Inhaltsverzeichnis...Mensch-Tier-Beziehung resultierte aus einer Fehlinterpretation zwischen Mensch...

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Skript: Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen der tiergestützten Intervention 1.1. Geschichte der Mensch-Tier-Beziehung 1.2. Domestikation 1.3. Entstehung der tiergestützten Intervention 1.4. Tiergestützte Interventionen 1.4.1. Tiergestützte Aktivität 1.4.2. Tiergestützte Förderung 1.4.3. Tiergestützte Pädagogik 1.4.4. Tiergestützte Therapie Literaturverzeichnis 1

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Skript: Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention

Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen der tiergestützten Intervention

1.1. Geschichte der Mensch-Tier-Beziehung

1.2. Domestikation

1.3. Entstehung der tiergestützten Intervention

1.4. Tiergestützte Interventionen

1.4.1. Tiergestützte Aktivität

1.4.2. Tiergestützte Förderung

1.4.3. Tiergestützte Pädagogik

1.4.4. Tiergestützte Therapie

Literaturverzeichnis

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2.11 Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention

1. Grundlagen der tiergestützten Intervention

Der Gliederungspunkt „Grundlagen der tiergestützten Intervention“ gliedert sich zunächst in die

Gesichte der Mensch-Tier-Beziehung, hier wird der Rückblick in die Vergangenheit beschrieben,

die sich auf die Mensch-Tier-Beziehung auswirken. Hierfür lässt sich die Domestikation als

Ausgangspunkt sehen, die eine Veränderung von Wildtieren und Wildpflanzen der Menschen

umfasst. Der geschichtliche Gliederungspunkt bildet den Grundbaustein für die Mensch-Tier-

Beziehung und ist somit die Ausgangslage. Darauf aufbauend wird in einem weiteren Punkt die

Entstehung der tiergestützten Intervention fokussiert. Es wird auf den Ursprung im 18. Jahrhundert

und weitere Verläufe eingegangen. Darüber hinaus wird der in den 60er Jahren entwickelte

Wissenschaftszweig, die tiergestützte Intervention, der Mensch-Tier-Beziehung erläutert. Daraus

resultiert die Aufteilung des Gliederungspunktes „Tiergestützte Interventionen“, die sich in die

differenzierten Begriffsbestimmungen unterteilt.

1.1 Geschichte der Mensch-Tier-Beziehung

Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist bereits aus den Anfängen der Menschheit

dokumentiert. Dieses lässt sich an Höhlenmalereien, die häufig Tiermotive aufwiesen erkennen.

Darüber hinaus lässt sich auch von den alten ägyptischen Pharaonen (ca. 2900 v. Chr.) festhalten,

das sie sich damals mit ihren Lieblingshunden beisetzen ließen. Auch Hundefriedhöfe in

Großbritannien lassen auf eine fast anthropomorphe Beziehung schließen (vgl. Vernooij u.

Schneider, 2008, S. 2). Mit dem gemeinsamen Beginn der Geschichte waren Menschen und Tiere

so eng miteinander verbunden. In den Jägerkulturen, konnte der Mensch gleichzeitig auch ein Tier

sein, wie auch umgekehrt. Erst nach der stetigen Trennung des menschlichen Selbstbewusstseins,

wandte er sich vom Tierbereich ab (vgl. Greiffenhagen u. Buck-Werner, 2011, S. 18).

Die Beziehung zwischen Mensch und Tier zeichnete sich durch eine ständige Wechselbeziehung

aus. Sie schwankte in der Vergangenheit zwischen Vergötterung und Ausgrenzung. Die Tiere

wurden von den Menschen schon immer als Dialogpartner_In genutzt. Tiere hatten in der

damaligen Zeit einen starken Einfluss auf die Phantasie der Menschen. Diese nutzte der Mensch als

Hilfestellung dafür, sich das Wesen der Tiere vorzustellen. Darauf baute die emotionale Basis der

Mensch-Tier-Beziehung auf. Die stetige kulturelle Weiterentwicklung der Menschen beeinflusste

auch die Stellung der Tiere innerhalb der Gesellschaft.

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Der Einfluss wirkte sich auf den ökonomischen und kulturellen Stellenwert der Tiere aus und

umfasste auch deren Haltung. Somit lässt sich festhalten, dass die Mensch- Tier-Beziehung immer

im Zusammenhang mit der menschlichen Kultur und Gesellschaft gesehen wird (vgl. Otterstedt,

2003, S.15). Eine Art der Mensch-Tier-Beziehung ist beispielsweise, dass die Tiere als Gottheit

angesehen wurden und dieses in der heutigen Zeit immer noch vertreten ist. Diese Beziehung ist

zugunsten der Tiere ausgerichtet und verbietet es, sie zu verletzten, zu töten oder zu essen. Diese

