Inguinalhernien bei Kindern und Jugendlichen · „Nuck’sche Zyste“ oder Hydrocele mulieri...

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Inguinalhernien bei Kindern und Jugendlichen Stephan Kellnar und Stephanie Singer Inhalt 1 Vorkommen und Pathologie ........................................................................... 1 2 Diagnostik ................................................................................................ 3 3 Therapie ................................................................................................. 5 3.1 Manuelle Reposition ..................................................................................... 5 3.2 Chirurgische Therapie .................................................................................... 6 3.3 Ergebnisse ................................................................................................ 8 4 Komplikationen ......................................................................................... 9 Literatur ....................................................................................................... 10 " Die kindliche Leistenhernie ist in den meisten Fällen eine indirekte, angeborene Hernie, die durch eine fehlende Obliteration des Processus vaginalis zustande kommt. Frühgeborene und Jungen sind ebenso wie die rechte Seite häufiger betroffen. Mit der Diagnosestellung, also dem klinischen Bild einer reponiblen bzw. irreponiblen Schwellung in der Leiste, ist die Indikation zur operativen Versorgung gegeben. Die Therapie besteht in dem Ver- schluss bzw. der Abtragung des offenen Processus vagina- lis. Dieser Eingriff kann mit gleichwertigen Resultaten auch minimalinvasiv vorgenommen werden. Darüber hinaus eröffnet die laparoskopische Technik die Diagnostik selte- ner Leistenhernien im Kindesalter (direkte Hernie, Femo- ralhernie) und deren minimalinvasive Behandlung. 1 Vorkommen und Pathologie Im Gegensatz zum Erwachsenenalter ist bei Kindern die Leistenhernie nahezu ausschließlich angeboren (Ein et al. 2006); pathognomonisch ist die Kommunikation des offen gebliebenen Processus vaginalis peritonei mit der Bauch- höhle (Abb. 1). Diese peritoneale Ausstülpung entsteht bereits in der 12. Fetalwoche zunächst als divertikelartige Vorwölbung des Bauchfells. Ab dem 6. Fetalmonat folgt der Processus vagi- nalis, der beim männlichen Fetus dem Hoden anhaftet, dem Weg des Descensus testis lateral der epigastrischen Gefäße (Abb. 2) durch den inneren Leistenring entlang des Leisten- kanals bis in das Skrotum (Skandalakis und Wood Gray 1994). Im Bereich des Hodens entwickelt sich das benachbarte Peritoneum zur innersten Hodenhülle, der Tunica vaginalis testis. Gegen Ende der Schwangerschaft beginnt der ehemals offene Processus vaginalis sich zu verschließen. Dieser Vor- gang der sukzessiven Obliteration kann Monate dauern: Im ersten Lebensjahr sind lediglich bei etwa 70 % aller männli- chen Säuglinge der innere Leistenring bzw. der Processus vaginalis vollständig verschlossen (Rowe et al. 1969). Beim Mädchen ist der Descensus ovarii bereits am Beckeneingang abgeschlossen. Ein Durchtritt durch die Bauchwand unter- bleibt, weswegen der innere Leistenring sowie der Processus S. Kellnar (*) · S. Singer Klinik für Kinderchirurgie, Klinikum Dritter Orden, München, Deutschland E-Mail: [email protected]; stephanie.singer@dritter- orden.de # Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018 D. von Schweinitz, B. Ure (Hrsg.), Kinderchirurgie, Springer Reference Medizin, https://doi.org/10.1007/978-3-662-53390-1_75-1 1

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Inguinalhernien bei Kindern und Jugendlichen

Stephan Kellnar und Stephanie Singer

Inhalt1 Vorkommen und Pathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2 Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

3 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.1 Manuelle Reposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.2 Chirurgische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

4 Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

" Die kindliche Leistenhernie ist in den meisten Fällen eineindirekte, angeborene Hernie, die durch eine fehlendeObliteration des Processus vaginalis zustande kommt.Frühgeborene und Jungen sind ebenso wie die rechteSeite häufiger betroffen. Mit der Diagnosestellung, alsodem klinischen Bild einer reponiblen bzw. irreponiblenSchwellung in der Leiste, ist die Indikation zur operativenVersorgung gegeben. Die Therapie besteht in dem Ver-schluss bzw. der Abtragung des offenen Processus vagina-lis. Dieser Eingriff kann mit gleichwertigen Resultaten auchminimalinvasiv vorgenommen werden. Darüber hinauseröffnet die laparoskopische Technik die Diagnostik selte-ner Leistenhernien im Kindesalter (direkte Hernie, Femo-ralhernie) und deren minimalinvasive Behandlung.

