Immun fitness - Personal...

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trainer 4/2006 43 gesundheit | workout & science Die richtige Erholung Regeneration ist in der Regel gleich- zusetzen mit Reparation. Und Repara- tion steht untrennbar in Verbindung mit einer mehr oder weniger stark aus- geprägten Entzündungsreaktion. Ent- sprechend müssen wir auch einen Muskelkater als Entzündung einstu- fen. Auch wenn es uns manchmal schwer fällt: Die wirksamste Erho- lungsmaßnahme nach intensivem Training ist die vollständige Ruhe. We- der Entzündungshemmer noch Eispa- ckungen, Bandagen oder Stretching tragen zur Erholung der gestörten Ba- lance bei. Im Gegenteil: Es gilt als bewiesen, dass z.B. Stretching bei Muskelkater die Heilung eher stört als fördert. An solchen Homöostase-Pro- zessen immer beteiligt: das angebore- ne und erworbene Immunsystem. Was ist ein „gesundes“ Maß? Die Frage, die wir uns als Trainer ein- mal stellen sollten: Ist regelmäßiges Fitnesstraining tatsächlich per se ge- sund? In unserem unerschütterlichen Glauben an die Sinnhaftigkeit unseres Berufes gehen wir einfach davon aus, dass dem so ist. Sind die viel zitierten Couch-potatoes eigentlich schon krank – sie wissen es nur noch nicht? Lebt Gesundheitssport von der angstgetrie- benen Motivation jedes Einzelnen, nicht krank zu werden? Wie viel Akti- vität steigert eigentlich die Abwehr- kraft? Gibt es überhaupt gesund erhal- tende Sportarten oder krank machende Belastungen? Wirken sich Wettkampf- situationen günstig auf die Leistung aus oder dämpfen bestimmte Stress- faktoren das menschliche Immunsys- tem? Wie kommt es, dass z.B. Tennis- spieler Allergien entwickeln, wie kürz- lich der deutsche Daviscup-Spieler Tommy Haas bei den German Open, dass Boxer wie Vitalij Klitschko aus heiterem Himmel einen Bandschei- benvorfall erleiden? Meine fachfremde Mutter würde hierzu sagen: „Die müs- sten doch eigentlich topfit sein!“ Zu diesem Thema blieb mir ein Spruch meines früheren Sportmedizin-Dozen- ten, Prof. Richard Rost, bis zum heuti- gen Tag in tiefer Erinnerung. Der da- malige Leiter des Zentrums für Herz- und Kreislaufforschung an der Sport- hochschule Köln wollte gleich in der ersten Vorlesung des neuen Semesters mit folgender Weisheit aufräumen: „Wer fünf Kilometer am Tag läuft, lebt fünf Jahre länger, wer zehn Kilo- meter am Tag läuft, lebt zehn Jahre länger, und wer Marathon läuft, der stirbt gar nicht mehr!“ Als Fitnesscoach, Personal Trainer oder Sporttherapeut werden Sie kaum ernsthaft bezweifeln, dass habituelles „Couching“, also gewohnheitsmäßi- ges, mit einer Tüte Chips, einer Cola und der Fernbedienung in der Hand bewaffnetes Liegen auf dem Sofa mit daraus resultierendem Übergewicht, ebenso Gesundheitsstörungen provo- ziert wie leistungsorientierte Mara- thon-, Sprint- oder Krafttrainingsplä- ne, die die individuelle Regenera- tionsfähigkeit unberücksichtigt lassen. In beiden Fällen kommt es zur Beein- trächtigung der Belastbarkeit und da- mit zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen, Entzündungsreaktionen, Allergien oder ähnlichem. Symptome einer Erkrankung oder Verletzung sind somit lediglich Ausdruck eines aus der Balance geratenen Immunstatus. Individuelle Belastbarkeit Um diese Frage zumindest tendenziell (an vielen Stellen besteht noch reich- lich Forschungsbedarf) zu beantwor- ten oder, anders gesagt, um der Wahr- heit ein Stück näher zu kommen, ver- sucht diese Serie, Ihnen Erkenntnisse der Immunologie so darzustellen, dass Sie in Ihrem täglichen Gesundheitsco- aching Anwendung finden bzw. Sie in Ihren Aussagen bekräftigen oder korri- gieren. Denn was bringt Forschung, wenn wir sie nicht in die Tat umsetzen können? Ohne auf biochemische De- tails einzugehen, möchte ich Ihnen die Grundlagen über Aufbau und Struktur des menschlichen Immunsystems, na- türliche Stressreaktionen und den ak- tuellen Wissensstand der sportimmu- nologischen Forschung in Auszügen näher bringen. Erkenntnisse aus die- sem Gebiet erleichtern Ihnen nicht nur die Trainings- und Ernährungsplanung von neuen Mitgliedern und leistungs- orientierten Kunden, sondern liefern Ihnen zudem einen Rahmen, in dem Sie Umfänge, Intensitäten und Rege- nerationszeiten unter gesundheits- orientierten Aspekten individuell steu- ern können. Gesundheit – ist kompliziert „Steigern Sie Ihre Vitalität“, „Schützen Sie sich vor freien Radikalen“, „Bringen Sie Ihre Abwehr auf Trab“ – mit solchen oder ähnlichen Werbeslogans operie- ren Pharmaindustrie, Supplementher- steller und Bewegungsanbieter, um Nahrungsergänzungsprodukte, Ge- wichtsreduktionskonzepte oder Bewe- gungsstrategien an den Mann oder die Frau zu bringen. Häufig werden ober- flächlich pseudowissenschaftlich er- mittelte Vorteile eines Produkts oder Konzepts aus dem gesamtgesundheit- lichen Zusammenhang gerissen, ohne auf mögliche Gefahren, Überdosierun- workout & science | gesundheit 42 trainer 4/2006 D ie Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Gesundheit als vollständiges körperliches, mentales und soziales Wohlbefinden. Gesund- heit stellt somit mehr dar als die bloße Abwesenheit von Krankheit. Ist man folglich so lange gesund, wie man nicht krank ist oder ist man schon krank, obwohl man sich noch gesund fühlt? Die Homöostase Der häufig zitierte Spruch „Keep in ba- lance“ berechtigt zur Umschreibung, dass der menschliche Organismus mit all seinen untrennbaren Systemen (z.B. Nervensystem, Hor- monsystem, Immunsystem) physiologisch gesehen stets nach der so genannten Homöostase (Aufrech- terhaltung eines konstanten Milieus bei gleichzeitiger Anpassung an veränderte Stoffwechselbedingungen) strebt. Interessanterweise braucht der Körper zur Ge- sunderhaltung immer ein leichtes Chaos, um über spezifische Regenerationsprozesse (z.B. Erholung nach einem Muskelaufbautraining) eine neue Homö- ostase herzustellen. Sind diese Reize (die das „Chaos“ produzieren) hoch genug, treten in der Erholungs- phase anabole (aufbauende) Effekte in Kraft. Die Auswirkungen äußern sich in einem Dickenwachs- tum der Muskulatur, in der Erhöhung der Knochen- dichte und in der Steigerung der Mitochondrienzahl. Sind sie unterschwellig, gerät der Mensch in eine ka- tabole Stoffwechsellage. Ein Abbau zeigt sich bei- spielsweise in der Abnahme von Hirnstrukturen bei Alzheimer oder Demenz, in der Atrophie von Muskel- oder Knochenmasse nach Verletzungen oder bei chro- nischer Inaktivität. In der Sportwissenschaft beschrei- ben wir dieses physiologische Phänomen mit dem Prinzip der Superkompensation. Je nach Dauer und In- tensität der Reizsetzungen kommt es zu einem mehr oder weniger starken Regenerationsprozess. Ein Mus- kel wächst folglich in der Erholungsphase, nicht wäh- rend eines Trainings. Nur: ohne Abbau durch Belas- tung kein Aufbau durch Regeneration! In dieser vierteiligen Serie vermittelt Jens Freese die neuesten Erkenntnisse über die Zusammen- hänge zwischen Immunsystem, Stressreaktion und einer richtig dosierten Bewegung, um u.a. die individuelle Trainings- und Ernährungs- planung zu erleichtern. Immun fitness Teil 1: Was bedeutet eigentlich Gesundheit? Neurohormonelle Systeme Psyche Immunsystem Wohlbefinden Streß Sport Umwelt Ernährung Beruf Krankheit Gesundheit Einflussfaktoren auf das Immunsystem

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gesundheit | workout & science

Die richtige Erholung

Regeneration ist in der Regel gleich-zusetzen mit Reparation. Und Repara-tion steht untrennbar in Verbindungmit einer mehr oder weniger stark aus-geprägten Entzündungsreaktion. Ent-sprechend müssen wir auch einenMuskelkater als Entzündung einstu-fen. Auch wenn es uns manchmalschwer fällt: Die wirksamste Erho-lungsmaßnahme nach intensivemTraining ist die vollständige Ruhe. We-der Entzündungshemmer noch Eispa-ckungen, Bandagen oder Stretchingtragen zur Erholung der gestörten Ba-lance bei. Im Gegenteil: Es gilt als bewiesen, dass z.B. Stretching beiMuskelkater die Heilung eher stört alsfördert. An solchen Homöostase-Pro-zessen immer beteiligt: das angebore-ne und erworbene Immunsystem.