Mensch-Tier-Beziehung resultierte aus einer Fehlinterpretation zwischen Mensch und Tier, die vom

mythischen Denken geprägt war. Tiere werden bei bestimmten Völkergruppen als Brücken und

Vermittler zwischen Menschen und Götter genutzt. Ein ganz anderer Ausgangspunkt der Mensch-

Tier-Beziehung spiegelt sich in Form von Tieropfern wieder. Tiere werden zugunsten der Menschen

geopfert. Des Weiteren bestehen Gerüchte, die besagen, dass gewisse Tierknochen eine

potenzsteigernde Wirkung in sich tragen. Dieses richtet sich gegen die Gunst der Tiere. Im Laufe

der Zeit festigten sich immer mehr Religionen. Diese regten nochmals das Umdenken der Mensch-

Tier-Beziehung an und löste das Tier als Vermittler ab. Es entwickelte sich eine Macht, die der

Mensch zu besitzen meint. Dieses spiegelt sich auch in der Beziehung der beiden Instanzen negativ

wieder. Der Mensch hat nach der Wandlung nicht nur die Macht, sondern auch die Verantwortung

über das Tier (vgl. Otterstedt, 2003, S. 15-19). „Der Mensch wurde zum Menschen, indem er sich

von der Natur entfremdete“ (Greiffenhagen u. Buck-Werner, 2011, S. 17). Dieses Zitat verdeutlicht,

dass sich der Mensch im Laufe der Zeit von der Natur abkapselte und somit eine Veränderung

stattfand. Hieraus lässt sich ebenfalls schlussfolgern, dass sich der Mensch als „Herr“ der Tiere und

Natur sieht. Nur indem sich der Mensch von der Natur „entfremdete“ erhielt er die Chance sich als

etwas „Höheres“ einzuordnen. Dennoch besteht ein stetiges Interesse des Menschen an Tieren.

Durch die Festigung der religiösen Ansichten wurde die Schere zwischen Mensch und Tier immer

breiter. Allerdings sind viele Faktoren gegeben, die dieses als Gegenteil erachten. Die

Verhaltensforschung zeigt auf, wie eng die Menschen dennoch mit der Natur und den Tieren

verbunden sind (vgl. Greiffenhagen u. Buck-Werner, 2011, S.17-19). Diese Verbindung entwickelte

sich mithilfe der Domestikation. Die Domestikation entstand mit dem Übergang vom Jäger-und

Sammler-Leben zur Sesshaftigkeit der Menschen. Sie hat die Bedeutung inne, dass ein

Veränderungsprozess von Wildtieren und Wildpflanzen durch den Menschen stattgefunden hat.

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Viele Tiere und Pflanzen leben nicht mehr wild, sondern gemeinsam mit und bei den Menschen.

Eine besondere Eignung für eine Domestikation wurde Tieren zugesagt, die in Herden und Rudeln

lebten und eine soziale Art in sich trugen (vgl. Ahne, 2000, S. 308). Die Domestikation ermöglicht

dem Menschen ein Zusammenleben mit dem Tier. Zudem kann das Tier als Unterstützung und

Hilfestellung bei Problemen der Individuen genutzt werden. Diese Hilfe ist nur unter der Annahme

möglich, dass Mensch und Tier eine tiefe Gemeinschaft verbindet. Der Hund ist das älteste

Haustier der Welt. Durch die frühe Domestikation entwickelte sich die gute Beziehung zwischen

dem Menschen und dem Hund. Der Hund diente in der damaligen Zeit als Jagdhelfer, Hirte oder

Wächter (vgl. Greiffenhagen u. Buck-Werner, 2011, S. 20). Für die Domestikation muss die

Fähigkeit vorhanden sein, sich auf etwas einzulassen und einen erweiterten Blick zu entwickeln.

Dieses lässt sich anhand des Beispiels erklären, dass Tiere nicht nur Interesse an Artgenossen

besitzen, sondern ihre Aufmerksamkeit auch auf Menschen fokussieren können. Diese Fähigkeit

kann als Symbiose beschrieben werden (vgl. Greiffenhagen u. Buck-Werner, 2011, S. 22). Die

Symbiose bedeutet Zusammenleben und somit eine Beziehung zwischen zwei unterschiedlichen

Arten von Tieren. Sie bezeichnet das Interagieren unterschiedlicher Tierarten. Im Vordergrund steht

der Vorteil, den beide Arten daraus ziehen können. Sie unterstützen sich beispielsweise bei der

Futterbeschaffung oder bei der Lebenserleichterung (vgl. Ruppert, 2013, S. 23). Tiere die folgende

Fähigkeiten aufweisen sind besonders für eine Domestizierung geeignet: Emotionalität,

Kommunikation und Lernfähigkeit. Die Domestikation meint nicht nur die Zusammenführung

zwischen Mensch und Tier, sondern auch die der Tiere untereinander (vgl. Greiffenhagen u. Buck-

