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Frankenförder Forschungsgesellschaft mbH Potsdamer Straße 18 a 14943 Luckenwalde Informationen zum Arbeitsschutz in der landwirtschaftlichen Tierproduktion Oktober 2014

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Frankenförder Forschungsgesellschaft mbH

Potsdamer Straße 18 a

14943 Luckenwalde

Informationen zum Arbeitsschutz in der

landwirtschaftlichen Tierproduktion

Oktober 2014

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Inhaltsverzeichnis: 1 Hintergrund .................................................................................................................... 5

2 Aufbau des deutschen Arbeitsschutzsystems ................................................................ 5

2.1 Das „Zwei-Säulen-Modell“ ....................................................................................... 5

2.2 Gesetzliche Vorschriften ......................................................................................... 6

3 Die Arbeitsschutzorganisation im Betrieb ....................................................................... 7

4 Persönlicher Arbeitsschutz ............................................................................................ 8

5 Beispiele für Initiativen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes...................................... 9

5.1 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ............................................ 9

5.2 Maßnahmen: z. B. Betriebliche Gesundheitsförderung ...........................................10

6 Arbeitsschutz in der Landwirtschaft ..............................................................................10

6.1 Verantwortlicher Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung .....................10

6.1.1 Durchführung von Präventionskampagnen ......................................................11

6.2 Unfall- und Krankheitsgeschehen in der Landwirtschaft .........................................12

6.2.1 Arbeits- und Wegeunfälle in der Landwirtschaft ...............................................12

6.2.2 Berufskrankheiten in der Landwirtschaft ..........................................................17

6.3 Maßnahmen zum Arbeitsschutz in der Landwirtschaft ............................................19

6.4 Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen in der Landwirtschaft und daraus

entstehende Gefährdungen für die Beschäftigten (nach TRBA 230) .........................19

6.5 Mögliche Wirkungen biologischer Arbeitsstoffe auf die Gesundheit (gemäß TRBA und

darüber hinaus) .........................................................................................................21

6.5.1 Landwirtschaftliche Stäube..............................................................................21

6.5.1.1 Stäube in der Stallluft ...............................................................................21

6.5.1.2 Schutzmaßnahmen für die Reduzierung des Einflusses von Staub auf die

Beschäftigten ...........................................................................................22

6.5.2 Tierhaltung - Umgang mit Tieren .....................................................................25

6.5.2.1 Rinderhaltung ...........................................................................................26

6.5.2.2 Schweinehaltung ......................................................................................28

6.5.2.3 Geflügelhaltung ........................................................................................29

6.6 Umgang mit Flüssigmist (Gülle)..............................................................................31

6.7 Zoonosen – Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten ..........................33

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7 Psychische Belastungen am Arbeitsplatz .....................................................................34

7.1 Auswirkungen von Stress am Arbeitsplatz ..............................................................35

8 Die längere Lebensarbeitszeit ......................................................................................39

8.1 Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer .................................................................41

8.1.1 Altersbedingte Veränderungen ........................................................................42

8.1.2 Maßnahmen zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit ...........................................42

9 Beispiele für innovative Möglichkeiten zur Verbesserung des Arbeitsschutzes .............43

9.1 Sensortextilien ........................................................................................................43

9.2 Sensoranzug ..........................................................................................................44

9.3 Arbeitskleidung schützt vor Laserstrahlen ..............................................................45

10 Zusammenfassung ...................................................................................................45

11 Institutionen und Initiativen........................................................................................46

12 Quellen .....................................................................................................................46

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Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Das Zwei-Säulen-Modell des Arbeitsschutzsystems in Deutschland ................. 6

Abbildung 2: Arbeitsunfälle in der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland (gesamt) .........13

Abbildung 3: Arbeits- und Wegeunfälle in der Landwirtschaft ...............................................14

Abbildung 4: Arbeitsunfälle in der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland ........................14

Abbildung 5: Arbeitsunfälle mit Todesfolge in der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland 15

Abbildung 6: Prozentuale Verteilung der Unfälle auf Altersgruppen ......................................15

Abbildung 7: Prozentuale Verteilung der Unfälle auf Arbeitsgebiete .....................................16

Abbildung 8: Angezeigte und anerkannte Berufskrankheiten in Deutschland .......................17

Abbildung 9: Angezeigte Berufskrankheiten in der Landwirtschaft ........................................18

Abbildung 10: Anerkannte Berufskrankheiten in der Landwirtschaft .....................................18

Abbildung 11: Vereinfachtes Schema zur Entstehung und den Folgen von Stress ...............35

Abbildung 12: Anforderungen aus Arbeitsinhalt und -organisation und daraus resultierende

Belastung .............................................................................................................................37

Abbildung 13: Wahrgenommene Belastungen im Betrieb .....................................................38

Abbildung 14: Körperliche und psychische Belastungen unterschiedlicher Berufsgruppen ...39

Abbildung 15: Aufbau der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 1910 ...................................40

Abbildung 16: Aufbau der Bevölkerung in Deutschland 2008 und 2060 ................................40

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1 Hintergrund

Die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft gehören zu den gefährlichsten. Das Unfallrisiko ist

dort besonders hoch. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, den Arbeitsschutz

einzuhalten bzw. zu verbessern. Zu den Gefahrenquellen gehört vor allem der Umgang mit

Tieren und Maschinen. Die Arbeit verlangt ein hohes Maß an Konzentration und

Aufmerksamkeit. Vor allem Stress und Zeitdruck führen dazu, dass sich Unfälle ereignen,

wie z. B. Kollisionen mit Traktoren, Tritt- und Bissverletzungen, Quetschungen oder Brüche

durch Tiere sowie Stürze von Leitern und Bauwerken. Im Jahr 2012 wurden in der

Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über 164.500 Arbeits- und

Wegeunfälle mit Toten und Verletzen angezeigt. Neben Unfälle können auch

berufsspezifische Erkrankungen auftreten, die aus den Bedingungen am Arbeitsplatz

resultieren. Dazu gehören z. B. Erkrankungen der Atemwege durch Staub und Schadgase,

Hauterkrankungen infolge von Kontaktallergien oder die Übertragung von Zoonosen. Der

Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen zu gewährleisten,

um die Gesundheit der Beschäftigten während der Ausübung ihrer Tätigkeit zu schützen.

In Deutschland wird der Arbeitsschutz durch Gesetze und Verordnungen geregelt. Zusätzlich

werden verschiedene Initiativen und Maßnahmen angeboten, um den Arbeitsschutz in den

Betrieben zu verbessern. Dabei stehen Prävention und Aufklärung sowie die Förderung der

Gesundheit im Vordergrund. Das betrifft nicht nur die Landwirtschaft, sondern alle

Wirtschaftszweige und den öffentlichen Dienst. Deshalb wird in der Studie neben der

Landwirtschaft im Speziellen auch auf allgemeingültige Gesetze, Verordnungen und

Maßnahmen eingegangen.

2 Aufbau des deutschen Arbeitsschutzsystems

2.1 Das „Zwei-Säulen-Modell“

In Deutschland ruht der Arbeitsschutz auf zwei Säulen (Abbildung 1). Die staatliche

Arbeitsschutzaufsicht der Länder kontrolliert branchenübergreifend die Einhaltung der

staatlichen Rechtsvorschriften. Die Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften und

Unfallkassen) orientieren sich in ihrer Rechtssetzung, Überwachung und Präventionsarbeit

an ihren jeweiligen Branchen. Um das Ziel, die Sicherheit und die Gesundheit der

Beschäftigten bei der Arbeit zu erhalten, zu verbessern und zu fördern, zu erreichen, haben

der Bund, die Länder und die Unfallversicherungsträger die „Gemeinsame Deutsche

Arbeitsschutzstrategie“ (GDA) beschlossen. In dieser werden Arbeitsschutzziele festgelegt,

die kooperativ und arbeitsteilig umgesetzt werden.

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Abbildung 1: Das Zwei-Säulen-Modell des Arbeitsschutzsystems in Deutschland

(Quelle: Arbeitswelt im Wandel, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2014)

2.2 Gesetzliche Vorschriften

„Effizienter Arbeitsschutz und Unfallvermeidung sind in einer immer schnelleren und

anspruchsvolleren Arbeitswelt elementar“ (Bundeministerium für Arbeit und Soziales). Die

Schaffung und der Erhalt sicherer und menschengerechter Arbeitsbedingungen sind

Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Beschäftigungssystem. Die Beschäftigten

müssen vor Gefahren und gesundheitlichen Schädigungen geschützt werden. Gesetzliche

Grundlagen und für alle Unternehmen gültige Regelungen sind deshalb unerlässlich. Das

wichtigste Grundlagengesetz für den betrieblichen Arbeitsschutz ist das

Arbeitsschutzgesetz („Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes

zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der

Arbeit“) zur Umsetzung von EU-Richtlinien zum Arbeitsschutz. Darin wird der Arbeitgeber

verpflichtet, Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen und über notwendige

Schutzmaßnahmen zu entscheiden. Der Arbeitgeber muss die Beschäftigten darüber

unterweisen und Vorkehrungen für besonders gefährliche Arbeitsbereiche und –situationen

treffen. Die Maßnahmen umfassen z. B. sichere Arbeitsstätten- und Arbeitsplatzgestaltung,

Lärmschutz, arbeitsmedizinische Vorsorge, Gesundheit am Arbeitsplatz, Produktsicherheit

und Umgang mit Gefahrstoffen. Ziel des Gesetzes ist es, die Gesundheit aller Beschäftigten

durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern.

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Die Paragraphen 18 und 19 des Arbeitsschutzgesetzes bilden die Ermächtigungsgrundlage

zum Erlass von Rechtsverordnungen auf dem Gebiet Sicherheit und Gesundheit bei der

Arbeit. Folgende Verordnungen wurden bis 2013 erlassen:

Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

Baustellenverordnung (BaustellV)

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV)

Biostoffverordnung (BioStoffV)

Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV)

Lastenhandhabungsverordnung (LasthandhabV)

Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV)

PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV)

3 Die Arbeitsschutzorganisation im Betrieb

Der Arbeitgeber ist verantwortlich für eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation im

Betrieb. Die wirksame Umsetzung kann durch eine nachhaltige Einbindung des Arbeits- und

Gesundheitsschutzes in die Strukturen und Abläufe des Unternehmens erreicht werden.

Dabei spielt die Gefährdungsbeurteilung eine zentrale Rolle. Sie dient dazu, sich auf der

Grundlage eines bestimmten Ablaufschemas über die vorhandenen Gefährdungen bei der

Arbeit klar zu werden, damit die „richtigen“ Schutzmaßnahmen getroffen werden können.

Das Vorgehen des Arbeitgebers orientiert sich dabei an der im Einzelfall vorliegenden

Betriebsart, der Betriebsgröße und den jeweils auftretenden Gefährdungsfaktoren, wozu

z. B. arbeitsstättenbezogene, arbeitsmittel- und tätigkeitsbezogene Risiken zählen.

Entsprechend der ermittelten Faktoren besteht nun der Kern der Gefährdungsbeurteilung in

der Notwendigkeit der Bewertung möglicher Schutzmaßnahmen.

Für den Arbeitgeber steht dafür ein Sortiment praxisbezogener Handlungsanleitungen zur

Verfügung. Anbieter sind z. B.:

die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit

das Bundesministerium für Arbeit und Soziales

die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

die Arbeitsschutzbehörden der Länder

die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Deutsche gesetzliche

Unfallversicherung und Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und

Gartenbau).

