vergeben werden. Dies dämpft insbesondere die Investitionsdynamik und damit die Konjunktur. In einer konjunkturellen Ab- schwächung steigen aber auch die Kreditausfälle von bisher guten Schuldnern; dies belastet wiederum die Banken. Daraus folgt, dass die Wirtschaftspolitik bei- des – Finanzmarktkrise und Konjunkturkrise – zugleich bekämpfen muss, um eine positive Dynamik in Gang zu setzen. Erforderlich ist daher, dass die Geldpolitik weltweit auf einen extrem expansiven Kurs einschwenkt, um möglichst günstige Kreditkonditionen zu schaffen und deflationären Tendenzen, die vereinzelt zu beobachten sind, sofort entgegenzutreten. In den USA entspricht der geldpolitische Kurs bereits diesen Anforderungen. Im Euroraum ist dies trotz der jüngsten Zinssenkung noch nicht der Fall. Allerdings kann die Geldpolitik die gegenwärtige, doppelte Krise nicht allein lösen. Ange- sichts der Schwere der Krise bedarf es zusätzlicher, zum Teil massiver, staatlicher Stützungsmaßnahmen für den Bankensektor, solange das Vertrauen zwischen Banken nicht wiederhergestellt ist, sowie einer pro- Report Nr. 35 | Dezember 2008 Am Rande des Abgrunds Prognose der wirtschaftlichen Lage 2009

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Auf einen Blick

Vor einem Jahr stand an dieser Stelle: „Die Weltwirt-schaft steht (…) vor einer schweren Bewährungs-probe“ (IMK 2007, S.1). So ist es gekommen. Die Kriseauf den Finanzmärkten, die ihren Anfang auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt genommen hatte, hatsich in ansteigenden Wellen auf die globale Realwirt-schaft ausgebreitet. Es droht eine weltweite Rezes-sion.

Der Ansteckungsprozess erfolgte auf zwei Wegen.Die enge Verflechtung der globalen Finanzmärkte hatvor allem über die verstärkte Handelbarkeit von Fi-nanzprodukten dazu geführt, dass die negativen Fol-gen des extrem riskanten Verhaltens vonFinanzmarktakteuren in den USA sich rasch weltweitausbreiteten. Die Fragilität der Finanzsysteme belastetseither die Realwirtschaft der betroffenen Länder. Derzweite, langsamere Weg führte über die traditionellenHandelsbeziehungen. Als die Importnachfrage derUSA wegen der Konsum- und Investitionsschwächesowie der vorangegangenen Abwertung des US-Dol-lar deutlich nachließ, spürten dies die Handelspartnerder USA sofort. Wie in einem Schneeballsystem brei-teten sich die Impulse anschließend über die nachlas-sende Konjunktur der US-Handelspartner immer weiteraus.

Die Wirtschaftspolitik steht vor gewaltigen Heraus-forderungen. Ein Zusammenbruch des Weltfinanzsy-stems konnte bisher durch massive geldpolitische undstaatliche Stützungsaktionen vermieden werden. Not-wendig war dazu, dass die Zentralbanken die Funktio-nen des Interbankenmarktes weitgehend übernahmen,Banken teilverstaatlicht und staatliche Bürgschaftenbereitgestellt wurden. Dennoch ist bislang keine Bo-denbildung erkennbar.

Schlecht steht es auch um die konjunkturellen Aus-

sichten: Alle Indikatoren weisen auf eine globale Re-zession hin. Die Konjunktur befindet sich weltweit imfreien Fall. Es ist damit zu rechnen, dass die US-Wirt-schaft im kommenden Jahr dank massiver Stabilisie-rungsmaßnahmen nur um 1,1 % schrumpft. ImEuroraum, wo bislang keine klare Stabilisierungspolitikerkennbar ist, ist hingegen mit einem Sinken der Wirt-schaftsleistung um 1,5 %, in Deutschland sogar um1,8 % zu rechnen.

Dabei verstärken sich die Finanzmarktkrise und derKonjunktureinbruch wechselseitig. Die Finanzmarkt-krise lässt Banken und andere Finanzmarktinvestorenrisikoscheu werden, sodass Kredite nur noch zuschlechteren Konditionen vergeben werden. Diesdämpft insbesondere die Investitionsdynamik unddamit die Konjunktur. In einer konjunkturellen Ab-schwächung steigen aber auch die Kreditausfälle vonbisher guten Schuldnern; dies belastet wiederum dieBanken. Daraus folgt, dass die Wirtschaftspolitik bei-des – Finanzmarktkrise und Konjunkturkrise – zugleichbekämpfen muss, um eine positive Dynamik in Gangzu setzen.

Erforderlich ist daher, dass die Geldpolitik weltweitauf einen extrem expansiven Kurs einschwenkt, ummöglichst günstige Kreditkonditionen zu schaffen unddeflationären Tendenzen, die vereinzelt zu beobachtensind, sofort entgegenzutreten. In den USA entsprichtder geldpolitische Kurs bereits diesen Anforderungen.Im Euroraum ist dies trotz der jüngsten Zinssenkungnoch nicht der Fall. Allerdings kann die Geldpolitik diegegenwärtige, doppelte Krise nicht allein lösen. Ange-sichts der Schwere der Krise bedarf es zusätzlicher,zum Teil massiver, staatlicher Stützungsmaßnahmenfür den Bankensektor, solange das Vertrauen zwischenBanken nicht wiederhergestellt ist, sowie einer pro-

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Am Rande des AbgrundsPrognose der wirtschaftlichen Lage 2009

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noncierten fiskalischen Expansion, um die Konjunkturzu beleben. Auch hier wird die europäische und insbe-sondere die deutsche Antwort den Herausforderungenin keiner Weise gerecht.

Finanzmärkte in der Krise

Die Geschichte der gegenwärtigen Krise hat ihren Ur-sprung in einer falschen Sicht der Funktionsweise vonFinanzmärkten. So wurden die Finanzmärkte vielfachals eigenständige Märkte gesehen, auf denen neue Fi-nanzprodukte dauerhaft Renditen erzielen könnten, diemerklich über jenen der Realwirtschaft lägen – vor-ausgesetzt, die Märkte würden nicht durch Regulie-rungsvorschriften „gegängelt“. Erwartet wurde einBoom mit hohem Wachstum und hoher Beschäftigungvor allem im Bereich der Finanzdienstleistungen. DieseStrategie wurde in den achtziger Jahren zunächst inden USA und Großbritannien mit scheinbar großem Er-folg praktiziert, was andere Länder, darunter Deutsch-land, zur Nachahmung veranlasste.

Tatsächlich lagen die Renditen im Finanzsektor bisvor kurzem vielfach weit über jenen in der Realwirt-schaft. Der Boom fand also statt, war aber künstlich,

weil nicht realwirtschaftlich fundiert. Dieser Schein-boom zog immer mehr Investoren an – z.B. Invest-mentfonds – die ihren Anteil an Anlagen in Finanztitelausweiteten. Zeitgleich erhöhte sich der Druck auf re-alwirtschaftlich orientierte Unternehmen, ihre Renditendenjenigen des Finanzmarktsektors anzupassen, bzw.selbst Finanzinvestitionen auf Kosten von Realinvesti-tionen durchzuführen. Entsprechend steigerte sich derDruck auf Unternehmensleitungen und Belegschaften.Vor allem letztere wurden immer weniger am Wachs-tum des Wohlstands beteiligt.

Tatsächlich kann eine solche Entwicklung nichtnachhaltig sein. So erzeugten die hohen Renditeneinen geradezu „irrationalen Optimismus“ (Stiglitz2003, S. 87), der sich auf die vermeintliche Fortdauerder hohen Renditen gründete und damit letztlich un-begründet war. Denn die Renditen von Finanzanlagenkönnen sich auf Dauer nicht beliebig von jenen der Re-alwirtschaft entfernen. Die Wertschöpfung jedes Fi-nanzkontrakts basiert letztendlich auf einerrealwirtschaftlichen Rendite, aus der die Kosten für dieFinanzierung getragen werden müssen. Das gilt füralle Stufen dieser Finanzierungsaktivitäten, auch wennsich die Produkte z.B. durch viele Stufen der Verbrie-fung immer weiter von ihrem realwirtschaftlichen Ur-sprung entfernen. Auch die Intransparenz mancherProdukte mag zu dieser grundlegenden Fehleinschät-zung beigetragen haben.

Sind, wie geschehen, sogar auf längere Sicht zumTeil deutlich höhere Renditen durch Finanzmarktakti-vitäten zu verzeichnen, hat dies zwei Folgen: Zum Er-sten erhöht sich der Zustrom an Geld fürFinanzmarktinvestitionen zu Lasten von realwirt-schaftlichen Investitionen (Hein/van Treeck 2008).Zum Zweiten erhöht zwar der ständige Zustrom an li-quiden Mitteln tatsächlich die Kurse und damit die Ren-diteerwartungen auf den Finanzmärkten. Sind dieseZuwächse jedoch auf Dauer nicht durch realwirt-schaftliche Einkommenszuwächse gedeckt, kann derZustrom an Kapital nicht stark genug bleiben, um dieKursinflation immer weiter zu nähren. Eine solche Ent-wicklung ist nicht nachhaltig. Irgendwann brechen dieKurse zusammen und Kapital wird vernichtet. In derFolge werden Kreditanbieter restriktiver, darunter lei-det dann ebenfalls die Investitionsdynamik in der Re-alwirtschaft.

Eine zweite grundlegende Fehleinschätzung betrifftdie Risiken. Die strukturierten Finanzprodukte, indenen unterschiedliche Risiken kombiniert werden, er-weckten die Illusion, dass Risiken auf diese Weise zumVerschwinden gebracht würden. Tatsächlich wird zwardas Risiko einer einzelnen Anlage für denjenigen, derden Kredit ursprünglich vergeben und weiter gereicht

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Das IMK empfiehlt folgende wirtschaftspolitischeMaßnahmen:1. Die Bundesregierung sollte schnellstens denSchutzschirm für Banken verbessern, indem sieeine Mindesteigenkapitalquote festlegt. Bei Un-terschreitung muss das Rettungspaket in An-spruch genommen werden. 2. Die EZB sollte den Leitzins zügig auf 1 % sen-ken. 3. Die Bundesregierung sollte über die bisherigenMaßnahmen hinaus ein Konjunkturprogramm inHöhe von 2 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP)für 2009 beschließen. Dabei sollten die öffentli-chen Investitionen um rund 25 Mrd. Euro und derStaatskonsum um rund 5 Mrd. angehoben wer-den. Um schnelle Impulse zu setzen, sollten Kon-sumgutscheine mit dreimonatiger Gültigkeit inzwei aufeinander folgenden Quartalen in Höhevon jeweils 125 Euro pro Kopf ausgegeben wer-den (rund 20 Mrd. Euro).4. Die Bundesregierung sollte die europäischeKoordinierung von Konjunkturprogrammen vor-antreiben statt sie zu bremsen.5. Die Lohnpolitik sollte ihren zuletzt eingeschla-genen Kurs hin zu produktivitätsorientierten Lohn-zuwächsen fortsetzen.

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hat, vermindert. Dies erwies sich jedoch, wie im Fallder Subprime-Produkte, als Anreiz, größere Risiken alsfrüher einzugehen, die durch strukturierte Produkteweltweit gestreut wurden. Die Risiken bleiben also er-halten, wenn auch jeweils in kleineren Dosierungen beiden jeweiligen Käufern. Werden – wie im Fall der Sub-prime-Produkte – die Risiken akut, bleibt der Schadennicht auf die den Kredit ursprünglich vergebenden In-stitute begrenzt, sondern verbreitet sich rasch über dengesamten globalen Finanzmarkt. Aufgrund der Tatsa-che, dass Engagements in diese Produkte in hohemMaße kreditfinanziert und ohne ausreichende Eigen-kapitalunterlegung getätigt wurden, ist der Schadenenorm. Seit die Belastungen aus der Kreditfinanzie-rung der strukturierten Produkte sichtbar wurden,schwand das Vertrauen in alle möglichen Finanzpro-dukte, die Kurse fielen und Kapital wurde vernichtet.Das früher lokal begrenzte Risiko wurde also durchStrukturierung in Kombination mit Kreditfinanzierungweltweit zu einem systemischen Risiko.

Die dritte Fehleinschätzung betrifft die vor der Krisegeltenden Regulierungsvorschriften. Sie waren zueinem erheblichen Teil nicht geeignet, gesamtwirt-schaftliche Stabilität in Krisenzeiten zu gewährleisten.Die Eigenkapital-Unterlegungspflichten für Kreditenach Basel II haben im Bankensystem – wie ge-wünscht – zu größerer Vorsicht im Umgang mit unsi-cheren Schuldnern geführt. Allerdings wurden –unerwünschter Weise – Lücken gesucht und gefunden,riskante Geschäfte außerhalb der Bankenbilanzen vor-zunehmen. Selbige sind eine weitere Ursache der der-zeitigen Finanzmarktkrise. In dieser Krise zeigen sichauch die Probleme von Basel II, denn in Kombinationmit den Rechnungslegungsvorschriften IFRS wirkt esKrisen verschärfend. Basel II soll durch eine hinrei-chende Eigenkapitaldeckung riskante Kreditvergabenzumindest absichern. Sinkt das Eigenkapital einerBank, muss sie es ersetzen, um die Kreditvergabenaufrechterhalten zu können. Trifft dies auf viele Ban-ken zu, entsteht ein massiver Bedarf an zusätzlichemKapital, der von den Banken nur unter hohen Kostenerfüllt werden kann. Wegen den Schwierigkeiten, ge-nügend Eigenkapitaldeckung bereit zu halten, mussgleichzeitig die Kreditvergabe restriktiv gehalten wer-den. Dann springt der Funke der Krise auf die Real-wirtschaft über, vor allem, indem der kreditfinanzierteInvestitionsprozess beeinträchtigt wird.

In die gleiche Richtung wirken die IFRS. Sie sollenstille Reserven sichtbar machen. Da Vermögen markt-nah bewertet werden muss, treten in Zeiten fallenderVermögenskurse Eigenkapitalverluste auf, die denDeckungsbedarf erhöhen und eine zusätzliche Kredit-vergabe erschweren. In guten Zeiten wirkt der gleiche

Mechanismus in Richtung einer leichteren Kreditver-gabe und heizt so die Wirtschaft zusätzlich an. BeideRegularien weisen also aufgrund ihrer Prozyklizität ge-samtwirtschaftlich destabilisierende Effekte auf. Mitt-lerweile sind die Vorschriften teilweise verändertworden, um die Krise nicht immer weiter zu verschär-fen.

All dies sind die wesentlichen Ursachen der Fi-nanzmarktkrise. Auslöser war der Anstieg der Hypo-thekenkreditausfälle in den USA über das erwarteteMaß hinaus. Dies brachte das Kartenhaus der Finanz-märkte zum Einsturz. Wie vor einem Jahr an dieserStelle beschrieben, hat sich die Krise ausgehend vonden US-Finanzmärkten in ansteigenden Wellen aus-gebreitet und trifft nun die Realwirtschaft in globalemMaßstab mit voller Wucht. Es kommt zu ausgeprägtenBremseffekten.

Die Krise erschwert weltweit die Finanzierung derUnternehmen. Dies betrifft alle Finanzierungsarten: Sohaben sich die Konditionen für die Kreditvergabe derBanken deutlich verschlechtert, wie aus den Bank Len-ding Surveys sowohl für die USA wie für den Euroraumhervorgeht. Eine alternative Finanzierung von Unter-nehmen, die Ausgabe von Anleihen, hat sich ebenfallsverteuert: Die Zinsspanne zwischen solchen Anleihenund Staatsanleihen ist über alle Risikoklassen hinweggestiegen. Auch die Ausgabe neuer Aktien ist ange-sichts der dramatischen Kursverluste an den Aktien-märkten weltweit weniger attraktiv.

Die wechselseitige Verstärkung von Finanzmarkt-krise und Konjunkturkrise droht, eine weltweite Ab-wärtsspirale von sinkender Kreditvergabe undgeringerem Wachstum auszulösen.

Globale Rezession zu erwarten

Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen habensich deutlich eingetrübt – und das, obwohl der Ölpreisvon seinem bisherigen Hoch Mitte Juli 2008 von über140 US-Dollar je Barrel auf etwa 40 US-Dollar zurück-gegangen ist. Ähnlich rasant haben sich auch andereRohstoffpreise wieder zurückgebildet.

Trotzdem sind die Aussichten düster: Die von eini-gen Prognostikern erwartete „Abkopplung“ der Kon-junktur der restlichen Welt, insbesondere wachstums-starker Schwellenländer, von der Abschwächung inden USA erweist sich als unrealistisch. Des Weiterenleiden alle Länder weltweit unter den negativen Folgender Finanzmarktkrise – selbst dann, wenn ihre Finanz-institute nicht in Verbriefungen US-amerikanischer Hy-pothekenkredite engagiert waren. Vor allemSchwellenländer sind von massivem Kapitalabzug be-troffen, der sich in Wertverlusten ihrer Währungen, fal-lenden Aktienkursen und verschlechterten Bonitäts-

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einschätzungen – sowohl für Staatsanleihen als auchfür Unternehmensanleihen dieser Länder – nieder-schlägt. In diesen Ländern sind die realwirtschaftlichenAuswirkungen von Vermögenspreisschwankungentrotz niedriger Marktkapitalisierung ausgeprägt. DieNettokapitalabflüsse erfolgen zum einen aufgrund dergesunkenen Risikobereitschaft internationaler Investo-ren, zum anderen aber auch, weil Kapital häufig in denheimischen angeschlagenen Finanzinstituten und Un-ternehmen der Industrieländer benötigt wird.

Besonders problematisch ist der Kapitalabfluss fürLänder mit einem Leistungsbilanzdefizit wie die mittel-und osteuropäischen Länder und die Türkei. Für des-sen Finanzierung sind die Länder auf Nettokapitalzu-flüsse angewiesen, die angesichts weltweit knapperLiquidität und einem stärker ausgeprägten Risikobe-wusstsein internationaler Investoren jetzt deutlich hö-here Renditen als in der Vergangenheit erfordern.

Einige Länder hatten angesichts der hohen Kapi-talzuflüsse vor der Krise zudem ihre inländische Kre-ditvergabe sehr stark ausgeweitet. Neben den mittel-und osteuropäischen Ländern verzeichneten auch In-dien, Indonesien, einige lateinamerikanische Länderund die Türkei hohe Zuwachsraten der Kredite. In Is-land waren die Kreditbestände auf einen Wert ange-wachsen, der in Relation zum BIP viermal so hoch warwie in Deutschland.

Da die Kreditvergabe häufig in heimischer Wäh-rung erfolgt, resultiert daraus aber ein Währungsrisikofür Banken und private Kreditnehmer, wenn Nettokapi-talzuflüsse aus dem Ausland zur Kreditausweitung bei-getragen haben: Verbindlichkeiten in ausländischerWährung stehen Forderungen in inländischer Währunggegenüber. Sobald ausländische Kapitalgeber die Be-dienung ihrer Forderungen anzweifeln und Kapital ab-ziehen, droht den Defizitländern eine Abwertung derheimischen Währung und, soweit Banken das Wäh-rungsrisiko tragen, ein Zusammenbruch des Banken-systems.

Hohe Zinsen zur Aufrechterhaltung von Kapitalzu-flüssen dürften – soweit sie überhaupt glaubwürdigsind – zu Wachstumseinbrüchen in diesen Ländernführen, sofern der Abschwung nicht durch staatlicheMaßnahmen oder – wie zum Beispiel im Fall von Un-garn und der Türkei – durch Hilfe des InternationalenWährungsfonds (IWF) – abgefedert werden kann.

Doch auch für die Länder mit Exportüberschüssenist eine verstärkte Wachstumsabschwächung zu er-warten. Mit den USA fällt ausgerechnet das Land alsNachfrager aus, das in der Vergangenheit durch dasTolerieren eines hohen Leistungsbilanzdefizits von zu-letzt jährlich rund 800 Mrd. US-Dollar die hohenWachstumsraten derjenigen Länder ermöglicht hat,

deren Expansionsstrategie hauptsächlich auf dem Au-ßenhandel beruhte. Angesichts des großen Volumensdes US-Defizits kann diese Funktion auch nicht soohne weiteres von einem anderen Land übernommenwerden. Soll eine weltweite Rezession vermieden wer-den, müssten Länder wie Deutschland und China, diein der Vergangenheit deutliche Leistungsbilanzüber-schüsse erzielt haben, zukünftig bereit sein, höhere Im-porte zu absorbieren. Danach sieht es bisher nicht aus.

Auch ohne Finanzkrise wäre eine weltweite Ab-schwächung der Wirtschaft zu erwarten gewesen. Fürdie meisten Industriestaaten wirkte der starke Anstiegder Rohstoffpreise dämpfend. In vielen Ländern warenaufgrund der hohen Wachstumsraten der Vergangen-heit zudem die Zinsen gestiegen. Die rückläufige Nach-frage aus den USA schwächt das Wachstumbesonders in den Ländern, deren Wachstum vor allemauf dem Außenhandel beruht. Die sich verschlech-ternden Finanzierungsbedingungen für Unternehmenim Zuge der Finanzkrise bei gleichzeitigem Wegbre-chen der Exportmärkte verstärken diese Abschwä-chung jetzt zusätzlich (Abbildung 1 und Tabelle 1).