1 Vorkommen und Pathologie

Im Gegensatz zum Erwachsenenalter ist bei Kindern dieLeistenhernie nahezu ausschließlich angeboren (Ein et al.2006); pathognomonisch ist die Kommunikation des offengebliebenen Processus vaginalis peritonei mit der Bauch-höhle (Abb. 1).

Diese peritoneale Ausstülpung entsteht bereits in der 12.Fetalwoche zunächst als divertikelartige Vorwölbung desBauchfells. Ab dem 6. Fetalmonat folgt der Processus vagi-nalis, der beim männlichen Fetus dem Hoden anhaftet, demWeg des Descensus testis lateral der epigastrischen Gefäße(Abb. 2) durch den inneren Leistenring entlang des Leisten-kanals bis in das Skrotum (Skandalakis und Wood Gray1994).

Im Bereich des Hodens entwickelt sich das benachbartePeritoneum zur innersten Hodenhülle, der Tunica vaginalistestis. Gegen Ende der Schwangerschaft beginnt der ehemalsoffene Processus vaginalis sich zu verschließen. Dieser Vor-gang der sukzessiven Obliteration kann Monate dauern: Imersten Lebensjahr sind lediglich bei etwa 70 % aller männli-chen Säuglinge der innere Leistenring bzw. der Processusvaginalis vollständig verschlossen (Rowe et al. 1969). BeimMädchen ist der Descensus ovarii bereits am Beckeneingangabgeschlossen. Ein Durchtritt durch die Bauchwand unter-bleibt, weswegen der innere Leistenring sowie der Processus

S. Kellnar (*) · S. SingerKlinik für Kinderchirurgie, Klinikum Dritter Orden, München,DeutschlandE-Mail: [email protected]; [email protected]

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2018D. von Schweinitz, B. Ure (Hrsg.), Kinderchirurgie, Springer Reference Medizin,https://doi.org/10.1007/978-3-662-53390-1_75-1

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vaginalis – genannt „Nuck’scher Kanal“ – beim Mädchenvergleichsweise dünnlumig angelegt ist. Dieser Nuck’scheKanal obliteriert schon vor dem 8. Schwangerschaftsmonat.Vermutlich sind daher Mädchen deutlich seltener von einemangeborenen Leistenbruch betroffen, die Geschlechtervertei-lung Mädchen zu Jungen beträgt 1:8 (Willital und Lehmann2000). Verschließt sich beim Mädchen der offene Processusvaginalis lediglich abschnittsweise, kann sich eine perito-neale Zyste entwickeln. Eine solche gekammerte Flüssig-keitsansammlung im Leistenkanal wird beim Mädchen als„Nuck’sche Zyste“ oder Hydrocele mulieri bezeichnet (Stef-fen et al. 2010).

Grundsätzlich korreliert die Häufigkeit des Auftretenseines Leistenbruchs mit dem Geburtsgewicht: Bei Frühge-borenen <1000 g liegt in bis zu 30 % der Fälle ein Leisten-bruch vor, bei bis zu 55 % dieser Patienten ist er beidseitigvorhanden (Harper et al. 1975; Rajput et al. 1992; Rescorlaund Grosfeld 1984). Grundsätzlich ist allerdings anzumer-ken, dass ein offener Processus vaginalis nicht per se einemklinisch manifesten Leistenbruch gleichzusetzen ist. Bei biszu 20 % der Bevölkerung liegt lebenslang ein asymptomati-scher offener Processus vaginalis auf mindestens einer Seitevor (Golka et al. 1989). Erst bei entsprechendem Bruchsack-inhalt (Darm, Omentum, Ovar) besteht eine behandlungsbe-dürftige Leistenhernie.

Als zusätzliche Prädisposition zur Ausbildung einesmanifesten Leistenbruchs gilt ein erhöhter intraabdominellerDruck bei Grunderkrankungen wie Mukoviszidose oder imRahmen obstruktiver Atemwegserkrankungen verbunden mitrezidivierendem Husten und Pressen. Intraabdominelle Flüs-sigkeitsansammlungen wie Aszites oder nach ventrikuloperi-tonealer Liquorableitung (Clarnette et al. 1998; Grosfeld undCooney 1974) wie auch Erkrankungen des Bindegewebes

(Ehlers-Danlos Syndrom, Marfan-Syndrom, Mucopolysac-charidose u. a.) begünstigen ebenfalls die Entstehung einesLeistenbruchs (Coran und Eraklis 1967; McEntyre und Raf-fensperger 1977; Rayamajhi et al. 2013).

