Indianer in Deutschland · Karl Markus Kreis: Indianer in Deutschland ein Indianer des besagten...

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Der Film im Ensemble der Künste um 1900 Hrsg. v. Jürgen Felix, Heinz-B. Heller, Karl Prümm (Veröffentlichung geplant erst für Frühjahr 2002, dann für 2005, dann von Herausgebern und Verlag stillschweigend aufgegeben) Karl Markus Kreis Indianer in Deutschland Die inszenierte Authentizität der Völkerschauen Der Begriff ‚Völkerschau‘ hat sich als Sammelbegriff eingebürgert für Schaustellungen von Menschen, die – zum größten Teil – aus außereuropäischen Ländern nach Europa gebracht wurden und hier in ganz unterschiedlichen Veranstaltungsformen auftraten oder vorgeführt wurden. Die Blütezeit dieses Zweigs des Show-Business liegt in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg, mit einer letzten Konjunktur in den 1920er Jahren. Für diesen Zeitraum listet die wegweisende Monographie von Hilke Thode-Arora über die Hagenbeckschen Völkerschauen alles in allem ca. 70 Schauen der Familie Hagenbeck auf, dazu noch einmal etwa ebenso viele anderer Unternehmen 1 . Die Gruppen kamen aus allen Himmelsrichtungen: Afrika, Indien, Zentralasien, Samoa, Nord- und Südamerika, und in Gestalt der Lappländer auch aus Nordeuropa. Das Thema ‚Völkerschauen‘ ist aber zu umfassend, um es hier insgesamt in den Blick zu nehmen. Noch weniger ist es möglich, auch Nachbarphänomene zu würdigen, mit denen es teilweise personelle und programmatische Überschneidungen gab, insbesondere die Welt- bzw. Kolonial- und Gewerbeausstellungen, aber auch traditionelle Jahrmärkte 2 . Ich greife deshalb als Beispiel die Wild-West-Schau heraus, an dem sich einige zentrale Merkmale demonstrieren lassen, mit gelegentlichen Seitenblicken auf andere Bereiche von Völkerschauen. Damit sind freilich methodische Grenzen für die Darstellung gesetzt: Wir konzentrieren das Augenmerk, erstens, auf einen Teil der Schaustellungen, der sich bewusst durch den Anspruch der Modernität von den vielen kleinen, meist am herkömmlichen Jahrmarkt orientierten Unternehmen abhob. Wir beziehen uns, zweitens, sozusagen auf die Elite der vorgeführten Völker, die Indianer Nordamerikas, die mit einem gehörigen Vorschuss an Publikumsinteresse bedacht wurden und damit von relativ hohem Marktwert für die Unternehmen waren. Die Indianer hatten wegen dieser hervorgehobenen Stellung bei den großen Schauunternehmen wesentlich bessere Arbeitsbedingungen als die vielen kleinen Gruppen, die auf diversen Schauplätzen ausgebeutet wurden. Wir haben, drittens, autobiographische Zeugnisse, die diese besonderen Verhältnisse mehr widerspiegeln als die Erfahrungen der schwächeren Gruppen. Gleichzeitig spricht für diese Auswahl, dass gerade die Wild-West-Schauen für das Verhältnis von Völkerschauen zum frühen Kino eine Scharnierfunktion haben. 1

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Der Film im Ensemble der Künste um 1900Hrsg. v. Jürgen Felix, Heinz-B. Heller, Karl Prümm

(Veröffentlichung geplant erst für Frühjahr 2002, dann für 2005, dann von Herausgebern und Verlag stillschweigend aufgegeben)

Karl Markus Kreis

Indianer in Deutschland

Die inszenierte Authentizität der Völkerschauen

Der Begriff ‚Völkerschau‘ hat sich als Sammelbegriff eingebürgert für Schaustellungen von Menschen, die – zum größten Teil – aus außereuropäischen Ländern nach Europa gebracht wurden und hier in ganz unterschiedlichen Veranstaltungsformen auftraten oder vorgeführt wurden. Die Blütezeit dieses Zweigs des Show-Business liegt in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg, mit einer letzten Konjunktur in den 1920er Jahren. Für diesen Zeitraum listet die wegweisende Monographie von Hilke Thode-Arora über die Hagenbeckschen Völkerschauen alles in allem ca. 70 Schauen der Familie Hagenbeck auf, dazu noch einmal etwa ebenso viele anderer Unternehmen1. Die Gruppen kamen aus allen Himmelsrichtungen: Afrika, Indien, Zentralasien, Samoa, Nord- und Südamerika, und in Gestalt der Lappländer auch aus Nordeuropa.

Das Thema ‚Völkerschauen‘ ist aber zu umfassend, um es hier insgesamt in den Blick zu nehmen. Noch weniger ist es möglich, auch Nachbarphänomene zu würdigen, mit denen es teilweise personelle und programmatische Überschneidungen gab, insbesondere die Welt- bzw. Kolonial- und Gewerbeausstellungen, aber auch traditionelle Jahrmärkte2. Ich greife deshalb als Beispiel die Wild-West-Schau heraus, an dem sich einige zentrale Merkmale demonstrieren lassen, mit gelegentlichen Seitenblicken auf andere Bereiche von Völkerschauen. Damit sind freilich methodische Grenzen für die Darstellung gesetzt: Wir konzentrieren das Augenmerk, erstens, auf einen Teil der Schaustellungen, der sich bewusst durch den Anspruch der Modernität von den vielen kleinen, meist am herkömmlichen Jahrmarkt orientierten Unternehmen abhob. Wir beziehen uns, zweitens, sozusagen auf die Elite der vorgeführten Völker, die Indianer Nordamerikas, die mit einem gehörigen Vorschuss an Publikumsinteresse bedacht wurden und damit von relativ hohem Marktwert für die Unternehmen waren. Die Indianer hatten wegen dieser hervorgehobenen Stellung bei den großen Schauunternehmen wesentlich bessere Arbeitsbedingungen als die vielen kleinen Gruppen, die auf diversen Schauplätzen ausgebeutet wurden. Wir haben, drittens, autobiographische Zeugnisse, die diese besonderen Verhältnisse mehr widerspiegeln als die Erfahrungen der schwächeren Gruppen. Gleichzeitig spricht für diese Auswahl, dass gerade die Wild-West-Schauen für das Verhältnis von Völkerschauen zum frühen Kino eine Scharnierfunktion haben.

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‚Echte Indianer‘ usw.

Als repräsentatives Beispiel für den Authentizitätsanspruch der Schauunternehmen seien ein paar Zitate aus der Ankündigung des Circus Sarrasani für seine Schau im Jahre 1914 genommen:

„Sarrasanis Wild-West-Schau [zeigt] einen naturwahren, echten Ausschnitt aus den Vorgängen im wilden Westen Amerikas, im abenteuerlichen Prärielande [...] phantastischer als jeder Theaterspuk ist hier die Wirklichkeit, farbenfroher, bunter und reicher an kühnen Taten und Erlebnissen ist das wahre Treiben der Sioux-Indianer und der Cowboys, der Mulatten und der Mexikaner. Nicht Schauspieler, nicht Artisten sind die Handelnden der Wild-West-Schau. Es sind Menschen, [...] die in ihren Reservat-Territorien ein wildes, freies Nomaden-leben führen, ungezügelt durch Gesetze, es sei denn, das der Blutrache! [...]. So bietet Sarrasanis Wild-West-Schau alles in allem etwas, was niemals gesehen wurde, und was zum zweiten Male nicht gezeigt werden kann, weil es die Menschen nicht noch einmal gibt, die solche Spiele und Künste naturwahr aufführen können, sie sind dem Geschicke des Aussterbens verfallen. Bedenkt man schließlich, daß nicht nur die Handlungen und die Menschen echt sind, sondern daß auch die Ausstattung der Wild-West-Schau echt ist, bis auf den letzten Sattelknopf, [...] so wird man der Sarrasani Wild-West-Schau die wissenschaftliche Bedeutung nicht abstreiten können, die ihr vonseiten der be-kanntesten Fachleute und Gelehrten und der amerikanischen Konsulate beigemessen wird.“3

Wenn das Publikum die Presseberichte über die Schau genauer verfolgte, musste es freilich erkennen, dass diese vollmundigen Ankündigungen cum grano salis zu nehmen waren. Denn wenige Tage nach ihrer Veröffentlichung in den Essener Zeitungen finden sich in den selben Blättern Berichte über einen Todesfall in der Sarrasani-Schau, aus denen man etwas über die privaten Verhältnisse der Show-Indianer erfährt: Es handelt sich um das plötzliche Ableben des „allgemein beliebte[n] Häuptling[s] der Sioux-Indianer, Two-Two“; es wird über die Leichenfeier berichtet, „wobei die kirchlichen Zeremonien von der katholischen Geistlichkeit aus Altenessen versehen wurden“, und der Bericht schließt: „Wie wir hören, wirken zwei Söhne des Verstorbenen als katholische Missionare in den Indianer-Territorien.“4 Der Häuptling der wilden Sioux-Indianer war also in Wirklichkeit ein braver Katholik, und seine Söhne folgten nicht dem Gesetz der Blutrache, sondern der katholischen Kirche. Aber die Story von den falschen echten wilden Indianern geht noch weiter:

Ein paar Tage später, bei Beginn des Ersten Weltkriegs, findet sich, ebenfalls in einer Essener Zeitung, eine kleine Meldung in einem Bericht über die allgemeine Spionenhysterie, der manche unbescholtene Essener Bürger zum Opfer fielen, aber auch

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ein Indianer des besagten Zirkus, „der mit den Fäusten traktiert und hin- und hergehetzt wurde“, so dass er „sich schließlich auch den Schutzleuten gegenüber zur Wehr setzte, weil er, mit unseren Verhältnissen nicht vertraut, natürlich glaubte, er solle gelyncht werden.“5 Der gute Mann war über diese Misshandlung so erbost, dass er nach seiner Rückkehr in New York amerikanischen Journalisten davon erzählte. Für uns ist nun interessant, daß dieser Indianer keineswegs einer von Chief Two-Twos Sioux war, sondern zu einer Gruppe von Onondaga-Irokesen gehörte, die sich der Sioux-Truppe angeschlossen hatten und mit diesen zusammen bei Sarrasani – aber als Teil der Sioux-Nummer – auftraten:

