Indonesien-Malaysia-Singapur- Wachstumsdreiecks · 3 Subnationale Kooperation in Südostasien unter...

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1 Universität Hannover Geographisches Institut Abteilung Wirtschaftsgeographie Subnationale Kooperation in Südostasien unter besonderer Berücksichtigung des Indonesien-Malaysia-Singapur- Wachstumsdreiecks Vorbereitungsseminar zur Großen Exkursion: Ökonomischer und technologischer Wandel in Singapur und Malaysia Wintersemester 2002 / 2003 Leitung: Dipl.-Geogr. M. Kiese Hannover, den 21.11.2002 Jennifer Abschlag Matr. Nr.:2004855 Christoph Barkow Matr. Nr.:1915246

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Universität HannoverGeographisches InstitutAbteilung Wirtschaftsgeographie

Subnationale Kooperation in Südostasien unter besonderer Berücksichtigung des

Indonesien-Malaysia-Singapur-Wachstumsdreiecks

Vorbereitungsseminar zur Großen Exkursion:Ökonomischer und technologischer Wandel in Singapur und MalaysiaWintersemester 2002 / 2003Leitung: Dipl.-Geogr. M. KieseHannover, den 21.11.2002

Jennifer Abschlag Matr. Nr.:2004855Christoph Barkow Matr. Nr.:1915246

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Gliederung

1. Einleitung S.1

1.1 Transnationale Wirtschaftsräume in Ost- und Südostasien S.1

1.2 Wachstumsdreiecke Südostasiens – Übersicht S.2

1.3 Voraussetzungen für die Kooperation S.4

1.4 Das dynamisch-evolutionäre Phasenmodell der industriellen Standortwahl S.5

2. Das Konzept des SiJoRi- Wachstumsdreiecks S.6

2.1 Die Entwicklung zu einer transnationalen Wirtschaftsregion S.7

2.2 Wirtschaftspolitische Annäherung S.8

3. Standortvorteile durch das Wachstumsdreieck S.8

3.1 Standortvorteile durch das Wachstumsdreieck in Singapur S.9

3.2 Standortvorteile durch das Wachstumsdreieck in Johor und auf den Riau-Inseln S.9

4. Motive zur Gründung des Wachstumsdreiecks S.10

4.1 Singapurs Motive für die Zusammenarbeit S.10

4.2 Johors Motive für eine Zusammenarbeit S.11

4.3 Die Motive Indonesiens zur Teilnahme an Wachstumsdreieck S.13

5. Entwicklung der Region S.13

6. Hemmnisse und Probleme in der Region S.15

6.1 Soziale Probleme S.15

6.2 Weitere Hemmnisse S.16

7. Batam als Beispiel eines Wachstumspols S.17

7.1 Die wirtschaftliche Entwicklung in Batam S.17

7.2 Ergebnisse der Hinwendung Batams zu Singapur S.19

7.3 Die heutige Position Batams innerhalb des Growth Triangle S.20

8. Fazit S.21

Literatur

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Subnationale Kooperation in Südostasien unter besond erer Ber ücksich-

tigung des Indo nesien-Malaysia-Singapur-Wachstumsdreieckes

1. Einleitung

Die vorgelegte Arbeit befasst sich mit den Vorgängen der subnationalen Kooperation

in Südostasien mit besonderem Augenmerk auf dem Phänomen des sog. Wachs-

tumsdreiecks. Zu Beginn wird der Begriff des transnationalen Wirtschaftsraums zu

erörtern sein und ein Überblick über Wachstumsdreiecke in der betreffenden Region

gegeben. Dabei wird auf die Gründe für die transnationale Zusammenarbeit und de-

ren Entwicklung eingegangen. Unter Punkt 2 wird exemplarisch die Position des Sin-

gapur-Johor-Riau-Islands-Wachstumsdreiecks, die konkrete Entwicklung und die

Motive der jeweiligen Teilregionen, sowie Hemmnisse für die Weiterentwicklung der

transnationalen Region erläutert. Punkt 3 richtet dann das nähere Augenmerk auf

einen exemplarischen Wachstumspol der Region, die zu dem indonesischen Riau-

Archipel gehörige Insel Batam.

1.1 Transnationale Wirtschaftsräume in Ost- und Südostasien

Seit Beginn der neunziger Jahre haben sich überall auf der Welt die Bemühungen

intensiviert, transnationale Wirtschaftsgemeinschaften zu bilden. In den verschiede-

nen Regionen Ost- und Südostasiens verdichteten sich bereits seit den späten acht-

ziger Jahren wirtschaftliche Austauschaktivitäten zwischen aneinandergrenzenden

Gebieten eigenständiger Nationalstaaten, was zur Ausbildung grenzüberschreitender

Wirtschaftsräume führte. Der am weitesten entwickelte und wirtschaftlich leistungs-

stärkste Wirtschaftsraum dieser Art umfasst Hongkong, die chinesische Provinz

Guangdong und das portugiesische Mandatsgebiet Macao: die „South China Eco-

nomic Zone“. Ebenso haben sich auch zwischen dem Inselstaat Taiwan und der ihm

gegenüberliegenden chinesischen Provinz Fujian oder zwischen Südkorea und Ge-

bieten der chinesischen Ostküste innerhalb der „ Yellow Sea Economic Zone“ intensi-

ve Wirtschaftsbeziehungen entwickelt.

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Abb. 1: Sonderwirtschaftszonen in Ostasien

Quelle: Rimmer, 1994, S.1739

Der Begriff der „Wachstumsdreiecke“ bzw. „Growth Triangles“ entstand in Anleh-

nung an den Wirtschaftsraum, der von dem Stadtstaat Singapur, dem malaysischen

Staat Johor und einigen Inseln des indonesischen Riau-Archipels gebildet wird, und

hat sich gemeinhin eingebürgert „als Bezeichnung für die grenzüberschreitenden

Wirtschaftsräume Ostasiens schlechthin“ (Marty, 1996, S. 2 ff).