Füllt sich der Bruchsack ausschließlich mit Peritonealflüs-sigkeit, so spricht man von einer Hydrozele bzw. einemWasserbruch. Bei freier Verbindung des Processus vaginaliszur Bauchhöhle wechselt der Füllungszustand der Hydroceletestis: Im Stehen füllt sie sich entsprechend der Schwerkraftmit Peritonealflüssigkeit, während sich die Hydrozele imLiegen zumindest teilweise entleeren kann. Dieses Phäno-men der wechselnden Größe des Skrotums entspricht demVorliegen einer Hydrocele testis communicans. Obliteriertder Processus vaginalis abschnittsweise und bildet sich soeine gekammerte Flüssigkeitsansammlung im Leistenkanal,wird diese Konstellation als Hydrocele funiculi bezeichnet,analog zur Nuck’schen Zyste beim Mädchen.

Die direkte Leistenhernie kommt im Kindesalter äußerstselten vor (Abb. 3 und 4). Häufigkeitsangaben in der Litera-tur liegen im Promillebereich (Fonkalsrud et al. 1965). DieBruchpforte, die sog. Fossa inguinalis medialis oder auchHesselbach- Dreieck genannt, ist medial der epigastrischenGefäße lokalisiert.

Der Bruchsack – das Peritoneum – tritt auf geradem Wegdurch die Bauchwand hindurch ohne topografische Bezie-hung zum Samenstrang. Der Austritt der Hernie liegt imBereich des äußeren Leistenrings.

Die Schenkelhernie – Hernia femoralis – ist ebenfallseine Rarität im Kindesalter (Immordino 1972). Auch hier trittder Bruchsack meist gemeinsam mit präperitonealem Fettge-webe auf direktem Weg durch die Bauchwand – in diesemFalle unterhalb des Leistenbandes durch die Lacuna vasorumals Locus minoris resistentiae der Bauchdecke (Abb. 5).

Abb. 1 (a, b) Geschlossener undoffener Processus vaginalis (P.v.)

2 S. Kellnar und S. Singer

Sowohl für die direkte Leistenhernie als auch für dieSchenkelhernie gilt, dass grundsätzlich eine Erhöhung desintraabdominellen Drucks, intraabdominelle Flüssigkeitsan-sammlungen oder Erkrankungen des Bindegewebes prädis-ponierende Faktoren sind.

2 Diagnostik

Grundlage der Diagnosestellung einer kindlichen Leistenher-nie ist die klinische Untersuchung. Die inguinale, meistasymmetrische Schwellung –möglicherweise auch des Skro-tums – ist diagnostisch zielführend (Abb. 6). Bei Erhöhungdes intraabdominellen Drucks (Schreien, Pressen) nimmt dieinguinale Vorwölbung oft an Größe zu. Die palpatorischeUntersuchung der Leistenregion sollte auch die Lagekon-trolle beider Hoden im Skrotum einschließen, um bei Vorlie-

gen einer Retentio testis inguinalis nicht den in der Leistepalpablen Hoden als Hernie fehlzudeuten. Grundsätzlich istnur dann ein Leistenbruch zu tasten, wenn Baucheingeweideoder Teile davon in den Bruchsack prolabiert sind. Manchmalkann durch Zunahme des intraabdominellen Drucks (Auffor-derung zum Pressen, Husten u. a.) bei der Untersuchung einProlaps in den Bruchsack provoziert werden. Allerdings ist esauch bei leerem Bruchsack häufig möglich, die diskrete Ver-dickung des Samenstrangs zu tasten. Dabei lassen sich diefeinen Bruchsackwände gegeneinander verschieben; diesesPhänomen wird als „silk glove sign“ bezeichnet (Luo undChao 2007).

Ergibt sich im Rahmen der Untersuchung keinerlei klini-scher Hinweis auf eine Leistenhernie, besteht dennoch eineIndikation zur Herniotomie, wenn ein Elternteil oder derHausarzt authentisch und nachvollziehbar die inguinale Vor-wölbung bei dem Patienten beschreibt. Andererseits kann

Abb. 2 Offener Processusvaginalis auf der rechten Seite(lateral der epigastrischenGefäße). (P.v. Processus vaginalis,D. Ductus deferens, V.t. Vasatesticularia, V.e. Vasa epigastrica)

Abb. 3 Direkte Leistenhernie rechts mit Netzinkarzeration: Bruch-pforte medial der epigastrischen Gefäße. (D. Ductus deferens,V.t. Vasa testicularia, V.e. Vasa epigastrica, O.m. Omentum majus)

Abb. 4 Direkte Leistenhernie rechts: Bruchpforte medial der epigastri-schen Gefäße. (D. Ductus deferens, V.t. Vasa testicularia, V.e. Vasaepigastrica)

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eine persistierende inguinale Schwellung den Untersuchervor eine diagnostische Herausforderung stellen: Lässt sichdie Vorwölbung in der Leiste nicht reponieren, muss zualler-erst und definitiv eine Inkarzeration ausgeschlossen werden.Klinische Hinweise auf eine Einklemmung sind

• eine schmerzhafte, unverschiebliche, prall elastischeSchwellung in der Leiste mit

• konsekutiver inguinaler Asymmetrie und leichter Verzie-hung des ipsilateralen Skrotums.

