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Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation Innovationsindikator Deutschland 2009.

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Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Innovationsindikator Deutschland 2009.

Innovationsindikator Deutschland 2009.

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„Ideen halten sich nicht. Es muss etwas mit ihnen getan werden.“Alfred North Whitehead (1861-1947), englischer Mathematiker und Philosoph

Inhalt.

4 Vorwort.

6 Zentrale Ergebnisse und Handlungs felder.

Ergebnisse.

10 Wie innovativ ist Deutschland?Das Gesamtranking.

16 Mit Ideen aus der Krise.Die Unternehmen.

26 Viel Arbeit nach der Wahl.Die Innovationspolitik.

36 Neue Wege gehen.Das gesellschaftliche Innovationsklima.

Schwerpunkt.

48 Zukunftsfundament mit Rissen.Das deutsche Bildungssystem.

Schlaglichter.

62 Innovationen in der Krise.Die Finanzierung von Forschung und Entwicklung.

70 Ideenschmiede auf Hochtouren.So effizient arbeiten Deutschlands Wissenschaftler.

78 Harte Konkurrenz auf dem Weltmarkt.Das Beispiel der Umwelt- und Energie-technologie.

86 Wie das DIW die Innovationsfähigkeitmisst.Die Methodik.

90 Innovationsindikator Deutschland: Der Beirat.

91 Impressum.

3BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

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Eines der wichtigsten Handlungsfelder ist dieBildungspolitik. Hier belegt der Innovationsindi-kator: Deutschland ist mit seinen Bildungsange-boten international kaum wettbewerbsfähig.Fortschritte werden wir nur erzielen können,wenn Bund und Länder wieder zum Wohl desBildungsstandorts zusammenarbeiten dürfen.Eine weitere wichtige Hausaufgabe für die Bil-dungspolitik ergibt sich aus den Unterschiedender Schulsysteme zwischen den Bundeslän-dern. Diese führen so weit, dass für Schüler einUmzug innerhalb Deutschlands oft mit Proble-men verbunden ist. Ortswechsel werden in in-novativen Staaten aber immer mehr zur Regel.Die Bundesländer sind daher aufgerufen, dieSchulstrukturen anzugleichen und bundesweitvergleichbare Lehrpläne zu erarbeiten.

Fünf Jahre Innovationsindikator – eine Bilanz.

Die Fähigkeit, Innovationen zu entwickeln underfolgreich auf den Weltmärkten zu vermarkten,bestimmt heute mehr denn je über Wohlstandund wirtschaftliche Dynamik. In Deutschlandrückt diese Tatsache zunehmend ins Bewusst-sein aller Verantwortlichen. Umfragen zeigenbeispielsweise, dass viele Unternehmen selbstin den düsteren Krisenmonaten des Jahres2009 ihre Innovationsanstrengungen ausgebauthaben. Dahinter steht die feste Überzeugung,dass die deutsche Wirtschaft nur mit hochmo-dernen Eigenentwicklungen auf den Weltmärk-ten Erfolg haben kann.

Auch die Politik hat dem Thema Zukunftsfähig-keit in den vergangenen Jahren wachsende Auf-merksamkeit geschenkt. Im Rahmen derHightech-Strategie etwa wurden seit 2006 zahl-reiche neue Förderprogramme aufgelegt unddie Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft undWissenschaft unterstützt. Gleichzeitig hatDeutschland in der Bildungspolitik erste Refor-men auf den Weg gebracht. So sollen zum Bei-spiel die neuen Bildungsstandards die Qualitätder Schulausbildung verbessern. Mit solchenAnstrengungen steht Deutschland jedoch nichtalleine da. Zum einen setzen Schwellenländerwie China derzeit alles daran, sich von denWerkbänken der Welt in moderne Hightech-Standorte zu verwandeln. Zum anderen habenauch viele etablierte Industrieländer ihre Bemü-hungen um die Zukunftsfähigkeit deutlich ver-stärkt. Inwieweit die deutschen Reformmaßnah-men ausreichen, um im Konzert der führendenInnovationsstandorte mitspielen zu können,lässt sich daher nur an einem internationalenVergleich ablesen. Die Deutsche Telekom Stif-tung und der Bundesverband der Deutschen In-dustrie haben deshalb das Deutsche Institut fürWirtschaftsforschung damit beauftragt, die In-novationsfähigkeit der führenden Industriestaa-ten zu analysieren.

Zum ersten Mal erschien der Innovationsindi -kator im Jahr 2005. In diesem Jahr liegt damitdie fünfte Studie vor. Dieses kleine Jubiläumbietet Gelegenheit für eine Zwischenbilanz. DerBefund fällt allerdings ernüchternd aus: AllenReformen zum Trotz – im internationalen Ver-gleich tritt unser Land auf der Stelle. Der Indika-tor belegt zwar, dass wir seit Jahren hervorra-gende Forschungsinstitute und innovative Un-ternehmen haben, um die uns viele Länder be-neiden. Allerdings ist es nicht gelungen, die

politischen und gesellschaftlichen Rahmenbe-dingungen entscheidend zu verbessern. Seitdem Start der Studie steckt Deutschland daherim Mittelfeld des Rankings fest.

Was muss Deutschland tun, um den Abstand zuden innovativsten Standorten wie den USA, derSchweiz oder Schweden zu verkürzen? Um die-se Frage zu beantworten, haben wir das Deut-sche Institut für Wirtschaftsforschung in diesemJahr erstmals gebeten, aus dem Indikator Hand-lungsfelder abzuleiten, auf denen Politik undWirtschaft die Zukunftsfähigkeit nachhaltig stär-ken können (siehe Seite 6 und 7).

4 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Dr. Klaus Kinkel.

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5BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Wir müssen wiedermehr Mut zum Risikozeigen. Wir müssenNeues wagen, an un -sere Ideen glauben undstärker auf die Chancendes Fortschritts sehen.

Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Keitel.

Ein anderes wichtiges Handlungsfeld ist die Fi-nanzierung von Innovationen. Staatliche Pro-gramme allein wirken zu selektiv, das flankieren-de Instrument der steuerlichen Forschungsför-derung würde die notwendige Breitenwirksam-keit entfalten. Eine Sonderstudie des DIW fürden Innovationsindikator 2009 zeigt, dass sichInvestitionen in Forschung und Entwicklung inkaum einem anderen Land so bezahlt machenwie in Deutschland. Allerdings haben die Unter-nehmen vergleichsweise große Probleme, Kredi-te oder Risikokapital für Innovationsprojekte zubeschaffen – und zwar nicht erst seit der Wirt-schaftskrise. Der aktuelle Innovationsindikatorbeschreibt daher Ansätze, mit denen die Finan-zierungssituation am Standort Deutschlandnachhaltig verbessert werden kann.

Bei allen Bemühungen von Politik und Unter-nehmen darf nicht vergessen werden: Wie inno-vationsfähig Deutschland ist, darüber wird nichtnur im Bundestag und den Landtagen oder inden Entwicklungsabteilungen entschieden, da-rüber entscheidet auch jeder Arbeitnehmer, je-der Verbraucher und jeder Unternehmensgrün-der. Unser Land braucht daher einen Mentali-tätswandel. Wir müssen wieder mehr Mut zumRisiko zeigen. Wir müssen Neues wagen, an un-sere Ideen glauben und stärker auf die Chan-cen des Fortschritts sehen.

Dr. Klaus KinkelVorsitzender Deutsche Telekom Stiftung

Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter KeitelPräsidentBundesverband der Deutschen Industrie

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Vorrang für Innovationen.

Deutschland rangiert im Innovationsindikator 2009 unter den 17 führenden Industriestaaten lediglich auf Platz 9. Gegen-über dem Vorjahr hat die Bundesrepublik damit nicht nur einen Platz eingebüßt. Auch der Punkteabstand zu den weltweitinnovativsten Standorten wie den USA, der Schweiz und Schweden ist weiter gewachsen.

Angesichts des weltweiten Wettbewerbsdrucks steht die deutsche Wirtschaft vor der Herausforderung, die Innovati-onsbemühungen weiter zu forcieren. Dafür braucht sie bessere Rahmenbedingungen. Bund und Länder sind daheraufgerufen, die Innovationsfähigkeit Deutschlands stärker ins Zentrum ihrer Politik zu rücken.

Spitzentechnologie und Gründer unterstützen.

Deutschland ist weltweit führend in der Entwicklung und Vermarktung von Hochtechnologie, wie der Innovationsindikatorbelegt. Mit ihrer breiten und innovativen Produktpalette sind die deutschen Hersteller aus einer starken Position heraus indie Krise der Weltwirtschaft gegangen. Können sie ihr FuE-Engagement während der aktuellen Durststrecke auf hohem Nivaeu halten, dann haben sie beste Chancen, vom nächsten Aufschwung zu profitieren. Schwächen offenbart Deutsch-land dagegen in der Spitzentechnologie. Der internationale Vergleich zeigt zudem, dass hierzulande zu wenig Unterneh-men gegründet werden, die sich auf innovative Produkte und Dienstleistungen spezialisiert haben.

Die Politik sollte die exportorientierte deutsche Industrie darin unterstützen, ihre Vorteile im Bereich der Hochtech -nologien auszubauen. Gleichzeitig müssen Hightech-Gründungen und die Entwicklung von Spitzentechnologien gestärkt werden. Im Rahmen der Hightech-Strategie beispielsweise sollte die Bundesregierung ihre Förderung aufBereiche der Spitzentechnologie fokussieren, deren Forschung auch anderen Wirtschaftszweigen zugute kommt.

Zukunftsinvestitionen steigern.

Eine Investition in Forschung und Bildung in Höhe von 10 Prozent der Wirtschaftsleistung gilt in vielen Industrieländern alsZielmarke einer modernen Innovationspolitik. Die Bundesrepublik ist von diesem Ziel noch weit entfernt: Zuletzt summier-ten sich die privaten und öffentlichen Ausgaben für Bildung und Forschung nur auf 7,3 Prozent des Bruttoinlandsproduk-tes – davon entfielen 4,8 Prozentpunkte auf die Bildung und 2,5 Prozentpunkte auf die Forschung.

Investitionen in die Zukunftsfähigkeit Deutschlands müssen in den öffentlichen Haushalten eine größere Bedeutungerhalten. Insbesondere müssen die Ausgaben für Forschung und Bildung erheblich gesteigert werden.

Forschungseffizienz: Investitionen lohnen sich.

Deutschlands Wissenschaftler arbeiten hoch effizient. Das zeigen Berechnungen, die das DIW in diesem Jahr erstmals fürden Innovationsindikator durchgeführt hat. Abgesehen von Schweden erarbeitet kein Land mit seinen gegebenen For-schungs- und Entwicklungsbudgets mehr wirtschaftlich verwertbare Neuentwicklungen als Deutschland.

Die Untersuchung des DIW ist ein weiteres Plädoyer dafür, die FuE-Etats zu erhöhen. Aufgrund der hohen Effizienz würdenzusätzliche Investitionen nicht im System versickern, sondern die Innovationsfähigkeit Deutschlands weiter verbessern.

Zentrale Ergebnisse und Handlungsfelder.

Der Innovationsindikator zeigt Stärken und Schwächen Deutschlands auf, indem er die Bundesrepublik mit den 16 wichtigsten Industriestaaten ver-gleicht. Zusätzlich hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in diesem Jahr erstmals Handlungsfelder für die staatliche Innovations -politik und das unternehmerische Innovationsmanagement erarbeitet. Die Handlungsfelder basieren auf Schlussfolgerungen, die sich aus den Ergeb-nissen des Innovationsindikators ergeben, und ziehen Querlinien zu Themen, die derzeit in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert werden.

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Bildung: Mehr Geld, bessere Qualität.Das Bildungssystem bleibt einer der wesentlichen Schwachpunkte Deutschlands. Es mangelt nicht nur an Geld. Auch dieLernergebnisse sind im internationalen Vergleich lediglich Mittelmaß. Das ist nicht zuletzt eine Folge ungenügender Unter-stützungs- und Anreizsysteme.

Wachsende Bildungsetats müssen flankiert werden von Reformen der Rahmenbedingungen. Hier sind die Länder gefragt. Deren Abstimmungsbemühungen dürfen nicht bei einheitlichen Vorgaben zur Lehrerausbildung und Bildungs-standards stehen bleiben. Zudem sollte das Kooperationsverbot aufgehoben werden, damit Bund und Länder künftigwieder zum Wohl des Bildungsstandortes zusammenarbeiten können.

Fachkräftemangel: Bologna-Reform konsequent umsetzen.In Deutschland leben zu wenig junge Akademiker. Lediglich 22 Prozent der 25- bis 39-Jährigen haben hierzulande einentertiären Abschluss. Damit liegt Deutschland im Vergleich der 17 führenden Industrienationen auf Rang 15. Der Bundesre-publik droht daher ein massiver Fachkräftemangel. Mit der Einführung der Bachelorstudiengänge hat Deutschland einenersten Schritt getan, um mehr Jugendliche an den Hochschulen auszubilden. Die kürzere Studiendauer und der stärkerePraxisbezug der Bachelorfächer sind objektiv betrachtet zweifellos positiv zu bewerten; das System hat aber auch erhebli-che Schwächen. Die Hoffnung auf sinkende Abbrecherquoten hat sich bislang nicht erfüllt.

Die Bologna-Reform sollte gemeinsam weiterentwickelt werden. Die Politik muss dabei erreichen, dass sich die Akteure abstimmen und den Reformprozess so koordinieren, dass der qualitative Mehrwert der Studiengänge die bisherigen Stärken der akademischen Ausbildung übertrifft.

Akademikerinnen: Berufstätigkeit erleichtern.In den kommenden zwei Jahrzehnten werden die Unternehmen vor allem mehr Absolventen der Studienfächer Mathema-tik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) benötigen. Daher ist es erfreulich, dass diese Fächer bei Frauenbeliebter werden. Im Jahr 2006 stieg die Zahl der Absolventinnen in den MINT-Studiengängen um 6.700 auf 24.600. Studi-en zeigen jedoch, dass vergleichsweise viele Akademikerinnen schon einige Jahre nach dem Studium ihre Vollzeitstelleaufgeben. Ein wichtiger Grund: In Deutschland lassen sich Familie und Beruf nur schwer vereinbaren, wie beispielsweiseUmfragen unter Ingenieurinnen belegen.

Deutschland sollte sein Angebot an Kindertagesstätten und Ganztagsangeboten in Kindergärten und Schulen aus-bauen, um insbesondere Frauen den schwierigen Spagat zwischen Beruf und Kindererziehung zu erleichtern.

Finanzierungsmöglichkeiten erweitern.Neben den Bildungsdefiziten sind die Probleme der Unternehmen, Kredite und Risikokapital zu erhalten, die größteSchwachstelle im deutschen Innovationssystem. Im entsprechenden Teilindikator „Finanzierung“ rangiert Deutschland le-diglich auf dem drittletzten Platz.