Die integrativen Kräfte, auf denen die Entwicklung dieser transnationalen Wirtschafts-

räume basiert, werden offensichtlich von der Logik des Marktes geleitet und nehmen

auf nationalstaatliche Grenzen keine Rücksicht mehr. Die Überwindung der oft will-

kürlichen Grenzen des Nationalstaats lässt sich als globaler Regionalismus werten,

der von den verbindenden Kräften des internationalen Kapitals angetrieben wird. J e-

doch geht die Entstehung dieser Wirtschaftsräume in den meisten Fällen massgeb-

lich auf staatliche Strategien zurück, denn die Förderung wirtschaftlicher Austausch-

beziehungen und das Bemühen um zwischenstaatliche Zusammenarbeit entspre-

chen dem staatlichen Interesse an Erhaltung und Steigerung der nationalen wirt-

schaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.

1.2 Wachstumsdreiecke Südostasiens – Übersicht

Um die Grundzüge der Wachstumsdreiecke zu verdeutlichen, lässt sich auch der

Begriff des „natürlichen Wirtschaftsraumes“ heranziehen, da er ihren Charakter an-

schaulich beschreibt. Die Entwicklung von Growth Triangles basiert auf den komple-

mentären Strukturen von aneinandergrenzenden, subnationalen Wirtschaftsräumen

benachbarter Länder. Die Ausstattung mit Produktionsfaktoren ist bei diesen Wirt-

schaftsräumen sehr unterschiedlich, was entsprechend unterschiedliche komparative

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Vorteile begründet - die Regionen sind also in der Lage, sich , ökonomisch betrach-

tet, „natürlich“ zu ergänzen. Das Ziel bei der Bildung von Wachstumsdreiecken ist es,

die einzelnen Wirtschaftsstandorte miteinander zu verbinden, wodurch der Privatwir t-

schaft die Nutzung der unterschiedlichen Standortvorteile erleichtert werden soll.

Synergieeffekte treten auf bei Unternehmens- oder Verwaltungszusammenschlüssen, in dem

Bereiche und Abteilungen beispielsweise von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen zu-

sammengelegt werden. Auf diese Weise wird eine abgestimmte Gesamtleistung und demzu-

folge höhere Effizienz dieser Abteilungen oder Institute erreicht, was sich unter anderem in

Kostensenkungen bemerkbar macht.

Entsprechend dem Grundsatz, dass das Ganze grösser ist als die Summe seiner

Teile, wird die Gewinnung von Synergieeffekten und davon ausgehend die Steige-

rung der wirtschaftlichen Dynamik bezweckt. Dieses Konzept geht größtenteils auf

Goh Chok Tong, den ersten Vizepremierminister Singapurs zurück, der im Dezember

1989 den Vorschlag machte, Singapur könne gemeinsam mit dem malaysischen

Bundesstaat Johor und der indonesischen Insel Batam ein „triangle of growth“ bilden:

Abb. 2: Zonen wirtschaftlicher Kooperation in SOA

Quelle: Rimmer, 1994, S.1744

„Together, the three could be an economic force to be reckonded with“ (The Straits

Times, 21.12.1989, bei: Marty, 1996, S. 6). Im Raum des Growth Triangle sollte eine

integrierte, exportorientierte Produktionszone geschaffen werden, die eine nahezu

vollständige Ausstattung mit Produktionsfaktoren aufweist und anziehende Wirkung

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auf Unternehmungen des verarbeitenden Sektors ausübt. Um den größtmöglichen

wirtschaftlichen Nutzen zu erzielen, sollten die unterschiedlichen Standortvorteile

kombiniert werden. Zwar waren die komplementären Strukturen auch ohne Wachs-

tumsdreieck bereits vorhanden, da aber die in ihrer Faktorausstattung so unter-

schiedlichen benachbarten Standorte in drei verschiedenen Ländern lagen, war die

kombinierte Nutzung und optimale Erschließung von Synergien erschwert. Die Zu-

sammenarbeit im Rahmen des Growth Triangle löste im gesamten südostasiati-

schem Raum ausgesprochen positive Reaktionen aus und regte die Planung und

Bildung weiterer Wachstumsdreiecke an.

1.3 Voraussetzungen für die Kooperation

Eine Voraussetzung für die Entstehung länderübergreifender Wirtschaftsräume ist

die ausgeprägte Komplementarität der benachbarten Wirtschaften. Eine nicht minder

gewichtige Voraussetzung ist es aber, dass die politischen Entscheidungsträger der

potenziell beteiligten Staaten willens sind, zur Ausbildung des Wirtschaftsraumes

beizutragen. Der Gegenstand der Transnationalität beinhaltet nicht zuletzt auch in-

nen- und außenpolitische Fragestellungen - nicht allein die geographische Nähe und

der Aufbau von Infrastrukturen ist erfolgsentscheidend für die grenzüberschreitende

Wirtschaftsaktivität. Demzufolge ist die positive oder zumindest nicht negative Hal-

tung der nationalstaatlichen Akteure eine weitere Grundvoraussetzung zur Entste-

hung der transnationalen Wirtschaftsstrukturen. Nicht allein die wirtschaftliche Per-

spektive ist somit ausschlaggebend, sondern auch der politische Wille zur Kooperat i-

on muss vorhanden sein. Die konkrete Umsetzung gründet sich dabei jedoch nicht

zwangsläufig auf subnationale Zusammenarbeit und Koordination: Im Fall der Wirt-

schaftsräume Ostasiens mit Beteiligung von Provinzen der VRC beruht die Entwick-

lung weniger auf der Initiative und Förderung der beteiligten Staaten, „sondern viel-

mehr auf der Laisser-faire-Haltung der chinesischen Regierung in den an den Küsten

der Volksrepublik gelegenen Sonderwirtschaftszonen.“ (Marty, 1996, S. 5)

1.4 Das dynamisch-evolutionäre Phasenmodell der industriellen Standortwahl

Basierend auf empirischen Erfahrungen in Südostasien erstellte van Grunsven

(1995) ein dynamisch-evolutionäres Phasenmodell der industriellen Standortwahl von

Unternehmen. Dieses Modell lässt sich gut auf das SIJORI-Wachstumsdreieck proji-

zieren und macht zwei zentrale Aussagen (Vgl. Schätzl, 1998, S. 214):

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1. Von den Kernregionen der Weltwirtschaft vollzieht sich im Entwicklungspro-

zess eine Verlagerung industrieller Aktivitäten zunächst in die wirtschaftlichen

Kernregionen Südostasiens und später Verlauf in die südostasiatische Peri-

pherie. Dabei verlagern transnationale Unternehmen in zunehmenden Maße

nicht nur die technologieextensive Produktion von Komponenten und Endpro-

dukten, sondern auch technologieintensive Produktionsweisen (Vgl. Revilla

Diez, 1999, S. 23).