Was ist ein „gesundes“ Maß?

Die Frage, die wir uns als Trainer ein-mal stellen sollten: Ist regelmäßigesFitnesstraining tatsächlich per se ge-sund? In unserem unerschütterlichenGlauben an die Sinnhaftigkeit unseresBerufes gehen wir einfach davon aus,dass dem so ist. Sind die viel zitiertenCouch-potatoes eigentlich schon krank– sie wissen es nur noch nicht? LebtGesundheitssport von der angstgetrie-benen Motivation jedes Einzelnen,nicht krank zu werden? Wie viel Akti-vität steigert eigentlich die Abwehr-kraft? Gibt es überhaupt gesund erhal-tende Sportarten oder krank machendeBelastungen? Wirken sich Wettkampf-situationen günstig auf die Leistungaus oder dämpfen bestimmte Stress-faktoren das menschliche Immunsys-tem? Wie kommt es, dass z.B. Tennis-spieler Allergien entwickeln, wie kürz-lich der deutsche Daviscup-SpielerTommy Haas bei den German Open,dass Boxer wie Vitalij Klitschko ausheiterem Himmel einen Bandschei-benvorfall erleiden? Meine fachfremdeMutter würde hierzu sagen: „Die müs-sten doch eigentlich topfit sein!“ Zudiesem Thema blieb mir ein Spruchmeines früheren Sportmedizin-Dozen-

ten, Prof. Richard Rost, bis zum heuti-gen Tag in tiefer Erinnerung. Der da-malige Leiter des Zentrums für Herz-und Kreislaufforschung an der Sport-hochschule Köln wollte gleich in derersten Vorlesung des neuen Semestersmit folgender Weisheit aufräumen:„Wer fünf Kilometer am Tag läuft,lebt fünf Jahre länger, wer zehn Kilo-meter am Tag läuft, lebt zehn Jahrelänger, und wer Marathon läuft, derstirbt gar nicht mehr!“Als Fitnesscoach, Personal Traineroder Sporttherapeut werden Sie kaumernsthaft bezweifeln, dass habituelles

„Couching“, also gewohnheitsmäßi-ges, mit einer Tüte Chips, einer Colaund der Fernbedienung in der Handbewaffnetes Liegen auf dem Sofa mitdaraus resultierendem Übergewicht,ebenso Gesundheitsstörungen provo-ziert wie leistungsorientierte Mara-thon-, Sprint- oder Krafttrainingsplä-ne, die die individuelle Regenera-tionsfähigkeit unberücksichtigt lassen.In beiden Fällen kommt es zur Beein-trächtigung der Belastbarkeit und da-mit zu einer erhöhten Anfälligkeit fürInfektionen, Entzündungsreaktionen,Allergien oder ähnlichem. Symptomeeiner Erkrankung oder Verletzung sindsomit lediglich Ausdruck eines aus derBalance geratenen Immunstatus.

Individuelle Belastbarkeit

Um diese Frage zumindest tendenziell(an vielen Stellen besteht noch reich-

lich Forschungsbedarf) zu beantwor-ten oder, anders gesagt, um der Wahr-heit ein Stück näher zu kommen, ver-sucht diese Serie, Ihnen Erkenntnisseder Immunologie so darzustellen, dassSie in Ihrem täglichen Gesundheitsco-aching Anwendung finden bzw. Sie inIhren Aussagen bekräftigen oder korri-gieren. Denn was bringt Forschung,wenn wir sie nicht in die Tat umsetzenkönnen? Ohne auf biochemische De-tails einzugehen, möchte ich Ihnen dieGrundlagen über Aufbau und Strukturdes menschlichen Immunsystems, na-türliche Stressreaktionen und den ak-tuellen Wissensstand der sportimmu-nologischen Forschung in Auszügennäher bringen. Erkenntnisse aus die-sem Gebiet erleichtern Ihnen nicht nurdie Trainings- und Ernährungsplanungvon neuen Mitgliedern und leistungs-orientierten Kunden, sondern liefern

Ihnen zudem einen Rahmen, in demSie Umfänge, Intensitäten und Rege-nerationszeiten unter gesundheits-orientierten Aspekten individuell steu-ern können.

Gesundheit – ist kompliziert

„Steigern Sie Ihre Vitalität“, „SchützenSie sich vor freien Radikalen“, „BringenSie Ihre Abwehr auf Trab“ – mit solchenoder ähnlichen Werbeslogans operie-ren Pharmaindustrie, Supplementher-steller und Bewegungsanbieter, umNahrungsergänzungsprodukte, Ge-wichtsreduktionskonzepte oder Bewe-gungsstrategien an den Mann oder dieFrau zu bringen. Häufig werden ober-flächlich pseudowissenschaftlich er-mittelte Vorteile eines Produkts oderKonzepts aus dem gesamtgesundheit-lichen Zusammenhang gerissen, ohneauf mögliche Gefahren, Überdosierun-

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42 trainer 4/2006

Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiertGesundheit als vollständiges körperliches,mentales und soziales Wohlbefinden. Gesund-

heit stellt somit mehr dar als die bloße Abwesenheitvon Krankheit. Ist man folglich so lange gesund, wieman nicht krank ist oder ist man schon krank, obwohl

man sich noch gesund fühlt?

Die Homöostase

Der häufig zitierte Spruch „Keep in ba-lance“ berechtigt zur Umschreibung, dass

der menschliche Organismus mit all seinenuntrennbaren Systemen (z.B. Nervensystem, Hor-monsystem, Immunsystem) physiologisch gesehenstets nach der so genannten Homöostase (Aufrech-terhaltung eines konstanten Milieus bei gleichzeitigerAnpassung an veränderte Stoffwechselbedingungen)strebt. Interessanterweise braucht der Körper zur Ge-sunderhaltung immer ein leichtes Chaos, um überspezifische Regenerationsprozesse (z.B. Erholungnach einem Muskelaufbautraining) eine neue Homö-ostase herzustellen. Sind diese Reize (die das „Chaos“produzieren) hoch genug, treten in der Erholungs-phase anabole (aufbauende) Effekte in Kraft.Die Auswirkungen äußern sich in einem Dickenwachs-tum der Muskulatur, in der Erhöhung der Knochen-dichte und in der Steigerung der Mitochondrienzahl.Sind sie unterschwellig, gerät der Mensch in eine ka-tabole Stoffwechsellage. Ein Abbau zeigt sich bei-spielsweise in der Abnahme von Hirnstrukturen beiAlzheimer oder Demenz, in der Atrophie von Muskel-oder Knochenmasse nach Verletzungen oder bei chro-nischer Inaktivität. In der Sportwissenschaft beschrei-ben wir dieses physiologische Phänomen mit demPrinzip der Superkompensation. Je nach Dauer und In-tensität der Reizsetzungen kommt es zu einem mehroder weniger starken Regenerationsprozess. Ein Mus-kel wächst folglich in der Erholungsphase, nicht wäh-rend eines Trainings. Nur: ohne Abbau durch Belas-tung kein Aufbau durch Regeneration!

In dieser vierteiligen Serie vermittelt Jens Freesedie neuesten Erkenntnisse über die Zusammen-hänge zwischen Immunsystem, Stressreaktionund einer richtig dosierten Bewegung, um u.a. die individuelle Trainings- und Ernährungs-planung zu erleichtern.

Immun fitnessTeil 1: Was bedeutet eigentlich Gesundheit?

NeurohormonelleSysteme

Psyche

Immunsystem

Wohlbefinden

Streß Sport

Umwelt Ernährung

Beruf Krankheit Gesundheit

Einflussfaktoren auf das Immunsystem

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Jens Freese ❘ Dipl.-Sportwis-senschaftler, SporttherapeutDVGS sowie PNI-Therapeut.

VORSCHAUTeil 2: Wie schützt das Immunsystem vor Krankheit?

Teil 3: Wie viel Stress ist gesund?

Teil 4: Halten Sport und Vitamine wirklich fit?

sich der Umwelt anpasst, um dasÜberleben der Spezies Mensch zu si-chern. Dieser Prozess, der dazu führt,dass schwache Phänotypen, wie z.B.Mukoviszidose-Kinder (werden durch-schnittlich nur 20 Jahre alt), durch Se-lektion ein natürliche Auslese erfah-ren, vollzieht sich über Generationen.Heutzutage passt der Mensch sich sei-ner Umwelt um ein Vielfaches schnel-ler an, als die Evolution den Körper andie Umwelt anpassen könnte.