Lang anhaltende Rezession in den USA

Nach der Zykleneinteilung des National Bureau of Eco-nomic Research (NBER 2008) befinden sich die USAbereits seit Dezember 2007 in einer Rezession. Die Fi-nanzkrise verstärkt die ohnehin erwartete wirtschaftli-che Abschwächung, da sich die Kreditvergabe-bedingungen für privaten Konsum wie auch für Unter-nehmensinvestitionen trotz drastischer Zinssenkungender Federal Reserve Bank (Fed) und zusätzlicher di-rekter Kreditvergabe an Unternehmen deutlich ver-

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2001 2003 2005 2007 2009

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Wachstum in der Welt und im EuroraumVeränderung gegenüber Vorjahr in %

WeltwirtschaftEuroraum

Quellen: IWF; Eurostat; ab 2008 Prognosedes IMK.

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schlechtert haben, wie z.B. aus dem Bank LendingSurvey ersichtlich wird.

Die restriktiveren Verschuldungsbedingungen fürprivate Haushalte werden sich vor allem deshalb sodeutlich auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken,weil das hohe Wachstum während der Boomphase vorallem auf kreditfinanziertem Konsum beruhte. Der Ver-schuldungsgrad der privaten Haushalte liegt im drittenQuartal 2008 bei 130 % ihres verfügbaren Einkom-mens (FED 2008). Zur Verschuldung beigetragen hat-ten – neben der Stagnation der Reallöhne breiterBevölkerungsschichten (Polaski 2007) – die seit Mitteder neunziger Jahre steigenden Immobilienpreise, dieüber den positiven Vermögenseffekt eine Reduzierungder Sparquote der privaten Haushalte bis auf zuletztnahe Null ermöglicht hatten.

Der Einbruch am Immobilienmarkt seit Ende 2006wird mittelfristig eine Verringerung der Verschuldungerzwingen. Dies wird dadurch verstärkt, dass der Zu-gang zu Konsumentenkrediten und Immobilienbelei-hungen im Zuge der Finanzkrise teurer und restriktivergeworden ist. Damit dürfte für längere Zeit ein wachs-tumsdämpfender Effekt vom Konsum ausgehen. DieMaßnahmen der Federal Reserve Bank zur Verbesse-rung des Zugangs zu Hypotheken- und Konsumenten-

1 „Lockvogel-Raten“, bei denen der zu zahlende Hypothekenzins in

den ersten ein bis zwei Jahren unter dem marktüblichen Wert liegt underst danach angepasst wird.

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krediten werden die Verschärfung der Kredit-vergabebedingungen nur abmildern können.

Angesichts des hohen Überhangs an zum Verkaufstehenden Häusern, einem Rückgang von Immobi-lienkrediten und noch bis Ende 2009 anstehendenZinsanpassungen von Hypothekenkrediten, derenSchuldner in den ersten Jahren mit „Teaser-Rates“1 ge-lockt worden waren, dürften die Immobilienpreisrück-gänge erst Ende 2009 auslaufen. Verstärkt wird derPreisrückgang durch die Konjunkturabschwächung, diedie Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen und Not-verkäufen von Häusern erhöht. Umgekehrt verringertder Rückgang der Hauspreise die Konsumbereitschaftder Haushalte und verschärft damit den wirtschaftli-chen Abschwung. Gleichzeitig erhöht sich durch dieKreditausfälle der Abschreibungsbedarf der Bankenund sinkt der Wert ihrer Sicherheiten, wodurch sie nochvorsichtiger bei ihrer Kreditvergabe werden dürften.

Die Konsumabschwächung konnte zunächst durchden 2007 erstmals wieder positiven Wachstumsbeitragdes Außenhandels kompensiert werden, der auch aufeinem schwächeren US-Dollar beruhte. Da der US-

2007 2008 2009 2007 2008 2009 2007 2008 2009

Euroraum 42,7 2,6 1,0 -1,5 2,1 2 3,3 2 1,4 2 7,4 7,5 8,4

USA 7,6 2,0 1,3 -1,1 2,9 4,0 1,2 4,6 5,7 8,8

3,2 5,9 4,4 3,3 2,4 5,5 3,7 - - -

China 3,1 11,4 9,6 7,5 4,8 6,3 4,0 - - -

Japan 1,3 2,1 0,3 -1,2 0,1 1,5 0,2 3,9 3,9 4,4

Mittel- und

osteuropäische Länder411,2 6,1 4,8 2,7 5,1 7,6 4,6 - - -

Insgesamt 69,1 3,1 1,5 -0,7 - - - - - -

Asiatische Industrie- und

Schwellenländer3

Export-

anteil1

2007in %

VerbraucherpreiseBruttoinlandsprodukt Arbeitslosenquote in %

Tabelle 1

1 Anteil der hier aufgeführten Länder und Regionen an den deutschen Warenexporten.2 Harmonisierter Verbraucherpreisindex.3 Südkorea, Taiwan, Hongkong, Singapur, Malaysia, Thailand, Indonesien.4 Polen, Russland, Tschechien, Ungarn.

Quellen: Nationale und internationale Statistiken; ab 2008 Prognose des IMK.

Wichtige Wachstumszentren der Weltwirtschaft: reales Bruttoinlandsprodukt,Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote

Veränderung gegenüber Vorjahr in %

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Dollar gegenüber dem Euro seit Mitte 2008 wieder gut17 % an Wert gewonnen hat und sich die Weltwirt-schaft – auch unter dem Eindruck der Finanzkrise –weiter abgekühlt hat, ist eine Fortsetzung nennens-werter Exporterfolge unwahrscheinlich.

Die konjunkturelle Abkühlung zeigt sich insbeson-dere auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote istseit Anfang 2007 kontinuierlich auf 6,7 % im Novem-ber 2008 gestiegen (Abbildung 2). Damit liegt sie schonjetzt über dem Höchststand, der sich nach dem Platzender Internetblase 2000/2001 einstellte. Auch die Ver-mögenspreisrückgänge fallen diesmal deutlich stärkeraus: Zusätzlich zum Immobilienpreisverfall sind die Ak-tienpreise bereits jetzt ähnlich stark zurückgegangenwie in der damaligen Rezession; der S&P500 notiert

nach vergleichbaren Hochs bereits unter den Tiefs von2002/2003.

Damit verspricht die derzeitige Rezession deutlichlänger und umfassender als die damalige zu werden.Dafür spricht auch, dass der Einzelhandel im August2008 mit -1,9 % gegenüber dem Vorjahr einen stärke-ren Rückgang als nach dem Platzen der Internetblaseverzeichnete. Auch das Konsumentenvertrauen notiertbereits unter dem Tiefpunkt von 2002 (Abbildung 2).Zusätzlich zeigen die Auftragseingänge wie die Indu-strieproduktion stärkere Rückgänge als im vorherigenAbschwung an.

Trotz der mittelfristig notwendigen Erhöhung derSparquote der privaten Haushalte zugunsten desSchuldenabbaus, die das US-Wachstum für sich ge-

6 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

Abbildung 2

1

Veränderung gegenüber Vorjahr in %; gleitender 3-Monatsdurchschnitt. 2 Veränderung gegenüber Vorjahr in %.3 Case-Shiller Composite-10; Veränderung gegenüber Vorjahr in %;

Quellen: EcoWin-Reuters (Conference Board, ISM, S&P, US-Department of Commerce, Bank Lending Survey); Be-rechnungen des IMK.

USA: ausgewählte KonjunkturindikatorenMonatsdaten

Verarbeitendes Gewerbe

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Jan. 00 Jan. 02 Jan. 04 Jan. 06 Jan. 08

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Unternehmensvertrauen

(ISM Index, LS)

Auftragseingänge1 (RS)

Privater Konsum

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Jan. 00 Jan. 02 Jan. 04 Jan. 06 Jan. 08

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Konsumentenvertrauen

(Conference Board, LS)

Einzelhandelsumsätze1 (RS)

Arbeitsmarkt

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Jan. 00 Jan. 02 Jan. 04 Jan. 06 Jan. 08

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Arbeitslosenquote (% , LS)

Beschäft igung2 (RS)

Immobilienmarkt

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Jan. 00 Jan. 02 Jan. 04 Jan. 06 Jan. 08

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20Hauspreisindex 3 (LS)

Hausbaubeginne1 (RS)

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schuldet; dessen Rückgang macht offensichtlich, dassdie Deflation nie vollständig überwunden wurde. Die ja-panische Zentralbank kann geldpolitisch kaum gegen-steuern, da der Leitzins bereits auf 0,3 % gesenktwurde. Das mit 0,3 % gegenüber dem Vorjahr ohnehingeringe Wachstum 2008 beruhte im Wesentlichen aufdem Außenhandel, der von der damaligen Yen-Schwä-che profitierte. Angesichts der deutlichen Yen-Aufwer-tung seit Mitte 2008 und der weltweitenKonjunkturabschwächung ist für 2009 ein Rückgangdes BIP um gut 1 % zu erwarten (Tabelle 1). Ein Kon-junkturprogramm sollte daher auf die Stärkung der Bin-nennachfrage abzielen. Dass Japan dadurch zumMotor für die Weltwirtschaft werden könnte, ist jedochunwahrscheinlich.

Von den kleineren, wachstumsstarken asiatischenLändern sind ebenfalls kaum Impulse zu erwarten, dadie USA für sie ein wichtiger Handelspartner ist und siesehr stark von Nettokapitalabflüssen betroffen sind. DieWachstumsraten dürften zwar positiv, aber deutlich ge-ringer als in der Vergangenheit ausfallen. Auch dieErdöl exportierenden Länder werden die weltweiteNachfrageschwäche nicht ausgleichen können, da siezeitgleich mit einem deutlichen Ölpreisrückgang undKapitalabflüssen konfrontiert sind.

Tiefe Rezession in Europa

In Europa hat die Finanzkrise mehrere Facetten: Zumeinen haben Länder wie Irland, Spanien und Großbri-tannien mit Einbrüchen am Immobilienmarkt – nachlangen Jahren hoher Preissteigerungen – zu kämpfen,was das dortige Bankensystem und den privaten Kon-sum belastet. Der Rückgang der Immobilienpreiseschlägt sich zudem in einem deutlichen Einbruch derBauinvestitionen – und damit auch einem starken An-stieg der Arbeitslosenquote – nieder.

Zum anderen haben sich die Finanzierungsbedin-gungen im gesamten Euroraum nicht nur für privateHaushalte, sondern auch für Unternehmen deutlichverschlechtert. Dies betrifft alle Finanzierungsarten(Abbildung 3). So haben sich die Konditionen für dieKreditvergabe der Banken deutlich verschlechtert: ImRahmen des Bank Lending Survey der EuropäischenZentralbank (EZB) gaben im Oktober 2008 65 % derbefragten Banken im Euroraum an, dass ihre Kredit-vergabe restriktiver geworden ist. 66 % der Banken er-warteten zudem eine weitere deutliche Verschärfung –und das trotz vorausgegangener Leitzinssenkungender EZB. Bis zum Frühjahr 2007 waren die Kreditbe-dingungen noch mehrheitlich gelockert worden, obwohldie EZB die Leitzinsen im gleichen Zeitraum erhöhthatte.

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nommen auf längere Zeit dämpfen wird, ist für das Jahr2009 nur ein Rückgang des BIP um insgesamt 1,1 %zu erwarten (Tabelle 1). Dabei wird um den Jahres-wechsel eine deutliche Kontraktion unterstellt; in derzweiten Jahreshälfte dürfte das BIP annähernd sta-gnieren.

Grund für den vergleichsweise geringen Rückgangdes BIP ist, dass die Wirtschaftspolitik – anders als inDeutschland – sehr früh und sehr aktiv Gegenmaß-nahmen eingeleitet hat. Zum einen hat die Fed früh-zeitig den Leitzins auf mittlerweile 1 % gesenkt undangesichts des geringen Spielraums für weitere Zins-senkungen bereits alternative Maßnahmen zur ver-stärkten Kreditbereitstellung an Konsumenten undUnternehmen in Angriff genommen. Zum anderen hatauch die Fiskalpolitik, u. a. mittels Steuergutscheinen,bereits im Frühjahr 2008 mit einem Konjunkturpro-gramm die sich abzeichnende Abschwächung abge-mildert. Die Ankündigungen des zukünftigenPräsidenten lassen auch für 2009 Konjunktur stabili-sierende Maßnahmen erwarten, die den Wachstums-rückgang im kommenden Jahr vorübergehendabfedern werden.

Auch Asien im Sog der Krise

Auch Chinas Wachstumsaussichten haben sich mas-siv eingetrübt – nicht nur, weil die Nachfrage aus denUSA stark schrumpft. Die weltweite Abschwächungwird sich deutlich in der stark auf den Export ausge-richteten Expansionsstrategie Chinas niederschlagen.Eine stärkere staatliche Förderung inländischen Kon-sums und inländischer Investitionen könnte den feh-lenden Impuls des Außenhandels kompensieren.Würde China eine stärkere Aufwertung seiner Wäh-rung und einen Rückgang der Leistungsbilanzüber-schüsse zulassen, würde es damit auch dieWeltkonjunktur stabilisieren. Die Finanzierung wäre fürChina angesichts der in der Vergangenheit aufgehäuf-ten Devisenreserven und Haushaltsüberschüsse auchunproblematisch.

Das ankündigte Konjunkturprogramm in Höhe von4 Bio. Yuan (rund 460 Mrd. Euro, gut 15 % des BIP)geht damit genau in die richtige Richtung. Trotzdem istfür 2009 eine Wachstumsabschwächung um gut 2 Pro-zentpunkte auf 7,5 % zu erwarten (Tabelle 1), da einerasche und effektive Umsetzung des Programms un-wahrscheinlich ist.

Im Gegensatz zu China ist die Staatsverschuldungin Japan mit gut 180 % des BIP bereits vergleichsweisehoch. Eine Konjunkturspritze ist jedoch dennoch drin-gend notwendig. Japan befindet sich noch immer naheeiner Deflation. Die positiven Inflationsraten der jünge-ren Vergangenheit waren nur dem hohen Ölpreis ge-

Page 8: IMK Report 35:IMK Report

Eine alternative Finanzierung von Unternehmen, dieAusgabe von Anleihen, hat sich ebenfalls verteuert:Die Zinsspanne zwischen solchen Anleihen undStaatsanleihen ist über alle Risikoklassen gestiegen.Wiesen Unternehmensanleihen bester Qualität (AAA-Rating) im Euroraum bis Mitte 2007 noch eine Diffe-renz von unter 20 Basispunkten (0,2 Prozentpunkte)zu Staatsanleihen auf, so hat sich dieser Unterschiedmittlerweile auf über 100 Basispunkte erhöht. Dabeisteigt der Risikoaufschlag mit steigender Risikoklasse:Unternehmen mit BBB-Rating, die in der Vergangen-heit eine Renditedifferenz von etwa 100 Basispunktenzu Staatsanleihen aufwiesen, müssen derzeit mehr als400 Basispunkte mehr bieten. Auch die Ausgabe neuerAktien ist angesichts der drastischen Kurseinbrücheam Aktienmarkt weniger attraktiv: Ebenso wie die na-tionalen Aktienindizes hat der Euro Stoxx 50 seit Mitte2007 an Wert verloren, insgesamt mehr als 40 %.

Auch die Aussichten für den Außenhandel sind ein-getrübt. Neben den bereits erwähnten Ländern China,USA, Großbritannien und Japan sind die mittel- undosteuropäischen Mitgliedsländer der EU besonderswichtig für die Exporte des Euroraums; ihr Anteil be-trägt etwa 10 %. Diese Länder haben jedoch – nebendem Importnachfragerückgang aus den USA – mit Ka-pitalabflüssen zu kämpfen. Folgen waren Abwertungender Währungen, die die Fremdwährungsverbindlich-keiten in heimischer Währung erhöhen, sowie Zinsan-hebungen. Das bremst das Wachstum, das in vielenFällen mit ausländischem Kapital finanziert wurde. Ein-brüche am Aktienmarkt beeinträchtigen den inländi-schen Konsum und erschweren die Finanzierung derUnternehmen, ebenso wie die gestiegenen Rendite-forderungen für Staats- und Unternehmensanleihenaus diesen Ländern.

Die Aussichten für den Euroraum sind insgesamtschlechter als für die USA, da die geldpolitische Re-aktion der EZB im Vergleich zur Federal Reserve Banksehr spät und zögerlich eingesetzt hat. Zudem fehlteine europaweit koordinierte fiskalische Unterstützungder Konjunktur. Zwar scheint der Vorschlag der Euro-päischen Kommission, ein Konjunkturpaket in Höhevon 200 Mrd. Euro aufzulegen, in diese Richtung zugehen (EU-Kommission 2008b). Davon sollen 30 Mrd.Euro über die Europäische Investitionsbank kleinenund mittleren Unternehmen zugute kommen. Bezüg-lich der 170 Mrd. Euro, die in Höhe von etwa 1,3 % desjeweiligen BIP von den nationalen Regierungen be-reitgestellt werden sollen, scheinen einige Länder wieDeutschland allerdings ohnehin geplante bzw. wenigersinnvolle Maßnahmen großzügig anrechnen zu wollen(siehe Abschnitt zur Fiskalpolitik). Bislang bestehtkeine Übereinstimmung zwischen den Mitgliedslän-

8 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

Abbildung 3

1 Bank Lending Survey der EZB; Anteil der Antworten in %.2 Spread zu Staatsanleihen.

Quellen: EcoWin-Reuters; EcoWin-Reuters (EZB);Berechnungen des IMK.

Finanzierungsbedingungen im Euroraum

Kreditvergabestandards1 für Unternehmen...

-20

-10

0

10

20

30

40

50

60

70

M rz. 06 Sep. 06 M rz. 07 Sep. 07 M rz. 08 Sep. 08

...wurden verschärf t

...wurden gelockert

Spreads von Unternehmensanleihen2

0

1

2

3

4

Jan. 06 Aug. 06 M rz. 07 Sep. 07 Apr. 08 Nov. 08

AAA

BBB

AA

A

Aktienmarktindizes2

4000

5000

6000

7000

8000

9000

Jan. 06 Jul. 06 Feb. 07 Sep. 07 Apr. 08 Nov. 08

2000

3000

4000

5000

Dax (LS)

Eurostoxx50 (RS)

Page 9: IMK Report 35:IMK Report

dern hinsichtlich einer wirksamen Koordinierung.Daher dürfte der Impuls bei weitem nicht ausreichendsein, um die Konjunktur zu stabilisieren. Vor diesemHintergrund ist damit zu rechnen, dass das BIP im Eu-roraum 2009 um 1,5 % schrumpft (Tabelle 1, Abbil-dung 1).

Deutschland: Absturz der Konjunktur

Die Daten lassen keinen Raum für Zweifel: Im Gleich-schritt mit der Weltwirtschaft befindet sich Deutschlandauf dem Weg in eine tiefe konjunkturelle Krise. Offen istnur, wie tief diese Krise sein und wie lange sie dauernwird. Die Antwort hängt entscheidend von den welt-weiten wirtschaftpolitischen Reaktionen auf die be-drückenden Aussichten ab.

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass nurdas umgesetzt wird, was bisher von der Bundesregie-rung beschlossen wurde. Dass dies eindeutig zu wenigist, um die Krise zu bewältigen, ist offenkundig und wirdspäter im wirtschaftspolitischen Abschnitt diskutiert. Eszeichnet sich zudem ab, dass die Bundesregierung zuBeginn des kommenden Jahres weitere Beschlüssefassen wird, um die Konjunktur zu stimulieren. Auch imAusland wird über zusätzliche Maßnahmen nachge-dacht. Mit anderen Worten, die Konjunktur dürfte letzt-endlich weitaus stärker stimuliert werden als hier

unterstellt. Es besteht somit die begründete Hoffnung,dass die wirtschaftliche Entwicklung günstiger verläuftals im Folgenden dargestellt. Die nachfolgende Pro-gnose harrt also ihrer Widerlegung.

Um aber die aktuelle Situation zu verstehen unddarauf angemessen zu reagieren, ist ein Blick in denAbgrund unumgänglich. Die Krise auf den Finanz-märkten ist noch nicht vorüber und hat mittlerweile, ver-stärkt durch die ohnehin bereits virulenten Abwärts-tendenzen, massiv auf die Realwirtschaft übergegrif-fen. Die Folgen lassen sich zunächst an zwei Kompo-nenten des BIP feststellen. Es kommt sowohl zu einemEinbruch der Exporte als auch der Ausrüstungsinvesti-tionen. Der Exporteinbruch resultiert aus dem globalenSchock, da sämtliche Volkswirtschaften mehr oderminder stark von der Krise betroffen sind. In der Folgeschwächt sich die Nachfrage nach Gütern auf demWeltmarkt rasant ab; dies trifft eine Export getriebeneWirtschaft wie die deutsche besonders hart. Der starkeRückgang der Ausrüstungsinvestitionen ist zum einenunmittelbare Folge des Exporteinbruchs und zum zwei-ten direktes Resultat der Finanzmarktkrise in Deutsch-land. Wegen der gravierenden Kursverluste an denBörsen ist es schwierig geworden, zusätzliches Eigen-kapital zur Finanzierung von Investitionen zu akquirie-ren. Darüber hinaus haben die Banken ihre Kredit-konditionen in den vergangenen Monaten spürbar ver-

IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 9

2006 2007 2008 2009

Bruttoinlandsprodukt 3,0 2,5 1,6 -1,8

Private Konsumausgaben 1,0 -0,4 -0,7 -0,9

Öffentliche Konsumausgaben 0,6 2,2 2,6 2,3

Bruttoanlageinvestitionen 7,7 4,3 4,5 -6,2

Außenbeitrag1 1,0 1,4 0,2 -0,5

Exporte 12,7 7,5 4,4 -4,7

Importe 11,9 5,0 4,7 -4,3

Leistungsbilanzsaldo2 6,1 7,6 7,2 7,6

Erwerbstätige 0,6 1,7 1,5 -1,7

Arbeitslosenquote3 10,3 8,7 7,5 8,9

Lohnstückkosten -1,2 0,4 1,6 -0,2

Verbraucherpreise 1,6 2,3 2,6 0,8

Budgetsaldo2 -1,5 -0,2 0,2 -1,6

Tabelle 2

1 Wachstumsbeitrag: Berechnet aus verketteten Volumenangaben; Lundberg-Komponente.2 In % des Bruttoinlandsprodukts.3 In % der Erwerbspersonen.