Abb. 3

2. Den lokalen Unternehmen in den

wirtschaftlichen Kernregionen Südost-

asiens gelingt es im weiteren Entwick-

lungsverlauf, anfangs bei arbeitsinten-

siv hergestellten Massen-gütern und

später auch bei technologieintensiv

hergestellten Gütern internationale

Wettbewerbs-fähigkeit zu erlangen.

Damit geht in der Regel eine Intensivie-

rung der Verflechtungsbeziehungen mit

TNU einher, beispielsweise als Zuliefe-

rer oder Lizenznehmer. Entscheidend

ist, dass die TNU großen Wert darauf

legen, die vertikale Ausrichtung der

Produktion beizubehalten (ausgeprägte

Hierarchie im Netzwerk). Dadurch wird

eine strategische Steuerung ermöglicht

und auf dem jeweiligen Gebiet der

technologische Vorsprung gesichert.

Quelle: Schätzl 2001, S. 237

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2. Das Konzept des SiJoRi- Wachstumsdreiecks

Eine Art des intraregionalen Wirtschaftsraumes und damit auch intraregionaler Be-

ziehungen stellt beispielhaft das Wachstumsdreieck Singapur, Johor und die Riau

Islands dar.

Abb. 4: SiJoRi growth triangle

Quelle: Peachey, K./ Perry, M. / Grundy- Warr, C., 1998, S. 2

In diesem Wirtschaftsraum, treffen mit Produktionsfaktoren unterschiedlich ausge-

stattete Gebiete benachbarter Länder aufeinander. Aufgrund der unterschiedlichen

komparativen Vorteile der einzelnen Länder kommt es zu einer „natürlichen“ Ergän-

zung der einzelnen Wirtschaften. Es wurde eine Region geschaffen, in der integrierte

Produktionsprozesse ablaufen und die zugleich eine einheitliche Exportzone ist. Man

nennt die Region aufgrund ihres Wachstums und ihrer Wachstumsaussichten auch

„Johor-Singapor-Riau Growth Triangle“ (Chen / Kwan 1997 S.89).

Die Zusammenarbeit von Singapur, Johor und den Riau-Islands wurde im Jahr 1989

beschlossen, nach dem Vorschlag von Singapurs Vizeminister Goh Chok Tong (vgl.

Marty 1996 S.6). Im Jahr 1995 wurde das trilaterale Memorandum ratifiziert. Damit

wollte man, wie oben schon erwähnt, durch die Zusammenführung der Komplemen-

taritäten dieser unterschiedlichen Regionen Wachstumssynergismen auslösen (vgl.

Revilla Diez 1999 S.25). Eine Produktionsregion mit nebeneinander-liegenden, un-

terschiedlichen Standortvorteilen sollte entstehen. Die gesamte Region sollte und soll

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noch immer von den TNU (Transnationale Unternehmen) als bestmöglicher Standort

betrachtet werden.

Durch den erlangten Erfolg des Konzeptes kam es 1996 zu einer Erweiterung der

Wachstumsregion. Die indonesische Region West Sumatra, sowie die malaysischen

Regionen Malacca, Negri Sembilan und Pahang wurden in die Wirtschaftsregion in-

tegriert. Aus dem SiJoRi wurde das IMS-Wachstumsdreieck (vgl. Low 2001).

2.1 Die Entwicklung zu einer transnationalen Wirtschaftsregion

Durch die weltweit greifende Rezession von 1985 kam das Economic Planing Com-

mittee (EPC) in Singapur zu dem Schluss, dass sie durch ihre starke Exportabhän-

gigkeit, sowie interne Faktoren, wie z.B. hohe Produktions- und Betriebskosten und

ein hohes Lohnniveau eine neue langfristig angelegte Entwicklungs- und Wachs-

tumsstrategie verfolgen sollte. Sie sahen ihre reellsten Chancen in der Durchführung

von Regionalisierungsmaßnahmen. Erstmals im Oktober 1988, auf der Konferenz

„Global Strategy - The Singapore Economy“, wurden die Ideen zu einer verstärkten

regionalen Zusammenarbeit deutlich (vgl. Marty 1996 S. 70).

Es kam in Malaysia 1986 und in Indonesien 1989 zumindest teilweise zum Abbau der

Handelsbeschränkungen, so dass damit auch die Investitions- und Produktions-

bedingungen für ausländische Investoren verbessert wurden. Damit waren die Be-

dingungen für eine Zusammenarbeit gegeben.

Singapur war in den Jahren 1963-1965 Teil der Föderation von Malaysia, daher gab

es noch gesellschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen zwischen Johor und Sin-

gapur.

Johor sah durch die stärkere Zusammenarbeit mit Singapur eine Chance, die eigene

Industrialisierung weiter voranzutreiben. Eine zurückhaltende Politik vom Entschei-

dungsträger, dem malaysischen Ministerpräsidenten Mahathir, im Bezug auf eine

subregionale Zusammenarbeit des Bundesstaates Johor mit Singapur war dafür ver-

antwortlich, dass sich formal keine Zusammenarbeit ergab. Johor ist in Malaysia ei-

ne entwickelte Region. Mahathir verfolgte noch immer die Ziele der „New Economic

Policy“, der Ausgleich zwischen den urbanen und ländlichen Regionen blieb eine

wichtige politische Aufgabe. Die Beziehungen erfolgten damit hauptsächlich auf öko-

nomischer Grundlage. Erst als Mahathir den Bundesbehörden Johors die Berechti-

gung gab, die Verhandlungen mit den anderen Staaten zu führen, kam es zur For-

malisierung der Beziehungen.