Die „moderne“, technisch undkünstlich orientierte Lebensweisewestlicher Zivilisationen überrumpeltdie menschlicher Evolution mit einerGeschwindigkeit, auf die der Körperaufgrund fehlender genetischer An-passung nur mit Überforderung rea-gieren kann. Innerhalb weniger Gene-rationen sind wir vom Arbeitstier zumGeisteswissenschaftler mutiert. DasErgebnis: eine rasante Zunahme vonDiabetes-Typ II, Allergien und das Auf-treten (noch) unheilbarer Krankheitenwie ALS (Amytrophe Lateralsklerose)oder MS (Multiple Sklerose). Über-spitzt könnte man formulieren: DieEvolution des Menschen hat es nochnicht geschafft, unseren Körper an McDonalds und Playstation adäquat an-zupassen! Wenn man bedenkt, dassAnpassungen an veränderte Lebens-umstände in Zyklen von etwa 100.000Jahren ablaufen, dann sollten wir un-seren Kunden erklären, wie wir uns inder heutigen Zeit ernähren, bewegenund gleichermaßen mental herausfor-dern, um das Immunsystem nicht vorunlösbare Aufgaben zu stellen.

das deutsche Gesundheitswesen trotzoder gerade wegen der ständigen Re-formen am eigenen Tropf hängt. Dieverschiedenen medizinischen und the-rapeutischen Disziplinen spezialisie-ren sich in einer Ausprägung, dasskaum einer mehr die physiologischenZusammenhänge z.B. einer Entzün-dung erkennt. Ernährungswissen-schaftler empfehlen, Omega-3-Fett-säuren zu verwenden, Physiotherapeu-ten behandeln mit Querfriktion oderTENS, Sportwissenschaftler belastendie betroffene Struktur im schmerz-freien Bereich, Heilpraktiker setzen auf Globulis und Allgemeinmediziner vertrauen der pharmakologischenSchmerzhemmung. Überall finden wirmöglicherweise richtige Ansätze undÜberlegungen, aber nur die richtige,d.h. individuelle Mischung führt letzt-endlich zum Ziel.

Genetische Mutationen

Jeder Mensch ist eine einzigartigeSammlung von Chromosomen, dietrotz 3 Milliarden verschiedener Indi-viduen keinen einzigen Klon auf derganzen Welt findet. Ein erster groberUnterschied lässt sich in den mensch-lichen Gruppierungen finden: Die Hauteines Afrikaners toleriert UV-Strahlungbesser als die eines Nordeuropäers,der Darm eines Nordeuropäers akzep-tiert Kuhmilch eher als der eines Afrikaners. All diese Unterschiede ba-sieren auf Evolutionsprozessen. Poly-morphismen, also genetische Muta-tionen, sorgen dafür, dass der Mensch

gen, fehlende Evidenz oder schlicht-weg effektlose Geldverschwendunghinzuweisen. Deshalb sollten wir alsTrainer oder Therapeut uns eine diffe-renzierte und unbeeinflusste Betrach-tungsweise gegenüber vermeintlichenInnovationen bewahren, die mögli-cherweise mehr schaden als nutzen.Kosten und Nutzen zeigen sich oftmalserst im praktischen Alltag. MancheTrainings- oder Ernährungskonzeptezeigen bei Kunde X einen positivenEinfluss auf die Verbesserung seinerOsteoporose, bei Kunde Y jedoch einenegative Wirkung auf seinen chroni-schen Rückenschmerz.

Komplex „Mensch“

Der Körper eines Individuums funktio-niert nicht allein auf der physischen(Konditions-)Ebene, sondern steht inständiger Wechselwirkung mit psychi-schen Prozessen. Er lässt sich auchnicht standardisiert bewegen, behan-deln oder therapieren. Lösungsansät-ze, die Gesundheitsstörungen einesMenschen nur durch die Brille einesErnährungsexperten, eines Sportwis-senschaftlers oder eines Psychologenisoliert betrachten, müssen zwangs-läufig scheitern. Übergewichtigen mitDiätkonzepten zu begegnen, führt zunoch mehr Übergewicht. Übergewich-tigen mit Trainingsplänen zu versorgenführt mittelfristig zum Motivationsver-lust. Übergewichtige brauchen von al-lem etwas. Deshalb verlangt eine qua-lifizierte Gesundheitsbetreuung in ei-nem Fitnessclub oder im PersonalTraining weder Spezialisierung nochGeneralisierung, sondern ein komple-xes Wissensportfolio.

Die richtige Mischung macht´s

Jede Störung im Körper ist erst einmalindividuell. Gesundheit ist ein kom-plexes Gebilde aus psychischen, nerv-lichen und immunologischen Einflüs-sen. Und dies ist der Grund, warum

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Unser Immunsystem ist einkomplexes System zur Abwehrfremder Substanzen (Antige-

ne) und zur Vernichtung fehlerhafterZellen, um Gefahren vom Körper ab-zuwenden. Solange wir es durch phy-sische und psychische Stressfaktoren,Fehlernährung und Bewegungsdefizitebzw. Übertraining nicht dauerhaftschwächen, sollte wenig Misstrauenbestehen, das eigene Abwehrsystemkönnte mit Bakterien, Viren, Entzün-dungen oder täglich auftretenden Tu-morzellen nicht fertig werden. Um ge-nauer zu verstehen, wie das Immun-system uns vor der Umwelt schützt,wie Bewegung, Ernährung und Stressin das Immunsystem positiv oder ne-gativ eingreifen, müssen wir zuerst ei-nen kleinen Exkurs in die Immunolo-gie unternehmen.

Die Immunologie

Neben einem angeborenen Immun-system, das die unspezifische Abwehrgegen Fremdkörper bildet, existiert ein

erworbenes Immunsystem (auchadaptives Immunsystem genannt), dasspezifische Abwehrmechanismen zurVerfügung stellt. Um z.B. entartete Zel-len (Krebszellen) zu eliminieren, mussder Körper die Fähigkeit besitzen, zwi-schen „sich selbst“ und „nicht sichselbst“ zu unterscheiden. Auf dieseWeise werden Krankheitserreger undTumorzellen als fremd erkannt undnicht körpereigenes Gewebe wird vomImmunsystem angegriffen. Nach einerIdentifizierung bekämpfen bestimmteMechanismen die schädlichen Struk-turen. Hierfür steht uns ein höchst ef-fektives System zur Verfügung, an demmehrere Zellarten und chemische Mo-leküle beteiligt sind.

Angeborenes und erworbenesImmunsystem

Zum Immunsystem werden folgendeOrgane oder Gewebeverbände gezählt:1. Das Knochenmark ist nach dem

dritten Lebensmonat der einzigeProduzent der Abwehrzellen (Lym-phozyten). Bis zu diesem Zeitpunktfindet die Blutbildung auch in derLeber und im Thymus statt.

2. Zum Lymphsystem gehören vor al-lem Lymphknoten und Lymphbah-nen, die die Lymphknoten unterein-ander verbinden. Die meisten Ab-

ImmunfitnessTeil 2: Wie schützt das Immunsystem vor Krankheit?

Nachdem Jens Freese im erstenTeil genauer auf den Begriff Ge-sundheit eingegangen ist, widmeter sich im folgenden Teil der Funk-tion des Immunsystems.

52_ImmunFit 05.10.2006 16:22 Uhr Seite 52

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krophagen (Riesenfresszellen) haltensich im Gewebe auf. Sie erkennen undfressen (phagozytieren) in das Gewebeeingedrungene Erreger. Darüber hi-naus spielen Makrophagen bei der Be-seitigung schädlicher Abfallprodukteeine entscheidende Rolle, wie z.B. inder akuten Entzündungsphase einerakuten Sportverletzung. NatürlicheKillerzellen (NK-Zellen) können imGegensatz zu T-Zellen ohne vorherigeAktivierung unmittelbar reagieren.

„First line of defense“

Mechanische Barrieren sorgen dafür,dass die Fremdstoffe erst gar nicht inden Körper eindringen oder ihn mög-lichst schnell wieder verlassen. Die Ge-samtheit aller folgenden Barrieren wirdals die „First line of defense“ bezeich-net. Bei genauerer Betrachtung der Lis-te wird deutlich, warum wir auf einefunktionsfähige Darmflora achten soll-ten. 80 Prozent der „ersten Abwehrlinie“befinden sich im Darm, der Rest in1. der Haut: äußere Schicht als Barrie-

re; Hauttalg, Schweiß und Normal-flora als Wachstumsbremsen fürkörperfremde Mikroorganismen

2. der Schleimhaut: Bindefunktiondes Schleims

3. der Nase: Abfangfunktion des Na-senschleims; Abtransportfunktionder Flimmerhärchen

4. den Augen: Abtransportfunktionder Tränen

5. den Atemwegen: Bindefunktion desSchleims; Abtransportfunktion derFlimmerhärchen

6. der Mundhöhle: antimikrobielleSpeichelenzyme bekämpfen Mikro-organismen

7. dem Magen: Salzsäure des Magensund Eiweiß abbauende Enzyme zer-stören Bakterien und Mikroorganis-men

8. dem Darm: Infektabwehr durch lym-phatisches Gewebe und Bakterien;Abtransportfunktion durch Entlee-rung (Stuhlgang)

9. dem Harntrakt: Abtransportfunk-tion durch HarnausspülungÜber das angeborene Immunsys-

tem hinaus besitzt die Abwehr höherentwickelter Organismen ein anpas-sungs- und erinnerungsfähiges Teil-system, das vor allem gegen Virenhocheffektiv ist. T- und B-Zellen gehö-ren beide zu den Lymphozyten, einerUntergruppe der Leukozyten (weißeBlutkörperchen). Beide Zelltypen ent-wickeln sich im Knochenmark.