Quellen: DESTATIS; EZB; ab 2008 Prognose des IMK.

Eckdaten der Prognose für DeutschlandVeränderungen gegenüber Vorjahr in %

Page 10: IMK Report 35:IMK Report

schärft, sodass der Weg zu Investitionsmitteln steini-ger geworden ist. All dies behindert die Realisierungeigentlich geplanter Investitionen. Wesentlicher ist je-doch, dass die Planungen selbst durch die negativenAbsatzerwartungen im In- und vor allem Ausland dra-stisch nach unten revidiert werden. Der Investitions-prozess bricht ein.

Die Bauinvestitionen und der Konsum werden imkommenden Jahr weniger dramatisch fallen. Die Bau-investitionen sind in Deutschland weniger stark als inanderen Ländern von der Krisenentwicklung betroffen.Dies liegt daran, dass es im Unterschied zu den USA,Großbritannien und Spanien, in Deutschland keine Im-mobilienkrise gibt; hier kommen lediglich die Effekterückläufiger Konjunktur zum Tragen. Im Vergleich zufrüheren Rezessionen fällt der prognostizierte Rück-gang des Konsums aber immer noch sehr hoch aus.Nur Anfang der achtziger Jahre war er etwas stärker.Der private Verbrauch wird durch die Kombination vonspürbaren Lohnsteigerungen und rückläufiger Inflati-onsrate gestützt, die für sich genommen die Realein-kommen steigen lässt. Dieser positive Impuls wirdjedoch im Verlauf von 2009 durch die abnehmende Be-schäftigung überkompensiert. Die schon lange anhal-tende Konsumschwäche setzt sich fort (Tabelle 2).

Die hier prognostizierte Rezession wäre dieschwerste in der Geschichte der BundesrepublikDeutschland (Abbildung 4). Der erwartete Einbruchwäre tiefer und dauerte länger als jener in den siebzi-ger Jahren, der bislang am schwerwiegendsten war.Ob sich ein doppelter Einbruch wie zu Beginn der acht-ziger Jahre ergibt, ist derzeit nicht vorhersehbar, dadies sehr stark von weiteren Maßnahmen der Wirt-schaftspolitik abhängt. Vieles spricht aber dafür, dass

die Wirtschaft in Deutschland unter den genanntenVoraussetzungen – Verzicht auf weitere Stimuli – nachdem Einbruch auf eine ähnliche Stagnationsphase zu-läuft wie nach dem vorherigen Abschwung. Dann näh-men die Deflationsgefahren beträchtlich zu und dieBeschäftigungsprobleme erhöhten sich dramatisch. ImUnterschied zur damaligen Krise ist derzeit aber die Er-kenntnis weiter verbreitet, dass die Wirtschaftpolitikschnell und aktiv gegen die Krise vorgehen sollte. Daslässt hoffen, dass der damalige Attentismus, der vonder vergeblichen Hoffnung auf sich selbst stabilisie-rende Märkte und Strukturreformen am Arbeitsmarktgetragen war, dieses Mal vermieden wird.

10 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

97,0

97,5

98,0

98,5

99,0

99,5

100,0

100,5

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Quartale

2008-20091

1974-1975

1992-1993

2001-2003

1980-1982

Index (Hochpunkt = 100)

Abbildung 4

Rezessionen in Deutschland im VergleichBruttoinlandsprodukt

(preis-, kalender- u. saisonbereinigt)

1 Ab 4. Quartal 2008 Prognose des IMK.

Quellen: DESTATIS; Berechnungen des IMK.

Jahreswerte 2007 2008 2009

Dreimonats-Euribor (%) 4,3 4,7 2,3

Rendite zehnjähriger Staatsanleihen (Euroraum) (%) 4,3 4,3 3,0

Rendite zehnjähriger Staatsanleihen (USA) (%) 4,6 3,7 2,7

Wechselkurs (USD/EUR) 1,37 1,47 1,30

Realer effektiver Wechselkurs des Euro (gegenüber 42 Ländern)1 106,6 109,8 104,4

Indikator der preislichen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands

(gegenüber 56 Ländern)198,6 99,3 95,8

Tarifindex (Bundesbank, je Stunde) (%, Vj.) 1,2 2,4 2,1

Ölpreis (Brent, USD) 72 112 55

Tabelle 3

1 Sinkende Werte des jeweiligen Indikators bedeuten eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

Quellen: Deutsche Bundesbank; EZA; EIA; Federal Reserve; ab 2008 Prognose das IMK.

Rahmendaten der Prognose

Page 11: IMK Report 35:IMK Report

Dass es auch anders kommen kann, zeigen die Risi-koszenarien. Mit adäquaten und auf europäischerEbene gut koordinierten Konjunkturprogrammen dürftesich eine wesentlich bessere Entwicklung einstellen alshier prognostiziert. Statt eines Wachstumsrückgangsum 1,8 % ergäbe sich ein Zuwachs von 1 % (Abbil-dung 5, Kasten Risikoszenarien). Im Idealfall würdesich also lediglich eine konjunkturelle Delle ergeben.Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der weltwirt-schaftliche Einbruch sogar noch stärker ausfällt als inder Prognose erwartet. Auch könnten die Konsumen-ten aus Angst vor der künftigen Entwicklung mehr spa-ren als erwartet. Fasst man diese negativen Risikenzusammen und unterstellt keine koordinierten Kon-junkturprogramme im Euroraum, ergäbe sich ein Rück-gang des BIP von 3,5 %.

Seit der vergangenen Rezession, nach dem Plat-zen der Internetblase, hat sich erneut gezeigt, dass derKonjunkturzyklus heute anders determiniert wird alsnoch vor 15 Jahren. Seinerzeit stand am Ende einesAufschwungs in der Regel Lohninflation mit anschlie-ßenden Bremsmanövern der Zentralbanken. Auf-schwünge wurden also durch eine Überanspannungder Arbeitsmärkte begrenzt. Dies hat sich grundlegendverändert. Heute stehen am Ende von Aufschwüngenmassive Preissteigerungen als Folge begrenzter Re-

serven an Rohstoffen, von Immobilienblasen und vorallem von aus dem Ruder gelaufenen Finanzmärkten.Der Umgang mit diesen Phänomenen ist noch nicht er-probt; auch dies ist ein Grund für die erwartete Tiefeder Rezession.

Bei der Prognose ist unterstellt, dass die Europäi-sche Zentralbank den Hauptrefinanzierungssatz biszum Frühjahr in zwei weiteren Schritten auf 1,5 %senkt; die Dreimonatszinsen werden aufgrund anhal-tender Probleme am Finanzmarkt im gesamten Pro-gnosezeitraum noch deutlich über diesem Satz liegen.Die langfristige Rendite für zehnjährige Staatsanleihenim Euroraum wird noch etwas nachgeben. Angenom-men werden weitgehend unveränderte Wechselkurseund Ölpreise; im Jahresdurchschnitt bedeutet dies für2009 eine Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um 11 % und eine Halbierung des Rohölpreises.Die Tariflohnsteigerung wird sich etwas abschwächen(Tabelle 3).

Exporte brechen dramatisch ein

Nachdem sich die Nachfrage des Auslands nach deut-schen Erzeugnissen in der ersten Jahreshälfte 2008bereits merklich abgeschwächt hatte, ging sie zuletztdeutlich zurück. Hiervon waren in erster Linie Ausfuh-ren nach Asien und in die USA betroffen, während der

IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 11

Risikoszenarien

Mit dem makroökonometrischen Konjunkturmodell des IMK wurden Simulationen unterschiedlicher welt-wirtschaftlicher Risiken durchgeführt.2 Da das Modell unterschiedliche Exportregionen mit ihren spezifi-schen Einflüssen auf die deutsche Wirtschaft erfasst, eignet es sich in der gegenwärtigen Situation einerdrastischen Verschlechterung und strukturellen Veränderung der Weltwirtschaft für Analysen hervorragend.Im Folgenden werden zwei verschiedene Modellsimulationen, ein positives und ein negatives Risikosze-nario, näher beschrieben (Abbildung 5).

Im ersten Szenario – koordinierte Konjunkturprogramme im Euroraum – wird angenommen, dass inallen Ländern des Euroraums ähnlich dimensionierte und gestaltete Programme in Höhe von 2 % des BIPaufgelegt werden. Die Hauptkomponenten dieser Programme sind zum einen Konsumschecks (oder ähn-liche Maßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der jeweiligen Binnennachfrage), zum anderen öffentlicheInvestitionsmaßnahmen im Umfang von mehr als einem Prozent des jeweiligen BIP. Da die volle Umset-zung von Investitionsmaßnahmen einige Quartale Zeit beansprucht, werden die schnell wirkenden Kon-sum stabilisierenden Maßnahmen vorgeschaltet. Von den koordinierten Maßnahmen profitiert nicht nur dieBinnennachfrage, sondern auch die Exportwirtschaft, wobei angenommen wird, dass die induzierten hö-heren Ausfuhren den in Deutschland durch das Maßnahmenpaket ausgelösten Importsteigerungen in etwaentsprechen. Damit profitiert auch die deutsche Wirtschaft in einer Größenordnung, in der das deutscheKonjunkturprogramm positiv auf das Ausland ausstrahlt, von entsprechenden Maßnahmen der übrigenWelt. Als Ergebnis würde das BIP um 1 % gegenüber dem Vorjahr steigen.

Im zweiten Szenario, einem negativen Risikoszenario, wird unterstellt, dass sich die Weltwirtschaft 2009noch schlechter entwickelt als in der aktuellen IMK-Prognose und in der Folge die deutschen Exporte umzusätzliche 3 % zurückgehen. Gleichzeitig reduzieren die Konsumenten ihre Ausgaben aus Vorsichts-gründen, und die Sparquote der privaten Haushalte legt um zusätzliche 0,5 Prozentpunkte zu. Das BIPginge um 3,5 % gegenüber dem Vorjahr zurück.

Page 12: IMK Report 35:IMK Report

12 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

Konjunktur 2008 – Prognose undWirklichkeit

Rückblickend auf das Jahr 2008 ist die konjunk-turelle Entwicklung in Deutschland ähnlich aus-gefallen wie vom IMK im Dezember 2007vorhergesagt. Der Anstieg des realen BIP wurdeim Jahresdurchschnitt mit 1,5 % prognostiziert(IMK 2007). Tatsächlich dürfte das Wachstum desBIP 2008 aller Voraussicht nach 1,6 % betragenhaben. Der Schätzfehler für die Wachstumsratedes BIP beträgt somit nur 0,1 Prozentpunkte.Zwar wurde die konjunkturelle Dynamik der ge-samtwirtschaftlichen Expansion nahezu getroffen,allerdings ergeben sich bei einer detaillierten Be-trachtung deutliche Abweichungen (Tabelle 4).

Im Folgenden wird der Prognosefehler derWachstumsrate für das BIP auf die Schätzfehlerbei den einzelnen Verwendungsaggregaten desBIP aufgeteilt. Die Exporttätigkeit ist schwächerausgefallen als erwartet. Ursächlich dafür war diestärkere Verschlechterung der außenwirtschaftli-chen Bedingungen, insbesondere verursachtdurch die schwache wirtschaftliche Entwicklungder wichtigsten Handelspartner innerhalb des Eu-roraums. Die prognostizierte Entwicklung derpreislichen Wettbewerbsfähigkeit ist zwar im Jah-resvergleich nahezu eingetreten, allerdings ver-schlechterte sie sich im ersten Halbjahr aufgrundeiner starken Aufwertung des Euro deutlich, mitentsprechend dämpfenden Auswirkungen für dendeutschen Export. Die Importe stiegen infolge desschwachen Konsums und der Ausfuhren langsa-mer als angenommen, aber stärker als die Ex-porte. Insgesamt resultiert hieraus für denAußenbeitrag ein um 0,4 Prozentpunkte geringe-rer Wachstumsbeitrag als vorhergesagt.

Die Binnennachfrage entwickelte sich persaldo stärker als erwartet; ihr Wachstumsbeitragwird wahrscheinlich 1,4 Prozentpunkte betragen.In der Prognose von vor einem Jahr wurde mit nur1,0 Prozentpunkten gerechnet, was für sich ge-nommen zu einer Unterschätzung des BIP-Wachstums um 0,4 Prozentpunkte beitrug.

Der Prognosefehler bei den privaten Kon-sumausgaben ist mit -1,5 Prozentpunkten beson-ders groß. Das IMK rechnete ursprünglich miteinem Anstieg um 0,8 %. Voraussichtlich dürfteeine Verminderung um 0,7 % eingetreten sein,was eine Abweichung beim Wachstumsbeitragzum BIP von -0,9 Prozentpunkten ausmacht.Maßgeblich hierfür war insbesondere der dämp-

2 Das Modell wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach zu

wirtschaftspolitischen Analysen herangezogen (zuletzt in Hornet al. 2008, S. 10-12).

-3

-2

-1

0

1

2

3

4

5

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

2007 2008 2009

%

International koordinierte Konjunkturpro-gramme.Niedrigere Exporte und höhere Sparnei-gung.

1 ab 4. Quartal 2008 Prognose des IMK.

Quellen: DESTATIS; Simulationen mit dem IMK-Konjunkturmodell.

Abweichung gegenüber IMK-Prognose

545

555

565

575

585

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

2007 2008 2009

M rd. Euro

Prognose IM K

RisikoszenarienBruttoinlandsprodukt1 (real, saisonbereinigt)

Abbildung 5

Page 13: IMK Report 35:IMK Report

Absatz in die europäischen Länder noch einmal leichtgesteigert werden konnte (Abbildung 6). Für den Pro-gnosezeitraum sind die Exportaussichten äußerst dü-ster. Auftragseingänge aus dem Ausland, die bereitsseit Ende 2007 rückläufig sind, brachen zuletzt ein. Ins-besondere Investitionsgüterproduzenten, die traditio-nell stark exportorientiert sind, sehen sich mit einemdrastischen Nachfragerückgang konfrontiert. Dass sichdie negative Entwicklung beim Auftragseingang erstzuletzt in einem Rückgang der Ausfuhren manife-stierte, liegt daran, dass die Auftragsbücher deutscher

Exporteure noch zu Jahresbeginn gut gefüllt waren unddass die Abarbeitung dieser Aufträge das Wegbrechenneuer Aufträge überdeckte.

In den kommenden Monaten wird die Nachfragenach deutschen Erzeugnissen in Folge der globalenRezession drastisch zurückgehen. Dies wird zu einemtiefen Einbruch der Exporte führen. Daran wird auchder Umstand nichts ändern, dass sich die preislicheWettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gegen-über ihren wichtigsten Handelspartnern im Prognose-zeitraum verbessern wird. Alles in allem werden die

IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 13

fende Effekt aufgrund der höheren Inflationsrate, der die realen verfügbaren Einkommen schmälerte. Hinzukam ein noch stärkerer Anstieg der Sparquote als in der Prognose unterstellt. Der Prognosefehler bei denKonsumausgaben des Staates beim Wachstumsbeitrag beträgt dagegen nur 0,3 Prozentpunkte.

Die prognostizierte Ausweitung der Ausrüstungsinvestitionen wurde deutlich übertroffen; die Unter-schätzung des Wachstumsbeitrags beträgt 0,3 Prozentpunkte. Die Veränderungsrate liegt mit 5,2 % 2,9 Pro-zentpunkte über dem Prognosewert vom Vorjahr. Maßgeblich für diese stärkere Zunahme ist derSondereffekt zu Jahresbeginn infolge des Auslaufens der Sonderabschreibungen für bewegliche Anlage-güter Ende 2007. Die Realisierung vieler Aufträge wurde aufgrund einer hohen Kapazitätsauslastung indas erste Quartal 2008 verlagert. Dies wurde in der vorherigen Prognose nicht richtig eingeschätzt.

Auch die Bauinvestitionen sind überraschend stark um 3,5 % gegenüber den erwarteten 0,5 % gestie-gen; der Wachstumsbeitrag fiel damit um 0,2 Prozentpunkte höher aus. Ursächlich hierfür war die nochweitaus lebhaftere Expansion beim Wirtschaftsbau als unterstellt.

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt ergab sich 2008 eine spürbar bessere Erholung als erwartet. Die Zahlder Erwerbstätigen ist voraussichtlich um 578 000 gestiegen und damit um 336 000 Personen stärker alsvor einem Jahr erwartet. Die Arbeitslosenzahl ist im Jahresdurchschnitt um 229 000 überschätzt worden.Deshalb fiel auch die prognostizierte Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte zu hoch aus.

Veränderunggegenüber

Vorjahr in %

Wachstums-beiträge

in %-Punkten

Veränderunggegenüber

Vorjahr in %

Wachstums-beiträge

in %-Punkten

Konsumausgaben 0,9 0,7 0,6 0,1 -0,6

Private Haushalte 0,8 0,5 -0,7 -0,4 -0,9

Staat 1,1 0,2 2,6 0,5 0,3

Anlageinvestitionen 2,1 0,4 4,5 0,9 0,5

Ausrüstungen 2,3 0,2 5,2 0,5 0,3

Bauten 0,5 0,1 3,5 0,3 0,2

Sonstige Anlagen 6,6 0,1 6,2 0,1 0,0

Vorratsveränderung - -0,2 - 0,4 0,6

Außenbeitrag - 0,6 - 0,2 -0,4

Ausfuhr 6,1 3,0 4,4 2,2 -0,8

Einfuhr 5,6 -2,4 4,7 -2,0 0,4

Bruttoinlandsprodukt 1,5 1,5 1,6 1,6 0,1

im Dezember 2007 im Dezember 2008

IMK-Prognose für 2008 IMK-Prognose für 2008

Differenz der Wachstumsbeiträge

in %-Punkten

Tabelle 4

Quellen: DESTATIS; Berechnungen des IMK; 2008 Prognose des IMK.

Prognosevergleich Deutschland für 2008

Page 14: IMK Report 35:IMK Report

Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen 2008 umknapp 4 ½ % (preisbereinigt) zunehmen, im kommen-den Jahr werden sie dann um 4 ¾ % sinken (Tabelle 5,Tabelle 6).

Ausrüstungsinvestitionen stürzen ab

Der mehrjährige Aufschwung bei den Ausrüstungsin-vestitionen endete im Sommer vergangenen Jahresabrupt. Nachdem zu Jahresanfang 2008 infolge desAuslaufens der bis Ende 2007 gültigen Abschrei-bungserleichterungen für bewegliche Anlagegüternochmals ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen war,nahm die Produktion von Ausrüstungsgütern im weite-ren Verlauf des Jahres ab. So fehlten zum einen auf-grund des Vorzieheffektes die Aufträge, zum anderen

verringerte sich die Auslandsnachfrage angesichts dernachlassenden Weltkonjunktur spürbar. Dennoch ex-pandierten die Ausrüstungsinvestitionen aufgrundeines hohen statistischen Überhangs sowie einesguten ersten Quartals im Jahresdurchschnitt um 5,2 %;im Jahresverlauf gingen sie mit einer Rate von 2,5 %zurück.

Die Aussichten für das Jahr 2009 sind trübe. Einesinkende Kapazitätsauslastung sowie sich stark ver-schlechternde Absatzperspektiven im In- und Auslandgeben den Unternehmen keinen Anlass, ihre Investiti-onstätigkeit auszuweiten. So sind die Auftragsein-gänge für Investitionsgüter seit Dezember 2007rückläufig, zuletzt sogar erneut sehr kräftig. Das Aus-maß übertrifft den Rückgang der Rezession 2002 ummehr als das Doppelte. Im Zweimonatsdurchschnitt(Oktober/September) sanken sie um 12,5 %, dabei be-sonders stark die Auslandsaufträge aus dem Euro-raum mit 22,3 %. Überdies sind die Geschäfts-erwartungen der Investitionsgüterproduzenten gera-dezu eingebrochen. Der Ifo-Indikator erreichte mit Ab-stand den niedrigsten Wert seit Beginn derUmfrageerhebung. Außerdem verschlechtern sich dieFinanzierungsbedingungen. Zwar sinken die Zinsentendenziell, aber zunehmend mehr Unternehmen emp-finden die Kreditvergabe der Banken als restriktiv undsomit einschränkend für die Realisierung ihrer Investi-tionsvorhaben. Hinzu kommt die Belastung aufgrundder Aufwertung des Euro bis zum Spätsommer ver-gangenen Jahres. Erfahrungsgemäß wirkt eine Auf-wertung noch einige Zeit nach. Erst zur Jahresmitte2009 dürfte die Entlastung durch die aktuelle Abwer-tung des Euro überwiegen. Alles in allem wird die In-vestitionstätigkeit der Unternehmen einbrechen. Dabeiwerden sowohl der zyklische Einfluss für den Maschi-nenbau als auch die zusätzlichen strukturellen Pro-bleme beim Fahrzeugbau von Bedeutung sein.Insgesamt werden die Ausrüstungsinvestitionen imJahresdurchschnitt um 11,5 % sinken; im Jahresver-lauf um 12 %. In der vorherigen Rezession waren sieim Jahresdurchschnitt lediglich um 7,5 % gesunken(Abbildung 7, Tabelle 5).

