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Inhalt

Einleitung 3

Das Gesundheitswesen als Innovations- und Wachstums-motor für Deutschland 5

Nachfrage durch innovative Dienstleistungen aktivieren 12

Industrielle Wertschöpfung am Standort Deutschland stärken 15

Finanzielle Spielräume für Innovation schaffen 20

Anregungen für unterstützende Maßnahmen 26

Befragte Experten 28

Die Autoren 30

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Einleitung

Kostensenkung und die Frage der Finanzierung haben in den letzten Jahrendie öffentliche Diskussion im Gesundheitswesen bestimmt. Dabei geriet die Tatsache aus dem Blick, dass das Gesundheitswesen die größte Brancheunserer Volkswirtschaft bildet. Richtet man den Blick daher auf Wachstums-chancen in Deutschland, sollten gerade hier die Themen Innovation undWachstum in den Vordergrund rücken.

Denn das Thema Gesundheit könnte ein wesentlicher Treiber des nächsten"Kondratieff-Zyklus" sein. Am Anfang eines solchen Zyklus stehen bedeuten-de Innovationen, die einen signifikanten Aufschwung der Volkswirtschaftbewirken. So hat die Dampfmaschine die Industrialisierung eingeleitet unddie Informationstechnologie das Informationszeitalter.

Kondratieff-Zyklen

Quelle: Nefiodow, Der sechste Kondratieff, St. Gallen 1999

Innovation und Wachstum im Gesundheitswesen3 |

Innovation

Dampfmaschine,Textilindustrie

1800 1900 2000 2050

Stahl,Eisenbahn E-Technik,

Chemie

Automobil,Petrochemie/Microchip,Automatisierung

Internet,MobileKommunikation

Psycho-sozialeGesundheit

Zyklen

10-15% des BIPGesundheits-zeitalter

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Die vorliegende Studie soll einen Beitrag dazu leisten, Chancen für Wachs-tum und damit auch für Beschäftigung im Gesundheitswesen herauszuar-beiten. Dabei berücksichtigen wir die vielen innovativen Ideen, die uns in unserer täglichen Arbeit begegnen. Schließlich behandeln wir auch die Frage, wie Wachstum und Innovationen finanziert werden können.

Überaus wertvoll für unsere Überlegungen waren die Gespräche mit Experten aus dem Kreise der Kostenträger, Leistungserbringer, Industrieund Politik. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

Wir hoffen, dass die folgenden Ausführungen dazu anregen, die Chancen im "Wachstumsmarkt Gesundheit" noch kreativer, entschlossener underfolgreicher zu nutzen, als dies heute schon der Fall ist.

Dr. Joachim Kartte

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Das Gesundheitswesen als Innovations- und Wachstums-motor für Deutschland

Volkswirtschaftliche Herausforderungen Im Juli 2005 wies der Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit eine Zahlvon 4,8 Millionen Erwerbsfähigen ohne Beschäftigung aus. Diese Zahl setzteine langjährige Entwicklung weiter fort: Eine Besserung am Arbeitsmarkthat es in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren nicht gegeben. In der Indu-strie ging Arbeit verloren, ohne dass im Dienstleistungssektor in gleichemAusmaß neue Arbeit geschaffen werden konnte. Das Arbeitsvolumen inDeutschland ist daher in der Summe gesunken. Nur die Verkürzung derArbeitszeit hat wenigstens die Summe der Arbeitsplätze in diesem Zeit-raum beinahe konstant bleiben lassen.

Arbeitsvolumen in Deutschland

Quelle: Statistisches Bundesamt

Ein Vergleich mit den USA im gleichen Zeitraum zeigt, dass diese Entwick-lung nicht zwangsläufig ist. Dort ist es gelungen, den Rückgang der industri-ellen Beschäftigung geringer zu halten und gleichzeitig ein deutlich stärke-res Wachstum des Dienstleistungssektors zu erreichen. Im Ergebnis führtedieser Strukturwandel in den letzten zehn Jahren sogar zu einer Steigerungder Arbeitsplatzzahlen.

5 |

Arbeitsvolumen im industriellen Sektor[Mio. Std.]

20011991

21.89017.054

-22%

Arbeitsvolumen private Dienstleistungund Handel/Verkehr [Mio. Std.]

20011991

28.68731.955

+11%

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Roland Berger View6 |

Strukturwandel in den USA in den neunziger Jahren

Quelle: Bureau of Labour Statistics, Roland Berger Research

In Deutschland sind zwei Stoßrichtungen zu verfolgen: Zum einen gilt es,den weiteren Verlust industrieller Arbeitsplätze soweit wie möglich zuverhindern, insbesondere in den hochtechnologisierten Branchen. Gleich-zeitig ist eine stärkere Dynamik im personalintensiven Dienstleistungssektorerforderlich, in dem noch mehr neue Arbeitsplätze geschaffen werdenmüssen als bisher.

Das Gesundheitswesen kann aus mehreren Gründen einen hervorragendenBeitrag zu beiden Entwicklungen leisten:

> Es ist zum wesentlichen Teil eine Dienstleistungsbranche. Über 90 Pro-zent der Beschäftigten kommen aus Dienstleistungsberufen – mit einembreit gestreuten Ausbildungshintergrund.

> Das Gesundheitswesen ist darüber hinaus auch eine Hightechbranche.Medizintechnik, pharmazeutische Industrie, Biotechnologie und Infor-mationstechnologie sind innovationsintensive Branchen, in denenDeutschland bereits eine Spitzenstellung einnimmt oder die Chance aufeine internationale Spitzenposition hat. Diese Chance gilt es zu nutzen.

> Die Nachfrage nach Gesundheitsversorgung wird durch die demografi-sche Entwicklung in allen Industrienationen weiter überproportionalsteigen.

Arbeitsvolumen im industriellen Sektor[Mio. Std.]

20011991

51.797 47.537

-8%

Arbeitsvolumen private Dienstleistungund Handel/Verkehr [Mio. Std.]

20011991

122.124

180.724

+48%

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In den folgenden Absätzen grenzen wir das Gesundheitswesen als Branchefunktional und institutionell ab. Anschließend geben wir eine Übersichtüber die Wachstumsprognosen für diesen Markt.

Definition und Abgrenzung des Marktes "Gesundheitswesen"Gemäß der von uns gewählten Definition haben die Deutschen im Jahr2003 insgesamt 260 Milliarden Euro für ihre Gesundheit ausgegeben. Dasentspricht 12,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zum einen sind diesdie rund 240 Milliarden Euro, die vom Statistischen Bundesamt in derGesundheitsberichterstattung des Bundes ausgewiesen werden:

> 161 Milliarden Euro flossen über die Systeme der Sozialversicherung:136 Milliarden Euro über die gesetzlichen Krankenkassen und 25 Milli-arden Euro über die Zuschüsse aus den anderen Versicherungssystemen(gesetzliche Pflege-, Renten- und Unfallversicherung).