Die Unternehmen brauchen bessere Möglichkeiten, Innovationen über einen Mix aus staatlichen Fördergeldern undeigenen Mitteln zu finanzieren, damit sie nicht ganz so stark auf Kredite angewiesen sind. Dazu ist unter anderem eine zweigleisige Politik nötig: Auf der einen Seite kann der Staat die technologiespezifische Programmförderung inHightech-Feldern sowie die technologieoffene Programmförderung der kleinen und mittleren Unternehmen beibehal-ten. Auf der anderen Seite sollte Deutschland zusätzlich eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklungeinführen.

Ergebnisse.

„Wir stehen mit anderen Forschungs- und Wissen-schaftsstandorten in einem internationalen Wett-bewerb um die besten Köpfe. Für die sind wiraber nur dann attraktiv, wenn die Rahmenbedin-gungen stimmen.“

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen

„Deutschland ist, wenn Sie so wollen, noch nichtganz auf der Höhe der Zeit. Hier wird die Rolleder Frau, die Rolle der Familie, ganz anders gesehen und behandelt als in den allermeistenLändern der Welt.“

Prof. Dr. Marion Schick, Vorstand Personal und Recht der Fraunhofer-Gesellschaft, München

„Was dieses Land braucht, ist einen gesamtgesell-schaftlichen Beschluss. Und der kann nur heißen:Wir wollen bessere Bildung!“

Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

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„Wir müssen immer auch kritisch fragen, wie das Bewährte kommenden Bewährungs-proben standhält.“

Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH

„Mich beunruhigt es, dass die staatliche Technik-begeisterung in Deutschland sich deutlich stärkerabgekühlt hat als in anderen Ländern. Gerade inder Krise sind die staatlichen Impulse wichtig.“

René Obermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG

„Ich denke, dass man in Deutschland als Natur -wissenschaftler oftmals zunächst schlechte Ab-sichten unterstellt bekommt – und zwar exakt biszu dem Punkt, wo man dann endlich bewiesenhat, dass man wirklich nützliche Zwecke verfolgt.“

Prof. Dr. Hans Schöler, Direktor des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin

Wie innovativ ist Deutschland?Das Gesamtranking.

Die rasante Talfahrt der Weltwirtschaft ist zumStillstand gekommen, erste positive Konjunktur-daten nähren die Hoffnung auf einen baldigenAufschwung. Die Krise wird der deutschen Wirt-schaft allerdings noch einige Zeit in den Kno-chen stecken – Exportgeschäfte sind eingebro-chen, Bilanzen haben sich rot gefärbt, mühsamaufgebaute Kapitalpolster sind geschmolzen.Trotz der eingetrübten Geschäftsdaten müssendie Unternehmen jetzt aber in Forschung undEntwicklung investieren. Denn nur mit hochmo-dernen Produkten werden sie sich im Auf-schwung gegen die Konkurrenz durchsetzenund weiterhin Premiumpreise erzielen können.Damit der Kraftakt gelingt, sind gute Rahmen-bedingungen in Wirtschaft, Politik und Gesell-schaft notwendig – angefangen bei einem rei-bungslosen Kreditzugang für Unternehmenüber eine moderne Infrastruktur bis hin zu einerausreichenden Zahl an Fachkräften, ideenrei-chen Wissenschaftlern und technologiebegeis-terten Kunden.

Bietet Deutschland in diesen und vielen ande-ren für die Zukunftsfähigkeit wichtigen Berei-chen gute Voraussetzungen, um gestärkt ausder Krise herauszukommen? Was machen Kon-kurrenzländer in Amerika, Asien und Europabesser? Auf welchen Feldern besteht hierzulan-de der größte Reformbedarf? Mit dem Innovati-onsindikator Deutschland geben die DeutscheTelekom Stiftung und der Bundesverband derDeutschen Industrie wissenschaftlich belastba-re Antworten auf diese entscheidenden Zu-kunftsfragen. Erstellt wurde die Studie vomDeutschen Institut für Wirtschaftsforschung(DIW). Die Ökonomen mit Sitz in Berlin arbeitendie Stärken und Schwächen Deutschlands he-raus, indem sie unser Land mit den 16 wichtigs-ten Industriestaaten vergleichen. Dafür wertensie mehr als 180 Datensätze nationaler und in-ternationaler Organisationen aus. Im Unter-schied zu vielen anderen Innovationsstudienwerden dabei neben Statistiken auch weicheFaktoren berücksichtigt, beispielsweise die Ein-stellung der Bevölkerung zu Innovationen und

Bietet Deutschland innovativen Unternehmen gute Rahmenbedingungen, um gestärkt aus derKrise hervorzugehen? Ist die Bundesrepublik für den immer härteren globalen Innovationswett-lauf richtig aufgestellt? Der Innovationsindikator Deutschland 2009 gibt Antworten auf dieseFragen. Das Gesamtergebnis zeigt: Zu den weltweit innovationsfreundlichsten Standorten ge-hört Deutschland nach wie vor nicht. Viele Potenziale bleiben weiterhin ungenutzt. Handlungs-bedarf besteht vor allem beim Kreditzugang und im Bildungssystem.

die Risikobereitschaft. Zum ersten Mal erschiender Innovationsindikator im Jahr 2005. Seithererstellt das DIW die Studie jährlich, sodass sichan den aktuellen Ergebnissen Fortschritte undRückschläge der deutschen Innovationsfähig-keit ablesen lassen.

Die Ergebnisse: Deutschlandverliert an Boden.

Die Bundesrepublik hat den Sprung in die Bel-etage der innovativsten Länder erneut nicht ge-schafft. Im Innovationsindikator 2009 reicht esfür Deutschland lediglich zu Rang 9. Das Spit-zentrio bilden in diesem Jahr die USA, dieSchweiz und Schweden. Am wenigsten gerüstetfür den zunehmenden Innovationswettbewerbsind Irland, Spanien und Italien, die am Tabel-lenende stehen.

Wie groß die Leistungsunterschiede zwischenden einzelnen Ländern sind, zeigen die Punkt-werte. Um diese zu berechnen, verwendet dasDIW eine eingängige Methode: Das in einer In-novationsdisziplin beste Land erhält siebenPunkte, das schlechteste einen Punkt. Die da-zwischen liegenden Staaten bekommen Punkt-werte in Abhängigkeit davon, wie weit sie vondem ersten und letzten Land entfernt sind.

Der Blick auf die Punktwerte belegt, dass sichin puncto Innovationsfähigkeit weltweit eineDreiklassengesellschaft herausgebildet hat. Zur Spitzengruppe zählen neben den USA, derSchweiz und Schweden die nordeuropäischenStaaten Finnland und Dänemark. Diese Länderhaben nicht nur einen großen Punktevorsprungvor den anderen Konkurrenten – sie bildenauch schon seit 2006 jedes Jahr aufs Neue dieTop 5.

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Auf einen Blick.

† Die Bundesrepublik belegt im Innovationsindi-kator Deutschland unter den 17 führenden In-dustriestaaten nur Rang 9. Im Vergleich zumVorjahr rutscht sie damit um einen Platz abund verliert gegenüber den innovativsten Ländern weiter an Boden.

† Deutschland hat durchaus Stärken: Die Her-steller von Hochtechnologie sind hervorra-gend auf den Weltmärkten aufgestellt. Zuliefe-rer und Wissenschaftseinrichtungen leistenqualitativ hochwertige Arbeit. Und die Wirt-schaft arbeitet eng mit der Wissenschaft zu-sammen, um neue Produkte zu entwickeln.

† Eklatante Schwächen bremsen jedoch die Innovationsfähigkeit: Die Unternehmen habengroße Probleme, Kapital für Innovationen zubeschaffen. Das Bildungssystem ist unterfi-nanziert und ineffizient. Es mangelt an Fach-kräften. Gesetze sind weniger innovations-freundlich als in anderen Ländern. Und dieBundesbürger stehen Wissenschaftlern undforschenden Unternehmen relativ skeptischgegenüber.

Foto: In Deutschland sind die

Zutaten für eine gute Innova -

tionsfähigkeit noch nicht rich-

tig aufeinander abgestimmt.

Viele andere Länder haben

die besseren Rezepturen.

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Deutschland ist von dieser etablierten Spitzen-gruppe ein gutes Stück entfernt. Mit 5,01 Zäh-lern liegt die Bundesrepublik 1,75 Punkte hinterdem drittplatzierten Schweden. Wie in den ver-gangenen Jahren steckt Deutschland damit ineinem breiten Mittelfeld fest, das von Kanadaauf Platz 6 bis Irland auf Rang 15 reicht. DieSchlussgruppe bilden Spanien und Italien, diewie in den Vorjahren weit abgeschlagen sind –Spanien beispielsweise trennen mehr als dreiPunkte von Deutschland.

Dynamik: Der Abstand zur Spitze wächst.

Die Bundesrepublik konnte ihre Innovationsfä-higkeit zuletzt kaum verbessern. Im Vergleichzum Vorjahr stieg der Punktewert um geradeeinmal 0,06 Zähler. Weil anderen Wettbewer-bern – wie etwa Kanada und den Niederlanden– größere Fortschritte gelangen, büßt die Bun-desrepublik einen Rang ein. Schlimmer noch:Der Abstand zur Spitzengruppe ist weiter ge-wachsen. Im Vorjahr hinkte Deutschland demfünftplatzierten Dänemark um gut einen Punkthinterher, jetzt sind es bereits 1,13 Zähler. Hiermuss Deutschland aufpassen, dass es nichtden Anschluss an die Spitzenränge verliert.

Konkurrenz und Kooperation:Deutschlands Stärken.

Trotz des mittelmäßigen Abschneidens bietetDeutschland eine Reihe günstiger Vorausset-zungen, um erfolgreich zu forschen und innova-tive Produkte auf den Markt zu bringen. Unter-nehmen haben in Deutschland beispielsweisegroße Anreize, in die Entwicklung innovativerProdukte zu investieren, weil Kunden ver-gleichsweise viel Geld für neue Technologienausgeben. Um sich ein Stück der Nachfrage zusichern, müssen sich die Unternehmen aberdeutlich mehr anstrengen als in anderen Län-dern. Denn hierzulande herrscht der weltweithöchste Wettbewerbsdruck. Ausruhen kommtdaher nicht infrage, das Produktportfolio musspermanent weiterentwickelt werden. Damit wirktder heimische Konkurrenzkampf wie eine Inno-vationspeitsche und treibt auch die internatio-nale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unter-nehmen an.

Um im Konkurrenzkampf bestehen zu können,setzen die Firmen auf Kooperation: Sie arbeitenintensiv mit Zulieferern zusammen und suchenschon bei der Entwicklungsarbeit engen Kon-takt zu Kunden. Zudem holen sie immer wiederdas Know-how von Wissenschaftseinrichtungenund Hochschulen ein. Dieses Zusammenspielerleichtert den Wissenstransfer von der For-schung in die Praxis und ermöglicht eineschnelle, erfolgreiche Umsetzung von innovati-ven Ideen in marktreife Produkte. Dabei kommtden Unternehmen zugute, dass sowohl die Zu-lieferer als auch die Wissenschaftseinrichtun-gen in Deutschland eine hervorragende Arbeitmachen, wie Umfragen bestätigen.

All diese Vorteile der Bundesrepublik nutzenvor allem die Produzenten von Hochtechnolo-gie. Dazu zählen etwa der Maschinenbau, diechemische Industrie und die Automobilherstel-ler. Sie bilden das Herz des deutschen Innovati-onsstandortes. Seit Jahren stemmen diese Bran-chen einen Großteil der privaten FuE-Etats hier-zulande – und das Engagement zahlt sich aus:Rund um den Globus gilt Hochtechnologie „Ma-de in Germany“ als Synonym für innovative,erstklassige Lösungen.

Italien

Spanien

Irland

Belgien

Österreich

Frankreich

Korea

Großbritannien

Deutschland

Niederlande

Japan

Kanada

Dänemark

Finnland

Schweden

Schweiz

USA 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,93

6,76

6,26

6,14

5,22

5,03

5,01

4,78

4,47

4,25

4,15

4,14

3,77

1,79

1,00

5,24

Innovationsfähigkeit der führenden Industrieländer: Gesamtergebnis 2009.

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

Die Stärke lässt sich auch am Innovationsindika-tor ablesen: So tragen die Hochtechnologie-branchen in Deutschland beispielsweise deut-lich mehr zu den Exporterfolgen und zur Be-schäftigung bei als in vielen wichtigen Konkur-renzländern.

Bildung und Regulierung:Deutschlands Schwächen.

Was für Unternehmen gilt, das gilt auch für Län-der: Auf eigenen Stärken darf man sich nie aus-ruhen. Länder, die früher nur einfache Fließ-bandprodukte billig hergestellt haben, drängenmit eigenen Entwicklungen auf die Hochtechno-logiemärkte. Gleichzeitig bauen etablierte Staa-ten, wie die Schweiz oder skandinavische Län-der, ihre Stärken aus. Umso wichtiger ist es da-her, die zahlreichen Innovationsbremsen inDeutschland zu lösen, um mit dem weltweitenTempo Schritt halten zu können.

Eine gravierende Schwäche ist weiterhin dieAusbildung des Nachwuchses. DeutschlandsBildungssystems ist unterfinanziert und ineffi-zient. Die Schüler sind schlechter ausgebildetals in anderen Ländern. Und von den Hoch-schulen kommt zu wenig Nachwuchs. Geradein den Ingenieur- und Naturwissenschaftenmangelt es an Hochschulabsolventen – dabeisind diese Studienfächer für die Innovationsfä-higkeit besonders wichtig. Steuert Deutschlandnicht gegen, wird sich der aktuelle Fachkräfte-mangel weiter verschärfen, denn der Bedarf anjungen, hoch qualifizierten Fachkräften nimmtin den kommenden zwei Jahrzehnten deutlichzu. Hier ist neben der Bildungspolitik auch dieWirtschaft gefragt. Um den Fachkräftemangelzu mildern, wird das Weiterbildungsengage-ment deutlich steigen müssen, denn bislangkann Deutschland in dieser Hinsicht nicht mitwichtigen Wettbewerbern mithalten.

Eine weitere Schwäche: Gesetze und Auflagenmachen innovativen Unternehmen in Deutsch-land das Leben schwerer als in anderen Län-dern. Besonders stark reguliert sind die Geschäf-te von wissensintensiven Dienstleistern, etwa derkleinen FuE-Unternehmen. Zuletzt hat Deutsch-land aber auch im Hinblick auf die Regulierungder Produktmärkte gegenüber wichtigen Konkur-renzländern wieder an Boden verloren.

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Belebender Aspekt: In Deutschland ist die Nachfrage nach neuen Technologien hoch – wie immer wieder auf Messen wie der CeBIT

sichtbar wird.

