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1 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ...................................................................................................3 2. Selbstverständnis und Auftrag der Posaunenchorarbeit ......................5 2.1 Entstehung und Struktur der Posaunenchorarbeit ................................ 5 2.1.1 Posaunenchorbläser/innen als „Mitarbeiter am Psalm 150“ .....................6 2.1.2 Posaunenchor als eigenständige Gruppierung innerhalb der Kirchengemeinde ....................................................................................................9 2.1.3 Posaunenchor als Gemeinschaft in übergemeindlicher Struktur.............11 2.2 Der missionarische Auftrag zwischen Verkündigung und Bildung ... 13 3. Der Bildungsbegriff .................................................................................16 3.1 Gesellschaftliche Umbrüche und Herausforderungen ........................ 16 3.1.1 Der demographische Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung 17 3.1.2 Der soziokulturelle Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung18 3.2 Das christliche Bildungsverständnis ................................................... 20 3.3 Musik als Lernmedium ....................................................................... 22 4. Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig .................................24 4.1 Darstellung der gegenwärtigen Projekte für Kinder und Jugendliche 24 4.1.1 Anfängerausbildung in den Posaunenchören ..........................................25 4.1.2 Bläserseminare des Posaunenwerks ........................................................26 4.1.3 Jugendfreizeiten ......................................................................................27 4.1.4 Projektchor „Junges Blech“ ....................................................................27 4.1.5 Bläser-AGs ..............................................................................................28 4.2 Dimensionen der Bildungsarbeit ........................................................ 29 4.2.1 Der musikalische Aspekt in der Posaunenchorarbeit ..............................30 4.2.2 Der religiöse Aspekt in der Posaunenchorarbeit .....................................31 4.2.3 Der soziale Aspekt in der Posaunenchorarbeit ........................................34 5. Das Posaunenwerk im Angesicht des gesellschaftlichen Wandels ............................................................................................................36 5.1 Generationsübergreifendes Lernen ..................................................... 36 5.2 Musikalische Bildungsangebote als sinnvolle Freizeitgestaltung ...... 37 5.3 Reaktionen des Posaunenwerks auf die neuen Herausforderungen für die kirchliche Bildungsarbeit .............................................................................. 38 5.3.1 Ausbildungsinitiative (AI).......................................................................38 5.3.2 Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit .........................................40

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1

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ................................................................................................... 3

2. Selbstverständnis und Auftrag der Posaunenchorarbeit ...................... 5

2.1 Entstehung und Struktur der Posaunenchorarbeit ................................ 5

2.1.1 Posaunenchorbläser/innen als „Mitarbeiter am Psalm 150“ ..................... 6

2.1.2 Posaunenchor als eigenständige Gruppierung innerhalb der Kirchengemeinde .................................................................................................... 9

2.1.3 Posaunenchor als Gemeinschaft in übergemeindlicher Struktur ............. 11

2.2 Der missionarische Auftrag zwischen Verkündigung und Bildung ... 13

3. Der Bildungsbegriff ................................................................................. 16

3.1 Gesellschaftliche Umbrüche und Herausforderungen ........................ 16

3.1.1 Der demographische Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung 17

3.1.2 Der soziokulturelle Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung18

3.2 Das christliche Bildungsverständnis ................................................... 20

3.3 Musik als Lernmedium ....................................................................... 22

4. Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig ................................. 24

4.1 Darstellung der gegenwärtigen Projekte für Kinder und Jugendliche 24

4.1.1 Anfängerausbildung in den Posaunenchören .......................................... 25

4.1.2 Bläserseminare des Posaunenwerks ........................................................ 26

4.1.3 Jugendfreizeiten ...................................................................................... 27

4.1.4 Projektchor „Junges Blech“ .................................................................... 27

4.1.5 Bläser-AGs .............................................................................................. 28

4.2 Dimensionen der Bildungsarbeit ........................................................ 29

4.2.1 Der musikalische Aspekt in der Posaunenchorarbeit .............................. 30

4.2.2 Der religiöse Aspekt in der Posaunenchorarbeit ..................................... 31

4.2.3 Der soziale Aspekt in der Posaunenchorarbeit ........................................ 34

5. Das Posaunenwerk im Angesicht des gesellschaftlichen

Wandels ............................................................................................................ 36

5.1 Generationsübergreifendes Lernen ..................................................... 36

5.2 Musikalische Bildungsangebote als sinnvolle Freizeitgestaltung ...... 37

5.3 Reaktionen des Posaunenwerks auf die neuen Herausforderungen für die kirchliche Bildungsarbeit .............................................................................. 38

5.3.1 Ausbildungsinitiative (AI)....................................................................... 38

5.3.2 Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit ......................................... 40

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5.3.3 „Vielfalt leben“ – Musik als Chance für interkulturellen und interreligiösen Austausch ...................................................................................... 42

5.3.4 Kommunikation durch „Social Media“ ................................................... 43

6. Posaunenchorarbeit zwischen Kirchenmusik und

Jugendarbeit .................................................................................................... 44

7. Resümee .................................................................................................... 46

8. Literaturverzeichnis ................................................................................ 48

9. Selbständigkeitserklärung ...................................................................... 52

10. Anhang ..................................................................................................... 53

Abkürzungsverzeichnis aej Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugend

AI Ausbildungsinitiative

CVJM Christlicher Verein Junger Menschen

EG Evangelisches Gesangbuch

ejw Evangelisches Jugendwerk in Württemberg

EKD Evangelische Kirche in Deutschland

ELT Evangelisches Landesjugendtreffen

EPiD Evangelischer Posaunendienst in Deutschland

KFS Konfirmandenferienseminar

KMU Kirchenmitgliedschaftsumfrage

LPT Landesposaunentag

SELK Selbständige Ev.-luth. Kirche

Die weiteren Abkürzungen im Literaturverzeichnis folgen:

SCHWERTNER, Siegfried M. (Hg.): Internationales Abkürzungsverzeichnis für

Theologie und Grenzgebiete (IATG2), Berlin / New York 21994.

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1. Einleitung

Der Bildungsauftrag ist seit je her eine konstitutive Aufgabe der evangelischen

Kirche: „Aus der Verkündigung [...] ergibt sich die Teilhabe der Kirche am

Bildungsprozess der Gesellschaft. Die lutherischen Kirchen waren von Anfang an

stark durch Bildungsimpulse bestimmt. Luther schuf mit seiner Bibelübersetzung und

im kleinen und großen Katechismus die Grundlage für einen jahrhundertewährenden

kirchlichen Bildungsprozess, der die deutsche Sprache und Kultur bis heute

entscheidend prägt.“1

Die kirchliche Bildungsarbeit findet zum einen in den verschiedenen kirchlichen

Institutionen (Universitäten, Schulen, Kindergärten u.a.) und zum anderen in

einzelnen Gruppen der Kirchengemeinden statt. Angesichts des gesellschaftlichen

Wandels steht die kirchliche Bildungsarbeit vor neuen Herausforderungen. Diese

Arbeit möchte einen kleinen Beitrag zur Diskussion um die kirchliche Bildungsarbeit

leisten. Sie richtet ihren Blick dabei auf die Bildungsarbeit im Posaunenwerk der ev.

luth. Landeskirche in Braunschweig.

Als Verfasserin dieser Arbeit bin ich selbst seit 1999 Mitglied im Posaunenchor,

habe an vielen Veranstaltungen des Posaunenwerks Braunschweig teilgenommen

und bin seit November 2014 als stellvertretende Landesobfrau dieses Posaunenwerks

tätig.

Daher entstand diese Arbeit aus einer Innenperspektive heraus, beeinflusst von

persönlichen Erfahrungen. Sie besteht nun in dem Versuch, einen eher distanzierten,

kritischen Blick einzunehmen und auf diese Weise die Posaunenchorarbeit zu

reflektieren.

Im Rahmen meiner Mitarbeit im Posaunenwerk Braunschweig habe ich die

Erfahrung gemacht, dass es im Posaunenchor nicht nur um das reine Musizieren

geht, sondern zugleich religiöse und soziale Aspekte eine entscheidende Rolle

spielen. Insofern lässt sich die Posaunenchorarbeit2 nicht nur kirchenmusikalisch

betrachten, sondern muss innerhalb der vielfältigen Ausdrucks- und Arbeitsweisen

der Gemeinde betrachtet werden: So haben Gespräche im Kontext der Probenarbeit

bisweilen eine seelsorgerliche und Auftritte in Krankenhäusern und Altenheimen

1 Meyns, Andacht vom 07.09.2015 (Online-Ressource). 2 In der Forschung werden die Begriffe „Posaunenchorarbeit“ und „Posaunenarbeit“ gleichrangig nebeneinander verwendet. Da der Begriff „Chor“ den sozialen Charakter der Arbeit hervorhebt, wird im Folgenden der Begriff „Posaunenchorarbeit“ verwendet.

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eine diakonische Dimension. Am engsten ist m. E. jedoch die Verbindung mit der

kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit. Dies gilt insbesondere für das Posaunenwerk

Braunschweig, das mit seinem umfangreichen Bildungsangebot für Kinder und

Jugendliche neben der musikalischen Ausbildung auch sozialpädagogische

Funktionen übernimmt.3

Belegt werden kann dies etwa an Aussagen von Jugendlichen des Projektchores

„Junges Blech“, die anlässlich ihres zehnjährigen Jubiläums im November 2015 vor

der Braunschweiger Landessynode musizierten. In den von ihnen erbetenen

persönlichen Statements über ihre Mitarbeit im Posaunenchor äußerten sie mehrfach,

dass die Arbeit im Posaunenchor bei ihnen ein starkes Gemeinschaftsgefühl

hervorrufe und ihre Beziehung zur Kirche stärke.

Dagegen werden Kirchenmusik und Kinder- und Jugendarbeit in der Gemeindearbeit

meist als zwei voneinander getrennte Bereiche auseinanderdividiert. Diese Arbeit

will jedoch deutlich machen, wie sich kirchenmusikalische Arbeit und Kinder- und

Jugendarbeit miteinander verbinden können.

Eine solche Vernetzung von Kirchenmusik und Jugendarbeit ist in der Geschichte

der Posaunenchorarbeit schon von Anfang an nachweisbar, sodass eine

Untersuchung der „Bildungsarbeit im Posaunenwerk“ nahelegt, diese Verknüpfung

auch in der Gegenwart aufzuzeigen und angesichts aktueller gesellschaftlicher

Umbrüche kritisch zu hinterfragen.

Im ersten Teil der Arbeit soll ein kurzer Überblick über Motivation und Rolle der

Posaunenchorarbeit in ihrer Gesamtheit gegeben werden. Hierdurch sollen

Selbstverständnis und Auftrag der Posaunenwerke im Wandel der Zeit aufgezeigt

und beurteilt werden. Dabei wird deutlich werden, dass sich das ursprüngliche

missionarische Interesse zwar auch heute noch erkennen lässt, es jedoch im

Verständnis des Missionarischen einen Wandel hin zu einer stärkeren Gewichtung

des religiösen Bildungsinteresses gegeben hat.

Im zweiten Teil der Arbeit wird dann der kirchliche Bildungsauftrag genauer

erörtert. Gesellschaftliche Umbrüche stellen das Bildungsangebot kirchlicher

Gruppen und somit auch der Posaunenchöre vor neue Herausforderungen. Zu fragen

3 Die Beziehung zwischen Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit ist in den verschiedenen Landeskirchen unterschiedliche stark ausgeprägt. Eine direkte strukturelle Verbindung findet u.a. beim CVJM sowie beim ejw statt.

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ist, worin sich das spezifisch christliche Bildungsverständnis in der Posaunenarbeit

zeigt.

Nach dem historischen Blick auf die Veränderung der Posaunenarbeit und einem

theoretischen Umriss des Bildungsverständnisses soll das Thema im dritten Teil

durch die kritische Darstellung der Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig

konkretisiert werden. Es wird aufgezeigt, wie das Posaunenwerk durch sein

Bildungsangebot auf bestimmte gesellschaftliche Umbrüche reagiert. Des Weiteren

soll vor allem die Ausgangsthese begründet werden, dass Posaunenchöre durch ihre

Verbindung von kirchenmusikalischer Arbeit mit Jugendarbeit bis heute von

genuiner Bedeutung sind, um Kindern und Jugendlichen Perspektiven für das

kirchliche Leben zu eröffnen.

2. Selbstverständnis und Auftrag der Posaunenchorarbeit

2.1 Entstehung und Struktur der Posaunenchorarbeit

Die Posaunenchorarbeit ist eine der größten und ältesten Laienbewegungen der

evangelischen Kirche. Von vornherein verstand sie sich als biblisch legitimierte

Verkündigungsarbeit. Bereits Johannes Kuhlo, der als „Vater“ der

Posaunenchorarbeit angesehen werden kann, betonte, dass die

Posaunenchormitglieder durch ihr Wirken ein „priesterliches Amt“ ausüben würden.

So bezeichnet er sie in seinem Werk „Posaunen-Fragen“ als „Mitarbeiter am Psalm

150“.4 Aber wie ist diese Laienbewegung entstanden und was genau macht einen

„Posaunenchor“ eigentlich aus?

Um das Selbstverständnis der evangelischen Posaunenchorarbeit zu untersuchen,

möchte ich im Folgenden kurz die wichtigsten Stationen der Entstehungsgeschichte

herausgreifen. Eine ausführliche Analyse der Entstehungsgeschichte würde den

Rahmen dieser Arbeit jedoch sprengen. Sie ist nachzulesen in Nils Niemanns

Monographie „Bläserklang im Gottesdienst.“5

Anschließend wird die Struktur der Posaunenchorarbeit betrachtet und untersucht,

inwieweit sich daraus Rückschlüsse auf das Selbstverständnis und die Aufgabe der

evangelischen Posaunenchorarbeit ziehen lassen.

4 Kuhlo, Posaunen-Fragen, 14. 5 Niemann, Bläserklang.

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2.1.1 Posaunenchorbläser/innen als „Mitarbeiter am Psalm 150“

„Lobet ihn mit Posaunen, lobet ihn mit Psalter und Harfen!“, dieser emphatische

Ausruf aus Ps 150,3 kann als eine der bekanntesten von den zahlreichen biblischen

Belegstellen gelten, nach denen Gott „mit Posaunen“ zu loben ist.6 Die religiöse

Haltung, die damals den Psalmisten nach Musik rufen ließ, mag auch heute manches

Posaunenchormitglied prägen. Gleichwohl wäre es zu kurz gegriffen, die Anfänge

der „Posaunenchor“-Bewegung mit dem biblischen Blasen gleichzusetzen.

Die Instrumente, die Luther mit „Posaune“ übersetzte, unterschieden sich stark von

den heutigen Blechblasinstrumenten. In der Bibel werden verschiedene

Blasinstrumente erwähnt: hr'c.cox] (meist übersetzt mit „Trompete“), rp'Av,7 und

!r,q, (meist übersetzt mit „Posaune“).8 Diese Instrumente wurden aus Metall oder

Tierhörnern (meist Widderhörnern) hergestellt und dienten in erster Linie dazu, die

Menschen durch ihren signalartigen Ruf zu versammeln. Sie wurden ausschließlich

von Priestern geblasen und gehörten zu den heiligen Tempelgeräten. Diese

Exklusivität ist in den heutigen „Posaunenchören“ ganz im Sinne des „Priestertums

aller Gläubigen“ aufgehoben. Insofern unterscheidet sich das biblische

„Posauneblasen“ deutlich von den heutigen „Posaunenchören“, in denen

gemeinschaftlich zur Begleitung von Liedern musiziert wird.9

Im Mittelalter gab es verschiedene Blechbläser, wie etwa Stadtpfeifer oder

Zunftbläser, die als indirekte Vorläufer der heutigen Posaunenchorbewegung

bezeichnet werden können. Die wohl prägendsten historischen Vorläufer waren die

Instrumentenensembles der Herrnhuter Brüdergemeine im 18. Jahrhundert.10

Posaunenchöre, wie wir sie heute haben, „existieren im strengen Sinn erst seit den

1840er Jahren“.11 Als Ursprungsorte gelten Jöllenbeck und Hermannsburg. Die

6 Vgl. u.a. Ex 19,13; Lev 23,24; Num 10,2-3; Jos 6,4; Ri 6,34; 7,18; 1Sam 13,3; 1Kön 1,39; Neh 4,12; Hebr 12,18-19, Off 1,10. 7 Der Begriff „Posaunenchor“ leitet sich vermutlich daher ab, dass Luther in seiner Bibelübersetzung

den Begriff rp'Av mit „Posaune“ übersetzte. Die Posaune galt daher als das biblisch legitimierte Instrument. Auch wenn heutzutage verschiedenste Blasinstrumente (Posaunen, Trompeten, Hörner und Tuben) im Posaunenchor anzutreffen sind, werden sie alle in der Bezeichnung „Posaunenchor“ durch den Begriff der Posaune zusammengefasst und zeugen dadurch von der biblischen Beauftragung zum Lob Gottes zu blasen. 8 Vgl. Niemann, Bläserklang, 11ff. 9„Was damals im Tempel erklang war allerdings kaum ‚Musik‘ im heutigen Sinne, sondern eher eine Art Kultlärm. Die meisten Instrumente verfügten nur über wenige Töne [...]“, Niemann, Bläserklang, 18. 10 Hier tauchte 1764 das erste Mal die Bezeichnung „Posaunenchor“ auf. Vgl. Koll, Kirchenmusik, 15. 11 Koll, Kirchenmusik, 14.

