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Mai 2012 Inakzeptabel: Wir erwarten Besseres! BETRIEBSRÄTE DER DEUTSCHEN TELEKOM UND K OLLEGEN VON VER. DI TREFFEN SICH MIT T-MOBILE BESCHÄFTIGTEN IN DEN USA

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Mai 2012

Inakzeptabel: Wirerwarten Besseres!

BETRIEBSRÄTE DER DEUTSCHENTELEKOM UND KOLLEGEN VON VER.DI

TREFFEN SICH MIT T-MOBILEBESCHÄFTIGTEN IN DEN USA

T-Mobile und DT

Der deutsche Konzernriese die Deutsche Telekom kaufte imJahr 2001 VoiceStream und wurde dabei von der GewerkschaftCommunications Workers of America (CWA) in der Hoffnung aufdie bessere deutsche Sozialpartnerschaft unterstützt. ImVerlauf der nächsten zehn Jahre machte die DT aus derübernommenen Gesellschaft ein bedeutendes, landesweitoperierendes Unternehmen, die T-Mobile USA. Gleichzeitig hatT-Mobile alle Versuche ihrer Arbeitnehmer abgewehrt, eineGewerkschaft zu gründen.

T-Mobile in Zahlen

1. Viertgrößtes Mobilfunkunternehmen in den USA2. 20,6 $ Milliarden Umsatz im Jahr 20113. 3,2 Millionen Kunden im Jahr 20114. Tätigt 25% des Umsatzes der Deutschen Telekom

Frank Bsirske, Präsident ver.di; LarryCohen, Präsident CWA; und LotharSchröder, Mitglied des ver.di-Bundesvorstands auf einer Streikdemoin Düsseldorf, 24. April 2012

Ver.di hat im Vergleich zu anderenGewerkschaften ein sehr umfassendesVerständnis von der Globalisierung und derNotwendigkeit, gemeinsam aktiv zu werden.

In Deutschland respektiert die DeutscheTelekom Arbeitnehmerrechte, aber ihrTochterunternehmen in den USA geht aufjede nur erdenkliche Weise gegenGewerkschaftsmitglieder vor.

Arbeitgeber in den USA haben die Wahl. Siekönnen den Beschäftigten erlauben, selbst zuentscheiden, ob sie einer Gewerkschaftbeitreten wollen. Oder sie können sich hinterder „Redefreiheit“ des Managementsverstecken und aktiv gegen Beschäftigtevorgehen, die eine gewerkschaftlicheVertretung im Betrieb gründen wollen. T-Mobile USA hat sich für den Weg derniedrigsten Standards entschieden. Mit derVerbreitung von Angst und dem Schüren vonKonflikten versucht das Unternehmen,gewerkschaftliche Anerkennungsverfahren zuverhindern.

Wir erwarten Besseres von der DeutschenTelekom. Wir sind dankbar für ver.disUnterstützung, ver.di hat den Kampf für dasRecht auf gewerkschaftliche Organisierung inden USA zu ihrem eigenen Kampf gemacht.Deshalb ist ver.di ein Vorbild für CWA undGewerkschaften weltweit.

Larry Cohen, Präsident CWA

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Vorwort

Liebe Leser,

wir können die Globalisierung nicht aufhalten,aber wir können sie gestalten. WennUnternehmen wie die Deutsche Telekomweltweit agieren, dann können Gewerkschaftennicht in den alten nationalen Grenzenverharren. Auch wir müssen uns stärker globalvernetzen und gegenseitig unterstützen. DieZusammenarbeit der CWA (CommunicationsWorkers of America) und ver.di in dergemeinsamen Gewerkschaft TU ist eingelungenes Beispiel praktizierterZusammenarbeit und Solidarität. Dervorliegende Bericht stellt das einmal mehrunter Beweis.

Wir dürfen es nicht zu lassen, dassUnternehmen mit unterschiedlichen Standardsagieren. Dies impliziert die Gefahr einesweltweiten Absenkens von Standards für unsalle. Aus diesem Grund ist der Kampf für einefaire Behandlung und das Recht aufgewerkschaftliche Organisierung bei T-MobileUSA auch unser Kampf.

Frank Bsirske, ver.di-Vorsitzender

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CWA Local 1298, Connecticut,Solidaritätsaktion mit ver.di währendder Tarifverhandlungen mit derDeutschen Telekom, April 2012

CWA Aktivisten in Denver, Colorado unterstützen dieForderung von ver.di nach Lohnerhöhung und besserenArbeitsbedingungen bei DT, April 2012

Eindrücke der deutschen Delegation

Die Eindrücke waren so unterschiedlich wie das Wetter.

Sommerliche Temperaturen (26°C) in Dallas und Schnee in Washington, D.C.

Die deutschen Kolleginnen und Kollegen waren schockiert über die Verhältnisse, die die T-MobileBeschäftigten in den USA zu ertragen haben.

Es gibt keine Arbeitsverträge und damit keinerlei Sicherheit für die Zukunft. Ohne jeden Grundkönnen die Mitarbeiter bei T-Mobile USA gekündigt werden. Betriebsräte kennt man imamerikanischen System nicht und das Arbeitsrecht bietet nur einen schwachen Schutz.Disziplinarische Maßnahmen, die wir uns in Deutschland niemals hätten vorstellen können, sindAlltag bei T-Mobile USA.

Eine Nichtigkeit, wie das fehlende Anbieten eines Produktes gegenüber einem Kunden, der mitseiner Rechnung bereits im Rückstand war, kann zur Entlassung führen. Auch zu „wenig[gespielte?] Reue“ über einen „Fehler“ oder einige Minuten Verspätung können derartige Folgenhaben. Manchmal führt dies zur sogenannten „decision time“: Der Mitarbeiter wird für einige Tagenach Hause geschickt, um einen kurzen Aufsatz darüber zu schreiben, warum das Unternehmenihn als Beschäftigten behalten soll und was er demnächst besser machen will.

Manchmal „retten“ Teamleiter den Einen oderAnderen vor der Entlassung. Das sind aber eherAusnahmen, weil sie selbst unter Druck stehen.Einige T-Mobile Mitarbeiter ziehen es vor, sichandere Jobs zu suchen, anstatt sich auf solchdemütigende Weise disziplinieren zu lassen.

Das amerikanische Gesetz lässt es zu – also tut manes! Herr Obermann akzeptiert diese Behandlung derMitarbeiter im Tochterunternehmen der DeutschenTelekom. Was nützt dann die Sozialcharta oder dieVerpflichtung zur Einhaltung internationalerStandards?

Wir haben unglaubliche Geschichten währendunserer Reise gehört. In Chattanooga, Tennesseewurde einer Kollegin eine „Eselskappe“ auf ihrenArbeitsplatz gestellt und damit dem gesamten Call-Center „ohne Worte“ demonstriert, dass dasManagement die betreffende Kollegin für dumm hält. Dies ist mittelalterlich.

Beschäftigte werden am Arbeitsplatz angeschrien, teilweise während sie mit einem Kundentelefonieren. Ist das Motivation?

Bei einer anderen Kollegin, die sich offen zu ihrer Gewerkschaft CWA bekannt hatte, wurde eineWoche lang jedes ihrer Gespräche überwacht. Manager hofften wohl einen Fehler zu finden. Manfand keinen – sie gehört zu den absoluten Leistungsträgern ihres Call-Centers.

Wir versprechen dem deutschen und dem amerikanischen Management, dass wir mit Argusaugendarüber wachen werden, wie das amerikanische Management mit dieser Kollegin zukünftig umgeht.

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Conny Parisi-Bohmholt, Beschäftigte und Betriebsrätinim Einzelhandel, Deutsche Telekom

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Betriebsräte, ver.di Mitglieder und CWA Organizer vor einem T-Mobile Call-Center in Nashville, Tennessee

Der Vergleich mit deutschen Arbeitsbedingungen ist erstaunlich. Die Bearbeitungszeit für dieGespräche scheint uns in den USA sehr viel kürzer zu sein. Und nun soll sie trotz komplexerwerdender Anforderungen nochmals gekürzt werden. Ist es da verwunderlich, dass Verbraucher inden USA auf das Unternehmen wütend werden und das Unternehmen die meisten Kundenwechselaller Anbieter in den USA aufweist?

Es scheint, dass das Management vor allem Beschäftigte mit langjährigen Erfahrungen entlässt.Neue Beschäftigte sind billiger.

Arbeit ist auch auf dem globalen Arbeitsmarkt billiger. Die Auslagerung von Arbeit nachLateinamerika und auf die Philippinen war der Grund, weshalb Hunderte von Arbeitsplätzen inden Call-Centern von T-Mobile USA abgebaut wurden.