Rund um den Globusgilt Hochtechnologie„Made in Germany“ alsSynonym für innovativeLösungen.

In Deutschland wird besonders effizient geforscht und entwickelt – nicht immer in Büros und Laboren, sondern manchmal auch hoch oben auf einem Windrad.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200914

Schwerpunktthemen: Im Zeichen der Krise.

Neben dem Leistungsvergleich der 17 führen-den Innovationsstandorte beleuchtet das DIWdrei jährlich wechselnde Sonderthemen. Ein Fo-kus liegt in diesem Jahr auf der Finanzierungssi-tuation der Unternehmen. Für das DIW ist siemittlerweile der größte Schwachpunkt im deut-schen Innovationssystem. In kaum einem ande-ren Land kommen Unternehmen und Gründerso schwer an Kapital für Innovationsprojektewie hierzulande. Sowohl der Kreditzugang alsauch die Verfügbarkeit von Risikokapital sind iminternationalen Vergleich nicht wettbewerbsfä-hig. Angesichts der Wirtschaftskrise fürchtenviele Unternehmen in Deutschland, dass sichdie Situation in den kommenden Monaten wei-ter zuspitzt.

Defizite macht der internationale Vergleich darü-ber hinaus beim gesellschaftlichen Innovations-klima deutlich. Die Bundesbürger haben bei-spielsweise weniger Mut zum Risiko. Gerade inder aktuellen Krisenzeit brauchen Länder aberMenschen, die allen Konjunkturrisiken zumTrotz den Sprung in die Selbstständigkeit wa-gen. Zudem erweisen sich die Deutschen alssehr skeptisch. Viele glauben, dass ihnen dertechnologische Fortschritt vor allem Nachteilebringen wird. Forschenden Unternehmen undWissenschaftlern begegnen sie dementspre-chend mit Misstrauen. Das wirkt sich auf vieleBereiche des Innovationssystems aus: Wenigerals andere Nationen befürworten die Bundes-bürger zum Beispiel eine starke Einflussnahmevon Wissenschaftlern auf politische Entschei-dungen – gerade eine fundierte Politikberatungkönnte aber aus Sicht des DIW zu innovations-freundlichen Rahmenbedingungen beitragen.

Mut macht ein zweites Sonderthema: Zum ers-ten Mal haben die Ökonomen des DIW unter-sucht, wie effizient in den Industriestaaten undeinigen wichtigen Schwellenländern geforschtwird. Deutschlands FuE-Abteilungen erwiesensich dabei als bestens aufgestellt. Abgesehenvon Schweden konnte kein Land mit seinenBudgets so viele wirtschaftlich verwertbare Er-gebnisse erarbeiten wie Deutschland. Gerade inZeiten knapper Budgets ist das ein großer Vor-teil im Innovationswettlauf. Allerdings lernenSchwellenländer wie China rasant dazu, sodass sie ihre Forschungseffizienz zuletzt deut-lich steigern konnten.

Enorme Fortschritte hat China auch bei der Herstellung von klimafreundlichen Energietech-nologien gemacht. Innerhalb weniger Jahre istdas asiatische Industrieland etwa zum Welt-marktführer für die Produktion von Solarzellenaufgestiegen. Die Entwicklung dient dem DIWals Beispiel, um in einem dritten Sonderthemazu verdeutlichen, dass Deutschland zwar in vielen innovativen Branchen sehr gut positio-niert ist, der Konkurrenzdruck auf den Welt-märkten aber ständig zunimmt.

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terhin, dass Deutschland beim Frauenanteil beiden MINT-Absolventen im letzten Jahr einenSprung um sechs Plätze – von 13 auf 7 – gemacht hat.

Welche Handlungsempfehlungen geben Sieder Bundesregierung mit auf den Weg?Zunächst einmal muss es eine staatliche Inno-vationspolitik geben, die über die kurzfristigenKonjunkturpakete hinausreicht und somit lang-fristig die Erholung aus der derzeitigen Krisegarantieren kann. An oberster Stelle der Agen-da muss die Erhöhung der Ausgaben für For-schung und Bildung stehen. Das hat man übri-gens auch in Brüssel erkannt: So hat der alteund neue EU-Kommissionspräsident Barroso er-hebliche Anstrengungen in Richtung einer Eu-ropäischen Forschungsinitiative angekündigt.Zentral werden hier die Zentren des EuropeanInstitute of Technology sein, welche sich derzeitin Vorbereitung befinden. Einen Überblick, washierzulande im Einzelnen zu tun ist, um die Innovationskraft der Bundesrepublik weiter zustärken, bieten die Handlungsfelder, die wir inder vorliegenden Publikation definiert haben.

Interview mit Prof. Dr. Christian von Hirschhau-sen, Leiter der Studie InnovationsindikatorDeutschland 2009.

Was sind die wesentlichen Ergebnisse des Innovationsindikators Deutschland 2009? Das deutsche Innovationssystem kommt insge-samt relativ gut aus der Krise. Dennoch liegtDeutschland mit Rang 9 von 17 Ländern nachwie vor im Mittelfeld. Die USA machen es unsvor, sie konnten im Vergleich zum Vorjahr einenRang gutmachen und führen nun das Rankingan. So belegen die USA Spitzenplätze sowohlbei den Bildungsausgaben gemessen am BIPals auch bei den Ausgaben pro Student undSchüler. Positiv in Szene gesetzt hat sich auchdie Schweiz. Sie hat sich von Platz vier im Vor-jahr auf Platz zwei vorgearbeitet.

Gibt es auch positive Nachrichten aus deut-scher Sicht?Dank seines forschungsintensiven Produktport-folios sowie der hohen Effizienz bei der Umset-zung von Forschungsausgaben ist das deut-sche Innovationssystem glimpflich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen und sichert der deutschen Industrie nunmehr eine

gute Ausgangsposition im internationalen Wett-bewerb für die Zeit nach der Krise. Mit seinerBreite und hohen technologischen Wissensin-tensität bietet das deutsche Portfolio von Pro-dukten und Leistungen bei wieder anspringen-dem Wachstum gute Absatzchancen. Erstmaligwurde dieses Jahr im Innovationsindikator dieForschungseffizienz im internationalen Ver-gleich gemessen. Deutschland belegt hier eineSpitzenposition. Positiv hervorzuheben ist wei-

„Das deutsche Innovationssystem kommt gut aus der Krise.“

Prof. Dr. Christian von Hirschhausen.

Spanien

Italien

Irland

Großbritannien

Kanada

Korea

Frankreich

Belgien

Niederlande

Österreich

Deutschland

Dänemark

Finnland

USA

Schweden

Japan

Schweiz 1

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3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,24

6,18

5,86

5,75

5,11

4,26

4,17

3,99

3,82

3,78

3,75

3,62

3,46

1,10

1,00

5,47

Gesamtbewertung der Innovationsfähigkeit der Unternehmen.

Quellen: Originaldaten WEF; OECD, EUKLEMS, GEM; Berechnungen des DIW Berlin.

Foto: Ein Pluspunkt der deut-

schen Wirtschaft ist die enge

Zusammenarbeit mit der Wis-

senschaft. Das Dresdner Zen-

trum für organische Materia-

lien Comedd entwickelt zum

Beispiel neuartige organische

Leuchtdioden, die später von

Unternehmen vertrieben wer-

den sollen.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 17

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

† Wie erfolgreich sind Unternehmen auf demWeltmarkt mit innovativen Produkten undDienstleistungen?

† Wie eng sind die Unternehmen mit Zulieferernund Forschungseinrichtungen vernetzt?

† Wie viel Geld investiert die Wirtschaft in Forschung und Entwicklung und wie schlägtsich das in den Patentanmeldungen nieder?

† Wie sieht es mit der Weiterbildung der Mit -arbeiter aus?

Weltmarkterfolge: DeutscheHochtechnologie gefragt.

Die Krise verändert die Weltwirtschaft: In denUSA ist der Boom auf Pump vorbei – die einsti-

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Herausforderungen für die Unternehmen verschärft:Angesichts der internationalen Nachfrageschwäche wächst rund um den Globus der Wettbe-werbsdruck. Gleichzeitig drängen Firmen aus Schwellenländern auf den Markt, die immer bes-ser moderne Produkte herstellen können. Die Unternehmen in den Industrieländern müssen daher noch stärker auf innovative, selbst entwickelte Waren und Dienstleistungen setzen. Diedeutsche Wirtschaft ist für diese Herausforderung gut gerüstet. Gerade die Hersteller von Hoch-technologie haben dank ihrer intensiven FuE-Arbeit einen hervorragenden Ruf auf den Welt-märkten. Dabei profitieren sie auch von sehr guten Zulieferer- und Forschungsnetzwerken inDeutschland.

Die deutschen Unternehmen stehen im Innovati-onsindikator 2009 unter 17 Industriestaaten aufPlatz 7. Damit sind die Unternehmen in punctoInnovationsfähigkeit wesentlich besser aufge-stellt als Staat und Gesellschaft, die beide im in-ternationalen Vergleich in der unteren Tabellen-hälfte landen. Allerdings hat die deutsche Wirt-schaft gegenüber dem Vorjahr einen Rang ein-gebüßt und musste Dänemark vorbeiziehen las-sen. Auch der Punktwert ist von 5,81 auf 5,11gesunken. Dadurch hat sich der Abstand zuden drei führenden Ländern, der Schweiz, Ja-pan und Schweden, etwas vergrößert.

Um zu analysieren, wie innovativ die Unterneh-men in den 17 führenden Industrienationensind, hat das DIW vier Bereiche untersucht:

Mit Ideen aus der Krise.Die Unternehmen.

Auf einen Blick.

† Die Unternehmen bleiben die tragende Säuledes Innovationsstandorts Deutschland. Imdiesjährigen Ranking erreichen sie unter den17 verglichenen Industriestaaten Rang 7.

† Kaum ein Land kann innovative Produkte sogut entwickeln und auf den Weltmärkten ver-kaufen wie Deutschland. Vor allem Branchenwie der Maschinenbau, die chemische Indus-trie und die Autoherstellung sind StärkenDeutschlands. Im Bereich der wissensintensi-ven Dienstleistungen und der Spitzentechno-logie kommt Deutschland dagegen nicht überMittelmaß hinaus.

† Unternehmen, Zulieferer und Wissenschafts-institute arbeiten in Deutschland sehr intensivzusammen. Die deutschen Manager loben dieausgezeichnete Kooperation mit ihren Part-nern in Wirtschaft und Wissenschaft.

† Die deutsche Wirtschaft steckt voller Ideen.Weltweit melden nur zwei Länder – gemessenan der Bevölkerungsgröße – mehr Patente anals die Bundesrepublik. In ihre Entwicklungs-arbeit investieren die Unternehmen jedochvergleichsweise wenig Geld.

ge Lokomotive der Weltwirtschaft hat spürbaran Tempo verloren. Auf der Suche nach neuenAbsatzchancen wenden sich viele Unterneh-men aufstrebenden Schwellenländern zu. Chi-na, Brasilien, Indien und Russland beispielswei-se gewinnen für die Exportgeschäfte der Indus-triestaaten an Bedeutung. Unternehmen welt-weit stehen damit vor großen Herausforderun-gen: In Europa und den USA müssen sie ihreetablierten Geschäftsverbindungen in einemschwierigeren Umfeld aufrechterhalten. Gleich-zeitig gilt es für sie, in aufstrebenden Ländernneue Kunden hinzuzugewinnen. Als Sieger wer-den aus diesem verschärften Wettbewerb Unter-nehmen hervorgehen, die sich mit hochmoder-nen, selbst entwickelten Produkten von derKonkurrenz abheben.

Gerade hier liegt in der aktuellen Krise eine gro-ße Chance, denn die deutsche Wirtschaft zähltzu den innovativsten der Welt. Wie der Innovati-onsindikator belegt, haben derzeit nur die Un-ternehmen aus der Schweiz und Irland mehr Er-folg damit, moderne Produkte zu entwickelnund auf den Märkten rund um den Globus zuplatzieren. Damit ist es der deutschen Wirt-schaft gelungen, ihren sehr guten dritten Platzaus dem Vorjahr zu halten. Für das Ranking ha-ben die DIW-Wissenschaftler die Wertschöp-

fung, den Anteil der Erwerbstätigen in for-schungsintensiven Branchen an der Bevölke-rung sowie die Exporterfolge jeweils in drei Be-reichen analysiert: der Hochtechnologie, denwissensintensiven Dienstleistungen und in derSpitzentechnologie.

In Deutschland haben vor allem die Herstellervon Hochtechnologie beste Voraussetzungen,um sich mit innovativen Produkten in einemschwierigen Umfeld durchzusetzen. Branchenwie die Automobilindustrie, die chemische In-dustrie und der Maschinenbau investieren seitJahren enorme Summen in die Entwicklungneuer Technologien. Allein die Fahrzeugbauerhaben nach Angaben des Stifterverbandes fürdie deutsche Wissenschaft im Jahr 2007 knapp21 Milliarden Euro für Forschung und Entwick-lung ausgegeben – das waren rund 40 Prozentder FuE-Investitionen der gesamten deutschenWirtschaft.

Das Engagement zahlt sich aus, wie die Berech-nungen für den Innovationsindikator belegen.Danach ist die deutsche Wirtschaft bei der Ent-wicklung und dem Verkauf von Hochtechnolo-gie weltweit führend. Die Spitzenstellung spie-gelt sich beispielsweise darin wider, dass dieHersteller von Hochtechnologie einen relativgroßen Teil der deutschen Wertschöpfung erar-beiten und im internationalen Vergleich sehrviele Arbeitsplätze in Deutschland stellen. Ent-sprechend selbstbewusst zeigen sich die hiesi-gen Unternehmenslenker. In einer Umfrage fürdas World Economic Forum sollten sie dieHochtechnologiebranchen in Deutschland be-werten. Besonders überzeugt zeigten sie sichvon deren internationaler Wettbewerbsfähigkeit.Lediglich die Manager aus der Schweiz und ausDänemark gaben ihrem Hochtechnologiesektorin dieser Disziplin genauso gute Noten. Viel Lobkam auch für die Herstellung: Nach Ansicht derdeutschen Führungskräfte gibt es kein Land,das bei der Produktion von Hochtechnologiebessere und effizientere Technologien einsetztals Deutschland.

Im Innovationsranking an Boden verloren hatDeutschland dagegen bei den wissensintensi-ven Dienstleistungen – also in Branchen wiedem Finanz- und Kreditgewerbe, der Telekom-munikation und der Datenverarbeitung. NachPlatz 5 im vergangenen Jahr steht Deutschlandin diesem Jahr nur noch auf Rang 9, weit ent-

18 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Spanien

Italien

Kanada

Belgien

Österreich

Frankreich

Niederlande

Großbritannien

Dänemark

Finnland

Japan

USA

Korea

Schweden

Deutschland

Irland

Schweiz 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,12

5,11

4,96

4,73

4,36

4,18

3,94

3,57

3,48

3,45

3,42

3,01

2,21

1,86

1,00

4,65

Unternehmenserfolge mit innovativen Produkten und Dienstleistungen.