> 19 Milliarden Euro wurden aus öffentlichen Haushalten finanziert.

> 10 Milliarden Euro werden für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalldurch Arbeitgeber bezahlt.

> 21 Milliarden Euro stammen aus Beiträgen zur privaten Kranken-versicherung.

> 29 Milliarden Euro sind Ausgaben des privaten Konsums, also aus eige-nem Einkommen oder Vermögen – beispielsweise für frei verkäuflicheArzneimittel ("over the counter", OTC), freiwillige Leistungen bei niedergelassenen Ärzten (individuelle Gesundheitsleistungen, IGeL) oder gesundheitsfördernde Lebensmittel.

Zum Gesundheitsmarkt nach dieser Definition zählen wir noch weitereprivat finanzierte Ausgaben hinzu, die nicht in der Gesundheitsausgaben-rechnung des Statistischen Bundesamtes erfasst werden, jedoch zur indivi-duellen Gesundheit beitragen. Das Gesamtvolumen dieses zusätzlichenMarktes beträgt rund 20 Milliarden Euro und ist ebenfalls dem privatenKonsum zuzurechnen. Hierunter fallen sowohl Mitgliedschaften im Sport-studio und Ausgaben für Wellness als auch Kosten für Gesundheitstouris-mus, Bio-Lebensmittel und die steigenden Ausgaben für "Functional Food",also Nahrungsmittel, die eine gesundheitsfördernde Wirkung haben sollen.

Mit diesem Marktvolumen ist das Gesundheitswesen die größte Wirtschafts-branche Deutschlands und umfasst derzeit mehr als 4,2 Millionen Arbeits-plätze:

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> 3,5 Millionen Beschäftigte arbeiten in der ambulanten und stationärenVersorgung.

> 0,3 Millionen Menschen sind in den "Vorleistungsindustrien" beschäftigt,insbesondere der pharmazeutischen Industrie und in der Medizin-technik.

> 0,4 Millionen Personen arbeiten in der Verwaltung (einschließlich Kran-kenversicherungen), den Rettungsdiensten und sonstigen Einrichtungen.

> Eine hier nicht erfasste Anzahl Beschäftigter ist in der erweitertenGesundheitsbranche tätig (wie Tourismus, Sportstudios, Nahrungsmittel-industrie).

Der Gesundheitsmarkt in Deutschland: Mittelherkunft und -verwendung

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Wachstumsmarkt Gesundheit Der skizzierte Markt birgt ein großes Wachstumspotenzial für die kommen-den Jahre. Nicht zuletzt auf Grund der steigenden Lebenserwartung hatsich auch das Gesundheitsbewusstsein der Deutschen stark verändert. Esentsteht eine aktive Nachfrage nach Leistungen, die ein möglichst gesundesLeben, auch im Alter, ermöglichen sollen.

Mittelherkunft Mittelverwendung

> GKV

> Weitere Versicherungssysteme

> Öffentliche Haushalte

> Lohnfortzahlung

> PKV

> Private Finanzierung

> Prävention, Gesundheitsschutz

> Ärztliche Leistungen

> Pflegerische und therapeutische Leistungen

> Bio-Lebensmittel

> Sport, Wellness

> Forschung

> Sonstige Leistungen

260 Mrd. EUR(12,2% des BIP)

Mehr als 4,2 Mio. Arbeitsplätze

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Setzt sich diese Entwicklung fort, kann der Markt gemäß unserem Progno-semodell bis 2020 um über 70 Prozent wachsen. Vier Faktoren verursachendieses Wachstum:

Faktor 1: Auf Grund des veränderten individuellen Gesundheitsbewusst-seins wird der private Konsum von Gesundheitsleistungen um 26,9 Milliar-den Euro ansteigen (etwaige Verlagerungen aus dem Leistungskatalog derGKV sind hierbei nicht berücksichtigt). Die berechnete Steigerung beruhtauf einer Fortschreibung der bisherigen Wachstumsraten in den entspre-chenden Segmenten.

Das zunehmende Gesundheitsbewusstsein zeigte sich in der Vergangenheitunter anderem an dem Anteil des Warenkorbs, der in Gesundheitspflegeinvestiert wird. Im Jahr 1992 verwendeten die Deutschen 1,8 Prozent dergesamten Konsumausgaben für Gesundheit. 2003 lag dieser Anteil bereitsbei 2,3 Prozent.

Hierbei sind zusätzliche Aufwendungen, etwa für Sport, Wellness, Bio-Lebensmittel und Gesundheitstourismus noch nicht einmal erfasst. Die Fitness-Welle des letzten Jahrzehnts und neuerdings die enormenWachstumsraten im Verkauf von Functional Food deuten ebenfalls auf eineveränderte Einstellung gegenüber der persönlichen Gesundheit hin: DieAusgaben für Sport und Erholung haben sich von 1991 bis 2001 verdoppelt(Statistisches Bundesamt). Die Wachstumsprognose des Weltmarktes fürFunctional Food bis 2009 beträgt 6,3 Prozent jährlich (Euromonitor 2005).

Auch in den nächsten Jahren ist damit zu rechnen, dass neue Trends entste-hen. Seit kurzem kann man beispielsweise auf einem "Gesundheitsschiff"eine Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer mit medizinischer Beratung in 17Gesundheitszentren verbinden, und im Jahr 2005 hat der Bezahlfernsehsen-der Premiere einen eigenen Kanal für Gesundheit und Wellness eingerichtet("Focus Gesundheit"). Weitere neue Angebote sind die persönliche Gesund-heitsakte im Internet, private Vorsorgeuntersuchungen in Magnetresonanz-tomographen oder durch Gentests.

Diese exemplarische Aufzählung zeigt nur den Beginn einer Entwicklungauf: Neue, privat finanzierte Angebote, die größtenteils der eigenverant-wortlichen Vorsorge dienen, nehmen zu. Bis 2020 besteht ein weitausgrößeres Wachstumspotenzial als 26,9 Milliarden Euro, wenn es gelingt,durch neuartige Angebote zusätzliche Nachfrage zu aktivieren (siehe denAbschnitt "Nachfrage durch innovative Dienstleistungen aktivieren").

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Faktor 2: Medizinisch-technische Innovationen werden weiterhin für einWachstum sorgen, das oberhalb der Zuwachsraten des BIP liegt. Dies führtzu einem Anstieg des Gesamtmarktvolumens in Höhe von 133 MilliardenEuro bis 2020.

