In kürzester zeit – Bau einer Kompressoranlage · I m rumänischen Bulbuceni errichtete...

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58 LAND UND LEUTE Im November 2009 erhielt Ferrostaal einen EPCC- (Engineering, Procurement, Construction, Commissioning) Auftrag über rund 65 Millionen Euro für den Bau einer modernen Kompressorstation in Bulbuceni, einem Dorf etwa 200 Kilometer westlich von Bukarest. Die Kompressorstation spielt eine wichtige Rolle bei der Erneuerung des rumänischen Gasnetzes. In kürzester zeit – Bau einer Kompressoranlage

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Im November 2009 erhielt Ferrostaal einen EPCC- (Engineering, Procurement, Construction, Commissioning) Auftrag über rund 65 Millionen Euro für den Bau einer modernen Kompressorstation in Bulbuceni, einem Dorf etwa 200 Kilometer westlich von Bukarest. Die Kompressorstation spielt eine wichtige Rolle bei der Erneuerung des rumänischen Gasnetzes.

In kürzester zeit – Bau einer Kompressoranlage

Im rumänischen Bulbuceni errichtete Ferrostaal für ihren Kunden Petrom, den staatlichen Erdöl- und Erdgaskonzern, an dem die OMV eine 51-prozentige

Beteiligung besitzt, eine Kompressorstation. Diese dient der Modernisierung der Einspeisung von Gas in das Trans-portsystem von Transgaz, dem nationalen, staatlichen Gastransportunternehmen. Ende Mai konnte planungsge-mäß die erste Unit fertiggestellt werden, eine Woche später folgten die zweite sowie die dritte und damit letzte Einheit.Die Anlage wurde damit in nur 16 Monaten Vertragslauf-zeit einschließlich der vorgeschalteten Early Works errich-tet. Petrom-Manager Leopold Kroupa dazu: „Ein ambiti-onierter Zeitplan, denn üblicherweise beträgt die Bauzeit für diese Art von Anlagen 24 Monate. Wir sind mit dem Fortschritt des Projekts sehr zufrieden. Selbst für österrei-

chische Verhältnisse ist der Bau mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit erfolgreich vorangetrieben worden. Dass dies so in Rumänien funktioniert hat, ist beachtenswert.“

Das knappe Timing gefährdete ein extrem harter Winter mit Temperaturen von bis zu minus 27 Grad Celsius. In die-ser Zeit wurden die Arbeiten für die Fundamente durchge-führt. „Um die Pfähle betonieren zu können, mussten Boden

Baufortschritt im April 

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Petrom AG – eine Beteilung der OMV

Die rumänische Petrom wurde 1997 als staatlicher Erdöl- und Erdgaskonzern gegründet. 2004 privatisierte der Staat das Unternehmen, seither befinden sich die Mehr-heitsanteile mit 51 Prozent im Besitz des österreichischen Erdöl- und Erdgaskonzerns OMV. Das Unternehmen ist im Aktienindex BET 10 an der Bukarester Börse gelistet und beschäftigt etwa 35.800 Mitarbeiter. Der Konzern för-dert Öl und Gas in Rumänien und Kasachstan, verfügt über zwei Raffinerien und eine Düngemittelfabrik sowie ein dichtes Tankstellennetz in Rumänien und Moldawien. Seit 2006 betreibt Petrom auch das Marketinggeschäft (Retail, Commercial) der OMV in Rumänien, Bulgarien und Serbien. Die OMV ist dabei, den Ölkonzern neu zu struk-turieren und seine Anlagen zu modernisieren. Einen Bei-trag dazu leistete Ferrostaal mit dem Bau der Kompres-sorstation im rumänischen Bulbuceni. 

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und Material erwärmt werden“, sagt Ferrostaal-Projektlei-ter Hans Schmitt. „Daneben ist der oberirdische Slugcat-cher eine Besonderheit. Er liegt normalerweise unterir-disch und dient der Reduzierung der im Gas verbleiben-den Flüssigkeitsanteile. Der hohe Sicherheitsstandard, den Petrom vorgab, machte einen oberirdischen Bau notwen-dig“, führt er weiter aus.

Den Auftrag für den Bau der Kompressorstation erhielt Ferrostaal im November 2009. Zunächst hatte Petrom wäh-rend der Early Works, mit denen das Unternehmen im Februar des gleichen Jahres beauftragt wurde, die Zusam-menarbeit getestet. Im November erfolgte dann die Um-wandlung in einen Lump-Sum-Turnkey-Vertrag für die Kompressorstation. Sie sollte eine Anlage in unmittelbarer Nähe ersetzen. Durch diese Station wird das von einer Ethangewinnungsanlage in Turburea und einer Gastrock-nungsanlage in Bulbuceni stammende Gas auf einen Druck von 35 bis 45 Bar gebracht, um es von dort in das transna-tionale Netz einspeisen zu können.