Quellen: Originaldaten WEF, Eurostat, USPTO, GEM, EUKLEMS, STAN, GGDC; Berechnungen des DIW Berlin.

fernt von den Spitzenreitern USA, Großbritan-nien und der Schweiz. Sowohl bei der Wert-schöpfung als auch bei der Beschäftigung undden Exporterfolgen der wissensintensivenDienstleister liegt Deutschland im internationa-len Vergleich lediglich im Mittelfeld.

Eine etwas bessere Bewertung erhalten diedeutschen Hersteller von Spitzentechnologie.Aber auch sie können mit Rang 8 nicht im Kon-zert der weltweit führenden Nationen mitspie-len. Spitzentechnologie wird beispielsweise vonUnternehmen der Pharmazeutik, der Medizin-technik und der Optik gefertigt. Sie alle habengemeinsam, dass sie in Relation zu ihrem Um-satz überdurchschnittlich viel in Forschung undEntwicklung investieren. In einigen dieser Bran-chen gehören deutsche Unternehmen zwar zuden Weltmarktführern, beispielsweise in derMedizin- und Lasertechnik. Auf vielen anderenwichtigen Gebieten, wie der Computer-Hard-ware, der Pharmazeutik und der Biotechnologiehat Deutschland dagegen den Anschluss an dieführenden Nationen bislang nicht geschafft. DieGründe dafür sind vielfältig. Im Bereich der Info-mations- und Telekommunikationstechnologie(IuK) zeigt der Innovationsindikator, dass die In-frastruktur im internationalen Vergleich der Zeithinterherhinkt und die Bundesbürger im Um-gang mit neuen Technologien weniger routiniertsind als die Nutzer in anderen Ländern. AlsStandort für IuK-Anbieter, die sich gerne in derNähe von technikbegeisterten Kunden ansie-deln, ist Deutschland daher weniger attraktiv alsbeispielsweise die Schweiz oder die USA, woneue Technologien schneller aufgenommenwerden. In anderen Branchen wie etwa der Bio-technologie sind es dagegen vor allem Regulie-rungen, die Innovationen „Made in Germany“erschweren.

Deutschland setzt auf Kooperation.

In innovativen Produkten steckt mittlerweile ei-ne Unmenge an Technik, Software, Dienstleis-tungen und maßgeschneiderten Hightech-Mate-rialien. Die wenigsten Unternehmen verfügenauf all diesen Gebieten gleichermaßen überumfassendes Know-how. Daher sind sie aufPartner angewiesen – auf IT-Firmen, hoch spe-zialisierte Zulieferer und Experten aus den Uni-versitäten und Wissenschaftseinrichtungen. Je

besser diese Zusammenarbeit klappt, umsoschneller, kostengünstiger und erfolgreicherkönnen Unternehmen neue Produkte entwi-ckeln und produzieren.

Deutschland bietet in dieser Hinsicht hervorra-gende Voraussetzungen. Im Teilindikator „Ver-netzung“ erreicht die Bundesrepublik wie imVorjahr Rang 3 – hinter der Schweiz und Japan.Für das Ranking hat das DIW unter anderemdie Managerbefragung des World Economic Forums herangezogen, die einen aktuellen Ein-blick in die betriebliche Praxis gibt. LobendeWorte fanden Führungskräfte in Deutschlandbeispielsweise für die hiesigen Hochschulen.Man arbeite intensiv zusammen und die Quali-tät der Forschungseinrichtungen könne sich se-hen lassen. In beiden Kategorien liegt Deutsch-land im oberen Drittel des Indikatorrankings.

Sehr zufrieden sind die deutschen Unterneh-menslenker auch mit den leistungsstarken Zu-lieferern hierzulande. In vielen Regionen gebees zahlreiche Möglichkeiten, von Zulieferernerstklassige Produkte und Dienstleistungen hin-zuzukaufen – beispielsweise aus den BereichenMaschinenbau, Chemie oder Logistik. Nur inder Schweiz beurteilten die Manager ihre loka-len Zulieferer noch besser als in Deutschland.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

19BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

In innovativen Produk-ten steckt mittlerweileeine Unmenge an Technik, Software undmaßgeschneidertenHightech-Materialien.

Spanien

Italien

Großbritannien

Korea

Frankreich

Irland

Kanada

Niederlande

Finnland

Dänemark

Österreich

Schweden

Belgien

USA

Deutschland

Japan

Schweiz 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,21

6,08

5,98

5,32

4,99

4,90

4,77

4,68

4,24

3,97

3,53

3,50

3,26

1,17

1,00

5,14

Intensität der Vernetzung bei Innovationsprojekten.

Quellen: Originaldaten WEF, EUKLEMS; Berechnungen des DIW Berlin.

Weniger positiv fällt hierzulande die Beurteilungdes Kundenservices anderer Unternehmen aus.So wurden die Führungskräfte beispielsweisegefragt, ob sie als Kunden von Firmen promptund zuverlässig bedient würden. Schon im ver-gangenen Jahr waren hier kritische Töne zu hö-ren, sodass es Deutschland lediglich auf Rang6 schaffte. In diesem Jahr reicht es sogar nur zuPlatz 9. Die beste Serviceorientierung habendie Unternehmen nach Einschätzung der Mana-ger in Japan, Österreich und der Schweiz.

Neben der allgemeinen Zusammenarbeit derUnternehmen mit Partnern aus Wirtschaft undWissenschaft hat das DIW untersucht, wie ver-breitet sogenannte Cluster sind. Diese Netzwer-ke zeichnen sich dadurch aus, dass Firmen mitZulieferern und Hochschuleinrichtungen ausder Region eng kooperieren. Weil alle Beteilig-ten nur eine kurze Autofahrt voneinander ent-fernt arbeiten, können die Partner einen besse-ren Draht zueinander entwickeln, was den aufKooperation angelegten Innovationsprozess ver-

bessert. Die Zusammenarbeit in Clustern giltdaher aus Sicht von Fachleuten als zunehmendwichtiger Erfolgsfaktor. Allerdings zeigen Umfra-gen, dass Deutschland in diesem Bereich insHintertreffen gerät. So sollten Manager für dasWorld Economic Forum einschätzen, wie ver-breitet Cluster sind. Hatten die Manager im ver-gangenen Jahr Deutschland auf Rang 4 plat-ziert, ist es diesmal nur noch Platz 7.

Wie die Chancen stehen, dass künftig neue re-gionale Kooperationen in Gang kommen, hatdas DIW anhand des sogenannten Clusterpo-tenzials berechnet. Dazu wurden zunächstBranchen identifiziert, die im internationalenVergleich einen überdurchschnittlich großenTeil der Erwerbstätigen beschäftigen – auf diesich ein Land also offenbar spezialisiert hat. Un-tersuchungen zeigen, dass sich Unternehmensolcher Branchen oft in bestimmten Regionenkonzentrieren. Diese Gegenden bieten dahergute Voraussetzungen, um Cluster zu gründen.Für das DIW steht deshalb fest: Je mehr spezia-lisierte Branchen ein Land im Bereich der for-schungsintensiven Industrien hat, desto größerist das Clusterpotenzial. Deutschland hat nachBerechnungen der Berliner Ökonomen fünfspezialisierte Branchen: die chemische Indus-trie, den Maschinenbau, die Automobilindustrie,die Hersteller von Geräten für die Elektrizitätser-zeugung sowie die Optik- und Medizinbranche.Im Ranking der 17 führenden Industriestaatenrückt die Bundesrepublik damit um drei Plätzeauf Rang 7 vor. Die besten Voraussetzungen fürneue Hightech-Cluster haben Irland und dieSchweiz.

Beide Länder sind auch in einer weiteren Ko-operationsdisziplin weltweit führend: bei der„Globalen Forschungs- und Entwicklungsvernet-zung“. Dieser Teilindikator gibt Aufschluss darü-ber, wie intensiv Forscher und Entwickler überLändergrenzen hinweg zusammenarbeiten. Be-rücksichtigt wurde hier unter anderem die Zahlder Patente, die Wissenschaftler eines Landeszusammen mit Kollegen in anderen Kontinentenerforscht haben. Bei Rankingsieger Irland bei-spielsweise entstehen 20 Prozent aller Patentein solchen internationalen Kooperationen. InDeutschland sind es hingegen nur 4,7 Prozent.Weil der Anteil gegenüber dem Vorjahr sogarleicht gesunken ist, büßt Deutschland insge-samt im Teilindikator „Globale FuE-Vernetzung“zwei Plätze ein und liegt jetzt auf Rang 8.

20 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Entwicklung eines neuen Fahrzeugs bei Daimler: Die Forschungsetats der Automobilindustrie zählen nach wie vor zu den höchsten in

Deutschland.

„Unternehmenskultur muss wachsen.“

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

21BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Interview mit Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung derRobert Bosch GmbH, Stuttgart.

Herr Fehrenbach, was bedeutet für Sie im Speziellen und die RobertBosch GmbH im Allgemeinen „Nachhaltigkeit unter nehmerischer Inno-vationspolitik“?Nachhaltigkeit, verstanden als langfristige Orientierung, ist nach den Er-fahrungen von Bosch in Forschung und Entwicklung un abding bar. Vieleunserer Pionierleistungen, vom Antiblockier system bis zur Hochdruck- Dieseleinspritzung, sind geradezu aus Hin dernisläu fen hervorgegangen.Auch auf dem Weg zum Elektro auto wer den wir noch viel Stehvermögenbrauchen. Klare Prio ritäten geben den nötigen Rückhalt. Bosch wendetrund 45 Prozent seines Forschungs- und Entwicklungsetats für Umwelt-und Res sour censcho nung auf. Solch einen Schwer punkt auch in schwie ri -ger Zeit durchzuhalten – das macht Nachhaltigkeit in der In nova -tionsstrategie aus.

Könnten Sie sich vorstellen, Gedanken aufzunehmen, die nicht unbe-dingt zum klassischen Repertoire von Unternehmensstrategie gehö -ren?Dazu möchte ich auf den Gegenbegriff zur Innovation verwei sen: die Tra-dition. Es ist derzeit viel von Unter neh menskultur die Rede – aber solcheine Kultur lässt sich nicht einfach her stellen, wenn man sie braucht. Siemuss, das ist auch bei Bosch so, in der Geschichte gewachsen sein. Je-doch wäre es fatal, wollten wir bloß eine goldene Vergangenheit be -schwören. Wir müssen immer auch kritisch fragen, wie das Be währtekommen den Bewährungsproben standhält. Nur so kann Bosch ein tradi -tionsreiches und zugleich innovatives Unterneh men sein.

Wirtschafts- und Finanzkrise haben mit dazu beigetragen, dass dasUnternehmerimage Schaden genommen hat. Wie kann – nicht zuletztauch im Sinne des Faktors „Vertrauen“ – der von der Öffentlichkeitwahrgenommene Schaden wieder repariert werden?Vertrauen ist schnell verloren, aber nur langsam wiederzuge winnen. DieseEinsicht steckt hinter einer 90 Jahre alten, aber gerade in diesen Krisen-

zeiten immer wieder zitierten Weis heit von Robert Bosch: „Lieber Geldverlieren als Vertrauen.“ Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Taten spre-chen zu lassen. So hat sich gerade die deutsche Industrie den Klima-schutz auf die Fahnen geschrieben. Jetzt darf sie die akuten ökonomi-schen Probleme nicht gegen das ökologische Ziel ausspielen. Geradeumgekehrt muss sie den Klimaschutz ernsthafter denn je verfol gen. Dasist die Konsequenz, die Vertrauen schafft.

Welche Rolle könnte Bosch dabei spielen?Wir können den Klimaschutz technisch forcieren – in bestehen den eben-so wie in neuen Geschäftsfeldern. Das heißt zum Bei spiel: nicht nur lang-fristig auf den Elektroantrieb hinzuarbeiten, sondern hier und jetzt auchden Verbrauch von Diesel- und Ben zinmotoren nochmals um 25 bis 30Prozent zu senken. Breiter denn je sind wir auch im Geschäft mit rege -nerativen Ener gien aufgestellt – seit einem Jahr auch in der Fotovoltaik.Dieses Engage ment haben wir so deutlich ausgebaut, dass in Kom men -taren schon vom „grünen Bosch“ zu lesen war. Wir haben da offenbar Vertrauen gewonnen – weit über modisches „greenwashing“ hinaus.

Innovation schlägt sich auch in den angemeldeten Patenten nieder.Wie schützt in Zeiten der Globalisierung die traditionell auslandsorien-tierte Robert Bosch GmbH ihr Know-how? Auch unsere Patentpolitik haben wir globalisiert. Jährlich mel den wir mehrals 3.800 Schutzrechte an – das sind 15 pro Ar beitstag. Dabei decken wirdie für uns wesentlichen Länder mit pa rallelen Patenten ab. Derzeit verfü-gen wir über rund 80.000 an gemeldete oder erteilte Schutzrechte welt-weit, davon 50.000 au ßerhalb Deutschlands. Jedoch sichern wir uns nichtnur pa tentrechtlich ab. Wir setzen auf einen weiteren, nur scheinbar wei-che ren Know-how-Schutz: die Verlässlichkeit un serer Ge schäfts partnerund Mitarbeiter. Auch dafür sind in aller Welt langfristige Bin dungen ganzwichtig.

„Nachhaltigkeit, verstanden als langfristige Orientierung, ist in Forschung und Entwicklung unabdingbar.“

Franz Fehrenbach.

22 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Forschung: Kleine Budgets, große Ideen.

Das Forschungsengagement der deutschen Un-ternehmen bleibt weiterhin hoch. Wie im Vorjahrkommt die Bundesrepublik im Teilindikator„Forschung und Entwicklung“ auf Rang 6. Ander Spitze des Rankings liegen Japan, Schwe-den und die Schweiz.

Das gute Abschneiden ergibt sich zunächst ausden Aussagen deutscher Manager in der Umfra-ge des World Economic Forums. In keinem an-deren Land sagten so viele Führungskräfte,dass die Unternehmen neue Technologien sel-ber entwickeln würden, statt Lizenzen zu kau-fen. Dass die Entwicklungsarbeit Erfolg hat, zei-gen die Statistiken der Patentämter: Im Jahr2007 haben deutsche Unternehmen pro eineMillion Einwohner 293 Erfindungen beim Euro-

Deutschland bietet in dieser Hinsicht nur mittel-mäßige Voraussetzungen, wie Rang 8 im Teilin-dikator „Infrastruktur“ belegt.