Werner, 2011, S. 22). Zusammenfassend kann festgehalten werden, „(…) dass wir Menschen eine

ursprüngliche Freude an der Gemeinschaft mit Tieren haben“ (Greiffenhagen u. Buck-Werner,

2011, S. 22). Aus der Geschichte der Mensch-Tier-Beziehung lässt sich schlussfolgern, dass es ein

jähes Interesse der Menschen gegenüber dem Tiere gegeben hat. Die Menschen nutzten Tiere als

Nahrungslieferant, Gottheit und für ihre Phantasie. Aus diesem Ansatz heraus lässt sich eine

Verbindung zwischen Mensch und Tier feststellen. Die Mensch-Tier-Beziehung gilt als

Ausgangspunkt für den Einsatz der tiergestützten Intervention. Hierauf lässt sich der Ansatz

stützen, der sich im Laufe der Zeit zu einer eigenständigen Disziplin entwickelte.

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Diese wird genutzt, um Menschen mit Problemstellungen zu unterstützen. Der Gliederungspunkt

„Entstehung der tiergestützten Intervention“ basiert auf der geschichtlichen Grundlage der Mensch-

Tier-Beziehung.

1.2 Domestikation

Domestikation meint einen innerartlichen Veränderungsprozess von Wildtieren oder Wildpflanzen.

Hierbei hat der Mensch über Generationen hinweg die Wildform genetisch isoliert. Durch die

Domestikation ist ein Zusammenleben oder die Nutzung der Tiere möglich.

Das heutige Zusammenleben zwischen dem Menschen und den Tieren konnte nur durch die

Domestikation ermöglicht werden.

Die Domestikation sollte nicht mit einer Zähmung verwechselt werden. Bei der Domestikation

handelt es sich um eine genetische Veränderung, die dann innerartlich weitergegeben werden. Die

Zähmung ist lediglich eine individuelle Veränderung (vgl. Heimtierwissen; Domestikation, o.J.).

Diverse Tierarten wurden bereits domestiziert. Der Haushund ist das älteste domestizierte Tier,

welches vom Wolf abstammt. 30.000 Jahre sollen diese schon zusammen mit dem Menschen leben.

Schafe und Ziegen: 10.000 Jahre

Rinder und Pferde: 5000-10000

Katzen: 4500-6000 Jahren

Vor 33.000 Jahren wurde erstmalig der Schädel eines Hundes in Sibirien gefunden. Dennoch sind sich die Experten nicht genau einig, wann der Hund domestiziert wurde. Einige Forscher gehen von 15.000-20.000 Jahren aus.

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(Heimtierwissen; Domestikation, o.J.)

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Trut geht davon aus, dass die meisten domestizierten Tierarten morphologische und physiologische

Veränderungen, sowie Verhaltensveränderungen aufweisen. Hierauf wird ebenfalls auf

dieVeränderung geachtet, die für den Menschen nützlich ist (vgl. Heimtierwissen; Domestikation,

o.J.).

„1. Morphologische Veränderungen:

• Abnahme der Gehirnmasse (20 - 30 %); Rückgang der Furchung

• Farbänderung

• Reduktion von Gebiss und Hörnern

• Reduktion des Fells

• Veränderung der Fellstruktur

• Hängeohren

• Ringelschwanz

• Steilere Stirn

• Reduktion im Verdauungstrakt

• Ausbildung von Rassen mit zum Teil gravierenden Unterschieden im Erscheinungsbild;

Zwerg- oder Riesenrassen

Abbildung 1: Wildschwein (links) und Hausschwein (rechts) im Vergleich.

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2. Physiologische Veränderungen:

• gesteigerte Fortpflanzungsrate, teilweise bis zur vollständigen Aufgabe der Saisonalität der

Fortpflanzung

• Veränderung des Stresshormonlevels

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3. Verhaltensveränderungen:

• weniger gut entwickeltes Flucht- und Verteidigungsverhalten

• weniger stark ausgeprägtes Brutpflegeverhalten“ (Heimtierwissen; Domestikation, o.J.)

Durch die Selektion von Tieren mit bestimmten Verhaltensmustern, kann eine Veränderung der

Tierart hervorgerufen werden. Dieses kann dann zu einer optischen Veränderung führen.