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Wirksame Instrumente zur Verbesserung von Arbeits- und Gesundheitsschutz sind die

Einführung von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) im Unternehmen. Sie erleichtern

systematisches Arbeitsschutzhandeln im Betrieb und unterstützen Unternehmen beim

Aufbau einer betrieblichen Arbeitsschutzorganisation. In Deutschland haben sich

verschiedene AMS-Standards entwickelt, die sich am Nationalen Leitfaden für

Arbeitsschutzmanagementsysteme orientieren. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und

Arbeitsmedizin stellt Informationen kostenlos zur Verfügung.

Entsprechend dem Arbeitssicherheitsgesetz (Gesetz über Betriebsärzte,

Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit) ist der Arbeitsgeber

verpflichtet, nach bestimmten Maßgaben Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit

zu bestellen. Diese unterstützen dann den Arbeitgeber. Für Kleinstbetriebe mit bis zu 10

Beschäftigten gibt es durch die gewerblichen Berufsgenossenschaften ein

einsatzzeitenfreies Regelbetreuungsmodell, bei dem in bestimmten Intervallen

Grundbetreuung und bedarfsgerechte anlassbezogene Betreuung stattfinden. Unternehmen

mit bis zu 50 Beschäftigten können zwischen einem betriebsärztlichen und

sicherheitstechnischen Unternehmermodell wählen. Der Unternehmer wird durch

Motivations- und Informationsmaßnahmen befähigt, Aufgaben des betrieblichen Arbeits- und

Gesundheitsschutzes selbst wahrzunehmen und ist bei besonderen Anlässen zur

Inanspruchnahme betriebsärztlicher und sicherheitstechnischer Betreuung verpflichtet.

4 Persönlicher Arbeitsschutz

Die persönliche Schutzausrüstung schützt vor Unfallgefahren durch chemische,

physikalische, klimatische oder infektiöse Einwirkungen. Geschützt werden Arme, Beine und

der Rumpf. Die Schutzkleidung ist eine persönliche Schutzausrüstung und abzugrenzen

gegenüber Arbeits- oder Berufsbekleidung, die vor Verschmutzungen schützen soll oder als

Dienstkleidung eingesetzt wird.

Die Anforderungen an persönliche Schutzausrüstungen (PSA) werden in

berufsgenossenschaftlichen Regeln, im Recht der Europäischen Union, auf der Grundlage

des Arbeitsschutzgesetzes in der PSA-Benutzungsverordnung und im Gesetz über

technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz) formuliert.

Persönliche Schutzausrüstung wird gegen eine Vielzahl von Arbeitsrisiken eingesetzt. Dazu

zählen:

gegen Hitze, Kälte und bei Arbeiten im Freien

bei Einwirkung giftiger Stoffe, radioaktiver Stoffe, von Strahlmitteln,

elektromagnetischer Strahlen, infektiöser Stoffe

beim Umgang mit Kettensägen, mit elektrischem Strom, bei Schweißarbeiten

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antistatische Schutzanzüge gegen elektrostatische Aufladungen.

Auswahl und Anschaffung geeigneter Schutzausrüstungen liegen in der Verantwortung des

Arbeitgebers.

5 Beispiele für Initiativen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes

5.1 Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)

Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist eine auf Dauer angelegte

konzertierte Aktion von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern zur Stärkung von

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Über eng am betrieblichen Bedarf orientierte

Arbeitsschutzziele, transparente und praxisgerechte Vorschriften und Regeln sowie

zeitgemäße Beratungs- und Überwachungskonzepte sollen Anreize für die Betriebe

geschaffen werden, auf allen Ebenen des betrieblichen Gesundheitsschutzes eine

nachhaltige und langfristig angelegte Präventionspolitik zu betreiben. Arbeitsschutz soll

Innovationen unterstützen, nicht hemmen.

Mit der GDA setzt Deutschland eine zentrale Forderung der EU Gemeinschaftsstrategie für

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz 2007 – 2012 um. Um die Gemeinschaftsziele zu

erreichen, sieht die EU-Strategie die Entwicklung von nationalen Arbeitsschutzstrategien in

den Mitgliedstaaten vor.

Zusammengefasst besteht die GDA aus folgenden Kernelementen:

der Entwicklung gemeinsamer Arbeitsschutzziele, der Festlegung von vorrangigen

Handlungsfeldern und Eckpunkten für Arbeitsprogramme sowie deren Ausführung

nach einheitlichen Grundsätzen

der Festlegung eines abgestimmten Vorgehens der Landesbehörden und

Unfallversicherungsträger bei der Beratung und Überwachung der Betriebe

der Herstellung eines verständlichen, überschaubaren und abgestimmten

Vorschriften- und Regelwerks

Politisch gesteuert und zentral koordiniert wird die GDA durch die Nationale

Arbeitsschutzkonferenz (NAK). Die NAK setzt sich zusammen aus je drei Vertretern des

Bundes, der Arbeitsschutzbehörden der Länder und der Spitzenverbände der gesetzlichen

Unfallversicherung. An der NAK nehmen auch je drei Vertreter der Spitzenorganisationen

der Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit beratender Stimme teil. Der Vorsitz der NAK wechselt

jährlich im Turnus zwischen Bund, Unfallversicherungsträgern und Ländern.

Unterstützt wird die NAK durch die bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und

Arbeitsmedizin angesiedelte Geschäftsstelle.

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5.2 Maßnahmen: z. B. Betriebliche Gesundheitsförderung

Betriebliche Gesundheitsförderung wird angeboten, um häufig vorkommenden

Krankheitsbildern vorzubeugen. Gezielt eingesetzt, führt sie zu geringeren Fehlzeiten,

längerer Lebensarbeitszeit und höherer Arbeitszufriedenheit. Bei personenbezogenen

Maßnahmen ist ein langfristiger Ansatz wichtig, wobei mindestens jährliche Informationen

der Arbeitnehmer notwendig sind. Angesprochen werden z. B. Fragen der Ernährung, der

Vorbeugung skelettaler Fehlbelastungen (Ergonomie, Heben und Tragen von Lasten,

Training bei hoher muskuloskelettaler Belastung) sowie des Abbaus psychischer

Belastungen (Gymnastik, Entspannung), Gruppenunterstützung des Einzelnen bei

emotionaler Belastung, Blutdruckkontrolle, Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen,

Tumoren, Vigilanzschulung bei Fahr- und Steuertätigkeiten. Aber auch spezifische

arbeitsbezogene Fragestellungen sollten je nach Tätigkeit angesprochen und

Schutzmaßnahmen geübt werden, z. B. Hautschutz, Tragen von persönlicher

Schutzausrüstung, Maschinensicherheit und gesundheitsförderliche Arbeitstechniken.

Betriebliche Gesundheitsförderung hat den Vorteil, dass hier eine große Gruppe gleichartig

belasteter Arbeitnehmer im Betrieb gleichzeitig angesprochen und gezielt gefördert werden

kann. Zahlreiche Organisationen (Arbeitsschutzbehörden, Wirtschaftsförderung,

Gewerkschaften) bieten Hilfe und Beratung für Betriebe an. Der Arbeitgeber kann 500 Euro

pro Mitarbeiter steuerfrei zum Zwecke der Gesundheitsförderung der Mitarbeiter einsetzen.

6 Arbeitsschutz in der Landwirtschaft

6.1 Verantwortlicher Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung

Zum 1. Januar 2013 wurde als Träger für die landwirtschaftliche Sozialversicherung eine

bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung errichtet. Sie

trägt den Namen „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)“.

Alle bisherigen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (landwirtschaftliche

Berufsgenossenschaften, landwirtschaftliche Alterskassen, landwirtschaftliche

Krankenkassen, landwirtschaftliche Pflegekassen), die Sozialversicherung für den

Gartenbau sowie der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung wurden in

die SVLFG eingegliedert. Die LSV-Träger verfolgen den gesetzlichen Präventionsauftrag, mit

allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und

arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen. Dabei

sollen sie auch den Ursachen von arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit

nachgehen. Die LSV-Träger haben zur Erfüllung dieser Aufgaben unterschiedliche Konzepte

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und Maßnahmen entwickelt. Die Errichtung des Bundesträgers erfordert zukünftig ein

abgestimmtes, einheitliches Vorgehen auch in der Prävention. Daher wurden in der

Projektgruppe Prävention, in der alle Träger vertreten sind, 24 Fachkonzepte entwickelt. Ziel

dieser Weiterentwicklung ist auch der Aufbau einer Präventionsstruktur, die als Dienstleister

vor Ort nah am Versicherten ist und eine möglichst optimale Betreuung gewährleistet. Damit

soll eine zukunftsfeste Präventionsstrategie für eine umfassende, ganzheitliche und

qualitative Versorgung des Versicherten in Zeiten des Strukturwandels und demografischen

Wandels etabliert werden. Die LSV will der in ihrem Versichertenkreis überproportional

vertretenen Gruppe älterer Menschen für ihre Lebens- und Arbeitswelt passgenaue

Gesundheits- und Präventionsleistungen zur Verfügung stellen. So wurde eine

Versichertenbefragung „55plus“ durchgeführt, auf deren Grundlage bedarfsgerechte

Angebote für mehr Gesundheit und Sicherheit abgeleitet werden sollen. Damit sollen die

Präventionsangebote den Anforderungen einer sich verändernden Arbeits- und Lebenswelt

gerecht werden. Die Präventionsleistungen Beratung, Information, Forschung und

Qualifizierung nehmen hierbei einen besonderen Stellenwert ein.

6.1.1 Durchführung von Präventionskampagnen

Im Präventionsbericht 2012 der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und

Gartenbau werden verschiedene Kampagnen beschrieben, die es ermöglichen, Prävention

in der Landwirtschaft effektiv voranzutreiben.

„Risiko Raus“ zur Verkehrssicherheit

In den Jahren 2010 und 2011 wurde mit der Kampagne „Risiko Raus“ die Verkehrssicherheit

als Thema aufgegriffen, da 20 % aller landwirtschaftlichen Unfälle in den Bereich Verkehrs-

und Transportwege fallen. Bei den tödlichen Unfällen ist es sogar ein Drittel. Teil der

Kampagne waren Verkehrssicherheitstage für die Versicherten, mit denen u. a. Themen, wie

Ladungssicherung und Kenntlichmachung an landwirtschaftlichen Fahrzeugen,

veranschaulicht werden sollten. In der Kampagnenlaufzeit wurden 101 regionale

Veranstaltungen zur Verkehrssicherheit mit rund 68.000 Besuchern durchgeführt und in

nahezu 170 Vorträgen mit 5.400 Teilnehmern Kampagnenthemen erörtert. Die Kampagne

wurde als sehr erfolgreich gewertet.

„Denk an mich. Dein Rücken“

Die aktuelle Präventionskampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ läuft von 2013 bis 2015

und verfolgt grundsätzlich folgende Präventionsziele:

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Erhöhung der Anzahl der Betriebe mit ergonomisch optimierten Arbeitsplätzen, -

stätten und -abläufen, auch unter Berücksichtigung des Aspekts von altersgerechten

Arbeitsplätzen

Erhöhung der Anzahl und Qualität der Gefährdungsbeurteilungen zu physischen und

psychischen Belastungen mit Schwerpunkt Erhöhung der Anzahl der Betriebe, die

arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchführen

Erhöhung der Präventionskultur in Betrieben, z. B. durch Verbesserung der

Arbeitsorganisation, der Führungskompetenz, Einführung von Elementen des

Gesundheitsmanagements

Erhöhung der individuellen Gesundheitskompetenz der Versicherten (Wissen,

Einstellung, Verhalten, subjektives Wohlbefinden)

Erhöhung der Anzahl von Versicherten, die (betrieblich geförderte)

Präventionsangebote mit Bezug auf Rückenbelastungen oder -beschwerden

wahrnehmen

Ableitung konkreter Präventionsprodukte aus arbeitswissenschaftlichen und

arbeitsmedizinischen Forschungserkenntnissen und Anwendung in der betrieblichen

Praxis

Weitere Angebote der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau

umfassen Unternehmerschulungen, Präventionsreisen für Arbeitnehmer sowie spezielle

Schulungen, Lehrgänge oder Informationsveranstaltungen z. B. zum Umgang mit Tieren, wie

Rinder und Pferde.