Die Platzierung im Mittelfeld verdeckt jedoch,dass die Bundesrepublik durchaus einiges zubieten hat. Deutschlands Flugverbindungen bei-spielsweise sind aus Sicht von Managern diebesten weltweit. Das geht aus einer Umfrageunter Führungskräften für das World EconomicForum hervor. Auch der Infrastruktur allgemeinund dem Schienenverkehr gaben die Unterneh-menslenker gute Noten. Die Zuverlässigkeit derStromversorgung dagegen müsse verbessertwerden. Hier reicht es für die Bundesrepubliknur zu Rang 7. Den Platz teilt sich Deutschlandzudem mit Österreich, Belgien, Schweden, denNiederlanden und Japan.

International kaum wettbewerbsfähig ist dage-gen die deutsche Infrastruktur im Bereich derInformations- und Kommunikationstechnologie.Für diesen Teilindikator hat das DIW zwei inter-national renommierte Studien herangezogen:den E-Readiness Indicator des britischen Wirt-schaftsmagazins „The Economist“ und den Net-worked Readiness Indicator des World Econo-mic Forums. Beide Indikatoren erfassen dietechnische Ausstattung eines Landes sowie dieFähigkeit und Bereitschaft der Bürger, dieseTechnologien zu nutzen. Deutschland steht inbeiden Studien unter den 17 für den Innovati-onsindikator analysierten Staaten nur im Mittel-feld. Die Bundesrepublik muss sich daher imTeilindikator „IuK-Infrastruktur“ wie im vergange-nen Jahr mit Rang 11 zufriedengeben.

Gespannt blickt die internationale Forscherge-meinde auf Genf. In der Schweizer Stadt stehtder größte Teilchenbeschleuniger der Welt: 27Kilometer lang, rund 3 Milliarden Euro teuerund seit 20 Jahren in der Planung. Beim erstenStart im Jahr 2008 gab es Probleme. Im Herbstdieses Jahres soll es nun wieder losgehen.Klappt alles wie geplant, dann könnte die unter-irdische Anlage bahnbrechende Einblicke in dieZusammensetzung der Materie eröffnen. Umdie Experimente auszuwerten, müssen Forscherjedoch eine gigantische Informationsflut bewäl-tigen. Jedes Jahr produziert der Teilchenbe-schleuniger vermutlich Datenmengen von rund

16 Petabyte. Ein Rechenzentrum allein könntedas nicht bewältigen. Für die Experimente wer-den daher Rechenzentren rund um den Globusvernetzt. Ein Knotenpunkt ist das Karlsruher In-stitut für Technologie. Weitere Zentralen stehenin den USA und in Taiwan.

Das Mammutprojekt ist nur ein Beispiel dafür,wie Forscher zunehmend über Ländergrenzenhinweg zusammenarbeiten. Damit solche Ko-operationen funktionieren, brauchen sie einehervorragende Infrastruktur – angefangen beischnellen Internetverbindungen bis hin zu gu-ten Anreisemöglichkeiten für alle Beteiligten.

Infrastruktur: Lebensadern der Innovationsprojekte.

Italien

Spanien

Irland

Belgien

Japan

Korea

Großbritannien

Frankreich

Kanada

Deutschland

Österreich

Finnland

Niederlande

USA

Schweden

Schweiz

Dänemark 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,87

6,71

6,63

6,19

5,98

5,96

5,76

5,37

5,35

5,25

4,92

4,83

3,13

2,48

1,00

6,18

Qualität der Infrastruktur im internationalen Vergleich.

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

2008 ging der Deutsche Zukunftspreis ins forschungsstarke Baden-Württemberg: Dr.-Ing. Frank Melzer, Dr.-Ing. Jiri Marek und Dr.-Ing.

Michael Offenberg (v. li.) von Robert Bosch und Bosch Sensortec entwickelten besonders smarte Sensoren für die Konsumelektronik.

päischen Patentamt angemeldet. Nur dieSchweiz mit 425 Anmeldungen und Schwedenmit 321 Patenten hatten gemessen an der Be-völkerungsgröße mehr Ideen.

Die Entwicklungsarbeit leistet in Deutschland allerdings eine vergleichsweise kleine Gruppevon Wissenschaftlern. Auf 1.000 Vollzeitbe-schäftigte kommen hierzulande gerade sechsForscher. Damit liegt Deutschland nur auf Rang11 und hat sich gegenüber dem Vorjahr sogarum zwei Plätze verschlechtert. Bedenklich istauch, dass die Ausgaben der Unternehmen fürForschung und Entwicklung seit Jahren beirund 1,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktesstagnieren. In den 17 untersuchten Industrie-ländern investieren die Unternehmen in sechsStaaten mehr in die Entwicklung neuer Produk-te und Verfahren als die hiesige Wirtschaft. Warum der Ideenoutput trotz relativ geringerFuE-Ausgaben überdurchschnittlich hoch ist,wird auf den Seiten 70 bis 77 detaillierter beschrieben.

Weiterbildung: Mehr Engagement nötig.

Innovationen sind nicht nur die Sache von Ent-wicklern. Um Produkte auf den Markt zu brin-gen oder neue Herstellungsverfahren anzuwen-den, müssen auch die Mitarbeiter in der Pro-duktion, im Vertrieb und im Marketing geschultwerden. Die deutschen Unternehmen investie-ren jedoch nur sehr zurückhaltend in das Know-how ihrer Mitarbeiter. So schafft es Deutschland

im Unterindikator „Weiterbildung“ lediglich aufRang 13. Wie das enttäuschende Abschneidenzustande kommt, wird auf Seite 56 ausführli-cher analysiert.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

23BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

sehr viele Forscher und naturwissenschaftlich-technische Fachkräfte. Die stecken offenbar vol-ler Ideen, denn mit Blick auf die Forschungser-gebnisse rangiert Baden-Württemberg ebenfallsauf Platz 1. Das belegt der internationale Ver-gleich der Patentanmeldungen und der wissen-schaftlichen Artikel im Verhältnis zur Bevölke-rungsgröße. Bayern liegt in dieser Kategorie un-ter den 20 Rankingteilnehmer auf Rang 2 undNRW auf Platz 10. Sachsen schafft es lediglichauf Platz 17, obwohl sich der Freistaat beimFuE-Input mit Rang 11 recht engagiert zeigt.

„Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Baden-Württemberg wird seinem Werbeslogan auchim Bereich FuE gerecht. Würde das Bundeslandals eigenständiger Staat an dem Innovations-ranking des DIW teilnehmen, stände es inpuncto Forschungsengagement auf dem erstenPlatz. Das ergibt eine Sonderauswertung, diedas DIW nach 2007 in diesem Jahr zum zweitenMal vorgenommen hat. Neben Baden-Württem-berg haben die Berliner Forscher drei weitereBundesländer unter die Lupe genommen: Bay-ern rangiert in dem 16 Länder und vier deut-

sche Bundesländer umfassenden Ranking aufPlatz 4 hinter Finnland und Schweden. Sachsenverschlechtert sich gegenüber 2007 um einenRang auf Platz 10 und Nordrhein-Westfalensackt um drei Plätze auf Rang 13 ab.

Seine Spitzenstellung verdankt Baden-Württem-berg vor allem seinen hohen FuE-Ausgaben, diemit 3,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktesweltweit ihresgleichen suchen: Gemessen ander Bevölkerungs- und Beschäftigtenzahl ver-fügt das süddeutsche Bundesland zudem über

Forschung in den Bundesländern.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200924

Michael Dick.

„Die Vernetzung von Industrie und Wissenschaft ist ein elementarer Bestandteil der Standort- und Nach-wuchssicherung für unser Land.“

Von welchen Erfahrungen können Sie berichten, haben sich mit derbisherigen Partnerschaft Ihre Erwartungen erfüllt?Kurz nach der Gründung des Instituts für Angewandte Forschung (IAF) imJahr 2004 waren zehn wissenschaftliche Mitarbeiter am IAF beschäftigt.Bis zum heutigen Tag hat sich ihre Zahl mehr als verdreifacht. Parallel da-zu fand auch eine deutliche Ausweitung des Forschungs- und Transfer -potenzials der Hochschule Ingolstadt statt. Durch die Bündelung der For-schungsaktivitäten der Hochschule in Kompetenzfeldern kann das For-schungspotenzial optimal erschlossen werden. Mit dem IAF und seinen35 hoch engagierten Wissenschaftlern aus unterschiedlichsten For-schungs- und Technologiefeldern konnte sich eine Einrichtung etablieren,die mittlerweile eine ideale Plattform dafür ist, um Ziele, wie sie von indus-triellen Partnern verfolgt werden, rasch und kompetent anzugehen.

Welchen Nutzen kann Ihrer Meinung nach die Hochschule aus dieserPartnerschaft ziehen?Die enge Zusammenarbeit mit Audi hilft auf sehr überzeugende Weise derHochschule bei ihrem Auftrag, sich moderner, innovativer und unterneh-merischer Forschung zu stellen. Außerdem profitiert die Hochschule indiesem Fall auch von etwas ganz Speziellem, denn ein Zugpferd wie Audiin einer attraktiven Region steigert natürlich auch die Attraktivität einerHochschule bei den Studenten.

Welche Empfehlungen lassen sich nach dieser relativ kurzen Zeit derKooperation bereits geben – und welche Ratschläge würden sie ande-ren Unternehmen erteilen? Man kann diese Frage eigentlich mit zwei einfachen Sätzen beantworten:Die Vernetzung von Industrie und Wissenschaft ist ein elementarer Be-standteil der Standort- und Nachwuchssicherung für unser Land. Deshalbmuss sie auf jeden Fall weiter ausgebaut werden.

Interview mit Michael Dick, Technik-Vorstand der Audi AG, Ingolstadt.

Eine stärkere Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft för-dert das Innovationsklima in einem Land. Wie das aussehen kann,zeigt die Kooperation zwischen der Audi AG und der Hochschule Ingol-stadt. Was geschieht dabei konkret? Mit der Hochschule Ingolstadt besitzen wir einen Partner, mit dem wir ge-meinsam nachhaltig Kompetenz in Engpassqualifikationen aufbauen kön-nen. So startete im Februar 2009 mit Unterstützung der Audi AG das Kom-petenzfeld „Produktions- und Automatisierungstechnik“. Projekte aus The-menbereichen wie beispielsweise „Mobile Robotik“, „Karosseriebau“, „Au-tomatisierungstechnik“, „Widerstandspunktschweißen“, „Lackmischver-fahren“ oder „Logistik“ werden hier gebündelt. Das bedeutet in diesemFall, dass durch das Kompetenzfeld „Produktions- und Automatisierungs-technik“ die Attraktivität des Ingenieurstudiums weiter gesteigert wird. Wirfördern auf diese Weise Ingenieurnachwuchs in Engpassqualifikationen.Gleichzeitig ist unser Engagement in Ingolstadt aber auch ein deutlichesBekenntnis zur Region, die wir damit als Wissenschaftsstandort stärkenwollen.

Warum ist denn ausgerechnet diese Partnerschaft für Audi so wichtig?Diese Partnerschaft dient dem Wissenstransfer zwischen der Hochschuleund der Audi AG. Ein Unternehmen, das in der Öffentlichkeit „Vorsprungdurch Technik“ für sich reklamiert, kann weder jetzt noch auf Dauer da-rauf verzichten, den wissenschaftlichen Puls der Zeit zu fühlen. Der Wis-senstransfer zwischen Industrie und Forschung wird beschleunigt unddient nicht zuletzt – wie bereits erwähnt – auch der Nachwuchsförderung.Es geht schließlich auch darum, eine langfristige, nachhaltige Sicherungvon Know-how zu ermöglichen. Die Hochschule für angewandte Wissen-schaften, FH Ingolstadt, ist eingeflochten in das Netz der Partneruniversi-täten und -hochschulen, das die Audi AG in den zurückliegenden Jahrengeknüpft hat.

„Gemeinsam nachhaltig Kompetenz aufbauen.“

Interview mit Prof. Dr. Gunter Schweiger, Präsident der Hochschule für angewandte Wissenschaften FH Ingolstadt.

Die Audi AG und die Hochschule Ingolstadt bauen ihre strategischePartnerschaft aus. Was bedeutet der Begriff „strategisch“?In diesem Zusammenhang bedeutet der Begriff „strategisch“ für mich, diebestehende, erfolgreiche Partnerschaft zwischen der Audi AG und derHochschule Ingolstadt langfristig auf grundsätzlichen Gebieten fortzufüh-ren und möglichst auszubauen. Die Partnerschaft hat sich in den vergan-genen Jahren für beide Seiten mehr als bewährt.

Warum glauben Sie, ist die Hochschule Ingolstadt für Audi von so großer Bedeutung?Dass am größten Produktionsstandort und Hauptsitz der Audi AG einehervorragend gerankte Hochschule ihren Sitz hat, die in den BereichenTechnik und Wirtschaft ausbildet, ist für ein Unternehmen mit einem lau-fenden Bedarf an hoch qualifizierten Mitarbeitern aus meiner Sicht vongroßem Vorteil. Unsere Studiengänge, beispielsweise Fahrzeugtechnik,Flug- und Fahrzeuginformatik oder Mechatronik, passen zu den Anforde-rungen von Audi. Mit unseren weiteren Schwerpunkten in der angewand-ten Forschung und der akademischen Weiterbildung sehe ich uns als opti-malen Partner für Audi.

Wie hat sich die bisherige Partnerschaft ausgewirkt und was lässt sich an ersten Erfahrungen dieser zweiten Stufe – Stichwort Ausbau –bereits berichten?Die bisherige Partnerschaft zwischen Audi und der Hochschule Ingolstadthat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich entwickelt, vom dualenStudium bis hin zur angewandten Forschung. Der jetzt in Angriff genom-mene Ausbau der Hochschule wird sich auch auf die Partnerschaft positivauswirken. Dazu werden unter anderem unsere neuen Studiengänge, dieauf die Bedürfnisse der Wirtschaft und damit auch auf Audi abgestimmtsind, beitragen. Ich bin davon überzeugt, dass wir – ganz aktuell – auchmit der Stiftungsprofessur Akustik von Audi ein weiteres, erfolgreiches Ka-pitel in der Zusammenarbeit aufschlagen werden. Es freut mich sehr, dass

die Audi AG in ihrem Jubiläumsjahr eine Stiftungsprofessur an der Hoch-schule einrichtet.

Welche Vorteile insgesamt zieht die Hochschule aus der Audi-Koope -ration?Die Vorteile sind vielfältig, dazu nur zwei Beispiele: Im Rahmen des dua-len Studiums erhalten wir durch die Kooperation mit Audi überdurch-schnittlich leistungsorientierte, hoch motivierte Studierende, die von Be-ginn an ein Standbein in Theorie und Praxis haben. Besseres kann einerHochschule mit praxisorientierter Lehre nicht passieren. Im Rahmen derangewandten Forschung gelingt es, durch den engen Kontakt mit Audiunseren Professoren, unseren wissenschaftlichen Mitarbeitern, aber auchunseren Studierenden einen intensiven Einblick in die aktuellen Entwick-lungen in der Automobilindustrie zu ermöglichen.