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ersten Posaunenchöre entstanden aus der Aufbruchsstimmung der

Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts. So, wie Luther die Reformation durch

das Schreiben und Singen von Kirchenliedern vorantrieb, so zogen die ersten

Posaunenchöre, aus missionarischem Eifer heraus, mit ihren Instrumenten auf die

Straße, um im Sinne des „Priestertums aller Gläubigen“ mit ihren Liedern das Wort

Gottes zu verkündigen.

Rahmenbedingungen, die dies begünstigten, waren zum einen „das Aufkommen

einer kirchlichen Jugendarbeit im Kontext der Inneren Mission“12 und zum anderen

die Erfindung von Ventilblasinstrumenten.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es dann zu vielen

Posaunenchorgründungen, sodass die Posaunenchorbewegung bereits im Jahr 1935

mit 3549 Chören zu einer Massenbewegung geworden war.13 Dieses Phänomen der

raschen Ausbreitung hing mit dem Engagement prägender Gestalten, wie etwa

Eduard und Johannes Kuhlo, Adolf Müller und Fritz Bachmann, zusammen.14

Bis etwa 1950 waren die Posaunenchöre durch das Vereinswesen strukturiert. Sie

wurden meist von Jugenddiakonen geleitet und setzten sich in erster Linie aus jungen

Männern aus verschiedenen bestehenden Jünglingsvereinen zusammen.

Während des zweiten Weltkriegs verordnete die Reichsmusikkammer im Jahr 1934

den Anschluss der Posaunenchöre an den „Verband ev. Posaunenchöre

Deutschlands“ (VePD). Damit wurde, wie Wolfgang Schnabel formuliert, die

nationalsozialistische Politik „zum ungerufenen Geburtshelfer einer umfassenden

Organisation der Posaunenchöre.“15 In der Nachkriegszeit stellten sich die meisten

Posaunenhöre dann unter die Trägerschaft ihrer örtlichen Kirchengemeinden.16

Mittlerweile hat sich der Altersdurchschnitt der Posaunenchormitglieder stark

gewandelt: Die Posaunenchorbewegung ist zu einem generationsübergreifenden

Phänomen geworden, in dem Jung und Alt gemeinsam musizieren. Außerdem

werden seit der Nachkriegszeit auch Frauen als Mitglieder aufgenommen, gehören

selbstverständlich mit dazu und machen mittlerweile über 40% der Mitglieder aus.17

12 Koll, Kirchenmusik, 16. 13 Vgl. Koll, Kirchenmusik, 19. 14 Eine Darstellung der prägendsten Gestalten in der Geschichte der Posaunenchorarbeit ist nachzulesen in: Schlemm, Beiträge. 15 Schnabel, Phänomen, 483. 16Vgl. Niemann, Bläserklang, 89; vgl. Lange, Geschichte, 172. 17 „In der Altersgruppe der 30-49jährigen sind sogar merklich mehr Frauen aktiv als Männer.“ Koll, Kirchenmusik, 74.

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Wolfgang Schnabel hat 2007 in seinem Aufsatz „Entwicklung der Posaunenchöre in

Deutschland“ das Phänomen „Posaunenchor“ definiert, indem er sechs Kriterien

aufgestellt hat:18

1. „Die Spieler sind [meistens] Laien.“

2. Sie erhalten „keine adäquate finanzielle Vergütung.“

3. Sie musizieren bei liturgischen, missionarischen, sozialen und diakonischen

Anlässen.

4. Posaunenchöre bestehen in der Regel aus Blechbläsern.

5. Der Schwerpunkt ihres Repertoires liegt „trotz gewisser Bandbreite auf der

Pflege des geistlichen Liedes […]“

6. „Die Gruppe steht im Zusammenhang mit christlich-kirchlichen Strukturen

innerhalb einer sich verbreiternden Massenbewegung.“ 19

Diese Definition macht deutlich, dass Posaunenchöre Gruppen von ehrenamtlichen

Blechbläsern sind, die sich sowohl musikalisch als auch sozial und religiös

engagieren. Sie sind also von ihrer Identität her untrennbar mit dem kirchlichen

Leben verbunden.

Die Posaunenchöre sind zu einem aktiven Teil des Gemeindelebens geworden.

Neben dem gemeinsamen Musizieren im Gottesdienst gibt es Fortbildungen,

Bläserfreizeiten, Posaunenfeste und Konzerte. Auch heute wird der biblische

Bezugsrahmen an vielen Stellen deutlich. So werden choralorientierte

Bläserarrangements komponiert und Freizeiten werden durch gemeinsame

Andachten und Gottesdienste begleitet. Die Arbeit der Posaunenchöre ist folglich

eng mit dem christlichen Glauben verbunden: „Sollte ich benennen, was für mich

‚typisch evangelisch‘ ist, dann gehören die Posaunenchöre auf jeden Fall dazu.“20, so

resümiert der Landesbischof der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, Ralf Meister,

über die Arbeit der Posaunenchöre. Die Intention Gott durch die Musik zu loben und

sein Wort zu verkündigen eint also das biblische Blasen mit der heutigen

Posaunenchorarbeit. In diesem Sinne kann die Aufgabe, durch die Musik zu

verkündigen, als ein Hauptmerkmal der Posaunenchorarbeit verstanden werden.

18 Vgl. Schnabel, Entwicklung, 291. 19 Schnabel, Entwicklung, 291. 20 Koll, Gemeinsam, 4.

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Daneben gibt es aber auch eine Öffnung hin zu weltlicher Musik: In neueren

Bläserheften finden sich auch Posaunenchorarrangements zu Stücken der Popular-

oder Filmmusik.

Auch der Auftrittsrahmen der Posaunenchöre geht über den kirchlichen Rahmen

hinaus.21 Sie musizieren nicht nur bei Andachten und Gottesdiensten, sondern

spielen Konzerte und treten in säkularen Kontexten, wie Stadtfesten oder

Schulveranstaltungen auf. Zudem ist zu beobachten, dass es auch einige

„kirchenferne“ Mitglieder gibt, die sich im Posaunenchor zunächst als

Musikinteressierte beheimatet fühlen und auf diese Weise zugleich mit der

Institution Kirche in Berührung kommen. Meister sagt daher: „Posaunenchorarbeit

ist Gemeindearbeit, aber sie hat darüber hinaus auch wesentlichen Anteil am Dialog

zwischen Kirche und Gesellschaft.“22

2.1.2 Posaunenchor als eigenständige Gruppierung innerhalb der Kirchengemeinde

Diese Stellung zwischen Kirche und Gesellschaft rührt unter anderem daher, dass die

Blechblasinstrumente im Gegensatz zu Orgeln mobil sind und somit auch außerhalb

der Kirchengebäude bei säkularen Veranstaltungen eingesetzt werden können. So

berichtet die Chorleiterin Corinna Mannstein: „Wir gehen mit unseren ‚tragbaren

Orgeln‘ dahin, wo die Leute sind: auf Schulfeste, in Altenheime usw.“23 Die

Posaunenchöre sind also auch außerhalb ihrer Ortsgemeinden aktiv.

Im Gegensatz zu anderen kirchenmusikalischen Gruppen war die Posaunenchorarbeit

von Anfang an ein eigenständiger Bereich der Gemeindearbeit.24 Dies liegt

insbesondere daran, dass sie als Vereinsarbeit gegründet wurde und die Spezifika

dieser Struktur weitgehend beibehalten hat.

Die Vereinsstruktur brachte organisatorische Freiheit und finanzielle Selbständigkeit

mit sich. Zu den Kirchengemeinden hatten sie ein distanzierteres Verhältnis als

heute, das als „Konvergenz-Modell“ bezeichnet werden kann. Seit 1950 sind die

21 Das Musizieren „auf den Straßen“ hat seine Wurzeln bereits in der Erweckungsbewegung. Während damals jedoch der missionarische Verkündigungsaspekt an erster Stelle stand, sind die Gründe heutzutage sehr unterschiedlich. Neben missionarischen gibt es bspw. auch diakonische oder kulturell-soziale Gründe für die Auftritte, vgl. Kaltschnee, Mauern, 365. 22 Koll. Gemeinsam, 4. 23 Corinna Mannstein (Posaunenchorleiterin uns Anfängerausbilderin in Braunschweig / Martin Chemnitz) in einem persönlichen Gespräch am 16.12.2015. 24 Vgl. Kaltschnee, Mauern, 366.

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meisten Posaunenchöre nun an Parochialgemeinden oder größere Gemeindeverbände

angebunden. Das Verhältnis zu den Gemeinden hat sich dahin gehend verändert, dass

Posaunenchöre in die Binnenstruktur der Gemeinde mit ihren verschiedenen

Gruppen und Kreisen integriert sind. Hans-Jürgen Lange bezeichnet es daher als

„Integrations-Modell.“25 Das, aus dieser geschichtlichen Entwicklung entstandene

Selbstverständnis als „eigenständige“ Gemeindegruppe führt dazu, dass die

Posaunenchöre auch heute noch in vielen Fragen eigenständig agieren.

In Zeiten einer gesamtkirchlichen Umstrukturierung kann diese eigenständige Arbeit

von Ehrenamtlichen durchaus als „Erfolgsmodell von Kirche“ bezeichnet werden.

Das moderne Pfarrbild wandelt sich dahin gehend, dass der Pfarrer weniger leitende

Funktionen in einzelnen Gemeindegruppen einnimmt und eher übergeordnete,

koordinierende Aufgaben ausübt. Pastoraltheologien fordern dabei häufiger, dass

sich die Pfarrer stärker „auf geistliche Aufgaben konzentrieren und die Leitung der

Gemeindegruppen in die Hände qualifizierter Gemeindeglieder legen sollten.“26

„In diesem Sinne ist ein Posaunenchor für den Gemeindeaufbau eine ideale

Gruppe, da die Posaunenarbeit die wichtigen Spezifika des Vereinswesens vor

hundert Jahren weiter tradiert, sich aber auch als eine der wenigen Gruppen der

Zeit angepasst hat (nicht nur in Bezug auf die Aufnahme von Frauen und die

Erlaubnis des Branntweinkonsums) und so seit Jahren konstante

Mitgliederzahlen aufweisen kann.“27

Die Eigenständigkeit der Posaunenchorarbeit im Gegenüber zu anderen kirchlichen

Gruppen kann jedoch auch zum Konfliktfeld werden. Durch falsche

Erwartungshaltungen der/s amtierenden Ortspfarrers/ -in oder der Gemeinde, kann es

mitunter dazu kommen, dass der Posaunenchor „als bloßes >Dienst-Werkzeug< und

nicht als Gruppe mit eigenen Bedürfnissen und Erwartungen“28 wahrgenommen

wird. Zudem ist es möglich, dass das eigentliche Gemeindeleben von den

Posaunenchormitgliedern aufgrund der zahlreichen Auftritte im außergemeindlichen

Rahmen vernachlässigt wird.29 Viele Pfarrer/innen bekommen gar nicht genau mit,

wo und wie häufig der Posaunenchor ihrer Gemeinde im Einsatz ist.

So erzählt die Chorleiterin Corinna Mannstein: „Unser Pfarrer hat mich gefragt,

warum wir nicht öfter im Gottesdienst spielen. Da musste ich ihm erst einmal

25 Vgl. Lange, Geschichte, 172ff. 26 Kaltschnee, Mauern, 366; vgl. Karle, Pfarrberuf. 27 Kaltschnee, Mauern, 366. 28 Schnabel, Posaunenchorarbeit, 323. 29 Vgl. Schnabel, Posaunenchorarbeit, 323.

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klarmachen, dass wir mindestens einmal im Monat einen Auftritt haben – aber halt

oft außerhalb der Gemeinde.“30

Das Verhältnis zwischen Pfarrer/in und Posaunenchor ist aufgrund der

Eigenständigkeit der Posaunenchöre manchmal etwas distanziert. Aufs große Ganze

gesehen, kann es laut der Posaunenchorbefragung von 2012 in den meisten Fällen

jedoch trotz der Eigenständigkeit der Chöre durchaus als positiv als kooperativ

gewertet werden.31 Zudem gibt es auch einige Pfarrer/innen, die sich selbst im

Posaunenchor engagieren.

In Hinblick auf die Bildungsarbeit führte die Übernahme der Posaunenchöre in die

Trägerschaft der Parochialgemeinden dazu, dass sowohl nebenberufliche

Chorleiterstellen als auch Instrumente, Noten und sonstiges Zubehör über den

jeweiligen Gemeindehaushalt finanziert werden können. Heute sind Posaunenchöre

kirchenmusikalische Gemeindegruppen, die durch ihr Mitwirken in Gottesdiensten

und anderen Gemeindeaktivitäten an der christlichen Verkündigungsaufgabe Teil

haben. Hans-Jürgen Lange spricht daher von einer „musikalische[n] Dienstgruppe

der Kirchengemeinde“32

Wie das Verhältnis der Posaunenchorarbeit zu anderen musikalischen Gruppen der

Kirchenmusik ist und inwieweit der Posaunenchor mehr als nur eine „musikalische“

Gruppe ist, wird im weiteren Verlauf der Arbeit diskutiert.33

2.1.3 Posaunenchor als Gemeinschaft in übergemeindlicher Struktur Durch die Gründung des Evangelischen Posaunendienstes in Deutschland (EPiD) im

September 1994 ist der Gemeinschaftscharakter der Posaunenchöre im

deutschsprachigen Bereich sehr gestärkt worden. Der EPiD ist ein Dachverband aller

Posaunenwerke Deutschlands. Neben den landeskirchlich organisierten

Posaunenwerken (lutherisch, reformiert und uniert) sind auch freikirchliche

Posaunenchöre sowie die Chorgemeinschaft des CVJM mit angeschlossen.

Deutschlandweit sind auf diese Weise etwa 7 000 Posaunenchöre mit rund 120 000

Bläserinnen und Bläsern vernetzt. Die Gemeinschaft dieser Posaunenchöre wird

durch ein bundeseinheitliches Bläsermagazin, durch gemeinsames Notenmaterial

30 Corinna Mannstein (Posaunenchorleiterin uns Anfängerausbilderin in Braunschweig / Martin Chemnitz) in einem persönlichen Gespräch am 16.12.2015. 31 Vgl. Koll, Gemeinsam, 34. 32 Lange, Geschichte, 172. 33 Siehe Abschnitt 6 „Posaunenchorarbeit zwischen Kirchenmusik und Jugendarbeit“.

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sowie durch die Veranstaltung des Deutschen Evangelischen Posaunentages (DEPT)

gestärkt.34

In der Satzung des EPiDs heißt es: „Der Verein hat den Zweck, das Evangelium von

Jesus Christus durch die Posaunenchormusik weiterzutragen. Es ist seine Aufgabe,

die Mitgliedswerke und -verbände geistlich und musikalisch zu fördern, ihre

Zusammenarbeit zu stärken, sie zu beraten sowie gemeinsame Aufgaben

wahrzunehmen.“35

Viele Posaunenchöre sind über gemeindliche Strukturen hinaus miteinander vernetzt:

Sie nehmen an Veranstaltungen ihrer jeweiligen Posaunenwerke teil oder musizieren

auf Kirchenkreis- und Sprengelebene. „Posaunenchöre sind damit wohl die größte

und stabilste kirchliche Laienbewegung und vielerorts zugleich die traditionsreichste

Gemeindegruppe.“36

Eine große Besonderheit der Posaunenchöre im Gegenüber zu anderen

Gemeindegruppen besteht darin, dass sie sowohl auf sozialer Ebene als auch vom

Alter her sehr durchmischt sind. Die Posaunenchorarbeit ist generationsübergreifend

und bringt Menschen zwischen acht und achtzig Jahren miteinander zusammen.37

Ein weiteres besonderes Merkmal ist das sog. „Bläser-Du“.