Primäre LymphorganeSekundäre Lymphorgane

Thymus

KnochenmarkLymphknoten

Milz

mesenteriale Lymphknoten

Peyer-Plaques, MALT

Lymphknoten

Waldeyer-Rachenring: Lymphknoten,Mandeln, Gaumenmandeln

Lymphorgane und -systeme

wehrzellen zirkulieren zwischen demBlutkreislauf und dem Lymphsystem.

3. Die Milz gehört beim Erwachsenenzu den sekundären Immunorganen.In der Milz werden alte und fehler-hafte Blutzellen abgebaut.

4. Gaumen- und Rachenmandeln ge-hören zu den lymphatischen Gewe-ben. Ihre Funktion ist vor allem dieAbwehr von Krankheitserregern, dieüber Mund und Nase aufgenom-men werden.

5. Der Thymus (Bries) spielt bei Säug-lingen und Kleinkindern eine wich-tige Rolle in der Reifung der T-Lym-phozyten. Mit zunehmendem Le-bensalter verkümmert der Thymus.Bei Erwachsenen enthält er nurnoch wenige Reste Lymphgewebe.

6. Sesshafte Immunzellen kommen injedem Organ vor. Hierzu gehörenz.B. die “Kupffer’schen Sternzellen”der Leber.

7. Das Schleimhaut assoziierteLymphgewebe (MALT) ist eine An-sammlung von Lymphgeweben imBereich des Dünndarmes, wo sichder Körper täglich Fremdstoffenwidersetzt.

8. Das Blut mit seinen Abwehrzellen(Leukozyten, Granulozyten), Anti-körpern und dem Komplementsys-tem zählt insgesamt zu den Orga-nen des Immunsystems.

Das angeborene Immunsystem be-kämpft Infektionserreger, ohne dassder Organismus vorher mit dem Erre-ger Kontakt hatte. Zirka 90 Prozent al-ler Infektionen werden durch das an-geborene Immunsystem erkannt. DieAufgaben des angeborenen Immun-systems nehmen verschiedene Zellenwahr. Hierzu gehören:c neutrophile Granulozyten, c Monozyten/Makrophagen und c dendritische Zellen.

Neutrophile Granulozyten, aktiviertdurch Botenstoffe (Zytokine), wandernaus den Blutgefäßen in das betroffeneGewebe ein. Dort vernichten sie Krank-heitserreger durch Phagozytose. Ma-

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3.Schutz-barriere

2. Schutz-barriere

1.Schutz-barriere

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Erkennungsmechanismus

Das adaptive Immunsystem zeichnetsich durch die Anpassungsfähigkeitseiner Waffen gegenüber dem Angrei-fer aus. Im Rahmen dieser Anpassungsind die Zellen des adaptiven Immun-systems (T- und B-Zellen) in der Lage,spezifische Strukturen der Angreifer zuerkennen und gezielt zelluläre Ab-wehrmechanismen und molekulareAntikörper zu bilden. Nach der Infek-tion bleiben diese spezifischen Anti-körper und die sog. Gedächtniszellenerhalten, um künftig den gleichen An-greifer mit kürzerer Reaktionszeit un-schädlich zu machen. Damit das adap-tive Immunsystem vom Angreiferüberhaupt Kenntnis erlangt, bedientes sich Antigen-präsentierender Zel-len. Hierzu zählen z.B. Makrophagenund dendritische Zellen. Diese Zellty-pen gehören zum angeborenen Im-munsystem. Sie sind in der Lage, aufihrer Oberfläche Muster der Erreger zupräsentieren. Damit besteht eine Ver-bindung zwischen dem angeborenenund dem adaptiven Immunsystem.

Schwachstellen des Immunsystems

Wie in allen biologischen Systemen,so können sich auch im ImmunsystemFehler einschleichen:c Das Immunsystem kann die Fähig-

keit verlieren, auf bestimmte frem-

de Stoffe angemessen zu reagieren.Dabei kommt es zu Überreaktionenwie Allergien.

c Antikörper bildende Immunzellenkönnen unter bestimmten Bedin-gungen auf den eigenen Körper an-sprechen und damit eine Autoim-munreaktion hervorrufen. Die Fol-ge: Autoimmunerkrankungen wiePolyarthritis, Psoriasis, MorbusCrohn etc.

c Hüllen Viren sich in eine Schichtein, die der Körper nicht als fremderkennt, so sind sie nicht erkennbar.Einem Nichterkennungs-Mecha-nismus liegt die Krebsentstehungzugrunde. Ein gesundes Immunsystem hilft

dem Menschen dabei, diverse Krank-heitserreger, insbesondere solche,die sich an den Menschen angepassthaben, zu bekämpfen und damit ei-nen Krankheitsausbruch zu verhin-dern oder Krankheitssymptome zumildern beziehungsweise den Krank-heitsverlauf zu verkürzen. Maßnah-men wie Ernährung inklusive aller fürden Organismus notwendigen Mikro-nährstoffe wie Mineralien (besondersEisen, Zink und Selen), Vitamine so-wie ausreichend Schlaf, Heilfasten,stressfreier Tagesablauf, regelmäßigeBewegung und regelmäßige Abhär-tung (z.B. Sauna) dienen der Stärkungdes eigenen Immunsystems und da-

mit der Vorbeugung von Infektionser-krankungen. Auch Sonnenlicht stärkt das Immun-system. So stellten Forscher fest, dassSonnenlicht den Körper im Kampf ge-gen bakterielle Infektionen unter-stützt. Bestimmte Immunzellen besit-zen auf ihrer Oberfläche einen spezifi-schen Rezeptor. Dieser Rezeptor wirdbei einer Bakterieninfektion durch Be-standteile dieser Erreger aktiviert undveranlasst die Immunzelle, eine Vor-stufe von Vitamin D (25-hydroxyvita-min D) zu produzieren. Parallel dazubildet die gleiche Zelle einen weiterenRezeptortyp aus, der auf die Erken-nung von Vitamin D spezialisiert ist.Sonnenlicht wird somit dafür benötigt,dass die Immunzelle die Vorstufe desVitamin D in das aktive Vitamin um-wandeln kann.

Sonne puscht Immunsystem

Aus diesem Grunde war vor mehr als100 Jahren das tägliche Sonnenbad einfester Bestandteil der Tuberkulosethe-rapie. Sonnenlicht ist somit essentiellfür die Vitamin-D-Produktion. Die Fra-ge ist nur: wie viel? Amerikanische Vi-tamin-D-Forscher fanden heraus, dassdas Optimum bei dunklen Hauttypenbei maximal 15, bei hellen Hauttypenbei höchstens 10 Minuten unge-schütztem Sonnenbaden liegt. Emp-fehlenswert ist daher: die ersten 10 Mi-nuten ungeschützt der Sonne ausset-zen, anschließend Schutzfaktorauftragen und nach einer gewissenEinwirkungszeit sich auf die Liege zu-rück begeben. Insbesondere Nordeu-ropäer, die lediglich drei bis vier Mo-nate pro Jahr ausreichend Sonnenlichterhalten, sollten sich im Winter einenUrlaub im Süden gönnen, gelegentlichgeeignete Solarien aufsuchen, dienackte Haut an die wenigen intensivenSonnenstrahlen halten oder Vitamin-D-Präparate einnehmen. So bleibendie Immunzellen über das ganze Jahraktiv und der Vitamin-D-Status kon-stant.

Jens Freese ❘ Dipl.-Sportwis-senschaftler, SporttherapeutDVGS sowie PNI-Therapeut.

Aufbau des Immunsystems

Gelerntes spezifisches Immunsystem

Angeborenes nichtspezifischesImmunsystem

AntikörperLymphozyten

T-ZellenB-Zellen

Phagozyten(Natürliche Killerzellen

Granulozyten Makrophagen)

Haut, Schleimhäute,Enzyme, Natürliche Mikroflora,

Komplementsystem

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workout & science | gesundheit

Nachdem Jens Freese in den bei-den ersten Teilen dieser Serie dieGrundlagen von Gesundheit undImmunologie in aller Kürze darge-stellt hat, widmet er sich nun imvorliegenden dritten Teil derStressforschung und seinerSchnittstelle zum Immunsystem.

Bin gerade im Dauerstress,„mein Magen schmerzt seit Ta-gen“, „meine Migräne meldet

sich“ – solche und ähnliche Sprüchebegegnen mir täglich im Coaching vonUnternehmern, Managern und Füh-rungskräften. Einige sind Dauergästein Arztpraxen oder Apotheken. Dieseständige Konfrontation mit dem Be-griff Stress veranlasste mich vor ge-raumer Zeit, dieses Phänomen etwasgenauer unter die Lupe zu nehmen.

Was ist eigentlich Stress?