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2.2 Wirtschaftspolitische Annäherung

Man konnte in der Vergangenheit eher von einem jeweils bilateralen Verhältnis des

Staates Malaysia und auch Indonesiens zu Singapur sprechen. 1990 wurde zwi-

schen Indonesien und Singapur ein Kooperationsprogramm zu Förderung der wirt-

schaftlichen Entwicklung von Riau beschlossen. Es wurde ein Joint Venture zur Er-

richtung des BantamIndo Industrial Park gegründet, der 1992 eröffnet wurde.

Die Staaten ergänzen sich jeweils durch komparative Vorteile. Malaysia und Indone-

sien konkurrieren aber eher um die Spillover-Effekte, die von Singapurs Wirtschaft

ausgehen. Diese Schwierigkeiten wurde durch die Unterzeichnung zur Bildung des

Growth Triangle entschärft. Im Jahr 1994 wurde zwischen Malaysia und Indonesien

ein Investitionsförderungs- und Investitionsschutzabkommen getroffen, die wirt-

schaftliche Zusammenarbeit sollte intensiviert werden. Diese politischen Eingriffe

waren nötig um den Wirtschaftsraum stabil zu halten. Nur so ist es möglich, den Un-

ternehmen das Gefühl von politischer Stabilität zu geben. Sie haben so die Gewiss-

heit, ihr Unternehmen längerfristig an einem guten Standort positioniert zu haben.

Abb. 4 : Fläche in km²

Land Fläche in km²Singapur 639Johor 18.914Riau 3300 Quelle: Naidu 1998 S. 23

3. Standortvorteile durch das Wachstumsdreieck

Die einzelnen Gebiete besitzen unterschiedliche Standortvorteile. Durch die Zusam-

menarbeit wird den Unternehmen der Zugang zu all diesen ermöglicht.

3.1 Standortvorteile durch das Wachstumsdreieck in Singapur

Gute Humankapitalausstattung.

� Die schon vorhandenen Managementfähigkeiten.

� Sehr gute Transportinfrastruktur.

� Sehr stark ausgebildete Kommunikationsinfrastruktur.

� Singapurs Bedeutung als Finanzhandelsplatz.

� Ansiedlung der operationalen Hauptquartiere der TNU in Singapur und Pro-

duktionsstätten im Umland, so dass sie von Singapur aus ihr Unternehmen

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für den ostasiatischen Raum steuern und den Markt durch die umliegenden

Produktionsstätten bedienen können. Die Unternehmen können einen groß-

möglichen Nutzen ziehen.

3.2 Standortvorteile durch das Wachstumsdreieck in Johor und auf den Riau-

Inseln

� Die vorhandenen Flächenreserven.

� Kostengünstige Arbeitskräfte: Der Stundenlohn eines Arbeitnehmers aus Sin-

gapur betrug 1997 8,37 US$. In Malaysia bekam eine unqualifizierte

Arbeitskraft 1997 2,20 US$, und in Indonesien betrug der Stundenlohn 1997

nur 0,39 US$ (vgl. Reviella Diez 1999 S.26).

Abb. 5: Stundenlöhne

Stundenlöhne 1997

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Singapur Malaysia Indonesien

US

$

Löhne in US$

Quelle: Reviella Diez 1999 S.26, eigene Darstellung

4. Motive zur Gründung des Wachstumsdreiecks

Die Verflechtungen in diesem Wachstumsdreieck beruhen auf zwei Faktoren. Diese

wurden schon kurz als Gründe in der Einleitung sowie im Teil über die Entstehung

dieses Wirtschaftsraumes angerissen. Zum einen ist Singapur der Aufstieg zu einer

Dienstleistungsgesellschaft gelungen. Im Jahr 1996 wurden 64% des BIP im Dienst-

leistungssektor erwirtschaftet (vgl. Revilla Diez 1999 S.24). Als Folge dieser Ent-

wicklung stiegen die Lohn- und Grundstückskosten drastisch an, was wiederum zum

Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit in der arbeits- und flächenintensiven

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Produktion führte. Der Stadtstaat wollte daher die Produktionsstätten dieser TNU in

die Peripherie auslagern, die operationalen Hauptquartiere sollten aber in Singapur

bleiben.

Zum anderen verfolgten die Staaten Malaysia und Indonesien zu der Zeit eine Ent-

wicklungsstrategie, die zur Öffnung der Länder gegenüber ausländischen Unterneh-

men beitragen sollte. Es kam zu einer zunehmenden wirtschaftlichen Liberalisierung

auf dem Privatsektor. Die „investitionsfeindlichen Bestimmungen wurden gelockert

oder aufgehoben sowie neue Investitionsanreize ausgesprochen“ (Marty 1996

S.88). Man wollte verstärkt ADI (ausländische Direktinvestitionen) anziehen.

Um einen kleinen Überblick zu schaffen, welche Motive für welchen Staat von Be-

deutung waren, werden diese im Folgenden noch einmal kurz für die einzelnen

Staaten aufgeführt.

4.1 Singapurs Motive für die Zusammenarbeit

� Singapur möchte weiter in den internationalen Markt vordringen. Daher ist ei-

ne Umverteilung der industriellen Tätigkeiten und Dienstleistungen von Nöten.

Die Unternehmen, die sich in der Region ansiedeln wollen, haben Standort-

wahlmöglichkeiten. In der Region sind wirtschaftlich, z.B. bei der Infrastruktur,

verschieden ausgestattete Gebiete zu finden.

� Der Dienstleistungssektor ist von besonderer Bedeutung.