Beispiel:

Domestikation von Silberfüchsen

➢ Begann im Jahr 1950

➢ Gezielte Suche nach weniger Scheuen und bissigen Tieren selektiert

➢ Inzucht wurde vermieden

➢ Nach einigen Generationen (10-20) zeigten die Füchse eine Veränderung an der Scheckung

im Fell

➢ Dieses liegt an neurochemischen und neurohormonellen Mechanismen

➢ Cortisol und Adrenalin (Stresshormone) waren verringert

➢ Diese haben einen erheblichen Einfluss auf den Körper

➢ Verminderte Anzahl an Stresshormonen reduziert Angst- und Stressreaktion, dadurch tritt

die Zähmung auf

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➢ Darüber hinaus haben die beiden Hormone, das gleiche Vorläufermolekül wie Melanin

(Farbpigment), welches dann eine Veränderung der Fellfarbe mit sich bringt Ebenfalls

verändert sich die Entwicklung der Tiere, womit eine erhöhte Fruchtbarkeit und ein

welpenhaftes Verhalten von Haustieren erklärt wird (vgl. Heimtierwissen; Domestikation,

o.J.).

!

Einen ähnlichen Versuch gibt es auch mit Damwild, auch hierbei ist durch die Selektion eine

Veränderung des Verhaltens, der Größe, sowie der Fellfarbe zu erkennen.

Weitere Informationen können sie in folgender Literatur finden:

Benecke: Der Mensch und seine Haustiere. Die Geschichte einer jahrtausendealten Beziehung.

Konrad Theiss-Verlag. Stuttgart 1994

Künzel C., Sacher N. (2000): Auswirkung der Domestikation auf Verhalten und endokrine

Anpassungsreaktionen beim Meerschweinchen

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2.11 Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention

1.3 Entstehung der tiergestützten Intervention

Die ersten Anfänge der tiergestützten Intervention lassen sich im 8. Jahrhundert entdecken. Im 18.

Jahrhundert wurde das therapeutische Nutzen der Tiere erstmalig in einer „Anstalt für

Geisteskranke“ in Belgien eingesetzt. Patienten_Innen verfügten über kleine Gärten und Tiere. Die

Haltung und Pflege gehörte zu den Aufgabenbereichen. Das Kloster York ging bereits vor 200

Jahren der Annahme nach, dass ein Tier dem Körper und der Seele gut tue. Im 19. Jahrhundert

wurden Tiere in einem Epileptiker Zentrum in Deutschland in der Stadt Bethel eingesetzt. Die

Einrichtung vertraute auf die heilenden Kräfte der Tiere. Es handelte sich um Katzen, Hunde,

Ziegen und Schafe, die in dem Zentrum vertreten waren (vgl. Greiffenhagen u. Buck-Werner, 2007,

S. 14). Vernooij und Schneider lehnen sich an McCulloch mit der Aussage, dass Mitte des 20.

Jahrhunderts Tiere in der Stadt New York eingesetzt wurden, die einen positiven Einfluss auf

Kriegsveteranen inne haben sollten. Die Tiere sollten zu einer besseren Heilung der Verletzungen

und für die Aufarbeitung der emotionalen Erlebnisse beitragen. Darüber hinaus gaben sie den

Individuen das Gefühl der Akzeptanz und eine Aufgabe im Leben zu besitzen (vgl. Vernooij u.

Schneider, 2008, S. 26). Die obig beschrieben Ansätze lassen sich allerdings nicht zur

wissenschaftlichen Forschung für die Anfänge der tiergestützten Intervention festhalten, denn es

wurden keine Dokumentationen festgehalten. Viele Ansätze verblassten und wurden daraufhin

vergessen. Die Wissenschaft interessierte sich stark für die Mensch-Tier-Beziehung und es

entwickelten sich Theorien. Somit wurde das „Alte Wissen“ aufgenommen und mithilfe

unterschiedlicher Ansätze versucht festzuhalten. Die Praxis hingegen entwickelte sich sehr zügig.

Diese baut auf der Annahme auf, dass die Tiere helfen und heilen können. Zu Beginn der 60er Jahre

wurden erste Zeitungsartikel und wissenschaftliche Belege veröffentlicht (vgl. Greiffenhagen u.

Buck-Werner, 2007, S. 14). Das Interesse an dem Thema der tiergestützten Intervention nahm

immer mehr zu und entwickelte sich zum Wissenschaftszweig der Mensch-Tier-Beziehung (vgl.

Vernooij und Schneider, 2007, S. 27). Der Kinderpsychotherapeut Boris M. Levinson schaffte mit

seinem Buch über die Erfahrungen in der Arbeit mit Tieren den Durchbruch. Er bezeichnet die

Tiere als „Kotherapeut“. Daraufhin wurden unterschiedliche Experimente und Versuchsreihen

durchgeführt und dokumentiert, die sich auf das Thema spezialisierten. Ende der 70er Jahre wurde

der Fokus von diversen Medizinern-Innen, Psychologen_Innen und Gerontologen_Innen auf die

Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung gerichtet.

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Des Weiteren resultierte eine große Gesellschaft daraus, die gegründet wurde (vgl. Greiffenhagen u.

Buck-Werner, 2007, S. 14). In Deutschland waren die Psychologen Bergler und Olbrich einer der

ersten, die sich mit der Thematik beschäftigen und systematische Studien entwickelten (vgl.