Dem deutschen Management ist bekannt, dass billiger nicht besser und meistens auch nichtwirklich billiger bedeutet. In Deutschland hat man festgestellt, dass die Qualität der Outsourcing-Partner, auch langfristig und mit verstärkter Fortbildung, die Qualität der eigenenStammbelegschaft nicht erreichen kann. Das deutsche Management hat ihre Politik geändert undsetzt wieder verstärkt auf die eigene Belegschaft. Zu teuer waren die Kundenverluste und dasständig notwendige Nacharbeiten von Fehlern.

Eine Top-Agentin aus dem Retention-Bereich schilderte es treffend: „Ich komme mir vor, als würdeich den ganzen Tag mit dem Kehrblech hinter einem Elefanten herlaufen, um dessen Mistwegzuschaffen.“ Findet kein Lernprozess bei der Deutschen Telekom statt oder ist das Managementin Bonn nicht gewillt, diese Erfahrungen an ihre Tochterunternehmen weiterzugeben?

Dies muss nicht so hingenommen werden. In Oakland/ Maine haben mutige CWA-Call-Center-Beschäftigte Verbündete gefunden und sich dagegen gewehrt, dass die mit öffentlichen Gelderngeförderte Ansiedlung von Arbeitsplätzen durch T-Mobile heimlich, still und leise abgebaut werden.Die Anzahl der Beschäftigten ist nun an diesem Standort gestiegen.

Wir haben unseren amerikanischen Kolleginnen und Kollegen zugesichert, dass wir nicht lockerlassen und alles tun werden, um die Verhältnisse bei T-Mobile USA zu verändern.

Kornelia Dubbel, Betriebsrätin Deutsche Telekom Kundenservice

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Inakzeptabel: Wirerwarten Besseres!

Verdi-Miglieder aus Betriebsräten der Deutschen Telekomund Kollegen von ver.di treffen sich mit T-MobileBeschäftigten in den USA.

Im Februar 2012 besuchten 13 Gewerkschafter undBeschäftigte des Telekommunikationsriesen DeutscheTelekom (DT) die USA, um sich mit Kollegen undKolleginnen der DT-Tochtergesellschaft T-MobileUSA zu treffen. Die deutschen Beschäftigten sindBetriebsräte und aktive Mitglieder derDienstleistungsgewerkschaft ver.di. Ziel ihrer Reisewar es, mehr darüber zu erfahren, wie dasUnternehmen sein Geschäft im Ausland führt.Zudem wollten sie ihre Unterstützung für dieamerikanischen Kollegen und Kolleginnen zumAusdruck bringen.

Die ver.di-Delegation war eine Woche lang unterwegsund traf sich mit Mitarbeitern von T-Mobile in Washington D.C., Nashville und Dallas. Jeden Tagbekamen sie weitere Geschichten zu hören, die sie schockierten und wütend machten. Am Endedieser Reise waren sie entschlossener denn je, die Deutsche Telekom darauf zu verpflichten, dieRechte aller ihrer Beschäftigten zu respektieren.

CWA und ver.di: Eine Allianz gegen die Angst

Der Besuch der Delegation ist Ausdruck der intensiven Kooperation zwischen denCommunications Workers of America (CWA) und ver.di. Die Gewerkschaft CWA unterstützt seitJahren T-Mobile Beschäftigte darin, sich auf Betriebsebene gewerkschaftlich zu organisieren. Vorder Reise gab ver.di eine Pressemeldung heraus, in der Ado Wilhelm, der Leiter des BereichsZentralfunktionen von ver.di, zitiert wird:

„Die Verletzung der Arbeitnehmerrechte bei T-Mobile ist eine Verletzung grundlegender Menschenrechte(...). Die Anti-Gewerkschaftskampagne bei T-Mobile bedroht das wirtschaftliche Überleben derArbeitnehmer und ihrer Familien, beschädigt das Image des Unternehmens und gefährdet somit diewirtschaftlichen Interessen der Deutschen Telekom Gruppe. Das Management der Deutschen Telekom inDeutschland trägt die Verantwortung für die andauernden Rechtsverletzungen durch das US-Management – das muss aufhören. Ver.di und die Kollegen von der US-Schwestergewerkschaft CWAwerden nicht ruhen, bis dieser undemokratischen Scharade ein Ende gesetzt wird.”

V.l.n.r.: Richard Trumka, Präsident AFL-CIO; AdoWilhelm, Leiter des Bereichs Zentralfunktionen ver.di;Larry Cohen, Präsident CWA beim Empfang zu Ehrender ver.di Delegation, 24. Februar 2012

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Klaus Barthel, Mitglied des Deutschen Bundestages und selbstMitglied der Gewerkschaft ver.di, begleitete die Delegation. In einerFernseh-Talkshow erläuterte er seine Sichtweise: „Ich bin hier, weilwir uns gegenseitig unterstützen müssen (...)” angesichts derGlobalisierung.

In Deutschland vertritt ver.di 95.000 Arbeitnehmer bzw. 75% derGesamtbelegschaft der Deutschen Telekom. Dies war die zweiteUSA-Reise von aktiven ver.di-Mitgliedern, und auch T-MobileBeschäftigte sind bereits zweimal nach Deutschland gereist. Es istdas gemeinsame Ziel der beiden Gewerkschaften, dass die DeutscheTelekom weltweit Arbeitnehmerrechte respektiert. Was inDeutschland der Fall ist, trifft leider nicht auf alle Länder zu, indenen DT größere Niederlassungen unterhält.

Besonders gravierend ist die Missachtung der Arbeitnehmerrechte in den USA. Trotz desWiderstands des Unternehmens haben sich einige T-Mobile Beschäftigte organisiert undMitgliederkarten der Gewerkschaft unterzeichnet. Dabei werden sienicht nur durch CWA sondern auch durch die TU unterstützt, einegemeinsame Gewerkschaft aus Mitgliedern von CWA und ver.di.Ado Wilhelm zufolge ist das wichtigste Anliegen der TU, sich vonder Angst zu befreien:

„Das vielleicht größte Ziel, das wir uns gemeinsam mit der CWA gesetzthaben, ist es, die Deutsche Telekom zu zwingen, ihre Mitarbeiter in Ruhezu lassen, damit die Arbeitnehmer keine Angst haben müssen und ihreGewerkschaft furchtlos unterstützen können.”

„Wir sind geschockt.”

Die deutschen Gewerkschafter waren von dem, was sie auf ihrer Amerikareise erfuhren, bestürzt.Sie hörten die Geschichten von Beschäftigten, die von ihrer Angst am Arbeitsplatz und von denbelastenden ungerechten Arbeitsbedingungen berichteten. Sie hörten von Managern, dieBeschäftigte schikanierten, weil sie sich für die Gründung einer Gewerkschaft engagierten. Sie

hörten von Versuchen, Beschäftigte einzuschüchtern und erfuhrenvon den Problemen der Arbeitnehmer durch die erdrückendenLeistungsanforderungen und die hohen Fluktuationsraten in Call-Centern.

Lisa Künne, Betriebsratsmitglied bei einem Call-Center derDeutschen Telekom in Recklinghausen, dachte, sie sei auf dieseBerichte vorbereitet. Obgleich sie in Deutschland hierüberverschiedene Artikel von ver.di gelesen hatte, war der Eindruck diesdirekt von den Kollegen und Kolleginnen zu hören, sehr vielintensiver:

„Ich schäme michwirklich für einUnternehmen inDeutschland zu arbeiten,dass seine Mitarbeiterdermaßen schlechtbehandelt.“

— Lisa Künne, Betriebsratsmitglied,

Deutsche Telekom

„Wir sind schockiert vonder Art, wie T-Mobile USAihre Mitarbeiter behandelt.Das Management der T-Mobile sollte sich dafürschämen, dass es dieseZustände zulässt.”

—Ado Wilhelm, Leiter des Bereichs

Zentralfunktionen, ver.di

Frank Bethke,Landesfachbereichsleiter ITKNordrhein-Westfalen zeigt „warumer Besseres erwartet ” von DT

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Während meiner Reise von Deutschland in die USA dachte ich darüber nach, wie die Dinge hier wohlstehen. Nach den Gesprächen mit T-Mobile Mitarbeitern bin ich entsetzt, wie schrecklich die DeutscheTelekom ihre Beschäftigten hier behandelt (...). Die Arbeitnehmer werden herumgestoßen und unterDruck gesetzt, die Arbeitsbedingungen ändern sich ständig. Das ist untragbar! Ich bin tief beschämt, inDeutschland für so ein Unternehmen zu arbeiten, dasseine Mitarbeiter derart schrecklich behandelt.

Auch Ado Wilhelm, der bereits viele Male in dieUSA gereist war, um sich mit T-Mobile Beschäftigtenzu treffen, macht diese Erfahrung immer wieder:„Jedes Mal wenn wir hier sind, sind wir aufs Neueschockiert von der Art, wie T-Mobile USA ihreMitarbeiter behandelt. Das Management der T-Mobile sollte sich dafür schämen, dass es dieseZustände zulässt.”