Singapur ist stark von TNU abhängig. Daher müssen die lokalen Unterneh-

men, um im internationalen Standortwettbewerb mitzuhalten, und um nicht von

einer Abwanderung betroffen zu sein, den Unternehmungen die bestmögli-

chen Standortqualitäten, z.B. gute Infrastruktur, Nähe zu den Produktions-

stätten in der Umgebung sowie Humankapital bieten. Daher soll:

Singapur will sich zu einem "Total Business Center“ entwickeln.

Die operationalen Hauptquartiere der TNU sollen ihren Sitz in Singapur haben. Es soll

aber eine Verknüpfung der einzelnen Produktionsprozesse in der Region erfolgen. Die

vor- und nachgelagerten sowie hochspezialisierten Branchen mit dem Standort in

Singapur (vgl. Marty 1996 S.67), die eigentliche Produktion in der Peripherie.

� Der Ausbau der innovationsorientierten Infrastruktur ist notwendig, um weiter

als High-Tech Industrie zu bestehen. Die Ansiedlung braucht Platz, daher ist

es notwendig, die ansässigen Produktionsstätten in die Umgebung umzusie-

deln.

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Probleme eines Stadtstaates

Des weiteren existieren für Singapur als Stadtstaat strukturelle Kernprobleme, die

durch eine subregionale Zusammenarbeit verbessert werden könnten (vgl. Marty

1996, S. 64 ff.).

Die geringe Landfläche

Die Grundstückspreise und Mieten sind auch aufgrund des nicht vorhandenen Aus-

dehnungspotentials sehr hoch.

Der Tourismus ist benachteiligt, da es in Singapur kaum Erholungsgebiete für die

Bevölkerung gibt.

Der Arbeitskräftemangel

Durch ein ausgeschöpftes Angebot an Arbeitskräften stiegen die Löhne nicht nur für

qualifizierte Arbeiter, sondern auch für unqualifizierte Arbeiter. Daher ist der Standort

für arbeitsintensive Produktion schlecht. Die arbeitsintensive Produktion hat Stand-

ortvorteile, wenn sie ins Hinterland umsiedeln.

Fehlendes Grundwasser

In Singapur ist man von Grundwasserlieferungen abhängig. Vor der wirtschaftlichen

Zusammenarbeit in der Region bezog Singapur 50% seines Wasserbedarfs aus dem

Bundesstaat Johor.

Singapur wäre nicht mehr einseitig von Malaysia abhängig, indem es Wasserquellen

aus Indonesien erschließt.

4.2 Johors Motive für eine Zusammenarbeit

Malaysia, bzw. der Bundesstaat Johor, sah bei einer Beteiligung an der supranatio-

nalen Wachstumsregion auch Vorteile für sich, die hier kurz aufgezeigt werden sol-

len.

� Durch den höheren Verflechtungsgrad mit Singapur sollten Produktionsstätten

des verarbeitenden Gewerbes nach Johor gezogen werden. Dadurch soll die

Industrialisierung weiter vorangetrieben werden, denn sie verfolgten das Ziel,

Malaysias Industrialisierungsgrad mit voranzutreiben. Die Regierung von Ma-

laysia möchte bis zum Jahr 2020 eine Industrienation werden, und braucht

daher viele Produzenten des Industriellen Sektors .

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Abb. 6: Komparative Vorteile nach Branchen im Wachstumsdreieck

Quelle: Kumar 1998 S.197

� Es soll eine breitere Diversifizierung der Produktion erlangt werden.

� Johor sieht durch die zu Singapur aufgebauten Beziehungen die Möglichkeit,

mehr Unternehmen nach Johor zu ziehen.

� Durch die Schaffung eines attraktiven Wirtschaftsraums zieht Johor mehr ADI

an. Unternehmen aus Japan und anderen NIC`S (New Industrial Country) in-

vestieren vermehrt.

� Erhöhung der Exporte von Nahrungsmitteln nach Singapur

� weiterer Ausbau der schon gut entwickelten vorhandenen Infrastruktur.

Johor hat einen besseren Ausgangspunkt bei der Anwerbung von Unternehmen.

Durch die Bundespolitik wird viel Werbung für einen Standort in Johor betrieben. Die

Planung in Riau geht von Jakarta aus. Eine starke provinzialische Macht wie die Jo-

hors existiert hier nicht.

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4.3 Die Motive Indonesiens zur Teilnahme an Wachstumsdreieck

Indonesien sah an der Beteiligung an dem Wachstumsdreieck auch die Chance, sei-

ne Industrialisierung weiter voranzutreiben.

� Das von den drei beteiligten Ländern am wenigsten entwickelte Land sieht

dadurch eine Chance, arbeitsintensive Produktion anzuziehen.

� Projekte können durch ADI finanziert werden

� Bintan soll touristisch erschlossen werden

� Karimun wird für die Branche der Petrochemie ausgebaut

� Singkep soll hauptsächlich für den Schiffsbau und die Schiffsreparatur genutzt

werden (vgl. Reviella Diez 1999, S. 26; Peachey, Perry, Grundy-Warr 1998, S.

15 ff.).

� Die Riau Islands sollten nach der „Ventil-Theorie“ Habibies die Rolle eines

Abfangventils für übermäßiges Wachstum aus Singapur übernehmen

5. Entwicklung der Region

Es lässt sich feststellen, dass durch die Zusammenarbeit innerhalb der Region posi-

tive Effekte ausgelöst wurden.

In Singapur wurden durch die Zusammenarbeit die Kernprobleme gelöst. Neue Flä-

chen sowie zusätzliche Arbeitskräfte wurden dazu gewonnen. Das Wasserproblem

Singapurs verlor durch einen Vertrag zur Wasserversorgung mit Indonesien an Bri-

sanz.