Posaunenchorspieler/innen duzen sich für gewöhnlich untereinander, selbst wenn sie

sich gar nicht persönlich kennen.38 Dies schafft ein familiäres Gefühl. Die Ursprünge

für dieses Duzen sind nicht ganz geklärt. Es lässt sich jedoch vermuten, dass es aus

dem sog. Genossenschafts-Du der alten Vereinsstrukturen erwachsen ist. Aus

theologischer Sicht unterstreicht es, dass die Bläser/innen als Schwestern und Brüder

im Glauben eine große Dienstgemeinschaft bilden.

Auch in Zeiten des Wandels gibt der Posaunenchor seinen Mitgliedern ein Gefühl

von Beheimatung.39 So zeigt zum Beispiel auch die Posaunenchorbefragung von

Julia Koll deutlich, dass im Posaunenchor eine sehr hohe Kontaktdichte besteht. 82%

34 Vgl. Lassek, Posaunenchor, 111. 35EPiD, Satzung, 2. 36 Koll, Gemeinsam, 8. 37 Vgl. Saretzki, Posaunenchöre, 389. 38 Eine Ausnahme kann die Anrede von Menschen bilden, die im Berufsleben hierarchisch übergeordnet sind. 39 Siehe Aussagen einzelner Bläser in der Posaunenchorbefragung von 2012, in: Koll, Gemeinsam, 23: „Ich bin viel in Deutschland umgezogen. In Posaunenchören habe ich immer schnell eine Heimat gefunden: menschlich, kirchlich, musikalisch...“.

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[13]

der Befragten haben auch außerhalb des Posaunenchores Kontakt zu anderen

Mitgliedern.40

Die evangelische Posaunenchorarbeit versteht sich also als eine kirchenmusikalische

Dienstgemeinschaft, die das Evangelium verkündigen will. Dieses Selbstverständnis

spiegelt sich auch im Logo des EPiDs wieder, das eine Posaune mit einem Kreuz

verbindet.41

2.2 Der missionarische Auftrag zwischen Verkündigung und Bildung

Der Blick auf die Geschichte der Posaunenchorarbeit hat gezeigt, dass die

Posaunenchorbewegung aus der Missionsbewegung heraus entstanden ist und die

Sicht auf die gegenwärtige Situation hat ergeben, dass sie auch heute noch den

Auftrag der (musikalischen) Verkündigung des christlichen Glaubens in sich trägt.

Reinhard Lassek macht jedoch darauf aufmerksam, dass sich die missionarische

Dimension der Posaunenchorarbeit durch den gesellschaftlichen Wandel

grundlegend verändert: „Eine geistliche Krise der Volkskirche und der Gesellschaft

sorgt dafür, dass der religiös-kirchliche Hintergrund unserer Gesellschaft schwindet.

Die Posaunenchorarbeit hat somit zunehmend auch einen binnenmissionarischen

Auftrag zu bewältigen.“42 Während das missionarische Interesse früher also darin

bestand, den kirchenfernen Menschen durch (von Posaunen begleiteten) Choräle das

Evangelium zu verkündigen, verschiebt es sich heutzutage immer mehr dahin

gehend, dass die Posaunenspieler/innen selbst, durch ihr Engagement im

Posaunenchor einen neuen Zugang zur Kirche bekommen.43

Die missionarische Verkündigungsarbeit rückt also immer dichter in den Bereich

religiöser Bildungsarbeit. Daher soll nun eine Verhältnisbestimmung von Mission

und Bildung vorgenommen werden, um davon ausgehend zu bewerten, welche

Bedeutung der Bildungsarbeit in Bezug auf das Selbstverständnis der

Posaunenchorarbeit zukommt und welche Bedeutung sie für das kirchliche Leben

insgesamt hat.

40 Koll, Gemeinsam, 34. 41 Siehe EPiD-Logo im Anhang. 42 Lassek, Posaunenchor, 147. 43 Vgl. Persönliches Statement von Jürgen Opfermann (Posaunenchorleiter und Kirchenmusiker in Blankenburg) im Rundschreiben (7/2015) des Posaunenwerks (siehe Anhang).

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[14]

Ist Bildung Teil des missionarischen Auftrags oder widerspricht der Gedanke einer

freien und selbstreflektierten Bildung nicht sogar der Vorstellung einer

missionarischen Verkündigung?

Philipp Elhaus bezeichnet „Mission“ und „Bildung“ trefflich als „ungeliebte

Schwestern“.44 Zum einen sind sie eng miteinander verbunden: Schon im

sogenannten Missionsbefehl ist diese Verbundenheit erkennbar, wenn Jesus seine

Jünger in Mt 28,19f. beauftragt: „taufet sie auf den Namen des Vaters und des

Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen

habe“.45 Zudem findet sich ihre Verknüpfung in der reformatorischen Lehre wieder.

Der Glaube – Herzstück und Ziel der Mission – gilt nach Luther als erstes und

wichtigstes Gebot,46 das auf der einen Seite zwar unverfügbar ist, auf der anderen

Seite jedoch durch Wort und Sakrament vermittelt wird. Der Glaube ist im

reformatorischen Sinne also ein „an der Schrift geschulter und geübter Glaube.“47

Somit sind Mission und Bildung gewissermaßen beide „Töchter der Reformation“.48

Zum anderen stehen sich die Begriffe im theologischen Diskurs teils diametral

gegenüber: Mission wird in der Regel so definiert, dass sie versucht zu werben und

für die eigene Sache zu gewinnen. Das Ziel der christlichen Mission, das Entstehen

bzw. Stärken des Glaubens, ist somit von vornherein schon festgelegt. Das moderne

Bildungsverständnis hingegen betont zumeist, dass Bildung ergebnisoffen sein soll.49

In der Vergangenheit waren die Arbeitsfelder von Mission und Bildung meist streng

voneinander getrennt: Während die Mission ihren Platz in der Verkündigung und im

Gemeindeaufbau hatte, wurde die Bildung ganz im Bereich der Religionspädagogik

verortet.

In den letzten Jahren sind Mission und Bildung nun wieder näher aneinandergerückt,

obgleich ihre Verhältnisbestimmung weiterhin kontrovers bleibt.50 Ob und inwieweit

die beiden Begriffe zusammengedacht werden können, liegt dabei ganz an ihrer

inhaltlichen Füllung.

44 Elhaus, Mission, 1. 45 Der Missionsbefehl beschreibt den missionarischen Grundauftrag durch die zwei parallelen Partizipien bapti,zontej (indem ihr tauft) und dia,skontej (indem ihr lehrt). Vgl. Herbst, Bildsame Mission, 116. 46 Vgl. Luther, BSLK, 545f. 47 Elhaus Mission, 1. 48 Elhaus, Mission, 1. 49 Vgl. Herbst, Bildsame Mission, 121. 50 Vgl. Zimmermann, Bildung, 11ff.

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Der Begriff Mission (lat. missio) bedeutet wörtlich „Entlassung“ oder „Sendung“.

Wenn die Bläser/innen ihren Auftrag in der „Mission“ sehen, dann heißt das also

zuerst einmal, dass sie sich als von Gott Entsandte bzw. Beauftragte verstehen, die

durch die Musik das Evangelium verkündigen. Der Begriff „Mission“ wird heute nur

noch von einzelnen Posaunenwerken, wie der „Sächsischen Posaunenmission“51 im

Namen mitgeführt. Da der Begriff aufgrund historischer Erfahrungen von

Zwangsmission und aufdringlicher Evangelisation bei vielen Menschen negative

Assoziationen hervorruft, wird er vielerorts, wenn überhaupt, nur noch mit großer

Vorsicht verwendet.52 Der Gedanke, der hinter dem Missionsbegriff steht, nämlich

als von Gott Beauftragter (durch die Musik) zu verkündigen, ist jedoch auch heute

noch in allen Posaunenwerken zu finden. Allerdings wird die Mission dabei nicht, als

eine mit Druck und Fremdbestimmung erfolgte Verkündigungsarbeit verstanden,

sondern im Sinne einer Verkündigung, die freudig von Gott erzählt und dem

Gegenüber Freiheit zu einer eigenen selbstreflektierten Antwort lässt. In diesem

Sinne entspringt dem missionarischen Verkündigungsauftrag ein religiöser

Bildungsauftrag. Beide, Mission und religiöse Bildung wollen Menschen einen

Zugang zum Evangelium eröffnen. Ob und inwieweit Mission ein Aspekt der

Bildung, beziehungsweise religiöse Bildung eine Zielbestimmung derselben sein

kann, hängt nun davon ab, ob das Ergebnis der christlichen Mission – nämlich der

christliche Glaube – überhaupt vom Menschen beeinflusst und inwieweit er bewusst

hervorgerufen werden kann. Diese Fragestellung soll daher im weiteren Verlauf der

Arbeit unter Abschnitt 3.2. mitgeführt werden. Zunächst ist jedoch für das

Selbstverständnis der Posaunenchorarbeit festzuhalten, dass der Bildungsauftrag eng

mit dem missionarischen Verkündigungsauftrag in Verbindung steht und er daher als

eine Kernaufgabe derselben zu gelten hat. Um diesen Bildungsauftrag präziser zu

fassen, soll nun zunächst der Bildungsbegriff erläutert werden.

51 Posaunenverband in Sachsen. Auch in Hamburg und Bethel gibt es „Posaunenmissionen“. 52 Interessanter Weise wird der Begriff „Mission“ in der Gesellschaft wieder verstärkt gebraucht. In der Werbung treten Bezeichnungen wie „Modemission“ oder „Mission Finanzcheck“ auf.

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3. Der Bildungsbegriff

Da in der Forschung sehr unterschiedliche Definitionen des Bildungsbegriffs

vorherrschen, soll hier eine kurze Begriffsbestimmung vorgenommen werden.

Während Bildung lange Zeit als „Vermittlung von Wissen“ verstanden wurde,

besteht in der Forschung mittlerweile weitgehend Konsens darüber, dass dieses

Bildungsverständnis zu eng gefasst ist.

Um Inhalte zu verinnerlichen und nicht nur oberflächlich zu lernen, müssen nicht nur

die rationale, sondern auch die affektive sowie die emotionale Lernebene

angesprochen werden. Bildung wird somit als ein lebenslanger Prozess verstanden,

in dem Wissensinhalte ganzheitlich verinnerlicht und hinterfragt werden:

„Bildung ist der Erwerb eines Systems moralisch erwünschter Einstellungen durch die

Vermittlung und Aneignung von Wissen derart, dass Menschen im Bezugssystem ihrer

geschichtlichgesellschaftlichen Welt wählend, wertend und stellungnehmend ihren Standort

definieren, Persönlichkeitsprofil bekommen und Lebens- und Handlungsorientierung

gewinnen. Man kann stattdessen auch sagen, Bildung bewirke Identität.“53

Während Bildung früher passivisch so verstanden wurde, dass der Mensch Objekt

der an ihn herangetragenen Bildung ist, also rezeptiv gebildet wird, hebt die

Forschung heute darauf ab, dass der Mensch als Subjekt seiner Bildung verstanden

werden muss. Er ist also ein sich aktiv Bildender.54

Ein so verstandener Bildungsbegriff, der am Subjekt orientiert ist, muss auch das

Lern- und Lebensumfeld der Lernenden im Blick haben. Insofern gilt es auch, die

gegenwärtigen Veränderungen in den Blick zu nehmen.

3.1 Gesellschaftliche Umbrüche und Herausforderungen

Derzeitige gesellschaftliche Umbrüche führen dazu, dass kirchliche

Bildungsangebote u.a. von anderen sozialen Voraussetzungen ausgehen müssen.

Daher möchte ich im Folgenden zwei Probleme der modernen Zeit herausstellen.

Erstens den demographischen Wandel und zweitens den soziokulturellen Wandel.

Der folgende Abschnitt der Arbeit beabsichtigt jedoch keine umfassende

gesellschaftliche Analyse zu erstellen, sondern will lediglich auf die Kernprobleme

hinweisen.

53 Kössler, Bildung und Identität, 51-65. 54 Vgl. Schlag / Schweitzer, Jugendliche, 53f.

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3.1.1 Der demographische Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung

Der demographische Wandel ist bestimmt von einer verhältnismäßig niedrigen

Geburtenrate und einer wachsenden Sterberate. Zudem wird Deutschland immer

stärker zum Einwanderungsland, sodass sich die Voraussetzungen für eine kirchliche

Bildungsarbeit entsprechend verändern.55

Dies wirkt sich besonders auf die Kinder- und Jugendarbeit aus:

„In der Gesellschaft, aber auch speziell in der Kirche gibt es immer weniger

Kinder und Jugendliche, während die Zahl der älteren Erwachsenen zunimmt.

Verschiedene Faktoren, insbesondere das Zusammenspiel von Geburtenraten und

Migrationseffekten, lassen den relativen Anteil evangelischer Kinder und

Jugendlicher in der Kirche noch weiter sinken. Kinder und Jugendliche werden

tendenziell zu einer gesellschaftlichen Minderheit, und die getauften Kinder und

Jugendlichen stehen einem wachsenden Anteil nicht getaufter gegenüber –

konfessionslosen Kindern und Jugendlichen sowie Kindern und Jugendlichen

mit nichtchristlicher Religionszugehörigkeit.“56

Es stellt sich also die Frage, wie das kirchliche Bildungsangebot auf diesen Wandel

reagieren kann. Auf der einen Seite sind immer weniger Kinder und Jugendliche

vorhanden, die an Bildungsangeboten teilnehmen können, sodass herkömmliche

Angebote, wie bspw. der Kindergottesdienst schon lange nicht mehr in allen

Ortsgemeinden angeboten werden können. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage

nach der inhaltlichen Umgestaltung der Bildungsangebote.

In der Posaunenchorarbeit sind die Teilnehmerzahlen in der Kinder- und

Jugendarbeit im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen kirchlichen Handelns noch

sehr stabil.57 Gründe hierfür liegen sicherlich darin, dass die Bildungsarbeit in den

letzten Jahren sehr gestärkt worden ist.58

Nichtsdestoweniger gibt es auch hier Ansätze, die Bildungsarbeit in Hinblick auf

neue Interessens- und Altersgruppen zu überdenken. Einzelne Posaunenchöre

reagieren auf den demographischen Wandel, indem sie ihre Anfängerausbildung

stärker auch auf ältere Menschen hin ausrichten.59

Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass ältere Menschen länger eigenständig

aktiv sind. In der V.KMU kristallisieren sich die sogenannten „Jungen Alten“

(Menschen zwischen 60 und 75 Jahren) als eine Gruppe heraus, die sich in der 55 Vgl. EKD, Orientierungshilfe, 17; vgl. Corsa / Freitag, Lebensträume, 74f. 56 EKD, Orientierungshilfe, 17. 57 Siehe „Diagramm Bläserzahlen nach Alter“ im Anhang. 58 Vgl. Lassek, 151. 59 Ein Beispiel aus der Braunschweiger Landeskirche ist der Posaunenchor Stöckheim/Braunschweig.

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Kirche verhältnismäßig stark ehrenamtlich engagiert.60 Diese Beobachtung lässt sich

im Hinblick auf die Posaunenchorarbeit bestätigen. So sind viele

Posaunenchormitglieder der Generation „60plus“ besonders aktiv. Zum einen haben

sie mehr Zeit zur Verfügung und zum anderen bietet ihnen der Zusammenhalt in der

generationsübergreifenden Gruppe eine familienähnliche Sozialform.61

Eine Bildungsarbeit, die auf den demographischen Wandel reagiert, sollte die

Erwachsenenbildung daher nicht aus dem Blick lassen. Ziel einer gelungenen

Bildungsarbeit in der Posaunenchorarbeit sollte daher eine gesunde Balance der

Bildungsangebote für jüngere und ältere Bläser/innen sein.

3.1.2 Der soziokulturelle Wandel als Herausforderung für kirchliche Bildung

Durch die zunehmende Individualisierung und Medialisierung der Gesellschaft hat

sich das Sozialleben gewandelt. Das Verhalten der Menschen ändert sich sowohl in

Bezug auf die Arbeitszeiten als auch im Hinblick auf die Freizeitgestaltung.