„Edward Jacobs, einer der achtzehn Indianer aus der Onondaga-Reservation, die bei Kriegsausbruch in Europa mit einem Zirkus auf Tournee waren, kehrte gestern nach Hause zurück, nachdem ihm einige der unangenehmsten Erfahrungen seines Lebens zugestoßen waren. Jacobs war in Essen (Deutschland), als die Feindseligkeiten begannen.“ Als der Zirkus sich auflöste – so sein Bericht –, versuchte er, „die anderen Jungs in unserer Gruppe dazu zu bewegen, mit mir Richtung Heimat aufzubrechen, aber sie weigerten sich, weil keiner von uns irgend etwas hatte, um zu zeigen, daß wir Amerikaner waren. Ich verließ sie in Essen und fuhr durch Deutschland nach Holland. Bevor ich die holländische Grenze erreichte, wurde ich dreimal von den Deutschen verhaftet, die mich für einen russischen Spion hielten.“6

Ein Onondaga aus New York, der in Deutschland als Sioux verkleidet auftritt und für einen Russen gehalten wird, weil er sich nicht als Amerikaner ausweisen kann – die Geschichte der Show-Indianer ist voll von solchen Abenteuern, Verkleidungen und Verwechslungen. Die erwähnte Onondaga-Reservation ist ein winziges Stück Land mitten im Staat New York, am Rande der Universitätsstadt Syracuse gelegen, bevölkert von ein paar hundert Onondaga-Irokesen, die seit alters her als Ackerbauern lebten, in etlichen tausend Kilometern Entfernung von den ‚echten‘ Sioux (mit eigenem Namen Lakota) – und dem Wilden Westen, den sie genauso wenig erlebt hatten wie die Weißen um sie herum. Andere Quellen berichten über irokesische Teilnehmer an Wild-West-Shows, die als Ersatz für Sioux angeheuert wurden und, da sie nie mit Pferden zu tun gehabt hatten, erst auf der Überfahrt Reiten lernen mussten. Als sie in der Show immer wieder vom Pferd fielen, beklatschte das Publikum das begeistert als gelungene Stunts7.

‚Echt‘ war angeblich alles, was in der Show-Arena geboten wurde – das war keine Erfindung Sarrasanis, sondern ein Versprechen und eine Publikumserwartung mindestens seit den ersten Aufführungen von ‚Buffalo Bill’s Wild West‘. Hier ein Zitat aus dem offiziellen deutschen Programm von Buffalo Bills Tournee 1890/91:

„Unser Zweck ist, das Publikum mit den Sitten und Gebräuchen und der

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täglichen Lebensweise der Bewohner des fernen Westens der vereinigten Staaten, durch die Darstellung der sich dort ereignenden Scenen und wirklichen Erlebnisse bekannt zu machen. Jedes Mitglied dieser Truppe zeichnet sich durch die seine Art kennzeichnende Gewandtheit und Tapferkeit aus. Wie auch die Zuschauer vom Standpunkte der Kritik aus darüber denken mögen, wir versichern Sie, dass jede Scene ein bis auf die kleinsten Einzelheiten treues Bild der Gewohnheiten der dortigen Bevölkerung bietet. [...] Wir betrachten uns als die Ersten, denen es gelungen ist, durch langjährige Erfahrung so viele ursprüngliche und wahrhaft historische Elemente zu vereinigen.“8

Und so klingt das in einem Interview mit dem Direktor des ‚Wild West‘, Nate Salsbury, in einer Berliner Zeitung:

„Das Hauptverdienst, das wir in Anspruch nehmen, ist die Echtheit unserer Schaustellung. Was die Leute hier vor den Bewohnern der Hauptstadt des deutschen Reiches thun werden, das thun sie drüben in Amerika for a living, zu ihrem Lebensunterhalt. Was wir zeigen, ist keine show, kein Cirkus, sondern das wirkliche Leben im weiten, wilden Westen.“9

Und der Reporter kommentiert:

„Ich habe Jahre lang in Colorado, Utah und Californien gelebt und kann nur sagen, daß Herr Salsbury da die reine Wahrheit gesprochen hat. Der ‚Wild West‘ ist echt, von der Tätowierung im Gesichte eines Sioux-Indianers und dem breiten Filzhut des cowboy bis herab zu den Hufen der Büffel und der störrigen Ponies.“10

Nicht dass das Publikum, bzw. die Presse, dies immer unbesehen geschluckt hätte; in der Hauptstadt, wo derartige Vorführungen häufiger gastierten, gab es auch skeptische Stimmen. Ein Journalist beruft sich auf eigene Eindrücke im wilden Westen, und kritisiert „die Kostümierung der Wilden“:

Alle Stämme, denen er drüben begegnet sei, „waren nur in schmutzstarrende Blankets (graue Wolldecken) gekleidet, die ihnen Onkel Sam lieferte, oder in Lumpen, unter denen sie eine Lederhose trugen. Bei festlichen Gelegenheiten gingen sie ziemlich nackt, färbten sich den Leib und schmückten sich den Kopf mit Federn. Ich darf also annehmen, daß Buffalo-Bill einen Teil der Rothäute für die Schaustellung Paradekleider anlegen lässt.“11

In der Provinz, z.B. in Dortmund, hatte man solche Bedenken (oder Erfahrungen) nicht und erteilte der Show gar wissenschaftliche Weihen:

„Die Vorstellungen, die Oberst F. Cody gibt, sind die getreue Wiedergabe der Ereignisse im amerikanischen ‚Far West‘. Sie liefern daher auch dem Ethnographen, dem Künstler und dem Geschichtsschreiber das allerinteressanteste Material, und eine solche Gelegenheit zur Bereicherung des Wissens durch Anschauung bietet kein anderes Unternehmen der Welt.“12

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„Keine im Zirkus übliche Szenen spielten sich ab, sondern wirkliches, oft märchenhaftes Leben und Treiben aus den weiten Ebenen des nordamerikanischen Indianergebietes zieht an uns vorüber.“13

„Den Wert der ganzen Schaustellung finden wir in der Echtheit des Gebotenen; von dieser Echtheit kann man sich persönlich überzeugen. Man hat es hier nicht etwa mit einem Zirkus zu thun, in dem Akrobaten ihres ja oft schwierigen Amtes walten, sondern mit der Vorführung von Menschen, Tieren, Gruppen und Szenen aus einer teils bereits überwundenen Zeit, teils einer nur noch knapp bemessenen Zeitperiode unserer Tage.“14

Diese unkritischen Lobpreisungen übernahmen genau das Bild, das William F. Cody alias Buffalo Bill und seine cleveren PR-Leute entwarfen:

„Wir haben nur wirkliche Persönlichkeiten, nur echte, keine falschen Requisiten. Buffalo Bill, der Führer der Truppe, ist, wie aus nebenstehenden authentischen Berichten hervorgeht, eine der interessantesten Erscheinungen des Jahrhunderts. [...] Er zeigt in grossen, romantischen und trotzdem realistischen Zügen das Bild einer Zeit, die, obgleich jetzt vorüber, doch noch in aller Erinnerung lebt. [...] Die Deutschen, die so viele ihrer Brüder nach dem fernen Westen geschickt, wird es besonders interessieren, das wirkliche Leben dort kennen zu lernen. Ohne Uebertreibung, in vollkommener Wahrheit wollen wir es ihnen vor Augen führen. [...] Verwittert, alt, abgetragen sehen die Zelte, die Sättel, das Geschirr aus. Hier sind keine Theaterrequisiten, das wirkliche Leben, wie es dort im Westen herrschte, sieht man hier. Dreimal, auf eigenem, mächtigem Dampfer haben die Männer, Pferde, Büffel den Ocean durchfurcht. Aus dem fernen Westen kommen sie Alle – Ueberbleibsel einer vergangenen Zeit. Echt, ungeschminkt, ein Bild der Vergangenheit – die Kämpfer und wilden Reiter der Prairien.“15

Die Zitate verführen dazu, über das Verhältnis von Realität und Imagination, Geschichte und Mythos, Wirklichkeit und Märchen zu theoretisieren. Ich will statt dessen zuerst versuchen, die Funktionsweise und die Methoden darzulegen, mit denen diese Verknüpfung von Realität und Imagination bewirkt wurde.

Unternehmen mit Bildungsanspruch

Die hier zitierten Völkerschauen waren Bestandteile großer Unternehmen, keine Vorführungen von kleinen Betrieben wie etwa die auf Jahrmärkten verbreiteten Schaubuden mit einem oder zwei ‚Wilden‘. Diese Firmen hatten oft Hunderte von Akteuren und Angestellten, von Transportarbeitern bis zu PR-Agenten. Es waren kommerzielle Unternehmen, die ihre enormen Auslagen im wesentlichen durch Eintrittsgelder einspielen mussten. Bei Hagenbeck wie bei ‚Buffalo Bill‘ Cody gab die Idee, mit der Vorführung

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exotisch-fremder Teilnehmer ein Marktsegment zu erobern, den Anstoß und bildeten ge-schäftliche Überlegungen und nicht selten Krisen bis hin zu Pleiten ein ständiges Thema16.