Vernooij u. Schneider, 2008, S. 28). In England und Amerika war die tiergestützte Intervention viel

ausgeprägter als in Deutschland. Dort wurden Verbände gegründet, die sich auf Therapie-Tiere

spezialisierte und diese in Pflegeheimen, Krankenhäusern und Psychiatrien einsetzte. Zu dieser Zeit

herrschte noch wenig Interesse seitens Deutschlands an der Wirkung der Mensch-Tier-Beziehung.

Das therapeutische Reiten war der Vorreiter der tiergestützten Intervention in Deutschland, den

anderen Bereichen wurde keine Beachtung geschenkt. Der Einsatz von Tieren in Krankenhäusern

und Pflegeheimen war lange Zeit nicht möglich. Erst im Laufe der Zeit bauten sich Organisationen

auf, die sich dafür einsetzten. Die tiergestützte Intervention ist noch eine junge Disziplin in

Deutschland. Hiermit beschäftigen sich Wissenschaften der menschlichen und tierischen

Verhaltensforschung, allgemeine und spezielle Psychologen, die Soziologie, Pädagogik und

Gerontologie, um nur einige zu nennen (vgl. Greiffenhagen u. Buck-Werner, 2007, S. 17).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Deutschland noch in den Anfängen steckt, was die

tiergestützte Intervention angeht. Andere Länder sind bereits Vorreiter und nutzen die Wirkung der

Tiere für sich. Es ist noch ein langer Weg bis die Tiere vollkommen in den Einrichtungen akzeptiert

und als selbstverständlich angesehen werden. Ein gutes Vorbild liefern bereits die Vereinigten

Staaten (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 28).

1.4 Tiergestützte Interventionen

Zu Beginn wird eine allgemeine Einleitung der Begriffsbestimmung fokussiert. Darauf folgen

präzise Unterscheidungen in der tiergestützten Arbeit. Hier wird die tiergestützte Aktivität,

Förderung, Pädagogik und Therapie genauer erläutert. Zum Ende hin werden nochmals wesentliche

Unterscheidungen kurz zusammengefasst, um die Begriffsbestimmung abzuschließen.

Bevor eine genaue Beschreibung der tiergestützten Intervention folgt, wird zunächst kurz erläutert,

welche Bedeutung der Begriff Intervention beinhaltet. Intervenieren bedeutet einschreiten,

einwirken, vermitteln oder klären (vgl. Duden, 2013).

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Das tiergestützte Arbeiten beinhaltet strukturierte pädagogische, psychologische und

sozialintegrative Angebote, die mithilfe von Tieren bei Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und

älteren Menschen durchgeführt werden. Tiergestützte Intervention richtet sich an Menschen, die

eine Förderung im kognitiven, sozial-emotionalen und motorischen Bereich benötigen. Des

Weiteren lässt sich das tiergestützte Arbeiten bei Verhaltensschwerpunkten und unterschiedlichen

Förderschwerpunkten einsetzten. Ferner lassen sich auch gesundheitsfördernde, präventive, sowie

rehabilitative Maßnahmen umsetzten. Die tiergestützte Intervention lässt sich in Form von Einzel-

sowie auch in Gruppensettings etablieren. Das Fundament der tiergestützten Intervention ist das

Beziehungsdreieck, welches aus dem Klienten, dem Tier sowie der Bezugsperson besteht. Sie

basiert auf unterschiedlichen Methoden, die unter anderem die Interaktion, Kommunikation und

Beschäftigung mit dem Medium „Tier“ umfassen (vgl. European Society for Animal Assisted

Therapy, 2012). Das Setting ist klar strukturiert und verfolgt eine zielorientierte „Prozess- und

Themenorientierung unter Berücksichtigung tierethischer Grundsätze mit anschließender

Dokumentation und fachlich fundierter Reflexion“ (European Society for Animal Assisted Therapy,

2012). Die European Society for Animal Assisted Therapy erläutert, anlehnend an die World Health

Organisation, die Ziele für das tiergestützte Arbeiten:

- Wiederherstellung und Aufrechterhaltung von körperlichen, emotionalen und kognitiven

Eigenschaften,

- Förderung der Fähig- und Fertigkeiten, die benötigt werden, um aktive Handlungen

auszuführen,

- Stärkung der Integration in jeweilige Lebenssituationen,

- Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens.

Das tiergestützte Arbeiten verfolgt das Ziel, dass Menschen ihre Fähig- und Fertigkeiten in

verschiedenen Lebenssituationen richtig einsetzten und somit adäquat agieren und an der

Gesellschaft teilnehmen können. Orientierungspunkt der tiergestützten Fördermaßnahmen sind die

Bedürfnisse, Ressourcen und die jeweiligen Diagnosen, sowie der Förderbedarf des jeweiligen

Individuums (vgl. Wohlfarth u. Widder, 2011).