Die Reise ins Land der Freiheit

Gewerkschaftsvermeidung: T-Mobiles Taktiken

Die Woche begann in Washington D.C. mit einer Reihe von Vorträgen. Gewerkschaftssekretäreund Sekretärinnen der CWA und ver.di erklärten die Unterschiede zwischen dem deutschen undUS-amerikanischen Arbeitsrecht und den entsprechenden Institutionen. In Deutschland verbietetdas Betriebsverfassungsgesetz die Behinderung von Betriebsratswahlen sowie die Behinderung undBeeinflussung amtierender Betriebsräte. In den USA kann sich dagegen das Management ein iminternationalen Vergleich äußerst seltsames Recht zunutze machen, um gegenArbeitnehmervertretungen vorzugehen – die so genannte „Redefreiheit”. Das Management hat dasRecht, während der Arbeitszeit offen Stellung gegen die Gewerkschaft zu beziehen. Gleichzeitig istes allerdings den untergebenen Managern wie auch den Mitarbeitern untersagt, abweichendeMeinungen zu äußern. Das bedeutet, dass Management kann eine anhaltende, offene Anti-Gewerkschaftskampagne am Arbeitsplatz führen, während es Beschäftigten (und Managern) nichterlaubt ist, über Gewerkschaftsthemen während der Arbeitszeit zu sprechen.

Anti-Gewerkschaftskampagnen werden sorgfältig und detailliertausgearbeitet und T-Mobile Manager werden explizit darauf geschult,die Gründung von Gewerkschaften im Betrieb zu unterdrücken,ohne dabei das Gesetz zu brechen. So ist zum Beispiel dieBehauptung gegenüber den Beschäftigten illegal, dass dasUnternehmen im Fall einer Wahl zugunsten der Gewerkschaft denBetrieb verlagern wird. Es ist jedoch legal, wenn die Manager überein anderes Unternehmen berichten, dass seine Betriebsstätte in Folgeder Gründung einer Gewerkschaft verlagert hat. Jeder versteht dieseimplizite Drohung.

Viele US-Unternehmen beauftragen Berater, die darauf spezialisiertsind, die Organisierungsversuche der Arbeitnehmer zu bekämpfen.

„Wir haben keineAnerkennung derBetriebszugehörigkeit.Wir haben keineTarifautonomie. Wirbekommen nicht einmalUrlaub, ohne dafür zukämpfen. Wir dürfen unsnicht krank melden.”

—Candace Harrison, Mitarbeiterin T-Mobile,

Albuquerque, New Mexico

V.l.n.r.: Kornelia Dubbel, Mitglied des Betriebsrats DTKundenservice; Ado Wilhelm; Klaus Barthel, Mitglieddes Deutschen Bundestags; Gary Moore, Präsident ALF-CIO Landesföderation in Tennessee auf derPressekonferenz, 21. Februar 2012

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T-Mobile ist hier keine Ausnahme. Das Unternehmen hat mindestenszwei Anwaltsunternehmen angestellt, die laut ihrer Websites auchdamit werben, Strategien zur Verhinderung gewerkschaftlicherOrganisierung auszuarbeiten – Peter D. Conrad und Mark Theodorevon der Anwaltskanzlei Proskauer Rose LLP.

• Peter D. Conrad vertritt T-Mobile seit 2001. Auf seiner Website gibter damit an: „[d]en Rest seiner Zeit widmet Peter den verwandtenThemen Gewerkschaftsvermeidung und Unternehmenskampagnen(Verteidigung der Arbeitgeber vor den vielfältigen Formen vonOrganisierungsaktivitäten).” Conrad half auch dabei Wahlen zuverzögern, indem er Beschwerden einreichte, die letztlich vom NationalLabor Relations Board für unbegründet befunden wurden.

• Mark Theodore stellte sich den T-Mobile-Beschäftigten alsGesprächsführer der Arbeitgeberseite bei den Tarifverhandlungen inConnecticut (siehe S. 5ff ) vor. Theodore rühmt sich auf seiner Website,dass er seinen Mandanten hilft, indem er „die Einreichung vonAnträgen auf Gründung von Arbeitnehmervertretungen verhindert unddie Mandanten im Falle bereits gestellter Anträge im Verfahren beim

NLRB (National Labor Relations Board) unterstützt.” Dann gibt er zahlreiche Beispiele für dieerfolgreiche Vereitelung von gewerkschaftlichen Gründungsversuchen an.

New York: Manager attackieren die Gewerkschaftals eine unerwünschte „Dritte Partei“

Der T-Mobile Mitarbeiter Elvis Alvira nahm an dem Gespräch mitden deutschen Besuchern teil, um über die Gewerkschaftswahl inLong Island, New York, im Dezember 2011 zu berichten. DieWahl scheiterte aufgrund der massiven Einflussnahme durch dasManagement. Bevor es zu dem sorgfältig geplanten Angriff durchdas Management kam, wurde die Gründung einer Gewerkschaftvon der Mehrheit der Beschäftigten unterstützt, so Elvis Alvira.

Das Management berief Versammlungen ein, zu deren Teilnahmealle Beschäftigten verpflichtet wurden. Auf diesen Treffen erzähltensie den Mitarbeitern, warum sie keine Gewerkschaft wollten.Einen Tag nach der Festlegung des Wahltags rief ein Field Manageralle Techniker an, um sie darüber zu informieren, dass dasUnternehmen keine Gewerkschaft wolle und kurz vor der Wahlwurden die Beschäftigten für diese Anti-Gewerkschaftsversammlungen sogar aus ihrem Urlaubeinbestellt. Die Vorgesetzten bezeichneten die Gewerkschaft stets als unerwünschte „Dritte Partei“.Je näher die Wahl rückte, umso unangenehmer wurde der Umgangston bei den Versammlungen,die ohne die Anwesenheit der Gewerkschaftsbefürworter abgehalten wurden. Tom Ellefson,Vizepräsident für Engineering von T-Mobile, behauptete, die gewerkschaftlichen Vertrauensleuteseien „Gewerkschaftsbosse” und die zwei stärksten Befürworter einer Arbeitnehmervertretungwürden „finanzielle Vergünstigungen von der CWA” erhalten, wenn die Arbeitnehmer für dieGewerkschaft stimmten.

„Für uns in Deutschland istdas inakzeptabel. Wir habeneine echte Partnerschaftzwischen Arbeitgebern undArbeitnehmern geschaffen,die auf Gerechtigkeit unddem Wissen basiert, dasssowohl die Mitarbeiter alsauch der Arbeitgeber denErfolg des Unternehmenswollen.”

—Klaus Barthel, Mitglied desDeutschen Bundestags

Pressekommentar, 20. März 2012

Josef “Jupp” Bednarski,stellvertretender Vorsitzender des Konzernbetriebsrats mit T-Mobile SicherheitsdienstNashville, Tennessee

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Auf einer anderen Versammlung – ohne Gewerkschaftsaktivisten – attackierte Ellefson denBeschäftigten Elvis Alvira persönlich: „Ich würde ihm nicht trauen”, sagte Ellefson. „Ich würde ihmnicht mein Werkzeug leihen”. Später sagte er noch: „Warum sollte jemand auf Elvis hören, er wolledoch bloß ein Gewerkschaftsboss sein.”

Eine Woche vor der Wahl schrieb der Bereichsleiter eine E-Mail an die Mitarbeiter, in der er T-Mobiles falsche Behauptungen bestärkte: „Alles was wir ihnen mitgeteilt haben, sind Fakten.Diese basieren allesamt auf nachprüfbaren Beweisen, einschließlich dem Gesetz, Zeitungsartikeln,amtlichen Unterlagen und unserer eigenen Erfahrung."

Drei Tage vor dem Wahltermin richtete ein Vorgesetzter der Gruppe sein Büro neben demWahlbüro ein, um die Techniker einzuschüchtern und von der Wahl fernzuhalten. DieBeschäftigten, die eine gewerkschaftliche Organisierung anstrebten, verloren daraufhin die Wahl.

Connecticut: T-Mobile sagt eine Gewerkschaft „widerspricht unsererUnternehmenskultur.“

Bill Henderson, Präsident des CWA-Regionalverbands 1298 in Connecticut, traf sich mit denver.di-Vertretern und beschrieb T-Mobiles Blockadestrategie im Vorfeld einer Gewerkschaftswahl imJuli 2011. Die Beschäftigten gewannen hier mit einer knappen Mehrheit von acht zu sieben dieWahl, trotz der enormen Anstrengungen des Unternehmens, die Gründung einer Gewerkschaft zuverhindern.

Wie auch in New York beriefen die Manager Versammlungen ein, zu deren Teilnahme alleBeschäftigten verpflichtet wurden und auf denen sie den Beschäftigten ihre Sichtweise aufdrängten.Ein Mitarbeiter berichtete, dass ein Manager davor warnte: „die CWA wird Arbeitsplätzevernichten, die als Einsteigerjob gar nicht so schlecht sind”.