6.2 Unfall- und Krankheitsgeschehen in der Landwirtschaft

Im Jahr 2013 arbeiteten 1.020.600 Personen in landwirtschaftlichen Betrieben. Davon waren

314.300 Saisonarbeitskräfte, so dass von 706.200 ständigen Beschäftigten auszugehen ist,

die sich in 505.600 Familienarbeitskräfte und 200.700 ständige Arbeitskräfte aufteilen

(Statistisches Bundesamt, Fachserie 3 Reihe 2.1.8, 2013).

6.2.1 Arbeits- und Wegeunfälle in der Landwirtschaft

Im Jahr 2013 wurden mehr Arbeitsunfälle in der Landwirtschaft als im Vorjahr gemeldet. So

verzeichnete die landwirtschaftliche Unfallversicherung 167.090 Unfälle, wovon 160 Unfälle

mit Todesfolge waren, davon 3 Jungendliche (Abbildungen 2, 3, 5). Das waren weniger, als

in den beiden vorangegangenen Jahren (2011: 172, 2012: 194). Neben der Bauwirtschaft gilt

die Landwirtschaft somit als einer der gefährlichsten Berufszweige. Die meldepflichtigen

Unfälle lagen bei 84.629. Als meldepflichtig gilt ein Unfall, wenn der Verunglückte über drei

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Tage arbeitsunfähig wird. Längerfristig gesehen, ging die Gesamtzahl der Arbeitsunfälle als

auch der meldepflichtigen Ereignisse zurück. Gleichzeitig stieg die Zahl der nicht

meldepflichtigen Unfälle an, was darauf schließen lässt, dass weniger schwere Verletzungen

in größerer Anzahl auftraten (Abbildung 4).

Abbildung 2: Arbeitsunfälle in der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland (gesamt)

(Quelle: proplanta, Das Informationssystem für die Landwirtschaft)

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Abbildung 3: Arbeits- und Wegeunfälle in der Landwirtschaft

(Quelle: Präventionsbericht der SVLFG, 2012)

Abbildung 4: Arbeitsunfälle in der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland

(Quelle: proplanta, Das Informationssystem für die Landwirtschaft)

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Abbildung 5: Arbeitsunfälle mit Todesfolge in der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland

(Quelle: proplanta, Das Informationssystem für die Landwirtschaft)

Abbildung 6: Prozentuale Verteilung der Unfälle auf Altersgruppen

(Quelle: Präventionsbericht der SVLFG, 2012)

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Die meisten Verletzten traten mit 32,6 % im Jahr 2012 in der Altersgruppe der über 35 bis 50

jährigen auf. Darauf folgten mit 27,1 % die über 50 bis 65 jährigen. Der höchste Anteil der

Toten trat hingegen in den Altersklassen über 50 bis 65 Jahre (28,9 %) und über 70 Jahre

(28,4 %) auf (Abbildung 6).

Abbildung 7: Prozentuale Verteilung der Unfälle auf Arbeitsgebiete

(Quelle: Präventionsbericht der SVLFG, 2012)

Mit relativ großem Abstand ereigneten sich die meisten Unfälle in der Tierhaltung. Hier traten

die meisten Verletzten (23,5 %) und auch die meisten Toten auf (17,0 %). Jeweils mit 17,8 %

der Verletzten folgten danach Unfälle in den Arbeitsgebieten „Unterhaltungsarbeiten an

Maschinen und Geräten“ sowie bei „Gartenbau- und Landschaftspflegearbeiten“. Todesfälle

in hohen prozentualen Anteilen traten bei „Feldarbeiten, auch im Garten, Weinberg und

Sonderkulturen“ (16,5 %), jeweils 14,4 % bei „Unterhaltungsarbeiten an Maschinen und

Geräten“ und auf dem Weg von und zur Arbeit auf. Wald- und Forstarbeiten folgten mit

13,9 %. Somit gab es die meisten Unfälle in der Tierhaltung und bei der Arbeit mit

Maschinen und Geräten (Abbildung 7).

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6.2.2 Berufskrankheiten in der Landwirtschaft

Um einen Vergleich zu den auftretenden Berufskrankheiten in der Landwirtschaft zu

bekommen, wird die folgende Abbildung 8 herangezogen. Hier erfolgt eine Aufstellung der

am häufigsten angezeigten Berufskrankheiten und ihre Anerkennung in Deutschland im Jahr

2012. Dabei ist zu erkennen, dass bei den Verdachtsanzeigen die Hauterkrankungen auf

dem ersten Platz mit 24.805 liegen, aber nur 596 Fälle anerkannt wurden. Anders sieht es

bei der Lärmschwerhörigkeit aus. Sie lag mit 12.477 Verdachtsfällen auf Platz 2, bei den

Anerkennungen jedoch mit 6.800 Fällen auf dem ersten Platz. Weitere auftretende

Berufskrankheiten sind die Beeinträchtigung der Lendenwirbelsäule durch Heben und

Tragen sowie Lungen- und Kehlkopfkrebs infolge von Asbest und Atemwegserkrankungen.

Abbildung 8: Angezeigte und anerkannte Berufskrankheiten in Deutschland

(Quelle: Arbeitswelt im Wandel, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2014)

In der Landwirtschaft ist die Verteilung der angezeigten und anerkannten Berufskrankheiten

etwas anders (Abbildung 9 und 10). Hier liegen in beiden Kategorien „von Tieren auf

Menschen übertragene Krankheiten“ auf dem ersten Platz (552 Verdachtsanzeigen und 233

Anerkennungen). Danach folgen die Hautkrankheiten (493 Anzeigen und 214

Anerkennungen). Bei den Atemwegserkrankungen gab es im Jahr 2012 519

Verdachtsanzeigen, jedoch nur 89 Anerkennungen. Lärmschwerhörigkeit wurde zwar 460

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Mal angezeigt, jedoch nur 16 Mal anerkannt. Auch Krankheiten der Lendenwirbelsäule

wurden angezeigt, aber nur 8 Mal anerkannt.

Abbildung 9: Angezeigte Berufskrankheiten in der Landwirtschaft

(Quelle: Präventionsbericht der SVLFG, 2012)

Abbildung 10: Anerkannte Berufskrankheiten in der Landwirtschaft

(Quelle: Präventionsbericht der SVLFG, 2012)

Im Jahr 2012 wurden somit 3.108 Berufskrankheiten angezeigt und 664 anerkannt. Damit

gingen die angezeigten Berufskrankheiten um 80 gegenüber 2011 zurück, die

Anerkennungen stiegen aber um 38 leicht an.

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6.3 Maßnahmen zum Arbeitsschutz in der Landwirtschaft

Um Erkrankungen und Unfälle von Arbeitnehmern zu vermeiden, muss der Arbeitgeber

aufgrund der Gefährdungsbeurteilung Vorsorgemaßnahmen treffen, die dokumentiert

werden müssen. Zusätzlich müssen verständliche Betriebsanweisungen für die

Arbeitnehmer in schriftlicher Form erstellt werden, die sie über Gefahren und deren

Vermeidung informieren. Diese Belehrung muss schriftlich bestätigt werden. Die TRBA 230

(Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe, Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten

mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft und vergleichbaren

Tätigkeiten) gibt viele Hinweise zum Arbeitsschutz in der Landwirtschaft.

Schutzmaßnahmen sind umso wirkungsvoller, je weniger sie von der Mitwirkung der

Arbeitnehmer abhängig sind. Bauliche und technische Schutzmaßnahmen haben deshalb

eine bessere Schutzwirkung als organisatorische Schutzmaßnahmen. Am wenigsten

wirksam sind meist persönliche Schutzmaßnahmen, da der Arbeitgeber nur unter hohem

Aufwand (jährliche Schulung im Gebrauch der Schutzmittel, häufige Kontrollen, ob die

Arbeitnehmer die persönlichen Schutzmaßnahmen auch anwenden) erreichen kann, dass

dieser Schutz wirksam wird.

Die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) geben den Stand der

sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen

Anforderungen bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen wieder. Sie werden vom

Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) aufgestellt und von ihm der Entwicklung

entsprechend angepasst. Dort sind die Auflistung der Gefährdungen durch biologische

Arbeitsstoffe sowie die Organisation von Schutzmaßnahmen beschrieben.

Darüber hinaus sind in der Unfallverhütungsvorschrift VSG 1.1, der Sozialversicherung für

Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau alle wichtigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften

und Vorschriften und Regeln der gewerblichen Berufsgenossenschaften aufgeführt, die es zu

beachten gilt.

6.4 Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen in der Landwirtschaft und

daraus entstehende Gefährdungen für die Beschäftigten (nach

TRBA 230)

Bei der Tätigkeit in der Landwirtschaft gehen die Beschäftigten mit Tieren, Pflanzen, deren

Produkte und Zwischenprodukte, Fahrzeuge, Maschinen und Arbeitsgeräte um, die

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biologische Arbeitsstoffe enthalten bzw. denen diese Stoffe anhaften. Dabei kann es zu einer

mikrobiellen Mischexposition unterschiedlichen Ausmaßes auf die Beschäftigten kommen.

Folgende Tätigkeiten zählen dazu:

der Umgang mit Nutztieren (z. B. Fütterung, Pflege, Betreuung von Tieren)

der Pflanzenbau (z. B. zum Zwecke der Verwertung zur Lebensmittel- und

Futtermittelerzeugung sowie nachwachsender Rohstoffe)

die Produktion von Lebensmitteln durch Zucht von Pilzen

die Lagerung, Aufbereitung und Verwertung von Biomasse, d. h. Wirtschaftsdünger

aus dem eigenen Betrieb, wie z. B. Festmist, Flüssigmist und nachwachsende

Rohstoffe sowie angrenzende Bereiche.

Zu den Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe zählen:

Einstreu, Futtermittel und gelagerte Pflanzenteile sowie Tiere für luftgetragene

biologische Arbeitsstoffe (Verwendung von verschimmeltem Stroh, Heu, Silage führt

zu einer deutlich erhöhten Exposition gegenüber sensibilisierenden und toxischen

biologischen Arbeitsstoffen)

Vermehrung von Bakterien und Schimmelpilzen auch außerhalb von Pflanzen und

Tiere durch z. B. schlechtem Hygienezustand und fehlerhaftes Arbeitsmanagement

Folgende Wege sind für die Aufnahme und Übertragung biologischer Arbeitsstoffe von

Bedeutung:

Atemwege: Staub und Tröpfchen in der Luft können neben Infektionserregern auch

sensibilisierende oder toxisch wirkende Substanzen enthalten.

Mund: Der Hand-Mundkontakt ist von Bedeutung sowie Schmierinfektionen. Auslöser sind

Essen, Trinken, Rauchen besonders bei häufigem Tierkontakt und Umgang mit

Wirtschaftsdünger.

Haut, Schleimhaut: Dort gibt es verschiedene Wege der Übertragung:

direkte Übertragung / Kontaktinfektion (z. B. Übertragung von Hautpilz

(„Kälberflechte“) von den Tieren auf den Menschen)

indirekte Übertragung / Schmierinfektion (z. B. Melkerknoten über kontaminierte

Gegenstände der Tierpflege, Stalleinrichtung usw.)