Diese Prognose beruht auf zwei Faktoren: Nach volkswirtschaftlichenBerechnungen sind die Gesundheitsausgaben in den letzten zehn Jahren um circa ein Prozent stärker gestiegen als das BIP. Der Effekt einer altern-den Bevölkerung ist hierbei schon berücksichtigt. Dasselbe Wachstumschreiben wir für die Zukunft fort.

Für das weitere Wachstum des BIP gehen wir hier wie in allen weiterenBerechnungen von den Prognosen der "Economist Intelligence Unit" aus,die für Deutschland bis 2020 ein jährliches reales Wachstum von 1,9 Pro-zent annehmen.

Faktor 3: Die demografische Veränderung wird eine höhere Nachfrage nachGesundheitsleistungen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherun-gen in Höhe von ca. 22 Milliarden Euro mit sich bringen (berechnet aufBasis der Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes). Gegenüberder Wirkung des medizinisch-technischen Fortschritts hat dieser Faktor eine relativ geringere Bedeutung. Erst nach 2020 entfaltet die demografi-sche Veränderung eine deutlich stärkere Dynamik.

Faktor 4: Sonstige Leistungen werden um 11 Milliarden Euro ansteigen,wenn man annimmt, dass die Verwaltungskosten von gesetzlicher undprivater Krankenversicherung sowie die Arbeitgeberleistungen (Lohnfort-zahlung im Krankheitsfall) im gleichen Maß steigen wie das BIP.

Dieses Szenario mit einem Gesamtanstieg des Marktvolumens um 193Milliarden Euro würde zu einem durchschnittlichen jährlichen Realwachs-tum (preisbereinigt) von 3,3 Prozent führen. Die Berechnung beruht auf der Annahme, dass die Gesundheitspolitik den Status quo nicht verändert.(Mögliche Effizienzsteigerungen im Gesundheitswesen und ihre gegenläufi-gen Effekte werden weiter unten behandelt.)

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Der Markt für Gesundheitsleistungen in Deutschland: Erwartete Entwicklungbis 2020 [in Euro]

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Vergleicht man dies mit der Prognose der BIP-Entwicklung durch die "Eco-nomist Intelligence Unit" (1,9 Prozent pro Jahr, s.o.) steigt der Anteil desGesundheitsmarktes am Bruttoinlandsprodukt inflationsbereinigt von 12,2Prozent auf 15,5 Prozent.

Die Bedeutung des Gesundheitswesens für unsere Volkswirtschaft nimmtalso weiter deutlich zu. Diese Entwicklung beruht zum Teil auf einer Ver-schiebung der privaten Ausgaben – innerhalb des privaten Konsums oderdurch Verringerung der Sparquote. Sie ist volkswirtschaftlich sehr attraktiv,da die meisten Arbeitsplätze, die durch dieses Wachstum entstehen, inDienstleistungsberufen in Deutschland geschaffen werden.

In den folgenden Kapiteln wollen wir zeigen, wie die volkswirtschaftlichenEffekte unseres Prognosemodells sogar noch gesteigert werden können.Dazu werden wir zunächst einige innovative Dienstleistungen darstellen.Anschließend werden wir Hinweise darauf geben, wie es gelingen kann,heute schon vorhandene industrielle Wertschöpfung am Standort Deutsch-land zu halten.

Gesundheitsausgabenrechnung Zusätzliche private Finanzierung

Gesundheits-bewusstsein

27

2003

20

Med-tech.Fortschritt

133

Demografie

22

Lohnfort-zahlung,

Verwaltung

11

2020

31

240

422MarktvolumenGesundheits-

leistungen

260 Mrd. 453 Mrd.+74%

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Nachfrage durch innovative Dienstleistungen aktivieren

Zusätzliches Nachfragepotenzial kann in den kommenden Jahren aktiviertwerden, wenn weitere innovative Dienstleistungen angeboten werden undsich etablieren. Einige Ideen hierzu werden bereits öffentlich diskutiert,andere befinden sich noch in der Entwicklungsphase. Eine Auswahl stellenwir auf den folgenden Seiten vor.

Ideen für die ZukunftEine aktuell heranreifende Idee ist der Ausbau heutiger Urlaubsclubs undWellnesshotels zu echten Gesundheitsresorts, in denen das klassische Frei-zeit- und Unterhaltungsangebot um verschiedenste Angebote der Gesund-heitsberatung bis hin zur hochqualifizierten Gesundheitsdiagnostik ergänztwird. Große Universitätsklinika denken schon über die Einrichtung eineseigenen "Spa" nach, das gehobenes Ambiente mit medizinischen Diagnostik-und Versorgungsleistungen verbindet (Rehabilitations- und Präventionspro-gramme). Solche Angebote könnten Reiseveranstalter und Krankenversiche-rungen auch gemeinsam vermarkten. Arbeitgeber könnten solche Angeboteals Incentives für ihre Mitarbeiter nutzen, um deren Arbeitskraft zu erhalten.

Resorts als Zentren für umfassende Gesundheitsdienstleistungen

Reiseveranstalter Kunden/Partner

KundenSteigerung des GesundheitsbewusstseinsPsychische und physische Erholung

ArbeitgeberIncentive für MitarbeiterReduzierung von Fehlzeiten

KrankenversicherungenKundenakqusition und -bindungReduzierung von Gesundheitskosten

ÄrztePrivatpatientenUmsatzsicherheit

Modul III: Behandlung

Gesundheitscheck

Alternative Medizin

Bewe

gung

sthe

rapi

e

Schö

nhei

tsbe

hand

lung

Modul II: Lernen

Modul I: Aktion

Seel

e

Ernä

hrun

g

State-of-the-Art Medizin

Fitness

Fitness

Wellness

Kont

akte

Spor

tClub/Hotel

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Reisen und Gesundheit spielen ebenfalls bei der Idee zusammen, körperlicheingeschränkten Menschen das Reisen zu erleichtern. Solche Angebotewürden beispielsweise Diabetikern, Dialyse-Patienten oder Herz-Kreislauf-Kranken auch am Urlaubsort eine optimale medizinische Betreuung garan-tieren, ohne die sie gar nicht verreisen könnten. Bergwanderer könnten"intelligente" Kleidung tragen, welche die kritischen Körperfunktionenmisst und bei Überlastungen warnt – Hersteller von Sportkleidung und von Medizintechnik würden dadurch zu potenziellen Partnern für JointVentures – entsprechende Kontakte werden in Bayern bereits geknüpft.