Die Manager in Connecticut agierten durchgehend gegen die Wahl einer Gewerkschaft. DieGründung einer Gewerkschaft wäre „sinnlos”, sagten sie. Ein Manager behauptete, dass dieMitarbeiter nach einer erfolgreichen Wahl Beiträge zahlen müssten, und: „Ich möchte einfachnicht, dass ihr für eine Gewerkschaft zahlen müsst, die nichts für euch tun wird.”

Wie bereits in New York bezeichneten die Manager auch hierdie Gewerkschaft durchgehend als unerwünschte „DrittePartei". Sie behaupteten, dass die CWA dringend Geldbrauche und nur aus diesem Grund die Gründung vonBetriebsgewerkschaften anstrebe. Genau wie in Long Islandisolierte das Management auch in Connecticut dieGewerkschaftsbefürworter und sprach über die Gewerkschaftund die Gewerkschaftsaktivisten abfällig.

Mit großem Theater wurde die T-Mobile Vizepräsidentin derPersonalabteilung Marcine Hull aus dem weit entferntenBellevue, im Bundesstaat Washington eingeflogen, damit siean der Versammlung mit den Beschäftigten teilnehmen undsie vom Gewerkschaftsbeitritt abbringen konnte. Auf derVersammlung warnte sie, dass eine Gewerkschaft dieUnternehmenskultur von T-Mobile zerstören und sich negativ

auf die täglichen Arbeitsabläufe auswirken würde:

Roland Ellis, T-Mobile Beschäftigter,spricht mit ver.di Delegation in Nashville

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Bei den Schulungen, die ich gelegentlich zu den Beziehungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebe,vergleiche ich die Arbeitssituation in einem gewerkschaftsfreien Umfeld mit der Arbeitssituation ineinem gewerkschaftlich geprägten Umfeld. Und die ist von Grund her (…) durch Gegnerschaft geprägt.Und das ist nicht mit unserer Unternehmenskultur vereinbar.

Connecticut: Verhandlungen derTarifparteien werden zu Anti-Gewerkschafts-Veranstaltungen

Trotz der intensiven Kampagne des Managementsstimmten die Arbeitnehmer in Connecticut für dieGewerkschaft, jedoch hat diese Entscheidung bislangkaum Einfluss auf das Verhalten des Managements. So wiederholte der Regionalleiter Mark Appel bei einerVersammlung aller Beteiligten für den gesamtenNordwesten der USA die Behauptung, dass dieBeschäftigten in Connecticut für eine unerwünschte„Dritte Partei” gestimmt hätten. Des Weiteren sagte er, dass das Unternehmen „enttäuscht” sei und dass T-Mobile auch weiterhin glaube, dass eine „direkte”Beziehung der bessere Weg sei.

Zwei Monate nach dem Votum der Beschäftigten füreine Gewerkschaftsgründung war es Zeit, mit denVerhandlungen des Tarifvertrags zu beginnen. Leiderist dies ein schmerzlicher und frustrierender Prozess für die relativ kleineBetriebseinheit, die aus 15 Beschäftigten besteht.

Die Arbeitnehmer wollten die Verankerung einesBeschwerderechts im Tarifvertrag. Das Unternehmen sollteakzeptieren, dass die Loyalität zum UnternehmenBerücksichtigung findet und somit eine längereBetriebszugehörigkeit honoriert wird. Sie bemühten sich auchum Anerkennung der Gewerkschaft für den Fall eines Verkaufsdes Geschäfts.

Das Management wies diese Forderungen größtenteils zurück.T-Mobile stimmte zwar zu, das US-amerikanische Anti-Diskriminierungsgesetz zu beachten, weigerte sich aber, dasunternehmenseigene Mitarbeiterhandbuch in den Vertragaufzunehmen. Das Unternehmen wollte die Gewerkschaft nuran den zwei existierenden Standorten anerkennen, so dass einTarifvertrag bei Eröffnung eines neuen Standortes inConnecticut nicht für die dortigen Mitarbeiter gelten würde.Unglaublicherweise drängte T-Mobile darauf, dass die gesamtenThemenbereiche Disziplinarmaßnahmen, Arbeitszeitplanungund Arbeitsort vom Beschwerderecht ausgenommen werden.

Ansichtskarte aus Amerika:„René Obermann sollteverärgert sein.”

Gestern, nach unserem Besuchdes Call-Centers in Frisco, Texas,und unserem Gespräch mit dendortigen Arbeitnehmern,erreichte uns die Nachricht, dassRené Obermann sehr verärgertüber unser Tun ist. Ich findeaber, dass er eigentlich über dieArt, wie seine Mitarbeiter bei T-Mobile USA behandelt werden,verärgert sein sollte.

—Conny Parisi-Bohmholt,Beschäftigte und Betriebsrätin

im EinzelhandelDeutsche Telekom

ver.di und CWA vor demCall-Center in Nashville,Tennessee

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Das Misstrauen der Beschäftigten wuchs als das Managementdie Verhandlungen blockierte und immer wieder Termineverschob. Ein Manager wurde dem Vernehmen nachherabgestuft, damit er als Teil der Arbeitnehmerseite agierenkann. Durch diese skrupellose Taktik sank die Unterstützungfür die Gewerkschaft auf den Stand von acht zu acht. Dasamerikanische Recht sieht nach einem Jahr eine Neuwahl (alsoim Juli 2012) vor, um zu prüfen, ob die Gewerkschaft nochdie Unterstützung der Mehrheit der Beschäftigten hat. Heutefürchten die Beschäftigten, dass die Wahl im Juli zu einerAberkennung der Gewerkschaft führt. Die Verhandlungen mitT-Mobile stellen sich nun als eine anti-gewerkschaftlicheStrategie unter anderem Vorzeichen dar.

Texas, Tennessee, Florida: Ein Krieg gegen Arbeitnehmer

Beschäftigte aus dem ganzen Land berichteten den Besuchern aus Deutschland vom Kampf desUnternehmens gegen Gewerkschaften. Ein Mitarbeiter des Call-Centers in Frisco, im BundesstaatTexas, erklärte:

Das Management sagt uns ständig, dass wir keiner Gewerkschaft beitreten sollen. Es verbreitet falscheInformationen und zwingt die Mitarbeiter zur Teilnahme an Anti-Gewerkschaftsveranstaltungen. LetztenHerbst reichten wir beim National Labor Relations Board eine Beschwerde wegen unlautererBeschäftigungspraktik ein, in der wir vorbrachten, dass die Manager des Unternehmens unsunrechtmäßige und übermäßig strenge Anweisungen bezüglich unserer Rechte im Zusammenhang mitder Planung unserer Pausen gaben.

Ein Arbeitnehmer in Nashville, im Bundesstaat Tennessee,formulierte in seinem eigenen und im Namen seiner Kollegeneine direkte Forderung an das Unternehmen:

Ich verlange von Ihnen, T-Mobile USA, uns die Möglichkeit zu geben,für uns selbst zu sprechen, und uns nicht einfach Worte in den Mundzu legen und zu behaupten, dass wir keine Gewerkschaft wollen. Wirwollen sehr wohl eine Gewerkschaft. Wir haben Besseres verdient!

Eine der schockierenden Geschichten, welche die Teilnehmer derDelegation zu hören bekamen, ereignete sich in Fort Lauderdale,Florida. Sally Willis berichtete, dass die Hälfte dergewerkschaftlichen Unterstützergruppe ihres Call-Centersentlassen wurde.

Für Frank Bethke, Gewerkschaftssekretär aus Nordrhein-Westfalen war das schier unglaublich: „Es ist absolut schockierend zu hören, wie T-Mobile USA diese mutigen und engagierten Aktivistenbekämpft.” Kornelia Dubbel, Betriebsratsmitglied bei der Deutschen Telekom Kundenservice undMitglied des ver.di Gewerkschaftsrates bezeichnete dies als „Krieg gegen die Arbeitnehmer”.

„Der Stress durch den Druck zurEinhaltung der Begrenzung derAnrufzeit und der vielen anderenVorgaben sorgt dafür, dass ichmanchmal gar nicht mehr weiß,wo mir der Kopf steht, und dassich mich jeden Tag so fühle, alsob ich in den Augen desUnternehmens versage.”

—Anonymer T-Mobile Mitarbeiter

„Ich habe Dutzende vontollen Leuten gesehen, diegekündigt haben oder denengekündigt wurde, weil dieMetriks in einer Weisegeändert wurden, dass dieAnforderungen einfachunfair waren.”

—Anonymer T-Mobile Mitarbeiter

Nashville, Tennessee

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Während des Interviews mit demBundestagsmitglied Klaus Barthelbrachte der FernsehmoderatorThom Hartmann die Lage der T-Mobile-Beschäftigten prägnantauf den Punkt und nannte dieSituation ein Regime der „Angst,Einschüchterung undRespektlosigkeit”.