Übertragung durch Stich- und Schnittverletzungen mit kontaminierten Geräten

Übertragung über die Augen

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Wenn die Haut eine verminderte Schutzbarriere aufweist, z. B. durch Wunden, Ekzeme oder

durch Nässe aufgeweicht ist, kann eine Übertragung von Infektionserregern begünstigt

werden.

Tiere: Hier können Infektionserreger durch Tierbisse sowie durch Ungeziefer, wie z. B.

Zecken, Wanzen und Mücken sowie Schadnager oder deren Ausscheidungen übertragen

werden.

6.5 Mögliche Wirkungen biologischer Arbeitsstoffe auf die Gesundheit

(gemäß TRBA und darüber hinaus)

6.5.1 Landwirtschaftliche Stäube

Erkrankungen der Atemwege sind bei Landwirten, insbesondere bei Tätigkeiten in der

Tierhaltung, besonders häufig anzutreffen. Ursache dieser Erkrankungen ist meist der Staub.

Laut TRBA können infektiöse, sensibilisierende und toxische Wirkungen unterschieden

werden. Stäube, denen biologische Arbeitsstoffe anhaften, können bereits bei geringer

Infektionsgefährdung sensibilisierende (allergieauslösende Schimmelpilze) und toxische

(Endotoxine, Mykotoxine) Reaktionen auslösen. Oft kommen gleichzeitig mehrere allergene

und toxische Mikroorganismen in Stäuben vor, die unterschiedliche Krankheitsbilder

auslösen können. Weiterhin können Pflanzen- und Futtermittelbestandteile, Pollen, Haare

und Partikel von Nutztieren in den Stäuben enthalten sein.

Folgende Tätigkeiten können eine Gefährdung durch landwirtschaftliche Stäube hervorrufen:

Ausbringung von Einstreumaterialien, wie z. B. von Stroh

Hochdruckreinigung eines Tierstalls

Kontrollgang in der Geflügelhaltung

Futter mischen

Reinigung von Lager- und Futterbehältern

Ernte, Aufbereitung, Transport und Lagerung von Pflanzen

Ausbringung von Holzhackschnitzeln

Herstellung von Substraten für die Pilzproduktion

6.5.1.1 Stäube in der Stallluft

Folgende schädliche Bestandteile können sich im Staub der Stallluft befinden:

Futtermittelbestandteile

Einstreu

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pflanzliche Allergene (Pollen)

Milben und deren Ausscheidungen

Pilzsporen (Schimmelpilze)

Pilzgiftstoffe (Mykotoxine)

tierische Allergene (Tierhaare, z. B. bei Rindern, Hautschuppen, Federn)

Bakterien (Darmbakterien aus dem Kot, besonders hoch in Schweine- und

Geflügelställen)

Endotoxine (Bestandteile abgestorbener Bakterien, treten dort auf, wo auch viele

Bakterien sind, z. B. Schweine- und Geflügelställe)

Viren

Gase (Ammoniak in Schweine- und Geflügelställen)

Rückstände von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln

Mineralstäube

Werden die Atemwege ständig durch Staub belastet, kann dies je nach

Staubzusammensetzung und Teilchengröße zu schwerwiegenden Erkrankungen führen,

wobei besonders der ganz feine Staub gefährlich ist, der in der ruhenden Luft über viele

Stunden schwebt, ohne sich abzusetzen. Dieser dringt mit jedem Atemzug tief in die Lunge

bis zu den kleinsten Lungenbläschen und kann nicht mehr vollständig ausgeatmet werden,

was eine ernste Gefahr für die Gesundheit bedeutet. Erkrankungen der Atemwege durch

Staub können Chronische Bronchitis, Asthma, Farmerlunge und Inhalationsfieber sein.

Desweiteren können auch durch Viren und Bakterien in der Stallluft Zoonosen bei den

Beschäftigten verursacht werden.

6.5.1.2 Schutzmaßnahmen für die Reduzierung des Einflusses von Staub auf

die Beschäftigten

In der TRBA 230 sind Schutzmaßnahmen aufgeführt, die nach festgelegter Reihenfolge

anzuwenden sind, um einer möglichen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe

entgegenzuwirken. Das betrifft:

bauliche

technische

organisatorische (auch hygienische) und

persönliche Schutzmaßnahmen.

Zu jedem Punkt sind die genauen Schutzmaßnahmen in der TRBA festgelegt und

beschrieben. Folgende Schutzmaßnahmen sollten getroffen werden, um die schädliche

Wirkung von Staub in der Stallluft zu reduzieren

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Technisch-bauliche Schutzmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

Verwendung von geschlossenen Systemen zum Befüllen, Umfüllen, Abwerfen und

Zerkleinern von Futtermitteln

Mechanisierung der Fütterung

Verringerung der Höhe von Abwurf-, Füll- und Schüttstellen (z. B. Trogeinlauf)

Einsatz glatter Oberflächen im Stallbereich zur leichten Reinigung

der Bau von Auslaufflächen für die Tiere

Offenstallhaltung

Lüftung

optimierte Lüftung mit geeigneter Luftführung in den Stallanlagen

regelmäßige Wartung und Reinigung der Lüftungsanlagen

Erhöhung der Luftaustauschrate rechtzeitig vor Arbeitsbeginn, damit die Arbeiten im

Stall bei optimierter Luftqualität erfolgen

Trennung von Stall und den übrigen Betriebsbereichen

Durch die Trennung des Stalles von den übrigen Betriebsbereichen wird die Verschleppung

des Stallstaubes vermieden. Weiterhin ist eine Schmutzschleuse zu empfehlen, in der die

Stallkleidung bis zum nächsten Stallgang abgelegt werden kann. In der Schmutzschleuse

sollte eine Waschgelegenheit, am besten eine Dusche vorhanden sein.

Stall und Wohngebäude sollten ebenfalls räumlich getrennt sein. Bei großen Betrieben und

einem Neubau ist diese Forderung meistens erfüllt. Bei Altbauten und kleineren Betrieben,

wo das Wohnhaus in räumlicher Nähe zum Stall steht, ist eine Schmutzschleuse von

besonderer Bedeutung. Liegen Stall und Wohnhaus in einem Gebäude sollte die

verbindende Tür dauerhaft und dicht verschlossen werden.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

Allgemeine Maßnahmen

zeitliche Begrenzung des Stallaufenthaltes

Vermeidung von Staubaufwirbelung durch Unruhe unter den Tieren (Geflügel)

Fütterung

staubarme Futtermittel verwenden (z. B. flüssig)

Futter und Einstreu außerhalb der übrigen, regelmäßigen Stallarbeiten in den Stall

einbringen

bei Fütterungsarbeiten unnötige Staubentwicklung vermeiden

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Futter nur kurzzeitig im Stall lagern

Restfutter vor der nächsten Fütterung aus den Futtertrögen und dem Stall entfernen

Trockene Futtermittel sind eine erhebliche Staubquelle, besonders bei der Herstellung

(Getreideschrot) und der Weiterverarbeitung (Mischen) sowie der Fütterung von Hand. Durch

Zugabe von Pflanzenölen wird der Staub an das Futtermittel gebunden, wodurch die

Staubentwicklung reduziert wird.

Reinigung

Liegeflächen und Stallgänge täglich reinigen

regelmäßig entmisten

möglichst staubarm ein- und nachstreuen

Oberflächen feucht reinigen

regelmäßige und staubarme Grundreinigung des gesamten Stalls durchführen

zweckmäßige Geräte zur staubarmen Reinigung des Stalls

Schwarz-Weiß-Trennung

konsequentes Nutzen der Schmutzschleuse und der Schwarz-Weiß-Trennung

(unterschiedliche Schränke für Stall- und übrige Kleidung verwenden)

Wohnbereich nicht mit der Stallkleidung betreten, für kurze Kontrollgänge Overall mit

Kapuze nutzen

nach Arbeitsende, vor dem Schlafengehen Haare waschen

auf äußerste Sauberkeit im Haus achten (wischbare Böden, bei Allergieneigung auf

Teppichböden und Vorhänge verzichten)

Haustiere, die sich im Stall aufhalten, den Zugang zum Wohnhaus, insbesondere

dem Schlafbereich, verwehren

Persönliche Schutzmaßnahmen

Atemschutz

als atemschutzpartikelfiltrierende Halbmasken mindestens mit der Schutzklasse

FFP2 oder FFP3 verwenden, die eine CE-Kennzeichnung tragen, über ein

Ausatemventil verfügen und die richtige Größe und Passform haben

diese Masken sind nur zur Filtrierung von Partikeln (Staubteilchen) geeignet, nicht für

Gefahrstoffe, wie Gase oder Dämpfe

der Atemschutz sollte regelmäßig gegen einen neuen ausgetauscht werden

die Aufbewahrung sollte staubdicht erfolgen

Personen, die bereits unter Atemwegsbeschwerden leiden, sollten nur mit

gebläseunterstützten Atemschutzhauben bzw. –helmen arbeiten

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Arbeitskleidung

die Arbeitskleidung sollte Arme und Beine bedecken (z. B. Overall)

Kopfbedeckung tragen

Arbeitskleidung regelmäßig reinigen

nicht ausschütteln, lieber vor dem Waschen in Wasser einweichen

Hautschutz

Bakterien und Rinderhaarallergene können auch über die Haut schädigend wirken. Das wird

durch trockene, rissige Haut an den Händen begünstigt. Durch konsequente Verwendung

spezieller, auf die Arbeit abgestimmter Hautschutzmittel wird die natürliche Barrierefunktion

der Haut unterstützt.

Persönliche Hygiene

Reinigen der Hände vor den Pausen und nach Arbeitsende

strikte Trennung der Stallkleidung von der übrigen Kleidung

Duschen nach Arbeitsende

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Für Arbeitnehmer mit intensivem Kontakt zu Stallstaub ist nach der

Unfallverhütungsvorschrift VSG 1.2 H6 „Organische Stäube“ der landwirtschaftlichen

Berufsgenossenschaften eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung zweckmäßig.

Dabei wird durch einen Arbeitsmediziner eine Prüfung der Lungenfunktion durchgeführt.

6.5.2 Tierhaltung - Umgang mit Tieren

Trotz moderner Technik ist die Tierhaltung ein arbeitsintensiver und beschwerlicher

Wirtschaftsbereich. Ca. 24 % aller Unfälle in der Landwirtschaft ereigneten sich 2012 im

Bereich der Tierhaltung. Ältere Statistiken belegen eine Verteilung der Tierunfälle auf

Rindvieh mit 66 %, Pferde mit 16 %, Schweine mit 6 %, Schafe mit 1 % und sonstige Tiere

mit 11 %. In der TRBA 230 sind auch hierfür die notwendigen Schutzmaßnahmen aufgeführt,

die der Arbeitgeber einhalten muss, damit die Beschäftigten möglichst risikoarm ihre Arbeit

durchführen können und wodurch ihr Infektionsrisiko minimiert wird. Bei Bedarf sind diese in

der TRBA 230 nachzulesen. Im Folgenden wird auf die vorgeschriebenen einzuhaltenden

Schutzmaßnahmen für die Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung eingegangen.

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6.5.2.1 Rinderhaltung

Eine wirksame Maßnahme der Unfallverhütung ist die sichere Gestaltung der Ställe und

anderen baulichen Anlagen. Eine räumliche Trennung von Tier und Stallpersonal muss für

alle Tätigkeiten angestrebt werden. So sind Anbinde- und Fangvorrichtungen so zu

gestalten, dass sie kein Unfallrisiko (Quetschstellen) darstellen und sich im Gefahrfall leicht

lösen lassen (gruppenweises gleichzeitiges Entriegeln). Tore und Türen von Boxen müssen

sich nach außen öffnen lassen, gegen Ausheben gesichert sein und dürfen vom Tier nicht

selbständig geöffnet werden können.