Die Unternehmensidee war in erster Linie ein Angebot der Massenunterhaltung: Angehörige aller Schichten, auch und vor allem das zahlungskräftige Bürgertum, sollten angelockt werden, um ihnen ein möglichst breites Angebot an Erlebnissen zu verkaufen. Das verlangte einen harten Konkurrenzkampf gegen andere Angebote der entstehenden Unterhaltungsindustrie. Dabei gewann nun die behauptete Echtheit oder Authentizität einen enormen Marktwert: Die großen Schauen konnten dadurch als neu und besonders sehenswert angepriesen werden, im Unterschied zu vorhandenen kleineren Formen wie der Jahrmarktsbude oder umherziehenden ‚anthropologischen Schauen‘, wo ebenfalls kleinere Gruppen oder Individuen vorgeführt wurden, über deren – vorgetäuschte – Echtheit gerne gewitzelt wurde. Völkerschauen boten demgegenüber eine ‚bessere Qualität‘ von Exoten, Fremden, Wilden.

Indem die Völkerschauen sich über den bloßen Jahrmarktrummel, die niederen Volksbelustigungen der unteren Schichten, erhoben, sprachen sie ausdrücklich ein bildungsorientiertes, also vor allem bürgerliches Publikum an. Sie wollten keine ‚›billigen Vergnügungen‹’ sein (und waren es auch nicht: in Dortmund, einer Arbeiterstadt par excellence, wurden z.B. die hohen Eintrittspreise von ‚Buffalo Bill’s Wild West‘ moniert17). Damit einher ging ein pekuniärer Vorteil: Durch die Anerkennung eines Schauunternehmens als „von höherem wissenschaftlichem Interesse“ entfielen bestimmte Abgaben und Gebühren18. Von der Wirkung dieser Schauen auf das bürgerliche Publikum legen Biographien und Werke vieler Vertreter der damaligen Kunst und Literatur Zeugnis ab19.

Ganz wichtig war daher die Rolle der Wissenschaftler: Cody und sein Agent Salsbury hatten schon früh die Publikumswirksamkeit von Veranstaltungen mit Bildungsgehalt erkannt und erhoben von Anfang an in den USA den Anspruch, etwas anderes als ein Zirkus zu sein (sie bezeichneten den ‚Wild West‘ auch niemals als ‚Show‘)20. Sie legten großen Wert auf Referenzen zeitgenössischer Autoritäten, die in den Programmzeitungen abgedruckt wurden. Für Hagenbeck wurden die entsprechenden Gutachten von der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte geliefert; Hagenbecks Impresario, Johan Adrian Jacobsen, verstand sich zeitlebens als Völkerkundler. Diese Wissenschaftler benutzten auch die Gelegenheit, um selber Untersuchungen durchzuführen, und äußerten Wünsche betreffs der Herkunft der nächsten Truppen, ein sich selbst bestätigendes Vorgehen: „Zirkelschlüsse waren dabei nicht ausgeschlossen, da dieselben

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Merkmale, die zur Herkunftsbestimmung der Völkerschau-Teilnehmer dienten, gerade untersucht werden sollten“; es kam vor, dass sich die Teilnehmer über ihre Herkunft absichtlich ausschwiegen21. Ausschlaggebend war dabei, dass die Menschen und ihre Darstellung in einen Kanon von Typen und Kulturen passten, den die Schauen teils vorfanden und benutzten, teils selber schufen.

Schau und Spiel

Die Methoden der Schaustellung griffen teilweise Elemente und Vorstellungen auf, die in traditionellen Bereichen der Unterhaltung und Volksbelustigung vorkamen, teils führten sie völlig neue Bestandteile ein, teils versuchten sie, Altes mit Neuem zu kombinieren. Die folgenden Merkmale der Völkerschauen kennzeichnen ihre Eigenart um die Jahrhundertwende und stehen alle in einer wechselseitigen Bedingungsrelation zueinander.

Während Straßenumzüge mit allen Beteiligten an traditionelle Formen anknüpften, erscheint die Entwicklung eines ‚typischen‘ Programmrahmens für die Vorführungen eher als ein neues Element. Buffalo Bill und die Hagenbecks präsentierten ihre Schau-Spiele meistens als aktionsreiche Programme: Überfälle bei Wild-West-Schauen, Kriegsszenen bei der Somali-Schau, verbunden mit Akrobatik, auch romantischen Szenen. Der simple Set von Rollen und Aktionen musste zugleich die Fremdartigkeit belegen und andererseits Wiedererkennbarkeit signalisieren. In seinem Rahmen waren Variationen möglich, ja nötig, um überhaupt auch einen Unterschied zwischen einzelnen Shows zu begründen und das Publikum zu immer neuem Besuch zu animieren. Aber verblüffend ist eher die Einförmigkeit als die Variation.

Vor allem die ‚action‘ des ‚Wild West‘ kam wegen ihrer stereotypischen Form gerade beim jungen Publikum an; sie lud zum Nachspielen ein, wie zahlreiche Berichte von neuartigen ‚Indianerspielen‘ bezeugen, etwa aus Leipzig:

„Die Wirkungen der Vorstellungen Buffalo Bill’s erstrecken sich weit und sind besonders bei der lieben Jugend stark zu merken. Das Lassowerfen ist seit Kurzem bei unseren Jungen sehr in Schwang gekommen. [...] In Dresden ist bereits ein kleines Mädchen mittelst Lassowerfens in ernste Lebensgefahr gebracht worden“22.

Dann wird von einem „ähnlichen weit schlimmeren Vorfall in Wien“ berichtet, bei dem mit Spielzeugpistolen geschossen worden war23. Auch Berlins besorgte Eltern blieben nicht verschont:

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„‚Wild West‘ im verkleinerten Maßstabe spielt sich jetzt fast alltäglich in den späten Nachmittagsstunden auf dem Tempelhofer Felde ab. Zahlreiche Knabenscharen improvisieren dort ein Indianer- und Cowboy-Lager, in diesem wird die nöthige Toilette mit Hülfe von Tusche und sonstigen Farbstoffen gemacht und bald jagt ein Theil derselben im indianischen Kriegsschmuck, Pfeile und Bogen in den Händen, mit lautem Kriegsgeschrei über das Blachfeld, um die ihnen aus einem anderen Lager entgegenkommenden ‚Blaßgesichter‘ anzugreifen.“24

Andere Schau-Unternehmen machten sich das Muster zunutze, das die Pioniere der Völkerschauen entwickelten. ‚Buffalo Bill’s Wild West‘ ist wieder das klarste Beispiel, da er für den Themenbereich ‚Wilder Westen‘ zwar auch vorgefundene Elemente aufnahm, aber in seiner Kombination einen in der Branche lange gültigen Standard setzte. Wie bei ihm, so galoppieren auch bei seinen Nachfolgern und Nachahmern die Indianer und Cowboys durch die Arena, werden Siedler und Postkutschen überfallen, gibt es Verfolgungs- und Wettreiten zwischen den verschiedenen Teilnehmergruppen, werden wilde Pferde zugeritten, gibt es die Kriegstänze der Indianer, die Kunststücke beim Scharfschießen. Am folgenreichsten blieb bis heute das Bild des ‚Indianers‘, ausgerüstet mit Pferd, Federhaube, langen Haaren, Kriegsgeschrei ausstoßend. Seit Buffalo Bill weiß jeder, wie ein ‚richtiger Indianer‘ auszusehen und sich zu benehmen hat. Auch andere amerikanische Ureinwohner mußten sich diesem Stereotyp anpassen, wollten sie beim Publikum als ‚Indianer‘ erkennbar sein25.

Der wichtigste deutsche Schauveranstalter jener Zeit, der ebenso wie Sarrasani von ‚Buffalo Bill’s Wild West‘ sowohl die Programmidee als auch viele Darsteller übernahm, ist Carl Hagenbeck. Im Programm der Völkerschau Oglala-Sioux-Indianer 1910 heißt es über die Vorführungen:

„Den Rahmen bildet ein wirklicher Vorfall, der sich zu Anfang der siebziger Jahre in den Blackhills ereignete, als die eindringenden Ansiedler mit den Sioux auf dem Kriegspfad lebten. Bei einer einsamen Farm erscheint eine Indianerbande und erkundet trotz freundlicher Aufnahme Gelegenheit zum Pferderaub. Der Dieb wird von den durch Schüsse herbeigerufenen Cowboys verfolgt und gefangen. Die Postkutsche passiert vorüber. Aus Rache über die Gefangennahme des Genossen überfallen die Indianer nachts die Postkutsche und die Farm und stecken das untere Blockhaus in Brand. Die Knechte verbrennen. Die Farmerfamilie aber flieht in der zur Umkehr gezwungenen Postkutsche, von den Cowboys eskortiert, ins nächste Fort unter stetem Kampf mit den Rothäuten.“26

Bei Sarrasani wiederum heißt es 1914:

„Sarrasanis Wild-West-Schau spielt sich ab im Rahmen einer spannenden Handlung, die den Raub einer weißen Frau und deren Befreiung in allen Phasen zeigt. Dabei gibt es Jagden auf wilde Pferde, Ueberfälle auf Postkutschen,

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Blockhäuser und Ochsenkarren, wechselvolle Kämpfe zu Fuß und zu Pferd. Der elegische Gesang der Nigger ertönt, die Sioux und Apachen zeigen ihre sonderbaren Tänze!“27

Unterschiede zu den Vorlagen Buffalo Bills zeigen sich demnach nicht im Grundmuster, sondern in einzelnen Handlungselementen (Frauenraub, ‚Nigger‘-Gesang) und den ‚Apachen‘ als Zugeständnis an die Karl-May-Leser.