Die T-Mobile Mitarbeiterverdienen Respekt

Die Betriebsräte der DeutschenTelekom waren bestürzt über die

Heftigkeit des Widerstands von T-Mobile gegen die Gründung einer Gewerkschaft, vielleicht abernoch schockierter von den Arbeitsbedingungen im Unternehmen.

Die alltäglichen Arbeitsabläufe in der deutschen und US-amerikanischen Mobilfunkbrancheunterscheiden sich nicht wesentlich. Die Deutsche Telekom betreibt sowohl in Deutschland alsauch in den USA Call-Center, in denen Fragen von Kunden zu Geräten, Tarifen undAbrechnungen eingehen. In beiden Ländern hat die Deutsche Telekom auch Geschäfte, in denenGeräte und Tarife verkauft werden. In beiden Ländern erhalten Techniker den Netzbetrieb aufrecht.Und beiderseits des Atlantiks ist das Mobilfunkgeschäft stark wettbewerbsgeprägt – diesen Druckspüren auch die Mitarbeiter.

Die Hauptunterschiede zwischen den Arbeitsbedingungen der deutschen und US-amerikanischenBeschäftigten liegen in ihren Arbeitsrechten, dem Arbeitnehmerschutz und dem Respekt, den manihnen am Arbeitsplatz erweist.

Ein leitender Fachtechniker eines Call-Centers vonT-Mobile beschrieb den Druck unter dem er undseine Kollegen stehen wie folgt:

Zu einem typischen Arbeitstag gehört es, so schnell wieirgendwie möglich die Probleme der Kunden zu lösenund so eine Sofortnachricht von meinem Vorgesetztenzu vermeiden, in der er mich auffordert, den Anruf zumAbschluss zu bringen. Gleichzeitig muss ich vermeiden,dass ungelöste Probleme an die technische Abteilungweitergeleitet werden und die Identifizierung vonNetztrends zur Reduzierung der Anruferzahl führt etc.

Mit der Gewerkschaft zieht Gerechtigkeitam Arbeitsplatz ein

Das von Sanktionen geprägteamerikanische Managementmodell kanndurch die Präsenz einer Gewerkschaftgezügelt werden. Mehrmals während ihreseinwöchigen USA-Aufenthaltes trafen sichdie Betriebsräte mit CWA-Aktivisten beiAT&T Mobility. Die Gewerkschaftsaktivistenberichteten, dass ihre Arbeitsbedingungenbelastend sind und sich wie auch bei T-Mobile und der Deutschen Telekomständig ändern. Jedoch berichteten sie,dass dank einer Tarifvereinbarung eineReihe klarer Regeln aufgestellt wurden, an die sich das Management halten muss.Das Bestehen eines Beschwerdesystemshat zur Folge, dass dieLeistungsbewertungen undDisziplinarmaßnahmen gerechtergehandhabt werden.

Blake Poindexter, ehem. Beschäftigter im Call-Center in Frisco hilft jetzt T-Mobile Beschäftigten bei der Organisierung.

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Ich helfe Menschen (...) bei verschiedenartigen Problemen mit ihren Telefonen sowie mobilenBreitbandprodukten und Internetdiensten. Manchmal verbinde ich sie auch mit anderen Supportstellen.Von mir wird erwartet, dass ich alle Probleme eines Anrufs in weniger als 785 Sekunden löse. Dasentspricht ca. 13 Minuten, die auch für die Deinstallation/ Neuinstallation von Programmen von/ aufPCs, Neustart der PCs und sogar dafür ausreichen müssen, den Kunden die Bedienung ihres Computersund vieles mehr zu erklären.”

Giovanni Suriano, Betriebsratsmitglied bei der Deutschen Telekom Kundenservice, kann dieseBeschreibung sehr gut nachvollziehen: „Wir haben viele ähnliche Probleme, zum Beispiel denDruck und die hohen Erwartungen. Da wir jedoch eine Gewerkschaft haben, stehen uns viel mehrMöglichkeiten zur Verfügung, uns zu wehren und zu schützen – Dank ver.di.”

Ein Umfeld des Lernens vs. ein Umfeld derDisziplinarmaßnahmen

In Deutschland bemühen sich die Manager der DeutschenTelekom darum, die Leistung ihrer Mitarbeiter zuverbessern. Wenn zum Beispiel die Call Resolution Time(CRT) eines Mitarbeiters zu lang ist, so wird er darinberaten, wie er den Umgang mit den Kunden effizientergestalten kann. Der Mitarbeiter kann auch zu einerzusätzlichen Schulung geschickt werden. Es geht stetsdarum, dass die Arbeitnehmer die Fähigkeiten erlernen, diesie für ihren Erfolg brauchen.

Obwohl die DT in Deutschland ein Umfeld des Lernensgeschaffen hat, setzt sie in den USA auf Strafmaßnahmen.An Stelle eines Austauschs zwischen Beschäftigten undVorgesetzten, wie man den Kunden am besten bedienenund gleichzeitig kostenbewusst arbeiten kann, bevorzugendie Manager in den USA ein einseitiges, autoritäresVorgehen.

„So ein Verhalten würden die Manager in Deutschlandnicht wagen”, erklärte der ver.di-Sekretär Sven Weiger. Wo liegt der Unterschied? Die deutschenBeschäftigten sind davon überzeugt, dass die Schikane durch das Management eine direkte Folgeder fehlenden Arbeitnehmervertretung bei T-Mobile USA ist.

Die Call-Center Mitarbeiter von T-Mobile berichteten den DT-Betriebsräten, dass sie permanentunter Druck stehen, Zeit zu sparen und dies sich letztendlich auf den Kundenservice auswirke. DieRatings der Leistungen werden monatlich ausgearbeitet und haben Folgen sowohl für die Prämienals auch für den Arbeitsplan. Ein schlechter Monat kann unmittelbar dazu führen, dass einMitarbeiter einen Arbeitsplan mit ungünstigen Schichten erhält, für Mitarbeiter mit Kindern einfast unlösbares Problem.

Weit verbreitet ist die Sorge der Beschäftigten aufgrund der sich ständig änderndenLeistungsanforderungen. Das persönliche Abschneiden gemäß dieser Kriterien wirkt sich auf dieBezahlung, die Urlaubsplanung und letztlich die Sicherheit des Arbeitsplatzes aus.

Die ver.di Delegation vor der DeutschenBotschaft in den USA, nachdem sie über dieArbeitspraktiken bei T-Mobile in den USAberichtet haben.

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Reiner Ginko, Betriebsratsmitglied bei derDeutschen Telekom, bezeichnet diesen Ansatz alskurzsichtig: „Man muss die Mitarbeiter wirklichmit der bestmöglichen Fachkompetenzausstatten. Nicht einfach Druck ausüben fürLeistung, Leistung und noch mehr Leistung.Stattdessen muss man seine Mitarbeiter schulenund seinen Kunden Service bieten. Sonst verliertman Kunden und letztlich sein Geschäft.”

Der Arbeitsplatz ist immer in Gefahr

Die vielleicht größte Ursache von Stress bei den Beschäftigten ist der permanente Gedanke, dassjedermanns Arbeitsplatz in Gefahr ist.

Diese ständige Bedrohung durch Arbeitslosigkeit schockierte die deutschen Besucher, dieaufmerksam die Schilderungen eines Call-Center Mitarbeiters verfolgten:

Ich mache diese Arbeit seit drei Jahren und mache sie eigentlich auch gern, aber ich sorge mich ständigum die Sicherheit meines Arbeitsplatzes. Die Bedingungen, unter denen wir arbeiten, sind furchtbarstressig und jedes Mal, wenn wir versucht haben, die Probleme gegenüber T-Mobile anzusprechen, hatman uns einfach nicht ausreden lassen. Sie verdrehen die Tatsachen und finden einen Weg, uns dieSchuld an den Problemen zu geben. Sie sagen uns, wir sollten unseren Job machen und endlichVerantwortung für unser eigenes Handeln übernehmen, anstatt mit Ausreden zu kommen.

Da es bei T-Mobile keinen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft gibt – und US-Beschäftigte keinenindividuellen Arbeitsvertrag haben, sind die Mitarbeiter Beschäftigte “at will“. Das bedeutet, siekönnen aus jedem beliebigen Grund entlassen werden, außer es handelt sich wie im Fall vonEntlassungen wegen ethnischer Herkunft, Geschlecht, Alter oder Religion um einenGesetzesverstoß. Manager rufen den Beschäftigten regelmäßig diesen unsicherenBeschäftigungsstatus ins Gedächtnis.