Ist Stress grundsätzlich negativ? Wiewirkt sich psychischer Stress körper-lich aus? Warum wird der Mensch nachlängeren Stressphasen häufig krank?Bestehen Zusammenhänge zwischenStress und der Schwächung des Im-munsystems und wie lassen sichsportliche Belastungen in diesemKontext einordnen? Die spannendeFrage lautet: Welches Maß und welcheForm von Belastungen im Beruf, imPrivatleben und im Sport fördern oderhemmen die Gesundheit? Schon Para-celsus war der Ansicht, dass die Dosisdie Wirkung bestimmt!

Wenn wir als Trainer die Auswir-kungen von Stress auf die Gesundheitbesser verstehen lernen, dann fällt esuns leichter, auf der Trainingsflächedie Gespräche und die Trainingsge-

ImmunfitnessTeil 3: Wie viel Stress ist gesund?

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staltung so auf die Stimmung des Kun-den abzustimmen, dass er sich nacheinem Workout in jedem Fall besserfühlt. Ein Beispiel: Würden wir dasThema Stretching wissenschaftlichuntersuchen, müssten wir Dehnungals reine Zeitverschwendung einord-nen. Die nachweisbaren physiologi-schen Effekte gehen bei 2–3 Trainings-einheiten pro Woche praktisch gegenNull. Dagegen sprechen allerdings dieAussagen unserer Kunden. Fühlen siesich nach einer ausgedehnten Stret-ching-Session besser, dann haben wirunser Ziel trotz wissenschaftlicherFragwürdigkeit erreicht – vielleichtnicht gerade auf der physiologischen,aber zumindest auf der psychischenEbene.

Die Evolution

Betrachten wir Stress erst einmal ausSicht der Evolution: In Stress zu gera-ten ist überlebenswichtig. Denn drohtuns Gefahr, reagieren wir automatischmit einer Mobilmachung, die uns aufKampf oder Flucht vorbereitet: DerPuls beschleunigt sich, der Blutdruckschnellt nach oben, die Muskeln stei-gern die Spannung. Der Körper schüt-tet in diesem Moment Stresshormoneaus und stellt in Sekundenbruchteilenzusätzliche Energie zur Verfügung. InZeiten, in denen wir natürlichen Fein-

den noch davonlaufen mussten, ent-wickelte der Mensch diese physiologi-sche Kaskade als sinnvolle Überle-bensstrategie. Die natürlichen Feindesind verschwunden, die körpereigenenReaktionen auf Gefahr und Bedrohungjedoch bis heute geblieben. Nur hei-ßen die Gefahren im 21. Jahrhundertnicht mehr Mammut oder Tiger, son-dern Terminstress, Existenzdruck oderÜberforderung am Arbeitsplatz. Einerepräsentative Umfrage der DAK ausdem Jahre 1997 (siehe Abb. 1) ergab,dass neben dem Verlust naher Ange-höriger stressproduzierende Faktorenam Arbeitsplatz den größten Stressverursachen.

Individuelles Stressempfinden

Stress kann für den Menschen auszweierlei Gründen zu einem ernsthaf-ten Problem werden: Zum einen ent-scheidet die individuelle Stresstole-ranz darüber, wie ein Mensch Stressverarbeitet. Entscheidend für dasStressempfinden ist, wie ein Menscheine bestimmte Situation bewertet: alsHerausforderung oder Überforderung.Aber auch eine anfänglich positiv-mo-tivierende Herausforderung kannschnell zur Überforderung werden. Wiewir vom Prinzip der Superkompensa-tion aus der Trainingslehre wissen,sorgt eine leichte Zerstörung des dy-

namischen Gleichgewichts (Homöos-tase) für eine Anpassung; ein zu hoherTrainingsreiz führt jedoch zur Verlet-zung (Trauma). Ähnlich verhält es sichmit Stress auch: Kurzzeitiger Stresswirkt leistungsfördernd, lang anhal-tender Stress verhindert die Regenera-tion. Zum anderen können wir – imVergleich zu unseren Vorfahren – einerStresssituation am heutigen Arbeits-platz, im Familienleben oder im Sportnicht mehr so einfach davonlaufen –zumindest nicht ohne negative Konse-quenzen. Ungelöst stauen sich Stress-reize auf; die Stressreaktion findet kei-nen Hebel zum Abschalten. Dadurchlaufen anaerobe Prozesse auf lokalerGewebeebene (z.B. Achillessehne) zulange ab, Zellen werden chronischunterversorgt (Hypoxie) und plötzlich,„aus heiterem Himmel“, ereilt uns derBandscheibenvorfall in der Halswir-belsäule. Zufall?

Dauerhafter Alarmzustand

Im Alltagstrott fehlt häufig das Ventil,um aus dem inneren „Dampfkessel“Druck entweichen zu lassen. Das Re-sultat: Wer Situationen häufig als be-drohlich empfindet und die angehäuf-te Energie nicht gezielt abbaut, gerätin einen dauerhaften Alarmzustand(chronischer Stress). Schätzungen ge-hen davon aus, dass jeder Dritte inDeutschland permanent an Stress-symptomen leidet. Stress hat sich, lauteiner Studie der UNO, zu einer Epide-mie dieses Jahrhunderts entwickelt.

Körperliche Auswirkungen vonStress. Eigentlich versteht man unterStress die Auswirkungen (Symptome)der auslösenden Faktoren (Stresso-ren). Sie können z.B. physikalischer(Kälte, Hitze, Lärm, Sonneneinstrah-lung etc., siehe Abb. 2) oder toxischerNatur sein (z.B. Zigarettenrauch). Auchbestimmte innere Einstellungen, Er-wartungshaltungen und Befürchtun-gen können auf emotionaler EbeneStressoren sein. Stress stellt somit die Anpassung des Körpers an dieseStressoren dar.

Abb. 1.:Psychosoziale Stress-oren. Ergebnisse einerBefragung von über1.000 Bundesbürgernzu den Faktoren, die beiihnen Stress auslösen.

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Auswirkungen von Stress

Physiologisch löst ein hoher Stressreizeine Alarmsituation aus, die sich inden Organen und Geweben des Kör-pers wie folgt bemerkbar macht:

Lunge: Die Bronchien weiten sich,die Atemfrequenz steigt. Die Lungennehmen mehr Sauerstoff auf, den dieZellen für die Mehrarbeit brauchen.

Herz: Puls und Blutdruck steigen.Das Herz pumpt schneller und stärker,um Sauerstoff und Nährstoffe eben-falls schneller zu den Zellen zu trans-portieren.

Gehirn: Das Gehirn stuft eine be-stimmte Situation als Bedrohung ein.Der Hypothalamus im Zwischenhirnlöst akuten Stressalarm aus.

Nebennieren: Die sich auf den Nie-ren befindenden Drüsen schütten ver-stärkt die Stresshormone Adrenalinund Cortisol aus.

Leber: Gespeicherter Zucker wirdals zusätzlicher „Treibstoff“ für dieMuskeln ins Blut abgegeben.

Sympathisches Nervensystem: Essetzt vermehrt das Hormon Noradre-nalin frei.

Darm: Bei Gefahr drosselt der Darmdie Verdauungsleistung. Die einge-sparte Energie steht den Muskeln zurVerfügung.

„The stress response of the body issomewhat like an airplane readying fortake-off”, beschreibt ein amerikanischerForscher das Phänomen Stressalarm.Bei Stress, wie schwerer körperlicherArbeit, Lärm, Leistungssport, psychi-schen und mentalen Belastungssitua-tionen oder schweren Krankheiten,setzt der Organismus die Stresshormo-ne Adrenalin, Noradrenalin und Dopa-min frei, die über einen bestimmtenSignalweg die Synthese und Ausschüt-tung des Cortisols aus der Nebennie-renrinde stimulieren. Cortisol kennen

wir in Form von Kortison in der Be-handlung von Entzündungszuständen.Cortisol dämpft einen Alarmzustandwie eine akute Entzündung. Danebenführt jedoch Stress in jeder Form auchzur Aktivierung des Sympathikus, derwiederum den Signalweg zur Ausschüt-tung von Cortisol aufrechterhält. Aufdiese Weise entwickelt sich eine chro-nische Stressreaktion, die häufig in ei-ner Erschöpfung der Nebenniere endet.Krankheitsbilder wie ein chronischesMüdigkeitssyndrom oder verschiedeneFormen von Depressionen sind die lo-gische Konsequenz. Untersuchungenbelegen, dass Frauen intensiver undlänger auf Stresssituationen reagierenund grundsätzlich stressempfindlichersind als Männer. Das hängt damit zu-sammen, dass Frauen vor Stress ge-schützt werden müssen. Auch dies istein Überbleibsel der Evolution: Frauensind für die Erhaltung der Art zuständig.Stresshormone behindern jedoch dieFortpflanzung.

Stresshormone

Als Stresshormon wird ein Botenstoffbezeichnet, der Anpassungsreaktio-nen des Körpers bei besonderen Be-lastungen bewirkt. Die ursprünglicheFunktion der Stresshormone ist dasFreisetzen der Energiereserven desKörpers als Vorbereitung auf eine be-vorstehende Flucht oder einen Kampf– beides unmittelbare Reaktionen aufeine Stresssituation.