Gesellschaftlich ist es immer mehr akzeptiert, dass Kinder tagsüber professionell

betreut werden, während beide Elternteile erwerbstätig sind. Dies führt im Bereich

der Kindertagesstätten und Schulen dazu, dass es immer mehr ganztätige

Betreuungsangebote gibt.

Durch die Schulzeitverkürzung (von „G9“ auf „G8“) wurde der Lernstoff

komprimiert. Die Schüler sind daher schulisch einer größeren zeitlichen Belastung

ausgesetzt und haben oft auch an den Nachmittagen Unterricht.62 Wie sich die

erneute Umstellung auf G9 auf die Freizeitgestaltung auswirken wird, bleibt

abzuwarten.

Während Kinder und Jugendliche63 früher nachmittags oft außerschulische Freizeit-

und Bildungsangebote wahrgenommen haben, verlagert sich das Freizeitprogramm

heutzutage immer weiter in die Schulen und wird in den Schulalltag integriert.64

60 Vgl. V.KMU, 73. 61 Es kommt oft auch über die Probenzeit hinaus zu sog. „Wahlverwandtschaften“. Ein Beispiel für eine solche private Beziehung bietet eine persönliche Erfahrung aus dem Posaunenchor St. Johannes in Göttingen. Hier hat ein 15jähriger Posaunenchorspieler aus Eigeninitiative mehrfach den Rasen von einer älteren Mitspielerin gemäht, als diese krank war. 62 Vgl. Shell 2015. 63 Das Jugendalter kann unterschiedlich definiert werden. Hier ist in erster Linie die Altersspanne von 14-19 Jahren im Blick, da diese Altersgruppe mit den speziellen Jugendangeboten des Posaunenwerks Braunschweigs (s.u.) angesprochen wird. 64 Vgl. Corsa / Freitag, Jung, 165.

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Des Weiteren wirken sich Individualisierungsprozesse auf die Religion aus. So wird

Religion immer mehr zur „Privatsache“: „Jeder dürfe schließlich glauben, was er

oder sie will! Niemand habe das Recht, sich da einzumischen! So formulieren es

häufig schon Jugendliche, und durch ihre Eltern sind auch Kinder längst in die

religiöse Individualisierung einbezogen.“65

Hinzukommt, dass in den Familien ein religiöser Traditionsabbruch zu beobachten

ist. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder als Säuglinge getauft werden

und dann eine religiöse Erziehung genießen. Stattdessen wird Religion immer mehr

zu einer individuellen Entscheidungssache. Die individuelle Genese eines

„christlichen Glaubens“ geschieht also immer seltener in einem kontinuierlichen

Prozess, der vom Elternhaus geformt und begleitet wird, sondern ereignet sich oft

punktuell und wird von einem kritischen Entscheidungsprozess begleitet:

„Diskontinuierliche Wege zum und im Glauben sind Merkmal von Biographien, die

sich generell immer deutlicher von Normal- in Wahlbiographien wandeln.“66

Die Kirchenmitgliedschaftsumfrage (KMU) aus dem Jahr 2015 zeigt entsprechend

auf, dass unter den jugendlichen Kirchenmitgliedern67 eine „steigende Distanz

gegenüber der evangelischen Kirche“68 zu beobachten ist. Dieser

Veränderungsprozess darf jedoch nicht mit einem Verlust der Religiosität an sich

gleichgesetzt werden. Aktuelle Untersuchungen belegen, dass Jugendliche innerhalb

ihrer Identitätssuche durchaus ein Bedürfnis nach Spiritualität haben.69

Sie befinden sich in einem Such- und Findungsprozess zwischen Fremdbestimmung

auf der einen und Selbstverantwortung auf der anderen Seite. Zum einen sind sie

noch auf Eltern und Lehrer angewiesen, zum anderen müssen sie aber schon in

vielen Bereichen eigenständige Entscheidungen treffen und Verantwortung

übernehmen.

Neben diesem Individualisierungsprozess ist auch eine Veränderung der religiösen

Landschaft in Deutschland kaum zu leugnen. Globalisierung und Einwanderung

wirken sich auf Religion und Kultur aus. Der Anteil der islamischen Bevölkerung ist

in den vergangenen Jahren stark angewachsen. Durch die Zuwanderung von

Flüchtlingen und anderen Migranten aus verschiedenen Ländern wird der

65 EKD, Orientierungshilfe, 15; zur religiösen Individualität von Jugendlichen, siehe auch: Schlag / Schweitzer, Jugendliche, 57. 66 Herbst, Bildsame Mission, 131. 67 Die Umfrage bezieht sich auf Jugendliche im Alter von 14-21 Jahren. 68 V.KMU, 61. 69 Vgl. Schlag / Schweitzer, Spiritualität, 181ff.

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interreligiöse Dialog für Kirche immer wichtiger.70 Für den weiteren Verlauf der

Arbeit stellt sich daher zum einen die Frage, inwieweit Musik als Lernmedium

geeignet ist, um die Menschen unter diesen veränderten soziokulturellen

Bedingungen zu erreichen. Zum anderen ist zu untersuchen, welche Möglichkeiten

die Posaunenchorarbeit hat und wahrnimmt, um auf diese neuen Herausforderungen

zu reagieren.

3.2 Das christliche Bildungsverständnis

Bildung findet in vielen verschiedenen kirchlichen Einrichtungen statt. Die Kirche ist

Trägerin von Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten und diakonischen

Einrichtungen. . In ihren evangelischen Akademien stellen sich die Landeskirchen

den gesellschaftlichen, ethischen und politischen Fragen und übernehmen

Mitverantwortung; zugleich stellen sie sich mit ihrer Verkündigung in einen offenen

Reflexionsraum. Auf gemeindlicher Ebene findet Bildung in vielfältiger Weise und

für alle Altersstufen statt. Kernbereiche gemeindlicher Bildungsarbeit sind unter

anderem Kinder- und Jugendarbeit, Konfirmandenarbeit, Glaubenskurse sowie

Seminare zur Erwachsenenbildung.

Der Bildungsbegriff selbst kann etymologisch auf einen religiösen Bezugsrahmen

zurückgeführt werden. Er entstand vermutlich im Spätmittelalter und hat seine

Wurzeln in der religiösen Mystik: Der Mensch als Gottes Ebenbild (imago dei) wird

von Gott seiner Bestimmung nach entsprechend gebildet.71 und übernimmt im Sinne

des Schöpfungsauftrags Verantwortung für die Welt.

Seit dem PISA-Schock von 2001 und der damit einsetzenden Reformdebatte wird der

Bildungsbegriff in Deutschland neu diskutiert. Die Orientierung an

kompetenzorientierten Bildungsstandards mit ihrer Outputorientierung ist für die

einen ein Ausdruck zunehmender Ökonomisierung, in der Lernende zum

Humankapital degradiert werden, und für die anderen Befreiung aus einer

Inhaltsfixierung hin zur Gestaltung offener Lernprozesse. Ohne diese Debatte hier

diskutieren zu wollen, sollen hier von der EKD formulierte Grundlagen

angesprochen werden, die wiederum Fundament für eine Auseinandersetzung mit

den Bildungsstandards etc. sein können.

70 Vgl. EKD, Texte 108. 71 Vgl. Schweitzer, Bildung, 28ff.

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Die EKD formuliert in ihrer Denkschrift „Maße des Menschlichen“ zum Thema

Kirche und Bildung: Bildung sei als „Lebensbegleitung“72 zu verstehen. Diese

Formulierung richtet sich gegen einen rein vermittelnden Bildungsbegriff und geht

von einer ganzheitlichen Bildung aus. Außerdem geht der Bildungsbegriff damit über

den verwandten Erziehungsbegriff hinaus.73 Bildung umfasst also den ganzen

Menschen in seinem Lebens- und Wertesystem und begleitet ihn sein Leben lang.

Hierfür hat sich auch der Ausdruck „livelong learning“ etabliert, ein Konzept, das

dem kirchlichen, insbesondere dem reformatorischen Verständnis entspricht.

Doch wie hängen Bildung und Glaube angesichts der reformatorischen Lehre von der

Unverfügbarkeit der Gnade Gottes miteinander zusammen? Die Reformatoren

betonten, dass der Glaube ein Geschenk Gottes sei, das nicht durch menschliche

Bemühungen zu erlangen sei, sondern allein von der Gnade Gottes (sola gratia)

abhänge.74 Nach diesem Rechtfertigungsverständnis kann der Mensch den Glauben

folgerichtig nicht aktiv durch pädagogische Bemühungen herbeiführen, sondern ist

ganz auf Gottes Gnade angewiesen. Glaube kann also kein direktes Lernziel sein.

Aber auch wenn der Glaubensakt (fides qua creditur) nicht aktiv herbeigeführt

werden kann, so ist doch der Glaubensinhalt (fides quae creditur) durchaus lernbar.75

Außerdem geht der oben beschriebene Bildungsbegriff über das reine Lernen von

Inhalten hinaus und muss eher als Prozess ganzheitlicher Vermittlung verstanden

werden, der dem Menschen Raum zur Selbstentfaltung bietet.

Auch wenn der Glauben dem Menschen allein aus der Gnade Gottes geschenkt wird,

so liegt auf menschlicher Seite doch die Aufgabe, durch die Vermittlung von Gottes

Wort, Raum für das Wirken des Heiligen Geistes zu eröffnen. Bildung kommt dabei

die Aufgabe zu, den Glauben in allen seinen Formen zu reflektieren und diesen im

rationalen Diskurs zu vertreten.

„Glauben lässt sich nicht lernen, aber Lernen ist ein Bestandteil des Lebens im Glauben.

Glaube als von Gott eröffnete und geschenkte Beziehung bleibt unverfügbar und ist nicht

zu vermitteln. Aber die Ausdrucksformen des Glaubens, das Glaubenswissen, das dem

Glauben entspringende rituelle und soziale Verhalten und die dem Glauben gemäßen

Werteinstellungen sind im Rahmen von Bildungsprozessen lernbar.“76

72 http://www.ekd.de/EKD-Texte/58172.html. 73 Der Begriff stellt eine sprachliche Besonderheit der deutschen Sprache da. In vielen anderen Sprachen, wie etwa dem Englischen (education), gibt es für „Bildung“ und „Erziehung“ nur einen einzigen Begriff. 74 Vgl. CA 4, in: BSLK, 55f. 75 Vgl. Herbst, Mission, 122. 76 Elhaus, Mission, 2.

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Da der christliche Glaube aufgrund seiner Bezogenheit auf die Gottes- und

Nächstenliebe auf Beziehungen hin angelegt ist, trägt religiöse Bildung immer auch

eine soziale Komponente in sich. Ein evangelisch profilierter Bildungsbegriff hat

sich daher „an der menschlichen Biographie, an der Selbstbildung des Menschen in

den verschiedenen Phasen seines Lebenslaufs“77 zu orientieren.

Es hat sich gezeigt, dass Bildung, auch wenn sie aufgrund der Unverfügbarkeit der

Gnade keine Voraussetzung für die Rechtfertigung sein kann, dennoch eine wichtige

Aufgabe von Kirche ist, bei der sich Selbstreflexion und Dialog nach innen und

außen hin ereignen und die nach Ausdrucksformen des Glaubens auf allen Ebenen

sucht. In diese Vielfalt religiöser Bildungshorizonte lässt sich auch das

Posaunenwerk einordnen, wo in erster Linie musikalische Bildung stattfindet.

Im Posaunenwerk findet in erster Linie musikalische Bildung statt. Daher soll nun

untersucht werden, inwieweit Musik als Lernmedium geeignet ist. Anschließend

wird die Bildungsarbeit im Posaunenwerk anhand des Beispiels der Braunschweiger

Landeskirche skizziert, um daraus Rückschlüsse darüber zu gewinnen, inwieweit

über die musikalische Dimension hinaus Bildung und insbesondere religiöse Bildung

in Posaunenchören stattfindet.

3.3 Musik als Lernmedium

Wie die Ausführungen zum Bildungsbegriff gezeigt haben, soll in der Bildung nicht

nur der Verstand, sondern der ganze Mensch angesprochen werden. Im Folgenden

soll daher anhand neuster Erkenntnisse der musikalischen Wirkungsforschung

untersucht werden, inwieweit die kognitive, emotionale und affektive Lernebene

beim Musizieren und insbesondere beim Musizieren im Posaunenchor, angesprochen

werden.

Die musikalische Wirkungsforschung schreibt der Musik je nach musikalischer

Struktur und Vermittlungsbedingungen sehr verschiedene Funktionen zu. Sie lassen

sich in drei Wirkweisen unterteilen: 1. physikalisch, 2. psychisch und 3. ästhetisch-

intellektuell.78

Auf der physikalischen Ebene werden die in der Musik erzeugten Schallwellen

leiblich wahrgenommen. Diese motorische Dimension wird beim Spielen eines

77 EKD, Orientierungshilfe, 7. 78 Vgl. Bubmann, Musik, 14.

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Blechblasinstrumentes dadurch verstärkt, dass der Ton in erster Linie durch das

Zusammenspiel von Luft und Lippenspannung erzeugt wird. Die Bläser/innen

erleben den Klang also in einer körperlichen Erfahrung.

Auf der psychischen Ebene werden beim Hören sowohl das Bewusstsein als auch die

Emotionen angesprochen. Peter Bubmann betont daher, dass sich die Musik in

besonderer Weise als „Medium des Religiösen“ anbietet: „Als Ursache veränderter

Wirklichkeitswahrnehmung bietet sie [die Musik] sich als Medium des Religiösen

an, da hier, wie da die Alltagswirklichkeit transzendiert wird.“79

Außerdem kann Musik durch Liedtexte auf der ästhetisch-intellektuellen Ebene

verschiedene Weltansichten und Wertevorstellungen vermitteln.

Auch wenn die Bläser/innen während des Musizierens im Posaunenchor die

Liedtexte selbst nicht mitsingen können, so hören sie doch den Gesang der Gemeinde

und singen oder sprechen viele der Texte im Rahmen der Probenarbeit.

Musikalische Kompositionen zu Chorälen sind immer auch Interpretationen. Durch

die Veränderung der Tonart oder des Tempos einer Choralkomposition kann sich die

Aussage eines Chorals auf unterschiedliche Weise entfalten. Ein anschauliches

Beispiel hierfür ist die bekannte Vertonung des Chorals „Wie soll ich dich

empfangen“ (EG 11) im Weihnachtsoratorium Johann Sebastian Bachs.80 Bach lässt

hier den Text des bekannten Adventliedes auf die Melodie des Passionsliedes „O

Haupt voll Blut und Wunden“ (EG 85) singen und legt es hierdurch theologisch aus.

Musik kann auf diese Weise Texte auslegen und interpretieren, ohne dafür das Mittel

der Sprache zu gebrauchen. Diese Art der Interpretation gilt insbesondere für die

Choralvorspiele. Hier versuchen die meisten Komponisten die Grundstimmung des

Chorals spürbar werden zu lassen. Auch Dirigent/in und Bläser/in sind in ähnlicher

Weise Interpreten des Chorals, indem sie durch Tempo und Betonungen den

Textaussagen eine bestimmte Stimmung zuordnen, die entsprechende Affekte

evozieren. Peter Bubmann spricht daher in Bezug auf geistliche Kirchenmusik von

einem „musikalischen Midrasch“81. Insofern kann die Musik dabei helfen, geistliche

Texte auf vielfältige Weise zu erschließen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass kirchliche Musik ein religiöses

Deutungs- und Bildungspotential besitzt. Wie die Ausführungen zur musikalischen

Wirkungsforschung gezeigt haben, ermöglicht es die Musik, sich auf

79 Bubmann, Musik, 15. 80 Vgl. Dürr, Weihnachtsoratorium, 35. 81 Eine den Bibeltext auslegende Interpretation, Vgl. Bubmann, Musik, 125.

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unterschiedlichen Wahrnehmungskanälen dem christlichen Glauben zu nähern.

Darüber hinaus besitzt die Kirchenmusik sowohl für die Ausführenden als auch für

die Hörenden eine religiös-bildende Funktion, indem sie Bibeltexte durch

musikalische Interpretationen lebendig werden lässt und somit „das theologische

Verstehen fördert und anregt.“82

Nachdem gezeigt worden ist, dass sich Musik auf vielfältige Weise als Mittel für

kirchliche Bildungsarbeit anbietet, soll nun der Blick spezieller auf die

Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig gerichtet werden. Hierzu werden

erst die gegenwärtigen Projekte vorgestellt, bevor sie dann auf ihre Bedeutung für die

kirchliche Bildungsarbeit hin befragt werden.

4. Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig

4.1 Darstellung der gegenwärtigen Projekte für Kinder und

Jugendliche

Im Posaunenwerk Braunschweig gibt es derzeit ca. 1 050 Bläserinnen und Bläser in

66 Posaunenchören. Darunter ca. 100 Anfängerinnen und Anfänger.

Geleitet wird das Posaunenwerk von der Chorvertreterversammlung, dem

Landesposaunenrat und den Landesobleuten.83 Die Verantwortung für die

musikalische Arbeit und die laufende Verwaltung des Posaunenwerks obliegt dem

hauptamtlichen Landesposaunenwart. Darüber hinaus wird die Geschäftsstelle von

einer Mitarbeiterin mit einer halben Stelle unterstützt. 84

Seit 2011 gibt es zudem einen Bildungsreferenten, der im Rahmen einer

Ausbildungsinitiative (AI) mit einer halben Stelle im Posaunenwerk tätig ist.85

Ein Großteil der Mitarbeit im Posaunenwerk und somit auch der Bildungsarbeit wird

von Ehrenamtlichen getragen. Derzeit sind bis zu 150 ehrenamtliche Mitarbeiter

regelmäßig im Posaunenwerk aktiv.86

Das Posaunenwerk87 bietet für seine Mitglieder neben der Anfängerausbildung ein

vielfältiges Fort- und Weiterbildungsangebot an.88

82 Bubmann, Musik, 125. 83 Zur Zusammensetzung der Einzelnen Gremien, siehe die Ordnung des Posaunenwerks: http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/176.html#c230. 84 Zur Struktur des Posaunenwerks Braunschweig, siehe „Organigramm“ im Anhang. 85 Zur AI siehe unten, Abschnitt 5.3.1. 86 Information aus der Geschäftsstelle des Braunschweiger Posaunenwerks.

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[25]

Die Angebote im Bereich der Bildungsarbeit gliedern sich in folgende Bereiche:89

- Anfängerausbildung in den Posaunenchören

- Bläserseminare des Posaunenwerks

- Anfängerausbildung in Schul-AGs

- Jugendfreizeiten

- Landesposaunentage (mit angeschlossenen Jugendwochenenden)

- Projektchor „Junges Blech“

- Spontanposaunenchor

- Chorleiterseminare (D-Kurs Kompakt, Norddeutsche Chorleiterwoche)

- Bläserkreis

Ein Großteil der Angebote ist, wie oben beschrieben, generationsübergreifend.

Sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene und Senioren existieren

daneben jedoch auch spezielle altersspezifische Angebote. Da diese Arbeit ihren

Schwerpunkt auf die Bildungsarbeit von Kindern und Jugendlichen legt, werden im

Folgenden besonders die bestehenden Arbeitsfelder für diese Altersgruppe

berücksichtigt.

Zunächst erfolgt eine Darstellung der Angebote, die für diese Altersgruppe

ausgerichtet sind, bevor in einem zweiten Schritt untersucht wird, inwieweit diese

Angebote auf die oben genannten gesellschaftlichen Herausforderungen kirchlicher

Bildungsarbeit reagieren.

4.1.1 Anfängerausbildung in den Posaunenchören Die Anfängerausbildung in den Chören wird in erster Linie von Ehrenamtlichen und

nebenberuflichen Kirchenmusikern ausgeübt. In der Regel erfolgt die Ausbildung in

Gruppen von drei bis acht Bläser/innen. Derzeit gibt es im Posaunenwerk

Braunschweig elf Anfängergruppen und einen Anfänger im Einzelunterricht.

Die Proben finden wöchentlich statt und dauern in der Regel ein bis eineinhalb

Stunden. Sie beinhalten blastechnische Übungen, die Erarbeitung, für Anfänger

aufbereiteter Notenliteratur sowie musiktheoretische Grundkenntnisse.

87 Der Begriff „Posaunenwerk“ bezieht sich im Folgenden, wenn nicht anders gekennzeichnet, immer auf das Posaunenwerk Braunschweig. 88 Die meisten dieser Veranstaltungen werden durch den Förderverein des Posaunenwerks finanziell unterstützt. 89 Siehe Jahresplanung 2016 im Anhang.

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Da aufgrund der beruflichen Belastung von Chorleiter/innen und Ausbilder/innen in

vielen Chören keine zeitlichen Kapazitäten für eine ehrenamtliche

Anfängerausbildung übrig sind, hat die AI seit 2011 die Stelle eines

Bildungsreferenten und Instrumentallehrers etabliert, der die Arbeit in den Chören

professionell begleitet und unterstützt.90 Die Anfängerausbilder in den einzelnen

Posaunenchören haben die Möglichkeit, sich bei der Neugründung einer

Anfängergruppe in den ersten beiden Proben von dem Bildungsreferenten des

Posaunenwerks unterstützen zu lassen. Später sind einzelne Besuche durch denselben

möglich.

Der Übergang von der Anfängergruppe in den eigentlichen Posaunenchor wird in

den Chören unterschiedlich gestaltet. In einigen Chören gibt es einen fließenden

Übergang, indem die Anfänger während des ersten Teils der Probe alleine üben und

im zweiten Teil gemeinsam mit den anderen Posaunenchorbläsern musizieren.91 Um

eine frühe Anbindung an den Chor zu ermöglichen, gibt es Notenliteratur mit sog.

Jungsbläserstimmen. Dies erleichtert die Integration und kann bei den Beteiligten

mitunter Motivationsschübe auslösen.92

4.1.2 Bläserseminare des Posaunenwerks Im Posaunenwerk Braunschweig finden jährlich etwa drei Schulungswochenenden

für Anfänger statt. Hier erhalten die Anfänger aus den Chören ein intensives

Bildungsangebot. Durch den Bildungsreferenten und Instrumentallehrer des

Posaunenwerks sowie mehrere ehrenamtliche Mitarbeiter ist es möglich, in kleinen

Gruppen zu unterrichten und je nach Entwicklungsstand verschiedene blastechnische

Übungen, musiktheoretische Inhalte und musikalische Kompositionen

einzustudieren. Die Seminare sind meist generationsübergreifend, sodass Kinder und

Erwachsene gemeinsame Lerngruppen bilden. Neben dem musikalischen Angebot

„bilden spielerische Elemente und geistliche Impulse in Morgenandachten oder

Abendgebeten eine wichtige Rolle und runden das Angebot ab.“93

Neben diesen Anfängerseminaren gibt es zahlreiche Seminare zur Fort- und

Weiterbildung fortgeschrittener Bläser/innen. Die Seminare sind meist

90 Vgl. Hanstein, Projektbeschreibung, 1 (siehe Anhang). 91 Ein Beispiel für ein solches Modell ist die Anfängerausbildung in den kooperierenden Gemeinden St. Markus / Braunschweig und Martin Chemnitz / Braunschweig. 92 Vgl. Preiser, Zukunftsperspektiven, 323. 93 http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/247.html.

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themenbezogen. Im laufenden Kalenderjahr 2016 werden sieben

Wochenendseminare angeboten. Davon richten sich drei dezidiert an Anfänger/innen

und weitere vier in erster Linie an fortgeschrittene Bläser/innen.94

4.1.3 Jugendfreizeiten Das Posaunenwerk bietet alle zwei Jahre eine zweiwöchige Jugendfreizeit an.

Während dieser Zeit studieren die Jugendlichen gemeinsam mit dem

Landesposaunenwart Siegfried Markowis ein Konzertprogramm ein, welches sie

dann während der Freizeit zur Aufführung bringen. Neben der musikalischen Arbeit

finden gemeinschaftsfördernde und kulturelle Angebote statt. Die Jugendlichen

wandern zusammen, spielen Gruppenspiele, basteln oder besichtigen besondere

kulturelle Orte (Museen, Burgen etc.).95

Die Tage auf den Jugendfreizeiten werden von Andachten gerahmt. Nach dem

Frühstück gibt es eine kurze Morgenandacht, die die Jugendlichen in den Tag

einstimmt. Am Abend schließt das gemeinsame Programm oft mit einem

gemeinsamen Liedersingen am Lagerfeuer. Als Tagesabschluss gibt es eine

Abendandacht, bei der die Jugendlichen den Tag noch einmal Revue passieren lassen

können.

Ziele der vergangenen Jahre waren insbesondere Orte von Partnerkirchen der

Braunschweiger Landeskirche (Beskiden/Tschechien, Blackburn/Großbritannien).

4.1.4 Projektchor „Junges Blech“ Seit 2005 gibt es das Jugendprojekt „Junges Blech“. Hierfür treffen sich 20-30

Jugendliche im Alter von 13-19 Jahren unter der Leitung des Landesposaunenwartes,

um gemeinsam zu musizieren. Das Projekt findet im Wechsel mit den

Jugendfreizeiten des Posaunenwerks in einem zweijährigen Rhythmus statt. Es

besteht aus einem Schulungswochenende, drei bis fünf separaten Probentagen und

etwa drei Konzerten. Als Auftrittsorte dienten für das „Junge Blech“ in der

Vergangenheit beispielsweise Kirchentage, das Evangelische Landesjugendtreffen

(ELT), der Jugendbischofsempfang, Veranstaltungen der Jugendkirche sowie eine

Tagung der Landessynode. Die Jugendlichen erhalten auf diese Weise besondere

94 Siehe Jahresplanung 2016 im Anhang. 95 Freizeitplan, siehe Anhang.

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Einblicke in kirchliche Veranstaltungen, die sie sonst vermutlich nicht besucht

hätten.96

An den Proben- und Konzertwochenenden sorgt ein Mitarbeiterteam für die

Gestaltung des Freizeitprogramms. So gibt es je nach Ort gemeinsame

Unternehmungen, die den sozialen Zusammenhalt fördern.

Im vergangenen Kalenderjahr 2015 feierte dieses Projekt, wie in der Einleitung

bereits erwähnt, sein zehnjähriges Jubiläum. In diesem Zusammenhang bildete sich

erstmals eine Gruppe von ca. 20 ehemaligen Teilnehmer/innen und musizierte unter

dem Projektnamen „Altes Eisen“ gemeinsam mit dem aktuellen „Jungen Blech“.97

Das Jubiläum verdeutlichte, dass die meisten ehemaligen Mitglieder weiterhin mit

dem Posaunenchor verbunden sind und entweder in ihren Heimatposaunenchören

oder in ihren Ausbildungs- und Studienorten an der Posaunenchorarbeit

partizipieren.

Es hat sich gezeigt, dass sich solche Projektchöre dazu anbieten, die Bindung zu

Mitgliedern auch während der Berufsfindungszeit aufrechtzuerhalten. Von Seiten der

Beteiligten wurde auch der Wunsch nach Wiederholungsprojekten geäußert, sodass

sich hier für die Nachwuchsarbeit des Posaunenwerks eine neue Perspektive

eröffnet.98

4.1.5 Bläser-AGs Die Ausbildungsinitiative des Posaunenwerkes hat seit 2013 an verschiedenen

Schulen Bläser-AGs etabliert.99 Im laufenden Schuljahr 2015/16 werden derzeit drei

Schul-AGs betreut: Die Grundschule Münchehof in Seesen mit elf Bläser/innen, die

Grundschule Winnigstedt mit sieben Bläser/innen und die Martin-Luther-Schule in

Blankenburg mit sieben Bläser/innen.100 Die genannten Schul-AGs werden alle von

Mitgliedern des Posaunenwerks betreut und stehen mit dem örtlichen Posaunenchor

in Verbindung. Auf diese Weise wird versucht, den im schulischen Kontext

gewonnenen Anfänger/innen eine Perspektive für die weiterführende Arbeit

aufzuzeigen und sie langfristig in die örtlichen Posaunenchöre zu integrieren. Auf 96 Siehe Abschnitt 5.3.2 „Vernetzung von Posaunen- und Jugensarbeit“. 97 Zu dem Projekt, siehe Rundschreiben 7/2015: http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/uploads/media/Rundschreiben.7.2015.pdf 98 Im Posaunenwerk Hannover gab es ähnliche Beobachtungen. Als Konsequenz wurde die Altersgrenze des Landesjugendposaunenchors (LaJuPo) von 19 auf 21 Jahre angehoben. Information aus einem persönlichen Gespräch mit Marianne Gorka am 10.12.2015. 99 Zur AI siehe unten, Abschnitt 5.3.1. 100 Vgl. http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/248.html.

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der Homepage des Posaunenwerks wird über die Bläser-AG in Blankenburg

festgehalten: „Auch hier wird frühzeitig versucht, die Kinder durch gemeinsame

Auftritte an den örtlichen Posaunenchor heranzuführen. Aus der AG des

vergangenen Schuljahres spielt mit 4 Kindern die Hälfte der Teilnehmer in der

Anfängergruppe des Posaunenchores Blankenburg mit.“101

Derzeit kommen etwa 50% der Bläser/innen, die an den Anfängerseminaren des

Posaunenwerks teilnehmen, aus den Schul-AGs.

Neben der Ausbildung der Kinder durch die Schul-AGs verbessert dieses Konzept

auch die Zusammenarbeit zwischen (Musik-)lehrer/innen und

Posaunenchormitarbeiter/innen. Die Vernetzung zwischen Schule und Posaunenwerk

findet also auf mehreren Ebenen statt. Auf der Ebene der Schüler/innen bzw.

Posaunenchorspieler/innen sowie auf der Ebene der Ausbildenden.

Die Kooperation mit den Schulen durch die Ausbildung in den Bläser-AGs ist ein

dreijähriges Projekt, das zum August 2016 ausläuft. Da sich gezeigt hat, dass sich

das vermehrte Engagement im Bereich der Ausbildung in mehreren Bereichen

gelohnt hat, ist das Posaunenwerk sehr daran interessiert, das Projekt in verlässlicher

Form langfristig anzulegen. Ob eine Weiterführung möglich ist, hängt an der Frage

der Finanzierung einer halben Stelle, um die sich das Posaunenwerk derzeit bemüht.

Der Überblick über die Bildungsangebote im Posaunenwerk Braunschweig legt es

nahe die im Vorigen deutlich gewordenen musikalischen, religiösen und sozialen

Bildungsaspekte nun genauer zu betrachten.102

4.2 Dimensionen der Bildungsarbeit

Im Folgenden werden die drei Aspekte nun hinsichtlich ihrer Relevanz für die

Bildungsarbeit und ihrer Verbindung zum kirchlichen Leben in den Blick

genommen. Um die einzelnen Dimensionen zu verdeutlichen und Übersichtlichkeit

zu wahren, werden die drei Aspekte getrennt nacheinander behandelt, obgleich sie in

einigen Punkten eng miteinander verbunden sind oder sich sogar gegenseitig

bedingen.

101 http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/248.html. 102 Diese Dreiteilung der Aspekte wird in der Forschung häufig vorgenommen und lehnt sich hier u.a. an Julia Kolls Habilitationsschrift über „Kirchenmusik als sozioreligiöse Praxis“ an.

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4.2.1 Der musikalische Aspekt in der Posaunenchorarbeit Während in den Anfangsjahren der Posaunenchorarbeit das musikalische Niveau

gegenüber der Verkündigungsaufgabe nachrangig und das Verhältnis zwischen

Kirchenmusik und Posaunenchorarbeit ein distanziertes war, ist das musikalische

Niveau heute deutlich höher zu werten.103 Der Bereich der Chorleitung erfuhr eine

Professionalisierung. Während die Posaunenwarte anfangs vor allem musikalische

Diakone waren, erfordert die Ausübung dieses Amtes heute eine fundierte

kirchenmusikalische Ausbildung. Mittlerweile hat sich die Posaunenchorarbeit als

ein eigenständiges Feld der Kirchenmusik etabliert.104

Auch im Bereich der Musikpädagogik hat sie sich im Laufe der Jahre stark

verbessert. Entscheidend geprägt wurde diese Entwicklung von Wilhelm Ehmann,

dem späteren Begründer der Herforder Kirchenmusikschule. Im Jahr 1951 erschien

sein Lehrwerk „Bläserfibel – Anleitung für Blechbläser“.105 Hiermit trug er

entscheidend dazu bei, die Nachwuchsarbeit der Posaunenchöre zu fördern.