Den Berichten aus Call-Centern aus dem ganzen Land zufolge kames innerhalb des letzten Jahres zu einem deutlichen Personalabbau. T-Mobile hat jedoch öffentlich behauptet, dass keine Mitarbeiterfreigestellt wurden. (Als ‚layoff ’, also eine Freistellung, wird gemäßUS-Lexikon eine Entlassung bezeichnet, die Gegenstand einerspäteren Wiedereinstellung ist. In anderen Worten, ökonomischeBedingungen führen zur temporären Freistellung von Beschäftigten,die wieder eingestellt werden, sobald sich das Geschäft erholt hat.)Das Unternehmen kann plausibel den Begriff ‚layoff ’ (alsoFreistellung) verwenden, da es keine Freistellungen gab. Es wirdnämlich nicht erwartet, dass die entlassenen Beschäftigten wiedereingestellt werden.

Ansichtskarte ausAmerika: „Es istschockierend”

Einerseits ist eswunderbar, diese tollenT-Mobile Beschäftigtenkennenzulernen.Andererseits ist eswirklich schockierend,was uns die Kollegenüber ihre Erfahrungenbei T-Mobile erzählen.

—Conny Parisi-Bohmholt,Beschäftigte und

Betriebsrätin im Einzelhan-del Deutsche Telekom

Ver.di-Mitglieder auf einer Streikdemo in Düsseldorf zeigen sichsolidarisch mit Kollegen bei T-Mobile USA, 24. April 2012

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Das Telekommunikationsunternehmen, das nicht kommunizieren will

Natürlich nahmen die deutschen Besucher auch am Verteilen von Flugblättern von CWA-Aktivisten und T-Mobile Beschäftigten vor T-Mobile Call-Centern in Nashville und Frisco teil. Auf den Flugblättern undTransparenten stand: „Wir erwarten Besseres!“

Als die Gruppe vor dem Call-Center in Frisco Fotos machte, näherte sich ein Wachmann. Ado Wilhelmverlangte, das Management zu sprechen und mit den Beschäftigten des Call-Centers in den Nicht-Arbeitsbereichen reden zu können. Das Ansinnen wurde abgelehnt und auf Rufnummern derPresseabteilung sowie der Abteilung für Politik und Regulierung verwiesen.

Die daraufhin geführten Telefonate zeigten einmal mehr, dass T-Mobile zu keiner Kommunikation mit derCWA oder auch Vertretern der deutschen Schwestergewerkschaft ver.di bereit ist. Anrufern vor dem Call-Center als auch CWA-Aktivisten, welche die Kampagnen auf Facebook oder Twitter verfolgen, wurdenunterschiedliche Antworten gegeben, weitergeleitet oder einfach aufgehängt. Dabei wollten sie nur dieeinfache Frage stellen, warum T-Mobile es nicht erlaube, dass sich Vertreter von ver.di mit Beschäftigtenim Nicht-Arbeitsbereich außerhalb ihrer Arbeitszeit treffen können.

Es wurden Sonnenrollos runtergelassen, damit die Angestellten die ver.di Gruppe nicht vor dem Gebäudebeobachten konnte. Der Direktor des Call-Centers schickte an alle Beschäftigten eine E-Mail und bezeichnete die Aktion als „Anstrengung um Publicity“ zu erzielen. In der E-Mail wurdebehauptet: „(...) wir sind weiterhin davon überzeugt, dass es für beide, die Beschäftigten von T-Mobileund unser Unternehmen besser ist, eine direkte Arbeitsbeziehung zwischen dem Management und denBeschäftigten beizubehalten. Die überwältigende Mehrheit unserer Beschäftigten haben sich dafürentschieden, nicht von der Gewerkschaft vertreten zu werden.“ Die anwesenden T-Mobile Beschäftigtenwiesen darauf hin, dass der großen Mehrheit niemals eine Wahlmöglichkeit gegeben wurde!

Diese Episode verdeutlichte der Gruppe zwei Botschaften. Erstens, amerikanische Manager wollen wedermit Vertretern der CWA noch mit Vertretern von ver.di sprechen und sie versuchten ihre Beschäftigtenebenfalls von einer Kommunikation abzuhalten. Zweitens, wurde deutlich, dass die linke Hand nichtwusste, was die rechte Hand bei T-Mobile tat. Beschäftigte des Unternehmens in der Presseabteilungsowie der Abteilung für Politik und Regulierung zeigten sich überrascht und frustriert darüber, dass ihreTelefonnummern weitergegeben wurden. Sie wussten nichts über Frisco, die Delegation aus Deutschlandoder ihr Anliegen. Tatsächlich zeigten sie sich über die Herausgabe ihrer Telefonnummern durch dasManagement in Frisco verärgert. Die Delegation bestand überwiegend aus Mitgliedern von Betriebsrätenund Aufsichtsräten – Personen, die in Deutschland an Unternehmensentscheidungen beteiligt sind.Dieser kalte Empfang, ob nun in Bellevue oder Bonn entschieden, hat einen bleibenden Eindruckhinterlassen.

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Den Angaben der geprüften Jahresberichte des Unternehmens kann entnommen werden, dass eszwischen Dezember 2010 und Dezember 2011 zu einer Reduzierung der Belegschaft um 3.200Personen kam.

T-Mobiles Politik der Entscheidungszeit („decision time“) ist„mittelalterlich”

Wenn ein klar definiertes Regelwerk fehlt, können die Manager durch ihr Handeln oftmals dieBelegschaft entmutigen und dies im Namen der Produktivitätssteigerung. Manche der Maßnahmen

überschreiten die Grenze zur Erniedrigung:

• Eine Beschäftigte im Kundendienst in Chattanooga fand eineNarrenkappe auf ihrem Schreibtisch – wegen ihrer angeblich niedrigenLeistungen. Narrenkappen werden seit dem Mittelalter verwendet, umMenschen als ‚begriffsstutzig’ oder ‚dumm’ hinzustellen.

• Mehrere T-Mobile Beschäftigte berichteten von ihrer Erfahrung mitder so genannten „Entscheidungszeit”. Bei diesem Verfahren wird derMitarbeiter aufgrund seiner der Metriks entsprechend geringenLeistungen oder auch geringfügigem Fehlverhaltens für einebestimmte Zeit suspendiert. Während dieser Zeit muss er einenAufsatz schreiben und erklären, warum er nicht entlassen werden sollteund was er zur Behebung seiner Defizite zu tun gedenke. Dann mussder Mitarbeiter den Aufsatz seinem Vorgesetzten vorlesen – eineErfahrung, die Erinnerungen an Bestrafungen aus der Kindheithervorruft.

Diese Methoden der Erniedrigung haben Kornelia Dubbel entsetzt:„Es ist unglaublich, dass erwachsene Männer und Frauen so

behandelt werden. Das ist dunkelstes Mittelalter. Die T-Mobile-Manager betrachten die Mitarbeitereindeutig als austauschbare Ressource.”

„Wir wollen ein erfolgreiches Unternehmen”

Die Beschäftigten von T-Mobile und der Deutschen Telekom waren sich darin einig, dass es immerauch zum Vorteil des Unternehmens ist und nicht nur zum Vorteil der Mitarbeiter, wennArbeitnehmer eine Stimme im Betrieb haben.

In der jetzigen Situation hört T-Mobile ihren Mitarbeitern nicht zu. „Wir haben viele tolle Ideen”,kommentiert ein Beschäftigter aus Albuquerque, „aber sie hören uns nicht zu”.

SCHLECHTERER SERVICE FÜR DEN KUNDEN, WENN BESCHÄFTIGTE UNTER DRUCK STEHEN

Die Beschäftigten sind davon überzeugt, dass dieses System letztendlich auch zum Nachteil derKunden ist. „Was T-Mobile über die Jahre groß gemacht hat,” so ein Mitarbeiter, „ist unsereAufmerksamkeit für die Bedürfnisse der Kunden”.

T-Mobile Beschäftigte äußerten sich im Gespräch mit ihren deutschen Kollegen betrübt darüber,dass bei einem Ranking des Kundenservice durch das Marketing Unternehmen JD Powers T-Mobile von Platz eins auf Platz vier der insgesamt vier nationalen Mobilfunkunternehmen

Kornelia Dubbel, Mitglied desBetriebsrat DT Kundenserviceerwartet Besseres von T-Mobile

Lisa Künne erwartet von der Deutschen Telekom „ihre eigenenStandards zu erfüllen.”

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gefallen ist. Der Grund für diese schlechte Bewertung ist ihrer Ansicht nach, in dem hohenZeitdruck bei den Kundengesprächen zu suchen. Hinzukommt, dass sie unter ständigemVerkaufsdruck stehen. Sie fühlen sich unwohl, wenn sie Kunden Produkte verkaufen müssen, dieeinfach nur angerufen haben, um eine Frage zu stellen.

Eine Beschäftigte im Kundenservice aus Redmond, im Bundesstaat Oregon, kritisierte dasUnternehmen, für die ständige Reduzierung der Gesprächszeit mit den Kunden: „Es scheint dasZiel des Managements zu sein, diese Kunden am Telefon los zu werden – schnell, schnell, schnell.”Die Beschäftigte ist der Meinung, dass sie aufgrund der geringen Zeit mit dem Kunden, niemalseinen Qualitätsservice bieten kann.