Von hoher BedeutungDie Kompressorstation ist ein wichtiger Meilenstein bei der Erneuerung des rumänischen Gasnetzes und zurzeit die modernste ihrer Art im Land. Sie ist nach höchsten Sicher-heitsstandards gebaut, vermindert die früher vorhandene hohe Lärmbelästigung für die Anwohner und ist weit weni-

ger reparaturanfällig. Die ehemalige Kompressorstation war technisch veraltet und sollte daher so schnell wie möglich durch eine moderne abgelöst werden. Für den Betrieb und die Wartung (O&M) der neuen Anlage schult das Ferrostaal-Team seit einigen Wochen die Mitarbeiter von Petrom.

Petrom beabsichtigt in den kommenden Jahren weiter in die Modernisierung ihrer Öl- und Gasanlagen zu investie-ren. Ferrostaal-Projektleiter Schmitt hofft, dass die guten Leistungen den Kunden überzeugt haben und das Unter-nehmen mit Folgeaufträgen rechnen darf.

Joint Venture mit der Christof-GruppeZu Akquisition und Abwicklung zukünftiger Öl- und Gas-projekte im Land gründeten Ferrostaal und die österreichi-sche Christof-Gruppe ein Joint Venture (70/30 Prozent), die Ferrostaal Christof Romania. Die Kompetenzen der beiden Unternehmen ergänzen sich ideal. „Wir sind gut in EPC, Christof in Montage und Maintenance“, sagt Schmitt. Po-tenzielle Kunden könnten neben Petrom auch Rompetrol, Lukoil oder Transgaz sein.

„Ein ambitionierter zeitplan, denn üblicherweise beträgt die Bauzeit für die-se Art von Anlagen 24 Monate. Wir sind mit dem Fortschritt des Projekts sehr zufrieden.“

Petrom-Manager Leopold Kroupa (Bild l.) und Ferrostaal-Projektleiter Hans Schmitt (Bild r.)

Weitere Informationen und Bildergalerie:www.ferrostaal.com/petrom

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Vorhandene  Endverbraucher

Vorhandene Gasmessstation

Ethanrück- gewinnungsanlage 

in Turburea

Kompressorstation in Bulbuceni

PipelineTransgaz-Pipeline 

Gasmessstation

46barg.

14barg.

40barg.

Hinweis 2

Hinweis 2Gastrocknungs-anlage in Bulbuceni

Regeneriertes Gas

Hinweis:1. Der Druck wird oberhalb von Regelventil und Gaskühler gemessen.2. Anschlüsse an die vorhandenen Gaspipelines.* Die Kompressorstation in Bulbuceni umfasst Ausrüstung und Anschlüsse.

Legende

Neue Ausrüstung

Vorhandene Ausrüstung

Vorhandene Pipeline

Neue Pipeline

Kompressorstationenund internationale Hochdrucknetze

Nach der Förderung wird Erdgas in Aufbereitungsan-lagen von unerwünschten Begleitkomponenten gerei-nigt. Der Transport vom Erdgasfeld bis zum Endver-braucher erfolgt dann in mehreren Druckstufen. Der Druck in Gasleitungsrohren gestaltet sich je nach Transport und Verteilung unterschiedlich. Kompres-sorstationen sorgen dafür, dass das Gas mit einem Druck zwischen 70 und 80 Bar oft über Tausende von Kilometern durch meist unterirdisch verlegte Pipelines bis ins Bestimmungsland transportiert wird. Die aus Stahl bestehenden Ferntransport-Rohrleitungen auf dem Festland haben einen Durchmesser von etwa 1,4 Metern und sie sind in der Regel etwa ein Meter unter der Erde verlegt. Kompressorstationen folgen alle 150 bis 200 Kilometer aufeinander, um den nötigen Druck im Transportsystem aufrechtzuerhalten. Das europä-ische Erdgas-Transportnetz hat eine Länge von rund 190.000 Kilometern. Es erstreckt sich von Nord- bis Südeuropa und vom Atlantik bis nach Sibirien.

Kompressorstation in Bulbuceni*Hinweis 2

Hinweis 1

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2006 2007 2008 2009

8 6,2 7,1

–7,1

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4

0

–4

–8

–12

12

BIP pro Kopf (in Euro)

2006 2007 2008 2009

6.000 5.651

4.503

6.100

5.600

5.000

4.000

3.000

2.000

1.000

7.000

7,9

2006 2007 2008 2009

84,8

7,8

4,74

0

–4

–8

–12

12

6,6

Wirtschaftswachstum (BIP in % real) 

Inflationsrate (in %, Jahresdurchschnitt) 

2006 2007 2009

8

–2,5–5,4

–7,2

4

0

–4

–8

–12

12

–2,2

Haushaltssaldo(% des BIP) 

Quellen: Germany Trade & Invest, Stand November 2009; Auswärtiges Amt, Stand März 2010