Heute gibt es zahlreiche Bläserschulen, die das Ziel verfolgen, blastechnische

Fähigkeiten eingebettet in ein ganzheitliches Bildungsverständnis zu vermitteln. Sie

bieten Übungen zu den Bereichen Körperhaltung, Atemtechnik, Blastechnik und

Rhythmus. Durch Ansatzübungen, Tonleiterübungen, kurze Sprechgesänge oder

Rhythmusübungen wird in vielen Bläserschulen auf kreative und spielerische Art

und Weise der Umgang mit dem Instrument vermittelt.106 Auch für fortgeschrittene

Bläser/innen hat sich das Notenmaterial in den letzten Jahren stark erweitert.

Das musikalische Repertoire der Posaunenchöre ist weit gefächert. Einen

Schwerpunkt nimmt der Choral ein. So gehört das Posaunenchoralbuch zum

evangelischen Gesangbuch zur Grundausstattung jedes Posaunenchores. Daneben

gibt es jedoch auch Arrangements zu Volksliedern und Spirituals. Aber auch

klassische Musik, sowie Jazz und Popularmusik werden gespielt.107

Dieses vielfältige Repertoire sorgt dafür, dass sich Menschen aller Altersstufen in

ihrem Musikgeschmack angesprochen fühlen.

103 „[...] so daß die erweckliche Verkündigung an erster, die Musik an zweiter Stelle stand. Von diesem religiös motivierten Selbstverständnis her, das sogar in die Befürchtung münden konnte, daß fleißiges Üben und sauberes Spiel Hochmut, Ehrgeiz und andere >adamitische Instinkte< wecke, war das Interesse an umfassender, fundierter, sich über Jahre erstreckender Schulung in der Kuhlo-Ära ebenso gering wie an blastechnischer Virtuosität.“, Schnabel, Posaunenchorarbeit, 236. Vgl. Kaltschnee, Mauern, 363. 104 Zum Verhältnis zwischen Posaunenchorarbeit und Kirchenmusik, siehe unten, Abschnitt 6. 105 Vgl. Schlemm, Beiträge, 188ff. 106 Vgl. Schweitzer, Rolf, Pädagogische Aspekte, 43. 107 Vgl. Saretzky, Interview, 389.

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Die Braunschweiger Landeskirche veranstaltet alle zwei Jahre einen

Landesposaunentag (LPT),108 für welchen ein separates Notenheft erstellt wird. Dies

führt dazu, dass die Bläser/innen der verschiedenen Posaunenchöre der Landeskirche

zu großen Teilen die gleichen Musikstücke einüben. Hierdurch wird das

übergemeindliche Zusammenspiel deutlich erleichtert und das Verbundenheitsgefühl

zwischen den einzelnen Chören gestärkt.

Wie die Darstellung der gegenwärtigen Projekte gezeigt hat, gehört die Vermittlung

musikalischer Grundkenntnisse zu den Kernaufgaben der Bildungsarbeit im

Posaunenwerk. Das oben beschriebene Schulungsangebot bietet Grundkenntnisse in

Atemtechnik, Blastechnik, Musiktheorie, Harmonielehre und Rhythmus. Die

Posaunenchorbläser/innen haben somit die Möglichkeit für einen sehr geringen

finanziellen Aufwand eine umfangreiche musikalische Grundausbildung zu

erhalten.109 Da ein großer Anteil dieser musikalischen Bildungsarbeit von

ehrenamtlichen Laien getragen wird, hängt die Professionalität der Bildungsarbeit

jedoch immer auch von den Fähigkeiten der ausbildenden Mitarbeiter/innen ab.

Neben der musikalischen Grundausbildung gibt es in den einzelnen Posaunenwerken

regelmäßig Workshops oder Seminare zur Fort- und Weiterbildung. Diese Seminare

werden meist von Posaunenwarten oder Komponisten geleitet, sodass die Qualität

der Ausbildung entsprechend hoch gewertet werden kann. Bei diesen Workshops

oder Seminaren lernen die Bläser/innen stilistische Schwerpunkte unterschiedlicher

Musikrichtungen kennen und erarbeiten neue Notenliteratur. Darüber hinaus erhalten

sie die Möglichkeit, sich auf bestimmte Fragestellungen hin weiterzubilden.

Beispiele hierfür sind u.a. Improvisationsworkshops, Tubaworkshops, Seminare für

Posaunenchor und Pauken / Schlagwerk oder Seminare für Posaunenchor und

Orgel.110

4.2.2 Der religiöse Aspekt in der Posaunenchorarbeit Wie oben beschrieben, sind Posaunenchöre in ihrer Arbeit nicht nur strukturell,

sondern auch inhaltlich eng mit dem christlichen Glauben verknüpft. Die

Posaunenchöre verstehen sich als Dienstgemeinschaft, deren Aufgabe darin besteht

108 Musikalische Großveranstaltung für alle Bläser/innen der Landeskirche. 109 Die Anfängerausbildung im Posaunenwerk ist im Verhältnis zum Unterricht an Musikschulen finanziell sehr günstig und oft sogar kostenlos. Außerdem wird sozialschwachen Familien in den meisten Gemeinden eine finanzielle Unterstützung angeboten. 110 Siehe u.a. http://www.epid.de/epiddiskus/viewforum.php?f=7.

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im Dienst am Wort Gottes, durch die Musik, den christlichen Glauben zu

verkündigen.111 So musizieren die Bläser vorrangig christliche Kirchenlieder und

choralgebundene Kompositionen. Die Musik ist dabei, wie oben beschrieben,

besonders geeignet, um Transzendenzerfahrungen zu ermöglichen und spirituelle

Räume zu eröffnen. Gott lässt sich mit Worten schwer beschreiben. So verwendet die

Bibel Bilder und Metaphern, um ihn trotz der Begrenztheit der Sprache zu

beschreiben und seinem Wirken Ausdruck zu verleihen. Verkündigung in diesem

Sinne ist also immer schon auf künstlerische Ausdrucksformen angewiesen. Musik

bildet folgerichtig eine Ausdrucksform, die über alle sprachlichen Barrieren hinweg

den christlichen Glauben bezeugen und verkündigen kann.112

So drängt sich die Frage auf, welche innere Haltung die Bläser in Bezug auf Glauben

und Religion einnehmen. Inwieweit liegen den Posaunenchormitgliedern der

christliche Glaube und die Kirche am Herzen und inwieweit sind es andere

Beweggründe, die sie zum Mitwirken im Posaunenchor animieren?

Diese Frage ist schon daher schwierig zu beantworten, da der Glaube an sich nicht

sichtbar ist.113 Schon der Kirchenvater Augustin betonte, dass Glaube und

Kirchenzugehörigkeit nicht immer deckungsgleich seien. Der Glaube ereignet sich in

jedem einzelnen Christen ganz individuell. Er kann zwar aufgrund des kirchlichen

Handelns sichtbar werden, ist jedoch für andere nicht überprüfbar. Augustin

unterscheidet daher die „sichtbare Kirche“ von der „unsichtbaren Kirche“. Dabei ist

die sichtbare Kirche für ihn die Institution „Kirche“, während die unsichtbare Kirche

die Gemeinschaft aller wahrhaft Glaubenden darstellt.

Julia Koll hat daher die innere Haltung zur Kirche in ihrer Posaunenchorbefragung

von 2012 untersucht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Mitwirkung im

Posaunenchor einen belegbaren positiven Effekt auf das Gefühl der

Kirchenzugehörigkeit ausübt.114

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass sich 66% der Befragten „ziemlich“ oder

„sehr“ mit der Kirche verbunden fühlen. Bei dieser Statistik ist jedoch zu

111 Dies spiegelt sich auch in der Bezeichnung des Dachverbandes EPiD als Posaunen-Dienst wieder, siehe oben, Abschnitt 2.1.3. 112 Vgl. Preul, Bildungstheorie, 219ff. 113 Er kann durch den Vollzug christlichen Lebens zwar vermutet, aber nicht bewiesen werden. 114 Vgl. Koll, Gemeinsam, 34. Die Befragung richtet sich an Bläser/innen der Landeskirchen Hannover und Mecklenburg-Vorpommern sowie der Nordelbischen Posaunenmission.

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berücksichtigen, dass die Kirchenverbundenheit mit zunehmendem Alter steigt.115

Dennoch ist auch bei Kindern und Jugendlichen eine positive Auswirkung der

Posaunenchormitgliedschaft auf die Verbundenheit mit der Kirche festzustellen.

Diese Stärkung der Kirchenzugehörigkeit durch die Posaunenchorarbeit ist für das

kybernetische Interesse der Landeskirchen interessant.

Gerade in Zeiten der hohen Kirchenaustritte stellt sich in besonderem Maße die

Frage, was die Menschen dazu bewegt, am kirchlichen Leben teilzunehmen. Da

Glaube und kirchliches Leben nicht einfach rational erlernt werden können, sondern

auf der emotionalen und affektiven Lernebene entstehen, trägt die Einübung

kirchlicher Praxis im Kindes- und Jugendalter meines Erachtens wesentlich dazu bei.

Die Kirchenmusik spricht jedoch auch Menschen an, die sonst von kirchlichen

Angeboten nicht erreicht werden und deren innere Verbindung zur Kirche nur gering

oder gar nicht ausgeprägt ist.116 So nehmen auch Mitglieder, die sich selbst als

„ungläubig“ bezeichnen, an musikalischen Veranstaltungen teil oder nutzen die

Institution Kirche als sozialen Raum.

Die religiöse Erziehung nimmt in unserer säkularisierten Gesellschaft, wie oben

erwähnt, immer stärker ab. Nur wenige Familien beten noch regelmäßig vor dem

Essen oder lesen zuhause biblische Geschichten. Dies hat zur Folge, dass immer

mehr Menschen zwar „auf dem Papier“ Christen sind, jedoch kaum etwas über den

christlichen Glauben wissen und ihn stark anzweifeln oder sogar ablehnen. Nach der

neuen Kirchenmitgliedschaftsumfrage (V.KMU) fühlt sich mit 32% fast ein Drittel

der Kirchenmitglieder „kaum“ oder „überhaupt nicht“ mit der Kirche verbunden.117

Es zeichnet sich somit ein sozialer Bedeutungsverlust der Institution Kirche ab, der

besonders unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausgeprägt ist.118

Der Traditionsabbruch in der religiösen Erziehung hat zur Folge, dass das rituelle

Lernen der christlichen Religion durch regelmäßige spirituelle Erfahrungen in den

meisten Familien wegfällt. Es ist also Aufgabe der Kirche, zu versuchen, diese

Erfahrungslücke zu füllen. Im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit wird dies auf

unterschiedliche Weise versucht. Etwa durch regelmäßiges Singen im

Kindergottesdienst, durch das rituelle Entzünden einer Kerze oder durch regelmäßige 115 Vgl. Koll, Gemeinsam, 34. 116 Vgl. Drömann, Aufgabe, 161. 117 V.KMU, 61. Die 32% beziehen sich auf die westdeutschen Kirchenmitglieder. 118 „Diese religiöse Indifferenz ist in der Regel unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärker ausgeprägt als in der Gesamtbevölkerung.“, Pickel, Jugendliche, in: V.KMU, 72.

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Jugendandachten. Für die Bildungsarbeit im Posaunenchor stellt sich in diesem

Kontext auch die Frage, inwieweit es durch die Mitarbeit im Posaunenchor möglich

ist, diese religiöse Erfahrungslücke etwas zu verkleinern.

Durch das regelmäßige Mitspielen in Gottesdiensten und christliche Rituale in der

Probenarbeit (z.B. durch Andachten oder das Spielen eines Abendchorals am

Abschluss jeder Probe) kommt es zu einem rituellen Lernprozess der Bläser/innen,

der eine Verinnerlichung religiöser Praxis zur Folge haben kann. Insbesondere die

Jugendfreizeiten sind darüber hinaus Orte, an denen ein solches rituelles Lernen

stattfinden kann. Auf diese Weise können die Lücken des religiösen

Traditionsabbruchs natürlich nicht geschlossen werden, aber es können auf diese

Weise zumindest Zugänge zu religiösen Ritualen eröffnet werden.

Durch die Mitarbeit im Posaunenchor werden kirchenferne Mitglieder folglich an

den christlichen Glauben herangeführt. Sie werden während ihrer musikalischen

Auftritte immer wieder mit christlichen Inhalten konfrontiert, ohne jedoch direkt

dazu Stellung beziehen zu müssen. Landesobmann Jens Paret sagt daher: „Unsere

musikalische Bildungsarbeit hat ein niedrigschwelliges Glaubensangebot, obwohl die

musikalische Kompetenz im Posaunenchor untrennbar mit der theologischen Praxis

verbunden ist.“119

4.2.3 Der soziale Aspekt in der Posaunenchorarbeit Das gemeinsame Musizieren hat, wie bereits erwähnt, auch eine soziale

Komponente. So resümierte schon Luther, dass Musik „die Leute gelinder und

sanftmütiger, sittsamer und vernünftiger macht.“120

Die Anfängerausbildung im Posaunenchor findet meist als Gruppenunterricht statt.

Hierdurch lernen Kinder und Jugendliche von Anfang an gemeinsam zu musizieren.

Dabei lernen sie auf einander zu hören und auf einander Rücksicht zu nehmen. Sie

müssen sich in Geschwindigkeit (Tempo) und Lautstärke (Dynamik) auf ihre

Mitbläser/innen einstellen. Außerdem wird beim Proben auf die schwächeren

Mitbläser/innen Rücksicht genommen, sodass durch das gemeinsame Musizieren

119 Jens Paret (Landesobmann des Posaunenwerks Braunschweigs) in einem persönlichen Gespräch am 30.11.2015. 120 Luther, in: Lassek, Posaunenchor, 145.

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soziale Grundwerte wie Verständnis, Anpassungsfähigkeit und Toleranz vermittelt

werden.121

Neben diesem sozialen Bildungsaspekt, der durch das gemeinsame Musizieren

vermittelt wird, findet durch das gemeinschaftliche Zusammenleben vor und nach

den Proben, auf Bläserfreizeiten oder Seminaren teils direkt und teils indirekt auch

eine sozialpädagogische Bildung statt. Diese sozialpädagogische Funktion der

Posaunenchöre fasst Wolfgang Schnabel trefflich zusammen:

„Ferner ist festzuhalten, daß die Posaunenchöre eine generelle erzieherische Funktion

haben, weil es in ihren Gruppengefügen zu allgemeinen Bewußtseins- und

Sozialentwicklungen und zu gruppendynamischen Prozessen kommt, die den einzelnen

(sic.) in seinen Interessen, Verhaltensweisen, Werturteilen und persönlichen Zielsetzungen

prägen.“122

Der Posaunenchor ist, wie jede andere Gemeindegruppe, ein soziales Gefüge, in dem

unterschiedliche Beziehungskonstellationen zwischen Chor123 und Chorleiter/in

sowie zwischen den einzelnen Chormitgliedern untereinander vorherrschen.

Besonders ist hierbei, wie oben bereits erwähnt, dass Posaunenchöre in der Regel

sowohl generationsübergreifend als auch milieuübergreifend sind. Dies sorgt dafür,

dass vielfältige soziale Kontakte zwischen Personen entstehen, die sich in ihrem

Schul- und Arbeitsalltag vermutlich nicht näher kennengelernt hätten. Außerdem

führt es dazu, dass häufig ganze Familien gemeinsam musizieren.124

Diese Form des generationsübergreifenden Musizierens ist angesichts des oben

erwähnten demographischen Wandels für die aktuelle Gemeindearbeit von

besonderer Bedeutung.125 Er wird daher im weiteren Verlauf dieser Arbeit unter

Abschnitt 5.1.1 eingehender behandelt.

In vielen Posaunenchören ist es üblich, die Proben regelmäßig mit einem geselligen

Zusammensein zu verbinden. Das daraus resultierende Gemeinschaftsgefühl

motiviert viele Bläser/innen wiederum viel Zeit zu investieren und sich stark in der

Posaunenchorarbeit zu engagieren. Neben dem Musikalischen und dem Religiösen

bildet das Soziale also einen entscheidenden Motivationsfaktor für das Mitwirken in

121 Vgl. Böhler, Wege, 319. 122 Schnabel, Posaunenchorarbeit, 295. 123 Der Begriff „Chor“ bezieht sich im Folgenden, wenn nicht anders gekennzeichnet, immer auf Posaunenchöre. 124 Vgl. Koll, Gemeinsam, 16. Koll hat in ihrer Posaunenchorbefragung herausgefunden, dass 44% der Befragten gemeinsam mit Verwandten in einem Posaunenchor spielen. Für das Braunschweiger Posaunenwerk liegen zwar keine genauen Statistiken darüber vor, es ist jedoch von einer ähnlichen Quote auszugehen. 125 Vgl. Hoburg, Würde, 121.