In Stresssituationen wird ein be-stimmtes Protein in den Zellen aktiv,welches Entzündungen auslöst undAbbauprozesse in Gang hält. Stress istdemnach katabol. Auf einen kurzeiti-gen Stress muss daher eine Regenera-tionsphase folgen, damit das Immun-system nicht hyperaktiv wird. Weiter-hin konnte gezeigt werden, dassanhaltender Stressdie Länge der Chro-mosomenenden (Te-lomere) negativ be-einflusst, was wie-derum zu einer be-schleunigten Alte-rung von Körperzel-len führt. Dies könnteeine Ursache dafürsein, warum Men-schen mit Stress an-fälliger sind für Er-krankungen z.B. des

Herz-Kreislauf-Systems oder auch desImmunsystems.

Die Stressreaktion wird in drei Pha-sen unterteilt:1. SchockphaseDie erste Phase heißt Schockphaseund folgt auf die akute Einwirkung desStressors. An körperlichen Verände-rungen machen sich arterieller Blut-unterdruck (Hypotonus), Körpertem-peraturabsenkung, Unterzuckerungdes Blutes (Hypoglykämie), vermin-derte Harnabsonderung, Verringerungder Elektrolyte Chlorid, Natrium undKalium im Blut sowie eine Vermehrungder Lymphozyten bemerkbar. Die Lym-phozyten stellen an dieser Stelle denersten Kontakt zwischen der hormon-vermittelten (endokrinen) Stressreak-tion und dem Immunsystem her.2. Widerstandsphase In der Widerstandsphase folgt, ver-mittelt durch das sympathische Ner-vensystem, eine rasche Ausschüttungdes Hormons Adrenalin. Adrenalinsetzt Glucose und freie Fettsäuren ausden Energiespeichern der Leber, derMuskulatur und des Fettgewebes frei.Es kommt zu einer Stimulation derHerztätigkeit und der Atmung. DerBlutdruck erhöht sich. Zudem werdenandere stressabhängige Hormone wieCortisol und Wachstumshormone frei-gesetzt. Sie bewirken eine Stabilisie-rung der stressinduzierten Stoffwech-selvorgänge, insbesondere bei chroni-schem Stress.3. Erschöpfungsphase Wirken die Stressoren unvermindertstark ein, kommt es zur Erschöpfungs-phase. Die Bildungskapazität derNebenniere nimmt unvermindert ab.Damit sinkt auf der einen Seite derhemmende Einfluss von Cortisol aufEntzündungen im Körper. Auf der an-deren Seite fallen die Spiegel von

TRAINER FÜR IMMUNFITNESSIn dieser eintägigen Trainerausbildung erfahren Sie mit welchenMaßnahmen Sie Ihre Fresszellen (Makrophagen) und natürlicheKillerzellen (natural killer cells) auf Trab bringen, wie die Stress-hormone Adrenalin und Cortisol das Immunsystem im Gleichge-wicht halten, welche Mikronährstoffe und Nahrungsergänzungenpositiven Einfluss haben und welche Trainingsintensität förderlichund welche das so genannte Open Window-Phänomen produ-ziert. Am Ende dieses Kurstages wissen Sie, wie Sie die FitnessIhres Immunsystems oder das Ihrer Kunden positiv beeinflussenund somit aktiv zur Krankeitsprävention beitragen.Termin Herbst/Winter 2007: 21. Januar 2007 in Bergheim beiKöln. Infos: www.trainer-akademie.com

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Adrenalin und Noradrenalin, wodurches zur Antriebsschwäche mit leichtenDepressionen, im schlimmsten Fallmit Tod enden kann, wie z.B. bei star-ken Verbrennungen.

Leistungssteigerung der Muskelnund Hemmung der Ruheorgane. Kurzanhaltender Stress, wie er z.B. vor ei-nem wichtigen Fußballspiel, im Volks-mund auch Lampenfieber genannt, istfür die Erbringung von Höchstleistun-gen eine unbedingte Voraussetzung.Eine solche Konfrontation interpretiertunser Hirn immer noch als Alarmpha-se. Und in einer Bedrohungssituationwerden die Skelettmuskeln vermehrtmit Sauerstoff und Nährstoffen ver-sorgt, die für die Bereitstellung vonEnergie in Form von ATP durch die Oxi-dation von Glukose und Fett benötigtwerden. Eine Steigerung der Durchblu-tung der Muskeln erfolgt durch Erhö-hung des Blutdrucks, der Umlaufge-schwindigkeit des Blutes und durch Er-weiterung der Blutgefäße der Muskeln.Die Steigerung des Blutdrucks erfolgtdurch Erhöhung der Schlagfrequenzund des Schlagvolumens des Herzenssowie durch eine Verengung der herz-nahen Blutgefäße. Der vermehrte Sau-erstoffbedarf wird durch die Verstär-kung der Atmung (Ventilation) unddurch die gesteigerte Synthese roterBlutkörperchen aus den blutbildendenGeweben gedeckt. Der erhöhte Nähr-stoffbedarf wird durch Freisetzung vonFettsäuren aus dem Fettgewebe undvon Glukose aus dem Glykogenvorratder Muskeln und der Leber bedient.Die Darmmuskulatur entspannt sich,wodurch die Verdauung gehemmt wird.Lymphatische Organe wie Thymusdrü-se, Milz und Lymphknoten verminderndie Antikörperproduktion, damit steigtdie Infektgefahr. Cortisol hemmt Ent-zündungen in den Geweben und durchden Einfluss von Endorphinen nimmtder Körper Schmerzen in Belastungssi-tuationen kaum wahr. Die allgemeineErhöhung des Grundumsatzes führt zueiner Steigerung der Körperkerntem-peratur. Dadurch laufen die biochemi-schen Reaktionen schneller ab.

Schwaches Immunsystem

Diese autonomen ablaufenden Prozes-se sollten wir im Hinterkopf behalten,wenn wir mit stressgeplagten Kundenim Club oder beim Personal Trainingarbeiten. So macht es z.B. wenig Sinn,

krampfhaft an Trainingszielen, wie z.B.der Stärkung der Rückenmuskulatur,festzuhalten, wenn es den gestresstenKunden eher nach Entspannung dürs-tet. Auf der anderen Seite kann auchein spielerisches Krafttraining in Formvon Fitness-Boxen, einer Body-Pump-Stunde oder einer Runde Badmintondie Stressreaktion abschalten. Aus-dauerorientierte Bewegungsformenwerden zwar bevorzugt, obwohl auchein kurzes, knackiges Krafttraining dieStressreaktion bei dem ein oder ande-ren abschalten kann. Wichtig ist: esmuss Spaß machen!

Steuerung der Stressreaktion

Über die Sinnesorgane gelangen Infor-mationen über Stressoren in das Groß-hirn und ins Limbische System. Hier fin-det die Bewertung der Situation alsStresssituation statt. Wurden Stressrei-ze, wie z.B. Zeitdruck, schon früher alsStress gedeutet, wird ein ähnlicher Reizden gleichen Prozess initiieren. Bioche-misch gesprochen, aktivieren solcheSignale den Hypothalamus. Der Hypo-thalamus (Steuerzentrum des vegetati-ven Nervensystems im Zwischenhirn)aktiviert einerseits den Sympathikus,andererseits ist er Ausgangspunkt einerKaskade von Hormonen, die die Stress-reaktion verstärken und erweitern. Die-se Hormone wirken wiederum auf an-dere Hormondrüsen (z.B. Nebenniereoder Schilddrüse), die ihrerseits Hor-mone ausschütten. Diese Hormone wir-ken auf ihre Zielorgane ein. Auf dieseWeise gewährleistet der Organismus,

dass sich eine kurzfristige Stressreak-tion bei fehlenden Stressoren im Nor-malfall wieder abschaltet. Die Frage ist:Welche evolutionär neuen Stressorenwie Leistungsdruck, Mobbing, Existenz-angst, Handystrahlung, Fluglärm, Auto-abgase o.Ä. interpretiert unser Hirn alsphysiologische Reize? Wo hört diephysiologische Toleranz (Gesundheit)auf und wo beginnt das pathologischeGeschehen (Krankheit)?

Weder können wir den Lauf der Zeitaufhalten noch unseren Kunden emp-fehlen, ihren Job an den Nagel zu hän-gen. In Anbetracht der wachsendenZahl stressbedingter Erkrankungendürfte der optimalen Dosis an Bewe-gung allerdings eine Schlüsselrollebeim Abschalten der Stressreaktionauf den ganz normalen täglichenWahnsinn zukommen. Deshalb könnenwir mit einem kompetenten Coachingentscheidend dazu beitragen, dass un-sere Kunden den richtigen Hebel zumAbschalten finden.

Jens Freese ❘ Dipl.-Sportwis-senschaftler, SporttherapeutDVGS sowie PNI-Therapeut.

VORSCHAUIm vierten und letzten Teil der Serie wird dieFrage „Stärkt Sport das Immunsystem?“ aus-führlich erörtert.