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Im deutschsprachigen Raum lassen sich vier unterschiedliche tiergestützte Arbeitsbereiche

unterscheiden. Um tiergestützte Maßnahmen qualitativ durchführen zu können, bedarf es einer

anerkannten Fachausbildung. Im Vordergrund steht der erlernte Beruf, wie beispielsweise

Pädagoge_In, Sozialarbeiter_In, Psychologe_In, Ergotherapeut_In, Physiotherapeut_In oder

ähnliche Berufe, die den sozialen Bereich umfassen. Die tiergestützte Weiterbildung dient als

„Zusatz“ zum Grundberuf. Als Sozialarbeiter_In mit der Weiterbildung tiergestützte Intervention ist

dieser/diese in der Lage, qualitative tiergestützte Arbeit zu bieten und zu leisten. Durch diverse

Berufe und Zielsetzungen entwickelten sich auch die unterschiedlichen Begriffe des tiergestützten

Arbeitens. Es wird unter tiergestützter Aktivität, tiergestützter Förderung, tiergestützter Pädagogik

und tiergestützte Therapie unterschieden (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 34). Im folgenden

Abschnitt werden die Begrifflichkeiten genauer erklärt.

1.4.1 Tiergestützte Aktivität (TG A)

Die tiergestützte Aktivität umschließt erzieherische, rehabilitative und soziale Prozesse. Diese

sollen unterstützt werden, um zu einer Verbesserung der Lebenssituation beizutragen (vgl. Vernooij

u. Schneider, 2008, S. 34). „Sie werden durchgeführt von mehr oder weniger ausgebildeten

Personen unter Einbezug eines Tieres, welches für den Einsatz geeignet sein sollte, das heißt

welches spezifische Merkmale aufweisen sollte“ (Vernooij u. Schneider, 2008, S. 34). Der

Hauptaspekt der tiergestützten Aktivität ist es, das allgemeine Wohlbefinden des Individuums zu

fördern und somit die Lebensqualität zu verbessern. Die Anwesenheit eines Tieres, beispielsweise

in Krankenhäusern oder Altenheimen, ersetzen keine zwischenmenschliche Beziehung, allerdings

kann es eine alternative Beziehung sein, die zur Verbesserung des Gesundheitszustandes oder des

Wohlbefindens führen kann. Des Weiteren verhilft das Tier zum Austausch mit anderen Menschen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die tiergestützte Aktivität das Ziel des

„Wohlbefindens“ verfolgt und dadurch nur emotionale Äußerungen und Verhaltensweisen

wahrgenommen werden können (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 35).

Die tiergestützte Aktivität findet meistens im Rahmen eines Tierbesuchsdienstes statt. Hierzu gehen

ehrenamtliche Mitarbeiter_Innen mit ihrem Tier, beispielsweise in Altenheime, Krankenhäuser oder

Kinderheime.

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Die tiergestützte Aktivität wird nicht strukturiert, geplant oder schriftlich ausgearbeitet. Des

Weiteren zählen Spaziergänge mit Tieren, Streichelzoo und Beobachtungen von Tieren zu der

tiergestützte Aktivität. Für die Durchführung dieser Aktivität ist keine Ausbildung notwendig (vgl.

Vernooij u. Schneider, 2008, S. 35-36). Bei dem Wunsch tiergestützte Aktivitäten durchzuführen,

sind folgende Aspekte sehr hilfreich: „(…) Freude am Zusammensein mit fremden Menschen

haben, Geduld und Einfühlungsvermögen für die besuchten Personen aufbringen können und in der

Lage sein, deren Bedürfnisse sensibel wahrzunehmen (sich in diese hineinzuversetzen) um sie

weder zu über-, noch zu unterfordern“ (Vernooij u. Schneider, 2008, S. 36). Nicht außer Acht zu

lassen ist die Erfahrung in der Tierhaltung und im Umgang mit den Tieren. Die Signale des Tieres

sollten frühzeitig wahrgenommen werden, um somit gerecht auf das Tier einzugehen und adäquat

zu handeln. Wenn diese Aspekte erfüllt sind, lässt sich eine sichere und erfreuliche tiergestützte

Aktivität durchführen. Empfehlenswert ist es, dass Menschen, die gerne in diesem Bereich arbeiten

möchten, eine Einführungsveranstaltung besuchen und somit über Grundkenntnisse des

tiergestützten Arbeitens aufgeklärt sind (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 36).