Dieser eindrucksvolle Lokalbefund wird im weiteren Ver-lauf begleitet von einer progredienten Verschlechterung desAllgemeinzustandes mit Nahrungsverweigerung, Erbrechenund möglicherweise blutigen Stühlen. Die Behandlung solltegrundsätzlich erfolgen, bevor solche Allgemeinsymptomeauftreten.

Differenzialdiagnosen müssen zeitnah abgeklärt werden:Die Hydrocele funiculi, ebenfalls als prall elastische ingui-nale Vorwölbung imponierend, ist im Gegensatz zum einge-klemmten Leistenbruch nicht schmerzhaft und verschieblichpalpabel. Diagnostisch hilfreich ist die Sonografie, welchedie Hydrozele als echofreie inguinale Flüssigkeitsansamm-lung darstellt (Abb. 7). Im Gegensatz dazu ist ein Prolaps desDarmes in den Bruchsack sonografisch als echoreiche Struk-tur im Leistenkanal darstellbar (Abb. 8)

Ein in der Leistenregion retinierter Hoden ist nichtschmerzhaft, das ipsilaterale Skrotum ist leer. Anspruchsvol-ler ist die differenzialdiagnostische Abklärung eines torquier-ten Leistenhodens von einer inkarzerierten Hernie. Nebendem ipsilateralen leeren Skrotum ist die dopplersonografi-sche Darstellung des perfusionsgestörten, in der Leiste loka-lisierten Hodens diagnostisch zielführend.

Ein entzündlicher, ggf. abszedierender Leistenlymphkno-ten kann ebenfalls den Symptomen eines eingeklemmtenLeistenbruchs ähnlich sein. Die Abgrenzung zu einer Herniegelingt durch die Lokalisation des entzündlich veränderten

Abb. 5 Hernia femoralis (Schenkelhernie) rechts beim Mädchen.(L.r. Ligamentum rotundum, i.L. innerer Leistenring (verschlossen),L.i. Ligamentum inguinale, P.u. Plica umbilicalis, H.f. Hernia femoralis)

Abb. 6 Leistenhernie beim Säugling

Abb. 7 SonografischerLängsschnitt einer Hydrocelefuniculi. (P.v. offener Processusvaginalis, flüssigkeitsgefüllt)

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Lymphknotens: er liegt meist unterhalb des Leistenbandes.Weiterhin kann er von einer Leistenhernie sonografisch dif-ferenzialdiagnostisch abgegrenzt werden, u. a. durch die ent-zündliche Umgebungsreaktion bei Lymphknotenabszessbeziehungsweise durch die dopplersonografische Darstellungdes hyperperfundierten Leistenlymphknotens.

Bei Verdacht auf einen eingeklemmten Leistenbruch –gerade, wenn Differenzialdiagnosen nicht endgültig nachzu-weisen bzw. auszuschließen sind und die manuelle Re-position nicht gelingt – ist die inguinale Freilegung oderdiagnostische Minilaparoskopie dringlich indiziert, um diefatalen Folgen eines übersehenen inkarzerierten Leisten-bruchs zu vermeiden. Speziell die Minilaparoskopie eignetsich sowohl zum Nachweis wie auch zur operativen Versor-gung eines eingeklemmten Leistenbruchs. Dies gilt auch fürseltene Formen des Leistenbruchs. Gerade eine direkte Leis-tenhernie (Abb. 4) oder eine Schenkelhernie (Abb. 5) sind imKindesalter rein klinisch nicht immer eindeutig zu dia-

gnostizieren und werden unter Umständen als indirekte Leis-tenhernie verkannt und entsprechend inadäquat operativ ver-sorgt.

Unabhängig davon, dass jede Form der kindlichen Leis-tenhernie laparoskopisch erfolgreich behandelt werden kann,ist bei diagnostischer Unsicherheit zur definitiven Abklärungdie Laparoskopie die Untersuchungsmethode der Wahl.

3 Therapie

3.1 Manuelle Reposition

Bei Vorliegen eines klinisch manifesten Leistenbruchs ist diemanuelle Reposition die erste therapeutische Maßnahme.Durch sanften Druck gelingt es meistens, den prolabiertenDarm oder Netzanteile in die Bauchhöhle zurückzuschieben.Die Reposition kann allerdings erschwert oder unmöglichwerden, wenn sich nach Prolaps des Darms oder des Ovarsdurch eine relativ enge Bruchpforte eine ödematöse Schwel-lung aufgrund einer venösen Abflussstörung entwickelt.