Welche Vorteile, glauben Sie, zieht Audi aus der Hochschulpartner-schaft?Vor allem die Flexibilität der Hochschule macht uns zu einem idealen Part-ner für Audi, aber auch für viele andere Unternehmen. Sei es im Rahmendes dualen Studiums oder der angewandten Forschung, die HochschuleIngolstadt ist bestrebt, auf die Bedürfnisse ihrer Partner einzugehen, ohnedabei die Erfordernisse eines breit angelegten Studiums mit exemplari-scher Vertiefung für unsere Studierenden zu vernachlässigen. Daneben istnatürlich auch die räumliche Nähe ein ganz entscheidender Vorteil, sei esim Rahmen von Studentenprojekten, Abschlussarbeiten oder Forschungs -vor haben.

Was können Sie auf der Basis bisher gemachter Erfahrungen anderenHochschulen raten?Obwohl die Situation an allen Hochschulen sehr unterschiedlich ist, kannich aus meiner Erfahrung nur zu einer engen Kooperation mit den orts -ansässigen regional wie global agierenden Unternehmen raten. Diese Kooperationen zahlen sich für beide Seiten aus.

„Durch die Zusammenarbeit erhaltenwir überdurchschnittlich leistungsori-entierte, hoch motivierte Studierende.“

Prof. Dr. Gunter Schweiger.

„Kooperation zahlt sich für beide Seiten aus.“

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 25

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Auf einen Blick.

† Die Politik in Deutschland stellt die Weichenwieder Richtung Zukunftsfähigkeit: Gegen-über dem Vorjahr konnte die Bundesrepublikzwei Ränge gutmachen. Der Reformbedarf istaber weiterhin hoch: Von den 17 analysiertenIndustriestaaten bieten noch immer zehn Län-der bessere staatliche Rahmenbedingungenfür Innovationsprojekte.

† Schwächen bleiben beispielsweise die büro-kratische und für die Unternehmen zeitauf-wändige Vergabe von Fördergeldern sowie diestarke Regulierung.

† Staaten wie Korea, USA und Schweden ziehenbei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen in-novative Produkte eher den billigeren Alterna-tiven vor als Deutschland. Studien legen nahe,dass dynamische Unternehmen diese Länderwegen deren Technikbegeisterung als attrakti-ve Standorte einschätzen.

Viel Arbeit nach der Wahl.Die Innovationspolitik.

Die staatlichen Rahmenbedingungen für Inno-vationen in Deutschland haben sich in diesemJahr nur leicht verbessert. Im Vergleich zum Vor-jahr konnte die Bundesrepublik 0,3 Punkte hin-zugewinnen und kommt aktuell auf 4,6 Zähler.Der Punktgewinn lässt Deutschland im Rankingzwar um zwei Plätze steigen, mit Rang 11 reichtes aber weiterhin nur zur unteren Tabellenhälf-te. Reformen bleiben daher unumgänglich – zu-mal der Indikator beweist, dass der internationa-le Wettkampf um die besten Rahmenbedingun-gen für Wissenschaftler und forschende Unter-nehmen hart geführt wird: Alle Staaten im Mit-telfeld liegen eng beisammen. Korea auf Rang13 und Frankreich auf Platz 7 trennt kaum mehrals ein Punkt. Bei der Standortwahl von Firmenoder Forschern können daher oft schon Detailseine Rolle spielen – etwa eine unbürokratische

In Krisenzeiten fällt es vielen Unternehmen schwer, Geld für Forschung und Entwicklung aufzu-bringen. Die Konjunkturpakete der großen Koalition waren daher indirekt auch gut für die heimi-sche Forschungslandschaft, weil sie die Wirtschaft gestützt haben. Auf längere Sicht brauchtder Innovationsstandort Deutschland aber vor allem bessere Rahmenbedingungen – angefan-gen bei der Forschungsförderung über innovationsfreundliche Regulierungen bis hin zur Bil-dungspolitik. Zuletzt hat Deutschland in diesen Bereichen kaum Fortschritte erzielt.

Vergabe von staatlichen Forschungsgeldernoder eine gute Hochschullandschaft, die fürqualifizierten Nachwuchs sorgt.

Bewertung der staatlichen Innovationspolitik.

Für das Ranking hat das DIW fünf Felder unter-sucht, auf denen der Staat die Innovationsfähig-keit eines Landes maßgeblich beeinflusst:† Forschungspolitik† Regulierung† Staatliche Nachfrage nach innovativen Pro-

dukten und Dienstleistungen† Bildungssystem† Infrastruktur

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

27BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Italien

Spanien

Japan

Irland

Korea

Belgien

Deutschland

Großbritannien

Österreich

Niederlande

Frankreich

Kanada

Finnland

Dänemark

Schweden

Schweiz

USA 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,89

6,76

6,28

6,27

5,18

5,13

5,11

4,96

4,60

4,57

4,14

3,15

3,05

2,25

1,00

5,46

Gesamtbewertung der Innovationspolitik.

Quellen: Originaldaten WEF, OECD, NSF, Transparency International, Universitäts-Rankings; Berechnungen des DIW Berlin.

Foto: Viele Automobilherstel-

ler wollen mit Elektroautos

hoch hinaus – und die Bun-

desregierung unterstützt das.

Schließlich soll Deutschland

zum Marktführer für elektro-

nisch betriebene Fahrzeuge

werden. 2020 sollen bereits

eine Million E-Autos über die

Straßen rollen. Als Starthilfe

für das innovative Mobilitäts-

konzept will der Staat 500

Millionen Euro bereitstellen.

Forschungspolitik: Komplizierte Förderung.

Mit seiner Forschungspolitik steht der deutscheStaat derzeit auf Rang 9. Das Ergebnis basiertauf der Analyse von drei Teilbereichen: derstaatlichen Forschungsförderung, der Koopera-tion von öffentlichen Wissenschaftsinstitutenmit der Privatwirtschaft sowie der staatlichenFörderung von Grundlagenforschung.

1. Öffentliche Forschungsförderung.Forschung braucht öffentliche Gelder. Für diestaatlichen Wissenschaftsinstitute gilt das ohne-hin. Aber auch viele Unternehmen sind auf För-derung aus Steuertöpfen angewiesen, da sie ih-re Entwicklungsarbeit nicht ausschließlich übereigene Mittel, Kredite und Risikokapital finanzie-ren können. Gerade in der aktuellen Wirt-schaftskrise ist der Kapitalbedarf gewachsen.Die große Koalition hatte darauf in der vergan-genen Legislaturperiode reagiert. Unter ande-

28 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

verbreitet. Das ergibt sich aus dem Korruptions-wahrnehmungsindex 2008 von Transparency In-ternational. Die Fachleute der nichtstaatlichenOrganisation fragen für ihren Index ortsansässi-ge und auswärtige Geschäftsleute, wie sehr Be-stechung bei der Vergabe von öffentlichen Auf-trägen an der Tagesordnung ist. Zudem stütztsich die Studie auf Einschätzungen von Länder-analysten und Experten vor Ort.

Deutschland hat in der Studie seinen Platz ausdem Vorjahr gehalten, weil „in Politik und Ver-waltung keine großen Korruptionsfälle zu ver-zeichnen waren“, urteilt Transparency Interna-tional. Zugleich haben die deutschen Unterneh-men ihr Engagement im Kampf gegen Korrupti-on rund um die Welt weiter forciert. „Es gibt ei-ne wachsende Zahl von öffentlichen Informati-ons- und Schulungsveranstaltungen, Unterneh-men tauschen sich untereinander und mit Ex-perten aus, Compliance-Abteilungen werdenauf- oder ausgebaut“, schreibt die Antikorrupti-onsorganisation. Vor allem bei kleinen und mitt-leren Unternehmen gebe es allerdings immernoch Handlungsbedarf. „Der Funken der Kor-ruptionsprävention muss stärker auf den Mittel-stand überspringen. Die Unternehmer solltenerkennen, dass die straf- und zivilrechtlichen Ri-siken für ihr Unternehmen bei Auslandsbeste-chung enorm gestiegen sind“, appelliert SylviaSchenk, Vorsitzende von Transparency Interna-tional Deutschland.

Der beste Beleg dafür, dass Wettbewerb dieSuche nach Innovationen antreibt, tuckerte vor20 Jahren erstmals über die westdeutschen Au-tobahnen: der Trabant. Mit dem Wartburg hatteer natürlich einen Konkurrenten, aber echterWettbewerb um Kunden herrschte zwischenden beiden nicht. Der Hersteller sah daher lan-ge Zeit keinen Zwang, das Modell wirklich zuverbessern. Im Jahr 1989 galt das Credo „FreieFahrt für freie Bürger“ dann plötzlich in ganzDeutschland – und der völlig veraltete Trabantkam ins Stottern. Zu Dutzenden standen dieTrabis defekt auf der Standspur, während dieWestkarossen vorbeifuhren. Um sich gegen dieharte Konkurrenz durchzusetzen, hatten dieHersteller im Westen nämlich seit Jahrzehntenin neue Technik und kostengünstigere Herstel-lungsverfahren investieren müssen.

Das historische Beispiel verdeutlicht einenGrundsatz der Marktwirtschaft: Je mehr die Un-ternehmen um Kunden kämpfen müssen, destointensiver forschen sie nach besseren Produk-ten und effizienteren Produktionsverfahren. InDeutschland läuft der Innovationsmotor „Wett-bewerb“ derzeit auf höheren Touren als im ver-gangenen Jahr, wie der entsprechende Teilindi-kator belegt. So klettert die Bundesrepublik imRanking von Platz 10 auf Rang 8.

Vor allem Manager bestätigen, dass Deutsch-land ein umkämpfter Markt ist. In keinem ande-ren Land herrsche in fast allen Branchen ein

derart intensiver Konkurrenzkampf wie hierzu-lande, sagten die Unternehmenslenker in einerBefragung für das World Economic Forum imJahr 2008. Auch würden nirgendwo sonst soviele Unternehmen in wichtigen Schlüsselindus-trien miteinander wetteifern wie in Deutschland.

Negativ zu Buche schlägt allerdings, dass etab-lierte Firmen kaum Druck von neu gegründetenUnternehmen spüren. Das geht aus dem GlobalEntrepreneurship Monitor hervor, der von Uni-versitäten weltweit gemeinsam erarbeitet wird.Die Wissenschaftler untersuchen unter ande-rem, wie viele Bürger eines Landes als Eigentü-mer ein Unternehmen gründen. In Deutschlandwaren das im Jahr 2008 rund 4,5 Prozent, einJahr zuvor hatten noch fast 5 Prozent ihr eige-nes Unternehmen an den Start gebracht. ZumVergleich: Beim Spitzenreiter USA waren es2008 über 10 Prozent. Deutschland fällt daherbeim Teilindikator „Gründungsaktivitäten“ vonRang 10 auf Platz 12.

Neben den Gründungsaktivitäten und der Ma-nagerumfrage hat das DIW die Verbreitung vonKorruption in das Ranking einbezogen. Dahin-ter steht der Gedanke, dass Unternehmen, dieAufträge mit Schmiergeldern ergattern können,weniger Anreize haben, ihre Konkurrenz mit In-novationen auszustechen. Wie im Vorjahr er-reicht Deutschland in puncto Korruptionsbe-kämpfung Rang 9. In Dänemark, Schwedenund Finnland sind Bestechungen am geringsten

Innovationsmotor Wettbewerb: Deutschlands Märkte bleiben umkämpft.

rem wurden rund 15 Milliarden Euro für einSonderprogramm der Kreditanstalt für Wieder-aufbau zur Verfügung gestellt. Aus dem Topfkönnen Unternehmen zinsgünstige Darlehen er-halten. Im Zuge eines zweiten Konjunkturpro-gramms wurde dann das Budget für das „Zen-trale Innovationsprogramm Mittelstand“ um 900Millionen Euro erhöht. Das sogenannte ZIM-Pro-gramm bietet kleinen und mittleren Unterneh-men finanzielle Unterstützung bei Entwicklungs-projekten. „Die Maßnahmen werden sich positivauf die staatlich geprägten Finanzierungsbedin-gungen auswirken“, urteilt das DIW. In den ak-tuellen Innovationsindikator flossen die neuenFörderangebote allerdings nicht ein, weil inter-national vergleichbare Statistiken für 2009 nochnicht vorliegen.

Für den aktuellen Indikator hat das DIW daherZahlen aus dem Jahr 2006 herangezogen. Da-nach gab der deutsche Staat zuletzt 0,7 Pro-zent für Forschung und Entwicklung aus. Sechsder 17 untersuchten Industriestaaten habengrößere öffentliche FuE-Budgets – allen voranÖsterreich, wo sich die staatlichen Ausgabenauf fast ein Prozent der Wirtschaftsleistungsummieren. Neben der Höhe der Ausgabenspielt die Art der Förderung eine wichtige Rolle.Fast alle führenden Industrieländer setzen da-bei auf eine steuerliche Förderung. Die Metho-de kommt den Unternehmen entgegen, weil siemit wenig Bürokratie verbunden ist. Zudem ste-hen die Steuererleichterungen allen Firmen of-fen, ganz gleich in welcher Branche sie arbei-ten und welche Technologie sie entwickeln.Deutschland hat sich diesem von vielen Fach-leuten gelobten Weg bislang verschlossen undrangiert daher im Teilindikator „Steuerliche For-schungsförderung“ auf dem letzten Platz. Aus-führlicher wird dieses Thema auf den Seiten 62bis 69 beleuchtet.

2. Kooperation von öffentlicher Forschungund Privatwirtschaft. Eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaftund Wirtschaft zahlt sich für beide Seiten aus:Unternehmen können das Know-how und dieInfrastruktur der Hochschulen nutzen, währenddie Universitäten Drittmittel einwerben und ihreForschungsergebnisse schneller auf den Marktbringen. Ein Beispiel aus Darmstadt belegt daseindrucksvoll: Für die Greaves Farymann DieselGmbH lohnt sich ein eigener Motorenprüfstandnicht. Dafür ist der mittelständische Industrie-

motorenhersteller einfach zu klein. Ohne denPrüfstand konnte die Firma aus Hessen aber ih-ren geplanten abgasreduzierten Industriediesel-motor nicht entwickeln. Also klopfte das Unter-nehmen bei der Hochschule Darmstadt an. Diehatte nicht nur einen Motorenprüfstand, son-dern auch ein Patent auf dem Gebiet. Gemein-sam machten sich Unternehmen und Hoch-schule daran, das Patent in ein marktfähigesProdukt weiterzuentwickeln.