Eine weitere neue Kombination ist die engere Zusammenarbeit von Kranken-kassen und Arbeitgebern. So könnte eine große Krankenkasse in einemBetrieb die Komplettversorgung für die Gesundheit der Arbeitnehmer undihrer Familien übernehmen. Dieses Angebot könnte von der Vorsorge amArbeitsplatz über Gesundheitsreisen bis zu neuartigen Zusatzversicherun-gen reichen, in die Arbeitnehmer und möglicherweise auch Arbeitgebereinzahlen und die zu gewissen Zeitpunkten teure Diagnostik übernehmenoder einen Teil der gestiegenen Gesundheitskosten im Alter abdeckenwürden. Die Arbeitgeber könnten dies fördern, indem sie einen Teil vonGehältern oder von Jahresprämien in Form von "Gesundheit" auszahlen("Medical Savings Accounts"). Auch bei diesen Ideen denkt man bereitsüber die Umsetzung nach, wie bei der Deutschen BKK in Wolfsburg.

Der Trend zum "mündigen Versicherten" lässt mehrere Geschäftsideen denkbar erscheinen.

So wie es heute Finanzberater gibt, könnte es künftig persönliche "Gesund-heitsberater" geben. Diese können allgemeine Fragen zu Gesundheit, Vorsorge und Ernährung beantworten und individualisierte Programme zuVorsorge und Behandlung zusammenstellen. In Berlin gibt es bereits einenLehrgang zum "Gesundheits-Fachberater", der im Fernstudium innerhalbvon sechs bis zwölf Monaten absolviert werden kann (www.forum-berufs-bildung.de).

Für den Patienten ist heute völlig undurchschaubar, in wessen Hände ersich im Krankheitsfall begibt. Die Qualität der Leistungserbringer lässt sichaber durchaus messen. Die "Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung" undauch große Krankenkassen tun dies bereits; die Ergebnisse werden jedochbisher noch nicht mit Namensnennung veröffentlicht. Für die Zukunft abersind intermediäre Beratungsleistungen zur Vermittlung des optimalen Kran-kenhauses, privatwirtschaftliche Zertifizierungssysteme, Testzeitschriftenoder "Gelbe Seiten" für Gesundheitsversorger denkbar und zu erwarten.

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Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Zur Zeit gibt es so viele Ideen wieschon lange nicht mehr. Der Gesundheitsmarkt wird zum neuen Feld fürfindige Unternehmer und mutige Risikokapitalgeber. Suchten Menschen mitkreativen Ideen und unternehmerischem Mut ihr Glück noch vor einigenJahren im Internet und in der Biotechnologie, so können sie sich heute (mitbesseren Erfolgsaussichten) dem Gesundheitswesen zuwenden. Bis aufeinige Ausnahmen sind für die skizzierten Ideen keine Änderungen, etwader gesetzlichen Rahmenbedingungen, notwendig. UnternehmerischesEngagement ist hier die wertvollste Startvoraussetzung.

Exkurs: Gesundheitstourismus und -export Ein Wachstumsfeld für die deutsche Gesundheitswirtschaft ist der Tourismus.Bereits seit einigen Jahren erhalten spezialisierte Kliniken großen Zuspruch von zahlungskräftigen ausländischen Patienten. Selbst für Schweizer, Englän-der oder Norweger ist das deutsche Gesundheitswesen ein lohnendes Ziel.

Das Angebot kann aber noch in vielen Bereichen deutlich verstärkt werden.In vielen Gegenden in Deutschland bietet sich insbesondere die Möglichkeit,regionale Attraktivitäten, Sehenswürdigkeiten, kulturelle Angebote und Erho-lungsräume in die Gesamtprogramme einzubinden. Das kann beispielsweise durch die Organisation von Internetauftritten und die Gründung von Partnerschaften unterstützt werden. In Bayern und Berlin werden bereits jetzt Gesund-heitsbroschüren auf Englisch, Arabisch und Russisch veröffentlicht sowie Auftritte auf internationalen Gesundheitsmessen geplant und durchgeführt.

Neben ausländischen Patienten wird auch der innerdeutsche Gesundheits-tourismus in den kommenden Jahren stark zunehmen. Marktforschungsinsti-tute rechnen mit einem Anstieg bis 2010 um 70 Prozent (Institut für Freizeit-wirtschaft 2002).

Fach- und Universitätskliniken können zudem ihr Fachwissen auch in andere Länder mit bisher unzureichender medizinischer Versorgung exportieren.Neben arabischen und russischen Staaten sind hierbei auch die zehn neuen Mitgliedsstaaten der EU interessant.

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Industrielle Wertschöpfung am Standort Deutschlandstärken

Im vorangegangenen Kapitel haben wir neue Geschäftsfelder im Gesund-heitswesen beschrieben. Aber auch durch medizinisch-technischen Fort-schritt wird das Marktvolumen um 133 Milliarden Euro ansteigen. DieseSumme entfällt dabei nicht allein auf die produzierende Industrie, sondernvielmehr auf die gesamte Wertschöpfungskette. Über dieses Marktwachs-tum hinaus kann der Standort Deutschland zusätzlich profitieren, wenn dieForschung und Entwicklung innovativer Produkte hierzulande stattfindetund so eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in Deutschland entsteht.

In den letzten Jahren war die Entwicklung auf diesem Zukunftssektor nichtimmer positiv:

> Die pharmazeutische Produktion ist aus Deutschland abgewandert. Von seinem Status als "Apotheke der Welt" ist das Land im Arzneimittel-export deutlich hinter Großbritannien, Frankreich, die Schweiz oderIrland zurückgefallen.

> Gleichzeitig ist der Anteil der Arbeitsplätze in Forschung und Entwick-lung der pharmazeutischen Industrie in Deutschland deutlich niedrigerals in Großbritannien und den USA (Quelle: PhRMA, VfA, EFPIA).

> Schätzungen gehen von einem weiteren Rückgang der Arbeitsplatzzahlenin der Pharmabranche aus. Die Allianz erwartet einen Rückgang von120.000 im Jahr 2002 auf 100.000 im Jahr 2020 (Allianz Group"Gesundheitsmarkt – ein Wachstumsfaktor", 2004).

> Die Biotech-Branche hat nach hoffnungsvoller Entwicklung an Glanzverloren und in den letzten Jahren einen Rückgang von Umsatz und F&E-Ausgaben zu vermelden. Von 2001 bis 2003 gingen die F&E-Aufwendun-gen in Deutschland um 0,3 Milliarden Euro zurück, während sie in denUSA um 8,4 Milliarden Euro stiegen (Quelle: ISB).

> Die deutsche Medizintechnik agiert zwar mit guten Umsatzprognosen in der Weltspitze – das Umsatzwachstum findet jedoch größtenteils imAusland statt, während der Absatz in Deutschland stagniert.

> Eine E-Health-Branche gibt es nur in Ansätzen. Zahlreiche große undkleine Unternehmen stehen seit Jahren bereit, dieses Feld zu entwickeln,werden jedoch beispielsweise durch die sehr langwierige Einführung derelektronischen Gesundheitskarte gebremst.