Gelingt es auch unter Analgosedierung des Patientennicht, durch sanften Druck den Bruchsackinhalt gleichsam„auszumelken“ und ihn entlang des Leistenkanalverlaufs vonmedial nach lateral in die Bauchhöhle zurückzuschieben,liegt eine irreponible Inkarzeration vor, die eine Notfallindi-kation zur Herniotomie darstellt. Andernfalls entwickelt sichdurch die progrediente Gewebsschwellung im weiteren Ver-lauf auch eine Beeinträchtigung der arteriellen Perfusion, waszur Organnekrose bzw. Darmperforation führen kann. Außer-dem komprimiert der angeschwollene Bruchsackinhalt diebei männlichen Patienten im Leistenkanal verlaufenden Tes-tikulargefäße mit der zusätzlich drohenden Folge einerirreversiblen Hodenschädigung. Die konventionelle offeneoder laparoskopische Revision sollte deshalb unverzüglicherfolgen.

Abb. 8 SonografischerLängsschnitt des Leistenkanalsmit inkarzerierter Darmschlinge.(P.v.: offener Processus vaginalis,mit Darmschlinge gefüllt)

Abb. 9 Der Bruchsack ist nach Separation von Ductus deferens undVasa testicularia eröffnet und wird anschließend an der Basis ligiert undabgetragen

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Ist die Leistenhernie problemlos reponibel oder gleitet derBruchsackinhalt spontan zurück in die Bauchhöhle, ist dieOperationsindikation nicht dringlich, aber dennoch absolut.Ein Spontanverschluss des Bruchsacks bzw. des Processusvaginalis findet nicht statt.

3.2 Chirurgische Therapie

Konventionelle offene HerniotomieDas Prinzip der Korrektur des indirekten Leistenbruchs imKindesalter ist die hohe Ligatur und Durchtrennung desBruchsacks bzw. Processus vaginalis (Potts et al. 1950), bei

männlichen Patienten nach Isolierung und Schonung vonDuctus deferens und Vasa testicularia.

Nach inguinaler Hautinzision und Durchtrennung desSubkutangewebes werden der äußere Leistenring und dieExternusaponeurose dargestellt und eröffnet. Anschließendwird der Funiculus spermaticus freipräpariert und nachLängsspaltung des M. cremaster Ductus deferens und Vasaspermatica vom Bruchsack isoliert und zur Seite gehalten.Nach Eröffnen des Bruchsacks und ggf. Reposition vonBruchsackinhalt in die Bauchhöhle wird der Bruchsack biszur Basis dargestellt (Abb. 9) und dort mit einer Durchstich-ligatur verschlossen und abgesetzt (Abb. 10).

Liegt zusätzlich eine Hydrocele testis vor, so wird derProcessus vaginalis nach distal längs vollständig bis in dieHodenhüllen gespalten. Die Externusaponeurose wird ver-schlossen unter Belassen von genügend Raum zum Durchtrittder Samenstranggebilde. Nach schichtweisem Wundver-schluss versichert sich der Operateur palpatorisch, dass derHoden im Skrotum positioniert ist, um einen sekundärenHodenhochstand zu vermeiden. Bei Mädchen besteht derUnterschied im operativen Vorgehen lediglich darin, dassdie Externusaponeurose vollständig verschlossen werdenkann, da hier nicht auf den Durchtritt von Samenleiter bzw.Vasa testicularia geachtet werden muss.

Die Grundlage der offenen, konventionellen Korrektureiner direkten Leistenhernie im Kindesalter ist die Stabilisie-rung des Bodens des Leistenkanals durch Verstärkung bzw.Doppelung der Faszie des M. transversalis. Zusätzlich kannder M. obliquus abdominis internus an den lateralen Teil desLeistenbandes pexiert werden. Eine Netzimplantation sollteim Kindesalter nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen.

Der konventionelle Verschluss der Bruchpforte einerFemoralhernie erfolgt durch die Abtragung bzw. Einstülpungdes Bruchsacks nach innen mit Naht des M. pectineus an dasLeistenband, ohne dabei die V. femoralis einzuengen.

Laparoskopische KorrekturDie diagnostische Aussagekraft der Laparoskopie zum Nach-weis bzw. Ausschluss einer kindlichen Leistenhernie istunvergleichlich hoch (Miltenburg et al. 1998; Geisler et al.2001; Valusek et al. 2006; Watanabe et al. 2008). Ohneschichtweise die Bauchwand zu durchtrennen, wie es beider konventionellen, offenen inguinalen Freilegung unver-meidbar ist, kann über eine paraumbilikale Miniinzision mit-hilfe der Optik übersichtlich der innere Leistenring eingese-hen werden und bei Vorliegen einer ein- oder beidseitigenLeistenhernie die minimalinvasive Korrektur vorgenommenwerden.