Typen und Souvenirs

Die erwartungsgerechte Vermittlung sowohl von Fremdheit als auch von Erkennbarkeit bestimmte schon die Auswahl der Teilnehmer. Dies begann zunächst mit der Festlegung ihrer physischen Erscheinung. Die Rolle der Völkerkundler bei der Erteilung der wissenschaftlichen Beglaubigung in Form des ‚rassischen Gütesiegels‘ wurde bereits erwähnt. Auf der Grundlage dieser ‚objektiven‘ Kriterien war das wichtigste Merkmal bei der Auswahl der Teilnehmer ihr Aussehen entsprechend „dem anthropologischen Idealtypus der Region“28. Thode-Arora bringt mehrere Beispiele für die Probleme, die entstanden, wenn die Völkerschauteilnehmer nicht dem erwarteten Typus entsprachen, etwa wenn die Haare von Sioux kurz oder die von Lappländern rot waren.29

Je nach Veranstaltungsthema spielten individuelle Fertigkeiten, auch solche akrobatischer Natur, eine mehr oder minder große Rolle. Ausschlaggebend waren aber auch hierbei die Erwartungen des hiesigen Publikums. J. G. Hagenbeck schreibt über die Auswahl von Teilnehmern seiner Indien-Schau:

„Es ist nicht immer leicht, aus dem vorliegenden Material das Richtige herauszufinden [...] denn [der Bewerber] kann nicht verstehen, daß mir seine Leistungen nicht genügen, da er doch bei seinen Landsleuten einen so überreichen Beifall erntet. Hierbei fällt die offensichtlich entgegengesetzte Geschmacksrichtung zwischen Europa und Indien auf. “30

Sodann wurde natürlich Wert auf eine ‚originalgetreue‘, für die Ethnie charakteristische Ausstattung der Teilnehmer gelegt. Hier betätigten sich die Unternehmen, wie wir von William Cody wie auch von den Hagenbecks wissen, selber als Einkäufer und Ausstatter. Die Teilnehmer wurden so ausstaffiert, wie es den Vorgaben des Unternehmens und den Erwartungen des Publikums entsprach. Dementsprechend schlossen Carl Hagenbecks Instruktionen an Jacobsen 1909/10 auch diese Maßgabe ein:

„Zusammen mit diesen Indianern müssen wir natürlich alle notwendigen

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Kleidungsstücke, Hemden, Federn, Mokassins, Kopfputze etc. bekommen. [...] Natürlich müssen Sie auch die notwendigen echten indianischen Decken kaufen; wenn Sie diese Decken billig erwerben können und wenn Sie denken, daß es sich lohnt, mehr zu nehmen, dürfen Sie sie kaufen, weil wir sie möglicherweise hier an die Besucher verkaufen können.“31

Je mehr aber die heimatliche Lebensweise der Völkerschauteilnehmer sich veränderte, um so mehr waren die Unternehmen auf ihren eigenen Fundus an traditionellen Ausstattungsgegenständen angewiesen. So verlangte Lorenz Hagenbeck 1926, die Truppe seiner Lapplandschau sollte auf jeden Fall „die Mützen und Trachten der nördlichsten Lappländer tragen. Falls diese dort nicht zu haben sind, müssen wir sie von dem nördlichen Skandinavien kommen lassen, oder aber die Leute müssen sich die Sachen selbst anfertigen“32. Dieser Ansatz für die Gestaltung der Schau definiert die mitwirkenden Personen und ihre Kostümierung als voneinander getrennt. Dadurch aber werden die Personen zu Darstellern, die für eine bestimmte Rolle, für ein Schaustück ausstaffiert werden mussten – ein Stück, in dem sie sich selber in einem bestimmten Kontext darstellen sollten, der aber nicht (mehr) ihr Alltag war. Ihr ‚typischer‘ Alltag wird rekonstruiert, als authentisch inszeniert.

Eine weitere Konsequenz ist in dem Zitat Hagenbecks ausdrückt: Die Ausstattung, die Kostüme und Gegenstände, die die kulturelle Eigenart eines Schau-Volkes ausmachen, wurden zu Waren33. Wenn sie der Unternehmer einkaufte oder die Mitwirkenden sie eigens für die Schau herstellten, konnte man sie natürlich auch weiterverkaufen und nach Bedarf nachkaufen oder nachmachen. Gegenstände, die sich in der Schau als Belege für Echtheit, Authentizität und Einmaligkeit von der industriellen Massenproduktion unterscheiden sollten, wurden dadurch aber zu Souvenirs, d.h. Waren, die diese Echtheit nur noch erinnern konnten. Die Dinge, die als kulturelle Bestandteile zur Echtheit der völker-kundlichen Darbietung beitrugen, wurden ebenso aus ihrem Entstehungszusammenhang herausgerissen wie die Tänze, handwerklichen Verrichtungen und historischen Ereignisse, die in die Arena transplantiert wurden. Grundsätzlich machte es keinen Unterschied, ob die Dinge nach dem Bedürfnis des Publikums in der Schau oder in der wissenschaftlichen Präsentation her- und dargestellt wurden. Hagenbeck schreibt im selben Programm: In den bei der Völkerschau ausgestellten Sammlungen befinden sich

„sehr alte und kostbare Stücke: Alte Steinkeulen, Tomahawks und Calumets; bei den Stickereien sieht man noch statt der Perlen die buntgefärbten Stacheln des Urson, des Baumstachelschweins, verwandt. Das interessanteste ist der Skalp eines Kiowa-Häuptlings, der von dem Ute-Häuptling Shavanaugh erbeutet wurde.“34

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Das Völkerkundemuseum, der Ort des einmalig Echten, und der Souvenirladen, der Ort des vielfach Echten, geben ihre Verwandtschaft zu erkennen. Dabei ergaben sich aber auch skurrile Umkehrungen der Verhältnisse, für die folgende Anekdote stehen mag: Aus der Onondaga-Reservation kamen nicht nur die oben erwähnten Pseudo-Sioux bei Sarrasani nach Deutschland, sondern auch eine vielköpfige Blaskapelle; da freilich ihre musikalischen Darbietungen den Publikumserwartungen an Indianer nicht so recht entsprachen, mußten sie um so mehr durch ihren Outfit ihr ‚Indianertum‘ belegen, indem sie sich mit prächtigen Federhauben schmückten. Zumindest von einem ihrer Mitglieder wissen wir, woher dieser Irokese seinen (absolut irokesen-untypischen) Kopfschmuck hatte, denn nach seiner Rückkehr berichtet seine Lokalzeitung, dass er sich die Indianer-Federhaube erst in Europa gekauft hatte und sie bei einem Aufritt zuhause stolz wie ein Souvenir von seiner Europatournee herumzeigte35.

Wo möglich, übernahmen Völkerschau-Unternehmen ein weiteres Medium: das Ausstellungsdorf. Als ‚Indian Village‘, ‚Singhalesen-Dorf‘, ‚Abessinier-Dorf‘ usw. waren diese Zelte und Hütten fester Bestandteil aller größeren Unternehmen vom ‚Wild West‘ bis zu Hagenbecks Freiluftanlage in Hamburg-Stellingen, deren Kurzbezeichnung lange lautete Tierpark-Zirkus-Völkerschau. Darin wurden auch Verrichtungen handwerklicher Art gezeigt, und es wurden Souvenirs und Ansichtskarten zum Verkauf geboten. Besondere Bedeutung hatten diese Dörfer (oder wenigstens Gebäude) bei Welt- bzw. Kolonialausstellungen36.

Neu beim Medium Völkerschau ist gegenüber den Vorläufern die Bedeutung von moderner Technik, und zwar auf mehreren Ebenen37. Sie ist zum einen Inhalt der Darbietungen, z.B. bei Buffalo Bill und anderen Wild-West-Shows das Scharfschießen in verschiedenen Variationen, aber auch impliziert im übergreifenden Thema des Sieges der ‚Zivilisation‘ über ‚die Wilden‘. Zum andern aber wird Technik effektiv und demonstrativ eingesetzt bei der Realisierung der Schauen: bei Buffalo Bill in dem für damalige Verhältnisse überwältigenden Aufwand beim Eisenbahntransport des Unternehmens und dem Aufbau der Anlagen (Tribünen, Versorgungseinheiten usw.), bei Hagenbeck-Stellingen das künstlich errichtete Gelände u.a.m. Schließlich bei der medialen Verbreitung der Schauen: Hier wird gezielt ein neues Bildmedium eingesetzt und popularisiert, die Ansichtskarte. Insbesondere als fotografische Karte mit Abbildungen der Darsteller und besonders bemerkenswerter Szenen erreicht sie massenhafte Verbreitung. Wie die zahlreich erhaltenen Exemplare belegen, wurden sie überwiegend gesammelt und nicht primär als postalisches Kommunikationsmittel verbraucht. Die Mitwirkenden verkauften sie bei den Veranstaltungen, womöglich mit ihrer Unterschrift, was eine zusätzliche Einnahme dar-

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stellte. Auch die berühmten Chiefs Sitting Bull und Geronimo, die beide in Wild-West-Shows auftraten, verkauften solche Star-Autogramm-Karten mit ihrer Unterschrift38. Die Wirkung dieser einprägsamen bildhaften Erinnerungshilfen dürfte wegen ihres als dokumentarisch empfundenen Charakters kaum zu überschätzen sein.

Diese Versatzstücke des frühen Völker-Show-Business – von der typischen ‚action‘ bis zum Star-Autogramm – beziehen sich alle aufeinander, konnten aber alle auch unabhängig voneinander verkauft werden. Sie ließen sich daher in vielfältiger Weise geschäftlich verwerten und stellten gewissermaßen ‚Medienpakete‘ dar, bestehend aus visuellen Medien wie Plakat und Ansichtskarte, Printmedien wie Führer durch Programm und Ausstellungsdorf, theatralischen Darbietungen wie Straßenumzug, ‚action‘ in der Manege, kunsthandwerklichen Vorführungen und Souvenirverkauf, bei Buffalo Bill schließlich noch Unmengen von Groschenheften, – und nicht zuletzt belehrende und beglaubigende Gutachten von Wissenschaftlern.