Anlagen und Einrichtungen

Melkstände

müssen über eine feste Melkstandumwehrung zum Schutz vor dem Ausschlagen der

Tiere verfügen

müssen mit einer trittsicher gestalteten und einem Handlauf versehenen Treppe

ausgestattet sein

der Fußboden der Melkstandsgrube ist rutschhemmend zu gestalten

empfehlenswert ist der Einbau einer Fußbodenheizung

Sprung- und Pflegestände

müssen frei stehen

die Tiere müssen zwischen starken Schranken und vorderer Begrenzung stehen und

von außen an der Leitvorrichtung gehalten werden können

wenn sie in Räumen eingerichtet sind, muss ein Schutzbereich mit einer nach außen

aufgehenden nicht abschließbaren Tür vorhanden sein

Zuchtbullenboxen

müssen mit einer ausreichend stabilen Umgrenzung versehen sein

müssen so eingerichtet sein, dass ein Fluchtweg oder eine Personenschlupföffnung

vorhanden ist

müssen eine Anbindemöglichkeit zur Durchführung von Pflegearbeiten aufweisen

Befestigung und Lösen der Leitstange und des Leitstricks muss außerhalb der Box

erfolgen können

da Zuchtbullen im Milchviehstall ein Sicherheitsrisiko darstellen, muss eine fest

umgrenzte Box im Laufbereich der Kühe vorgesehen sein

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Mastbullenboxen

stabile Umgrenzung

die Tiere sollten von außen gefüttert werden können

die Tränkebecken sollten von außen kontrolliert werden können

Fluchtwege (Personenschlupföffnungen, fest angebrachte Leitern) müssen

vorhanden sein

Verladen oder Umtreiben von Rindern

ortsfeste Treibgänge oder ortsveränderliche Treibgitter nutzen

verengte Verladerampen verhindern ein Zurückgehen der Tiere

Hinweise für den Umgang mit Rindern

Allgemeine Hinweise

Sicherheitsschuhe oder –stiefel nach DIN EN 345 tragen

ruhiges, umsichtiges und entschlossenes Verhalten

Schreck- und Reizsituationen vermeiden

Tier beobachten, um frühzeitig Angriffsreaktionen zu erkennen

bösartige Tiere aus dem Bestand entfernen

beim Führen von Großtieren durch Türen und schmale Durchlässe vor dem Tier

hergehen

bei Untersuchungen und Impfungen sowie anderen Behandlungen Tier sicher

anbinden, Fangfressgitter, Fang- oder Behandlungsstand sicher arretieren

Besondere Hinweise für den Umgang mit Kühen

weibliche Rinder nur mit Halfter und Leitstrick führen, neben dem Kopf des Tieres

gehen, eine Abwehrhilfe mitführen, Leitstrick niemals um die Hand wickeln

beim Decken Sprungstände verwenden

Kühe nicht an Gebäudewänden anbinden

beim Handmelken ruhig und besonnen vorgehen

bei ständigem Ausschlagen Schlagbügel oder Hüftfessel einsetzen

anschnallbare Melkschemel verwenden

vor Arbeiten am Euter im Anbindestall Kuhschwanz fixieren

zum Aussondern von Einzeltieren möglichst mehrere Personen einsetzen

zum Einfangen von Rindern Einfanghilfen benutzen

Die häufigste Unfallursache beim Umgang mit Kühen sind Fußverletzungen.

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Besondere Hinweise für den Umgang mit Zuchtbullen

Zuchtbullen muss spätestens im Alter von 12 Monaten ein Nasenring eingezogen

werden (aus nichtrostendem Stahl)

nie am Nasenring anbinden

nur mit Leitstange und Leitstrick führen

Leitstange oder -strick nur von außerhalb der Box befestigen oder lösen

Zuchtbullenboxen nur betreten, wenn der Bulle angebunden ist und ausreichend

Fluchtmöglichkeiten bestehen

beim Umgang mit nicht angebundenen Zuchtbullen über 200 kg muss eine weitere

Person anwesend sein, die mit geeigneten Hilfsmitteln (z. B. elektrische Treibhilfe)

notfalls eingreifen kann

Für den Weidebetrieb sind weitere Bedingungen und spezielle Vorschriften einzuhalten.

6.5.2.2 Schweinehaltung

Anlagen und Einrichtungen

Eber- und Sauenbuchten

Türen müssen sich von innen und außen öffnen lassen

Fluchtmöglichkeiten müssen vorhanden sein: übersteigbare Trenneinrichtungen,

Fluchtspalten

die Fütterung muss von außen möglich sein

ein sicheres Umtreiben, z. B. durch ortsfeste Treibgänge muss möglich sein

Abferkelbuchten

beim Fangen der Ferkel muss die Muttersau durch Fang- oder Arretierbügel

festsetzbar sein

Sicherer Umgang mit Ebern bei Arbeiten in der Eberbucht

Fluchtwege nicht verstellen

Tier fixieren

niemals dem Tier den Rücken zudrehen

eine zweite Person sollte in der Nähe sein

beim Treiben geeignete Treibschilder, -stöcke oder –paddel verwenden

Sicherer Umgang mit Muttersauen

Tiere nicht erschrecken

Tiere vor dem Herantreten ansprechen und beruhigen

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Arbeiten in der Abferkelbucht dürfen nur durchgeführt werden, wenn die Muttersau

sicher arretiert ist

Treiben von Schweinen unter Verwendung von:

ortsfesten Treibgängen

ortsveränderlichen Treibgestellen

Treibschildern

bei Schweinegruppen möglichst mit mehreren Personen

Bei Arbeiten in Großstallanlagen ist das Vorhandensein einer mobilen Sprechvorrichtung

empfehlenswert.

6.5.2.3 Geflügelhaltung

Anlagen und Einrichtungen

Laufender Betrieb

Einhalten von Brandschutzzonen, z. B. von Mindestabständen von Heizgeräten zu

brennbaren Gegenständen und zur Einstreu

Belegungspause

Überprüfen der E-Anlagen

Funktionsfähigkeit des Fehlerstrom-Schutzschalters

Messen und Prüfen von Isolationswiderstand, Auslösewiderstand, Berührungsstrom,

Schleifenwiderstand

Überprüfen der Fütterungsanlagen

Erdung der Mischfuttersilos

funktionssichere Entlüftung und Druckentlastung der Silos

sichere Befestigung der Einblaserohre

Lager von Elevatoren und Förderaggregaten prüfen

Vorhandensein der Kennzeichnung von Gefahrenbereichen durch Verbotsschilder

Überprüfung der Gasheizgeräte

gründliche Reinigung und Beseitigung von Staub und Verkrustungen (Brandgefahr)

Prüfung der Funktionssicherheit, insbesondere des Zündsystems

Dichtheitsprüfung der Anschlüsse

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Alle durchgeführten Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sollten in einem

Abnahmeprotokoll dokumentiert werden.

Legehennen- und Geflügelmast

Ausstallen der Tiere

Unterweisung der beauftragten Personen über die örtlichen Verhältnisse und

gesundheitlichen Gefahren

Bereitstellung von persönlicher Schutzkleidung, insbesondere Handschutz

hygienische Besonderheiten bei der Beseitigung von Tierkadavern beachten

empfehlenswert ist das Tragen von Schutzanzügen, Stiefeln und einer

Feinstaubmaske (mindestens P2)

bei Störungen im Betriebsablauf sind technische Anlagen gegen unbefugtes

Wiedereinschalten zu sichern

die Erstellung eines Störplans ist empfehlenswert

Stalldesinfektion

Verwendung (möglichst) von Reinigungs-, Desinfektions- und

Schädlingsbekämpfungsmitteln, die nicht der Gefahrstoffverordnung unterliegen

für jedes Mittel, das der Gefahrstoffverordnung unterliegt, ist gemäß § 20 der

Verordnung eine Betriebsanweisung zu erstellen

die in der Gebrauchsanweisung des zu verwendenden Mittels genannte persönliche

Schutzausrüstung (z. B. Schutzbrille, Atemschutz) bereits beim Anmischen und

Befüllen der Spritzgeräte verwenden

besondere Vorsicht ist bei der Anwendung formaldehydhaltiger Mittel geboten

Empfehlung: nur Mittel verwenden, die von der DVG oder DLG geprüft sind

möglichst Mittel auf Basis organischer Säuren verwenden

den Umgang mit Begasungsmitteln nur Personen gestatten, die über eine hierfür

notwendige behördliche Erlaubnis verfügen

Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe

in der Tierhaltung treten auf: Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten, Endotoxine, diese

können unterschiedliche Krankheiten und Allergien beim Menschen auslösen

Spezielle Gefährdungen in der Geflügelhaltung

Stallstäube und von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten:

Salmonellosen (Salmonellen), Ornithosen (Chlamydien), Geflügelpest (Influenza A-

Virus), New-Castle-Krankheit (ND-Virus)

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6.6 Umgang mit Flüssigmist (Gülle)

Flüssigmist ist ein Wirtschaftsdünger mit wertvollen Inhaltsstoffen. Wird er jedoch

unsachgemäß gelagert, entnommen oder aufbereitet, kann er Ursache für schwere bzw.

tödliche Unfälle sein. Die Gefahren gehen von den im Flüssigmist gelösten Schadgasen aus.

Es kann beim Einsteigen in Behälter oder Kanäle zu tragischen Unfällen kommen, wobei

bereits ganze Familien verstarben.

Beim Abbau von organischen Bestandteilen durch in der Gülle lebende Mikroorganismen

unter Ausschluss von Sauerstoff entstehen folgende Schadgase:

Schwefelwasserstoff (H2S)

Ammoniak (NH3)

Methan (CH4)

Kohlendioxid (CO2)

Die Hauptgefahren im Umgang mit den Schadgasen sind:

Vergiftungsgefahr

Erstickungsgefahr

Explosionsgefahr

Schwefelwasserstoff (H2S): ist ein farbloses, nach faulen Eiern riechendes Gas, das

schwerer als Luft ist. Es ist ein starkes Blut- und Nervengift. In höheren, gefährlichen

Konzentrationen werden Geruchssinn und Atmung gelähmt.

Ammoniak (NH3): ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das leichter als Luft ist.

Bereits in geringen Konzentrationen bei 30 bis 40 ml/m3 findet eine Reizung von

Schleimhäuten, Atemwegen und Augen statt.

Methan (CH4): ist ein farb- und geruchloses Gas, das leichter als Luft ist. Bei hoher

Konzentration, wenn der Luftsauerstoff verdrängt wird, besteht Erstickungsgefahr.

Kohlendioxid (CO2): Kohlendioxid ist ein farbloses Gas und schwerer als Luft und wirkt

erstickend.

Methan und Schwefelwasserstoff können mit Luft bzw. Sauerstoff ein hochexplosives

Gemisch bilden. Ein Teil der Gase (H2S) ist in der Gülle gelöst und wird bei Bewegung der

Gülle (rühren, abfließen, pumpen, spülen) in gefährlicher Menge freigesetzt.

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Bereiche mit gefährlichen Gaskonzentrationen

bei Stau- und Wechselstauverfahren im Bereich der geöffneten Schieber zur

Vorgrube, zum Hauptbehälter, zu Querkanälen

an Rühr- und Entnahmestellen, z. B. der Vorgrube bei eingeschalteten Rühr- und

Pumpwerken

an Rührwerken mit hoher Drehzahl

am Auslauf von Spülleitungen und an Umlenkstellen am Kanalsystem

in schlecht belüftbaren Bereichen des Stalls

bei Tankwagen im Behälter, auch wenn dieser bis auf eine kleine Restmenge geleert

ist, an Befüllöffnungen, in der Nähe der Ablasseinrichtung

In diesen Bereichen sind Zündquellen zu vermeiden.