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dieser kirchlichen Gruppe. So hält Reinhard Lassek in seiner Monographie über die

Posaunenchorarbeit fest: „Dass Laienbläser oftmals doch erhebliche

Dienstverpflichtungen eingehen und ihrem Ehrenamt viel von ihrer zumeist ohnehin

knappen Zeit opfern, hat heutzutage weniger mit einem ‚erwecklichen‘ Glauben zu

tun, als mit jenem deutlich spürbaren Zuwachs an Lebensqualität, den das

gemeinsame Musizieren mit sich bringt.“126 Diese Beobachtung lässt sich sicher auch

auf viele andere kirchenmusikalische Bereiche wie die Vokalchorarbeit übertragen.

Auch die V.KMU macht deutlich, dass soziale Verbundenheit und persönliche

Beziehungen einen entscheidenden Faktor für die Kirchenverbundenheit bilden.127

Die Darstellung der Bildungsangebote im Posaunenwerk Braunschweig hat gezeigt,

dass gerade die Kinder- und Jugendarbeit durch eine funktionierende Teamarbeit

getragen wird. Dies kann als ein entscheidendes Kriterium für gelungene

Beziehungsarbeit bezeichnet werden.

Durch die regelmäßigen Großveranstaltungen, wie Landesposaunentage oder

Kirchentage128, gibt immer wieder besondere soziale Events. Diese Balance

zwischen konstanter Beziehungsarbeit in den einzelnen Chören und Posaunenwerken

auf der einen Seite und den Events auf der anderen Seite führt dazu, dass die

Bläser/innen untereinander ein gutes und funktionierendes soziales Netzwerk

aufgebaut haben.

5. Das Posaunenwerk im Angesicht des gesellschaftlichen

Wandels

5.1 Generationsübergreifendes Lernen

Aufgrund der älter werdenden Bevölkerung sowie der sozialen Vereinsamung nimmt

der Austausch zwischen den unterschiedlichen Generationen immer stärker ab.

Während es früher üblich war, dass mehrere Generationen in Familien unter einem

Dach zusammenwohnten, leben Kinder, Eltern und Großeltern mittlerweile oft weit

voneinander entfernt. Dies hat mitunter auch Auswirkungen auf die soziale und

126 Lassek, Posaunenchor, 150. 127 Vgl. V.KMU, 12f. 128 Die Teilnahme an Kirchentagen wird in erster Linie auf EPiD-Ebene organisiert und ist oben daher nicht als eigenständiger Punkt aufgeführt.

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religiöse Bildung: „Durch den Wandel der Familie kommen Kinder und Jugendliche

immer weniger mit älteren Menschen in Kontakt, so dass man durchaus von einem

Verlust von Erfahrung sprechen kann, der nicht ohne Folgen für die soziale

Einstellung bleibt und der vielleicht auch einen Verlust an Lebenssinn bedeutet.“129

Es gibt daher verschiedene Bestrebungen, die unterschiedlichen Generationen

miteinander ins Gespräch zu bringen. Dies geschieht jedoch zumeist in Projekten, in

denen die eine Gruppe für die andere etwas tut. Beispielweise besuchen

Kindergruppen Altenheime und singen oder tanzen etwas vor. Die Jüngeren und die

Älteren bleiben dabei jedoch zwei in sich selbst geschlossene Gruppen. Das

Besondere am generationsübergreifenden Musizieren liegt nun darin, dass Jung und

Alt miteinander eine Lerngruppe bilden. Sie agieren nicht nur nebeneinander,

sondern sie treffen sich regelmäßig, um gemeinsam musikalische Literatur zu

erarbeiten. Das heißt, sie befinden sich in Bezug auf die Musik in der gleichen Rolle.

Auf diese Weise bilden sie eine zielorientierte und ritualisierte Gemeinschaft. Sie

sind gemeinsam Lernende und begegnen sich in diesem Bereich auf Augenhöhe.130

Reinhard Lassek sieht eine solche Pflege des sozialen Zusammenhalts als eine

Aufgabe der Bildungsarbeit der Posaunenchöre an. Er betont, „dass zur Pflege der

musikalischen und missionarischen Tradition auch die Pflege des sozialen

Zusammenhalts gehört. Je weniger verlässliche familiäre Strukturen es noch gibt, je

stärker die gesellschaftliche Vereinzelung zunimmt, desto wichtiger wird es sein,

dass der Posaunenchor zu einem Ort der inneren Beheimatung wird.“131

5.2 Musikalische Bildungsangebote als sinnvolle Freizeitgestaltung

Freizeit aktiv und sinnstiftend zu gestalten, gewinnt in der modernen Gesellschaft

immer mehr an Bedeutung. Wie die Ergebnisse der Shell-Studie zeigen, driftet das

Freizeitverhalten der Jugendlichen dabei stark auseinander. Entweder es dient der

reinen Erholung („sich mit Leuten treffen“, „shoppen“ etc.) oder es soll für sie

sinnstiftend sein und die Jugendlichen in ihrer persönlichen Entwicklung

weiterbringen. „Der Umgang mit Freizeit und dem, was man daraus für sich selbst

gewinnen kann, ist für Jugendliche deshalb eine eigene Entwicklungsaufgabe.“132

129 Hoburg, Würde, 121. 130 Vgl. Koll, Kirchenmusik, 337ff. 131 Lassek, Posaunenchor, 151. 132 Shell 2015.

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Das Blasen im Posaunenchor kann als eine solche sinnvolle Freizeitgestaltung

betrachtet werden: Die Mitglieder erlernen ein Instrument, bereichern das kulturelle

Angebot ihrer Gemeinde und tragen zur Verkündigung der christlichen Botschaft bei.

Zudem übernehmen die Kinder und Jugendlichen beim Musizieren in gewissem

Maße Verantwortung für ihre musikalische (Lied-)Stimme. Hierdurch fühlen sie sich

gebraucht und gefordert, was zu einem guten Selbstwertgefühl führt und den

Zusammenhalt in der Gruppe stärkt.133

Die Statistik macht deutlich, dass es im Alter von 20 bis 30 Jahren zu großen

Einbußen in den Bläserzahlen kommt.134 Viele junge Erwachsene verlassen ihre

Heimatchöre, um eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Andere sind

durch Beruf und Familie so eingebunden, dass sie gar nicht mehr oder nur noch

unregelmäßig am Posaunenchor teilnehmen können.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken werden vom Posaunenwerk Seminare und

Projekte angeboten, die es den Bläser/innen ermöglichen sich einzubringen, ohne

regelmäßig in einem Chor mitzuspielen. Im Gegensatz zu vielen anderen

Freizeitangeboten eröffnet die generationsübergreifende Dimension der

Posaunenchorarbeit den Kindern und Jugendlichen eine dauerhafte Perspektive. Die

Mitgliedschaft im Posaunenchor ist daher von einer hohen Stetigkeit geprägt.135 Dies

trägt dazu bei, dass langfristige soziale Beziehungen aufgebaut werden können.

5.3 Reaktionen des Posaunenwerks auf die neuen Herausforderungen

für die kirchliche Bildungsarbeit

Das Posaunenwerk Braunschweig reagiert mit seiner Bildungsarbeit exemplarisch

auf die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen die kirchliche

Bildungsarbeit als ganze steht.

5.3.1 Ausbildungsinitiative (AI) Wie oben beschrieben, stellt der soziokulturelle Wandel das Posaunenwerk

Braunschweig vor die Herausforderung, Kinder, die immer weniger außerschulische

Freizeitangebote wahrnehmen, zu erreichen. So formuliert der Vorsitzende des

Fördervereins Friedrich Hanstein: „Ausgelöst durch das ‚Turbo Abi‘ erleben wir eine

133 Vgl. Corsa / Freitag, Jung, 158. 134 Siehe „Diagramm Bläserzahlen nach Alter“ im Anhang. 135 Vgl. Koll, Kirchenmusik, 79; vgl. Preiser, Zukunftsperspektiven, 321.

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Konzentration auf schulische Aufgaben, die dazu führt, dass viele Jugendliche im

Alter von 11 oder 12 Jahren keine oder nur noch sehr viel weniger außerschulische

Angebote annehmen und deshalb auch für die Arbeit in den Posaunenchören als

Gruppe wegfallen.“136

Daher hat das Posaunenwerk Braunschweig, wie oben bereits erwähnt, im Jahr 2011

das Projekt „Ausbildungsinitiative für Posaunenarbeit“ (AI) gestartet und im Rahmen

dessen einen Instrumentallehrer mit einer halben Stelle für die Nachwuchsarbeit

eingestellt.

Die Projektbeschreibung formuliert folgende Ziele:

- „Unterstützung der Posaunenchöre vor Ort durch erhöhte Präsenz bei ihren

Anfängergruppen

- Verbindliche Zusammenarbeit mit Schulen (Musikklassen, Musik-AG‘s)

- Aufbau regionaler Angebote für Bläser/innen und -anfänger

- Intensivierung der Ausbildungsangebote des Posaunenwerks“137

Dieses Konzept der Intensivierung der Nachwuchsarbeit insbesondere in

Kooperation mit den Schulen, bietet einen Weg, um Kinder und Jugendliche trotz

verlängerter Schulzeiten zu erreichen. Durch die Kooperation versucht das

Posaunenwerk Braunschweig dabei zwei Interessen miteinander zu verbinden.

Einerseits das kybernetische Interesse der Kirche und andererseits das Interesse von

Seiten der Schulen, die Betreuungszeiten mit sinnvollen Inhalten zu füllen.138

Die Schule versteht sich als säkulare Bildungseinrichtung. Sie ist ein Ort, an dem

sich Menschen mit unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Werten

begegnen. Religiöse Inhalte werden in vielen Schulen zwar in Form von

Religionsunterricht vermittelt, religiöse Praxis in Form von Gebeten ist jedoch

aufgrund des Gebotes weltanschaulicher Neutralität problematisch.139 Da

gemeinsames Musizieren christlicher Lieder, wie oben beschrieben, durchaus als

Verkündigung oder Gebet praktiziert werden kann, könnte hier kritisch angefragt

werden, inwieweit die Ausübung religiöser Musik nicht auch eine religiöse Praxis ist,

die dem Gebot der Neutralität widerspricht. Da es sich bei der Blasmusik jedoch um

Instrumentalmusik handelt, hängt das religiöse Verständnis immer mit der inneren 136 Hanstein, Projektbeschreibung, 1 (siehe Anhang). 137 Hanstein, Projektbeschreibung, 2 (siehe Anhang). 138 Information von Jens Paret (Landesobmann des Posaunenwerks Braunschweigs) in einem persönlichen Gespräch am 30.11.2015. 139 Vgl. Heumann, Religionsunterricht, 75.

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Haltung der Ausübenden bzw. der Hörenden zusammen. Beim Blasen im

schulischen Kontext muss der Kunstaspekt der Musik folglich über dem

Verkündigungsaspekt stehen. Zudem findet in den Bläser-AGs in erster Linie eine

blastechnische Grundlagenvermittlung statt. Aufgrund der kurzen Ausbildungszeit ist

das Musizieren geistlicher Choräle meist ohnehin noch nicht möglich.

Nichtsdestoweniger wird durch die Zusammenarbeit mit den örtlichen

Posaunenchören auch für die Bläser/innen der Schul-AGs eine Verbindung zum

kirchlichen Leben aufgezeigt. Außerdem nehmen die meisten Kinder, wie oben

erwähnt, als Ergänzung der AGs an dem – für sie fakultativen – Angebot der

Bläserwochenenden des Posaunenwerks teil. Dort lernen sie christliche Gebete und

Lieder sowie andere Kinder und Jugendliche aus den Posaunenchören kennen. Für

die Kirche ergibt sich hierdurch die Chance, auch kirchenferne Menschen

anzusprechen. So bemerkt Posaunenchorleiter Jürgen Opfermann: „Durch die AG in

der Schule sprechen wir auch einige ansonsten nichtkirchliche Familien an, und das,

obwohl die AG eindeutig als kirchliches Angebot ausgewiesen ist. Das ist

bemerkenswert und [...] wichtig für unsere Nachwuchsarbeit.“140

5.3.2 Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit Der oben beschriebene religiöse Traditionsabbruch in den Familien führt dazu, dass

einige Kinder und Jugendliche, die im Posaunenchor spielen, nicht oder nur wenig

kirchlich sozialisiert sind. Das Posaunenwerk Braunschweig leitet durch seine

Bildungsarbeit kirchliche Sozialisierungsprozesse ein und zeigt den Bläser/innen

verschiedene Möglichkeiten kirchlichen Lebens auf. Hierbei kommt es an mehreren

Stellen zu einer Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit. Die Jugendfreizeiten

und der Projektchor „Junges Blech“ öffnen den Jugendlichen neue kirchliche

Begegnungsräume. Die Auftrittsorte werden so gewählt, dass Jugendliche für

Jugendliche Musik machen. Da sich Jugendliche oft besonders gut für kirchliche

Aktivitäten begeistern lassen, wenn diese von anderen Jugendlichen angeleitet

werden,141 liegt in dieser Wahl der Auftrittsorte die Möglichkeit, die Jugendlichen in

besonderer Weise anzusprechen.

140 Jürgen Opfermann, Posaunenchorleiter und Kirchenmusiker in Blankenburg, persönliches Statement im Rundschreiben (7/2015) des Posaunenwerks (siehe Anhang). 141 Das Jugendliche anderen Jugendlichen etwas vorführen und in die Gottesdienstgestaltung mit einbezogen werden ist ein Konzept vieler Jugendgottesdienste. Vgl. Corsa / Freitag, Lebensträume, 128.

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Bevor diese Vernetzung nun anhand eines Beispiels aus der Konfirmandenarbeit142

veranschaulicht wird, sei darauf verwiesen, dass die Zusammenarbeit von

Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit schon historisch begründet ist. In den

Anfangsjahren der Posaunenbewegung sind, wie bereits erwähnt, viele

Posaunenchöre aus Jünglingsvereinen heraus entstanden. Und auch das Prinzip, dass

Posaunenchöre die Musik in der Jugendarbeit fördern können, wurde schon früh

erkannt. So schrieb der damalige Bischof der Hannoverschen Landeskirche Hans

Lilje bereits im Jahr 1924:

„Wie arm ist auch die Jugendgemeinde, die das [die Posaunenchorarbeit] nicht hat!

Wieviel schöner ist es, wenn bei irgendeiner großen Tagung evangelischer Jugend über die

Schar junger Menschen der eherne Choral der Posaunen hinbraust! Wie nichts sonst

können die Posaunen helfen, all die vielen Lieder, die von der Jugend der Gegenwart

wieder erobert und neu geschaffen sind, oder die sie neu liebgewonnen hat, in der

Jugendgemeinde einzuwurzeln.“143

Ein Beispiel für eine solche Vernetzung von Posaunen- und Jugendarbeit ist die

Jugendfreizeit des Braunschweiger Posaunenwerks im Jahr 2011. Hier kam es zu

einer Kooperation zwischen dem Posaunenwerk und der Konfirmandenarbeit:

In der Braunschweiger Landeskirche gibt es ein dreiwöchiges

Konfirmandenferienseminar (KFS),144 das parallel von 25 Gemeinden im Ahrntal in

Südtirol durchgeführt wird. Die Konfirmanden verbringen drei Wochen mit ihrer

Konfirmandengruppe in einem Haus. Dort haben sie in Kleingruppen

Konfirmandenunterricht, spielen Gruppenspiele, feiern Andachten, unternehmen

Wanderungen und lernen als Gruppe gemeinsam zu leben und aufeinander zu achten.

Zu bestimmten Aktivitäten, wie Taufgottesdiensten, Indiaca-Turnieren und dem sog.

„Talgottesdienstes“145 treffen sie sich mit anderen Konfirmandengruppen. Dies sorgt

für ein starkes Gemeinschaftsgefühl, was bei vielen Konfirmanden auch zu einer

stärkeren Kirchenverbundenheit führt.