Rückläufige Tendenz bei denBauinvestitionen

Die Investitionen in der Bauwirtschaft stiegen 2008 imJahresdurchschnitt um 3,5 %, im Verlauf allerdings nurum 1,4 %. Maßgeblich für die recht hohe Durch-schnittsrate ist eine ungewöhnlich kräftige Entwicklungim ersten Quartal. Infolge eines besonders milden Win-ters konnten deutlich mehr Bauaufträge realisiert wer-den als saisonal üblich. Daher fehlten diese Aufträgeim Frühsommer und führten zu einer Gegenreaktion.

14 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

Abbildung 6

Entwicklung des deutschen Außenhandels1

nach Regionen

Ausfuhr

60

100

140

180

220

260

300

340

1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007

A sien

EWU

EU-27 o hne EWU

USA

OP EC

Einfuhr

60

100

140

180

220

260

300

340

1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007

A sien

USA

EWU

EU-27 o hne EWU

OP EC

1 Spezialhandel, nominal, saisonbereinigt, gleitender

3-Monatsdurchschnitt.Quellen: Deutsche Bundesbank; Berechnungen desIMK.

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IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 15

2006 2007 2008 2009

Verwendung1

Konsumausgaben 0,9 0,2 0,0 -0,1

Private Haushalte21,0 -0,4 -0,7 -0,9

Staat 0,6 2,2 2,6 2,3

Anlageinvestitionen 7,7 4,3 4,5 -6,2

Ausrüstungen 11,1 6,9 5,2 -11,5

Bauten 5,0 1,8 3,5 -2,0

Sonstige 8,0 8,0 6,2 1,1

Exporte 12,7 7,5 4,4 -4,7

Importe 11,9 5,0 4,7 -4,3

Bruttoinlandsprodukt 3,0 2,5 1,6 -1,8

Preise

Bruttoinlandsprodukt 0,5 1,9 1,2 2,1

Konsumausgaben21,3 1,7 2,1 0,6

Einfuhr 2,7 -0,1 2,0 -3,7

Nachrichtlich: Verbraucherpreise 1,6 2,3 2,6 0,8

Einkommensverteilung

Arbeitnehmerentgelte 1,7 3,0 3,5 0,2

Gewinne38,7 4,5 4,5 -4,0

Volkseinkommen 4,1 3,5 3,8 -1,3

Nachrichtlich:

Tariflöhne (Stundenbasis) 1,0 1,2 2,4 2,1

Effektivverdienste 1,2 1,4 2,0 1,8

Lohndrift 0,2 0,2 -0,4 -0,3

Entstehung

Erwerbstätige 0,6 1,7 1,5 -1,7

Arbeitszeit 0,1 0,3 -0,3 -0,6

Arbeitstage4-0,2 -0,1 0,3 0,0

Arbeitsvolumen der Erwerbstätigen 0,5 1,8 1,5 -2,3

Produktivität 2,5 0,6 0,1 0,5

Bruttoinlandsprodukt1 3,0 2,5 1,6 -1,8

Nachrichtlich:

Erwerbslose5, in 1000 4 225 3 602 3 134 3 728

Erwerbslosenquote, in % 9,8 8,3 7,2 8,6

Arbeitslose6, in 1000 4 487 3 776 3 264 3 882

Arbeitslosenquote, in % 10,3 8,7 7,5 8,9

Lohnstückkosten -1,2 0,4 1,6 -0,2

Leistungsbilanzsaldo, in % des BIP 6,1 7,6 7,2 7,6

Budgetsaldo, in % des BIP -1,5 -0,2 0,2 -1,6

Tabelle 5

1 Preisbereinigt.2 Private Haushalte einschl. privater Organisationen ohne Erwerbszweck.3 Unternehmens- und Vermögenseinkommen.4 Arbeitstageeffekt der Deutschen Bundesbank. 5 In der Abgrenzung der International Labour Organization (ILO).6 In der Abgrenzung der Bundesanstalt für Arbeit.

Quellen: Deutsche Bundesbank; DESTATIS; Berechnungen des IMK; ab 2008 Prognose des IMK.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung in DeutschlandVeränderung gegenüber Vorjahr in %

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Aber auch in der zweiten Jahreshälfte war die Bautä-tigkeit insgesamt leicht rückläufig. Die Teilbereiche ent-wickelten sich dabei unterschiedlich.

Der Wohnungsbau war abermals sehr schwach.Die Baugenehmigungen gingen erneut zurück; darandürfte sich vorerst nichts ändern, da die privaten Haus-halte bei sich abzeichnender Verschlechterung des Ar-beitsmarktes zurückhaltend beim Kauf vonWohneigentum reagieren werden. Hingegen dürfte dasAusbaugewerbe aufgrund der verbesserten Anreizezur Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäudeneinen positiven Impuls erhalten. Insgesamt kommt esbei den Wohnungsbauinvestitionen 2009 aber zueinem Rückgang.

Der Wirtschaftsbau profitierte in der ersten Hälftedes vergangenen Jahres noch von der vorhergehen-den positiven Entwicklung der Ausrüstungsinvestitio-nen. Dies veranlasste Unternehmen, vermehrt ingewerbliche Bauten zu investieren. Außerdem kam eszu einer stärkeren Nachfrage des expandierendenDienstleistungssektors nach Bürogebäuden. DieseEntwicklung wird sich allerdings angesichts derschlechten Aussichten insbesondere bei den Ausrü-stungsinvestitionen nunmehr umkehren. Darauf deu-ten der Auftragseingang und die geringere Anzahl derGenehmigungen im gewerblichen Bau hin.

Die öffentlichen Bauinvestitionen haben 2008 an-gesichts der relativ günstigen Finanzlage der Kommu-nen und der notwendigen Ersatzinvestitionen das dritte

Jahr in Folge kräftig zugenommen. Zwar wird sich dieFinanzlage wegen der konjunkturellen Situation ver-schlechtern, allerdings dürfte es aufgrund vorgezoge-ner Baumaßnahmen im Rahmen des beschlossenenKonjunkturprogramms der Bundesregierung sowieeiner verstärkten Inanspruchnahme der KfW-Kreditezur energetischen Sanierung öffentlicher Gebäudenochmals zu einem Zuwachs kommen. Insgesamt sin-ken die Bauinvestitionen im Jahr 2009 um 2 % (Abbil-dung 7, Tabelle 5).

Konsumschwäche hält an

Die privaten Konsumausgaben sanken 2008 im Jah-resdurchschnitt um 0,7 %. Zwar verbesserte sich so-wohl die Beschäftigungs- als auch die Einkommens-situation, aber wegen des stärkeren Anstiegs der Ver-braucherpreise bis zum Spätsommer wurde der Zu-wachs der Realeinkommen wesentlich geschmälert.Überdies verspürten die Konsumenten offensichtlichnur eine geringe Kaufneigung, denn ein zunehmenderAnteil des Einkommenszuwachses wurde gespart, dieSparquote stieg um 0,6 Prozentpunkte.

Im Jahr 2009 werden die Tariflöhne etwas wenigerkräftig zunehmen als im abgelaufenen Jahr. Die Effek-tivlöhne werden entsprechend geringer steigen, weildie Lohndrift abermals negativ ausfallen wird, da dieÖffnungsklauseln bei den Tarifverträgen angesichts derkonjunkturellen Lage verstärkt genutzt werden dürften(Tabelle 5). Da die Beschäftigung deutlich sinkt, wer-

16 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

2006 2007 2008 2009

Inlandsnachfrage 2,0 1,1 1,4 -1,4

Konsumausgaben 0,7 0,2 0,1 -0,1

Private Haushalte 0,6 -0,2 -0,4 -0,5

Staat 0,1 0,4 0,5 0,4

Anlageinvestitionen 1,3 0,8 0,9 -1,3

Ausrüstungen 0,8 0,5 0,5 -1,1

Bauten 0,5 0,2 0,3 -0,2

Sonstige Anlagen 0,1 0,1 0,1 0,0

Vorratsveränderung 0,0 0,1 0,4 0,0

Außenbeitrag 1,0 1,4 0,2 -0,5

Ausfuhr 5,2 3,4 2,2 -2,4

Einfuhr -4,2 -2,0 -2,0 1,9

Bruttoinlandsprodukt 3,0 2,5 1,6 -1,8

Tabelle 6

1 Berechnet aus verketteten Volumenangaben; Lundberg-Komponente; Abweichungen in den Summen durch Runden

der Zahlen.Quellen: DESTATIS; Berechnungen des IMK; ab 2008 Prognose des IMK.

Wachstumsbeiträge der Verwendungsaggregate1 in Deutschlandin Prozentpunkten

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IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 17

Abbildung 7

Bruttoinlandsprodukt

100

105

110

115

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

Verwendung des BruttoinlandsproduktsSaison- und kalenderbereinigte Verläufe1

Private Konsumausgaben

99

101

103

105

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-2,5

-2,0

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

Bauinvestitionen

75

80

85

90

95

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

10

Ausrüstungsinvestitionen

80

90

100

110

120

130

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-6

-4

-2

0

2

4

6

8

Exporte von Gütern und Dienstleistungen

100

120

140

160

180

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-4

-2

0

2

4

6

8

Importe von Gütern und Dienstleistungen

100

110

120

130

140

150

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-4

-2

0

2

4

6

8

Kettenindex 2000 = 100 (linke Skala)Veränderung gegenüber dem Vorquartal in % (rechte Skala).

1 Ab 4. Quartal 2008 Prognose des IMK.Quellen: DESTATIS; Prognose des IMK.

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den die Bruttolöhne und -gehälter allenfalls geringfü-gig steigen. Die Zunahme der Nettolöhne dürfte sta-gnieren, denn per saldo steigen die Sozialbeiträge.Zwar wird der Beitragsatz zur Arbeitslosenversicherungnochmals um 0,5 Prozentpunkte auf 2,8 % gesenkt,aber der Beitragssatz zur Krankenversicherung ein-heitlich auf 15,5 % erhöht. Zusätzlich steigt die Bela-stung durch die Einkommensteuer progressions-bedingt. Die monetären Sozialleistungen expandierenverstärkt, vor allem durch die Anpassung der gesetzli-chen Altersrenten um voraussichtlich 2,75 %, aberauch wegen der Erhöhung der BAföG-Leistungensowie steigender Ausgaben für das Kindergeld. Au-ßerdem werden die Zahlungen für das Arbeitslosen-geld wegen steigender Arbeitslosigkeit deutlichzunehmen. Die Entnahmen aus den Gewinnen undVermögenseinkommen steigen dagegen nur geringfü-gig. Nach Berücksichtigung des Preisanstiegs werdendie verfügbaren Einkommen 2009 real um 0,4 % sin-ken. Aufgrund der unsicheren Einkommensperspekti-ven dürfte das Vorsichtsmotiv bei den Konsumentennochmals an Bedeutung gewinnen, sodass die Spar-quote erneut steigen wird. Die Konsumausgabenschrumpfen im Jahresdurchschnitt 2009 um 0,9 %; imJahresverlauf sinken sie um 2 % und somit sogar nochetwas stärker als in der Rezession von 2002 (-0,8 %Jahresdurchschnitt) (Abbildung 7, Tabelle 5).

Importe stark rückläufig

Die Warenimporte, die bereits in der ersten Jahres-hälfte ein deutliches Plus verzeichnen konnten, legtenzuletzt aufgrund einer starken Zunahme der Energie-importe noch einmal kräftig zu. Der seit August starksinkende Ölpreis sowie die Notwendigkeit, abgebauteLagerkapazitäten wieder aufzustocken, hatten zu einerausgeprägten mengenmäßigen Nachfrageerhöhunggeführt. Im Prognosezeitraum werden Einbrüche beimExport und bei den Ausrüstungsinvestitionen die Nach-frage nach importierten Vorleistungen und Investiti-onsgütern stark reduzieren. Auch die Energieeinfuhrender Industrie werden in Folge der Rezession merklichzurückgehen. Insgesamt werden die Importe vonWaren und Dienstleistungen in diesem Jahr um 4,7 %(preisbereinigt) zunehmen, im kommenden Jahr wer-den sie dann um gut 4,3 % zurückgehen.

Die Einfuhrpreise haben in der ersten Jahreshälftekräftig angezogen. Maßgeblich hierfür waren in ersterLinie Preissteigerungen im Energiesektor sowie diemerkliche Verteuerung von nichtenergetischen Roh-stoffen. Im zweiten Halbjahr führten stark sinkendeRohstoffnotierungen zu einem merklichen Rückgangder Importpreise. Im Prognosezeitraum werden vordem Hintergrund der globalen Rezession sowohl die

Import- als auch die Exportpreise sinken. Da der Rück-gang der Einfuhrpreise deutlich stärker ausfallen wirdals jener der Ausfuhrpreise, werden sich die Terms ofTrade im kommenden Jahr wieder deutlich verbessern,nachdem sie sich in diesem Jahr merklich verschlech-tert haben.

Starker Rückgang der Produktion

Das BIP ist 2008 im Jahresdurchschnitt um 1,6 % ge-stiegen. Nach einem beachtlichen Anstieg im erstenQuartal, der im Wesentlichen auf Sondereffekte beiden Ausrüstungs- und Bauinvestitionen zurückzufüh-ren ist und zu einer Gegenreaktion im zweiten Quartalführte, verstärkte sich der Abwärtstrend bis zum Jah-resende; im Jahresverlauf sank das BIP daher um0,3 %. Maßgeblich hierfür waren sowohl die Binnen-als auch die Auslandsnachfrage. Die Industrieproduk-tion ging zurück, insbesondere die Produktion von In-vestitionsgütern, die besonders unter der rückläufigenAuslandsnachfrage litt. Aber auch das Bauhauptge-werbe schwächelte, während das Ausbaugewerbenoch zulegen konnte. Der Einzelhandel setzte etwasweniger um als im Vorjahr.

Für den Jahresbeginn 2009 weisen die Konjunk-turindikatoren auf einen starken Rückgang der ge-samtwirtschaftlichen Produktion hin, vor allem in derIndustrie. Sowohl die Inlands- als auch die Auslands-bestellungen gehen außergewöhnlich stark zurück.Auch für den weiteren Verlauf des Jahres zeichnet sicheine düstere Entwicklung ab. Die Industrieproduktionwird infolge der rezessiven Weltkonjunktur weiter deut-lich nachgeben. Besonders stark betroffen wird aber-mals die Herstellung von Investitionsgütern mit ihrerhohen Exportabhängigkeit sein, zumal sich zusätzlichdie Finanzierungsbedingungen verschlechtern. Im Ein-zelhandel werden die Umsätze aufgrund der Konsum-schwäche deutlich zurückgehen. Alles in allem wird esim Jahr 2009 zu einem spürbaren Produktionsrück-gang kommen; zum Jahresende wird die gesamtwirt-schaftliche Produktion um 1,2 % unter dem Niveau desVorjahres liegen. Im Jahresdurchschnitt bedeutet dieseine Abnahme von 1,8 %.

Einbruch am Arbeitsmarkt zu erwarten

Die sehr positive Entwicklung am Arbeitsmarkt im Jahr2007 setzte sich in den ersten drei Quartalen diesesJahres etwas verlangsamt fort. Damit wurden im drittenQuartal 2008 40,5 Mio. Erwerbstätige erreicht. Der Be-schäftigungsaufschwung umfasste erneut alle Wirt-schaftsbereiche, einzig das Baugewerbe verzeichnetegegenüber dem Vorjahr eine Abnahme.

Diese positive Entwicklung wurde vor allem vomAnstieg der Zahl der Arbeitnehmer – auf 36,0 Mio. Per-

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sonen im dritten Quartal – getragen, während die Zahlder Selbstständigen – bei deutlich rückläufiger Förde-rung durch die aktive Arbeitsmarktpolitik – gegenüberdem Vorjahr relativ konstant blieb. Ausschlaggebendfür den positiven Verlauf bei den Arbeitnehmern war,wie in den beiden Vorjahren, der Aufbau sozialversi-cherungspflichtiger Beschäftigung. Dieser ging einhermit einer deutlichen Ausweitung der Zeitarbeit in denvergangenen Jahren (Mai 2008, Bellmann et al. 2008).Insgesamt befindet sich die sozialversicherungspflich-tige Beschäftigung aber immer noch auf einem Niveauunterhalb des vorherigen Aufschwungs, der 2000 en-dete.

Das geleistete Arbeitsvolumen der Erwerbstätigenfolgte nicht der Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen– dort macht sich bereits Anfang 2008 eine Trendum-kehr bemerkbar. Das saison- und kalenderbereinigteArbeitsvolumen stieg im ersten Quartal 2008 stark an,stagnierte im zweiten, und war im dritten Quartal rück-läufig (-19 Mio. Stunden bzw. -0,13 %).

Die Arbeitslosigkeit ging erneut stark zurück, auf3,2 Mio. Personen im dritten Quartal 2008. Im Verlaufdieses Jahres reduzierte sich die saisonbereinigte Ar-beitslosigkeit bis November um 347 000 Personen.Hierfür ist der Anstieg der Beschäftigung und der Rück-gang des Erwerbspersonenpotenzials (Bach et al.2008) verantwortlich. Die arbeitsmarktpolitischen In-strumente haben gegenüber dem Vorjahr weniger zurEntlastung beigetragen.

Die positiven Tendenzen am Arbeitsmarkt dürftenim vierten Quartal allmählich auslaufen. Bei den Er-werbstätigen ist noch mit einem weiteren Anstieg zurechnen, gegen Ende des Jahres dürfte ihre Zahl aberleicht rückläufig sein, während die Arbeitslosigkeit wei-ter sinken wird. Das Arbeitsvolumen dürfte deutlich ab-nehmen.

Im Jahresdurchschnitt ergibt sich ein Anstieg derErwerbstätigkeit um 1,5 %, nach 1,7 % im Vorjahr. Die-ser resultiert aus dem Anstieg der Zahl der Arbeitneh-mer um 1,6 % und der Selbstständigen um 0,2 %. DasArbeitsvolumen dürfte im Jahresdurchschnitt um 1,5 %steigen gegenüber 1,8 % im Vorjahr (Abbildung 8). DieArbeitslosenquote verringert sich voraussichtlich von8,7 % im Vorjahr auf 7,5 % 2008 (Tabelle 5).

Für 2009 ist mit einer massiven Verschlechterungder Lage am Arbeitsmarkt zu rechnen. Zwar kann er-wartet werden, dass insbesondere im ersten Quartaldie Produktion zu einem wesentlichen Teil über die Ar-beitszeit reduziert wird. Im Laufe des Jahres wird aberdie Beschäftigung sehr deutlich zurückgehen. Die Be-triebe werden zunächst Überstunden und Guthabender Arbeitszeitkonten abbauen. Auch dürfte die Kurz-

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arbeit deutlich ansteigen, ein Instrument, welches neu-erdings auch Zeitarbeitsunternehmen offen steht.Zudem dürften die Unternehmen wegen der hohenEinarbeitungskosten Entlassungen von Facharbeits-kräften nur verzögert vornehmen. Mehren sich – wie zu erwarten – im Laufe des Jahres2009 aber die Zeichen für einen tiefen Abschwung undverfestigen sich die Rezessionserwartungen, wird dasArbeitsvolumen zunehmend über den Abbau der Be-legschaft reduziert werden. Die Überschüsse der Ar-beitszeitkonten dürften bald abgebaut sein, undKurzarbeit ist für die Arbeitgeber bei länger anhalten-den wirtschaftlichen Schwierigkeiten wenig reizvoll, dasie für die vollen Sozialversicherungsbeiträge aufzu-kommen haben. Insbesondere bei den Zeitarbeiternkönnte es sehr rasch zu einem kräftigen Abbau der Be-schäftigung kommen.

Im Jahresdurchschnitt ist ein Rückgang der Be-schäftigung um rund 700 000 Personen bzw. 1,7 % zuerwarten. Hinter diesen Durchschnittswerten steht eindrastischer Verlauf: Vom vierten Quartal 2008 auf dasvierte Quartal 2009 sind es 1,5 Mio. Erwerbstätige we-niger.