Unterernährung

systemischer körperlicher Stress

VerletzungenBlutverlust

Kälte

schwere Erkrankung

Schwanger-schaft, Geburt

Adipositas

Wassermangel

O2-Mangel

Hitze

Chemotherapie

schwere körperliche Anstrengung

Erschöpfungszustände

Abb. 2: Stress auslösende Faktoren

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Die drei härtesten Trainings- undWettkampfwochen meinerLaufbahn in den Beinen, stieg

ich 1994 auf einer Trainingsreise bei 40Grad Celsius in Jakarta (Indonesien) ineinen Flieger, um acht Stunden späterim vier Grad kühlen Melbourne wiederauszusteigen. Noch sieben Tage biszum nächsten Turnier. Zeit genug fürausreichende Akklimatisierung undkörperliche Umstellung von Sommerauf Winter – wie ich dachte!

Was kann man dem Körper zumuten?

Nur zwei Tage nach meiner Ankunft lagich mit 40° Fieber und einer grippalenErkältung im Bett. Was war gesche-hen? Mein durch hartes Training oh-nehin geschwächtes Immunsystemwurde mit Temperatursprung von über35 Grad total überfordert. Das Fass warsozusagen übergelaufen. Mein Orga-nismus quittierte dieses Fehlverhal-ten mit einer Auszeit, die er sich of-fenbar nehmen musste, weil mein

übertriebener Ehrgeiz keinen Platz fürRegeneration zuließ. Dabei predigteschon meine Mutter in der Jugendzeitimmer wieder: „Sport ist Mord.“ Jahrespäter fügte ein Professor der Deut-schen Sporthochschule hinzu: „ … undLeistungssport ist Massenmord!“ ImAbschlussteil dieser Serie sind wir nunbei der spannenden Frage angekom-men: Welche Dosis bringt Körper undGeist in ein stabiles Gleichgewicht?

Die Homöostase

Leistungssport ist, verbunden mit täg-lichen Trainingseinheiten über mehre-re Stunden, medizinisch gesehengleichzusetzen mit einem fortwähren-den Angriff auf das Immunsystem.Kommt während intensiver Trainings-phasen ein zusätzlicher Stressfaktor(in diesem Fall die Kälte von Melbour-ne) hinzu, schaltet der Körper sein aufLeistung getuntes Programm ab. Undholt sich exakt die Regenerationszeit,die er zur Wiederherstellung der so ge-nannten Homöostase benötigt.

ImmunfitnessTeil 4: Stärkt Bewegung das Immunsystem?

Wie viel Bewegung ist gut für denKörper und ab wann schadet sieihm? Jens Freese klärt euch imFolgenden über die genauen Ab-läufe im Körper nach einer hartenTrainingseinheit auf und weist dar-auf hin, dass genügend Regenera-tion unerlässlich ist.

Jens Freese ❘ Dipl.-Sportwis-senschaftler, SporttherapeutDVGS sowie PNI-Therapeut.

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Der Begriff Homöostase (Gleichge-wicht) beschreibt die Selbstregula-tion des Körpers in verschiedenen Sys-temen, wie z.B. dem Nervensystem.Das bedeutet: Nach einer akutenStressperiode mit Überaktivität dessympathischen (aktivierenden) Ner-vensystems muss eine Phase der Re-gulierung durch das parasympathi-sche (beruhigende) Nervensystem fol-gen. Eine dauerhafte Überreizung desSympathikus über mehrere Wochenführt zwangsläufig zu einer Aktivierungvon Immunzellen, die nun versuchen,die Homöostase wiederherzustellen.

Regeneration ist das A und O. Mitanderen Worten: Der Organismus „holt“sich genau die Verletzung oder Krank-heit (Regeneration), wenn ein übertrie-bener Ehrgeiz die Signale (Müdigkeit,Antriebslosigkeit etc.) missachtet. Deshalb: Je höher Umfang und Inten-sität, desto wichtiger die Regenera-tion. Dies gilt für alle Systeme des Kör-pers; nicht nur für das Nervensystem,sondern gleichermaßen für das Im-

munsystem (Abwehr vor Erregern), dasHormonsystem (Vermittlung von In-formationsprozessen) und das Repro-duktionssystem (Arterhaltung).

Sportdosierung & Infektanfälligkeit

Das Erholungsbedürfnis des Körperssteigt, je stärker der physiologischeGleichgewichtszustand des Stoffwech-sels beeinträchtigt wurde. Hierfür sindzahlreiche untereinander verknüpfteProzesse verantwortlich. Exemplarischseien nachfolgend einige genauer be-schrieben:

1. Brennstoffverlust. Katabole (ab-bauende) und anabole (aufbauende)Reaktionen laufen in der Zelle niegleichzeitig ab. Im katabolen Stoffwech-sel (Glykogenabbau, Lipolyse undPhosphorylierung) sind spezifische En-zyme aktiv, während Enzyme des ana-bolen Stoffwechselweges (Glykogen-oder Fettsynthese) in dieser Phase in-aktiv bleiben. Durch die Wirkung so ge-nannter Phosphatasen schaltet derStoffwechsel von katabol auf anabol(Glykogensynthese) um. Glykogen (tie-rische Stärke) ist ein verzweigtes Poly-saccharid (Vielfachzucker). Stärke ist dieSpeicherform der Kohlenhydrate inMensch und Tier. Es dient der kurz- bismittelfristigen Speicherung und Bereit-stellung des Energieträgers Glucose. Inder Leber und in der Muskulatur wirdbei einem Überangebot von Kohlenhy-draten Glykogen aufgebaut. Bei ver-mehrtem Energiebedarf des Körpers

wird es in der Leber wieder zu Glucoseaufgespalten und dem Gesamtorga-nismus bereitgestellt. Muskelzellenbauen Glykogen ausschließlich zur De-ckung ihres eigenen Energiebedarfs ab.Dieser Vorgang wird als Glykogenolysebezeichnet. Der Muskel nutzt seinenGlykogenvorrat ausschließlich selbst,die Leber dient als Glykogenspeicherund stellt es hauptsächlich anderenZellen zur Verfügung. Dies ist vor allemim Schlafzustand als Energieversorgungfür die Gehirnzellen, die Zellen desNebennierenmarks und die Erythrozy-ten (rote Blutkörperchen) wichtig, dadiese Zellen ausschließlich auf Glucoseals Energielieferant angewiesen sind.

2. Mineralstoffverlust. Der Menschbenötigt Magnesium für das Zu-sammenspiel von Muskeln und Ner-ven und somit für die Muskelkontrak-tion. Ein Magnesiummangel löst beimMenschen Ruhelosigkeit, Nervosität,Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Konzen-trationsmangel, Müdigkeit, allgemei-nes Schwächegefühl, Herzrhythmus-störungen und Muskelkrämpfe aus. ImWechselspiel von Psyche und Stoff-wechsel wird vermutet, dass auch De-pressionen und schizophrene Psycho-sen durch einen Magnesiummangelverstärkt werden. Ein Magnesiumdefi-zit kann auch zum Herzinfarkt führen.Unser Körper enthält ungefähr 20 gMagnesium. Die erforderliche Tages-dosis von ca. 300 mg wird in der Regeldurch eine ausgewogene Ernährungmit Vollkornbrot, Nüssen und Gemüse

Abb. 1: Signifikant niedrigere Dauer und Schwere von Erkältungskrankheiten bei moderatsportlich Aktiven (aus Liesen et al.: Sportimmunolgie)

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(z.B. Blattspinat, Kohlrabi) erreicht.Ein erhöhter Bedarf (z.B. bei Leis-tungssport, Krankheit, psychischemStress, in der Schwangerschaft) kannüber Nahrungsergänzungsmittel ge-deckt werden.

3. Sauerstofftransport: Sauerstoff-transport und -aufnahme sind, ebensowie der mitochondriale Elektronen-transport in der Atmungskette und somit letztlich der gesamte Energie-stoffwechsel, von einem ausreichen-den Eisenangebot abhängig. Ein Ei-senmangel entsteht jedoch häufigtrotz ausreichender Zufuhr. In diesemFall fehlt das Speichereiweiß Ferritin.Eisenmangel, fehlende mitochondria-le Kapazität oder fortwährender anae-

rober Stoffwechsel sorgt für eine ver-stärkte Bildung von Metaboliten(Stoffwechselendprodukten). Laktatals Metabolit des anaeroben Stoff-wechsels muss vom Ort der Bildungabtransportiert und vollständig abge-baut und ausgeschieden werden. Ge-schieht dies nicht, kommt es zur Beeinträchtigung der Leistungserbrin-gung (Lähmung der Sauerstoffaufnah-mefähigkeit des Blutes, Verschiebungvon Säuren ins Bindegewebe) und zuerheblichem Leistungsrückgang.