Bei einer 1993 getätigten Umfrage haben sich die in Singapur ansässigen Unter-

nehmen positiv über die Entwicklung des Wirtschaftsraums geäußert. Von den Be-

fragten gaben 41,4% an, dass sie ihren Firmensitz bzw. einen Betrieb in die Umge-

bung verlagern möchten (vgl. Chen, Kwan 1997, S. 112). Die gute Entwicklung des

Umlandes von Singapur hat wiederum positive ökonomische Effekte für Singapur zur

Folge. Es ergeben sich hierdurch Multiplikatoreffekte.

Aufgrund des Erfolges der Regionalisierungsstrategie entschloss sich Singapur auch

in anderen Ländern in Industrieparks zu investieren. In Vietnam entstand der Song

Bay Vietnam-Singapore Industrial Park, in China wurde der Suzhou Industrial Park

eröffnet und in Indien baute man den Bangalore Information Technology Park

(www.fas.nus.edu.sg/staff/home/geodongl/doc/ naga doc / Stand: 25.11.2002).

Bei Johor ist es schwierig, die wirtschaftlichen Ausmaße des Wachstumsdreiecks auf

die Region abzusehen. In Malaysia gab es allgemein, aufgrund der Liberalisierung

des Marktes, eine positive Entwicklung der Wirtschaft.

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Johors Wirtschaft entwickelte sich aber überdurchschnittlich. Begründet wird dies mit

der guten Infrastrukturausstattung und der aktiven Anwerbung von Unternehmen

durch die „Johor State Economic Development Corporation“. Dabei ist Singapur, ne-

ben Japan und Taiwan, eines der wichtigsten Länder aus denen die in Johor getä-

tigten Investitionen kommen. Im Jahr 1992 betrugen die ADI aus Singapur in Johor

954 M$ und damit 26,3%. Zwei Drittel der von Singapur 1992 in Malaysia getätigten

Investitionen sind in Johor angelegt worden.

Der Tourismus in Johor entwickelt sich positiv. Aus Singapur stammende Touristen

kommen zu 87% über Johor nach Malaysia, viele machen auch nur einen Kurztrip,

z.B. zum Einkaufen.

Abb. 7: Wachstumsraten in Johor 1990-1995

Quelle: Kumar, 1998, S. 202

Singapur ist auch bei der Entwicklung Batams der wichtigste Geldgeber. 45 % der

1992 getätigten ADI kamen aus Singapur.

Auch hier stellten Singapurs Touristen den größten Anteil.

Durch die sich ansiedelnde technologieintensive Industrie entsteht Technologie-

transfer (vgl. Chen, Kwan 1997 S. 102 ff.).

6. Hemmnisse und Probleme in der Region

Die Entwicklung des Wachstumsdreiecks SiJoRi wurde auch von negativen Begleit-

erscheinungen überschattet. (vgl. Kumar 1998, S. 219-220; Peachey, Perry, Grundy-

Warr 1998, S. 35 ff.).

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6.1 Soziale Probleme

Die Infrastruktur vor allem auf den Riau Islands ist aufgrund des schnellen Wachs-

tums teilweise mangelhaft. Es herrscht vor allem ein Mangel an sozialer Infrastruktur,

wie z.B. an Schulen, Tagesstätten und Einrichtungen des Gesundheitswesen. Es gibt

noch weitere soziale Probleme, die in der Region entstanden sind. Die Kriminalitäts-

und Prostitutionsrate ist hoch, der Drogenhandel floriert. Einerseits gibt es aufgrund

des schnellen Wachstums der Region einen Mangel an Arbeitskräften, vor allem in

Batam. Daher werden Arbeitskräfte aus Sumatra und Java angeworben.

Andererseits herrscht soziale Segregation. Es kommen viele Migranten aus ganz

Indonesien in die Region. Dies führt dazu, dass sich um die Agglomerationen Slums

bilden.

6.2 Weitere Hemmnisse

Viele der aus Johor und Riau stammenden Arbeitskräfte pendeln nach Singapur, da

dort die Löhne höher sind. Es fehlt zudem durch das schnelle wirtschaftliche

Wachstum an gut ausgebildeten Arbeitskräften.

Die Beziehung zwischen Singapur und Malaysia war schon immer komplexer. Es ist

für beide Staaten nicht immer einfach bei der intensiven Unterhaltung einer wirt-

schaftlichen Beziehung, die gegenseitige Souveränität anzuerkennen. Ein weiteres

Problem bestand darin, dass die Beziehung zwischen den Behörden Johors und der

Regierung Singapurs zwar gut war, aber damit die offiziellen Kanäle Malaysias um-

gangen wurden. Der eigentliche Verhandlungspartner bei außenwirtschaftlichen An-

gelegenheiten war der Ministerpräsident. Es missfällt der Staatsebene, dass der

Bundesstaat Johor, als Mitglied der Föderation so eng mit Singapur zusammenar-

beitet.

In Malaysia hatte man zudem die Befürchtung, dass durch eine wirtschaftliche Ko-

operation mit dem von Chinesen dominiertem Stadtstaat noch mehr Dominanz der

Chinesen im eigenem Land erfolgen würde. Es dadurch zu Aufruhr kommen könnte.

Johor möchte in der weiteren Planung sowohl innovative als auch dienstleistende

Unternehmen anziehen. Es entsteht weiteres Konfliktpotential. Mit dieser Strategie

erhöht Malaysia die Konkurrenz für Singapur als guter Standort für Unternehmen.

Die Kommunikation zwischen Johor und Riau , wie in 2.1 bereits erwähnt, gestaltet

sich schwierig. Das jeweils bilaterale Verhältnis Johors und Riaus zu Singapur wurde

beibehalten (vgl. Kumar 1998, S. 218 ff,). Die eine Achse des Dreiecks exsistiert da-

mit kaum.

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Weitere Hemmnisse waren Vorurteile die von Malaysia und Indonesien gehegt wur-

den. Die beiden empfinden sich gegenüber Singapur im Wachstumsdreieck als un-

gleiche Partner. Ihre Befürchtung ist, dass Singapur mehr Nutzen aus der Verbin-

dung zieht als sie selbst. Außerdem fürchten sie um die Eigenständigkeit der mit Si n-

gapur kooperierenden Regionen, sie haben Angst vor der Abhängigkeit von Singa-

pur. Die gleichmäßige Entwicklung wird von ihnen vermisst. Als alternativer Name

wäre eventuell der „growth corridor“ (vgl. Marty 1996, S. 7) angebrachter.