Bei der Güllelagerung ist die Außenlagerung der Innenlagerung vorzuziehen. Dazu sind

bestimmte Vorschriften entsprechend der Bauarten (offen oder geschlossen) einzuhalten.

Das betrifft z. B. Umwehrungen und Abdeckungen sowie Entlüftungsöffnungen in

vorgeschriebener Größe. Bei geschlossenen, innenliegenden Gruben können

Entlüftungsöffnungen z. B. durch entsprechende Abluftrohre, die über dem Dach münden,

realisiert werden. Generell gilt: die Gase aus geschlossenen Gruben müssen ins Freie

abgeführt werden. Um Menschen und Tiere vor den Güllegasen zu schützen, müssen die

Güllegruben bzw. –kanäle durch wirksame Gasverschlüsse von den Ställen und übrigen

Räumen getrennt werden.

Die Lüftung ist für ein optimales Stallklima verantwortlich. Zusätzlich muss sie auch dafür

sorgen, dass gefährliche Schadgaskonzentrationen vermieden und freiwerdende Gase

sicher abgeführt werden. Man unterscheidet dabei zwischen mechanischen und natürlichen

Lüftungsverfahren. Bei natürlichen Lüftungsverfahren handelt es sich meist um

Schwerkraftlüftungen, bei denen die Zu- und Abluft über dafür vorgesehene

Gebäudeöffnungen geführt wird, wie z. B. in der Rinderhaltung. Schweineställe werden in

der Regel mechanisch belüftet. Die Zuluft kann über Düsen, Wandelementen oder

Rieselkanälen und Porendecken in den Stall geführt werden.

Bei der Unterflurabsaugung wird die Luft unter dem Spaltenboden abgesaugt und über

Kanäle ins Freie befördert. Dadurch können die Schadgase aus der Gülle nicht in den Stall

gelangen, wodurch der Schadgasgehalt der Stallluft deutlich reduziert wird.

Für die Messung von Gasen gibt es verschiedene Systeme, die Anwendung finden können.

Zu den unterschiedlichen Messprinzipien zählen z. B. Infrarot, Photoionisation,

Wärmeleitfähigkeit sowie elektrochemische und katalytische Systeme. Tragbare Messgeräte,

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die an die Arbeitskleidung angesteckt werden, gibt es als Eingas- oder Mehrgasmessgeräte,

die bis zu 7 Gasgefahren gleichzeitig überwachen können. Bei Überschreitung einer

einstellbaren Warnschwelle geben die Geräte optischen und akustischen Alarm. Neben den

tragbaren, personenbezogenen Geräten, die zur PSA gehören, gibt es transportable oder

stationäre Geräte zur Prozess- oder Bereichsüberwachung. Gaswarnsysteme erkennen

frühzeitig, wenn die Konzentrationen ansteigen und melden jeden kritischen Wert an eine

Zentrale. Diese sollte sich an einem ungefährdeten, gasfreien Ort befinden, wo Alarme und

Abschaltmechanismen ausgelöst und sämtliche Daten aufgezeichnet werden können. Diese

Überwachungs- und Warnsysteme sind modular aufgebaut, können mehr als 100

verschiedene Gase überwachen und arbeiten kabellos.

6.7 Zoonosen – Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten

In der Landwirtschaft liegen die Zoonosen bei den Berufskrankheiten auf dem 1. Platz. Sie

werden von Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten und Milben hervorgerufen. Nach dem Umgang

mit infizierten Tieren oder tierischem Material können Krankheitserreger über die Haut oder

Schleimhäute in den menschlichen Körper gelangen. Weiterhin ist es möglich, die

Krankheitserreger durch Einatmen verunreinigter Luft oder über den Verdauungsweg z. B.

über kontaminierte Hände aufzunehmen. Das Erregerreservoir sind Säugetiere, Vögel und

Fische. Neben der direkten Übertragung der Krankheitserreger durch das Tier können auch

Insekten oder Zecken als Überträger in Frage kommen. Nagetiere, Fliegen und Schaben

können die Keime auf den jeweiligen Wirt, wie Mensch und Tier, übertragen. Zusätzlich gibt

es unbelebte Überträger, wie Wasser, Staub, Luft, tierische Abfälle und Tierpflegegenstände.

Es gibt weltweit mehr als 200 als Zoonosen bekannte Krankheiten, von denen auch einige in

Deutschland vorkommen. Zu den häufigsten in der Landwirtschaft vorkommenden Zoonosen

gehören:

Rinder-/Kälberflechte

Rindertuberkulose

Milzbrand

Brucellose

Maul- und Klauenseuche

Rotlauf

Listeriose

Papageienkrankheit (Psittakose, Ornithose)

New Castle-Krankheit (atypische Geflügelpest)

Geflügelpest (Influenza A-Virus)

Salmonellen (Salmonellose)

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Tollwut

Um Zoonosen zu vermeiden, ist eine gute Stallhygiene notwendig:

Sauberkeit am Arbeitsplatz und in den Stallanlagen

regelmäßige Desinfektion der Ställe und der Tierpflegegegenstände

regelmäßige Schadnager- und Insektenbekämpfung

Tragen sauberer Kleidung bei der Milchgewinnung

gute persönliche Hygiene

Bei Verdacht einer Zoonose müssen sofort ärztliche Untersuchungen eingeleitet werden.

Zoonosen können als Berufskrankheiten anerkannt werden. Verdachtsmeldungen werden an

die zuständige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft geschickt. In der

Berufskrankheiten-Verordnung, Merkblätter zu Berufskrankheiten, Merkblatt zu der

Berufskrankheit Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV): „Von Tieren

auf Menschen übertragbare Krankheiten“ sind die Infektionen oder Krankheitsbilder erfasst,

die von Tieren auf die Menschen übertragen werden. In dem Merkblatt sind die wichtigsten

von Tieren auf den Menschen übertragbaren Krankheiten in einer Kurzcharakteristik mit

Angaben zu Krankheit, Erreger, Inkubationszeit, Reservoir, Infektionswege und

Krankheitsbild beschrieben. So können dort Informationen zu 37 Krankheiten entnommen

werden (http://www.baua.de/cae/servlet/contentblob/672192/publicationFile/).

7 Psychische Belastungen am Arbeitsplatz

Die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz betreffen alle Berufsgruppen gleichermaßen.

Sie gewinnen in der Arbeitswelt infolge neuer Technologien, steigender Arbeitsverdichtung

und der Flexibilisierung betrieblicher Prozesse zunehmend an Bedeutung und können die

Gesundheit der Beschäftigten gefährden. Im Stressreport „Deutschland 2012, Psychische

Anforderungen, Ressourcen und Befinden“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und

Arbeitsmedizin werden Ursachen und Wirkungen aufgezeigt, die durch eine

Erwerbstätigenbefragung gewonnen wurden. 2012 waren in Deutschland psychische

Störungen für mehr als 53 Millionen Krankheitstage verantwortlich. Bereits 41 % der

Frühberentungen haben psychische Ursachen. Die Betroffenen sind im Durchschnitt erst 48

Jahre alt.

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7.1 Auswirkungen von Stress am Arbeitsplatz

Andauernder Stress am Arbeitsplatz kann zu einer Reihe von Erkrankungen führen, die von

körperlichen Beschwerden (z. B. Kopf- und Rückenschmerzen, hoher Blutdruck, Herz- und

Kreislaufbeschwerden) bis zu psychischen Beschwerden (z. B. Depressionen, Burnout)

reichen. Kurzzeitig anhaltende Stresssituationen stellen in der Regel erst einmal kein

Problem dar. Der Körper schüttet vermehrt Hormone, wie Cortisol, Adrenalin und

Noradrenalin aus und der Blutzuckerspiegel, der Herzschlag, der Blutdruck und die

Durchblutung steigen. Der Körper hat sich quasi kampf- und/ oder fluchtbereit gemacht.

Physiologisch betrachtet stellt dies eine wichtige und sinnvolle Reaktion dar, denn der Körper

mobilisiert sozusagen seine Kraftreserven. Im Idealfall erholt sich der Körper dann jedoch

auch wieder, wenn die Stresssituation vorbei ist und die Körperfunktionen „normalisieren“

sich. Dauert eine Stresssituation jedoch länger an und/oder steht anhaltend nicht

ausreichend Zeit für Erholung zur Verfügung, bevor erneut Stressoren wieder auf den

Organismus einwirken, versucht sich der Organismus zunächst anzupassen, die Menschen

laufen anhaltend auf Hochtouren, wodurch jedoch die Belastbarkeit und

Bewältigungsfähigkeit beginnen zu sinken, was beispielsweise die Schwächung des

Immunsystems nach sich ziehen kann. Hält der Stress chronisch an, führt dies irgendwann

zu einer Erschöpfungsreaktion, die dann auch zu organischen Erkrankungen, wie z. B. Herz-

Kreislauferkrankungen, führen kann (Abbildung 11).

Abbildung 11: Vereinfachtes Schema zur Entstehung und den Folgen von Stress

(Quelle: Stressreport, Deutschland 2012, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin)

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Bei den Befragungen im Stressreport wurden Situationen aufgeführt, die für Arbeitnehmer

als „psychisch belastend“ und „häufig auftretend“ empfunden werden (Abbildung 12). Der

Stand der psychischen Arbeitsanforderungen kann verkürzt mit den Schlagworten „viel

gleichzeitig, schnell und auf Termin, immer wieder neu, aber auch oft das Gleiche“

zusammengefasst werden. Denn es sind vor allem Kriterien, wie „verschiedenartige Arbeiten

gleichzeitig betreuen“ (58 %) sowie der „starke Termin- und Leistungsdruck“ (52 %), aber

auch Arbeitsunterbrechungen (44 %) sowie „sehr schnell arbeiten müssen“ (39 %), von

denen häufiges Auftreten berichtet wird. Darüber hinaus sind auch „ständig wiederkehrende

Arbeitsvorgänge“ (50 %) noch sehr verbreitet und immerhin auf Platz drei der psychischen

Anforderungen. Ein Belastetsein durch die jeweilige Anforderung wird absolut betrachtet, am

häufigsten bei „starkem Termin- und Leistungsdruck“ (34 %) sowie „Arbeitsunterbrechungen“

(26 %) angegeben. Betrachtet man, in welchem Ausmaß die psychischen Anforderungen,

die aus Beschäftigtensicht häufig auftreten, zugleich als belastend bewertet werden (relative

Belastung), zeigt sich das „Arbeiten an der Grenze der Leistungsfähigkeit“ als Spitzenreiter.

Die Anforderung tritt zwar mit knapp über 16 % nicht so häufig auf, wird aber mit gut 74 %

umso öfter von den Betroffenen als belastend erlebt. Dicht darauf folgen die Belastung durch

„fehlende“ (73 %), oder „nicht rechtzeitige Informationen“ (65 %).

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Abbildung 12: Anforderungen aus Arbeitsinhalt und -organisation und daraus resultierende Belastung

(Quelle: Stressreport, Deutschland 2012, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin)

Neben den Anforderungen an Arbeitsinhalt und –organisation werden jedoch auch andere

Arbeitsbedingungen im Betrieb als belastend empfunden. Dazu zählen die Angst vor dem

Arbeitsplatzverlust, ein schwieriges Vorgesetztenverhalten und ein schlechtes Betriebsklima

(Abbildung 13).