Im Vergleich zum Abschwung 2001 ist die Entwick-lung der Zahl der Erwerbstätigen zu Beginn der jetzi-

-1,7

-0,90,4 -0,1

1,7

1,5

0,6

-2,3

1,5

1,8

-0,60,6-1,4

0,5

99

100

101

102

103

104

105

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Index (2003 = 100)

Abbildung 8

Erwerbstätige und geleistete Arbeitsstunden imInland

Saison- und kalenderbereinigte Verläufe1

ErwerbstätigenzahlStundenJahresdurchschnitt (2003 = 100)Werte: Veränderungsraten gegenüber Vorjahr in %

1 Ab 4. Quartal 2008 Prognose des IMK.

Quellen: DESTATIS; Deutsche Bundesbank; Berech-nungen des IMK.

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gen Rezession sehr robust.3 Erst im Verlauf 2009dürfte der Rückgang – aufgrund des stärkeren Ein-bruchs des BIP – deutlicher ausfallen als im vorigenAbschwung. Betrachtet man aber das Arbeitsvolumen,so zeigt sich, dass sich die beiden Abschwünge in denersten Quartalen durchaus ähnlich sind. Im Unter-schied zu 2001 dürfte diesmal vor allem die stärkereVerbreitung von Arbeitszeitkonten dahingehend wir-ken, dass sich die zurückgehende Nachfrage nach Ar-beit zu Beginn der Rezession vor allem über diegesunkenen Arbeitsstunden ausdrückt (Abbildung 9).

Das Arbeitsvolumen dürfte im Jahresdurchschnitt2009 um 2,3 % zurückgehen (Abbildung 8). Die Zahlder Arbeitslosen spiegelt durch den weiteren Rück-gang des Erwerbspersonenpotenzials (Bach et al.2008) und den verstärkten Anstieg der Stillen Reserveden Rückgang der Erwerbstätigen nicht voll wider. ImJahresdurchschnitt steigt die prognostizierte Arbeitslo-sigkeit um rund 620 000 Personen. Dies sind im vier-ten Quartal 2009 fast 1,4 Mio. Arbeitslose mehr als imvierten Quartal 2008 (Abbildung 10). Sollten im Zugedes Anstiegs der Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr diearbeitsmarktpolitischen Instrumente (deutlich) aus-geweitet werden, reduziert dies die ausgewiesene Ar-beitslosigkeit entsprechend.

Rohstoffpreisverfall lässt Teuerungsratesinken

Die Verbraucherpreise sind im November 2008 miteiner Rate von nur 1,4 % gestiegen, nach einem durch-schnittlichen Anstieg von 2,9 % in den vorangegange-nen Monaten des Jahres und einem Höhepunkt derTeuerungsrate von 3,3 % im Juni und Juli. Ausschlag-gebend war erneut die Entwicklung der Rohstoff- undNahrungsmittelpreise. Gegenüber dem Vorjahresmo-

3 Die Datierung der Zyklen folgt Logeay/Zwiener (2008). Zu beachten

ist, dass das negative Wachstum im zweiten Quartal 2008 teilweiseein Artefakt der Saisonbereinigung ist.

20 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

Abbildung 10

Erwerbstätige und ArbeitsloseSaisonbereinigter Verlauf1

Erwerbstätige Inländer

-701

-359

168 -44

268

670

584

38400

38600

38800

39000

39200

39400

39600

39800

40000

40200

40400

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-900

-700

-500

-300

-100

100

300

500

700

Arbeitslose

-513

-711

-374

480

4

315

619

3000

3200

3400

3600

3800

4000

4200

4400

4600

4800

5000

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

-800

-600

-400

-200

0

200

400

600

800

Saisonbereinigter Verlauf in 1000 Personen(linke Skala)Veränderungen gegenüber dem Vorquartal in 1000 Personen (rechte Skala)Jahresdurchschnitt in 1000 Personen (linke Skala)Werte: Veränderungen gegenüber Vorjahrin 1000 Personen.

1 Ab 4.Quartal 2008 Prognose des IMK.

Quellen: DESTATIS; Bundesagentur für Arbeit; Be-rechnungen des IMK.

96

97

98

99

100

101

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Quartale

2008:1-2009:42001:1-2003:2

Index (Hochpunkt = 100)

Abbildung 9

Rezessionen im VergleichErwerbstätige geleistete Arbeitsstunden im Inland

(saison- und kalenderbereinigt)1

ErwerbstätigenzahlStunden

1 Ab 4. Quartal 2008 Prognose des IMK.

Quellen: DESTATIS; Berechnungen des IMK.

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nat hat sich der Anstieg der Nahrungsmittelpreisemerklich abgeflacht, die Preise für Heizöl und Kraft-stoffe, die zuvor drastisch gestiegen waren, sind deut-lich gesunken. Allerdings stiegen die Gaspreise nochmit Raten von über 20 %. Vor dem Hintergrund desdeutlich niedrigeren Preises für Rohöl und der Beruhi-gung der Nahrungsmittelpreise dürfte sich die Vorjah-resveränderungsrate der Verbraucherpreise in denkommenden Monaten weiter abschwächen und könntezur Jahresmitte 2009 sogar ein negatives Vorzeichenaufweisen. Dies ist allerdings hauptsächlich auf Basis-effekte zurückzuführen. Bei den Kernindizes, die dieEntwicklung der Nahrungsmittel- und Energiepreise

Wirtschaftspolitische Empfehlungen in schwieriger Zeit

IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 21

Die Weltwirtschaft geht einer schweren Krise entge-gen. Die Wirtschaftspolitik muss die gewaltigen Her-ausforderungen dieser Zeit annehmen und ihnenentschlossen und eindeutig begegnen. Dies gilt im glo-balen Maßstab, denn die gegenwärtige Krise ist eineglobale Krise, die auch nur global durch koordiniertesVorgehen der Wirtschaftspolitik zu überwinden ist.Deutschland steht am Rande der tiefsten Rezessionder Nachkriegszeit. Nichtstun und Abwarten würde be-deuten, dass sie ihren verhängnisvollen Lauf nimmt.Der tiefe Einbruch ist aber nicht unvermeidlich, er kanndurch wirtschaftspolitisches Handeln gedämpft wer-den. Im Idealfall, wenn es einen starken konjunkturpo-litischen Impuls in ganz Europa gäbe, könnte derEinbruch noch weitgehend verhindert werden (KastenSimulation von Konjunkturprogrammen).

Diese Krise entzieht sich den Schemata isolierterangebots- oder nachfrageseitiger Analysen. Die Wur-zeln liegen zwar auf der Angebotsseite des Finanz-marktes, wo eine gesamte „Technologie“ wegen ihrerLoslösung von der Realwirtschaft zusammengebro-chen ist. Die Folgen belasten aber beide Seiten desMarktes. Denn der Finanzsektor ist gleichsam dasScharnier einer Volkswirtschaft, das mittels Geld- undKreditverkehr den Austausch von Waren und Dienst-leistungen ermöglicht. Bricht dieses Angebot zusam-men, können sich weder Angebot noch Nachfrage imRest der Wirtschaft, sprich in der Realwirtschaft, ent-falten. Es entstehen Überkapazitäten und Nachfrage-mangel. Es kommt zur Krise.

Grundsätzlich muss also eine Doppelstrategie ver-folgt werden. Auf der einen Seite gilt es, mittels eineradäquaten Angebotspolitik den Finanzsektor zu stabi-lisieren. Auf der anderen Seite muss die gesamtwirt-

schaftliche Nachfrage stimuliert werden, um die vor-handenen Kapazitäten besser auszulasten und damitdas Entstehen einer tiefen Rezession mit hoher Ar-beitslosigkeit zu verhindern. Diese Doppelstrategie istauch deshalb notwendig, weil die Krisen auf den Fi-nanzmärkten und in der Realwirtschaft sich wechsel-seitig verstärken. Kommt der Geldverkehr ins Stocken,geraten auch Produktion und Nachfrage ins Stocken.Sind Produktion und Nachfrage in der Krise, wird durchKreditausfälle und Kursverluste bei Wertpapieren auchder Finanzsektor in Mitleidenschaft gezogen. DieserTeufelskreis kann nur durchbrochen werden, wenn dieWirtschaftspolitik beide Problembereiche zugleich an-geht.

Die erforderliche wirtschaftspolitische Strategie istin allen Volkswirtschaften grundsätzlich die gleiche.Zeitgleich müssen der Finanzsektor stabilisiert unddurch eine expansive Geld- und Fiskalpolitik konjunk-turelle Impulse gesetzt werden. Die Krise zeigt sichaber in den einzelnen Ländern in unterschiedlicherAusprägung. Dies dürfte die Wirkung der wirtschafts-politischen Maßnahmen unterschiedlich ausfallen las-sen. In jenen Ländern, namentlich den USA undGroßbritannien, deren Finanzsektoren besonders be-deutsam sowohl für die eigene Volkswirtschaft als auchfür den globalen Geldkreislauf sind, wird sich dessenStabilisierung besonders positiv auswirken. Auch sinddie Rückwirkungen auf die mit ihnen verwobenen In-stitute in anderen Ländern stimulierend.

Der Ausweitung der Binnennachfrage sind vorallem in den USA und Großbritannien Grenzen gesetzt,da die privaten Haushalte eine – nicht zuletzt durch diekrisenerzeugenden Aktivitäten des Finanzsektors her-vorgerufene – hohe Verschuldung aufweisen, die zu-

ausblenden – beispielsweise dem harmonisierten Ver-braucherpreisindex ohne Energie, Nahrungsmittel, Al-kohol und Tabak und dem Index der Waren ohneNahrungsmittel und Energie –, ist mit einer nur leichtenAbschwächung der im bisherigen Jahresverlauf beirund 1 % liegenden Inflationsraten zu rechnen. Ange-sichts der deutlichen Nachfrageschwäche ist der Druckauf die Preise stark und die Gewinnmargen dürften sin-ken, auch weil die Lohnstückkosten infolge des Pro-duktivitätseinbruchs stärker zunehmen werden.Insgesamt dürften die Verbraucherpreise 2009 miteiner Rate von 0,8 % zunehmen, nach 2,6 % in diesemJahr.

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nächst zurückgeführt werden wird, bevor es wieder zueinem kräftigen Konsumschub kommen kann.

Anders ist dies in jenen Ländern, deren Binnen-nachfrage bisher schwach war und die Überschüsseim Welthandel aufweisen. In vorderster Linie sind hierChina, Japan und Deutschland zu nennen. Ihr bisherexportlastiges Wachstum wird einbrechen, sodass einekompensierende Stimulierung der Binnennachfragewegen der entsprechend stärkeren Schockwirkung aufdie eigene Volkswirtschaft unerlässlich ist. Dies gilt inabgeschwächter Form auch für den Euroraum als Gan-zes. Innerhalb des Euroraums hat aber Deutschlandeine besondere Verantwortung für die Stärkung derBinnennachfrage, nicht nur, weil es die größte Volks-wirtschaft ist, sondern auch, weil es das Land mit denhöchsten innereuropäischen Handelsüberschüssenund der zugleich schwächsten Binnennachfrage ist.Vor diesem Hintergrund verstößt die Bundesregierungin grob fahrlässiger Weise sowohl gegen europäischeals auch deutsche Interessen, wenn sie sich einer ko-ordinierten europäischen Antwort auf die Krise wider-setzt. Der politische und vor allem der ökonomischeSchaden ist immens. Eine solche Politik kostet Ar-

beitsplätze in Europa, vor allem in Deutschland. Wie bedeutsam eine starke Binnennachfrage ist,

zeigt bereits die erste Phase des globalen Ab-schwungs. Jene Länder, deren Binnennachfrage rela-tiv stark ist, weisen bislang auch im Abschwung dieinsgesamt günstigere Tendenz für die Gesamtwirt-schaft auf (Abbildung 11). So haben die USA, Großbri-tannien und auch Spanien bisher die Belastungenmerklich besser verkraftet als Deutschland, Japan undItalien. Dies liegt z.B. in Großbritannien daran, dass dieKrise zwar – wie in Deutschland – Exporte und Inve-stitionen dämpft, aber noch nicht den nach wie vor re-lativ kräftig expandierenden Konsum erreicht hat. Inden USA und Spanien, wo dies bereits wesentlich stär-ker der Fall ist, wurde rasch mit entsprechenden Kon-junkturprogrammen gegengesteuert. Gänzlich andersist die Lage in Deutschland, Japan und Italien. Hier gibtes keinen Schutz durch eine starke Verbrauchskon-junktur, sodass der globale Schock, auch wenn er spä-ter als z.B. in den USA zum Tragen kam, in vollemUmfang auf die gesamtwirtschaftliche Produktiondurchschlägt.

Der erforderliche Policy-mix ist eindeutig: massive

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Dez 06 M rz 07 Jun 07 Sep 07 Dez 07 M rz 08 Jun 08 Sep 08

Italien

Niederlande

Spanien

UK

USADeutschland

Japan

Frankreich

Abbildung 11

1 Länder mit hohem Konsumwachstum (über 2 % gegenüber Vorjahr) 2007 durchgängig, andere gestrichelt.

Quellen: EcoWin-Reuters (Eurostat, BEA, Cabinet Office Japan, National Bureau of Statistics of China); Berechnungen desIMK.

Auswirkungen der Finanzkrise auf das WachstumBruttoinlandsprodukt, Ende 2006 = 1001

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Expansionskraft sowohl bei der Geld- als auch der Fi-nanzpolitik. Von der Geldpolitik sollte man sich aller-dings im derzeitigen Stadium der Krise keine schnellenWirkungen versprechen. Die nun deutlich gesenktenLeitzinsen dürften vom Bankensektor vor allem zurKonsolidierung genutzt und nur begrenzt weiterge-reicht werden. Hinzu kommt, dass – wie in der An-fangsphase eines Abschwungs üblich – dieInvestitionsbereitschaft der Unternehmen auch durchniedrigere Zinsen nicht sonderlich erhöht wird. Erstwenn eine Bodenbildung eingesetzt hat, ist mit einerdeutlich stimulierenden Wirkung der Zinssenkungen zurechnen.

Die Hauptlast der Stabilisierung liegt also derzeitbei der Finanzpolitik. Erforderlich ist ein europäisch ab-gestimmtes Konjunkturprogramm in Höhe von rund2 % des BIP. Dies zeigen Simulationen verschiedenerKonjunkturprogramme mit dem IMK-Modell. NationaleAlleingänge innerhalb des Euroraums vermindernderen Effektivität nennenswert (Abbildung 12). Erneutwird deutlich, wie wichtig die europäische Dimensionist. Die Gefahr ist groß, dass sich die einzelnen Ländermit Konjunkturprogrammen, die sie im Alleingang um-setzen, verzetteln. Dadurch wird die Effektivität der eu-ropäischen Antwort auf die Krise erheblich ein-geschränkt.

Wichtig ist, dass ein Konjunkturprogramm einigeVoraussetzungen erfüllt, um effektiv zu sein. Dazu ge-hört, dass es zielgerichtet und temporär ist sowie recht-zeitig in Angriff genommen wird. Ferner ist auch diezeitliche Abfolge zwischen schnell, aber vielleicht nurkurzfristig wirkenden, und langsamen, aber vielleichtlängerfristig wirkenden Maßnahmen zu beachten. EinKonjunkturprogramm sollte beide Bestandteile enthal-ten. Um eine schnelle Wirkung zu erreichen, solltenkurzfristig stimulierende Maßnahmen wie Konsumgut-scheine eingesetzt werden, deren Wirkung im weite-ren Verlauf von langsamer greifenden Maßnahmen wieöffentliche Investitionen aufgenommen wird.

Von geringerer Bedeutung ist die Frage, ob manversucht, die Konjunktur mittels Konsumschecks oderdurch eine temporäre Senkung der Mehrwertsteuer zustimulieren. In ihrer Wirkung sind diese Maßnahmenunter den hier getroffenen Annahmen sehr ähnlich. Fürdie Modellsimulation wurde unterstellt, dass die Unter-nehmen die Steuersenkung rasch zur Hälfte auf diePreise überwälzen (Kasten Simulation von Konjunk-turprogrammen). Zudem wurde von Preisänderungs-kosten für den Einzelhandel abgesehen. Dieserestriktiven Annahmen lassen den Erfolg dieser Maß-nahme in der Realität allerdings unsicher erscheinen.

Konjunkturstabilisierende Maßnahmen sind jedochnur wirksam, wenn eine Stabilisierung des Finanzsy-

stems gelingt. Das Rettungspaket der Bundesregie-rung für den Bankensektor ist in dieser Hinsicht be-grüßenswert. Unter anderem setzt die Kombinationvon staatlichen Garantien für neue Schuldverschrei-bungen und die Möglichkeit einer Erhöhung der Ei-genkapitalausstattung von Banken an den wesent-lichen Funktionsstörungen des Finanzsektors an (Heinet al. 2008).

Banken nehmen dieses Programm jedoch ausFurcht vor einer negativen Marktreaktion noch immernur sehr zögerlich in Anspruch. Die Bundesregierunghätte daher eher wie Großbritannien vorgehen sollenund eine Mindest-Eigenkapitalausstattung für privateBanken festlegen sollen. Bei Unterschreitung wärendie Banken automatisch gezwungen, das Rettungspa-ket in Anspruch zu nehmen.

Ähnlich problematisch ist die ungenügende Koor-dination auf europäischer Ebene: Abgesehen davon,dass in den europäischen Ländern unterschiedlicheVorgehensweisen zur Rettung des Bankensystems ge-wählt wurden, bei denen sich im Nachhinein nochKompatibilitätsprobleme herausstellen könnten (Heinet al. 2008), sind selbst bei Wahl vergleichbarer Maß-nahmen die Konditionen ungenügend aufeinander ab-gestimmt worden. So gab es zum Beispiel keineAbsprache über die angemessene Höhe der staatli-chen Gebühr für Bankgarantien. Unklarheit herrschtauch darüber, was angemessene Konditionen fürstaatliche Eigenkapitalerhöhungen sind. Das hat zumBeispiel im Fall der Commerzbank zu einer unnötigenZeitverzögerung geführt, weil die Europäische Kom-mission noch Nachbesserungsbedarf sah. Verzöge-rungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer stärkerenSchwächung der jeweiligen Bank zum Zeitpunkt der In-anspruchnahme staatlicher Leistungen. Die fiskali-schen Folgekosten könnten dadurch unnötig steigen.Eine bessere Absprache auf europäischer Ebene istdaher dringend erforderlich.

Selbst wenn es gelingt, das Finanzsystem wiederzu stabilisieren, wird diese Krise die globalen Wirt-schaftsbeziehungen verändern, und zwar nicht nur imHinblick auf die Finanzmärkte. Die US-amerikanischeWirtschaft kann nicht mehr in dem Maß wie zuvorMotor der Weltwirtschaft sein, da ihre binnenwirt-schaftliche Expansion mit hohem Importsog auf den tö-nernen Füßen eines schlecht regulierten Finanzsektorsund überschuldeter Haushalte stand. Diese Rolle müs-sen andere übernehmen. Hier sind u.a. China, aberauch Europa, und dort vor allem Deutschland, zu nen-nen, dessen globale Verantwortung von der Politik undauch von vielen Ökonomen noch nicht hinreichend er-fasst wird. Das heißt aber, dass nach Jahren einer fastausschließlich auf außenwirtschaftliche Wettbewerbs-

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fähigkeit ausgerichteten Wirtschaftspolitik nunmehr dieFörderung einer stabilen Binnennachfrage an Prioritätgewinnen muss.

Stabilitätsfaktor Lohnpolitik

Die gegenwärtige Krise hat die Lohn- und Arbeits-marktpolitik in den Hintergrund gedrängt. Dies ist in-sofern bemerkenswert, als sich die makroökonomischeDiskussion in Deutschland in den vergangenen Jahrenfast ausschließlich auf diesen Bereich fixierte. Die Lö-sung der Beschäftigungsprobleme wurde in einer weit-gehenden Flexibilisierung des Arbeitmarktes gesehen,

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Simulation von Konjunkturprogrammen

Im positiven Risikoszenario – Kasten Risikosze-narien – wurde angenommen, dass in allen Län-dern des Euroraums ähnlich dimensionierte undgestaltete Konjunkturprogramme in Höhe von 2% des BIP aufgelegt werden. Im Szenario „Kon-junkturprogramm I“ wird dagegen nur in Deutsch-land ein konjunktureller Impuls gesetzt(Abbildung 12). Dazu werden in den ersten bei-den Quartalen 2009 jeweils Konsumschecks inHöhe von 10 Mrd. Euro an die privaten Haushalteverteilt. Gleichzeitig startet ein Investitionspro-gramm in Infrastruktur und Bildung in einem Ge-samtvolumen von 30 Mrd. Euro, das allerdingsaufgrund von Vorlaufzeiten für Planung und Um-setzung verzögert einsetzt. Die öffentlichen Inve-stitionen steigen im zweiten Quartal 2009 um6 Mrd. Euro über ihr Niveau in der Basisprognose.Im dritten und vierten Quartal liegen sie dann umjeweils 10 Mrd. Euro darüber. Parallel dazu wer-den für Erzieherinnen und Lehrpersonal 1 Mrd.Euro pro Quartal mehr aufgewendet, was einerPersonalaufstockung von rund 100 000 Personenentspricht. Das Gesamtvolumen des Konjunktur-programms beläuft sich so im Jahr 2009 auf50 Mrd. Euro und entspricht damit rund 2 % desBIP. Es hat damit mehr als die zehnfache Dimen-sion des bisher von der Bundesregierung für 2009verabschiedeten Konjunkturpakets. Annahmege-mäß sollen die Konsumschecks in gleicher Höhevon jeweils 125 Euro pro Quartal an alle Perso-nen verteilt werden. Da in der jüngsten Vergan-genheit die gesamtwirtschaftliche Konsumquotestark durch den überproportionalen Anstieg derhöheren Einkommen gedrückt wurde, könnte dertatsächliche Einfluss der Konsumschecks auf denprivaten Verbrauch vom Modell tendenziell unter-schätzt werden.