Eine andere Beschäftigte im Kundenservice berichtete, dass wenn ein Kunde bei T-Mobile zumBeispiel wegen eines defekten Telefons viele Male anruft, das Gespräch in eine Warteschleifeumgeleitet wird. Der Kunde ist dann mit einem Spracherkennungsprogramm konfrontiert, dasdurch eine so genannte ‚Anrufablenkungs’-Software gesteuert wird. Er ist gezwungen, eine Serie vonBedienungshinweisen zu durchlaufen. Die Erwartung ist, dass einige Kunden frustriert auflegenwerden und so Leitungen für neue Anrufe frei werden. Wenn der Kunde schließlich doch einenMitarbeiter erreicht, ist der Ärger noch größer.

Kunden sind z.B. auch ungehalten, wenn die Beschäftigten im Kundenservice sich genötigt fühlen,routinemäßig etwas zu verkaufen. Eine Mitarbeiterin aus Albuquerque erzählte, Kunden mögen esnicht „wenn ihnen etwas verkauft wird, obgleich sie einfach nur wegen eines Problems mit ihrerRechnung anrufen.” Nach Aussagen einer anderen Beschäftigten in Oakland, im BundesstaatMaine, bestehen die Manager darauf, dass „man lernen muss, ein Gleichgewicht von Service undVerkauf zu finden”. Dies sei, so die Beschäftigte „bei ständig steigenden Quotenvorgaben, die manerfüllen muss, um den Arbeitsplatz zu behalten, ein unrealistisches Ziel. Ich finde, dass man sichentweder auf den Verkauf oder auf den Kundenservice konzentrieren muss. Realistisch betrachtetkann man nicht beides gleichzeitig tun, wenn es funktionieren soll.”

Viele Arbeitnehmer wollen einfach nur in Ruhe arbeiten können und sich um die Bedürfnisse ihrerKunden kümmern. Stattdessen drehen ihre Manager im Hintergrund Musik auf, um „ihnenEnergie zu geben”. Den Mitarbeitern ist dies peinlich, schließlich können ihre Kunden den Krach

Ihr sollt wissen, dass Ihrnicht alleine seid.Jedesmal wenn Ihr fürEure Rechte aufsteht,denkt daran, dies ist dieAnstrengung einer ganzenBewegung – wir stehen anEurer Seite und diessolange wie es dauert.”

—Richard Trumka, Präsident AFL-CIO

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hören. Ein Manager beugte sich über eine Beschäftigteund platzte damit heraus: „sechs Minuten, dannabbrechen” oder „was dauert es so lange”, oder „klingevertrauensvoll und verkaufe etwas”. Beschäftigte sindder Meinung, dass ihre Trainer ihre Effektivität mitsolchen Methoden eher reduzieren und ihr Verhaltendazu führt, dass ihr Gespräch mit den Kunden wenigerproduktiv ist.

Schließlich berichteten zahlreiche Beschäftigte, dass sieüber die zunehmende Abhängigkeit T-Mobiles vonausgelagerten und ins Ausland verlagerten Call-Centern entsetzt seien. Ein Beschäftigter erzählte derGruppe, dass er Beschwerden von Kunden erhielt, diezuvor mit Beschäftigten im Kundenservice bzgl. ihresKontos gesprochen hatten. Sie konnten die Call-Center Mitarbeiter aufgrund ihres Akzents nicht

verstehen bzw. ihre konkreten Probleme konnten schlicht nicht gelöst werden.

Andenken von der Reise: Erkenntnis und Wut

Als die deutschen Besucher ihre Heimreise antraten, war ihr Vertrauen in die Deutsche Telekomerschüttert. Was sie über die Arbeitsbedingungen und den Mangel an Respekt gegenüber denMitarbeitern bei T-Mobile erfahren haben, wollen sie im Unternehmen und in der Öffentlichkeitzum Thema machen.

Drei Techniker und Betriebsräte der Deutschen Telekom – Werner Schönau, Dieter Badel undHelmut Angerer – fassten ihre neuen Erkenntnisse zusammen:

Was nehmen wir von der Reise mit nach Deutschland? Zumindest einen sehr tiefen Eindruck. Und dieseFragen: Warum ist die Situation hier in den USA so anders als in Deutschland? Und was können wir zurUnterstützung unserer amerikanischen Kollegen tun, wenn wir wieder zu Hause sind?

Auf keinen Fall werden wir in Zukunft aufgeben. Wir werden jede Gelegenheit nutzen, um mit unserendeutschen Kollegen über die Erfahrungen zu sprechen, die wir während dieser Woche gemacht haben.Wir werden sie ermutigen, unserem Management Fragen zu den Vorgängen bei T-Mobile in den USA zustellen – auch harte Fragen.

Werner Schönau, Mitglied des Betriebsrates bei der Deutschen Telekom Technik, sagte weiter:„Diese Woche hier hat mich sehr bewegt. Von den Arbeitnehmern hier in den USA zu erfahren,wie ihre Arbeitsbedingungen sind, hat mich tief bewegt und mich sogar wütend gemacht (…). Wasmir fest im Gedächtnis geblieben ist, war die so genannte ‚Entscheidungszeit’. Ein Beschäftigter, deraufgrund seiner ‚schlechten Leistung’ mit Kündigung bedroht wird, wird nachhause geschickt,manchmal müssen sie einen Aufsatz schreiben, aber immer müssen sie zu ihrem Supervisorzurückkehren und beschreiben, ‚Warum das Unternehmen sie behalten sollte’ und ‚warum ichweiterhin für das Unternehmen arbeiten möchte’. Der Vorgesetzte trifft dann die Entscheidung.Dies ist absolut unglaublich für mich. Das ist entwürdigend!“

Ansichtskarte aus Amerika: „Entsetzt”

„Durch die Kolleginnen und Kollegen (in Amerika: “Brüder und Schwestern”),die ich bei den Besuchen von T-Mobile-Mitarbeitern in Deutschlandkennengelernt habe, bin ich immerinformiert gewesen – zum Beispiel überFacebook. Aber in Ihrem Land aus ersterHand zu erfahren, unter welchenBedingungen sie alle arbeiten müssen –das war extrem emotional für mich. Dashat mich wirklich entsetzt.”

—Stephan HeggemannBetriebsratsmitglied, DT Kundenservice

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„Seit ich bei T-Mobile in Deutschland angestellt bin”, sagte Schönau, „bin ich stolz, dort beschäftigtzu sein. Aber jetzt habe ich so meine Zweifel am Unternehmen. Dass das Unternehmen Menschenso behandeln kann – wahrscheinlich einfach deshalb, weil sie es dürfen. Wir müssen diese Art vonVerhalten seitens des Managements bekämpfen – in Deutschland und der ganzen Welt. Es istinakzeptabel.”

Laut Josef “Jupp” Bednarski, stellvertretender Vorsitzender des Konzernbetriebsrats, ist es an derZeit, dass die DT-Beschäftigten diese Doppelmoral bekämpfen:

Diese Woche hat mich sehr betroffen gemacht (...). Was ich hier gesehen habe, ist in keiner Weise mitder Situation in Deutschland zu vergleichen. Und ich werde auf der Ebene des Konzernbetriebsrats, aberauch im Rahmen von ver.di mit den verantwortlichen Managern und Direktoren der Deutschen Telekomsprechen, so dass diese ernsthaften Mängel gestoppt werden.

Lisa Künne will auch in Deutschland über die Missstände sprechen: „Ich werde zu diesen Dingennicht schweigen, wenn ich wieder in Deutschland bin. Ich werde das weiter thematisieren undjeden bitten, mich zu unterstützen, damit sich die Arbeitsbedingungen bei T-Mobile ändern unddie Mitarbeiter mit dem Respekt behandelt werden, den sie verdienen.”

Josef Bednarski denkt, dass „wir letztendlich doch nur unsere Solidarität haben, um gegen dieMacht der Arbeitgeber vorzugehen”, und sagte weiter:

Ich denke, dass es in Zukunft immer wichtiger wird, dass diese Art der internationalen Solidarität, diewir hier gerade praktizieren, gestärkt wird. Wenn man die Gesamtsituation der Deutschen Telekombetrachtet, ist es klar, dass alle Mitarbeiter, gleich, ob sie für die Muttergesellschaft oder für dieausländischen Tochtergesellschaften arbeiten, mit zunehmendem Druck rechnen müssen – und daseinzige, was ihnen in dieser Situation dabei helfen kann, diesen Kräften entgegenzuwirken, ist ihreSolidarität.