Wirkungen auf die Wahrnehmungserwartungen des Publikums

Die beschriebene Wiederholung der typischen Chiffren verwandelte das Kriterium Authentizität: ‚Echtheit‘ oder ‚Authentizität‘ wird zu einer Eigenschaft der Wahrnehmung, nicht des Wahrgenommenen. Allen auf den Zuschauerbänken von ‚Buffalo Bill’s Wild West‘ war klar: Der ‚Überfall auf die echte Deadwood-Postkutsche‘ ist nicht der originale Überfall, sondern ein hundertfach nachgespielter. Alle wussten: die Akteure kämpfen nicht wirklich auf Leben und Tod, sondern spielen nur. ‚Original authentisch‘ wurde das Dargestellte in der Wahrnehmung und in der Definition des Publikums. Die Postkutsche bei Buffalo Bill, die tatsächlich einmal in der Prärie eingesetzt gewesen war und nun bei den Vorführungen verwendet wurde, bildete lediglich eine Brücke für die eigene Phantasie und Erlebnisqualität zu dem lange zurückliegenden Ereignis. Die Akteure stellten angeblich etwas dar, das sie früher erlebt hatten, oder das sie früher einmal gewesen waren. Das Original – als Gegenstand wie als Ereignis – wurde durch seine Verwendung in der Schau zu seinem eigenen Imitat. So ergab sich ein scheinbares Paradox: der Übergang vom ‚originalen‘ Einzelstück zum ‚typischen‘ Massenstück, vom historisch einmaligen Ereignis zu seiner beliebig reproduzierbaren Aufführung – von der Unwiederholbarkeit zur Wiederholbarkeit. Durch die ständige Wiederholung von ‚Originalität’ entstand ihr Gegenteil: Massenware. Es war dann nur noch ein kleiner Schritt, die Wiederholung abzufilmen und dann den Film als echte, authentische Realität zu nehmen.

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Mit den Völkerschauen bildete sich aber auch eine kohärente Vorstellung von Welt heraus, ein imaginärer Globus: Länder und Völker wurden durch ‚typische‘ Merkmale wieder-erkennbar gemacht und in einen globalen Zusammenhang eingeordnet. Völkerschauen leisteten durch ihre Anschaulichkeit einen entscheidenden Beitrag zu einem Universum von Typen, Dingen und Handlungsweisen, die sich einerseits durch ihre Bekanntheit anhand von Chiffren leicht herbeizitieren, andererseits durch ihre Zerstückeltheit in Einzelelemente neu variieren und kombinieren ließen. Ihre Bekanntheit begründete dabei ihre Authentizität. Wer Zweifel hatte, dem wurden sie durch die Wissenschaft, die Legimitationsinstanz der Moderne, genommen. So entstand durch Völkerschauen, andere Ausstellungen und beginnende Bildberichte aus aller Welt ein durch unterschiedliche kulturelle Distanz strukturiertes Bezugsfeld, in dem ‚der Indianer‘, ‚der Neger‘, ‚der Amerikaner‘, ‚der Araber‘, ‚der Franzose‘, ‚der Deutsche‘ seinen festen Ort in einer bestimmten Umgebung hat; vor allem aber entstanden so zugeschriebene Phänotypen, die auf knappe Signale hin beliebig abgerufen werden können, samt den ‚typischen‘ Verhaltensweisen.

Völkerschauen und andere zeitgenössische Ausstellungen haben also einen wesentlichen Beitrag zur heute selbstverständlichen Verwendung kultureller Versatzstücke in Werbung, Kunst, Touristik, Film und Fernsehen geleistet. Sie trugen bei zur Zerlegung von ‚Kultur‘ in einzelne Bestandteile und zu ihrem massenhaften Konsum in unterschiedlichen Medien, und sie brachten das Kunststück fertig, diese Produkte mit dem Siegel des Authentischen zu versehen und ihnen damit einen höheren Wert zuzuschreiben39.

Diese Subjektivierung und Globalisierung der Wahrnehmung erfuhr ihre technische Steigerung im Kino. Der Film trat in die Schau-Arena und fand alles vor, was es brauchte: Versatzstücke, Typen, Orte, Aktionen und vor allem ein Publikum, das bereit war, in Wiederholungen abgebildete Ereignisse als ‚authentisch‘ zu erleben. Die Vererbungs-geschichte lässt sich zunächst inhaltlich leicht nachzeichnen. Dokumentarisch wurden Völkerschauen früh abgefilmt, und bezogen auf den ‚Wild West‘ spricht Joe Hembus sogar von der „Geburt des Films als Western“40: Buffalo Bill ist im Edison-Katalog von 1894 mit mehreren Streifen aus seinem Programm vertreten, und zwanzig Jahre später, gegen Ende seiner Laufbahn, versuchte er selber ins Filmgeschäft einzusteigen. Dabei stieß sogar, wenn man einem hartnäckig sich haltenden Gerücht glauben darf, Codys Realitätsanspruch an die Grenzen der regierungsseitig zugelassenen Realitätsdarstellung: In The Indian Wars versuchte Cody 1913 eine umfangreiche dokumentarisch-historische Darstellung des Themas, aber angeblich wurde der von der Regierung gesponsorte Film wegen einer allzu realistischen Darstellung der Rolle der US-Armee beim Massaker am Wounded Knee von ihr zurückgezogen41. Von den Show-Stücken gibt es mehrere Stunden Rohmaterial; eine

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Auswahl davon kann man im Buffalo Bill Historical Center in Cody, Wyoming, sehen. Dort hängt auch ein Plakat mit der Aufschrift: „Buffalo Bill & Pawnee Bill Film Co., Moving Pictures of the Wild West & Far East. Exactly as Presented In The Open Arena“42, was nichts anderes besagen will als: Der Authentizitätsanspruch der Show wird an die ,moving pictures‘ weitergegeben. In den Western von Thomas Ince findet man eine ganz direkte Verbindung von Wild-West-Show und Western-Film: Ince verwendete die Akteure einer damals recht erfolgreichen Schau, der ‚101 Ranch’, in seinen Filmen, nachdem die gesamte Truppe im Jahre 1911 von Oklahoma nach Kalifornien in die Western-Ranch ,Inceville‘ (laut Kevin Brownlow für den Western „fast so wichtig wie Detroit für die Autoindustrie“43) umgesiedelt worden war, und drehte mehrere Spielfilme mit diesen Show-erfahrenen Indianern und Cowboys.

Aber die ästhetischen Wirkungen dieser exotischen Schauen reichen meines Erachtens noch weiter. Beschreibungen des frühen Dokumentarfilms und seiner dem Spielfilm abgeschauten ästhetischen Form, der „Konvention der Wahrnehmungs- und Sinnstiftung“ durch Dramatisierung zwecks Erzeugung eines höheren Wahrheitsgehalts,44 also des Erschaffens von Wahrheit in der Wahrnehmung, lassen sich so lesen, als seien sie auf Völkerschau-Darbietungen gemünzt. Dann könnte man die Schaustellungen als dokumentarische Inszenierungen, oder inszenierte Dokumentationen sehen, die vom Film abgelöst werden: „Der Authentizitätseffekt durch Rekonstruktion zieht sich durch die Geschichte des Dokumentarfilms [wie der Völkerschauen; K.M.K.]. Rekonstruktiv heißt, daß etwas eigentlich Verlorenes, wieder erschlossen wird oder überhaupt erst in idealer Gestalt erscheint“,45 also inszeniert wird. Aber auch dem Spielfilm wird ein ähnlicher Authentizitätsanspruch gestellt, verlangen doch frühe Filmkritiker, er solle „natürlich“ und „lebenswahr“ sein, so dass „wir glauben, ein Stück Leben spielt sich auf der Leinwand vor unseren Augen ab.“46

Was sahen die Show-Indianer?

Wer sich mit der Geschichte dieser frühen Schauunternehmen beschäftigt, wird sich vor allem darüber bekümmern, wie die Dampfwalze moderner Unterhaltungsindustrie fremde Kulturen und Völker ,plattmacht‘, sie auf ein flaches Bild mit einem betrügerischen Echtheitssiegel reduziert und ihnen dabei das Leben und die je eigene Entwicklung raubt, um sie eindimensional auf beliebige Leinwände projizieren zu können. Daran ist vieles wahr, und die gängige Literatur zum Thema beschwört auch meistens die kolonialistische

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Verdorbenheit der Buffalo Bills, Carl Hagenbecks, und wie sie alle hießen.

Die kritische Analyse und Reflexion des Authentizitätsanspruchs von Völkerschauen und nach ihrem Funktionsmuster angelegten Veranstaltungen setzt voraus, dass es so etwas gibt wie den unverstellten Blick auf die Wahrheit außerhalb der Schau, das wirkliche Gesicht hinter der Maske, oder, um beim Fall der Völkerschau zu bleiben: die von Schauinteressen unverdorbene, unverstellte, wahre, ,eigentliche‘ Kultur der ausgestellten und vorgeführten Völkerschaften. Was aber war die Perspektive der Akteure, deren Leben von den Schauunternehmen in so verfälschender Weise vorgeführt wurde? Wie haben sie diese Verzerrung erlebt? Haben sie der Show ihre ,echte Wirklichkeit‘ entgegengesetzt? Was können sie uns über ihre Sicht dieser Inszenierungen sagen? Aufgrund von autobiographischen Zeugnissen können wir über einige prominente Show-Indianer, vor allem Nicholas Black Elk (im deutschen Sprachraum ,Schwarzer Hirsch‘) und Luther Standing Bear, Zugang zu den Erfahrungen und Erkenntnissen dieser speziellen Gruppe gewinnen47.