1.4.2 Tiergestützte Förderung (TG F)

Um eine Beschreibung der tiergestützten Förderung zu erzielen, wird zunächst der Begriff

„Förderung“ definiert (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 36). Vernooij hat Folgendes dazu

festgehalten:

- Allgemeine Förderung umschließt ein hilfeleistendes und unterstützendes Einwirken auf die

Fortentwicklung,

- Pädagogische Förderung umschließt das Einwirken auf einen Menschen, um diesen zu

fördern, sodass die vorhandenen Eigenschaften sinnvoll eingesetzt und ausgeweitet werden,

- Sonderpädagogische Förderung verfolgt das Ziel, weiterführende Maßnahmen einzusetzen,

sodass ein Entwicklungsfortschritt vorangetrieben wird (vgl. 2005, S. 35-38).

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2.11 Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention

Die tiergestützte Förderung meint eine Arbeit zusammen mit Tieren, bei der ein Förderplan

entwickelt wird, sodass eine adäquate Förderung durchgeführt werden kann. Dieser Förderplan

basiert auf Ressourcen des Individuums und versucht Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verbessern

und aufzubauen. Diese Förderangebote werden von Personen, die im pädagogisch-

sonderpädagogischen Bereich ausgebildet sind, unterstützend mit einem trainierten Tier

durchgeführt. Die Förderung der Entwicklung in allen Bereichen steht im Fokus (vgl. Vernooij u.

Schneider, 2008, S. 37). Nach Vernooij, in dem Buch „Erziehung und Bildung beeinträchtigter

Kinder und Jugendlicher“, richtet sich die tiergestützte Förderung nach einem Konzept, welches

individuell und klientenorientiert arbeitet. Förderoptionen werden von dem/den Experten_Innen

unter Beachtung der Wünsche und Ideen des Klienten erarbeitet und unterstützend durch das

Medium „Tier“ ausgeführt. Das Ziel innerhalb dieser Förderung ist es, die eigenen Ressourcen,

Fähigkeiten und Anlagen des Individuums weiter auszubauen, um somit ein selbstständiges Leben

zu ermöglichen. Dieses besagt allerdings nicht, dass Probleme abgenommen werden. Ziel ist es

den/die Klienten_In so zu fördern, dass Probleme selbstständig gemeistert werden können (vgl.

Vernooij, 2005, S. 36). Bei der tiergestützten Förderung ist eine qualifizierte Ausbildung von

Vorteil. Es kann auch von Sozialarbeitern_Innen, Sonderpädagogen_Innen, Ergotherapeuten_Innen

oder ähnlichen Berufsgruppen ohne Weiterbildung durchgeführt werden. Allerdings sind hierbei

das Wissen über die Tiere, sowie der artgerechte Umgang unabdinglich.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die tiergestützte Förderung den Bereich der

Pädagogik abdeckt, allerdings wie im folgenden Text beschrieben, diese noch weitreichender ist

(vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 37-38).

1.4.3 Tiergestützte Pädagogik (TG P)

Anlehnend an Schwarzkopf erläutern Vernooij und Schneider, dass unter der tiergestützten

Pädagogik die emotionale und soziale Intelligenz verstanden wird. Vernooij und Schneider

beziehen sich auf Gardner, dieser fasste die beiden Aspekte zusammen. Gardner beruht darauf, dass

die interpersonale, also die soziale Intelligenz, eine Kompetenz ist, andere Menschen zu

„begreifen“. Das heißt, die Stimmung, Wünsche und Charakteren der Menschen zu erkennen und

adäquat darauf einzugehen.

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Des Weiteren beinhaltet die soziale Intelligenz Kooperationsfähigkeit, sowie der durchdachte

Umgang mit Menschen. Die intrapersonale, also die emotionale Intelligenz ist eine Kompetenz, die

nach innen gerichtet ist. Dieses bedeutet, dass das Individuum selber weiß wer er/sie ist und wie er/

sie auf andere Menschen reagieren muss, um das Leben zu meistern. Vernooij und Schneider

lehnen sich an Salovey und Mayer, diese fassten die Aussagen von Gardner nochmals anders

zusammen. Sie beschrieben das 5-Komponentenmodell: Hier wird die Kenntnis der eigenen

Emotionen, der Umgang mit Emotionen, die Umsetzung von Emotionen in Handlung, die

Empathie sowie die Sozialbeziehungen erläutert (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 38-39).

„Unter Tiergestützter Pädagogik werden Interventionen im Zusammenhang mit Tieren subsumiert,

welche auf der Basis konkreter, klienten-/ kindorientierter Zielvorgaben Lernprozesse initiiert,

durch die schwerpunktmäßig die emotionale und die soziale Kompetenz des Kindes verbessert

werden soll“ (Vernooij u. Schneider, 2008, S. 41). Dieses bedeutet, dass die tiergestützte

Pädagogikden Schwerpunkt auf die Förderung der emotionalen und sozialen Fähigkeiten legt. Ziel

ist somit eine Lernverbesserung in diesen Bereichen zu erreichen. Die tiergestützte Pädagogik wird

von pädagogischen, sowie sonderpädagogischen Berufsfeldern mithilfe eines trainierten Tieres

praktiziert. Die Durchführung der tiergestützten Pädagogik bedarf eines Lehrberufes mit konkreten

Zielvorgaben auf die Lerneffekte. Die Wünsche und Ziele der Kinder sollten hierbei bedacht

werden, um ein erfolgreiches Arbeiten gewährleisten zu können. Bei Kindern, die einen besonderen

Förderbedarf benötigen, ist es ratsam, einen Interventionsablauf mithilfe eines/ einer (Sonder-)

Pädagogen_In durchzuführen, um diesen gerecht zu werden (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S.