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Diese negative Entwicklung liegt zum Teil an ungünstigen Rahmenbedin-gungen. Jedoch werden auch bestehende Möglichkeiten nicht ausreichendgenutzt. Um die Handlungsmöglichkeiten für die Gesundheitsbranche zuverbessern, gilt es, die Bedingungen für Forschung und Entwicklung, aberauch für den Absatz in Deutschland zu erleichtern.

Bessere Rahmenbedingungen für Forschung und EntwicklungZur Stärkung von Forschung & Entwicklung müssen zunächst die allge-meinen Rahmenbedingungen verbessert werden. Genannt sei nur der inDeutschland auffallend niedrige Anteil der Forschungsausgaben am BIP, der im Vergleich zu anderen Industrienationen dringend erhöht werdenmuss. Solche branchenübergreifenden Handlungsansätze werden schonbreit diskutiert und sollen in der vorliegenden Studie nicht vertieft werden.Stattdessen wollen wir uns sehr spezifischen Möglichkeiten im Gesund-heitswesen widmen.

Der wichtigste Hebel, um gesundheitsrelevante F&E in Deutschland zuerleichtern, ist die engere Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis,wie etwa in "Integrierten Innovationsnetzwerken". Solche Projekte könnenim Rahmen der bestehenden Sozialgesetzgebung verwirklicht werden.

"Integrierte Innovationsnetzwerke" bilden sich rund um ein klassischesNetzwerk der integrierten Versorgung, in dem Leistungserbringer ver-schiedener Sektoren, aber auch Kostenträger durch abgestimmte Behand-lungspfade, neue Formen von Management, Controlling und Abrechnungmiteinander verbunden sind. Diese Netzwerke gehen nun strategischePartnerschaften mit der Industrie ein – etwa mit Pharma-, Biotech-, Medi-zintechnik- oder aber IT-Unternehmen, die dann nicht nur wie gehabt alsLieferanten der Leistungserbringer fungieren, sondern gemeinsam mitder Spitzenmedizin völlig neue Verfahren, Behandlungsmethoden und IT-Lösungen entwickeln.

Diese Entwicklungspartnerschaften können wesentlich schneller marktreifeneue Produkte und Dienstleistungen entwickeln und anbieten. Die teilneh-menden Leistungserbringer und Kostenträger können sich durch innovativeMethoden im Wettbewerb um Kunden profilieren, für die Kostenträgerbietet sich darüber hinaus die Möglichkeit, potenzielle Kosteneffekte neuerMethoden zu messen. Dies geschieht heute nur punktuell über Modellver-suche.

Zusätzlich können solche Netzwerke optimierte Behandlungspfade, dieauf neuen Methoden der Diagnostik oder Therapie zu beruhen, gemeinsamentwickeln und dann extern vermarkten.

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Integriertes Innovationsnetzwerk

Idealerweise bilden Universitätsklinika den Kristallisationskern solcherInnovationsnetzwerke. Bereits entstehende Kooperationen von Universitäts-klinika und Industrieunternehmen zeigen, wie fruchtbar eine engereZusammenarbeit von Leistungserbringern und Industrie für beide Seitensein kann (siehe Textkasten). Nicht zuletzt bietet eine solche Zusammen-arbeit auch neue Möglichkeiten der Finanzierung von Innovation.

TherapieforschungszentrenAn verschiedensten Kliniken haben sich bereits Centers of Excellence für klinische Studien etabliert. Dieser Ansatz wird beispielsweise beim Aufbau von Therapieforschungsnetzen an Universitätsklinika wie der Charité in Berlin oder dem Zentrum für Arzneimittelforschung, Entwicklung und Sicherheit (ZAFES) der Universität Frankfurt a. M. vorangetrieben.

In einem Therapieforschungszentrum werden sämtliche herausragenden Kom-petenzen gebündelt und einheitlich koordiniert: die inhaltliche und administra-tive Durchführung von Studien, die Koordination der einzelnen Beteiligten, die Akquisition von Mitteln und die Förderung der sogenannten "translationalen" Forschung, d.h. der Übersetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die prakti-sche Behandlung von Patienten. Eigenes Personal der Netze wird speziell in der Durchführung von klinischen Studien ausgebildet und steht zentral ineinem Therapieforschungszentrum bereit.

Transparenz und Steuerung durch E-Health

Forschungs-institute

Pharma-, Biotech-Unternehmen

Krankenver-sicherungen

Ärzte

Pflege/Rehabilitation

Krankenhäuser

Medizin-technik

IT-Branche

Innovation und Finanzierung

Universitäts-klinikum

Qualität und Effizienz durch Integrierte Versorgung

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So betreiben Ärzte nicht mehr ausschließlich "Feierabendforschung", und neueBerufsbilder wie "Study Nurses" und Prüfärzte werden gezielt gefördert. Durch ein solches Therapieforschungsnetz werden unterschiedliche externe Partner eingebunden.

Von einem solchen professionellen Auftreten können alle Beteiligten profitie-ren: Universitäten erzielen höhere Drittmitteleinnahmen aus dem strategisch wichtigen Gebiet der klinischen Auftragsforschung und können sich in der internationalen Forschung besser profilieren, Pharmaunternehmen erhalten verlässlichere Studienergebnisse in kürzerer Zeit und müssen selbst weniger Ressourcen aufwenden.

Aufbau eines Therapieforschungsnetzes

Quelle: Charité – Universitätsmedizin, Berlin

> Ambulanzen> Polikliniken> Kreiskrankenhäuser> Schwerpunktpraxen> Niedergelassene Ärzte

Klinik 1

> Forschungseinrichtungen> Universitäten> Universitätsklinika

> Pharmaindustrie> Biotech-Unternehmen> Clinical-Research-Organisationen

> Arbeitskreise

Klinik 2

Institut A

Institut B

Universitätsklinikum

Therapieforschungszentrum> Services für translationale Forschung> Study Services> Clinical Research Unit

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In der Medizintechnik werden vergleichbare Kooperationen angestrebt.Beispielsweise baut Siemens mit mehreren Universitätsklinika "ImagingScience Institutes" (ISI) auf, um innovative Zukunftstechnologie auf Basisder molekularen Bildgebung zu entwickeln, existierende bildgebende Ver-fahren zu optimieren und die Wirksamkeit von Medikamenten zu unter-suchen.

Absatzmärkte für Innovation in Deutschland sichernDie beschriebenen Maßnahmen decken nur eine Seite der Medaille ab.Selbst wenn wieder mehr grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung in Deutschland stattfindet – produziert wird oft im Ausland.