Im Erleben der Akteure war die Teilnahme an der Show-Tournee ganz bewusst ein Schritt in eine fremde Welt, in die Welt der Weißen, d.h. der Europäer. Von diesen fremden Eindringlingen in ihre eigene Welt hatten sie nur eine beschränkte und äußerst bedrohliche Erfahrung. Das eigene Umfeld war in den achtziger und neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts durch endgültige Niederlagen und die Erfahrung des Ausgeliefertseins an fremde Soldaten, Händler und Missionare auf einem Tiefstand, gekennzeichnet durch Armut, Seuchen und Depression. So ergriffen viele und gerade sozial und politisch verantwortungsbewusste junge Leute die Chance, mit William Cody und anderen Show-Unternehmern die fremde Welt der weißen Eroberer kennen zu lernen. Black Elk schreibt über seinen Entschluss, 1887 sich dem ,Wild West‘ anzuschließen:

„Ich wollte das große Wasser sehen, die große Welt und die Lebensweise der Weißen; dies ist der Grund, warum ich mitfahren wollte. [...] Abscheu überkam mich vor dem falschen Weg, den mein Volk jetzt ging, und ich versuchte, sie zurück auf den guten Weg zu bringen; aber es schien als könne ich sie nicht dazu bringen, so faßte ich den Entschluß, von ihnen wegzugehen, um die Lebensweise des Weißen Mannes zu sehen. Wenn die Lebensform des Weißen Mannes besser wäre, wünschte ich, daß mein Volk auch so lebt.“48

Aus dem Elend des Reservationslebens herauszukommen hatte einen ganz konkreten materiellen Vorteil: ein regelmäßiges Einkommen durch relativ leichte Arbeit, in einer Gruppe von vertrauten Landsleuten. Dieser günstigen Bedingungen bestanden wenigstens bei den großen Show-Unternehmen und entwickelten sich um so stärker, je gefragter die Indianer-Truppen wurden und je mehr sie verschiedene Anwerber gegeneinander ausspielen

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konnten. So blieben auch viele der kriegsgefangenen Lakota, darunter die Ghost-Dance-Anführer Kicking Bear und Short Bull, die an der Europa-Tournee im Jahre 1891 teilnahmen, danach freiwillig bei Buffalo Bill, manche wirkten später in Western mit49. Anders sahen die Arbeitsbedingungen für Einzelakteure und kleine Gruppen aus, die häufig auch bei kleinen Unternehmen arbeiteten und/oder zu Volksgruppen gehörten, die als ,weniger edle‘ Wilde galten und daher eher ausgebeutet werden konnten50.

Wie das Einkommen der Show-Indianer war auch ihre Arbeit vertraglich geregelt, und so sahen sie es als ihren Job an, Aktionen vorzuführen und Dinge zu präsentieren, die dem Zweck der Show entsprachen und von ihren weißen Arbeitgebern und Vertragspartnern erwartet wurden. Das begann regelmäßig mit der ,korrekten‘ Ausstattung: Sie besorgten sich ihre Ausrüstung oder wurden damit vom Unternehmen ausgestattet51, sie lernten im Notfall die Dinge, die sie nicht konnten, wie – im Falle der Onondaga – das Reiten, und spielten dann ihre Rollen: als Sioux, Arapahoe, Cheyenne, ja sogar als Cowboys52. In den vorliegenden Berichten kommt eine pädagogisch-aufklärerischer Anspruch – der viel später, wenn sie eigenständig arbeiten konnten, sehr wohl ihre Darstellungen indianischer Kultur motivierte53 – oder ein Leiden unter den klischeehaften Vorführungen kaum zum Ausdruck, statt dessen die Erinnerung an den Spaß am Spiel in der Show. Standing Bear erzählt unter anderem folgende Anekdote: Seine Frau präsentierte ihre in England geborene Tochter einer neugierigen Menge und kassierte dafür Extra-Eintritt:

„Es war eine große Zugnummer für die Show; die Arbeit war für meine Frau sehr leicht, und was das Baby betrifft: bevor es vierundzwanzig Stunden alt war, verdiente es mehr Geld als meine Frau und ich zusammen.“54

Für die Teilnehmer war damals noch etwas ganz ungewöhnlich und motivierend: das Erlebnis des Erfolges und der Anerkennung als Indianer durch das Publikum, und insbesondere durch die monarchische und politische Prominenz Europas. Für Black Elk war der Höhepunkt seiner Tournee die Begegnung mit der englischen Königin Victoria. Für diesen besonderen Auftritt wurden „die bestaussehenden Indianer und die besten Tänzer“ ausgesucht, und stolz berichtet der alte Mann über sein Erlebnis als 22-jähriger:

„Ich war einer der Auserwählten. [...] Ich war jung damals und also war ich ein ziemlich guter Tänzer. Wir tanzten so gut wir konnten. Ich war damals schlanker und konnte vielerlei Tänze. [...] Als die Königin an uns vorbeikam, hielt sie an und erhob sich nach rückwärts, wo die Indianer saßen. Alle ihre Leute verneigten sich vor ihr, aber sie verneigte sich vor uns Indianern. Wir riefen ihr erst das Frauen- und dann das Männer-Tremolo zu. Einige Menschen gerieten in solche Aufregung, daß sie durch die große Menschenmenge darin in Atemnot gerieten. Dann sangen wir alle ein Lied für die Königin. Das war die glücklichste Zeit!“55

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In ähnlichem Sinne berichtet Standing Bear von einer Sondervorführung des Wild West für die Königsfamilie, bei der er dem König auch persönlich vorgestellt wurde: „Wir schüttelten uns die Hände, wobei keiner von uns ein Wort sagte. Aber ich hatte die Ehre, König Eduard VII., dem Herrscher von Großbritannien, vorgestellt zu werden.“56

Die Show-Indianer sahen die Europäer aber nicht nur als Publikum auf den Rängen oder in ausgesuchten einzelnen Begegnungen mit der Prominenz. Vielmehr konnten sie sich auch beim Besuch von Theatern und Sehenswürdigkeiten, von Einkaufsläden und Kneipen unters Volk mischen – eine von William Cody und seinen Nachfolgern gerne praktizierte Form der Reklame. Black Elk erlebte sogar eine wahrhaft abenteuerliche Tour auf eigene Faust: Er verpaßte die Rückfahrt des Wild West 1888 (die jungen Indianer hatten sich in Manchester die letzte Nacht um die Ohren geschlagen) und tingelte dann bis 1889 mit einer windigen Show quer durch Europa, lebte eine Zeitlang mit einer Französin zusammen und wäre eigentlich gerne nach Palästina gefahren, um den Ursprung des Christentums kennen zu lernen.57 Solches Eintauchen in die Welt der Europäer brachte die Indianer in der Regel zur schmerzhaften Erkenntnis ihrer eigenen zahlenmäßigen Unterlegenheit und zu oft ver-zweifeltem Suchen nach einem Weg in die ungewisse Zukunft für ihre Völker, und zu bitteren Anklagen gegen das, was ihnen Zuhause angetan wurde. Es ist deshalb kein Zufall, dass es gerade prominente Native Americans waren, die freiwillig als Show-Spieler wirkten. Der stärkste Widerstand gegen ihre Mitwirkung kam hingegen von den weißen Indianer-Bürokraten, die die selbständigen Erfahrungen der Indianer verhindern wollten58. Ebenso kritisierten die Missionare die Shows dafür, dass sie die Indianer davon abhielten, mit der traditionellen Lebensweise zu brechen, solange dort die Weißen „ihre Albernheiten anstaunen und mit Geld bezahlen."59 Ihre Leser und Förderer in der deutschen Heimat suchten die unter den Sioux tätigen Jesuiten deshalb auch über die Unwahrheit des Bildes aufzuklären, das die Shows vermittelten: Viele dürften wohl von „Buffalo Bill’s Wild West [...] ein recht ideales Bild von dem freien, ungezwungenen Leben der Indianer mit nach Hause genommen haben. Jedoch, es waren nur Theater- oder genauer Zirkusvorstellungen, die mit der realen Wirklichkeit gar sehr im Widerspruche stehen.“60

Wie die Indianer-Agenten und die Missionare empörte sich in Deutschland auch Karl May über die Mitwirkung von Indianern bei solchen Schau-Veranstaltungen. In einer Polemik gegen seinen Widersacher Rudolf Lebius wütet er gegen „Buffalo Bill und Konsorten“ und die

„Wild-West-Schaustellungen, bei denen rote Räuber, rote Diebe, rote Schurken, rote Mörder die Hauptrolle spielten. Und die, welche diese niederträchtigen, verlogenen Rollen gaben, waren - - - Indianer! Sie taten das für Geld! Sie zogen

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bei uns herum! Sie schrieen und brüllten ihr Kriegsgeheule! Sie schmückten sich mit falschen Federn! Sie beschlichen und bestahlen einander! Sie überfielen einander! Sie knallten einander nieder! Sie mordbrennerten! Sie überfielen die weißen Jäger, die Postkutschen, die Ansiedlungen! [...] In allen diesen Wild-West-Shows wurden die niederträchtigen Schufte von Indianern dargestellt. Sie gaben das, was sie mimten, für Wahrheit aus. Es war unsere Pflicht, es ihnen zu glauben, und der Ungebildete glaubte es ihnen auch wirklich.“61

In der Tat: Verleugneten sie nicht ihre ,wahre Identität‘, ihre ,reine Kultur‘, indem sie sich zu den Affen des weißen Mannes machen ließen? Indem sie den verzerrten Bildern vom ,wilden Indianer‘ Vorschub leisteten, die ihre eigene Vernichtung begründen sollten? Indem sie sich außerhalb der Arena der Welt der Weißen anpassten: durch Übernahme der weißen Religion, Konsumgewohnheiten, Bildungsideale, ja sogar durch Übernahme des Er-scheinungsbildes, das die Weißen von einem ,Indianer‘ erwarteten?62