Grundsätzlich bieten sich zwei Operationsprinzipien an:

• Die laparoskopische Herniorrhaphie oder• die laparoskopische Herniotomie (Giseke et al. 2010; Tsai

et al. 2011).

Abb. 10 Der Bruchsack ist an der Basis ligiert und abgetragen

Abb. 11 Indirekte Leistenhernie rechts beim Mädchen. (L.t.: Ligamen-tum teres uteri)

6 S. Kellnar und S. Singer

Bei der Herniorrhaphie wird der innere Leistenring ver-schlossen, indem das Peritoneum im Bereich des Anulusinguinalis profundus durch eine Z-Naht, Tabaksbeutelnahtoder durch Einzelknopfnähte verschlossen wird (Patkowskiet al. 2006; Ozgediz et al. 2007; Tam et al. 2009; Kastenberget al. 2011; Tatekawa 2011). Diese operationstechnisch ein-fache Methode führen wir ausschließlich bei weiblichen Pati-enten durch, da bei Mädchen ein kompletter und dichterVerschluss des Leistenrings vorgenommen werden kannohne das Risiko einer Kompromittierung der Samenstrang-gebilde. Die laparoskopische Herniorrhaphie erfolgt ohneden Einsatz von Arbeitstrokaren lediglich über in die Bauch-höhle eingebrachte dünnlumige Kanülen, sodass dieseMethode auch als „mikroinvasive Hernienkorrektur“bezeichnet wird:

Abb. 12 Mikroinvasive Herniorrhaphie: Durch eine Nadel wird einnicht resorbierbarer Faden in die Bauchhöhle vorgeschoben

Abb. 13 Das in der Bauchhöhle befindliche Fadenende wird durch eineMikro-Fasszange nach außen gezogen

Abb. 14 Drei nicht resorbierbare Nähte werden vorgelegt

Abb. 15 Nach extrakorporalem Knüpfen resultiert ein kompletter unddichter Verschluss des inneren Leistenrings

Abb. 16 Der Processus vaginalis wird von Ductus deferens und Vasatesticularia freipräpariert. (P.v. Processus vaginalis, D. Ductus deferens,V.t. Vasa testikularia)

Inguinalhernien bei Kindern und Jugendlichen 7

Nach Darstellung des offenen Processus vaginalis(Abb. 11) wird unter laparoskopischer Kontrolle eine miteinem nicht resorbierbaren Faden armierte Nadel durch denoberen und unteren Rand des inneren Leistenrings gestochen(Abb. 12).

Der Faden wird in die Bauchhöhle vorgeschoben und dieNadel entfernt. Anschließend wird über eine Kanüle eineMikro-Fasszange in den Bauchraum eingeführt, mit der dasintraperitoneal befindliche Fadenende nach außen gezogenwird (Abb. 13).

Dieses Manöver wird je nach Durchmesser des offeneninneren Leistenrings 2- bis 3-mal wiederholt (Abb. 14), bisnach extrakorporalem Knüpfen ein vollständiger und dichterVerschluss des inneren Leistenrings resultiert (Abb. 15). DieKnoten liegen subkutan epifaszial.

Um bei männlichen Patienten eine Einengung von Ductusdeferens und Vasa spermatica unbedingt zu vermeiden, emp-fiehlt sich die laparoskopische Herniotomie analog zurTechnik der konventionellen Herniotomie: Über zwei Ar-beitstrokare im linken und rechten Mittelbauch werden eineMinifasszange und eine Schere eingebracht und der offeneProcessus vaginalis zirkulär durchtrennt, nachdem zuvor derSamenleiter und die Hodengefäße abgeschoben und wegge-halten wurden (Abb. 16 und 17).

Der proximale Absetzungsrand des Bruchsacks wird –selbstverständlich unter Schonung der Samenstranggebilde –mit einer Tabaksbeutelnaht verschlossen, die intrakorporalgeknüpft wird (Abb. 18 und 19).

Die Operationsmethode entspricht dem Prinzip der kon-ventionellen offenen Herniotomie. Der Unterschied bestehtdarin, dass der Zugang wie auch die einzelnen Operations-schritte minimalinvasiv von innen erfolgen. Unvergleichlichist die diagnostische Aussagekraft der Laparoskopie zum

Nachweis sowohl eines kontralateral offenen Processus vagi-nalis als auch zur Diagnose seltener Hernien im Kindesalter,wie der Schenkelhernie oder der direkten Leistenhernie(Schier 2007).