41).

1.4.4 Tiergestützte Therapie (TG T)

„Unter Tiergestützter Therapie werden zielgerichtete Interventionen im Zusammenhang mit Tieren

subsumiert, welche auf der Basis einer sorgfältigen Situations- und Problemanalyse sowohl das

Therapieziel als auch den Therapieplan unter Einbezug eines Tieres festlegen“ (Vernooij u.

Schneider, 2008, S. 44). Aus diesem Zitat wird deutlich, dass in der tiergestützten Therapie die

Problemanalyse im Vordergrund steht und versucht wird diese zu therapieren.

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2.11 Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention

Sie legt sich auf präzise Einwirkungen in der Persönlichkeit fest oder beschränkt sich auf die

Bearbeitung, sowie die Verarbeitung von Konflikten und Problemen. Die tiergestützte Therapie

wird von therapeutisch ausgebildeten Fachkräften durchgeführt, die das Medium „Tier“ gezielt

einsetzen, um ein Therapieziel zu erreichen (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 44). „Ziel der

Tiergestützten Therapie ist die Verhaltens-, Erlebnis- und Konfliktbearbeitung zur Stärkung und

Verbesserung der Lebensgestaltungskompetenz“ (Vernooij u. Schneider, 2008, S. 44). Somit kann

festgehalten werden, dass die tiergestützte Therapie dazu führt, die Lebensgestaltungskompetenz zu

stärken und weiter auszubauen (vgl. Vernooij u. Schneider, 2008, S. 46).

Nach Benennung der vier unterschiedlichen Formen der Intervention werden nochmal kurz die

Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgefiltert. Für die tiergestützte Förderung, Pädagogik und

Therapie ist festzuhalten, dass Fachkräfte von unterschiedlichen sozialen Grundberufen dieses

durchführen und sich im besten Fall mit einer Weiterbildung qualifiziert haben. Des Weiteren ist in

allen drei Bereichen ein trainiertes Tier von Nöten, um die Sicherheit und die Ziele gewährleisten

und erfüllen zu können. Ferner werden in diesen Bereichen Dokumentationen und Zielsetzungen

aufgelistet, um einen Rahmen für die tiergestützte Intervention zu bilden. Der Umgang und das

Wissen um das Medium „Tier“ ist bei allen vier Bereichen ein Muss. Darüber hinaus können

unterschiedliche Tierarten bei den Interventionen mit einfließen, dieses Bedarf allerdings die

Zustimmung des Klienten.

Einordnung der Sozialpädagogen/ Sozialarbeiter

Aus den Definitionen lässt sich erkennen, dass keiner dieser Begriffsbestimmungen den Bereich

der Sozialen Arbeit abdeckt, sondern nur Teilbereiche enthält (vgl. Kirchpfening, 2012, S. 13). Die

Autorin Kirchpfening fasst dieses im folgenden Zitat zusammen: „Aspekte wie eine systemische

Sicht, die Einbeziehung der Umwelt in innerpersonelle, soziale und gesellschaftliche Prozesse oder

gemeinwesenorientierte Sichtweisen kommen als Ausgangsbasis in diesen Definitionen schlicht

nicht vor“ (2012, S. 13). Daher ist es ratsam, dass in der „(…) Sozialen Arbeit zusätzlich eigenen

Konzepten, Erklärungsmustern und Strategien folgen müssen“ (Kirchpfening, 2012, S. 13). Die

geschilderte Begriffserklärung ist nur ein Ansatz, um die tiergestützte Arbeit zu unterscheiden.

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2.11 Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention

So lässt sich zum Beispiel festhalten, dass die tiergestützte Förderung auch pädagogische oder

erzieherische Maßnahmen beinhaltet, da die unterschiedliche Zielsetzung eine genaue

Differenzierung nicht immer möglich macht. Hieran wird deutlich, dass diese Unterscheidungen in

der Sozialen Arbeit nicht hilfreich sind, denn sie umfassen viel mehr, als die Definitionen

beinhalten (vgl. Kirchpfening, 2012, S. 13-14). Daraus resultiert die Erklärung, warum in der

vorliegenden Arbeit der Begriff der tiergestützten Intervention verwendet wird. In diesem

allgemeinen Begriff kann die Soziale Arbeit integriert werden.

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2.11 Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Intervention

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