Dieser Trend wird sich nie völlig umkehren lassen. Doch ergibt sich immer-hin ein Argument dafür, Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten, wennhier auch attraktive Absatzmärkte für innovative Produkte vorhanden sind.Auf welche Weise diese Absatzmärkte gesichert oder wieder geschaffenwerden können, stellen wir in einem größeren Zusammenhang im folgen-den Kapitel dar.

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Finanzielle Spielräume für Innovation schaffen

Wichtige Innovationen im Gesundheitswesen wie der Computertomograph(CT) und der Magnetresonanztomograph (MR) wurden innerhalb von dreiJahren nach Markteinführung in den Leistungskatalog der gesetzlichenKrankenversicherung aufgenommen. Wie ein Vergleich mit der Privatwirt-schaft zeigt, ist dies beachtlich. Dort dauert es in der Regel deutlich länger,Innovationen zu verbreiten – selbst wenn diese Innovationen ebenfalls demErhalt von Leben und Gesundheit dienen. So benötigten der Airbag und dasABS-System 14 beziehungsweise 18 Jahre, um von der Mercedes S-Klasse,wo sie zunächst nur einem kleinen Kundenkreis zur Verfügung standen, in die Serienausstattung eines VW Golf übernommen zu werden, also füreinen sehr breiten Käuferkreis verfügbar und erschwinglich zu sein.

Geschwindigkeit der Verbreitung von Innovationen

Quelle: Herstellerangaben, GKV, Roland Berger Research

Um die Innovations- und Wachstumschancen zu realisieren und Innovatio-nen auch weiterhin so schnell wie möglich der Allgemeinheit zugänglich zumachen, muss deren Finanzierbarkeit gewährleistet sein.

1975 1978 1982

ABS

1985 1996

Airbag

CT

MR

Markteinführung Serienausstattung bzw. Leistungserstattung GKV

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Für die erwünschte Innovationskraft sind vor allem zwei Entwicklungs-richtungen denkbar: > Eine Erhöhung der privaten Ausgaben für die Gesundheitsversorgung> Die Schaffung von neuen finanziellen Spielräumen in der solidarisch

finanzierten Gesundheitsversorgung

Private Ausgaben erhöhenDie Gesundheitsversorgung wird immer noch größtenteils als eine Sacheder privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen angesehen. Manzahlt seinen Beitrag und erwartet dafür den automatischen Zugang zu allenverfügbaren Leistungen. Wie immer man es bewerten mag – dies wird inden kommenden Jahren und Jahrzehnten auf dem derzeitigen Niveau nichtmehr möglich sein.

Eine Grundversorgung wird immer solidarisch finanziert werden und mussauch für die gesamte Bevölkerung gesichert sein. Ein steigender Anteil anneuen diagnostischen und therapeutischen Methoden wird jedoch(zunächst) privat bezahlt werden müssen – "privat" meint dabei nicht die private Krankenversicherung, sondern individuelles Einkommen und private Ersparnisse. Aufwendungen für Gesundheit werden mehr und mehr zu einer Konsumausgabe werden und damit andere Ausgaben verdrängen –etwas weniger Urlaub, ein etwas kleineres Häuschen oder kein zweitesAuto. Weite Teile der Bevölkerung sind finanziell durchaus in der Lage, ihre Konsumausgaben entsprechend zu verschieben.

So wenig solidarisch und so widersprüchlich zum heutigen System dieseÜberlegung auf den ersten Blick auch erscheinen mag – drei Dinge gilt esdabei zu bedenken. Zum einen: Die privat bezahlenden Erstnutzer ermögli-chen die Finanzierung der Innovation. Nach einigen Jahren treten die beijeder industriellen Produktion bekannten Lern- und Skaleneffekte auf, diePreise sinken und die Innovation wird für jedermann erschwinglich – wiedas Beispiel des Airbag zeigt. Zum anderen ist anzumerken: Ähnlich un-solidarische Effekte nimmt die Gesellschaft in anderen Bereichen fast klag-los in Kauf. Man empfindet es nicht als ungerecht, dass der finanzstarke Besitzer eines teuren Autos (zunächst) über bessere Sicherheitssysteme und damit über bessere Überlebenschancen verfügt als der Fahrer einesgebrauchten Kleinwagens. Und schließlich bedeutet nicht jede Innovationtatsächlich eine Verbesserung der Behandlung. Es ist durchaus vertretbar,dass Innovationen mit unsicherem Nutzen nicht ungeprüft von der Solidar-gemeinschaft finanziert werden.

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Die anfänglich private Finanzierung wird dazu führen, dass alle Innovatio-nen, die sich bewähren, nach einer gewissen Zeit auch in der privaten undgesetzlichen Krankenversicherung eingeführt werden. Dabei ist es durchausmöglich, dass die Innovationen gleichzeitig durch öffentliche Anschubinves-titionen gefördert werden, bspw. für die Forschung oder für den Aufbau vonPiloteinrichtungen.

Innovationen: erst privat finanziert, dann für alle zugänglich

Diese Sichtweise ist nach den Ergebnissen unserer Expertengesprächeerstaunlich weit verbreitet. Trotzdem muss es ein Ziel bleiben, dass mög-lichst viele Innovationen einer möglichst breiten Bevölkerung zugänglichsind. Dies entspricht dem Solidargedanken, es trägt durch bessere Erhaltungvon Arbeitskraft und Humankapital zu weiterem Wachstum der Volkswirt-schaft bei, und es sichert auch die erforderlichen Absatzmärkte für diegesundheitsnahen Branchen. In der jetzigen gesetzlichen Krankenversiche-rung müssen deshalb permanent neue finanzielle Spielräume geschaffenwerden.

Spielräume in der gesetzlich finanzierten Gesundheitsversorgung schaffenIn der gesetzlichen Krankenversicherung sind zwei Arten von Maßnahmenmöglich, um neue finanzielle Spielräume für Innovationen zu schaffen: Die Effizienz des gesamten Systems muss deutlich gesteigert werden undder Umfang der erstattungsfähigen Leistungen muss permanent überprüftwerden.

PrivateFinanzierung*

Innovation

PKVGKV

Ausscheiden von"überholten" Leistungen

* Ggf. mit öffentlicher Anschubfinanzierung

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Die Effizienz des Gesundheitswesens lässt sich durch neue Strukturen undProzesse weiter steigern. Eine Effizienzsteigerung um 10 Prozent in denkommenden zehn Jahren erscheint zahlreichen Experten realistisch (RWI,"Strukturreformen im deutschen Gesundheitswesen", 2004). Hierzu nötigeMaßnahmen sind insbesondere die flächendeckende Verbreitung von inte-grierter Versorgung, mehr Wettbewerb in der Leistungserbringung undzwischen Kostenträgern, die Einführung von Gesundheitstelematik, dieweitere Konzentration in der ambulanten und stationären Versorgung sowieweitere Strukturmaßnahmen. Ein weiterer Schritt, um Kosten zu senken,wäre es, die Qualität einzelner Leistungserbringer zu veröffentlichen. Diesgeschieht bisher nur auf freiwilliger Basis, etwa durch private Klinikketten.Eine hohe Zahl an Komplikationen und Rückfällen könnte vermieden wer-den, wenn qualitativ minderwertige Leistungen vom Markt verschwänden.