Das Szenario „Konjunkturprogramm II“ hat diegleiche Investitionskomponente wie im Konjunk-turprogramm I, ersetzt aber die Konsumschecksdurch eine Reduzierung der Mehrwertsteuer imUmfang von jeweils 10 Mrd. Euro in den erstenbeiden Quartalen 2009. Unterstellt wird dabei,dass die Unternehmen diese nur temporäre Ab-senkung der Mehrwertsteuer um fast 5 Prozent-punkte etwa zur Hälfte in niedrigeren Preisen andie privaten Verbraucher weitergeben. Die zweiteHälfte erhöht die Gewinne der Unternehmen undwirkt darüber tendenziell ebenfalls Konsum sti-

Abbildung 12

KonjunkturprogrammeBruttoinlandsprodukt1 (real, saisonbereinigt)

550

560

570

580

590

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

2007 2008 2009

M rd. Euro

Prognose IM K

0

1

2

3

4

5

6

7

8

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

2007 2008 2009

%

Abweichung gegenüber IMK-Prognose

International koordinierte Konjunkturpro-gramme.Nationales Konjunkturprogramm INationales Konjunkturprogramm II.

1 ab 4. Quartal 2008 Prognose des IMK.

Quellen: DESTATIS; Simulationen mit dem IMK-Kon-junkturmodell.

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die sich vor allem in erhöhtem Druck auf Arbeitslose,Arbeit anzunehmen, manifestierte. Die Bilanz dieserPolitik ist strittig (SVR 2007, Logeay/Zwiener 2008).Doch eines wird jetzt deutlich: Die entscheidenden ma-kroökonomischen Probleme wurden dabei übersehen.Sie aber gefährden die Beschäftigung in erheblich stär-kerem Ausmaß als jede existierende Arbeitsmarktre-gulierung in Deutschland es je könnte. Ein Versagenauch der ökonomischen Politikberatung in dieser Hin-sicht ist unverkennbar.

Die Lohnpolitik sollte auch unter den widrigen Um-ständen am Kurs einer Orientierung am Trend der Pro-duktivitätszuwächse und dem Inflationsziel der EZBfesthalten. Dies wäre in zweifacher Hinsicht ein Beitragzur Stabilität in einer extrem instabilen Lage. Zumeinen würde damit der Druck auf die Einkommen, derangesichts des zu erwartenden Beschäftigungsabbausdroht, vermindert. Dies würde die Binnennachfragestabilisieren, was vor dem Hintergrund der weltwirt-schaftlichen Belastungen den Wachstumsseinbruch inDeutschland zumindest dämpfen würde. Zum zweitenwäre es ein Beitrag zur Preisstabilität. Vielfach istschon von Deflationsgefahr die Rede. Zwar drückt ge-genwärtig der drastische Verfall der Rohstoffpreise dieInflationsrate. Deflation ist jedoch ein fortlaufenderRückgang des allgemeinen Preisniveaus. Ein solcherRückgang kann nur dann auftreten, wenn die Löhneden Druck auf die Preise aufnehmen und auch aufeinen sinkenden Pfad einschwenken. Genau dies ver-hindert die Orientierung der Löhne an der Summe aus

Inflationsziel der EZB und Produktivitätstrend. Entgegen den Schlussfolgerungen der vorherr-

schenden makroökonomischen Theorie neu-keyne-sianischer Prägung stützt Nominallohnrigidität somitdie Stabilität einer Volkswirtschaft. Würden die Löhnewegen der Krise nunmehr schwächer zunehmen, wäreeine Abwärtsspirale die Folge. Die erhofften Beschäf-tigungseffekte blieben wegen der Globalität der Krisemit ihrem umfassenden Druck auf Löhne und Preiseaus. Stattdessen würden sich deflationäre Tendenzenherausbilden, die die Weltwirtschaft in eine noch tie-fere Krise stürzten. Sie wären auch nur schwerlich zuüberwinden, da die konventionelle Geldpolitik bei De-flation keinen Einfluss auf die Realwirtschaft hat,schließlich kann sie den Leitzins nicht auf unter Nullsenken. Das Beispiel Japan sollte hier schrecken. MitLohnzurückhaltung lässt sich diese Krise somit nichtnur nicht überwinden; sie würde sie vielmehr ver-schärfen.

Vor diesem Hintergrund ist die in der Prognose un-terstellte, nur leichte Abschwächung der Lohnzu-wächse in Deutschland positiv zu sehen. Besser wärees sogar, wenn es überhaupt nicht zu einer schwä-cheren Tendenz käme. Dies ist aber nicht zu erwarten.Wenn es, wie hier unterstellt, auch in den übrigen Län-dern des Euroraums keine ausgeprägte Lohnab-schwächung gibt, ist weder in Deutschland noch imEuroraum mit einer Deflation zu rechnen. Wird dieserPfad insbesondere in den größeren Ländern nachunten verlassen, nimmt die Deflationsgefahr zu.

Die Arbeitsmarktpolitik muss im kommenden Jahrdarauf ausgerichtet sein, den angesichts des zu er-wartenden Konjunktureinbruchs unvermeidlichen An-stieg der Arbeitslosigkeit aufzufangen. Das Mittel ersterWahl ist, alles zu tun, um die Beschäftigten möglichstlange in ihren Unternehmen zu belassen. Insofern istdie Verlängerung des Kurzarbeitergelds in Zeiten derKrise eine richtige Maßnahme. Zudem sollten alle Mög-lichkeiten der Flexibilisierung der Arbeitszeit in den Un-ternehmen über Arbeitszeitkonten u.ä. gefördert undgenutzt werden.

Gleichwohl wird all dies den Anstieg der Arbeitslo-sigkeit nicht verhindern können. Die Lösung diesesProblems ist aber nicht auf den Arbeitsmärkten zu su-chen, sondern liegt in einer Wiederbelebung der Güter-und Kapitalmärkte.

Geldpolitik: besser spät als nie

Die EZB hat auf den wirtschaftlichen Einbruch im Eu-roraum mit Zinssenkungen im Oktober, November undDezember dieses Jahres um insgesamt 1,75 Prozent-punkte reagiert (Abbildung 13). Mit Blick auf die durch

IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 25

mulierend. Allerdings dürfte die Annahme einersofortigen hälftigen Überwälzung der Mehrwert-steuersenkung in die Preise bei einer auf ein hal-bes Jahr begrenzten Steuersenkung eineoptimistische Obergrenze darstellen.

Vergleicht man die Wirkungen der beiden iso-lierten nationalen Konjunkturprogramme mitdenen, die bei einem koordinierten Vorgehen aufeuropäischer Ebene hervorgerufen werden kön-nen, dann ist der Unterschied beträchtlich. Statteines induzierten Wachstumsschubs ohne Koor-dination in Höhe von etwa 2 % des BIP im erstenJahr der Maßnahmen kann sogar ein Effekt inHöhe von 2,8 % des BIP erreicht werden. Der im-plizite Multiplikator beträgt dann etwa 1,5 statt 1,1.Ferner treten in den Folgejahren (nicht ausge-wiesen) weitere positive Wachstumseffekte auf.Auch fällt die zusätzliche Verschuldung des Staa-tes geringer aus, da sich bei dem höherenWachstum ein größerer Teil seines Programmsüber höhere Steuereinnahmen selbst finanziert.

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die Insolvenz von Lehman Brothers nochmals ver-schärfte Finanzkrise hat sie zudem weitere Maßnah-men ergriffen, mit denen sie eine Normalisierung beider Struktur der EZB-Refinanzierungssätze, wennauch nicht der Interbankenzinsen, herbeiführte.

Fehler der Vergangenheit: Zinserhöhung in-mitten der Finanzkrise

Bis Anfang Oktober 2008 war es zu einem Anstieg derEZB-Refinanzierungssätze gekommen (Abbildung 14).Noch Anfang Juli hatte die EZB den entscheidendenLeitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben – also mit-ten in der Finanzkrise und zu einem Zeitpunkt, als al-lerorts eine deutliche Abkühlung der Konjunkturerwartet wurde. Noch schwerwiegender war jedoch,dass sich der Satz für mehrmonatige Refinanzie-rungsgeschäfte fast ebenso stark vom Hauptrefinan-zierungssatz entfernte wie der Drei-Monats-Euribor.Infolge des dramatischen Vertrauensverlustes zwi-schen den Banken wurde bekanntlich kaum noch län-gerfristiges Geld am Interbankenmarkt gehandelt, unddie Spanne zwischen Tagesgeld- und Dreimonatssatzschnellte zeitweise auf mehr als einen Prozentpunkt,in der Spitze sogar 1,6 Prozentpunkte, empor. Wegendieser Vertrauenskrise stieg die Nachfrage der Bankennach mehrmonatigen Refinanzierungsmitteln der EZB.Die EZB befriedigte diese erhöhte Nachfrage nur zumTeil und in erster Linie dadurch, dass sie die Strukturder Refinanzierungsmittel zugunsten der langfristigenverschob – ihr Anteil stieg von 34 % im zweiten Quar-tal 2007 auf 66 % im Oktober 2008. Da entsprechenddes Bieterverfahrens bei einer Überschussnachfragenur die Banken mit relativ hohen Zinsgeboten zumZuge kamen, stieg der durchschnittliche Zuteilungssatzdeutlich an (Abbildung 14). Hatte der durchschnittlicheZuteilungssatz bei den langfristigen Refinanzierungs-geschäften im Juni 2007 – also vor dem Ausbruch derFinanzkrise – noch 4,0 % betragen, so lag er im Sep-tember 2008 bei 4,9 % und Anfang Oktober sogar bei5,6 %. Der durchschnittliche Refinanzierungssatz (überalle Laufzeiten) erhöhte sich zwischen Juni 2007 undSeptember 2008 um 0,7 Prozentpunkte. Folglich hatdie EZB zu der Verschlechterung der Finanzierungs-bedingungen im Euroraum beigetragen (Abbildung 3).

Erst als sich die Finanzkrise im Oktober erneut zu-spitzte, ergriff die EZB im Zuge einer konzertierten Ak-tion mehrerer Zentralbanken deutlich entlastendeMaßnahmen. So senkte sie nicht nur den entschei-denden Leitzins, sondern änderte auch ihr Verfahrenhin zu einem Mengentender, bei dem sie den Zinssatzvorgibt. Zugleich erklärte sie sich bereit, den Bankenunbegrenzt Liquidität zur Verfügung zu stellen. Beglei-tend verringerte die EZB die Spanne zwischen dem

Zinssatz für die Einlagefazilität und für die Spitzenrefi-nanzierungsfazilität, welche die untere bzw. obereGrenze für den Tagesgeldsatz darstellen, da die Ban-ken zu diesen Sätzen Geld bei der Zentralbank parkenkönnen bzw. unbegrenzt (gegen Sicherheiten) auslei-hen können.

Das IMK hatte bereits vor einem Jahr vorgeschla-gen, die EZB solle die angebotene Liquiditätsmengeerhöhen und den Spitzenrefinanzierungssatz relativzum Hauptrefinanzierungssatz verringern – dieSpanne zwischen dem Hauptrefinanzierungssatz unddem Durchschnittssatz bei langfristigen Refinanzie-rungsgeschäften lag damals bei 0,7 Prozentpunkten(IMK 2007, S. 24ff.). Ein Grund für die mangelnde Be-reitschaft der EZB, dies zu tun, dürfte darin gelegenhaben, dass der Tagesgeldsatz in der Folge unter denHauptrefinanzierungssatz gefallen wäre. Dies wolltedie EZB verhindern, da sie ihn offensichtlich als ange-messen in Hinblick auf ihre geldpolitische Zielsetzungsah, und dies, obwohl die anderen für die Realwirt-schaft relevanten Zinssätze, insbesondere der Drei-monatszins und der Zuteilungssatz bei mehrmonatigenRefinanzierungssätzen, kein übliches Verhältnis zumHauptrefinanzierungssatz aufwiesen, sondern deutlichdarüber lagen. Sie billigte somit eine deutlich stärkeregeldpolitische Straffung als jene, die in der Erhöhungdes Leitzinses um einen viertel Prozentpunkt zum Aus-druck kam.

Überbewerte Inflationsgefahr! Unterschätzte Deflationsgefahr?

Die faktische Zinserhöhung billigte die EZB trotz Fi-nanzkrise, Abkühlung der Konjunktur und drastischerAufwertung des Euro – um mehr als 15 % gegenüberdem US-Dollar im Frühjahr dieses Jahres –, weil dieaktuelle Preissteigerungsrate im Euroraum deutlichüber dem Inflationsziel der EZB lag und sie befürch-tete, dass sich dies negativ auf die Inflationserwartun-gen und die mittelfristige Inflation auswirken könnte.Da die Lohnkostenentwicklung keine nennenswertenZweitrundeneffekte der drastischen Preisschübe beiRohstoffen und Nahrungsmitteln signalisierte, dürftediese Haltung der EZB Ausdruck einer Überbewertungmarginaler Veränderungen der Inflationserwartungensein. Hingewiesen wurde vielfach auf bereits gestie-gene Inflationserwartungen und die Notwendigkeit zugewährleisten, dass diese fest verankert bleiben. Soschwankte die mittelfristige Inflationsprognose des Sur-vey of Professional Forecasters seit dem 3. Quartal2007 zwischen 1,9 % und 2,0 %, während sie zuvorjahrelang genau dem Inflationsziel der EZB in Höhevon 1,9 % entsprach. Und auch Consensus Economicswies eine lediglich um 0,1 Prozentpunkte erhöhte mit-

26 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

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Abbildung 13

1 Zinsen für Unternehmenskredite mit anfänglicher Zinsbindung bis 1 Jahr (Neugeschäft), über 1 Mio. EUR.2 Gegenüber 42 Ländern, auf Basis der Verbraucherpreise.3 Veränderung gegenüber Vorjahr.

Quellen: Eurostat; Europäische Zentralbank; Federal Reserve; Berechnungen des IMK.

Geldpolitische Indikatoren für den Euroraum

Nominale Zinssätze und Renditen in %

0

2

4

6

8

03 04 05 06 07 08

3-M onats-Euribor

10-jährige EUR-Staatsanleihen10-jährige

US-Staatsanleihen

3-M onatsgeld, USA

Kreditzinsen1 in %

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3

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5

6

03 04 05 06 07 08

EONIA

Deutschland

Euroraum

%

Geldmenge M3 und KreditvolumenVeränderung gegenüber Vorjahr in %

0

2

4

6

8

10

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03 04 05 06 07 08

Buchkredite an Private

Geldmenge M 3

Referenzwert der EZB für M 3

Wechselkurse und realer effektiver Außenwert desEuro2

1,0

1,1

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1,3

1,4

1,5

1,6

03 04 05 06 07 08

85

95

105

115

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USD/EUR (LS)

Realer effektiver Außenwert (RS)

Hamonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) Veränderung gegenüber Vorjahr in %

0

1

2

3

4

03 04 05 06 07 08

HVPI

HVPI ohne Energie,Nahrungsmittel, A lkohol und Tabak

Arbeitslosenquote und Lohn(stück)kosten3

Euroraum in %

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1

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4

03 04 05 06 07 08

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9

Lohnstückkosten (LS)

Löhne und Gehälter (LS)

Arbeitslosenquote (RS)

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telfristige Inflationsprognose von 2,0 % aus. Eine feste Verankerung der Inflationserwartungen

ist wichtig, da ein Vertrauensverlust in die Zentralbankdie Wirksamkeit ihrer geldpolitischen Maßnahmenschmälert und sich zudem negativ auf die langfristigenZinsen auswirkt. Änderungen in der für den Euroraumzu beobachtenden Größenordnung sind aber schwer-lich als Vorbote eines Vertrauensverlustes zu interpre-tieren, zumal sie unter dem Eindruck stark gestiegenerRohstoffpreise und der weit verbreiteten Einschätzungentstanden, dass der Ölpreis nur einen künftigen Wegkenne: nach oben.

Auch inflationsindexierte Anleihen schienen aufetwas erhöhte Inflationserwartungen hinzuweisen. DenHöhepunkt erreichten die aus diesen Anleihen abzu-leitenden Inflationserwartungen im Juni dieses Jahres:Die inflationsindexierte Bundesanleihe mit einer Lauf-zeit bis 2016 erreichte eine Break-even-Inflationsrate,gemessen am HVPI ohne Tabak für den Euroraum,von 2,6 %, das französische Pendant mit einer Lauf-zeit bis 2015 eine Inflationsrate dieses Preisindexesvon durchschnittlich 2,7 %; nur vier Monate späterwaren diese durch die Break-even-Inflationsrate ap-proximierten Inflationserwartungen auf 1,1 % bzw.0,8 % gefallen.

Der entscheidende Grund für den starken Anstiegdes HVPI waren die Preisschübe im Bereich Nah-rungsmittel und Rohstoffe, die ihren Ursprung in Ent-wicklungen außerhalb des Euroraums haben. Beiexogenen Preisschocks ist eine Stabilisierung der mit-

telfristigen Inflationsrate am besten dadurch zu errei-chen, dass die Zentralbank sich an einer Kernrate ori-entiert, die diese Preisschocks ausblendet (IMF 2008,S. 112f.; Tober/Zimmermann 2008). Die Gesamtinflati-onsrate erreichte im Juni 2008 mit 4 % ihren Höhe-punkt – Energie (Haushaltsenergie und Kraftstoffe)hatte sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 16 %verteuert, Nahrungsmittel um 6,4 %. Der HVPI ohneEnergie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak stieg nurum 1,8 %, und das, obwohl der langjährige kräftige An-stieg des Rohölpreises sich auch hier niederschlug,beispielsweise in den Preisen des öffentlichen Nah-verkehrs. Der Rückgang der Teuerungsrate im No-vember 2008 auf 2,1 % ist ebenfalls maßgeblich aufeinen Preisschock zurückzuführen: Rohöl der SorteBrent war im November 41 % bzw. 31 % billiger, jenachdem, ob man in US-Dollar oder Euro rechnet.

Aus analytischer Sicht ist es wichtig, scharf zwi-schen unterschiedlichen Entwicklungen bei der Teue-rung zu unterscheiden. Hierauf hat auch der Präsidentder EZB auf der Pressekonferenz am 4. Dezember2008 hingewiesen. Die von ihm hervorgehobene Tren-nung zwischen Inflation und Deflation einerseits undDisinflation andererseits trifft den Punkt aber nichtganz: Alle drei Entwicklungen stellen endogene Pro-zesse dar und haben wenig mit der jüngeren Preisent-wicklung im Euroraum zu tun, die von Einmaleffekten,sprich Preisschocks, geprägt war. Die aktuell deutlichverringerte Steigerung des harmonisierten Verbrau-cherpreisindex ist entgegen Trichets Ausführungenkein Zeichen der Disinflation, sondern Resultat desdeutlichen Preisrückgangs bei Rohöl und anderenRohstoffen. Das Abklingen eines Preisschocks bzw.sogar dessen Umkehr sorgt zwar für eine Verringerungder Gesamtinflationsrate, aber von einem durch denPreisschock vorübergehend überhöhten Niveau aus.Sofern es keine deutlichen Zweitrundeneffekte gibt,klingt ein Preisschock nach etwa anderthalb Jahren ab(Atkeson/Kehoe 1999). Die binnenwirtschaftlich be-stimmte Inflationsdynamik bleibt davon unberührt.

Disinflation ist demgegenüber ein Prozess, bei demdie zugrunde liegende Inflationsdynamik abnimmt. FürUnternehmen, die sich nominellen Verbindlichkeitengegenüber sehen, insbesondere Tarifverträgen undKreditverträgen mit nominell fixierten Zinsen, wäre –bei gleichen Entstehungsgründen – eine Disinflationfast ebenso schmerzhaft wie eine Deflation, da in rea-ler Betrachtung die Erträge sinken, während die Ver-bindlichkeiten unverändert bleiben. Eine Deflation istaus zwei Gründen dennoch schwerwiegender als eineDisinflation. Erstens kann es in Erwartung weiter sin-kender Preise zu einer ausgeprägten Kaufzurückhal-tung kommen. Zweitens ist die Zentralbank in ihrer

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Abbildung 14

Spanne zwischen dem Hauptfinanzierungssatzund dem Durchschnittssatz bei langfristigen

Refinanzierungsgeschäften

Dreimonats-EuriborDurchschnittssatz bei langfristigen Refinan-zierungsgeschäftenSpanne zwischen dem Hauptfinanzierungs-satz und dem Durchschnittssatz bei langfristi-gen Refinanzierungsgeschäften

Quellen: Deutsche Bundesbank; Europäische Zen-tralbank; Berechnungen des IMK.

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geldpolitischen Reaktion dadurch beschränkt, dass dieLeitzinsen nicht unter Null fallen können.