142 Die Konfirmandenarbeit wird hier als ein Beispiel von Jugendarbeit angeführt. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass sie sich nicht gänzlich in der Jugendarbeit auflöst. Zur näheren Verhältnisbestimmung von Konfirmandenarbeit und Jugendarbeit, siehe: Corsa / Freitag, Lebensträume, 131. 143 Lilje, Jubelklang, 26f. 144 Das KFS ist ein Konfirmandenunterrichtsmodell, das alternativ zu dem zweijährigen Modell angeboten wird. Seit 1968 nehmen jährlich etwa 1000 Teilnehmende teil. Derzeit führen etwa 25 Gemeinden der Brauschweiger Landeskirche dieses Unterrichtsmodell durch. Siehe: http://www.kfs-online.de/. 145 Gemeinsamer Gottesdienst aller teilnehmenden Gemeinden.

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Im Jahr 2011 ist die Jugendfreizeit des Braunschweiger Posaunenwerks parallel zum

KFS ins Ahrntal gefahren. Die Freizeitgruppe des Posaunenwerks hat wie gewohnt

als Gruppe für zwei Wochen ihr Programm bestehend aus Proben, Wanderungen,

Spielen, Andachten etc. durchgeführt. Daneben kam es aber auf Wanderungen, bei

einem Erlebnisnachmittag und bei Gottesdiensten zu einem Austausch mit den

Konfirmandengruppen. Auch die Konzerte der Jugendfreizeit waren weitgehend an

das KFS-Programm gekoppelt. So spielten die jungen Bläserinnen und Bläser beim

Taufgottesdienst einer Konfirmandengruppe und begleiteten beim Talgottesdienst die

modernen Kirchenlieder der Konfirmanden.146

Die Posaunenchormitglieder erlebten beim Talgottesdienst einen jungen und

lebendigen Gottesdienst und lernten zugleich Jugendliche in ihrem Alter kennen, die

sich als Mitarbeiter („Teamer“) für die Konfirmandenarbeit motiviert engagierten.

Die Konfirmanden und Teamer hingegen erlebten eine lebendige und moderne Art

von Kirchenmusik.

In ähnlicher Weise schafft das Posaunenwerk Braunschweig durch die Auftrittsorte

der Jugendfreizeiten sowie des Projektchores „Junges Blech“ viele

Begegnungsmöglichkeiten für Mitarbeiter der kirchlichen Jugendarbeit und junge

Mitglieder des Posaunenwerks.

5.3.3 „Vielfalt leben“ – Musik als Chance für interkultur ellen und interreligiösen Austausch

Unter dem Motto „Vielfalt leben“ trafen sich im Sommer 2015 etwa 400 Bläserinnen

und Bläser des Posaunenwerks Braunschweigs zu einem gemeinsamen

Landesposaunentag (LPT). Dieses Motto zeigt, dass es sich das Posaunenwerk zur

Aufgabe gemacht hat, durch seine Musik zwischen verschiedenen Milieus,

Generationen und Kulturen zu vermitteln. Die Musik kann Emotionen vermitteln, die

über gesellschaftliche und sprachliche Barrieren hinweg reichen. Daher ist sie, wie

oben beschrieben, ein geeignetes Mittel für interkulturelle Begegnungen, aus denen

sich Beziehungen zwischen den weltanschaulich unterschiedlichen Gruppierungen

entwickeln können.

146 Der Arbeitskreis KFS stellt jährlich ein spezielles Liederheft mit modernen Kirchenliedern für die Konfirmanden zusammen. Der Posaunenwart Siegfried Markowis hat für diese Lieder moderne Kompositionen für Blechbläser herausgesucht und der Ausbildungsrefferent Ronald Schrötke komponierte für die Lieder, zu denen es bisher keine Bläsersätze gab, neue Begleitsätze.

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Auf dem LPT musizierten die Bläser/innen des Braunschweiger Posaunenwerks

gemeinsam mit einer Stomp-AG der Seesener Schule sowie einer afrikanischen

Trommelgruppe. Hierbei wurden zu dem traditionellen christlichen Choral „Ich singe

dir mit Herz und Mund“ (EG 324) von dem Komponisten Matthias Nagel neue

Choralvariationen mit musikalischen Einflüssen aus Brasilien, Indonesien und Afrika

komponiert.147

Im Angesicht des soziokulturellen Wandels kann eine solche kulturübergreifende

musikalische Zusammenarbeit als Chance betrachtet werden.

Die Musik ist schon immer dafür bekannt gewesen, dass sie soziale und kulturelle

Grenzen überschreitet. Sie ist ein Medium, das Menschen über sprachliche Barrieren

hinweg miteinander in Kontakt bringen kann. So erläutert der Generalsekretär der

Stiftung Niedersachsen Joachim Werren die integrative Kraft der Musik: „Sie kann

ohne Worte Zugänge erleichtern, Begegnungen ermöglichen und die wechselseitige

Wahrnehmung, Akzeptanz und Toleranz stärken.“148 Posaunenchorarbeit kann also

auch einen Beitrag im Bereich der interkulturellen Vermittlung leisten und somit die

kirchliche Bildungsarbeit in diesem Bereich stärken.

5.3.4 Kommunikation durch „Social Media“ Eine, der oben erwähnten neuen Herausforderungen von Kirche ist die

Medialisierung der Gesellschaft. Das Posaunenwerk reagiert auf diesen

Wandlungsprozess, indem es seit 1999 eine Homepage pflegt und seit 2011 in

sozialen Netzwerken tätig ist. Über einen Facebookaccount149 wird regelmäßig auf

Veranstaltungen des Posaunenwerks aufmerksam gemacht. Außerdem kann sich

jede/r Bläser/in eine App aufs Smartphone laden. Diese ermöglicht eine gute

Terminkoordination und einen schnellen Organisationsfluss. Selbstverständlich

ersetzt die Präsenz in den sozialen Netzwerken das analoge Rundschreiben nicht. Es

ergänzt dieses jedoch und sorgt dafür, dass insbesondere auch die jüngere Generation

mit aktuellen Informationen versorgt und der Kontakt gehalten wird.

147 Siehe: http://www.posaunenwerk-braunschweig.de/274/Artikel/229.html. 148 Stiftung Niedersachsen, Vielfalt, 3. 149 https://www.facebook.com/PosaunenwerkBraunschweig/.

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6. Posaunenchorarbeit zwischen Kirchenmusik und Jugendarbeit

Die Frage, ob die Posaunenchorarbeit der Kirchenmusik oder der Jugendarbeit

angehört ist schon historisch bedingt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sie zum sog.

„Posaunenstreit“ geführt:150 Als sich das Posaunenwerk der EKD als

kirchenmusikalischer Zusammenschluss gründete, stellten sich die Verantwortlichen

der Posaunenchorarbeit im CVJM mit der Begründung, dass Posaunenchorarbeit ein

Teil der Jugendarbeit sei, gegen diesen Anschluss an die Kirchenmusik. 1948 kam es

daher zur Abspaltung des CVJM-Westbundes vom Posaunenwerk der EKD.151 Für

beide Positionen gab es historische Begründungen. Auf der einen Seite hatte die

Posaunenchorarbeit „schon in Zeiten der Bläserzünfte ein Heimatrecht in der

Kirchenmusik besessen“152, auf der anderen Seite waren die Posaunenchöre in ihrer

Entstehungszeit in die Arbeit der Jünglingsvereine integriert gewesen.

Heute gehören die Posaunenchöre in der Regel zwar unter das Dach der

Kirchenmusik, trotzdem spiegelt sich diese Verbundenheit zur Jugendarbeit

strukturell noch wieder. So ist beispielsweise die württembergische

Posaunenchorarbeit Teil des Evangelischen Jugendwerkes (ejw). In der Landeskirche

Braunschweig macht sich diese strukturelle Problematik zuweilen in Fragen der

Zuständigkeitsbereiche von Gemeinde- und Jugendausschuss bemerkbar.

Die Analyse der Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig verdeutlichte, dass

die Posaunenchorbewegung auch auf der inhaltlichen Ebene Aspekte der Kirchmusik

sowie der Jugendarbeit miteinander verbindet. Obgleich Kirchenmusik im Bereich

der „Kunst“ und Jugendarbeit im Bereich der „Sozialpädagogik“ angesiedelt sind,153

haben diese, auf den ersten Blick unterschiedlichen Bereiche, wie sich gezeigt hat

doch eine große Schnittmenge.

Jede/r Chorleiter/in steht beim Einüben der Musikstücke vor einer didaktischen

Vermittlungsaufgabe. Hinzu kommt, dass Kirchenmusiker/innen die Musik nicht nur

als Kunst vermitteln, sondern eine kirchliche Vermittlungsaufgabe haben, die über

das Fachmusikalische hinausgehen. Auch das Studium der Kirchenmusik nimmt

diese pädagogische Aufgabe immer verstärkter wahr. So ist im Jahr 2002 der erste

150 Niemann, Bläserklang, 93. 151 Zum historische Verlauf der Auseinandersetzungen vgl. Schnabel, Posaunenchorarbeit, 344ff. 152 Schnabel, Posaunenchorarbeit, 346. 153 Vgl. Schweitzer, Kirchenmusik, 63.

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Lehrstuhl für Kirchen-Musik-Pädagogik eingerichtet worden.154 Als Teil der

Kirchenmusik kommt dem Posaunenchor also automatisch eine umfassende

Vermittlungsaufgabe zu.

Wie oben beschrieben hat sich das Verhältnis der Posaunenchorarbeit zur

Kirchenmusik stark gewandelt. Während die Posaunenchorarbeit in ihren Anfängen

als Vereinsarbeit ein Gegenüber zur Kirchenmusik bildete, ist sie seit dem

Zusammenschluss 1934 ein Teil von ihr. Dieser Zusammenschluss war aus

historischer Sicht zwar erzwungen,155 liegt aus theologischer Sicht jedoch nahe, da

die Posaunenchorarbeit, wie die Kirchenmusik generell, die Verkündigung durch

Musik als ihre Aufgabe versteht. Mittlerweile gehört die Posaunenchorarbeit

selbstverständlich zur Kirchenmusik dazu und wird auch von den hauptamtlichen

Kirchenmusikern weitgehend als gleichberechtigter Partner angesehen.156

Diese positive Veränderung der Beziehung zwischen Kirchenmusik und

Posaunenchorarbeit ist in der Braunschweiger Landeskirche strukturell in dem, seit

1997 existierenden, neuen Kirchenmusikgesetz manifestiert, nach welchem die

Posaunenchorarbeit Teil der Kirchenmusik ist. Diese Tatsache hat auch in der

Neufassung des Gesetzes von 2015 Bestand: Eine/e Vertreter/in des Posaunenwerkes

ist geborenes Mitglied der landeskirchlichen Kammer für Kirchenmusik.157

Um die inhaltliche Zusammenarbeit zu erleichtern, bietet das Posaunenwerk zudem

Studientage als Fortbildungsmöglichkeit für hauptamtliche Kirchenmusiker an.158

Auch die Beziehung zur Jugendarbeit hat sich verändert. Die Mitgliedschaft des

CVJM im EPiD zeigt deutlich, dass Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit auch auf

struktureller Ebene weiterhin miteinander verzahnt sind.159

Um die Beziehung zwischen Posaunenchorarbeit und Jugendarbeit näher zu

bestimmen und auch inhaltliche Schnittstellen auszumachen, müsste eine Analyse

der gegenwärtigen Jugendarbeit vorgenommen und mit der Bildungsarbeit im

Posaunenwerk verglichen werden. Da sich diese Arbeit auf die Bedeutung der

Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig beschränkt, ist hier für dieselbe

154 Macht, Kirchen, 6. 155 Vgl. Niemann, Bläserklang, 89. 156 Siehe oben, Abschnitt 4.2.1. 157 Siehe § 3 der „Ordnung der Kammer für Kirchenmusik in der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig (Online-Ressource). 158 Zum Programm der Studientage, siehe Anhang. 159 Vgl. Lassek, Posaunenchor, 111.

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festzuhalten, dass der Bildungsarbeit im Posaunenwerk insofern eine bedeutende

Rolle zukommt, als sie eine Mittlerfunktion zwischen Kirchenmusik und

Jugendarbeit einnimmt.

Für die Zukunft ist daher zu wünschen, dass es zu einer stärkeren Vernetzung

zwischen diesen Bereichen der Gemeindearbeit kommt. Einen m. E. gelungenen

Ansatz bilden zum einen gemeinsame Projekte mit anderen kirchenmusikalischen

Gruppen, wie Konzerte mit Posaunenchor und Vokalchor oder Orgel und die

gemeinsame D-Chorleiterausbildung160 und zum anderen die unter Abschnitt 5.3.2

beschriebenen Zusammenkünfte zwischen Jugendlichen des Posaunenwerks und

Jugendlichen der „Evangelischen Jugend“.161

Für die Bildungsarbeit im Posaunenwerk Braunschweig ergibt sich daher die

Aufgabe, beide Beziehungen weiter auszubauen und zu pflegen.

7. Resümee

Die Ausführungen zur Bildungsarbeit im Posaunenchor haben gezeigt, dass das

Posaunenwerk ein ganzheitliches und rituelles Lernfeld anbietet, welches sich gut

dazu eignet, Menschen den christlichen Glauben näherzubringen.

Die religiöse Bildung kann als „niedrigschwellig“ bezeichnet werden. Dies ist

angesichts des religiösen Wandels in erster Linie positiv zu bewerten. So können

aufgrund der Niedrigschwelligkeit sowohl Menschen mit unterschiedlichen

Glaubensüberzeugungen zusammenarbeiten162 als auch kirchenferne Menschen zur

Mitarbeit motivieren werden. Sie kann jedoch mitunter auch dazu führen, dass

Mitglieder „nur“ aufgrund des musikalischen und sozialen Angebots teilnehmen. Da

der christliche Glaube jedoch nie erzwungen werden kann, sondern der Mensch ganz

auf den Empfang der göttlichen Gnade angewiesen ist, kann die Aufgabe der

religiösen Bildungsarbeit nur darin bestehen, Räume der Spiritualität zu öffnen. Ob

und wie diese Räume gefüllt werden, liegt ganz bei Gott und nicht in der Reichweite

kirchlichen Handelns.

Die Ausführungen zur Bildungsarbeit haben gezeigt, dass neben der Vermittlung

religiöser Werte auch sozialpädagogische Aufgaben Teil der Posaunenchorarbeit

160 Einmal jährlich wird der sog. D-Kurs kompakt für Vokalchorleitung, Bläserchorleitung und Orgelspieler angeboten (siehe Jahresplanung 2016 im Anhang). 161 Hier als Eigenname der aej zu verstehen. 162 Diese ökumenische Dimension wird unter anderem daran deutlich, dass Posaunenchöre ganz unterschiedlicher Konfessionen an den EPiD angeschlossen sind.

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sind. Da diese verstärkt von Ehrenamtlichen übernommen werden, ist für die Zukunft

sicher zu überlegen, ob eine gemeinsame „Teamerausbildung“ von ehrenamtlichen

Mitarbeitern in der Posaunenchorarbeit und Mitarbeitern anderer Gemeindegruppen

sinnvoll ist. Denkbar wären hier beispielsweise gemeinsame Ausbildungsteile und

dann wieder je nach Bedarf spezifische auf dem Weg zum Erwerb der Jugendleiter-

Card (JuLeiCa).

Sowohl im Hinblick auf ihre strukturelle Eigenständigkeit im Gemeindeleben als

auch im Hinblick auf die immer stärker werdende Vernetzung zwischen den

einzelnen Posaunenwerken ist die Posaunenchorarbeit als ein gelungenes Modell von

gestaltetem kirchlichem Leben zu bewerten.

Auf dem Deutschen Posaunentag in Dresden im Juni 2016 wird der EPiD durch

verschiedene Veranstaltungen und Gottesdienste wieder ein deutliches Zeichen dafür

setzen, dass Kreuz und Posaune zusammengehören und Posaunenchorarbeit immer

auch Verkündigungsarbeit ist. In diesem Sinne sind und bleiben die

Posaunenchormitglieder „Mitarbeiter am Psalm 150“.163

163 Kuhlo, Posaunen-Fragen, 14.

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9. Selbständigkeitserklärung

Der Text der vorliegenden Examensarbeit umfasst inklusive Leerzeichen und

Fußnoten 103.976 Zeichen.

Deckblatt, Inhalts- und Literaturverzeichnis sind von dieser Zählung ausgenommen.

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine

anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.

Braunschweig, 29.02.2016

Anne-Lisa Hein

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10. Anhang