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Abbildung 13: Wahrgenommene Belastungen im Betrieb

(Quelle: IG Metall, „Wenn Aufgaben und Termine über den Kopf wachsen“, 2010)

In der Abbildung 14 sind die durch eine Erhebung vom Statistischen Bundesamt

festgestellten körperlichen und psychischen Belastungen von unterschiedlichen

Berufsgruppen dargestellt. Darin ist zu erkennen, dass sich je nach Berufsgruppe die

Belastungen erheblich unterscheiden. Bei Wissenschaftlern, Führungskräften, Technikern

und Bürokräften überwiegen die psychischen Belastungen gegenüber den körperlichen,

wogegen Anlagen-/Maschinenbediener, Handwerker und Fachkräfte in der Landwirtschaft

und Fischerei höhere körperliche Belastungen empfinden.

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Abbildung 14: Körperliche und psychische Belastungen unterschiedlicher Berufsgruppen

(Quelle: Statisches Bundesamt, Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz, 2009)

8 Die längere Lebensarbeitszeit

Die Menschen in Deutschland müssen länger arbeiten und sollen erst mit 67 Jahren in Rente

gehen. Das ist die Gesetzeslage. Danach wurde das Rentenalter ab 2012 für alle, die nicht

45 Jahre Beiträge gezahlt haben, schrittweise auf 67 Jahre gesteigert. Durch die Anhebung

soll sichergestellt werden, dass die Beiträge für die jüngere Generation bezahlbar bleiben.

Der Grund: Die Deutschen leben länger und bekommen länger Rente – heute im Schnitt 17

Jahre. 1960 waren es nicht einmal zehn Jahre. Wer ab 1947 geboren ist, muss sich also auf

ein längeres Arbeitsleben einstellen. Für die Jahrgänge ab 1964 gilt dann in der Regel die

Rente mit 67.

Die neue Berliner Altersstudie vom Jahr 2013 hat untersucht, wie sich die Dauer der

Erwerbstätigkeit bei älteren Menschen erhöhen lässt. Denn um die wirtschaftlichen Folgen

des demografischen Wandels abzumildern, ist es wichtig, dass die Arbeitskraft älterer

Menschen länger erhalten bleibt. Die folgenden Abbildungen 15 und 16 verdeutlichen die

Veränderung der Altersstruktur in Deutschland in den Jahren 1910, 2008 und 2060.

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Abbildung 15: Aufbau der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 1910

(Quelle: Arbeitswelt im Wandel, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2014)

Abbildung 16: Aufbau der Bevölkerung in Deutschland 2008 und 2060

(Quelle: Arbeitswelt im Wandel, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2014)

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Der demografische Wandel hat Folgen für den Wohlstand und die Sozialsysteme, weil

aufgrund des steigenden Durchschnittsalters der Anteil der arbeitenden Bevölkerung immer

kleiner wird. Daher ist es wichtig, ältere Menschen verstärkt in das Erwerbsleben

einzubinden. Politik und Unternehmen sind verstärkt gefordert, Rahmenbedingungen für ein

längeres Arbeitsleben zu schaffen.

Der Anteil der Erwerbstätigen bei den 55- bis 64-Jährigen ist in den letzten zehn Jahren von

38,6 auf 61,5 % gestiegen. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich im vorderen

Mittelfeld. In einigen Ländern wie beispielsweise Island, Schweden und Norwegen gehen

allerdings deutlich mehr ältere Menschen einer Beschäftigung nach als in Deutschland. Die

aktuelle Berliner Altersstudie hat ergeben, dass vor allem die Erhöhung des gesetzlichen

Renteneintrittsalters zu einer längeren Lebensarbeitszeit führt. Als wichtig erachten die

Experten, flexible Möglichkeiten des Übergangs in den Ruhestand auszubauen und dem

Wunsch vieler älterer Arbeitnehmer nachzukommen, schrittweise aus dem Berufsleben

auszutreten. Hierzu sollte vor allem das bislang wenig genutzte Instrument der Teilrente

stärker ausgebaut werden. Um bei den Unternehmen ein stärkeres Interesse an älteren

Arbeitnehmern zu fördern, könnten Informationskampagnen sinnvoll sein, die dem Vorurteil

entgegenwirken, Ältere seien weniger leistungsfähig. Wichtig ist es auch, Arbeitslosen den

Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern. Weiterbildungsmaßnahmen können Erfolg

zeigen; allerdings sollten sie nach Möglichkeit nicht erst dann eingesetzt werden, wenn die

Betroffenen bereits arbeitslos sind. Vielmehr sollte es selbstverständlich werden, dass sich

Beschäftigte im Sinne des lebenslangen Lernens kontinuierlich fort- und weiterbilden.

8.1 Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer

Ältere Arbeitnehmer sind Mitarbeiter, die in der zweiten Hälfte des Berufslebens stehen, das

Rentenalter noch nicht erreicht haben und gesund und arbeitsfähig sind. Eine konkrete

Altersangabe, ab wann ein Beschäftigter zu den älteren Arbeitnehmern zählt, gibt es nicht.

Häufig werden Arbeitnehmer ab 50 (sog. "50+") bzw. 55 Jahren zu den älteren

Arbeitnehmern gezählt. Forderungen nach Verlängerung der Lebensarbeitszeit zwingen

Arbeitgeber, Maßnahmen zu ergreifen, damit ältere Arbeitnehmer gesund und leistungsfähig

bleiben. Unternehmer und Personalverantwortliche haben teilweise die Vorstellung, dass

ältere Arbeitnehmer teuer, häufig krank und wenig belastbar sind.

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8.1.1 Altersbedingte Veränderungen

Der großen Lebens- und Berufserfahrung älterer Arbeitnehmer sowie Eigenschaften, wie

Zuverlässigkeit und Besonnenheit, stehen altersbedingte Veränderungen gegenüber:

abnehmende körperliche Ausdauer

altersbedingt erhöhte Werte für das Körpergewicht und den Body Maß Index

Körperkraft, Kraft beim Greifen, Gelenkbeweglichkeit, Wirbelsäulen-Flexibilität und

andere Parameter unterliegen zwar altersbedingten Verschlechterungen, sind aber

individuell extrem unterschiedlich ausgeprägt und können teilweise durch Training

kompensiert werden

Erholungsbedürfnis und die Notwendigkeit von Pausen nehmen mit dem Alter zu

Reaktionszeiten verlängern sich, dies wird jedoch teilweise durch Übung und

Erfahrung kompensiert

für kognitive Fähigkeiten gilt: "Use it or lose it" (Gebrauch es oder verlier es), d. h.,

Übung ist extrem wichtig, um intellektuelle Kompetenzen im Alter zu behalten

Fähigkeiten der Sinnesorgane, wie Hörvermögen, Sehschärfe, Farbunterscheidung

usw. lassen mit dem Alter zunehmend nach.

Für die Leistungsfähigkeit sind allerdings nicht Alter oder Geschlecht entscheidend, sondern

Arbeitsbedingungen, Lebensverhältnisse, Bildung und Motivation.

Krankheit und Unfallrisiko

Ältere Beschäftigte sind im Allgemeinen seltener krank als jüngere, allerdings ist die Dauer

der Arbeitsunfähigkeit pro Krankheitsfall höher. Laut BauA liegt sie bei Beschäftigten bis

unter 45 Jahre bei durchschnittlich 8,3 und bei Beschäftigten, die 45 Jahre und älter sind, bei

15,7 Ausfalltagen. Ältere Arbeitnehmer sind seltener als jüngere von Unfällen und

Verletzungen betroffen. Falls Ältere jedoch Unfälle erleiden, so sind diese schwerwiegender

und häufiger tödlich. Unfallursache ist in 25 % aller Fälle Erschöpfung. Während Unfälle

insgesamt eine Arbeitsunfähigkeit von durchschnittlich 8 Tagen verursachen, liegt dieser

Wert

für 55- bis 64-Jährige bei 12 Tagen und

für über 65-Jährige bei 18 Tagen.

8.1.2 Maßnahmen zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit

Wissen und Erfahrung der älteren Beschäftigten dürfen nicht verloren gehen, sie dürfen nicht

von Weiterbildung ausgeschlossen werden. Organisatorische Maßnahmen können sein:

altersgemischte Teams

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Wissensmanagement, d. h. Weitergabe von Wissen an jüngere Kollegen oder

Nachfolger

regelmäßige Weiterbildung und Erwerb neuer Qualifikationen.

Ziel betrieblicher Maßnahmen muss vor allem sein, dass auch ältere Beschäftigte gesund

und arbeitsfähig bleiben:

Eine gute ergonomische Arbeitsplatzgestaltung kann körperliche Belastungen oder

länger dauernde einseitige Belastungen vermeiden bzw. verringern. Anpassung an

altersbedingte Veränderungen geht vor Umsetzen an einen anderen Arbeitsplatz

(Schonarbeitsplatz). Nur wenn auch ältere Arbeitnehmer gefordert und ihre

Fähigkeiten regelmäßig trainiert werden, bleiben sie leistungsfähig.

Da die Fähigkeiten der Sinnesorgane mit dem Alter zunehmend nachlassen, können

folgende technische Maßnahmen sinnvoll sein, z. B. verbesserte Beleuchtung am

Arbeitsplatz, Beschriftung und Hinweise in großer gut lesbarer Schrift, akustische

Signale in Frequenzbereichen, die sowohl ältere als auch jüngere Beschäftigte gut

hören.

Betriebliches Gesundheitsmanagement – mit Aktionen und Veranstaltungen z. B. zu

gesunder Ernährung, Ausgleichsübungen, Umgang mit Stress – kommt allen

Mitarbeitern zugute, auch den Älteren.

Betriebliches Altersmanagement umfasst:

1. Altersstruktur, Krankenstand und Qualifikationsstruktur analysieren

2. Maßnahmen festlegen und umsetzen

3. Wirksamkeit der Maßnahmen bewerten.

Demografie-Lotsen oder -Berater unterstützen Unternehmen und Mitarbeiter dabei,

altersgerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen.

9 Beispiele für innovative Möglichkeiten zur Verbesserung des

Arbeitsschutzes

9.1 Sensortextilien

Mitarbeiter in Laboren, der chemischen Industrie oder der Halbleiterproduktion arbeiten

häufig mit gesundheitsschädlichen Substanzen. Die Integration von Sensorfarbstoffen in

Textilien bietet neue Möglichkeiten für einen effektiven Arbeitsschutz. Die

Sensorschutzbekleidung, die bei Kontamination mit bestimmten Gefahrstoffen ihre Farbe

ändert, kann die Mitarbeiter schnell und einfach über eine vorliegende Gefahrensituation

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informieren. Weitere mögliche Anwendungsgebiete für Sensorfarbstoffe in Textilien sind z. B.

das Wundenmonitoring, die Krankheitsfrüherkennung und das Umweltmonitoring.

Die Fraunhofer-Einrichtung für modulare Festkörper-Technologie EMFT, München entwickelt

maßgeschneiderte Sensorfarbstoffe, die auf spezifische Kundenanforderungen

zugeschnitten sind. Es können passende Indikatorstoffe für eine breite Palette an

gesundheitsschädlichen (z. B. toxischen, ätzenden oder reizenden) Substanzen hergestellt

werden. Nach den üblichen Färbe- und Druckverfahren können die Sensorfarbstoffe auf

Garne, Gewebe und Textilien aufgebracht werden. Es werden Sensorfarbstoffe und –

pigmente entwickelt, die das Vorliegen von Analyten, wie z. B. CO, CO2, O2, NO, NH3,

Aminen, Aldehyden und Sacchariden durch Farb- oder Fluoreszenzveränderungen

anzeigen. Durch miniaturisierte in Textilien integrierte Sensormodule können neben der

Gefahrstoffdetektion die Messwerte auch abgelegt, gespeichert und ausgewertet werden,

wodurch dokumentiert werden kann, wie häufig eine Person in einem gefährdeten Umfeld

gearbeitet hat und wie lange sie welchen Konzentrationen an Gefahrstoffen ausgesetzt war.