Schwarzes Meer

Bukarest

RUMäNIEN

UKRAINE

POLEN

SLOWAKEI

MOLDAWIENUNGARN

SERBIEN

BULGARIEN

Reschitza

Oradea

Barchau

2008

200 km0

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Rumänien – Land im Aufbruch

Mit Rumänien verbinden viele Armut und Rückstän-digkeit. Nicht nur Dracula-Fans schwebt zudem et-

was Dunkles und Nebulöses vor Augen. Seit 1989 ist die Bu-karester Politik vom Auf und Ab sozialdemokratischer und konservativer Regierungen sowie dem Kampf gegen Miss-wirtschaft und Armut bestimmt. Die Außensicht schwankt zwischen Problemfall und Boomstaat. Im Westen dominie-ren seit Jahren vor allem Horrorgeschichten über hohe Kri-minalitätsraten, Probleme im Umgang mit Minderheiten, das Leid von Kindern in den Straßen von Bukarest und den Waisenhäusern des Landes sowie von Schlepperorganisa-tionen, die ganze Roma-Sippen über die Karpaten schleu-sen. Dabei sieht die Wirklichkeit des Vielvölkerstaates ganz anders aus: Rumänien trat nach Jahrzehnten der Isolation 2004 der NATO bei, erlangte 2007 die EU-Mitgliedschaft und präsentiert sich als ein Land mit einzigartigen Kultur- und Naturschätzen. Die Kriminalitätsrate ist nicht höher als die seiner westlichen Nachbarn, die Minderheitenpoli-tik als gut zu bewerten, rumänische Staatsbürger kommen auch gut ausgebildet und legal in den Westen. Laut Bill Ga-tes sind beinahe ein Fünftel seiner Microsoft-Computer-spezialisten rumänischer Abstammung. Dennoch ist das Alltagsleben von einigen Entbehrungen geprägt, vor allem außerhalb der großen Städte, weshalb der Karpatenstaat seit 1945 ein Auswandererland ist. Viele Landstriche sind in ihrer Ursprünglichkeit faszinierend, aber nur beschwerlich zu erreichen. In der Infrastruktur hakt es gewaltig, Investi-tionen in ihren Ausbau sind dringend nötig. So stehen bei-spielsweise auf einer Fläche, die dreimal größer als Öster-reich ist, lediglich 321 Kilometer Autobahn zur Verfügung.

Jüngste wirtschaftliche entwicklungNach mehreren Jahren eines beeindruckenden Wachstums des Bruttoinlandsprodukts (zuletzt im Jahr 2008 mit 7,1 Prozent) wurde Rumänien von der Wirtschafts- und Finanz-krise unmittelbar getroffen. 2009 lag das Negativwachs-tum der Wirtschaft bei 7,1 Prozent. Zuletzt war ein Negativ-wachstum 1999 verzeichnet worden (-1,1 Prozent). Im Jahr 2010 wird wieder mit einem leichten Positivwachstum

(1 bis 1,5 Prozent) gerechnet. Die Inflationsrate lag 2009 bei 4,7 Prozent. Damit verfehlte die Nationalbank ihr Inflati-onsziel von 3,5 Prozent. Für 2010 hat sie sich dieses Ziel er-neut gesetzt – derzeit scheint es auch realistisch. Rumäni-en verzeichnet einen hohen Anstieg der Arbeitslosenquo-te von 4,4 Prozent im Dezember 2008 auf 8,3 Prozent im Februar 2010. Dieser Wert wird aufgrund der in diesem Jahr anstehenden Entlassungen im Staatssektor voraussichtlich noch ansteigen, mit den zu erwartenden negativen Auswir-kungen auf den privaten Konsum. Zur Stützung seiner Wirt-schaft hat das Land im Mai 2009 ein umfangreiches Finan-zierungspaket von IWF, EU, Weltbank und Europäischer Bank für Wiederaufbau (EBWE) erhalten. Rumänien strebt für 2015 die Einführung des Euros an, 2012 will der 22-Mil-lionen-Einwohner-Staat die Vorstufe zur Euro-Einführung erreichen und dem Europäischen Wechselkursmechanis-mus (ERM II) beitreten.

Basisdaten Rumänien

Fläche: 238.390 km²

einwohner: 22,25 Mio. (Juli 2008)

Hauptstadt: Bukarest (1,9 Mio. einwohner)

Landessprache: Rumänisch

Geschäftssprachen: Rumänisch, Deutsch, englisch,

Französisch

Währung: Leu, 1 Leu = 100 Bani; Wechselkurs

1 euro = 4,1981 Lei (November 2009)

Regierungsform: Republik

Staatsoberhaupt: Präsident Traian Basescu

Regierungschef: Premierminister emil Boc

Quellen: Germany Trade & Invest, Stand November 2009; Auswärtiges Amt, Stand März 2010