Eine besondere Rolle kommt hierbei der Integrierten Versorgung zu. Inihrem Rahmen können neue Behandlungen unkompliziert schon vor einemBeschluss des Bundesausschusses eingeführt werden. Kostenträger undLeistungserbringer definieren gemeinsam die Einschlusskriterien fürbestimmte Behandlungen (zum Beispiel: "Einsatz eines medikamenten-beschichteten Stents"). So werden die innovativen Leistungen nur dorterbracht, wo es sinnvoll ist. Ebenso lässt sich vereinbaren, dass, wenn eine neue Methode eingeführt wird, die Behandlungszahlen nach eineralten Methode entsprechend sinken. Im Rahmen der integrierten Versor-gung können Unternehmen und Kostenträger im Übrigen auch Kostensparende, auf neuen Geräten, Diagnostika oder Pharmaka beruhendeBehandlungspfade entwickeln.

Unternehmen und GKV/PKV schließlich können gemeinsam an der Ent-wicklung und Einführung neuer Methoden arbeiten und dabei Aspekte wieFallzahlen und geeignete Standorte für teure Großgeräte abstimmen. Solässt sich das finanzielle Risiko des medizinisch-technischen Fortschritte für beide Seiten begrenzen, und nur die Patienten kommen in den Genussder neuen Behandlungsmethode, die sie auch wirklich brauchen.

Als zweite Maßnahme müssen die über die gesetzliche Krankenversiche-rung erstattungsfähigen Leistungen regelmäßig überprüft werden. Behand-lungsmethoden, die nicht dem Stand der Wissenschaft entsprechen odersogar schädlich sind, werden aussortiert. Hierzu muss eine systematischeTherapievergleichsforschung durchgeführt werden, die – unter anderem inden oben skizzierten Innovationsnetzwerken – verschiedene Behandlungs-methoden miteinander vergleicht und Evidenz für die Fortführung dereinen oder anderen Methode liefert. Denn nicht jede Innovation ist medizi-nisch sinnvoll und nützlich.

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Als Beispiel für verbreitete Eingriffe ohne nachgewiesene Wirkung nennenExperten Kniearthroskopien.

Der Arzneiverordnungsreport sieht Einsparpotenziale in Milliardenhöhe,wenn Analogpräparate und wirkungslose Arzneimittel weggelassen werden.Bei anderen Mitteln wie der Hormonersatztherapie stellte sich nach Jahrenheraus, dass sie, statt die erhoffte positive Wirkung zu zeigen, schwereFolgekrankheiten verursachen.

Solche Maßnahmen aus der Erstattung in der gesetzlichen Krankenversiche-rung zu entfernen, schafft Platz für sinnvolle Innovationen. Dies begrenztden Kostenanstieg und verbessert die Behandlungsqualität. Um regelmäßigeTherapievergleichsstudien durchführen zu können, muss es jedoch dengesetzlichen Krankenversicherungen – im Gegensatz zur heutigen Regelung – gestattet sein, Forschung zu finanzieren.

Bei isolierter Betrachtung schätzen wir das Potenzial der permanentenÜberprüfung des Leistungskatalogs ebenfalls auf eine Höhe von 10 Prozentder bislang erstatteten Leistungen. Hierfür gibt es zwei Anhaltspunkte: InFachpublikationen wird der Anteil überflüssiger, aber über Versicherungenerstatteter Behandlungen auf 20 Prozent geschätzt. Zum anderen identifi-zierte der Arzneiverordnungsreport 2003 ein Einsparpotenzial von 2,6Milliarden Euro, wenn Analogpräparate und Arzneimittel ohne nachgewie-senen therapeutischen Nutzen wegfallen. Das entspricht ca. 12 Prozent desAusgabenvolumens von 22 Milliarden Euro im gleichen Jahr.

Eine Addition zu den oben genannten 10 Prozent durch Effizienzsteigerungwürde jedoch teilweise eine Doppelzählung bewirken. Integrierte Versor-gung, die einen wesentlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung leisten kann,wird genau diese Steigerung zum Teil durch eine bessere Steuerung dereingesetzen Behandlungsmethoden erzielen. Bei paralleler Umsetzungbeider Maßnahmenblöcke halten wir daher ein Potenzial von maximal 15 Prozent der solidarisch beziehungsweise durch die PKV finanziertenGesamtausgaben für realistisch. Auf die privat finanzierten Ausgaben, dieLohnfortzahlung im Krankheitsfall oder die Verwaltungskosten haben diedargestellten Maßnahmen selbstverständlich keinen Einfluss

Im eingangs dargestellten Prognosemodell führen diese Effizienzpotenzialezu einer Reduktion des Marktvolumens um 54 Milliarden Euro.

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Der Markt für Gesundheitsleistungen im Jahr 2020 würde dann 398 Milliar-den Euro betragen. Dieser Wert entspricht einem Anteil von 13,8 % amgeschätzten BIP des Jahres 2020.

Prognostizierte Entwicklung des deutschen Gesundheitsmarkts bis 2020

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Auch wenn man gesundheitspolitische Maßnahmen berücksichtigt, bleibtdas Gesundheitswesen eine Wachstumsbranche – in absoluten Zahlen wiein seinem Anteil am BIP. Dieses Wachstum wird eine entsprechende Anzahlneuer Arbeitsplätze schaffen.

Gesundheitsausgabenrechnung Zusätzliche private Finanzierung

Gesundheits-bewusstsein

27

2003

20

Med-tech.Fortschritt

133

Demografie

22

Lohnfort-zahlung,

Verwaltung

11

240

MarktvolumenGesundheits-

leistungen

260 Mrd.

2020“ohneKonso-

lidierung”

31

453 Mrd.

422

398 Mrd.

EffizienzGKV

27

Moderni-sierungGKV-

Katalog

27

2020

31

367

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Anregungen für unterstützende Maßnahmen

Der Gesundheitsmarkt kann einen wesentlichen Beitrag zu mehr Innova-tion und Wachstum in Deutschland leisten. Was muss geschehen, um diePotenziale des Gesundheitsmarkts auszuschöpfen?