7. Batam als Beispiel eines Wachstumspols

Batam gehört zum Riau-Archipel und wurde als erster indonesischer Standort in die

Konzeption des Wachstumsdreiecks einbezogen. Daher können die entwicklungspo-

litischen Ziele und Maßnahmen hier exemplarisch vorgestellt werden.

Abb. 8: Batam, die nächste Riau-Insel an Singapur

Quelle: http://www.latrade.com.sg/batam_map01.htm

7.1 Die wirtschaftliche Entwicklung in Batam

Bereits zwei Jahrzehnte vor der Lancierung des Growth Triangle wurde die ökonomi-

sche Entwicklung der Insel Batam von der indonesischen Regierung eingeleitet. Die

unterschiedlichen Ziele der verschiedenen entwicklungspolitischen Phasen Indonesi-

ens spiegeln sich hier deutlich wider. Ursprünglich als Plattform zur Unterstützung

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der Erdölindustrie angelegt, wandelte sich Batam zum Experimentierfeld für export-

orientierte Industrialisierungsstrategien. Der Erfolg blieb lange Zeit aus, bis durch die

Zusammenarbeit mit Singapur schließlich eine funktionierende Exportverarbeitungs-

zone entstand.

Der Ausbau Batams geht auf Bestrebungen der nationalen indonesischen Erdölge-

sellschaft Pertamina zurück, die 1969 aufgrund von bedeutenden Erdölvorkommen

innerhalb des Riau-Archipels damit begann, logistische Basisinfrastrukturen zur Un-

terstützung der vorgelagerten Offshore-Förderstationen einzurichten (Vgl. Marty,

1996, S. 102). Pertamina strebte darüber hinaus jedoch noch weiter gehende Ziele

an: den Ausbau Batams zum nationalen und regionalen Knotenpunkt für Erdölhandel

und –verarbeitung. Die Motivation für dieses Vorhaben basierte vorwiegend auf der

strategisch günstigen Lage der Insel; Batam liegt im Zentrum der Strasse von Malak-

ka, der bedeutendsten Schiffahrtsverbindung von West- nach Ostasien – sie markiert

die Schlüsselstelle für Öltanker auf ihrer Route vom Persischen Golf nach Japan und

den aufstrebenden NIEs Südkorea und Taiwan.

Gemeinsam mit einer japanischen und einer US-amerikanischen Unternehmung er-

arbeitete Pertamina 1972 einen Masterplan für die langfristige Entwicklung Batams,

der die Erdölraffinierung als wichtigsten Industriezweig der Insel bezeichnete und auf

den Ausbau der entsprechenden Infrastrukturen wie z.B. Häfen verwies. Daneben

sollte eine Freihandelszone mit Verbindungen zur übrigen Wirtschaft Indonesiens

entstehen, um Batam als zentralen Verarbeitungs- und Exportstandort für indonesi-

sche Produkte zu etablieren. Die Kosten des Projekts sollten etwa zu gleichen An-

teilen vom Staat und von privater Hand getragen werden. Verantwortliche Körper-

schaft für die Förderung und Koordinierung der Entwicklung der Industriezone „Ba-

tam Industrial Estate“ war und ist die „Batam Industrial Development Authority“ (BI-

DA) (vgl. Marty 1996, S. 102 ff.).

Die weitere Entwicklung der Insel wurde zunächst von dem starken Interesse aus-

ländischer Investoren an Direktinvestitionen im indonesischen Erdölsektor getragen,

gleichzeitig aber auch die Entwicklung Batams als Standort für exportorientierte In-

dustrien verfolgt. Im Jahre 1975 erlitt Pertamina wegen hoher Außenschulden eine

Schulden- und Zahlungskrise, die eine Stagnation der Entwicklung Batams mit sich

brachte. Präsident Suharto erklärte ganz Batam 1977 zur zollfreien Industriezone und

ließ einen neuen Masterplan erstellen, der im wesentlichen auch heute noch Gültig-

keit hat. Dieser neue Masterplan ließ die Erdölindustrie als entwicklungsbestimmen-

den Wirtschaftsbereich fallen und behielt eine exportorientierte, auf die Privatwirt-

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schaft abgestützte Entwicklungsstrategie grundsätzlich bei. Dabei setzte die natio-

nale Wirtschaftspolitik gleichzeitig auf importsubstituierende Maßnahmen und einen

wirtschaftlich immer dominanteren Staat. Zudem war mit der Hinwendung zu Singa-

pur ein weiterer, maßgeblicher Faktor zu den bisherigen Entwicklungskonstanten

hinzugetreten, der künftig von großer Bedeutung für die Entwicklung Batams sein

sollte. Der neue Masterplan stellte Singapur in vielerlei Hinsicht als Vorbild dar, und

Batam sollte von der wirtschaftlichen Dynamik des Stadtstaates profitieren.

7.2 Ergebnisse der Hinwendung Batams zu Singapur

Die für die Entwicklung Batams zuständigen Institutionen sind bereits zu Beginn der

70er Jahre ins Leben gerufen worden. Das gilt ebenfalls für die Grundsatzentschei-

dung, die Insel mit maßgeblicher Beteiligung des Privatsektors zur Exportplattform zu

entwickeln. Im Verlauf der „zweiten industriellen Revolution“ (Fokussierung auf tech-

nologieintensive Produktionsweisen) wuchs ab 1979 das Interesse Singapurs an der

Verlagerung arbeitsintensiver Industriezweige, und die Entwicklungsvorhaben nah-

men endgültige Formen an. Damit wurde offenkundig, dass für die erfolgreiche Ent-

wicklung Batams die Einfügung der Insel in die regionalen Wirtschaftsstrukturen und

demzufolge der Anschluss an die Wirtschaft Singapurs angestrebt werden musste.