Ich halte es aber statt mit Karl May lieber mit James Clifford: „If the victims of progress and empire are weak, they are seldom passive.“63 Die Show-Indianer sind Beispiele für Cliffords vorsichtige Beschreibung der aktiven Rolle, die auch die Objekte der Unter-drückung (und zur Unterdrückung kann auch eine Wissenschaft wie die Völkerkunde und eine Haltung wie das Mitleid beitragen) sich nicht nehmen lassen wollen. Dazu gehört, oder besser: dies zeigt sich gerade darin, dass sie ihre Kultur – so wie wir es auch für uns beanspruchen – immer wieder neu definieren, neu erfinden, neu kombinieren, indem sie versuchen, aktiv auf Druck von außen zu reagieren und so etwas Neues zu schaffen. Es würde zu weit führen, diesen Prozess der kulturellen Entwicklung der Native Americans im Konflikt und Austausch zwischen ihnen und ihrer nicht-indianischen Umwelt auch nur zu umreißen. Bleiben wir beim Beispiel der Show-Indianer: Sie faszinieren gerade deshalb, weil sie in extremer Weise diesen kulturellen, aber auch psychologischen Prozess der Suche nach und der Weiterentwicklung von Identität und Authentizität verkörpern, so den fließenden Charakter dieser Begriffe verdeutlichend. Das Leben und Arbeiten in der Show hat sie dazu gezwungen, aber es hat sie nicht selten auch befähigt, aktiv und kreativ ihre kulturelle Rolle in der größeren Welt neu zu definieren, als Antwort und Reaktion auf die Erfahrungen nicht nur in der Manege, sondern auch in der Begegnung mit der fremden Welt im allgemeinen. So beurteilt Vine Deloria jr., ein bekannter Autor und militanter Sprecher des neuen indianischen Bewusstseins seit den 1970er Jahren, einer einseitigen Parteinahme für den weißen Mann unverdächtig, die Bedeutung dieser Show-Erfahrungen für jene Generation:

„Selbstverständlich war es keine leichte Entscheidung, sich dem Wild West anzuschließen. Aber die Freiheit, die diese Indianer bei Buffalo Bill erlebten,

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und die Chance, etwas über die Welt draußen zu erfahren, bot genügend Anreize, die viele Chiefs von der Reservation weglockten. Als zeitweilige Erziehungseinrichtung, in der Indianer in der Lage waren, die amerikanische Gesellschaft zu beobachten und ihre eigenen Schlußfolgerungen zu ziehen, war der Wild West mehr wert als alle Schulen, die die Regierung auf den Reservationen gebaut hatte. Anders als die Regierungsprogramme behandelte der Wild West die Indianer als reife Erwachsene mit der Fähigkeit, vernünftige Entscheidungen zu treffen und bei einem wichtigen Unternehmen mitzuwirken. Kenntnisse über die weiße Gesellschaft, die sie in Tourneen mit Cody erwarben, kamen vielen Indianern in späteren Jahren zustatten, und ohne diese Kenntnisse wäre die Ausbeutung der Sioux durch die Regierung in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wohl noch schlimmer gewesen.“64

Entscheidend ist dabei zu sehen und zu akzeptieren, dass die Indianer sehr wohl wussten, dass ihr Leben in der Show kaum etwas mit dem Leben in der Heimat zu tun hatte, und dass ihre Auftritte in der Show dazu dienen konnten, für die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zuhause Kenntnisse, Erfahrungen, auch Sympathien in der weißen Bevölkerung zu gewinnen. Nur wenn man das in der Show-Manege Gezeigte ernster nimmt als es die Akteure selbst tun, wenn man sich also den Anspruch der Show-Unternehmen zu eigen macht, in der Arena müsse sich das ‚wahre Leben’ abspielen, kann man ihnen solch harsche Vorwürfe wie Karl May machen. Noch einmal im Sinne von James Cliffords Aufsatz „The Pure Products Go Crazy“: Vielleicht sind ja nicht die ,reinen‘, ,echten‘ Dinge ,verrückt‘, geworden, vielleicht ist nur unser Begriff von ,Reinheit‘ und ,Echtheit‘ unangemessen, und spielt sich das wirkliche Leben in Mischungen ab, auch im Spiel, in Maskerade, in Schau und Show. Und vielleicht sollte man es deshalb den amerikanischen Ureinwohnern nicht verübeln, wenn auch ihnen das Indianer-Spielen Spaß macht65.

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1 Vgl. Hilke Thode-Arora: Für fünfzig Pfennig um die Welt. Die Hagenbeckschen Völkerschauen . Frankfurt am Main / New York 1989, S. 168-178. Weitere Unternehmen und Truppen bringt die äußerst material- und reflexionsreiche Dissertation von Sierra Ann Bruckner: The Tingle-Tangle of Modernity: Popular Anthropology and the Cultural Politics of Identity in Imperial Germany. Doctoral Thesis. Iowa City 1999, S. 472-506. – Den aktuellen Forschungsstand repräsentiert jetzt Anne Dreesbach: Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung „exotischer“ Menschen in Deutschland 1870-1940. Frankfurt am Main / New York 2005.2 Für deutsche Ausstellungen vgl. Robert Debusmann / János Reisz: Kolonialausstellungen – Begegnungen mit Afrika? Frankfurt am Main 1995; vgl. auch Daniela Schnitter: „Zur ersten Deutschen Kolonialausstellung im Rahmen der Berliner Gewerbeausstellung 1896“. In: Bezirksamt Treptow von Berlin (Hrsg.): Die verhinderte Weltausstellung. Beiträge zur Berliner Gewerbeausstellung 1896. Berlin 1996, S. 115-124, und Ulrich van der Heyden: „Die Kolonial- und die Transvaal-Ausstellung 1896/97“, in: Ulrich van der Heyden / Joachim Zeller (Hrsg.): Kolonialmetropole Berlin. Berlin 2002, S. 135-142.3 Essener General-Anzeiger vom 24. Juli 1914 (Stadtbibliothek, Essen).4 Essener Volks-Zeitung vom 29. Juli 1914 (Stadtbibliothek, Essen).5 Arbeiter-Zeitung (Essen) vom 4. August 1914 (Stadtbibliothek, Essen).6 The Post Standard (Syracuse) vom 2. Sept. 1914 (Onondaga Historical Association, Syracuse, New York; Übers.: K.M.K.).7 Hartmut Lutz: ‚Indianer‘ und ‚Native Americans‘. Hildesheim1985, S. 197, Anm. 159.8 Nate Salsbury, in: Buffalo Bill’s Wild West. Amerikanische Spiele. Illustrirte Bilder historischer Ereignisse und Skizzen. Wien 1890 (Programmheft), S. 3.9 Berliner Tageblatt vom 23. Juli 1890 (Buffalo Bill Historical Center, Cody, Wyoming; Hervorhebungen im Original).10 Ebd.11 Volkszeitung Berlin vom 25. Juli 1890 (Buffalo Bill Historical Center, Cody, Wyoming). 12 Dortmunder Zeitung vom 12. Mai 1891 (Institut für Zeitungsforschung, Dortmund).13 Dortmunder Zeitung vom 13. Mai 1891 (Institut für Zeitungsforschung, Dortmund).14 Dortmunder Zeitung vom 15. Mai 1891 (Institut für Zeitungsforschung, Dortmund).15 „Buffalo Bill’s Wild West Journal“. In: Berliner Tageblatt vom 22. Juli 1890 (Buffalo Bill Historical Center, Cody, Wyoming).16 Carl Hagenbeck: Von Tieren und Menschen. Berlin 1909, S. 80; Zeitungsinterviews mit Bill Cody in der Dortmunder Zeitung vom 19. Mai 1891 (Institut für Zeitungsforschung, Dortmund) und mit Nate Salsbury im Berliner Tageblatt vom 23. Juli 1890 (Buffalo Bill Historical Center, Cody, Wyoming).17 Dortmunder Zeitung vom 19. Mai 1891 (Institut für Zeitungsforschung, Dortmund).18 Vgl. Sibylle Spiegel: Buffalo Bill’s Wild West in München – eine Veranstaltung von ,höherem wissenschaftlichem Interesse‘. Gerolzhofen 2002. – Noch 1929 befasste sich das Preußische Oberverwaltungsgericht mit der Frage, ob die Völkerschau-Vorführungen eines „Zirkus S.“ „künstlerisch hochstehend“ und daher steuerlich zu begünstigen seien (Preußisches OVG 1930, S. 146). 19 Vgl. Michael Scholz-Hänsel: „Indianer im deutschen Südwesten“. In: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württemberg, 1986, S. 128-144. 1986, sowie z.B. August Mackes Indianer-Bilder.20 Vgl. Buffalo Bill’s Wild West, a.a.O.21 Hilke Thode-Arora, a.a.O., S. 128-129.22 Nachrichten (Leipzig) vom 22. Juni 1890 (Buffalo Bill Historical Center, Cody, Wyoming).

23 Ebd. 24 Das kleine Journal (Berlin) vom 9. August 1890 (Buffalo Bill Historical Center, Cody, Wyoming). Ähnliche Vorfälle in den USA beschreibt Sarah J. Blackstone: Buckskins, bullets, and business: a history of Buffalo Bill’s Wild West. New York 1986, S. 131-132.25 Über Buffalo Bills Einfluss für die USA vgl. z.B. John Ewers: „The Emergence of the Plains Indian as the Symbol of the North American Indian“. In: Arlene B. Hirschfelder: American Indian Stereotypes in the World of Children: A