Gegenwärtig befinden wir uns weder in einerPhase der Disinflation noch ist die Gefahr einer Defla-tion im Euroraum hoch. Eine Disinflation ist im Euro-raum als Ganzes auch nicht erforderlich, da dieLohnentwicklung im Einklang mit dem Inflationsziel derEZB von 1,9 % steht. Die zugrunde liegende Inflati-onsdynamik dürfte im gesamten Jahr 2008 mit denZielvorstellungen der EZB im Einklang gestandenhaben. Im Jahr 2007 nahmen die Löhne und Gehälterim Euroraum auf Stundenbasis um 2,8 % zu, was auchdem Anstieg des zweiten Quartals 2008 entspricht. Nurim ersten Quartal 2008 lag der Anstieg der Stunden-löhne und gehälter mit 3,7 % etwas höher.

Die Gefahr einer Disinflation, die in eine Deflationmünden kann, steigt allerdings mit der Dauer der wirt-schaftlichen Schwächephase. Dabei ist die Gefahrumso größer, je flexibler die Arbeitsmärkte sind: Kannschnell gekündigt werden und sind Löhne sehr kon-junkturreagibel, so kann es relativ rasch zu einer durchgeringere Löhne, gedrückte Einkommenserwartungenund geringen Konsum getriebenen Abwärtsspiralekommen.

Weiterer geldpolitischer Handlungsbedarf

Angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage solltedie EZB die Zinsen zügig auf 1 % senken. Ein weitereszügiges Handeln ist umso wichtiger, als die Banken be-reits seit Mitte 2007 ihre Kreditstandards kontinuierlichverschärfen (Abbildung 15) und die deutlichen Risiko-aufschläge bei Wertpapieren und der Wertverfall beiAktien die Finanzierungsbedingungen der Unterneh-men deutlich verschlechtert haben. Die EZB hat keineInstrumente, um direkt dem mangelnden Vertrauen derBanken untereinander entgegen zu wirken – hier sinddie Regierungen gefordert. Indem sie aber die wirt-schaftliche Entwicklung stützt, kann sie verhindern,dass die Risikoaufschläge an den Interbanken- undWertpapiermärkten noch zunehmen bzw. sogar errei-chen, dass sie wieder sinken.

In Erinnerung zu rufen ist auch die Reaktion derEZB auf den wirtschaftlichen Einbruch 2000/2001. Da-mals zögerte die EZB die Zinssenkungen ebenfalls hin-aus. Sie trägt damit einen Teil der Verantwortung fürdie fünf Jahre währende Phase schwachen Wachs-tums im Euroraum in diesem Jahrzehnt. Diesmal istdas Abwärtspotenzial der Krise deutlich höher.

Finanzpolitik: Massives Konjunktur-programm erforderlich

Die Lage der öffentlichen Haushalte hat sich im Ver-laufe dieses und des vergangenen Jahres weiter sehrpositiv entwickelt. Nach einem Defizit von 1,5 % desBIP im Jahr 2006 wurde 2007 mit einem Defizit von0,2 % des BIP ein annähernd ausgeglichener Haushalterreicht (Tabelle 7).4 Trotz erheblicher einnahmenseiti-ger Belastungen und einer spürbaren Expansion auf

4 Bis vor kurzem wurde vom Statistischen Bundesamt ein gesamt-

staatlicher Überschuss (3,1 Mrd. Euro) ausgewiesen. Dieser Über-schuss musste aufgrund einer Eurostat-Entscheidung korrigiertwerden, nach der die Maßnahmen, die die Kreditanstalt für Wieder-aufbau zur Risikoabschirmung für die Deutsche Industriebank AG(IKB) im Jahr 2007 durchgeführt hatte, im Staatskonto zu buchen sind(vgl. Statistisches Bundesamt 2008a).

IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 29

Abbildung 15

Quellen: Europäische Zentralbank; Deutsche Bundes-bank.

Bank Lending Survey

Veränderung der Kreditvergabebedingungeninsgesamt

-30

-10

10

30

50

70

03 04 05 06 07 08

Deutschland

EuroraumVerschärfung

Lockerung

Veränderung der Marge

-30

-10

10

30

50

70

03 04 05 06 07 08

DeutschlandEuroraum

M arge erhöht

M arge gesenkt

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der Ausgabenseite wird der gesamtstaatliche Haushaltin diesem Jahr sogar erstmals seit der deutschen Ein-heit5 mit einem kleinen Überschuss von 0,2 % des BIPabschließen.6 Der Brutto-Schuldenstand der öffentli-chen Haushalte dürfte auf 63,1 % in Relation zum BIPzurückgehen und damit fast 5 Prozentpunkte unter sei-nem bisherigen Höchststand von 67,8 % des BIP imJahr 2005 liegen.

Diese positive Entwicklung wird sich 2009 nichtfortsetzen. Der erwartete drastische Konjunkturein-bruch wird vor allem auf der Einnahmenseite tiefe Spu-ren in den öffentlichen Haushalten hinterlassen. So istinsgesamt wieder mit einem Defizit von 1,6 % des BIPzu rechnen. Dabei schlägt das Konjunkturpaket derBundesregierung aufgrund seiner geringen Dimensio-nen fiskalisch kaum zu Buche (Tabelle 8).

Die Finanzpolitik ist in den Jahren 2008 und 2009(unter Einschluss des Konjunkturpaketes) mit einemdiskretionären Impuls von etwa 0,5 bzw. 0,4 % des BIPleicht expansiv ausgerichtet (Abbildung 16; vgl. aus-führlich Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose2008b). Darüber hinaus werden aufgrund der getätig-ten oder noch zu erwartenden Tarifabschlüsse in bei-den Jahren erstmals seit längerer Zeit dieArbeitnehmerentgelte für die Beschäftigten im öffentli-chen Dienst wieder in erwähnenswertem Ausmaß stei-gen. Mit dieser leicht expansiven Ausrichtung wäre dieFinanzpolitik gut auf einen normalen Abschwung vor-bereitet. Sie müsste dann nur noch die automatischenStabilisatoren wirken lassen. Im Zusammenwirken mitder Geldpolitik und einer stabilisierenden Lohnpolitikwürde sie dann in ausreichendem Maße zur Erholungder Konjunktur beitragen.

Fiskalpolitischer Handlungsbedarfnahezu unstrittig

Es besteht jedoch mittlerweile fast einhellig die Auffas-sung, dass es sich bei der gegenwärtigen Abschwä-chung um einen außergewöhnlich starken Absturzhandelt, den die Finanzpolitik auch mit außergewöhn-lichen diskretionären Mitteln bekämpfen muss. Wieernst die Lage ist und wie groß der Handlungsdruck fürdie Finanzpolitik dementsprechend ist, lässt sich daranermessen, dass in der letzten Zeit zahlreiche Stimmenein aktives konjunkturpolitisches Eingreifen der (deut-

5 Im Jahr 2000 wurde zwar ein Überschuss von 1,3 % des BIP aus-

gewiesen. Bereinigt um die Einmalerlöse aus der Versteigerung vonUMTS-Lizenzen ergab sich jedoch ein Defizit von 1,2 % des BIP.

6 Eine ausführliche Analyse der öffentlichen Haushalte 2008/2009 – al-

lerdings noch unter günstigeren Annahmen für die wirtschaftliche Ent-wicklung im Jahr 2009 – findet sich in Truger/Vesper (2008).

30 IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008

-1,5

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0,5

1,0

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2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

einnahmenseitig ausgabenseitig insgesamt

Abbildung 16

Diskretionäre fiskalische Impulse1

2001 bis 2009Veränderungen gegenüber Vorjahr in % des

Bruttoinlandsprodukts

1 Durch finanzpolitische Maßnahmen und Einsparun-

gen im Haushaltsvollzug. Ohne Privatisierungserlöseund makroökonomische Rückwirkungen. Positive (ne-gative) Impulse bedeuten eine expansive (kontraktive)Fiskalpolitik. Quellen: Gemeinschaftsdiagnosen 2001 bis 2008, DE-STATIS; Bundesregierung; BMF; Berechnungen desIMK.

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Haushaltssaldo -59,6 -78,3 -87,3 -83,5 -74,3 -35,9 -4,0 4,1 -38,9

(in % des BIP) -2,8 -3,7 -4,0 -3,8 -3,3 -1,5 -0,2 0,2 -1,6

Bruttoschuldendstand (in % des BIP) 58,8 60,3 63,8 65,6 67,8 67,6 65,0 63,1 64,5

Tabelle 7

Quellen: DESTATIS; BMF; Berechnungen des IMK; ab 2008 Prognose des IMK.

Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo und Bruttoschuldenstand 2001 bis 2009in Mrd. Euro

Page 31: IMK Report 35:IMK Report

schen) Finanzpolitik gefordert haben, von denen mandies in der Vergangenheit nicht ohne weiteres hätte er-warten können. Die OECD (2008, S. 106) warnt zwarvor dauerhaften Ausgabensteigerungen, hält jedochein schnelles, gezieltes und befristetes Konjunkturpa-ket für erwägenswert. Die EU-Kommission hat bereitsbei der Präsentation ihrer Prognose für 2009 insbe-sondere Deutschland dazu aufgerufen, die finanzpoli-tischen Spielräume zur Stabilisierung der Konjunkturzu nutzen, und anderen Staaten signalisiert, dass siegegen eine vorübergehende Überschreitung der 3 %-Grenze nicht vorgehen wird (EU-Kommission 2008a).Nun fordert sie sogar ein europaweit abgestimmtesKonjunkturpaket in Höhe von insgesamt 1,5 % des EU-BIP (EU-Kommission 2008b). Schließlich räumt selbstdie EZB (2008) jüngst der diskretionären Fiskalpolitikeine gewisse Rolle für den Fall ein, dass budgetäreSpielräume bestehen – was bei einem gesamtstaatlichausgeglichenen Haushalt 2008 in Deutschland un-zweifelhaft gegeben ist.

Fast noch erstaunlicher mutet an, dass mittlerweileselbst viele deutsche Ökonomen – sonst traditionellgroße Skeptiker, was den konjunkturpolitischen Einsatzder Finanzpolitik angeht – einen gewissen Handlungs-

bedarf einräumen. So haben auch die Forschungsin-stitute im jüngsten Herbstgutachten eine Palette vonpotenziell Konjunktur stützenden Maßnahmen aufge-zeigt (Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose 2008b,S. 78ff.), nachdem sie bereits im Frühjahr – gestütztauf neuere Forschungsergebnisse aus dem anglo-amerikanischen Raum (Elmendorf/Furman 2008; CBO2008) – ihre prinzipielle Ablehnung aufgegeben hatten(Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose 2008a, S.63ff.). Völlig unerwartet hat sogar der Sachverständi-genrat in seinem jüngsten Jahresgutachten expliziteine diskretionäre fiskalpolitische Stimulierung derKonjunktur in Höhe von 0,5 % bis 1 % des BIP im näch-sten Jahr gefordert (SVR 2008, S. 193 ff.).

Maßnahmenpaket der Bundesregierungunzureichend

Die Bundesregierung hat am 5. November 2008 imBundeskabinett einen „Schutzschirm für Arbeitsplätze“verabschiedet, der am 12. November leicht überarbei-tet wurde (BMF 2008b). Die Bundesregierung hofft,dass dieses Maßnahmenpaket zur Stützung der Kon-junktur insgesamt in den nächsten beiden Jahren In-vestitionen in Höhe von 50 Mrd. Euro anstößt und

IMK Report | Nr. 35 Dezember 2008 31

2009 2010 2011 2012

1. Erhöhung und Unterstützung von Investitionen 1,32 1,40 0,63 0,66

Erhöhung Verkehrsinvestitionen 1,00 1,00 – –

Aufstockung Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsförderung 0,20 0,10 0,10 –

Aufstockung KfW-Programm Energieeffizientes Bauen 0,04 0,22 0,46 0,58

Weitere KfW-Programme, z.B. Kommunalkredit 0,07 0,08 0,08 0,07

2. Steuerliche Entlastungen für private Haushalte 0,38 1,04 1,50 1,50

Kfz-Steuerbefreiung 2009/10 0,38 0,14 – –

Erhöhte steuerliche Förderung von Handwerksdienstleistungen – 0,90 1,50 1,50

3. Steuerliche Entlastungen für Unternehmen 2,18 4,70 4,38 2,43

Degressive AfA 25% 1,94 4,33 4,17 2,42

Sonderabschreibung KMU 0,24 0,37 0,21 0,01

Summe 3,87 7,13 6,51 4,58

nachrichtlich:2

4. Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit < 0,3 < 0,5 < 0,5 < 0,5

Tabelle 8

1 Ohne makroökonomische Rückwirkungen.2 Schätzung des IMK.

Quellen: BMF; Berechnungen des IMK.

Finanzielle Auswirkungen des “Schutzschirms für Arbeitsplätze” auf die Gebietskörperschaften insgesamt

in Mrd. Euro

Page 32: IMK Report 35:IMK Report

dadurch etwa eine Million Arbeitsplätze sichert. Es ent-hält Maßnahmen in vier Bereichen (Tabelle 8):

Erstens sollen öffentliche Investitionen und Investi-tionen in die energetische Gebäudesanierung gestärktwerden. Neben dem Vorziehen der öffentlichen Inve-stitionen des Bundes im Verkehrsbereich in den Jahren2009 und 2010 sowie der befristeten Erhöhung der Mit-tel für die Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirt-schaftsförderung soll dies auch über die Aufstockungder Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederauf-bau (KfW) laufen. Die direkte Erhöhung der öffentli-chen Investitionen dürfte 2009 und 2010 in einerGrößenordnung von 1,2 bzw. 1,1 Mrd. Euro liegen,während die Aufstockung der KfW-Förderprogrammefür den Bund bis 2010 mit maximal 0,54 Mrd. Euro zuBuche schlagen soll.

Zweitens sollen die Bürger durch die Aussetzungder Kfz-Steuer für Neuwagen (maximal für zwei Jahre),die bis zum 30.6.2009 zugelassen werden, und diestärkere steuerliche Förderung von Handwerksdienst-leistungen entlastet werden. Die Entlastung ist insge-samt nur sehr gering angesetzt: 2009 soll sie 0,38 Mrd.Euro betragen, im Jahr 2010 dann 1,04 Mrd. Euro.

Den fiskalisch größten Anteil am „Schutzschirm“haben drittens steuerliche Unterstützungsmaßnahmenfür die Unternehmen, wobei vor allem die Wiederein-führung der degressiven AfA (25 %) und befristete Son-derabschreibungen für kleine und mittlereUnternehmen zu nennen sind. 2009 und 2010 werdendie Unternehmen dadurch voraussichtlich um 2,2 bzw.4,7 Mrd. Euro entlastet; in den Jahren danach sinkt dieEntlastung stark ab.

Viertens soll schließlich nach Auffassung der Bun-desregierung die Sicherheit für Beschäftigte erhöhtwerden, indem die Bundesagentur für Arbeit die Anzahlihrer Vermittler um 1.000 Personen aufstockt, dieDauer des Kurzarbeitergeldes von maximal 12 auf 18Monate erhöht sowie die berufsbegleitende Weiterbil-dung verstärkt. Dieser Teil des Maßnahmenpaketes isthinsichtlich seiner finanziellen Auswirkungen nichtquantifiziert. Es ist aber nicht davon auszugehen, dassder Haushalt der Bundesagentur für Arbeit dadurch von2009 bis 2012 jährlich um mehr als 0,5 Mrd. Euro be-lastet wird. Insgesamt dürften die Gebietskörperschaf-ten durch das Maßnahmenpaket 2009 und 2010 mit4,2 bzw. 7,7 Mrd. Euro belastet werden.

Welche positiven Effekte zur Konjunkturstabilisie-rung können von dem Programm der Regierung er-wartet werden? Ein in der aktuellen Situation Erfolgversprechendes Konjunkturpaket sollte• möglichst schnell umsetzbar und wirksam sein;• möglichst zielgenau sein, d.h. bei den Maßnahmenansetzen, die über die höchste konjunkturelle Wirk-samkeit verfügen;

• möglichst zeitlich befristet sein, um nach der kon-junkturellen Erholung nicht zu einer Überhitzung derWirtschaft zu führen und mittelfristig die Haushalts-konsolidierung nicht zu gefährden;• ausreichend dimensioniert sein, um Wirkung zu ent-falten und nicht kostbare Zeit zu verlieren;• möglichst kompatibel mit einer nachhaltigen mittelfri-stigen finanzpolitischen Wachstumsstrategie sein.

An diesen Anforderungen gemessen ist das Maß-nahmenpaket der Bundesregierung unzureichend (Tru-ger/Vesper 2008). Vor allem liegt dies daran, dassjeweils gerade einmal etwas mehr als 1 Mrd. Euro zurAufstockung von konjunktur- und wachstumspolitischhoch effektiven öffentlichen Investitionen vorgesehenist. Wenig wirksam dürften dagegen zum jetzigen Zeit-punkt die steuerlichen Entlastungen bei den Unter-nehmen durch die befristete Wiedereinführung derdegressiven AfA und von Sonderabschreibungen sein.Die Unternehmen haben in den letzten beiden Jahrenmassiv Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen getätigt.Ein Teil davon wurde vielfach gerade der von 2006 bis2007 befristeten degressiven AfA in Form von Vor-zieheffekten zugute geschrieben. Es ist daher wenigwahrscheinlich, dass die Unternehmen durch die aber-malige Einführung innerhalb eines so kurzen Zeitraumserneut zu Investitionen in erheblichem Ausmaß ange-reizt werden, zumal die Absatzerwartungen rapide ein-brechen. Die Mitnahmeeffekte der Maßnahmen dürftendaher sehr hoch sein. Ähnliches gilt für die befristeteKfz-Steuerbefreiung für Neuwagen. Dagegen könnendie zeitlich befristeten spezifischen Kredithilfen sowieInvestitions- und Beschäftigungsanreize im Bereich derökologischen Modernisierung und zur Förderung vonHandwerksdienstleistungen sinnvoll sein, wobei aller-dings auch hier von starken Mitnahmeeffekten auszu-gehen ist. Entscheidend ist, dass der fiskalischeGesamtimpuls des Paketes gegenüber dem Vorjahr imnächsten Jahr lediglich bei gut 4 Mrd. Euro (0,2 % desBIP) und im Jahr 2010 bei ca. 3,5 Mrd. Euro (0,1 % desBIP) liegen wird. Dementsprechend werden die aus-gelösten Wachstums- und Beschäftigungseffekte ver-nachlässigbar sein.

Entlastung durch Pendlerpauschale

Eine leicht expansivere Ausrichtung der Finanzpolitikergibt sich im nächsten Jahr durch die Reaktion derBundesregierung auf das jüngste Urteil des Bundes-verfassungsgerichts zur so genannten Pendlerpau-schale (BMF 2008a). Die Bundesregierung hat sichaus konjunkturellen Gründen entschlossen, die vordem 1.1.2007 gültige Regelung befristet bis zum31.12.2009 weiter gelten zu lassen. Dadurch werdenPendler für die Jahre 2007 bis 2009 in einem Umfang

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von etwa 7,5 Mrd. Euro bei der Einkommensteuer ent-lastet. Unklar ist bislang, wie groß der konjunkturelleImpuls im nächsten Jahr sein wird, da noch nicht be-kannt ist, wie sich diese Entlastung auf die nächstenJahre verteilen wird. Die Bundesregierung rechnetdamit, Rückzahlungen für das Jahr 2007 in Höhe vonbis zu 3 Mrd. Euro bereits im ersten Quartal 2009 rea-lisieren zu können. Allerdings muss die Rückzahlungin vielen Fällen von den Steuerpflichtigen erst bean-tragt werden, was zu Verzögerungen oder sogar einerNichtinanspruchnahme führen könnte. Ein Teil der sichfür das Steuerjahr 2008 ergebenden Entlastung könntebereits in diesem Jahr im Lohnsteuerabzugsverfahrenberücksichtigt worden sein, da die Steuerpflichtigen dieMöglichkeit hatten, bis zum Urteil des Bundesverfas-sungsgerichtes vorläufig entsprechende Freibeträgeauf ihrer Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen. DerRest dürfte im Wege der Veranlagung spät im Laufedes Jahres 2009 oder sogar erst 2010 wirksam wer-den. Die Entlastung für das Steuerjahr 2009 könntemöglicherweise zu einem erheblichen Teil bereits imnächsten Jahr über das Lohnsteuerabzugsverfahrenrealisiert werden. Insgesamt könnte sich damit im Jahr2009 eine Steuerentlastung von 5 bis 6 Mrd. Euro(0,2 % des BIP) ergeben. Dies würde gemessen amursprünglichen Konjunkturpaket von nur etwa 4 Mrd.Euro mehr als eine Verdopplung des konjunkturellenImpulses bedeuten, die entsprechend positiv zu be-werten ist. Allerdings kommt die Entlastung schwer-punktmäßig Haushalten mit höheren Einkommen zuGute, weshalb die Auswirkungen auf den privaten Kon-sum eher gering zu veranschlagen sind. Insgesamtbleibt die fiskalpolitische Expansion weit hinter denkonjunkturpolitischen Notwendigkeiten zurück.