CWA-Demo für den Erhalt von Arbeitsplätzen vor T-Mobile Hauptsitz in Bellevue, Washington, 16. April 2012

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Fazit

Rückblickend auf die Reise der DT-Betriebsräteund ihrer Kollegen und Kolleginnen von CWAund T-Mobile während dieser Woche im Februar,fasste Bundestagsmitglied Klaus Barthel die Folgender kurzsichtigen Politik von T-Mobile für dieDeutsche Telekom und die Arbeitnehmer in allerWelt zusammen:

So darf Globalisierung nicht aussehen – der Vorstandder Deutschen Telekom und ihr Hauptaktionär derdeutsche Staat, müssen die arbeitnehmer- undgewerkschaftsfeindlichen Praktiken bei T-MobileUSA stoppen – sofort! (…) Das Recht aufGewerkschaftsgründung ist ein Menschenrecht. Diesauch in der Praxis anzuerkennen, ist eine der Voraussetzungen für eine offene Weltwirtschaft.

CWA-Präsident Larry Cohen stimmte dem zu und betonte:

Unsere wirtschaftliche Situation wird sich niemals verbessern, wenn wir weiterhin Beschäftigteangreifen und Arbeitnehmerrechte zerschlagen. Zusammen können wir unsere Nation und unsereDemokratie wieder aufbauen. T-Mobile ist Teil des Problems. Unsere Zusammenarbeit mit T-MobileBeschäftigten wird der Teil der Lösung sein.

An die Beschäftigten von T-Mobile:

„Euer Engagement hier istphänomenal. Steht auf und wehrteuch. Ihr seid großartig!”

—Stephan HeggemannBetriebsrat DT Kundenservice

Ft. Lauderdale, Florida, Beschäftigte protestieren gegen dieSchließung ihres Call-Centers

Blake Poindexter, ehemaliger Mitarbeiter desCall-Centers in Frisco, hilft heute bei derOrganisierung der T-Mobile Beschäftigten.

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Die Deutsche Telekom hat die Möglichkeit, die Dinge anders zu machen. Sie kann soweitermachen und die Vorteile des schwachen Arbeitsgesetzes in den USA ausnutzen und legaleMittel anwenden, um den Krieg gegen ihre Beschäftigten weiterzuführen.

Alternativ kann sie den Idealen ihrer Sozialcharta gerecht werden und ihr US-Management inÜbereinstimmung mit ihren konzernweiten Verpflichtungen bringen. Eine solche Corporate SocialResponsibility und ein Dialog zwischen den Sozialpartnern würde der Welt beweisen, dass dieDeutsche Telekom es ernst meint mit der Verantwortung und den Abkommen, die sie unterschreibt.Es wäre auch ein Signal an die Welt, dass Globalisierung keine Abwärtsspirale sein darf.

Nachtrag

Knapp einen Monat nach der Heimreise der Betriebsräte veröffentliche T-Mobile eineerschreckende Ankündigung: Das Unternehmen werde sieben Call-Center schließen, wovon 3.300Beschäftigte betroffen sind. Darunter ist auch der Standort in Frisco, vor dem die deutschenKollegen und Kolleginnen Flugblätter verteilten und mit Beschäftigten sprachen. Anstattgemeinsam mit den Mitarbeitern an einer Verbesserung des Service in den USA zu arbeiten(Beschäftigte haben viele Verbesserungsvorschläge gemacht) und anstatt in ein 4G-Netz dernächsten Generation zu investieren, verfolgt das Unternehmen eine Politik derLohnkostenreduzierung durch Verlagerung in Niedriglohnländer. Nach Auskunft von Ausbilderndes Call-Centers in Allentown, das auch geschlossen werden soll, nimmt das Unternehmen alleinauf den Philippinen den Dienst von zehn Call-Centern als Vertragsunternehmen in Anspruch.

Lothar Schröder, Mitglied des ver.di-Vorstands, kritisierte diese Entscheidung: „In den USA werdenintelligente Lösungen benötigt, um langfristig am Markt wachsen und bestehen zu können.Einfallslose Kahlschlagpolitik mit der Schließung von Betriebsteilen und der Entlassung vonTausenden Beschäftigten hat noch nie zu Erfolg und dauerhaften Lösungen geführt."

Die T-Mobile Beschäftigten reagieren mit ganz unterschiedlichen Gefühlen.

Blake Poindexter, Spezialist im technischen Support, Frisco, Texas:

Schande über T-Mobile! Ist das nach all den Jahren alles, was ich bekomme? Es gibt doch andere Wege,Geld zu sparen. Wir könnten ‚zusammen halten’ und dafür arbeiten, unsere Kunden zurückzuholen undunsere Jobs zu erhalten. Gerade vor ein paar Tagen habe ich gegenüber meiner Ausbilderin erwähnt, dassich mich um die Sicherheit meines Arbeitsplatzes sorge. Sie gab ihre Standardantwort: Unsere Mitarbeiterverlassen das Unternehmen nur freiwillig. Es gibt dir viele, viele Chancen, dich zu verbessern. Wirklich?Wir wollen das Unternehmen doch gar nicht verlassen. Wir sind wütend darüber, das unsere Jobs das Landverlassen! Einer meiner Kollegen, der erst seit einem Jahr dabei ist, äußerte sich von Anfang an besorgtüber den Personalabbau. Man sagte ihm immer wieder: Dein Arbeitsplatz ist sicher.

Rose Wynn, Beschäftigte im Kundenservice, Fort Lauderdale, Florida

Das Team steht zusammen – das Team bricht auseinander. T-Mobile hat uns bezüglich der Teamwertebelogen. Jetzt sind wir arbeitslos.

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Listbella Burgos, Beschäftigte im Kundenservice, Fort Lauderdale, Florida

Irgendwie bin ich auch erleichtert. Die hätten uns noch umgebracht mit ihren immer höher steigendenVerkaufszielvorgaben. Jeden Morgen beim Aufwachen fühlte ich mich so, als müsste ich vor einErschießungskommando. Jetzt kann ich wieder gesund werden. T-Mobile hat gelogen und uns mit derAussage abgespeist, dass es überhaupt keine Probleme geben wird. Sie wussten, dass uns dieGewerkschaft geholfen hätte. Deswegen haben sie die Gewerkschaft verhindert.

Jim Brilhart, Spezialist im technischen Support, Allentown, Pennsylvania

Die Ereignisse vom Donnerstag zeigen ganz deutlich, welche Macht wohlhabende Führungskräfte überdiejenigen haben, die hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen – sie können uns mit der Aussichtauf ein gesichertes Leben verlocken, aber sie können auch unseren Lebensunterhalt in einer Sekundezunichte machen und uns, denen sie ihre Position verdanken, auf den Müll werfen. Dann gehen sie ihrerWege ohne all die Sorgen, die uns jeden Tag plagen. Wer in aller Welt kann das in Ordnung finden?

Barry L. Lagler, Spezialist im technischen Support, Allentown, Pennsylvania

Die Stellen in andere Länder zu verlagern, ist nicht die Antwort. T-Mobile USA trägt einegesamtgesellschaftliche Verantwortung, die Arbeitsplätze dort zu belassen, wo sie hingehören. Genau hierher.

Jon Brookshire, Spezialist im technischen Support, Frisco, Texas

Aufopferung bedeutet, dass ich wenige Stunden nach der Geburt meines Sohnes wieder bei der Arbeitwar. Entschlossenheit bedeutet, dass jeder Anrufer wichtig ist und dass man wieder für eine guteBeurteilung durch JD Powers (siehe S. 12) arbeitet. Loyalität bedeutet, dass ich auch während derÜbernahme bei T-Mobile blieb, obwohl das Management den Blick für die wichtigen Dinge verlorenhatte. Betrug bedeutet, dass T-Mobile uns Preisschilder auf die Stirn geklebt und entschieden hat, dasses besser ist, unsere Stellen in den USA abzubauen anstatt die Arbeitsplätze zurück ins Land zu holen.

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Wir erwarten Besseres von der Deutschen Telekom/ T-Mobile USA 21

T-Mobile USA verfolgt seit 2001eine aggressive Anti-Gewerkschaftsstrategie. Dies istnicht nur ein Armutszeugnis fürden Mutterkonzern DeutscheTelekom AG sondern auch für dieBundesrepublik Deutschland, diegrößter Shareholder derDeutschen Telekom ist. Die US-Gewerkschaft CWA und ver.dihaben sich zusammen geschlossen,um T-Mobile Beschäftigten zuhelfen, das Recht aufOrganisationsfreiheit und

Gerechtigkeit am Arbeitsplatz durchzusetzen. Der US-amerikanische Dachverband AFL-CIO, UNIGlobal Union und der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) führen gemeinsam mit ver.di undCWA eine globale Kampagne unter dem Motto „Wir erwarten Besseres“.

Video über den Besuch der DT-Betriebsräte:

http://www.wirerwartenbesseres.org/video-besuch-bei-t-mobile.html

CWA (COMMUNICATION WORKERS OF AMERICA)

501, 3rd St. NW, Washington, DC 20001

Mai 2012

Der Report kann bestellt werden bei: http://www.wirerwartenbesseres.org/globale-petition-gestartet.html

Informiere Dich:

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