Auch die laparoskopische Korrektur der seltenen Hernienist übersichtlicher vorzunehmen als beim konventionellenZugang. Das Prinzip besteht in der Abtragung des Bruch-sacks mit Raffung der Faszienränder durch eine nicht resor-bierbare Z-Naht oder durch nicht resorbierbare Einzelknopf-nähte. Alternativ kann der Bruchsack am tiefsten Punktgefasst und nach innen gezogen bzw. eingestülpt werden(Abb. 20).

Durch eine solche Pexie des Bruchsacks an die Fasziewird die Bruchpforte übernäht bzw. die Faszie gedoppelt(Abb. 21).

3.3 Ergebnisse

Die offen konventionelle wie die laparoskopische Korrektureiner Leistenhernie im Kindesalter ist ein sicherer operativerEingriff ohne außergewöhnlichen technischen Anspruch.Umfangreiche prospektive Studien und Metaanalysen zei-gen, dass sich die Resultate nach offenem versus laparosko-pischem Zugang weitgehend entsprechen (Shalaby et al.2012; Celebi et al. 2014; Saka et al. 2014; Steven et al.2016). Grundsätzlich liegt die Rezidivrate nach Korrektureiner männlichen Leistenhernie bei 1–2 %, nach Korrektureiner weiblichen Leistenhernie liegt diese Rate im Promille-bereich (Deboer 1957; Lynn und Johnson 1961; Simpsonet al. 1969; Bronsther et al. 1972; Endo et al. 2009; Riquelmeet al. 2010).

Allerdings ist die laparoskopische Korrektur – unabhängigvom exzellenten kosmetischen Ergebnis – in einigen Ver-gleichskriterien der konventionellen Herniotomie überlegen.Folgende Vorteile konnten statistisch signifikant auf einemEvidenzlevel 1 herausgearbeitet werden (Esposito et al.2014):

• Die Operationszeit für die laparoskopische Versorgungeiner beidseitigen Leistenhernie ist deutlich kürzer,

• die Infektrate nach laparoskopischer Hernienkorrektur istniedriger.

Bemerkenswert ist die niedrigere Rate an metachronenkontralateralen Leistenhernien, wenn zuvor der kontralateraleoffene Processus vaginalis nach laparoskopischer Darstel-lung korrigiert wurde (Tsai et al. 2011; Saka et al. 2014).Daraus ist abzuleiten, dass der operative Verschluss einesoffenen Processus vaginalis auch dann indiziert ist, wennnoch keine manifeste Leistenhernie beobachtet bzw. getastetwurde (Draus et al. 2011). Der Nachweis seltener Hernien imKindesalter wie der direkten Leistenhernie sowie der Schen-

Abb. 17 Der Processus vaginalis wird durchtrennt. (P.v. Processusvaginalis)

8 S. Kellnar und S. Singer

kelhernie kann laparoskopisch eindeutig geführt werden (Leeund DuBois 2000; Perlstein und Du Bois 2000; Schier 2000;Schier und Klizaite 2004). Die anschließende laparoskopi-sche Korrektur ist nach unseren Erfahrungen übersichtlichund technisch einfach durchführbar, während die offene kon-ventionelle Versorgung dieser seltenen Hernienformen sichdurchaus anspruchsvoll gestalten kann. Aufgrund der gerin-gen Fallzahl im Kindesalter sind aber keine evidenzbasiertenEmpfehlungen über den günstigeren Zugangsweg abzuleiten.Ebenfalls liegen zur laparoskopischen Versorgung einer Leis-tenhernie bei Frühgeborenen bisher noch keine Ergebnisseauf einem Evidenzlevel 1 vor. Unabhängig von der Invasivi-tät des Zugangs ist die Rate an Komplikationen wie Rezidivoder Verletzung der Samenstranggebilde bei Leistenbruch-operationen im Frühgeborenenalter deutlich höher (Lau et al.2007; Baird et al. 2011). Dies gilt auch für die Korrektur einerinkarzerierten Hernie, sodass grundsätzlich und unabhängigvom Patientenalter immer versucht werden soll, einen einge-klemmten Leistenbruch manuell zu reponieren und die opera-tive Versorgung unter elektiven Bedingungen vorzunehmen.

4 Komplikationen

Zu unterscheiden sind Komplikationen, die sich nach Ein-klemmung bzw. Inkarzeration eines Leistenbruchs entwi-ckeln von operationsbedingten Komplikationen. Die Inkar-zeration tritt besonders häufig im Säuglingsalter auf. In dieserAltersgruppe sind 85 % aller inkarzerierten Leistenhernien zubeobachten (Stylianos et al. 1993). Durch die Einklemmungvon Darm- oder Netzanteilen bzw. Ovar in der relativ engenBruchpforte kann die Perfusionsstörung durch einen Circulusvitiosus aufgrund der venösen und lymphatischen Stauungmit Ödembildung eskalieren. Schließlich können durch diedaraus folgende progrediente Kompression die im Bruchsackeingeklemmten Organe stranguliert werden und es resultiertmöglicherweise ein irreversibler Gewebeschaden. Das kriti-

sche Zeitintervall hierfür beträgt 2–3 h. Wenn sich durch einelängerfristige Einklemmung z. B. eine minderperfusionsbe-dingte Darmperforation ereignet, können vital bedrohlicheKomplikationen die Folge sein (Weber et al. 2005).