Ein wirksames Konjunkturprogramm

Angesichts der immer noch dramatischen Situation aufden Finanzmärkten und der um sich greifenden Ver-unsicherung muss eine kumulative Abwärtsspiraleunter allen Umständen vermieden werden, damit esnicht zu einer Depression kommt. In der besonderenSituation, in der sich die deutsche Wirtschaft gegen-wärtig befindet, sollte die Finanzpolitik besser zu vielals zu wenig tun. Um eine spürbare Wirkung zu entfal-ten, sollte der gesamtstaatliche Impuls angesichts derSchärfe des zu erwartenden Abschwungs im nächstenJahr daher in einer Größenordnung von 50 Mrd. Euro(2 % des BIP) liegen. Dieser Impuls darf nicht durchHaushaltskonsolidierungsmaßnahmen an andererStelle konterkariert werden. Ein Abschwung ist nichtdie Zeit für Sparmaßnahmen: Ein Großteil eventuellerKonsolidierungsmaßnahmen würde aufgrund ihrer ne-gativen Rückwirkungen auf das Wirtschaftswachstum

letztlich ohnehin fast keine Verbesserung der Haus-haltslage bewirken.

Das Konjunkturpaket sollte Elemente aus drei Teil-bereichen kombinieren, die sich sowohl zeitlich alsauch hinsichtlich ihrer Wirkung optimal ergänzen. Beiden Teilbereichen handelt es sich um:• die konjunktur- und wachstumspolitisch besonderseffektive Aufstockung der öffentlichen Investitionen inBildung und (ökologische) Infrastruktur;• die Stützung des privaten Konsums durch die Aus-gabe zeitlich befristeter Konsumschecks für die priva-ten Haushalte;• eine enge Kooperation zwischen den Gebietskörper-schaften, insbesondere finanzielle Unterstützung derGemeinden, damit diese als zentrale öffentliche Inve-storen ihre Investitionen bei konjunkturbedingten Ein-nahmeausfällen nicht prozyklisch kürzen müssen.

Der stärkste und unmittelbarste das Wachstumstützende Effekt geht unbestritten von einer Erhöhungder öffentlichen Investitionen aus. Daher sollten sieauch einen gewichtigen Schwerpunkt des Wachs-tumspaketes mit einem Volumen von 25 Mrd. Euro imnächsten Jahr ausmachen. Der komplementäreStaatskonsum sollte mindestens um etwa 5 Mrd. Euroaufgestockt werden. Wichtig ist, dass die Investitionenim nächsten Jahr möglichst schnell realisiert werden.Hierzu könnten zunächst ohnehin geplante und zeitlichvariable Investitionen ohne große Vorlaufzeit vorgezo-gen werden. Hierzu kommen zunächst Investitionen imBereich der Verkehrsinfrastruktur in Frage. Vor allemaber dürfte in den vergangenen Jahren in zahlreichenGemeinden, deren finanzielle Lage trotz Erholung derGemeindefinanzen im Durchschnitt noch prekär ist, eingroßer Investitionsstau aufgelaufen sein, der unmittel-bar abgearbeitet werden könnte, sobald auch diesenKommunen die notwendigen Mittel zuflössen.

Im Hinblick auf die Wachstumsorientierung der Fi-nanzpolitik ist zentral, dass die Aufstockung der öffent-lichen Investitionen mittelfristig mindestens auf demangegebenen Niveau beibehalten wird. An die Stelleder vorgezogenen und aufgestauten Infrastrukturinve-stitionen könnten dann allmählich Investitionen mit län-gerer Vorlaufzeit, etwa im Bildungsbereich, getätigtwerden, wobei hier von einem breiten Investitionsbe-griff unter Einschluss der notwendigen deutlichen Auf-stockung des Personalbestandes auszugehen ist. Beidem hier vorgeschlagenen Investitionsprogramm han-delt es sich um den konjunkturpolitisch motivierten,möglichst zügigen Einstieg in eine mittelfristig ange-legte dauerhafte Aufstockung zentraler Zukunftsinve-stitionen.

Ein solches dauerhaft höheres Investitionsniveauwäre ceteris paribus trotz bedeutender Selbstfinanzie-

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rungseffekte auch langfristig mit einer höheren staatli-chen Nettokreditaufnahme verbunden. Aus ökonomi-scher Sicht spricht nicht unbedingt etwas gegen einesolche dauerhaft höhere staatliche Kreditaufnahme,soweit der Nutzen der betreffenden Investitionen in derZukunft anfällt („golden rule“). Falls jedoch politischehrgeizigere Konsolidierungsziele vorgegeben sind,die eine höhere Nettokreditaufnahme als nicht tolera-bel erscheinen lassen, dann müssten die Mehrausga-ben durch entsprechende Steuererhöhungengegenfinanziert werden.

Auch wenn es möglich sein sollte, schon im näch-sten Jahr die öffentlichen Investitionen um die ge-nannten 25 Mrd. Euro aufzustocken, dürfte ein Großteilder Aufstockung vermutlich erst im zweiten Halbjahr2009 zu realisieren sein. Um die Wirtschaft bis dahinnicht in den Abwärtssog trudeln zu lassen, sollte einTeil des fiskalischen Impulses aber bereits möglichstfrüh im ersten Halbjahr wirksam werden. Hierzu bietetsich eine breit angelegte Entlastung für die privatenHaushalte zur Ankurbelung des privaten Konsums an,bevor dann vor allem ab dem zweiten Halbjahr 2009die Aufstockung der öffentlichen Investitionen wirksamwird. Gegenüber den öffentlichen Investitionen unddem Staatskonsum, die unmittelbar produktionswirk-sam werden, haben Entlastungen für die privatenHaushalte den Nachteil, dass sie erst dann wirksamwerden, wenn die durch sie erfolgte Steigerung derverfügbaren Einkommen auch tatsächlich in den Kon-sum fließt und nicht in die Ersparnis. Daher sollte einmöglichst großer Teil der Entlastung bei Haushalten mitgeringen und mittleren Einkommen konzentriert wer-den, da diese eine besonders hohe Konsumquote auf-weisen. Werden dagegen eher Haushalte mit höherenEinkommen mit entsprechend überdurchschnittlicherSparquote entlastet, wird sich dies kaum positiv im pri-vaten Konsum niederschlagen.

Wie schon von Bofinger (2008) vorgeschlagen,sollte die Entlastung für alle Haushalte mit einem ein-heitlichen Betrag pro Haushaltsmitglied (einschließlichaller Kinder) gewährt werden. Bei einem Gesamtvolu-men von 20 Mrd. Euro könnten in zwei Wellen im er-sten sowie im zweiten Quartal 2009 jeweilsKonsumschecks in Höhe von 125 Euro pro Kopf überdie Einwohnermeldeämter verschickt werden. Durchein Verfallsdatum sollte der Konsumanreiz noch ge-steigert werden. Verwendungs- und Beteiligungsaufla-gen sowie Bedürftigkeitsprüfungen könnten dasSystem zwar optimieren, stehen der notwendigenschnellen Umsetzung aber im Weg. Zwar stellt ein sol-cher genereller Transfer an alle Haushalte bislangeinen Fremdkörper im deutschen öffentlichen Finanz-system dar, prinzipielle Hindernisse für das Ausstellensolcher Schecks bestehen jedoch nicht.

Steuer- und/oder Abgabensenkungen allenfalls zweite Wahl

Demgegenüber schneiden Steuer- und/oder Abgaben-senkungen aus verteilungs- und damit gleichzeitigauch konjunkturpolitischer Sicht durchweg schlechterab: Von einer Senkung der Einkommensteuer dürfteüberhaupt nur etwa die Hälfte der etwa 40 Mio. Haus-halte in Deutschland profitieren: Im Jahr 2004 wurdennur 26,5 Mio. Steuerpflichtige (inklusive nach der Split-ting-Tabelle Besteuerte) gezählt – davon mussten nur20,4 Mio. überhaupt Einkommensteuer zahlen (Stati-stisches Bundesamt 2008b). Selbst eine Einkommen-steuersenkung, die sich auf „untere Einkommen“konzentrierte, würde daher fast vollständig an denHaushalten mit wirklich niedrigen Einkommen vorbei-gehen, da diese bereits heute gar keine Einkommen-steuer zahlen. Die meisten Vorschläge, insbesonderedie Abschaffung des Solidaritätszuschlages und dievorzeitige Absetzbarkeit der Pflichtbeiträge zur Kran-ken- sowie Pflegeversicherung, würden Haushalte vonBesserverdienern mit hohen Sparquoten sogar über-proportional entlasten, sodass die konjunkturelle Wirk-samkeit entsprechend sehr gering anzusetzen wäre.

Eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträgewürde viele Arbeitnehmer bis zur Beitragsbemes-sungsgrenze immerhin proportional entlasten und auchgeringere Einkommen erreichen. Allerdings käme beiparitätischer Senkung die Hälfte der Entlastung denUnternehmen und ihren Eigentümern und damit über-wiegend den Beziehern höherer Einkommen zugute.Ob und wann es ggf. zu einer Überwälzung zugunstender Konsumenten aufgrund von niedrigeren Preisenkäme, ist unklar, sodass auch bei dieser Maßnahmedie konjunkturpolitische Effektivität nur gering wäre.Ähnliches gälte auch für eine befristete Senkung indi-rekter Steuern.

Steuer- und/oder Abgabensenkungen habenzudem fast alle den Nachteil, dass sie dauerhaft wärenund damit für den Staat auch dauerhaft zu Einnahme-ausfällen führen würden. Dadurch würde die Haus-haltskonsolidierung im nächsten Aufschwung erheblicherschwert. Ähnlich wie in den Jahren 2001 bis 2005,als es massive dauerhafte Steuerentlastungen bei Ein-kommen- und Körperschaftsteuer gab, würde dies dieöffentlichen Haushalte schon bald unter massiven Kon-solidierungsdruck setzen, sodass trotz des unabweis-baren Bedarfs an zentralen Zukunftsinvestitionenschon wieder die nächsten Sparpakete geschnürt wer-den würden. Dies ginge zu Lasten der Konjunktur, derVersorgung der Menschen mit öffentlichen Gütern unddes Sozialstaates (Truger 2004; Vesper 2008).

Daher sollten die Entlastungen zur Unterstützungdes privaten Konsums für die privaten Haushalte

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Einkommensteuersenkungen als Königsweg? Der Vorschlag des RWI

Als konjunkturpolitische Reaktion auf die gegenwärtige Rezession hat eine Autorengruppe aus dem RWI(Döhrn/Kambeck/Schmidt 2008) vorgeschlagen, die Einkommensteuer ab dem Jahr 2009 dauerhaft ineinem Umfang von 25 Mrd. Euro (1 % des BIP) zu senken. Erstaunlich an diesem Vorschlag ist, dass er inoffenem Widerspruch zur neueren fiskalpolitischen Literatur steht. Diese betont nämlich, bei konjunkturel-len Maßnahmen komme es darauf an, möglichst Haushalte mit niedrigen Einkommen zu entlasten, da dieseeinen Großteil der Entlastung konsumtiv verwenden und so die Konjunktur ankurbeln. Haushalte mit hö-heren Einkommen passen dagegen ihren Konsum kaum an, sondern erhöhen vor allem ihre Ersparnis (El-mendorf/Furman 2008, S. 14ff.). Obwohl die Autoren sich an anderer Stelle (Döhrn/Kambeck/Schmidt 2008,S. 7) auf eben diese Quelle berufen, schlagen sie eine Senkung der Einkommensteuer vor, von der jedochbekanntermaßen überhaupt nur jene Hälfte der Haushalte in der Bundesrepublik profitieren würde, dieüberhaupt Einkommensteuern zahlt.

Dieser offensichtlichen Inkonsistenz in ihrer Argumentation versuchen sie folgendermaßen zu begeg-nen: Eine Steuersenkung wirke immer stabilisierend, auch wenn sie zu erhöhter Ersparnisbildung der pri-vaten Haushalte führe, da diese das Kapitalangebot und damit die privaten Investitionen und den privatenKonsum erhöhe. Die für diese These gelieferten Argumente sind jedoch in sich widersprüchlich und nichtüberzeugend.

Während eine Erhöhung von öffentlichen Investitionen und Staatskonsum in vollem Umfang die Nach-frage auf den Gütermärkten erhöht, wird eine Einkommensteuersenkung nur teilweise auf den Gütermärk-ten unmittelbar nachfragewirksam, insbesondere wenn sie, wie vom RWI vorgesehen, den Haushalten mithöheren Einkommen und einer geringeren Konsumneigung zugute kommt.7 Die RWI-Autoren behauptennun aber, dass sich der Konjunkturimpuls hierdurch kaum abschwächen würde:

„Denn die zusätzlichen Ersparnisse ständen dem Kapitalmarkt zur Verfügung und erhöhten damit dasKreditangebot. Dies sollte sich positiv auf Investitionen und Konsum auswirken. Gerade gegenwärtig sindviele Banken sehr an Einlagen und damit an privaten Ersparnissen interessiert, da ihnen die Refinanzie-rung auf dem Geldmarkt schwer fällt und ihre Anlagen durch die Finanzmarktkrise an Wert verloren haben.“(Döhrn/Kambeck/Schmidt 2008, S. 12)

Dass die Geschäftsbanken angesichts der gegenwärtigen Finanzkrise sehr an den Einlagen und Er-sparnissen der privaten Haushalte interessiert sind, kann kaum bestritten werden. Aber wird hierdurch ge-währleistet, dass die zusätzliche Ersparnis der Haushalte in zusätzliche Investitionen oder zusätzlichenKonsum transformiert wird? Dies wäre bei einer Kreditklemme möglich – eine Situation, die laut RWI-Au-torengruppe gegenwärtig jedoch nicht besteht:

„Fraglich ist allerdings, ob die Kreditversorgung derzeit das zentrale Problem für den Mittelstand ist,oder ob die Kreditnachfrage angesichts der sich verschlechternden Konjunkturaussichten nicht ohnehineher rückläufig ist. Zumindest gibt es derzeit keine Hinweise auf eine ausgeprägte Kreditverknappung fürmittelständische Unternehmen.“ (Döhrn/Kambeck/Schmidt 2008, S. 5)

Bei Vorliegen einer Kreditklemme ist zudem fraglich, ob eine Einkommensteuersenkung das probate Mit-tel zu ihrer Bekämpfung ist. Direkte Maßnahmen seitens der Zentralbank und der Finanzpolitik, wie sie imgegenwärtig aufgespannten Rettungsschirm für den Finanzsektor enthalten sind, sollten deutlich schnellerund zielgerichteter wirken.

Von einer höheren Ersparnis der privaten Haushalte könnte man sich laut RWI ferner eine Nachfrage-stabilisierung erwarten, falls hierdurch die langfristigen Zinssätze sänken und dadurch Konsum und Inve-stitionen stimuliert würden. Hier ist jedoch zunächst fraglich, ob die Geschäftsbanken angesichts der Kriseauf den Finanzmärkten und unsicherer Zukunftserwartungen allein aufgrund eines höheren Mittelzuflus-ses bereit wären, eine Senkung des Zinssatzes vorzunehmen, d.h. ihre Liquiditäts- und Risikoprämien zureduzieren. Selbst wenn sie eine solche Zinssatzsenkung vornähmen, würde diese in einer Situation, inder die Kreditnachfrage der privaten Haushalte für den Kauf von Immobilien oder langlebigen Konsumgü-tern und der Unternehmen für Investitionszwecke „angesichts der sich verschlechternden Konjunkturaus-sichten (…) ohnehin eher rückläufig ist“ (Döhrn/Kambeck/Schmidt 2008, S. 5), kaum zu mehr Investitionenoder mehr Konsum führen. Investitionsentscheidungen werden in der gegenwärtigen Situation vielmehrdurch die Absatzerwartungen bestimmt und die Konsumentscheidungen werden entscheidend durch Er-

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grundsätzlich nur befristet gewährt werden. Eine leichtumsetzbare befristete Maßnahme bestünde zwar inden im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz vorgesehe-nen Abschlägen auf die Einkommen- und Körper-schaftsteuer von bis zu 10 % der Steuerschuld.Allerdings würden diese vor allem Haushalten mit hö-heren Einkommen zugute kommen – mit absehbar ge-ringer Durchschlagskraft auf den privaten Konsum.Eine Kombination aus aufgestockten öffentlichen Inve-stitionen und Konsumschecks ist daher vorzuziehen.

Föderale und europäische Koordinierung notwendig

Diese beiden Maßnahmen helfen dann am besten,wenn sie möglichst von allen Gebietskörperschaftengemeinsam getragen werden. So sollten zumindest derBund und die Länder sich abstimmen und gewährlei-sten, dass alle bereit sind, die aus dem Wirkenlassender automatischen Stabilisatoren und dem hier vorge-schlagenen Konjunkturpaket resultierenden höherenDefizite vorübergehend in Kauf zu nehmen. Darüberhinaus wird es notwendig sein, dass sich der Bund unddie Länder auf eine besondere Unterstützung der Ge-meinden bei den öffentlichen Investitionen einigen.Diese dürfen sich nämlich, anders als der Bund unddie Länder, nur in sehr begrenztem Umfang verschul-den. Brechen konjunkturbedingt ihre Steuereinnahmenein, sehen sie sich daher traditionell gezwungen, ihreInvestitionen zurückzufahren. Da sie immer noch deut-lich mehr als die Hälfte aller öffentlichen Investitionentätigen, gerät dieses prozyklische Verhalten schnell zueinem gesamtwirtschaftlichen Problem.

Gegenwärtig ist die kommunale Finanzlage imDurchschnitt noch gut, sodass für das nächste Jahrnoch nicht mit dramatischen Investitionseinschränkun-

gen zu rechnen ist. Sollte die gegenwärtige Krise je-doch länger dauern, müssen die Gemeinden durchBund und Länder unterstützt werden, etwa durch dievorübergehende Senkung oder Aussetzung der Ge-werbesteuerumlage, um einen Abschwung ohne de-stabilisierende kommunale Investitionskürzungen zuüberstehen. Mittelfristig bestünde die überlegene Maß-nahme in einer kommunalen Finanzreform, die diekommunalen Steuereinnahmen konjunkturell ent-scheidend verstetigte. Darüber hinaus sollten denimmer noch zahlreichen finanzschwachen KommunenMittel zugewiesen werden, damit sie den aufgelaufe-nen Investitionsstau zügig auflösen können.

Ein nationales fiskalpolitisches Programm würdedie deutsche Konjunktur wirksam unterstützen. SeineEffektivität ließe sich allerdings noch deutlich steigern,wenn es möglichst EU-weit zu einem ähnlich ent-schlossenen Gegensteuern käme. In diesem Fall wür-den in allen Ländern die Sickerverluste nationalerProgramme aufgrund steigender Importe stark be-grenzt. Insofern ist der von der EU-Kommission auf-gelegte European Economic Recovery Plan sehr zubegrüßen. Umso unverständlicher erscheint es, dassdie Bundesregierung diese Aktivitäten auf europäischerEbene nicht vehement unterstützt, sondern vielmehrals Bremserin auftritt.

Die Finanzpolitik wird den gegenwärtigen Ab-schwung nicht mehr verhindern können – wohl aberwird sie seine Stärke spürbar vermindern und seineDauer erheblich verkürzen können. Die Bundesregie-rung sollte die sich nun bietenden Chancen einer akti-ven Fiskalpolitik entschlossen nutzen, ihr bisher völligunzureichendes Konjunkturpaket in der hier skizzier-ten Richtung ausbauen und die EU-Kommission beiihren Plänen unterstützen.

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wartungen bezüglich der Arbeitsplatz- und Einkommenssicherheit geprägt, sodass Zinssatzsenkungen zu-mindest kurzfristig wahrscheinlich unwirksam bleiben.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass Zinssatzsenkungen kurzfristig zur Konjunkturstabilisierung bei-tragen können, ist eine Einkommensteuersenkung aufgrund ihrer lediglich indirekten und unsicheren Wir-kungen hierfür nicht das geeignete Mittel. Hier sind vielmehr Leitzinssenkungen der EuropäischenZentralbank gefragt, sodann Maßnahmen zur Reduktion von Unsicherheit und Liquiditätspräferenz im Ban-kensektor, wie sie im Rettungspaket der Bundesregierung für den Finanzsektor enthalten sind.

Das RWI (2008) schätzt, dass die vorgeschlagene Senkung der Einkommensteuer um 1 % des BIP imJahr 2009 zu einer Steigerung des realen BIP um 0,7 % führen würde. Der implizit unterstellte Multiplika-tor von 0,7 ist sehr hoch angesetzt. Simulationen mit dem makroökonometrischen Modell des IMK ergebenhingegen allenfalls einen Multiplikator von 0,3. Die IMK-Schätzung wird in der Tendenz von Heilemann etal. (2008, S. 590 ff.), bestätigt, die mit einer Version des RWI-Konjunkturmodells einen Multiplikator vongut 0,4 ermitteln. Die RWI-Autorengruppe befindet sich mit ihrem Vorschlag daher auf dem wirtschaftspo-litischen Holzweg.

7 Vgl. zu den mit steigender Einkommenshöhe steigenden Sparquoten in Deutschland die Ergebnisse der Einkommens- und Ver-

brauchsstichprobe 2003 des Statistischen Bundesamtes sowie die Aufbereitung in van Treeck/Hein/Dünhaupt (2007).

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Herausgeber: Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf, Telefon 0211 7778-331,Telefax 0211 7778-266, [email protected], http://www.imk-boeckler.de

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Druck: Setzkasten GmbH, Kreuzbergstraße 56, 40489 DüsseldorfISSN 1861-3683

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Abgeschlossen am: 15.12.2008