Eine Umfrage belegt, dass Kooperationen wiediese in Deutschland generell recht gut funktio-nieren. Das World Economic Forum hatte Füh-rungskräfte im vergangenen Jahr um eine Ein-schätzung gebeten, wie intensiv die Privatwirt-schaft in ihrem Land mit öffentlichen For-schungsinstituten zusammenarbeitet. Deutsch-land erreichte dabei Rang 5, nach Platz 6 imJahr zuvor. Von den Unternehmenslenkern ge-lobt wurde vor allem, dass die Arbeit der Hoch-schulen und staatlichen Labors international zurSpitzenklasse gehört. Nur die US-Amerikanerund Schweizer waren von der Qualität der öf-fentlichen Forschung noch mehr angetan.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

29BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Forschung braucht öffentliche Gelder, auch in Unternehmen. Die Regierung hat Sonderprogramme aufgelegt, um Entwicklungsprojekte

in der Wirtschaft anzuschieben.

Je mehr Unternehmenum Kunden kämpfenmüssen, desto inten -siver forschen sie nachbesseren Produkten.

Italien

Japan

Spanien

Irland

Belgien

Kanada

Niederlande

Großbritannien

Deutschland

Dänemark

Korea

Frankreich

Finnland

Schweiz

Österreich

Schweden

USA 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,54

6,01

5,73

5,29

4,70

4,46

4,33

4,23

4,23

3,77

3,61

2,16

1,86

1,69

1,00

4,77

Die staatliche Forschungspolitik.

Quellen: OECD, Thomson ISI, NSF, NSB, Fraunhofer ISI, CWTS, WEF; Berechnungen des DIW Berlin.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200930

mehrere Jahrzehnte. Auf eine so lange Entwick-lungszeit würden sich Unternehmen nie einlas-sen, auch wenn die Erkenntnisse bei der Ver-marktung helfen würden. In vielen Staaten wirddaher die Grundlagenforschung aus öffentli-chen Mitteln finanziert.

Ob das Geld gut angelegt ist, zeigt sich in ersterLinie an den wissenschaftlichen Ergebnissender Grundlagenforschung. In dieser Hinsichtschneidet Deutschland mit Platz 10 nur mittel-mäßig ab. Kritisch ist vor allem, dass deutscheForscher vergleichsweise wenige Artikel in wis-senschaftlichen Fachzeitschriften unterbringenkönnen. Pro einer Million Einwohner waren eszuletzt nur halb so viele wie beim SpitzenreiterSchweiz. Etwas besser fällt das Urteil über dieQualität der Publikationen aus. Um diese zumessen, haben die Berliner Wissenschaftler un-tersucht, wie oft Forscher eines Landes weltweitzitiert werden. Für Deutschland sprang dabeiwie im vergangenen Jahr Rang 7 heraus.

Regulierung: Rückschritt aufProduktmärkten.

Regulierungen sind schlecht für Innovationen –das Vorurteil stimmt nicht per se. In manchenBereichen schaffen Gesetze erst die Grundlagedafür, dass Neues entsteht. Bestes Beispiel: dasPatentrecht. Könnten Wettbewerber neue Ideensofort kopieren, würde sich eine teure For-schung für kein Unternehmen lohnen. In ande-ren Bereichen bewahrheitet sich das Vorurteildagegen. Auch hier bietet das Patentrecht eingutes Beispiel: In Europa müssen Unternehmeneine Fülle an Vorschriften einhalten, um ein Pa-tent anmelden zu können. So sind sie beispiels-weise verpflichtet, ihren Antrag in mehrere euro-päische Sprachen übersetzen zu lassen. In derSumme führen diese Vorschriften dazu, dass ei-ne Patentanmeldung in Europa etwa fünfmal soteuer ist wie in den USA. Das hält gerade kleineund mittlere Unternehmen davon ab, Ideen zuentwickeln und schützen zu lassen.

Es geht also um die richtige Mischung aus sinn-vollen Gesetzen, unkomplizierten bürokrati-schen Verfahren und kreativen Freiräumen fürForscher und Entwickler. Welche Regierungendiesem Ideal am nächsten kommen, untersuchtdas DIW anhand zweier Studien der OECD: ei-nem Indikator, der mit rund 800 Datensätzen

Um die Bewertungsbasis zu erweitern, hat dasDIW zudem analysiert, wie intensiv Wissen-schaftler mit Kollegen in anderen Kontinentenzusammenarbeiten. Die deutschen Forscherhalten sich in dieser Disziplin eher zurück. Un-term Strich rangiert Deutschland daher beimTeilindikator „Kooperation zwischen öffentlicherForschung und Privatwirtschaft“ wie im Vorjahrinsgesamt auf Platz 5. Die Schweiz, Kanada unddie USA führen das Ranking an.

3. Grundlagenforschung.Grundlagenforschung stößt immer mal wiederdie Tore zu lukrativen neuen Geschäftsfeldernauf. Wenn sich heute zum Beispiel das Navigati-onsgerät im Auto mit einer Routenempfehlungmeldet, verdanken wir das nicht zuletzt der For-schung von Albert Einstein. Als der Physiker sei-ne Relativitätstheorie aufstellte, interessiertenihn grundsätzliche Fragen. An verirrte Autofah-rer dachte er dabei sicher nicht. Dennoch schufer mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie –sozusagen als Nebenprodukt – eine Vorausset-zung dafür, dass moderne Satellitennavigations-systeme exakt funktionieren. Zwischen Ein-steins Arbeit und ihrer kommerziellen Anwen-dung in Navigationsgeräten liegen allerdings

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Prof. Dr. Andreas Pinkwart.

„Die Autonomie gibt den Hochschulendie Möglichkeit, eigene Profile zuentwickeln und damit ihre internatio-nale Sichtbarkeit zu erhöhen.“

ihrer Kreativität gebremst werden. Mit dem Hochschulfreiheitsgesetz ha-ben die Universitäten und Hochschulen erstmals die Möglichkeit, frei überPersonal-, Organisations- und Finanzfragen zu entscheiden. Die Politikkann sich somit auf ihre eigentliche Aufgabe der strategischen Steuerungkonzentrieren, setzt diese über Zielvereinbarungen mit den Hochschulenum und schafft Anreize für Exzellenz in Forschung und Lehre. Die Autono-mie gibt den Hochschulen die Möglichkeit, eigene Profile zu entwickelnund damit ihre internationale Sichtbarkeit zu erhöhen. Mit Erfolg: In denvergangenen drei Jahren wurden in Nordrhein-Westfalen 19 neue Spitzen-forschungsinstitute, Hightech-Labore und Denkfabriken eingerichtet.Gleichzeitig haben unsere Hochschulen heute pro Jahr eine halbe Milliar-de Euro mehr Mittel zur Verfügung als 2005.

Immer wieder gefordert wird ein Abbau von Überbürokratisierung, umdie Wirtschaft im Bereich FuE weiter zu stärken. Sehen Sie hier zen -trale Herausforderungen?Regulierung und Bürokratie sind Bremsklötze für Innovation. Wir stehenmit anderen Forschungs- und Wissenschaftsstandorten in einem interna-tionalen Wettbewerb um die besten Köpfe. Für die sind wir aber nur dannattraktiv, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Lassen sie mich einigeBeispiele nennen: Bürokratische Hemmnisse wie etwa die Deckelung derinsgesamt für Leistungsbezüge in der Professorenbesoldung zur Verfü-gung stehenden Mittel müssen entfallen. Auch starre Altersgrenzen fürForscherinnen und Forscher sind forschungsfeindlich. Oder nehmen siedas Zuwanderungsrecht. Hier muss ein einfaches, transparentes und steu-erndes Verfahren etabliert werden, das ausländischen Wissenschaftlernund Fachkräften die Einwanderung und den dauerhaften Aufenthalt inDeutschland erleichtert. Wir brauchen mehr Freiheit in der Forschung wieauch mehr Freiheit für die Forschung, siehe Stammzellforschung, Energie-forschung und Biotechnologie.

Interview mit Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Innovation, Wissen-schaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die Handlungsfelder des Staates zur Stimulierung von Innovationensind vielfältig. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Schwerpunkte? Wir betrachten Innovation als ganzheitlichen Prozess: Von der Ausbildungder jungen Menschen an Schulen und Hochschulen über die Grundlagen-forschung, die anwendungsorientierte Forschung, den Transfer zwischenWissenschaft und Wirtschaft bis hin zur Umsetzung in marktfähige Pro-dukte. Wer auf einem dieser Handlungsfelder schläft, wird auch in den an-deren Bereichen bestraft. Hier kann der Staat nicht auf Lücke setzen – ermuss überall versuchen, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen undwirksame Anreize zu setzen. Die Vernetzung der Akteure ist in Nordrhein-Westfalen eine besondere Herausforderung, denn mit 64 Hochschulen,470.000 Studierenden und mehr als 50 außeruniversitären Forschungs-einrichtungen verfügt NRW über die dichteste Wissenschafts- und For-schungslandschaft in Europa. Bei dieser Vielfalt ist der Reiz groß, auf al-len Gebieten irgendwie mitzumischen. Wir haben uns bewusst gegen die-ses Gießkannenprinzip entschieden und bündeln stattdessen seit 2005mit einer eigenen Innovationsstrategie die Kräfte dort, wo wir echte For-schungsstärken und die Chance auf den Durchbruch in die Weltspitze ha-ben. Wir konzentrieren uns dabei auf vier Schwerpunkte: die Biotechnolo-gie, die Energie- und Umweltforschung, die medizinische Forschung undden Bereich Nano-/Mikrotechnologie/innovative Werkstoffe. Auf diese Zukunftsfelder konzentrieren wir unsere Fördermittel, die in Wettbewerbenvergeben werden.

Der internationale Innovationswettbewerb nimmt weiter zu. Wie müssen Bund und Länder darauf reagieren?Wir müssen attraktiv für die besten Köpfe sein. Fortschritt entsteht da-durch, dass Studierende, Forscher und Unternehmer in ständigem Aus-tausch sind. Unser Job ist es, für jeden von ihnen optimale Rahmenbedin-gungen zu schaffen und den Austausch zu fördern. Dazu brauchen siezweierlei: Geld und Freiheit. Unsere besten Köpfe in Wissenschaft undWirtschaft dürfen weder durch Spardiktate noch durch zu viel Obrigkeit in

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 31

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

„Wir müssen attraktiv für die besten Köpfe sein.“

Italien

Korea

Deutschland

Frankreich

Belgien

Österreich

Schweiz

Kanada

Spanien

Schweden

Finnland

Japan

Irland

Dänemark

Niederlande

USA

Großbritannien 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,64

5,78

5,24

4,81

4,65

4,30

4,25

4,18

3,88

2,88

2,15

2,12

2,11

1,76

1,00

4,68

Regulierung im internationalen Vergleich.*

Quellen: OECD; Berechnungen des DIW Berlin.

* Je höher Punktwert und Rangplatz ausfallen, desto positiver wirkt sich die Regulierung auf die Innovationsfähigkeit aus.

Ein Brennstoffzellenbus im Miniaturwunderland Hamburg: Der große Bruder gehört schon seit 2003 zum Stadtbild der Hansestadt. Ab dem kommenden Jahr kommen zehn Busse mit neuester Antriebstech-

nologie auf die Straße. In das Projekt investieren die öffentliche Hand und die beteiligten Unternehmen Millionenbeträge.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200932

die Regulierung auf den Produktmärkten misstsowie einem Indikator, der bewertet, inwieweitder Staat unternehmensnahen Dienstleistern –beispielsweise IT-Firmen und FuE-Unternehmen– das Leben schwer macht. Beide OECD-Studi-en belegen, dass Deutschland trotz jahrelangerDiskussionen über Deregulierung noch immerdeutlich stärker in die Wirtschaft eingreift alsviele andere Industrieländer. Vor allem im Be-reich der unternehmensnahen Dienstleister be-hindern strenge Regulierungen Innovationen.Mit Ausnahme von Italien hat kein Gesetzgeberdiesem Wirtschaftszweig so sehr die Luft zuge-schnürt wie der deutsche. Das Geschehen aufden Produktmärkten ist in Deutschland dage-gen nicht ganz so rigoros reguliert. Allerdingsrutscht die Bundesrepublik in diesem Bereichgegenüber dem Vorjahr von Platz 12 auf Rang13. Die deutschen Regulierungen machen ins-besondere kleinen und mittleren Unternehmen(KMU) zu schaffen, wie eine Studie der Kredit-anstalt für Wiederaufbau im Frühjahr 2009 er-gab. Danach sagt fast die Hälfte aller KMU, dieüber Innovationshemmnisse klagen, dass Ge-setze sowie lange Verwaltungs- und Genehmi-gungsverfahren ihre Arbeit behindern.

Italien

Spanien

Belgien

Großbritannien

Frankreich

Irland

Niederlande

Österreich

Kanada

Korea

Dänemark

Finnland

Japan

Deutschland

Schweden

USA

Schweiz 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,79

6,42

5,51

5,44

4,93

4,89

4,72

4,70

4,40

4,26

4,26

4,17

3,26

1,88

1,00

5,29

Nachfrage nach innovativen Produkten und Dienstleistungen.

Quellen: Originaldaten WEF, OECD, GGDC; Berechnungen des DIW Berlin.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 33

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Vorjahr hatten sich nach Ansicht der Managerlediglich drei Staaten noch mehr für Innovatio-nen begeistert als Deutschland. In diesem Jahrmuss die Bundesrepublik dagegen gleich achtLändern den Vortritt lassen.

Weil neben dem Staat auch Unternehmen undVerbraucher innovative Produkte kaufen, hatdas DIW darüber hinaus für jedes Land die ge-samte Nachfrage nach neuen Technologienund Dienstleistungen beleuchtet. Zusätzlich zurManagerumfrage wurden für diesen Teilindika-tor Statistiken der OECD ausgewertet. Die Zah-len verdeutlichen, dass die Kaufkraft der Deut-schen pro Kopf zwar geringer ist als in manchanderen Industrieländern. Für den Kauf hochentwickelter Waren zweigen die Kunden aller-dings einen relativ großen Teil ihres Budgetsab. So macht beispielsweise die Nachfragenach forschungsintensiven Produkten in kei-nem anderen Land einen so großen Anteil amKonsum aus wie in Deutschland. Unterm Strichrangiert Deutschland im Teilindikator „Innovati-onsfreundliche Nachfrage“ auf Platz 4, nachRang 5 im vergangenen Jahr. Am offensten fürInnovationen sind die Käufer in der Schweiz,den USA und Schweden.

Kunde Staat: Begeisterung fürTechnik kühlt ab.