Gelingt die manuelle Reposition vor Überschreiten derkritischen Zeitspanne, bietet sich für die ehemals einge-klemmten Organe die Möglichkeit einer vollständigen Erho-lung (Lau et al. 2007), sodass nach 24–48 h unter nahezuphysiologischen Bedingungen die operative Korrektur erfol-gen kann (Murdoch 1979). Dadurch sinkt zusätzlich signi-fikant die operationsbedingte Komplikationsrate. Wurdeandererseits die kritische Zeitspanne überschritten und istein irreversibler ischämischer Gewebeschaden eingetreten,ist die Erfolgsrate einer manuellen Reposition sehr geringbzw. kann durch forcierte Repositionsmanöver das strangu-lierte, eingeklemmte Organ zusätzlichen Schaden erleiden. Indiesen Fällen muss unmittelbar die chirurgische Interventionvorgenommen werden.

Auch in Narkose sollte präoperativ die manuelle Re-position vermieden werden, um erst nach Eröffnung des

Abb. 18 Der entstandenePeritonealdefekt wird durch eineTabaksbeutelnaht verschlossen

Abb. 19 Der Peritonealdefekt ist verschlossen

Inguinalhernien bei Kindern und Jugendlichen 9

Bruchsacks das eingeklemmte Bauchorgan inspizieren zukönnen. Ist beispielsweise eine Darmschlinge irreversibelgeschädigt und droht die Perforation, muss das ischämischeDarmsegment reseziert werden. Dies ist lediglich in etwa 1 %aller inkarzerierten irreponiblen Leistenbrüche erforderlich(Rowe und Clatworthy 1970). Dagegen ist bei laparoskopi-scher Versorgung eines inkarzerierten Leistenbruchs dieintraabdominelle Beurteilung des in Narkose und Relaxationreponierten ehemals eingeklemmten Darmsegments möglich(Shalaby et al. 2010). Gegebenenfalls kann auch die Darm-resektion mit Anastomose laparoskopisch vorgenommenwerden. Doch bei männlichen Patienten sind nicht nur dieinkarzerierten Organe gefährdet, sondern es besteht im Falleeines eingeklemmten Leistenbruchs die Gefahr der Kom-

pression der im Leistenkanal verlaufenden Hodengefäße mitder Folge eines ischämischen Hodenschadens. Bei knappeinem Drittel der Patienten wird unmittelbar nach Inkar-zeration intraoperativ ein zyanotischer, durchblutungsge-schädigter Hoden beschrieben (Friedman et al. 1979). Aller-dings entwickelt sich eine Hodenatrophie 12 Monate nachLeistenbruchinkarzeration lediglich in 3–5 % der Fälle (Pal-mer 1978). Dies weist auf die Regenerationsfähigkeit desHodengewebes hin, sodass eine Orchiektomie eines makro-skopisch perfusionsgeschädigten Hodens im Rahmen derHernienkorrektur primär nicht indiziert ist (Ross et al. 1969;Puri et al. 1984).

Die häufigsten intraoperativen Komplikationen sindwohl die Läsionen der Samenstranggebilde, wobei die wahreInzidenz der iatrogenen Verletzung der Vasa testicularia bzw.des Ductus deferens letztlich unklar ist. Insbesondere bei derDissektion des Funiculus spermaticus muss größte Sorgfaltvorausgesetzt werden; thermische Schäden durch mono- oderbipolare Kauterisation sind zu vermeiden (Janik und Shand-ling 1982). Die Verwendung einer Lupenbrille kann mögli-cherweise die Rate iatrogener Verletzungen von Samenleiterund Hodengefäßen senken. Der günstigste Zeitpunkt zurReanastomose eines durchtrennten Ductus deferens wirdkontrovers diskutiert. Über erfolgreiche Anastomosierungenauch Jahre nach der Durchtrennung ist berichtet worden(Weber 1986; Matsuda et al. 1998). Grundsätzliche Voraus-setzungen sind mikrochirurgische Techniken und die Ver-wendung eines Operationsmikroskops.

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Abb. 21 Zustand nach Pexie des Bruchsacks an die Faszie mit Dop-pelung der Faszie

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