Während der 80er Jahre wurde jedoch erkennbar, dass die marktwirtschaftlichen

Kräfte allein nicht den gewünschten Spill-over-Effekt aus Singapur erbrachten. Die

erhoffte schnelle wirtschaftliche Entwicklung blieb aus, da eine umfangreiche subna-

tionale Zusammenarbeit noch nicht vorgenommen wurde. Ein entscheidendes Inve-

stitionshemmnis stellte der Umstand dar, dass ausländische Investoren die Ver-

pflichtung hatten, mit indonesischen Partnern Gemeinschaftsunternehmungen zu

bilden; demzufolge war die Möglichkeit der vollständigen unternehmerischen Kon-

trolle nicht gegeben. Letztendlich wurde für Batam eine Ausnahmeregelung ge-

schaffen und vollständiges unternehmerisches Fremdeigentum zugelassen. Darauf-

hin wuchs die Bereitschaft Singapurs, effektiv mit Indonesien auf Batam zusammen-

zuarbeiten - die Entwicklung Batams als Element des Growth Triangle setzte dann

auch tatsächlich ein (Vgl. Marty 1996, S. 109).

Überwiegend aufgrund der starken Komplementarität – die Lohnkosten auf Batam

betrugen ein Fünftel der Lohnkosten in Singapur (Vgl. Kakazu 1997, S. 9), vervier-

fachte sich das auf Batam investierte Kapital aus ADI in der Zeit von 1985 ($222 mil-

lion) bis 1991 ($867 million). Dabei muss vermerkt werden, dass 25,6% der Investi-

tionen auf den Tourismussektor und ca. 40,1% auf elektronische, chemische, berg-

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bau- und fördertechnische Verarbeitung sowie auf stahl- und papierverarbeitende

Industrien entfiel. Hauptinvestor mit 47,2% war Singapur, gefolgt von den USA

(20,5%) und Japan (7,1%) (vgl. Kakazu 1997, S. 9).

7.3 Die heutige Position Batams innerhalb des Growth Triangle

Noch im Jahre 1968 war die Insel nahezu ausschließlich mit Regenwald bedeckt und

zählte etwa 2000 Einwohner, doch die langen Jahre der Planung und Investition

zahlen sich heute aus. Seit den frühen 70er Jahren wuchs die Bevölkerung von ca.

6000 EW auf über 50.000 EW im Jahr 1985 (vgl. Peachy, Perry, Grundy-Warr 1998,

S. 8). In den frühen 90er Jahren wurde die Insel Schauplatz eines Investitionsbooms.

Batam und auch Indonesien selbst waren nicht mehr allein auf den Erdölsektor an-

gewiesen, nichtsdestotrotz nahm dieser aber an Umfang weiterhin zu. Das entwick-

lungspolitische Ziel eines besser ausbalancierten regionalen Wachstums verfolgt die

'Ventil-Theorie' von Habibie; danach sind die Riau-Inseln eine Art Abfangventil, um

übermäßiges Wachstum aus Singapur aufzunehmen, welches ansonsten unge-

bremst zum zerplatzen gebracht würde. Der in Aachen ausgebildete Aeronautikinge-

nieur Habibie war seit den 70er Jahren einer der engsten Vertrauten des Präsidenten

Suharto und trägt die Verantwortung für die Insel Batam, den Mittelpunkt des indone-

sischen Teils des Wachstumsdreiecks. Sein Ziel ist der Aufbau eines eigenen indo-

nesischen Hochtechnologiesektors (Vgl. Marty 1996, S. 95 ff;

http://www.fba.nus.edu.sg/fba/mscphd/rps0123.PDF).

Als Flaggschiff der Entwicklungsprojekte entstand ‚auf der grünen Wiese’ der Bata-

mIndo Industrial Park mit dem Schwerpunkt auf der Verarbeitung von Komponenten

für die Eletronikindustrie. Solange die Vorteile der geringen Lohnkosten und Steuern

behauptet werden, hat der Standort für ausländische Investoren weiterhin eine hohe

Attraktivität, wenn auch durch die intensiven Verflechtungsbeziehungen zu Singapur

eine gewisse Abhängigkeit für Batam besteht - Aufbau und Management des Bata-

mIndo Industrial Park basieren auf Infrastruktur-Export aus Singapur.

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Abb. 9: Verlauf des Wachstums auf Batam

1993 1995 1996 1997 1998 1999

Bevölkerung 146.214 196.080 247.588 254.745 266.428 358.700

Arbeitskräfte 65.103 118.149 127.408 137.101 141.276 149.806

Ansässige Unternehmen 1442 5799 6528 7293 7809 8179

Investitionen in US$ aus:Öffentlicher Hand/Privater Hand

742.713.521/3.781.830.633

1.204.963.475/4.448.000.000

1.427.241.003/4.703.999.964

1.512.738.848/5.061.182.623

1.578.208.610/5.166.313.559

1.625.756.728/5.350.927.903

Quelle: BIDA, 2000, S. 24, Eigene Darstellung

8. Fazit

Es lässt sich feststellen, dass die Förderung des Wachstumsdreiecks wirtschaftlich

betrachtet positive Auswirkungen auf die Region hat. Der Stadtstaat hat das Problem

der geringen Fläche und des Arbeitskräftemangels gelöst.

Durch die von Singapur ausgehenden Spillover Effekte profitierte die Region vor al-

lem in Bereichen des Tourismus und des verarbeitenden Gewerbes. Die in Singapur

durchgeführte Umfrage ergab, dass die Region von den Unternehmen gut ange-

nommen wird. Diese positive Entwicklung wäre ohne die politischen Rahmenbedin-

gungen kaum möglich gewesen. Die Unternehmen bekamen so das Gefühl von Sta-

bilität des Standortes vermittelt.

Die durch das schnelle Wachstum aufgetretenen, vor allem sozialen und ökologi-

schen Probleme gilt es aber noch zu lösen.

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