9.2 Sensoranzug

Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Bremen entwickelt

derzeit einen Sensoranzug, der vor körperlicher Überbelastung im Beruf schützen soll. In

dem vom BMBF geförderten Verbundprojekt (SIRKA-Sensoranzug zur individuellen

Rückmeldung körperlicher Aktivität) sollen integrierte Miniatursensoren die Aktivität im

Arbeitsalltag messen und auf kritische Bewegungsmuster hinweisen. Als Test-Berufsgruppen

wurden Rettungssanitäter und Schweißer im Schiffbau ausgewählt, die im kommenden Jahr

den Anzug ausprobieren sollen. Der Anzug soll auf zwei Gebieten Anwendung finden. Zuerst

wird er in seiner Diagnosefunktion eingesetzt, um Bewegungen detailliert aufzuzeichnen.

Danach können Betriebsarzt, Physiotherapeut und Nutzer die Daten gemeinsam

analysieren, um darauf aufbauend präventive und rehabilitierende Maßnahmen einzuleiten.

Kritische Bewegungsmuster können somit durch andere ersetzt, bzw. durch den Einsatz von

Hilfsmitteln vermieden werden. Bei der Sammlung und der Auswertung der Daten muss der

Datenschutz beachtet werden. Die zweite Funktion des Anzuges umfasst die Umsetzung der

Erkenntnisse. Ein akustisches Warnsignal meldet, wenn sein Träger die belastenden

Bewegungen ausführt. Der geschulte Träger kann dadurch seine Fehlhaltung erkennen und

korrigieren. Weiterhin kann für die Eigenkontrolle die über den Arbeitstag akkumulierte

Gesamtbelastung ermittelt werden.

Nach erfolgreichem Projektabschluss soll der Sensoranzug auch anderen Berufsgruppen zur

Verfügung stehen.

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9.3 Arbeitskleidung schützt vor Laserstrahlen

Ein internationales Forscherteam hat im Rahmen des EU-Projektes PROSYS-Laser unter

Leitung des Laserzentrums Hannover (LZH) neuartige Schutzsysteme (Hosen, Jacken,

Handschuhe) mit integrierten Sensoren entwickelt. Diese sollen vor sehr starken Lasern mit

Leistungsdichten von mindestens 20 Megawatt pro Quadratmeter schützen. Laser werden

immer häufiger als Werkzeug in der Industrie und Forschung eingesetzt. Dazu wurden aktive

Sensoren mit einem passiven Schutzsystem kombiniert. Das passive System besteht aus

mehrlagigen technischen Textilien, wobei die oberste Schicht eine spezielle Beschichtung

besitzt, die diffus reflektiert. Wenn trotzdem Strahlung in die Schutzkleidung eindringt, wird

diese möglichst breitflächig mittig verteilt. Die Restwärme, die dann durch die Kleidung

dringt, verursacht beabsichtigt Schmerzen. Dies ist gewollt, da der Anwender spüren soll,

dass er einer gefährlichen Bestrahlung ausgesetzt ist, damit er den betreffenden Körperteil

wegziehen kann. Beim aktiven System sind Sensoren in die Textilien eingearbeitet, die bei

Schädigung durch Strahlung innerhalb weniger als 100 ms ein elektrisches Signal an den

Laser schicken, der daraufhin automatisch abgeschaltet wird. Die neue Schutzkleidung wird

derzeit auf Messen vorgestellt.

10 Zusammenfassung

Die gesundheitlichen Gefährdungen, die durch die Arbeit in der Landwirtschaft entstehen

können, sind vielfältig. Sie gehen hauptsächlich vom Umgang mit Tieren, dem Vorkommen

vielfältiger biologischer Arbeitsstoffe, den auftretenden landwirtschaftlichen Stäuben und

dem Umgang mit Maschinen und Fahrzeugen aus. Zusätzlich entstehende Stresssituationen

verschärfen das Unfallrisiko. Durch die Einhaltung von Arbeitsschutzmaßnahmen wird die

Sicherheit erhöht. Für die Bereitstellung und Durchsetzung der baulichen, organisatorischen

und persönlichen Arbeitsschutzmaßnahmen ist der Arbeitsgeber verantwortlich. Er muss

aufgrund von Gefährdungsbeurteilungen Vorsorgemaßnahmen treffen. Hierfür gibt es eine

Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen sowie Richtlinien und technische Vorschriften.

Hilfe erhält der Arbeitgeber z. B. von der zuständigen Sozialversicherung für Landwirtschaft,

Forsten und Gartenbau (SVLFG). Neben dem notwendigen Informationsmaterial,

Empfehlungen und Schulungen werden dort Präventionsmaßnahmen angeboten, die es

auch den Arbeitnehmern ermöglichen, ihre Arbeitsweise in Hinblick auf Sicherheit und

Gesundheit zu überdenken und zu verbessern. Eine gute Zusammenarbeit und

gegenseitiges Verständnis sind dazu notwendig. Zahlreiche Kampagnen und Forschungen

beschäftigen sich mit innovativen Möglichkeiten zur Verbesserung des Arbeitsschutzes. So

können z. B. Sensoren eingesetzt werden, die Arbeitsabläufe analysieren und durch

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persönliche Feedbacks zur Verbesserung der eigenen Gesundheit beitragen. Im Zuge der

Überalterung der Gesellschaft ist darauf zu achten, dass auch ältere Arbeitnehmer im

Arbeitsalltag integriert und ihnen Möglichkeiten zur Weiterbildung und Prävention angeboten

werden.

11 Institutionen und Initiativen

Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

https://osha.europa.eu/de

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

http://www.bmas.de/DE/Startseite/start.html

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

http://www.baua.de/de/Startseite.html

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung

http://www.dguv.de/de/index.jsp

Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau

http://www.svlfg.de/

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)

http://www.gda-portal.de/de/Startseite.html

Initiative neue Qualität der Arbeit

http://www.inqa.de/DE/Startseite/start.html

12 Quellen

Arbeitskleidung schützt vor starker Laserstrahlung

http://www.ingenieur.de/Themen/Arbeitssicherheit/Arbeitskleidung-schuetzt-starker-Laserstrahlung

Arbeitsschutz in der Landwirtschaft

http://www.gesundheitsamt-bw.de/oegd/Netzwerke/Infektionsfrei/TIERARZT-

LANDWIRTSCHAFT/Arbeitsschutz/Seiten/Landwirtschaft.aspx

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Arbeitsschutzgesetz

http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsschutzgesetz

http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/arbschg/gesamt.pdf

http://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/arbschg.html

Arbeitsschutzorganisation im Betrieb

http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsschutz/Arbeitsschutzorganisationen/Arbeitsschutzorganisation-im-

Betrieb/arbeitsschutzorganisation-im-betrieb.html

Arbeitsschutzsystem im Betrieb: Verantwortung des Arbeitsgebers

http://www.arbeitsschutz.nrw.de/themenfelder/arbeitsschutzsystem_gefaehrdungsbeurteilung/verantwortung_des

_arbeitgebers/index.php

Arbeitssicherheitsgesetz

http://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/asig.html

Arbeitswelt im Wandel, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2014

http://www.baua.de/de/Publikationen/Broschueren/A90.html;jsessionid=D7349076C3729BB046AD0A517F75F91

5.1_cid323

„Ältere Arbeitnehmer“

http://www.haufe.de/arbeitsschutz/arbeitsschutz-office/aeltere-arbeitnehmer_idesk_PI957_HI2828684.html

„Berliner Altersstudie untersucht Bedingungen für längeres Arbeitsleben“, 2013,

Gesundheitsstadt Berlin – Das Hauptstadtnetzwerk

http://www.gesundheitsstadt-berlin.de/berliner-altersstudie-untersucht-bedingungen-fuer-laengeres-arbeitsleben-

2598/?utm_source=CleverReach&utm_medium=email&utm_campaign=20131127_Newsletter_16&utm_content=

Mailing_6897522

Berufskrankheiten-Verordnung

http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bkv/gesamt.pdf

Berufskrankheiten-Verordnung – Merkblätter zu Berufskrankheiten, Merkblatt zur

Berufskrankheit Nr. 3102 „Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten“

http://www.baua.de/cae/servlet/contentblob/672192/publicationFile/

Betriebliche Gesundheitsförderung

http://www.gesundheitsamt-bw.de/oegd/Gesundheitsthemen/Arbeitsmedizin/StaatlicherGewerbearzt/Betriebliche-

Gesundheitsfoerderung/Seiten/default.aspx

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Broschüre „Flüssigmist“, Ausgabe September 2013, Sozialversicherung für Landwirtschaft,

Forsten und Gartenbau

Broschüre „Sicher Arbeiten“, Ausgabe 2007, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten

und Gartenbau

Broschüre „Staub“, Ausgabe Juni 2010, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und

Gartenbau

Broschüre „Tierhaltung“, Ausgabe November 2005, Sozialversicherung für Landwirtschaft,

Forsten und Gartenbau

Fachserie 3 Reihe 2.1.8, Statistisches Bundesamt, 2013

Gase im Arbeitsschutz

http://www.arbeitssicherheit.de/de/html/fachbeitraege/anzeigen/210/Gase-im-Arbeitsschutz/

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)

http://www.gda-portal.de/de/Ueber-die-GDA/Ueber-die-GDA.html

Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz, Statistisches Bundesamt, 2009

https://www.destatis.de/DE/Publikationen/STATmagazin/Arbeitsmarkt/2009_09/2009_09Gesundheitsrisiken.html

Mehr Arbeitsunfälle in der Landwirtschaft 2013, proplanta, Das Informationssystem für die

Landwirtschaft

http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Agrarwirtschaft/Mehr-Arbeitsunfaelle-in-der-Landwirtschaft-

2013_article1404817567.html

Persönlicher Arbeitsschutz

http://www.gesundheitsamt-

bw.de/oegd/Gesundheitsthemen/Arbeitsmedizin/StaatlicherGewerbearzt/Persoenlicher-

Arbeitsschutz/Seiten/default.aspx

Präventionsbericht der SVLFG, 2012

http://www.svlfg.de/30-praevention/prv04-informationsmaterial/praeventionsbericht_kor.pdf

Sensoranzug soll vor Überlastung im Beruf schützen

http://www.dfki.de/web/presse/pressemitteilungen_intern/2014/sensoranzug-soll-vor-korperlicher-uberbelastung-

im-beruf-schutzen

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Sensortextilien für besseren Arbeitsschutz

http://www.emft.fraunhofer.de/content/dam/emft/de/documents/Infoblaetter/4_D_Sensortextilien%20f%C3%BCr%

20besseren%20Arbeitsschutz_slim.pdf

Stressreport, Deutschland 2012, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd68.html

Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe, TRBA 230

http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/TRBA/pdf/TRBA-

230.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Unfallverhütungsvorschrift VSG 1.1, 1. April 2011, Sozialversicherung für Landwirtschaft,

Forsten und Gartenbau

https://www.svlfg.de/30-praevention/prv03-gesetze-und-vorschriften/prv0301-vorschriften-fuer-sicherheit-und-

gesundheitsschutz/01_vsg11.pdf

Was ist Arbeitsschutz?

http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsschutz/erklaerung-arbeitsschutz.html

„Wenn Aufgaben und Termine über den Kopf wachsen“, IG Metall, 2010

http://www.igmetall.de/gesundheit-arbeitsbelastung-3122.htm