Die Menschen verändern zunehmend ihr Gesundheitsbewusstsein. Diesbeeinflusst ihr Nachfrageverhalten in zweierlei Hinsicht: Zum einen möch-ten sie ihre Leistungen bewusst auswählen können, zum anderen steigt ihreBereitschaft, Leistungen aus eigener Tasche zu finanzieren. Damit beideAspekte sich voll entfalten können, benötigt der "Konsument" Transparenzüber Art und Qualität von Leistungen sowie überhaupt die Möglichkeit,Auswahlentscheidungen zu treffen. Kurz gesagt: Der Bürger als Versicherterund Patient wird "mündiger".

Um diesen Rahmen zu schaffen und zu fördern, sind eine ganze Reihe vonMaßnahmen denkbar, die insbesondere von der Politik, aber auch in derSelbstverwaltung initiiert werden sollten.

Förderung von Innovation und Wettbewerb> Ideen- und Existenzgründerwettbewerbe fördern die Entstehung

von neuen, innovativen Produkten und Dienstleistungen

> Wettbewerbe unter Gesundheitsregionen (zum Beispiel nach demMuster von Media@Komm und BioRegio) – die Bildung von Clusternund Innovationszentren wird unterstützt

> Öffentliche Anschubförderprogramme für Innovationen und Investitio-nen in neue Methoden und Geschäftsideen können entscheidendeAnstöße geben

> Die Hochschulmedizin kann beim professionellen Aufbau von Koopera-tionen mit der Industrie unterstützt werden

> Den Krankenversicherungen muss Therapievergleichsforschung erlaubtwerden, damit sie die eigenen Leistungen und neue Behandlungsmög-lichkeiten permanent evaluieren können

> Neue Berufsbilder und Studiengänge wie Study Nurse, Prüfarzt, Medizi-ningenieur oder Gesundheitsberater sollten aktiv gefördert werden

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Erhöhung von Qualität und Transparenz> Aufbau eines Zertifizierungssystems für Leistungserbringer

> Veröffentlichung der Qualität der Leistungserbringer

> Aufbau eines "Gesundheits-TÜV" und/oder einer "Stiftung Gesundheitstest"

> Schnelle und unbürokratische Einführung der elektronischen Gesund-heitskarte und Gesundheitsakte

Schaffung eines stärker unternehmerischen Umfelds> Erweiterung der Kontrahierungsmöglichkeiten für gesetzliche Kranken-

kassen – über den heutigen §140 SGB V hinaus – mittelfristig bis zurErlaubnis von Zusammenschlüssen von Kostenträgern und Leistungser-bringern

> Verstärkung des Qualitäts- und Preiswettbewerbs in der Leistungs-erbringung

> Erlaubnis kassenartenübergreifender Fusionen

> Flankierende PR für mehr Eigenverantwortung und unternehmerischesEngagement auf der Grundlage des bestehenden Rechts

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Befragte Experten

Wolfgang Bayer, Mitglied der Geschäftsleitung Medical Solutions – Region Ost,Siemens AG

Sven Behrens, Hauptgeschäftsführer,SPECTARIS – Deutscher Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e.V.

Prof. Dr. Horst Domdey, Vorstand,BioM AG

Dr. Cornelius Erbe, Leiter Geschäftsbereich Produktmanagement –Mitglied der Geschäftsleitung, Deutsche Angestellten-Krankenkasse

Prof. Dr. Detlev Ganten, Vorstandsvorsitzender,Charité – Universitätsmedizin Berlin

Dr. Gerhard Knorr, Abteilungsleiter Krankenhausversorgung,Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen

Dr. Peter Lange, Unterabteilungsleiter Gesundheit und Biowissenschaften,Bundesministerium für Bildung und Forschung

Dr. Pablo Mentzinis, Leiter Public Sector, Bundesverband Informationswirtschaft,Telekommunikation und Neue Medien (BITKOM) e.V.

Dr. Volker Mohr, Geschäftsführer,Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS)

Leo A. NefiodowAutor des Buches "Der sechste Kondratieff"

Prof. Dr. Martin Paul, Dekan,Charité – Universitätsmedizin Berlin

Peter Reuschel, Mitglied des Vorstands,InterComponentWare AG

Dr. Gerhard Schillinger, Stabsbereich Medizin,AOK Bundesverband

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Ralf Sjuts, Vorsitzender des Vorstands,Deutsche BKK

Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Stock, Mitglied des Vorstands,Schering AG

Dr. Bernd Stowasser, Geschäftsführer,Zentrum für Arzneimittelforschung, Entwicklung und Sicherheit (ZAFES)

PD Dr. Frank Wagner, Externer Projektleiter Charité Research Organisation,Charité – Universitätsmedizin Berlin

Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin,Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) e.V.

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Die Autoren

Dr. Joachim Kartte, Partner bei Roland Berger StrategyConsultants, ist verantwortlich für den GeschäftsbereichHealthcare. Er berät Regierungen und Ministerien in gesund-heitspolitischen Fragestellungen (z. B. Rürup-Kommission,Elektronische Gesundheitskarte, Integrierte Versorgung) sowieKrankenversicherer, Universitätsklinika und andere Anbieter im deutschen und internationalen Gesundheitsmarkt.

[email protected]

Dr. Karsten Neumann ist Senior Project Manager im Health-care Team von Roland Berger. Er berät Kostenträger undLeistungserbringer, Ministerien und Industrieunternehmen mit Gesundheitsbezug. Sein besonderer Schwerpunkt liegt auf den "neuen" Themen im Gesundheitswesen wie Integrier-ter Versorgung und Gesundheitstelematik.

[email protected]

Florian Kainzinger ist Consultant im Healthcare-Team vonRoland Berger Strategy Consultants. Schwerpunkt seinerBeratungstätigkeit sind die strategische Ausrichtung vonUniversitätsklinika, die Umsetzung von Operational-Excel-lence-Strategien und das Innovationsmanagement in derPharma- und Healthcare-Branche.

[email protected]

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Univ.-Prof. Dr. Klaus-Dirk Henke lehrt Öffentliche Finanzenund Gesundheitsökonomie an der Technischen UniversitätBerlin. Er ist seit 1984 Mitglied des WissenschaftlichenBeirats beim Bundesministerium der Finanzen. Von 1993 bis1998 war er Vorsitzender des Sachverständigenrates für dieKonzertierte Aktion im Gesundheitswesen. In dieser Funktionhat er schon in dem Gutachten von 1997 auf die Wachstums-potenziale im Gesundheitswesen aufmerksam gemacht. Prof.Henke arbeitet hauptsächlich auf den Gebieten der Gesund-heitsökonomie, Sozialen Sicherung, Europäischen Integrationsowie zu finanzwissenschaftlichen Fragestellungen. Er ist einerder Sprecher des an der TU Berlin gegründeten Zentrums fürInnovative Gesundheitstechnologie (ZiG)

[email protected]

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Dr. Joachim Kartte u.a.

Innovation und Wachstumim Gesundheitswesen

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