Adaptationen

Trainingsanpassungen erfolgen (aus-gehend vom Zustand eines Untrainier-ten) in folgender Reihenfolge: DasZentralnervensystem adaptiert, indemes die Muskulatur ökonomischer an-

steuert. Es verbessert die Koordina-tion zwischen den einzelnen Muskeln(intermuskuläre Koordination) undden einzelnen Muskelfasern einesMuskels (intramuskuläre Koordina-tion). Hieraus resultiert eine Anpas-sung des Herz-Kreislauf-Systems, umdie Muskulatur besser mit Blut und da-mit Nährstoffen versorgen zu können.Hierdurch verändert sich der Stoff-wechsel, der größere Reservekapazitä-ten aufbauen muss, um die Versor-gung der Muskulatur trotz erhöhtenVerbrauchs zu garantieren. In denMuskeln selbst erhöht sich die Zahlder Mitochondrien (Zellkraftwerke),der Muskelquerschnitt sowie die Fre-quenz und Rekrutierung der nervalen

Ansteuerung von Muskelfasern. DieAnzahl der Muskelfasern vergrößertsich hingegen nicht.

Superkompensation

Wird ein Muskel oder eine Muskel-gruppe über einen gewissen Schwel-lenwert belastet, so werden Energiere-serven angegriffen. Dies bezeichnetman als Trainingsimpuls. Der Körperreagiert auf diesen Impuls, indem erentstandene Schäden beseitigt. Er re-generiert die in Mitleidenschaft gezo-genen Energiespeicher und Muskeln,deren Leistung durch die Inanspruch-nahme vorübergehend sinkt. DieserProzess ist als Vorsorgemaßnahme zuverstehen. Als Reaktion auf über dasgewöhnliche Maß hinausgehende Be-lastungen betreibt der Organismus

eine Hyperkompensation, die wir inder Trainingslehre unter dem Be-griff Superkompensation kennen. Die Wiederherstellungssysteme desmenschlichen Organismus sorgen da-für, dass der Organismus der anstei-genden Beanspruchung gewachsen ist.

Wird nun in der Phase des Leis-tungsaufbaus erneut ein hoher Trai-ningsimpuls gesetzt, so tritt wieder dergleiche Zyklus von Degeneration, Re-generation und Hyperkompensationein. Auf diese Art und Weise steigert derKörper progressiv seine Leistungsfä-higkeit. Allerdings stößt das System derLeistungssteigerung auf individuellegenetische Grenzen. Mit fortschreiten-dem Trainingsstatus müssen immergrößere Trainingsreize gesetzt werden,um vergleichbare Leistungsgewinne zuerzielen. Hier kommt auch das ThemaDoping ins Spiel. Doping verkürzt denbeschriebenen Zyklus von Überlastung,Kompensation und Hyperkompensa-tion durch Steigerung der Proteinbio-synthese. Mit anderen Worten: Ver-brauchte Struktureinweiße werdenschneller ersetzt. Allerdings findet die-ser Prozess auf Kosten der autonom ge-schützten Energiereserven statt. AufDauer führt ein solcher Missbrauch ei-gener Leistungsreserven zum totalenZusammenbruch aller regenerativenSysteme. Am Ende einer chronischenÜberforderung der systemischen undzellulären Reparatursysteme steht Ver-letzung oder Krankheit. Leistungssportsowie extreme berufliche oder privateStresssituationen ohne entsprechendeErholung fördern somit die Degenera-tion von Körpergewebe. In den meistenFällen äußert sich dies glücklicherweisenur auf lokaler Ebene, wie z.B. durch ei-ne Achillessehnenreizung aufgrund zuvieler Sprünge in der Leichtathletikoder eine Migräne aufgrund von dauer-haftem Terminstress. Im weiteren Ver-lauf kann eine lokale Entzündung je-doch systemisch auf den ganzen Körperübergreifen und über spezifische Reak-tionen des Immunsystems letztendlichzu Allergien, Asthma oder im schlimm-sten Fall zu Autoimmunerkrankungenoder Krebs führen.

Überlastungssyndrome erkennen

Wie man weiß, wachsen Muskeln nichtwährend des Trainings, sondern wäh-rend der Regenerationsphasen. Trai-

Abb. 2: Steigende Infektrate nach einem 56-km-Lauf in Abhängigkeit von der Wettkampfzeit(aus Liesen et al.: Sportimmunolgie)

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ning setzt zwar den unentbehrlichenHypertrophiereiz, Wachstum selbstvollzieht sich jedoch außerhalb desTrainings. Die Pause zwischen zweiTrainingseinheiten hängt von der In-tensität des ausgeübten Trainings undder Belastung auf das Zentralnerven-system ab. Als Faustregel gilt: Je höherLast- und Geschwindigkeitsintensität,desto länger die Regenerationsphase.Unsere Kunden können also ein aero-bes Ausdauertraining auf dem Lauf-band oder Ergometer praktisch jedenTag durchführen, während hochinten-sive Bewegungen in einem Body-Pump-Kurs Regenerationszeiten vonbis zu 72 Stunden nach sich ziehen.

Bei dauerhafter Missachtung derSuperkompensationszeiten verweigertder Körper trotz eines ausgeprägtenTrainingszustandes weitere Leistun-gen, um eine Selbstschädigung zu ver-hindern. Es kommt zu einem Überlas-tungssyndrom, im Sport auch Über-training genannt. Die zu erbringendeLeistung wird vom Trainierenden alsschwerer und ermüdender empfun-den, die Leistungsfähigkeit nimmtkontinuierlich ab. Je nach Ausprägungsteigt dadurch die Verletzungsgefahr,das Immunsystem wird dauerhaft akti-viert und die mentale Verfassung ver-schlechtert sich.

Übertrainingssyndrome

Ursache des Übertrainingszustandesim Sport ist eine für den Trainingszu-stand zu hohe Trainingsintensitätund/oder ein zu hoher Trainingsum-

fang, sodass eine ausreichende Rege-neration zwischen den Trainingseinhei-ten nicht mehr gewährleistet ist. Die ty-pischen Hinweise auf ein sympathiko-tones Übertrainingssyndrom sind einerhöhter Ruhepuls (= morgendlicheHerzfrequenz unmittelbar nach dem Er-wachen) und ein verzögerter Rückgangder Herzfrequenz nach Belastung. Auchder systolische Ruheblutdruck kann er-höht sein und analog zur Herzfrequenzdie Normalisierung des Blutdrucksnach Belastung verzögert ablaufen las-sen – Symptome, die wir teilweise auchbei untrainierten Fitnesseinsteigernfeststellen. In beiden Fällen, bei Über-lastung und Unterforderung, müssenwir deshalb von einem vergleichbarenphysiologischen Zustand ausgehen.Dies betrifft sowohl die somatische(körperliche) wie auch die psychischeSeite. Denn ein kurz vor dem Burnoutstehender Manager zeigt ähnliche Kör-perreaktionen wie erhöhter Blutdruckund Ruhepuls.

Neben der verminderten Leistungs-fähigkeit als Hauptsymptom tretenbeim Überlastungssyndrom häufig ei-ne Kreislaufdysregulation (plötzlichesSchwarzwerden vor den Augen, Übel-keit, Schwindel bis hin zum Kollaps),eine erhöhte Infektanfälligkeit, Ge-wichtsverlust, Zyklusstörungen bis hinzum Ausbleiben der Regelblutung,Schlafstörungen, depressive Verstim-mungen, Appetitmangel, allgemeineAntriebslosigkeit, gesteigertes Trink-bedürfnis in der Nacht, Libidomangelsowie Muskel- und Gelenkschmerzen

auf. Im Blutserum lässt sich oft ein er-höhter Creatinkinase- und Harnstoff-wert nachweisen. Auch die Plasma-spiegel bestimmter Hormone (Adre-nalin, Noradrenalin, Testosteron,Cortisol) zeigen Veränderungen.

Warnsignale des Körpers

Die aufgelisteten Erschöpfungssymp-tome sollte jeder Trainer als Warnsig-nal verstehen, um rechtzeitig mit Ver-änderungen in der Trainings- und Ernährungsplanung oder mit entspre-chender psychologischer Beratung be-züglich der allgemeinen Lebensfüh-rung reagieren zu können. Vor den ne-gativen Auswirkungen mangelnderRegeneration sind allerdings nicht nurunsere Kunden oder Klienten gefeit;durch den wachsenden Konkurrenz-und Existenzdruck sehen sich auch vie-le freiberufliche Kurs-, Fitness- undPersonal Trainer in den letzten Jahrenimmer stärker gezwungen, die eigeneRegeneration zu vernachlässigen. Auf-grund der Tatsache, dass viele Bewe-gungsprogramme im Kursbereich ganzund gar nicht „aerob“, sondern zumin-dest phasenweise „anaerob“ sind, soll-ten auch Kurstrainer mit der eigenenLeistungsfähigkeit haushalten und deraktiven Regeneration durch moderatesAusdauertraining einen hohen Stellen-wert einräumen. Ansonsten drohen imAnfangsstadium chronische Gewebe-reizungen oder häufige Atemwegsin-fekte, die Schlimmeres nach sich zie-hen können. Regeneration bedeutetReparation! ❍

Superkompensation nach normalem Training

Überschätzung der Zugfestigkeit des betroffenen Gewebes aufgrund derInhibition von Schmerzen, mit daraus resultierender Wiederverletzung

Die Grenzen der Zug-festigkeit werden durchSchmerzen angegeben

Verletzung

Training

Abb. 3: Das Modell der Superkompensation

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