Reader and Bibliography. Metuchen, N.J. / London 1982, S. 16-32; Gretchen M. Bataille / Charles L. P. Silet (Hrsg.): The Pretend Indians. Images of Native Americans in the Movies . Ames 1980; L.G. Moses: Wild West Shows and the Images of American Indians 1883-1933. Albuquerque 1996; für den deutschsprachigen Raum: Christian F. Feest (Hrsg.): Indians and Europe. An Interdisciplinary Collection of Essays. Aachen 1988; ders.: „Buffalo Bill und sein ,Wild West‘“. In: Helga Lomosits / Paul Herbaugh (Hrsg.): Lakol Wokiksuye. Zur Geschichte der Plains von Little Bighorn bis Wounded Knee. Wien 1990, 8 unpag. S.; Hartmut Lutz: ,Indianer‘ und ,Native Americans‘. Hildesheim 1985, S. 196; Hans-Peter Rodenberg: Der imaginierte Indianer. Zur Dynamik von Kulturkonflikt und Vergesellschaftung des Fremden. Frankfurt am Main 1994, S. 84.26 Johs. Flemming: Völkerschau der Oglala-Sioux-Indianer 1910. Hamburg-Stellingen 1910, S. 5.27 Anzeige „Sarrasani in Essen“. In: Essener General-Anzeiger vom 24. Juli 1914 (Stadtbibliothek, Essen).28 Stephan Oettermann: „Fremde. Der. Die. Das. Völkerschauen und ihre Vorläufer“. In: Lisa Kosok / Mathilde Jamin (Hrsg.): Viel Vergnügen. Öffentliche Lustbarkeiten im Ruhrgebiet der Jahrhundertwende. Essen 1992, S. 99; vgl. auch Hilke Thode-Arora, a.a.O., S. 64.29 Hilke Thode-Arora, a.a.O., S. 91, S. 95, S. 107-110; ausführlich dazu und mit zahlreichen Belegen Sierra Ann Bruckner, a.a.O., S. 341-374.30 John George Hagenbeck: Mit Indiens Fahrendem Volk. Berlin 1932, S. 8.31 Zit. nach Hilke Thode-Arora, a.a.O., S, 77. 32 Ebd., S. 83. 33 Zur ,commodification‘ vgl. insbes. Robert E. Bieder: „Marketing the American Indian in Europe. Context, Commodification and Reception“. In: Rob Kroes / Robert W. Rydell / D.F.J. Bosscher (Hrsg.): Cultural Transmissions and Receptions. American Mass Culture in Europe. Amsterdam 1993, S. 15-23.34 Johs. Flemming, a.a.O., S. 29.35 „One of the younger members has a beautiful head dress made of eagle feathers which he succeeded in obtaining in Europe.“ (Marcellus Observer vom 27. August 1915, Onondaga Historical Association, Syracuse, New York).36 Hilke Thode-Arora, a.a.O., S. 111-12; zur ,commercial ethnography‘ vgl. Sierra Ann Bruckner, a.a.O., S. 223-326.37 Vgl. J. F. Sears: „Bierstadt, Buffalo Bill, and the Wild West in Europe“. In: Kroes / Rydell, / Bosscher, a.a.O., S. 5-14.38 Vgl. Hilke Thode-Arora, a.a.O., S. 114, 124; Karl Markus Kreis: „,Indians‘ on Old Picture Postcards“. In: European Review of Native American Studies, Heft 6:1, 1992, S. 39-48. Über Sitting Bulls kurzes Gastspiel bei ‚Buffalo Bill’s Wild West‘ im Jahre 1885 vgl. Robert M. Utley: The Lance and the Shield. The Life and Times of Sitting Bull. New York 1993, S. 263-266; Don Russell: The Lives and Legends of Buffalo Bill . Norman / London 1960, S. 315-317. Geronimo blieb von 1898 bis 1906 dem Schaugeschäft verbunden, vgl. Angie Debo: Geronimo. The Man, His Time, His Place. London 1993, S. 400-425.39 Aus der umfangreichen Literatur über den ,Westen‘ als mythischen Ort vgl.. z.B. William H. Goetzmann / William N. Goetzmann: The West of the Imagination. New York / London 1986 sowie William H. Truettner (Hrsg.) 1991: The West as America. Reinterpreting Images of the Frontier, 1820-1920. Washington / London 1991. Über die Konstruktion von ,Weltvorstellungen‘ in Schau- und Ausstellungen vgl. A. E. Coombes: „Ethnography and the formation of national and cultural identities.“ In: Susan Hiller (Hrsg.): The Myth of Primitivism: Perspectives on Art. London / New York: 1991, S. 189-214; Paul A. Tenkotte: „Kaleidoscopes of the World. International Exhibitions and the Concept of Culture-Place, 1851-1915.“ In: American Studies, Vol.28, 1987, No. 1, S. 5-29. Robert W. Rydell: All the World’s a Fair. Visions of Empire at American International Expositions 1876-1916. Chicago / London 1984.40 Vgl. Edward Buscombe (Hrsg.) 1988: The BFI Companion to the Western. London 1988, S. 91-93; Joe Hembus: Western-Geschichte. 1540 bis 1894. Chronologie/Mythologie/Filmographie. München / Wien 1979, S. 601-609.41 Nellie Snyder Yost: Buffalo Bill. His Family, Friends, Fame, Failures, and Fortunes. Chicago 1979, S. 481.42 Daneben ein Plakat aus Deutschland von 1910, das die Gleichzeitigkeit dieser Vorgänge in den USA und Europa dokumentiert: „Buffalo Bill & Pawnee Bill. Wild West & Far East. Düsseldorfer Film-Manufaktur Ludwig Gottschalk“.43 Brownlow 1979, S. 257, vgl.auch Michael Wallis: The Real Wild West. The 101 Ranch and the Creation of the American West. New York 1999, S. 367-376. In seinen letzten Jahren arbeitete Buffalo Bill ebenfalls mit der ,101 Ranch‘ zusammen.

44 Heinz-B. Heller: „Dokumentarfilm und Fernsehen“. In: Heinz-B. Heller / Peter Zimmermann (Hrsg.): Bilderwelten, Weltbilder: Dokumentarfilm und Fernsehen. Marburg 1990, S. 20.45 Uta Berg-Ganschow: „Das Problem der Authentizität im Dokumentarfilm“. In: Heller / Zimmermann, a.a.O., S. 87.46 Walter Thielemann, zitiert nach Helmut H. Diederichs: „Nachwort“. In: Béla Balács: Der sichtbare Mensch oder die Kultur des Films. Frankfurt am Main 2001, S. 140.47 Vgl. Raymond J. DeMallie (Hrsg.): The Sixth Grandfather. Black Elk’s Teachings Given to John G. Neihardt . Lincoln / London 1985, mit einer ausführlichen Biographie Nicholas Black Elks und seinem Interview mit John G. Neihardt von 1931, das die Grundlage für die Autobiographie (Black Elk Speaks, deutsch: Schwarzer Hirsch: Ich rufe mein Volk bildet; vgl. Karl Markus Kreis: „Indianische Spiritualität und christlicher Glaube: der Seher und Katechet Black Elk“. In: Orientierung (Zürich) 62. Jg., 1998, Nr. 18, S. 196-200). Von (Luther) Standing Bear My People the Sioux (Lincoln / London 1975) gibt es eine deutsche Übersetzung (Standhafter Bär: Mein Volk, die Sioux. Stuttgart 1930), in der aber die 27 Seiten über die Arbeit bei Buffalo Bill fehlen.48 Raymond J. DeMallie, a.a.O., S. 245; Übers.: K.M.K.49 Vgl. Hilke Thode-Arora, a.a.O., S. 78-82; Don Russell, a.a.O., S. 369 u. S. 377; L.G. Moses, a.a.O., S. 232-235.50 Vgl. z.B. die Geschichte von Ota Benga, dem ,Pygmäen im Zoo‘: Phillips Verner Bradford / Harvey Blume: Ota Benga. The Pygmy in the Zoo. New York 1992: ferner Stephan Oettermann, a.a.O.; Christian F. Feest, a.a.O.; Stefan Goldmann: „Wilde in Europa. Aspekte und Orte ihrer Zurschaustellung“. In: Thomas Theye (Hrsg.): Wir und die Wilden. Einblicke in eine kannibalische Beziehung. Reinbek bei Hamburg 1985, S. 243-269; Hilke Thode-Arora, a.a.O. sowie Altenbergs literarische Verarbeitung seiner Begegnungen im Ashanti-Dorf in Wien (Peter Altenberg: Ashantee. Berlin 1897).51 Raymond J. DeMallie, a.a.O., S. 245; Standing Bear, a.a.O., S. 246.52 Vgl. Standing Bear, a.a.O., S. 254-256.53 Für die Familie Black Elk vgl. David O. Born: „Black Elk and the Duhamel Sioux Indian Pageant“. In: North Dakota History. Journal of the Northern Plains, Vol. 61, No. 1, Winter 1994, S. 22-29 sowie Esther Black Elk DeSersa et al.: Black Elk Lives. Conversations with the Black Elk Family. Lincoln / London 2000, S. 133-136.. 54 Standing Bear, a.a.O., S. 266; Übers.: K.M.K.55 Raymond J. DeMallie, a.a.O., S. 249-251; Übers.: K.M.K. 56 Standing Bear, a.a.O., S. 256; Übers.: K.M.K.57 Raymond J. DeMallie, a.a.O., S. 9; vgl. Charlotte Black Elk, zit. in Ian Frazier: On the Rez. New York 2000, S. 119.58 Vgl. L.G. Moses, a.a.O., vor allem S. 60-79.59 Zit. nach Karl Markus Kreis: Rothäute, Schwarzröcke und heilige Frauen. Deutsche Berichte aus den Indianer-Missionen in South Dakota, 1886-1900. Bochum 2000, S. 217.60 Zit. nach ebd., S. 252. 61 Karl May: „Herr Rudolf Lebius, sein Syphilisblatt und sein Indianer“. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1979, S. 316. Dazu: Karl Markus Kreis: „Verpasste Begegnungen? Karl May und Indianer in Deutschland“. In: Meredith McClain / Reinhold Wolff (Hrsg.): Karl May im Llano Estacado. Husum 2004, S. 195-216; ders.: „Buffalo Bill – Old Shatterhands Herausforderer, Rivale oder Vorbild?“ In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 2004, S. 121-138.62 Vgl. Rodenberg 1994, S. 84-85.63 James Clifford: The Predicament of Culture. Twentieth-Century Ethnography, Literature, and Art . Cambridge, Mass. / London 1988, S. 16.

64 Vine Deloria, Jr.: „The Indians“. In: The Brooklyn Museum: Buffalo Bill and the Wild West. Brooklyn 1981, S. 45-56, hier S. 54-55 (Übers.: K.M.K.).65 James F. Denton: „The Red Man Plays Indian“. In: Bataille / Silet, a.a.O., S. 68-70. vgl. Karl Markus Kreis: „Indians Playing, Indians Praying. Native Americans in Wild West Shows and Catholic Missions“. In: Colin G. Calloway / Gerd Gemuenden / Susanne Zantop (Hrsg.): Germans and Indians: Fantasies, Encounters, Projections. Lincoln / London 2002, S. 195-212.