Der Weg Richtung Zukunft führt in Hamburgvom Stadtteil Winterhude zur HafenCity. Auf derStrecke quer durch die Hansestadt fahren seitdem Jahr 2003 öffentliche Busse mit Brennstoff-zellenantrieb. Die einzigartigen Fahrzeuge sto-ßen keine Schadstoffe aus und sind beinahegeräuschlos. Vor Kurzem haben die Hansestadtund Daimler den nächsten Schritt vereinbart.Ab kommendem Jahr werden zusätzlich zehnDaimler-Brennstoffzellenbusse der neuestenGeneration durch Hamburg rollen. Die Hafen-stadt wird dann der weltweit erste Einsatzort fürdie innovativen, umweltfreundlichen Fahrzeugedieser neuen Generation sein. In das Projekt in-vestieren Stadt, Bundesregierung und die betei-ligten Unternehmen Millionenbeträge. Hamburgverspricht sich von seinem Engagement nichtnur bessere Luft, sondern auch handfeste wirt-schaftliche Vorteile: Die Vorreiterrolle der Han-seaten soll Unternehmen in die Stadt ziehen,die mit emissionsfreundlichen Antriebstechni-ken für Autos, Schiffe und Flugzeuge ihr Geldverdienen.

Das Kalkül könnte durchaus aufgehen, denn in-novative Unternehmen siedeln sich gerne in derNähe von Kunden an, die als besonders offenfür neue Technologien gelten. Das belegt bei-spielsweise eine Studie des DIW. Die BerlinerWissenschaftler hatten vor einiger Zeit for-schungsintensive Unternehmen gefragt, welcheKriterien für sie bei der Standortwahl eine he-rausragende Rolle spielen. Die Zahlungsbereit-schaft der Kunden für neue Technologien er-wies sich dabei immerhin als drittwichtigster Aspekt.

Ob Hamburg eine Ausnahme ist oder ob derdeutsche Staat insgesamt mit einer innovations-freundlichen Beschaffungspolitik dynamischeUnternehmen ins Land lockt, hat das DIW an-hand der jährlichen Umfrage des World Econo-mic Forums analysiert. Die befragten Unterneh-menslenker sollten einschätzen, ob der Staatbei Neueinkäufen vor allem auf den Preisschaut oder auch mal innovative Technologienvorzieht – selbst wenn diese teurer sind. DenAntworten nach zu urteilen war bei der öffentli-chen Hand in Deutschland zuletzt eher die„Geiz-ist-geil-Mentalität“ auf dem Vormarsch. Im

Manager fliegen auf Deutschland: Hierzulande gibt es Umfragen zufolge die besten Flugverbindungen weltweit – so auch am Frankfur-

ter Flughafen. Gute Noten erhalten auch die Zugverbindungen.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200934

Fleißkärtchen für Infrastruktur,Tadel für Bildung.

Zur staatlichen Innovationspolitik gehört auchdie Bildungspolitik. Hier besteht nach Einschät-zung des DIW weiterhin großer Handlungsbe-darf. Mangelhaft ist nach wie vor insbesonderedie Finanzausstattung des deutschen Bildungs-systems. Die öffentlichen Ausgaben für Schulenund Hochschulen summierten sich im Jahr2005 nur auf schätzungsweise 4,5 Prozent desBruttoinlandsprodukts. Seit Jahren hat sich die-ser Anteil kaum verändert. In anderen Ländernwie etwa Finnland, Schweden oder Dänemarkinvestiert der Staat dagegen über 6 Prozent sei-ner Wirtschaftsleistung in die Ausbildung jun-ger Menschen.

Insgesamt rangiert Deutschland im Teilindikator„Staatliche Bildungspolitik“ auf Rang 11. Aus-führlicher werden die Stärken und Schwächendes Bildungssystems auf den Seiten 48 bis 59analysiert. Das Kapitel beleuchtet auch die Wei-terbildungsaktivitäten in den Industriestaaten. Indiesem wichtigen Bereich hat das DIW großenNachholbedarf für Deutschland identifiziert. Da-her reicht es für das gesamte deutsche Bil-dungssystem insgesamt nur zu Platz 12.

Auf einem anderen wichtigen Feld der Innovati-onspolitik, der sogenannten physischen Infra-struktur, bietet Deutschland dagegen seit Jah-ren sehr gute Voraussetzungen: So zählen derZugverkehr und die Flugverbindungen ausSicht vieler Manager zu den besten weltweit,wie eine Umfrage ergab. Details zum Thema fin-den sich auf Seite 22.

Mangelhaft ist nach wie vor die Finanzaus-stattung des Bildungs-systems.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

René Obermann.

„Unsere Branche ist bereit,in die Zukunft unseres Landes zu investieren.“

Der Staat ist nicht nur Förderer, sondern selbst Großkunde, wenn esum den Einkauf von Technologie geht. Hat das Auswirkungen aufs Innovationsklima?Die staatliche Nachfrage war ja historisch schon immer ein wichtiger Faktor bei der Förderung und Etablierung neuer Technologien. Sie kanndas Innovationsklima positiv beeinflussen, vor allem wenn es darum geht,komplexere und aufwändigere Projekte umzusetzen. Aktuelle Beispieleaus unserem Sektor sind Toll Collect, der Digitale Polizeifunk, aber auchProjekte im Bereich von E-Healthcare oder E-Government. Die modernenKommunikationstechnologien können enorm dazu beitragen, Verwaltungeffizienter und vor allem serviceorientierter zu gestalten. Mich beunruhigtes daher, dass die staatliche Technikbegeisterung in Deutschland sichdeutlich stärker abgekühlt hat als in anderen Ländern. Gerade in der Krisesind die staatlichen Impulse wichtig.

Hat die relativ ausgeprägte Regulierung gerade auch von Dienstleis-tern und Produktmärkten in Deutschland Folgen für unseren Innova -tionsstandort?Mit Sicherheit. Die Studie bestätigt leider erneut, dass deutsche Unter -nehmen im Vergleich besonders stark durch Verordnungen und Gesetzebelastet werden. Vieles davon ist hausgemacht, allerdings wäre es sicherfalsch, allein die deutsche Politik für die Hemmnisse für junge Unterneh-men und neue Produkte verantwortlich zu machen. Regulierung wird zu-nehmend von den europäischen Ebenen beeinflusst. Wichtig erscheintmir deshalb, dass europaweit ein Klima für Innovation und Wachstum ent-steht. Das würde automatisch auch die Dynamik in Deutschland erhöhenund helfen unnötige Auflagen abzubauen.

Interview mit René Obermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG.

Bei der Bewertung der Infrastruktur in Deutschland zeigen sich Schwä-chen gerade auch im Bereich der Informations- und Kommunikations-technologien. Hat dies nach Ihrer Einschätzung Auswirkungen auf dieInnovationsfähigkeit des Landes – und wie könnte gegengesteuertwerden?Ja, dies hat Auswirkungen. Schnelle Datenleitungen sind die Lebensadernmoderner Volkswirtschaften. Die Bedeutung unserer Branche ist enorm;rund 40 Prozent der Produktivitätszuwächse in den OECD-Staaten etwaberuhen auf Informationstechnologie und Telekommunikation. Leider sindwir – in Deutschland, aber auch Europa – im internationalen Vergleich zurückgefallen. Ohne moderne Netze aber werden wir im internationalenWettbewerb nicht mithalten können.

Daher begrüßen wir auch die ambitionierten Ziele der Bundesregierung,die diese in ihrer Breitbandstrategie festgelegt hat. Ihre zwei Schwerpunk-te sind richtig. Zuerst gilt es, deutschlandweit überhaupt eine flächende-ckende Breitbandversorgung sicherzustellen. Dabei gilt es, den bestenMix aus Mobilfunk- und Festnetztechnologien zu finden. Der zweite Schrittist dann mittelfristig eine gute Versorgung mit sehr leistungsfähigen Glas-fasernetzen. Sie sind letztlich die Voraussetzung, um vernetzt leben, arbei-ten oder forschen zu können. Wir stehen erst am Anfang einer techni-schen Entwicklung. Das Breitband von heute wird das Schmalband vonmorgen.

Für eine flächendeckende Breitbandversorgung bedarf es hoher Inves-titionen. Sind die überhaupt zu stemmen?Unsere Branche ist bereit, in die Zukunft unseres Landes zu investieren.Es ist möglich, die Ziele der Breitbandstrategie überwiegend mit privatenMitteln zu realisieren. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen stim-men. Es muss möglich sein, das investierte Kapital wieder zu erwirtschaf-ten. Dafür brauchen wir eine Regulierung, die nicht nur auf sinkende End-verbraucherpreise setzt.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 35

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

„In der Krise sind staatliche Impulse wichtig.“

Auf einen Blick.

† Die Deutschen scheuen das Risiko. In keinemanderen Land schreckt die Möglichkeit zuscheitern so viele Menschen von einer Unter-nehmensgründung ab wie in Deutschland.

† Die zunehmende Offenheit und Toleranz derBundesbürger schafft ein Klima, in dem sichKreativität immer freier entfalten kann. Zu-gleich sind die Unternehmen dadurch in derLage, leichter Fachkräfte aus dem Ausland an-zuwerben, denn erfahrungsgemäß fühlen sichSpezialisten aus Asien, Amerika und Europavon einer toleranten, weltoffenen Atmosphäreangezogen.

† Langsam legen die Bundesbürger ihre Vorbe-halte gegen berufstätige Frauen ab. DieserWandel könnte künftig mehr Frauen dazu er-mutigen, ihre Talente in den Innovationspro-zess einzubringen.

† Nur eine Minderheit glaubt hierzulande, dasssie vom Fortschritt profitieren wird. Vergleichs-weise misstrauisch stehen die Deutschenauch Wissenschaftlern und forschenden Un-ternehmen gegenüber. Daher wollen relativwenige Bürger, dass Experten starken Einflussauf gesellschaftliche Entscheidungen nehmen.

Neue Wege gehen.Das gesellschaftliche Innovationsklima.

Das gesellschaftliche Innovationsklima inDeutschland hat sich etwas aufgehellt. Im ent-sprechenden Teilindikator kann Deutschlandsein Punktekonto gegenüber dem Vorjahr von3,49 Zählern auf 3,77 steigern. In anderen Län-dern haben sich die Einstellungen der Men-schen gegenüber Innovationen, Wissenschaftund Forschern allerdings noch stärker verbes-sert. Unterm Strich rutscht Deutschland dahertrotz des Punktezuwachses von Rang 10 aufPlatz 11. Mit dem Teilindikator „Gesellschaftli-ches Innovationsklima“ untersucht das DIW, in-wieweit die Menschen in einem Land den tech-nologischen Fortschritt unterstützen.

Das Gesamtbild ergibt sich aus verschiedenenUnterindikatoren, die das DIW analysiert hat:† Einstellungen zu unternehmerischem Risiko† Offenheit und Toleranz † Einstellungen zur Berufstätigkeit von Frauen† Interesse an Wissenschaft† Bewertungen der Chancen und Risiken des

Fortschritts

Begeistern sich die Menschen schnell für neue Technologien? Vertrauen sie Wissenschaftlernund Unternehmen? Was halten sie davon, ein Unternehmen zu gründen? Die Antworten auf sol-che Fragen geben Auskunft darüber, wie sehr die Menschen bereit sind, Innovationen zu unter-stützen. In Deutschland trübt vor allem die Angst vor dem Scheitern das gesellschaftliche Inno-vationsklima. Dabei ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Mut zu Neuem gefragt.

† Vertrauen in Wissenschaftler und forschendeUnternehmen

† Wunsch nach großem Einfluss von Wissen-schaftlern auf gesellschaftliche Entscheidun-gen der Politik

† Soziales Engagement

Die Ergebnisse in den untersuchten Teilberei-chen im Einzelnen:

Risiko: Viel Angst vor dem Scheitern.

Mit Vitaminmangel fing alles an. Frustriert vonder schottischen Küche tranken Inga Kosterund Marco Knauf während ihres Auslands -semesters in Schottland täglich Fruchtgetränke,um wenigstens ein paar Vitamine zu bekom-men. Smoothies heißen die Drinks auf der Insel.Im Gegensatz zu normalen Fruchtgetränkenwird für sie die ganze Frucht – bis auf die Kerneund Schalen – verwendet. Wieder zu Hause in

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

37BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Österreich

Italien

Spanien

Irland

Frankreich

Belgien

Deutschland

Japan

Korea

Schweiz

Kanada

Großbritannien

Dänemark

Niederlande

Finnland

USA

Schweden 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,84

5,96

5,59

5,51

4,99

4,38

4,29

4,17

3,77

3,50

3,49

3,30

3,18

2,90

1,00

5,17

Gesamtbewertung des gesellschaftlichen Innovationsklimas.

Quellen: Originaldaten WVS, WEF, Eurobarometer, NSB; Berechnungen des DIW Berlin.

Foto: Dieser CeBIT-Mitarbei-

ter ist bei der Pflege der Ro-

boterstatue dem Fortschritt

ganz nah. Nicht alle Bundes-

bürger sind ohne „Berüh-

rungsangst“ – es herrscht im-

mer noch eine gewisse Skep-

sis gegenüber zukünftigen

Technologien.

Deutschland

Österreich

Belgien

Schweden

Dänemark

Niederlande

Finnland

Schweiz

Frankreich

Italien

Japan

Spanien

Großbritannien

Kanada

Korea

Irland

USA 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,69

6,30

5,48

5,10

4,53

3,74

3,74

3,54

3,39

3,37

2,70

2,33

1,97

1,17

1,00

5,01

Einstellungen zu unternehmerischem Risiko.

Quellen: Originaldaten Flash Eurobarometer, NSB; GEM, Berechnungen des DIW Berlin.

Mut zum Risiko: Inga Koster, Nicolas Lecloux und Marco Knauf (v. l.) gründeten True Fruits und stellen sogenannte Smoothies her. Die pürierten Früchte zum Trinken gibt es im deutschsprachigen Raum mitt-

lerweile in fast allen Supermärkten und Szenekneipen. Für ihre Geschäftsidee erhielt das Bonner Unternehmen den Deutschen Gründerpreis als bestes Start-up.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200938

Deutschland merkten die Studenten, dass eshierzulande noch keine Smoothies gab. DieMarktlücke war gefunden. Und die beiden grün-deten mit einem Freund das Unternehmen TrueFruits. Zusammen mit Wissenschaftlern derFachhochschule Bonn-Rhein-Sieg entwickeltensie ein Herstellungsverfahren, bei dem fast alleNährstoffe der Frucht erhalten bleiben. Dannfuhren die drei Gründer kreuz und quer durchDeutschland, um Abnehmer zu finden. Der Auf-wand hat sich ausgezahlt. Obwohl zuletzt auchgroße Getränkehersteller eigene Smoothies insAngebot genommen haben, ist True Fruits dieNr. 2 auf dem Markt. Für ihre Erfolge erhieltendie drei jungen Unternehmer in diesem Jahrden Deutschen Gründerpreis.

Die Geschichte von True Fruits zeigt, was erfolg-reiche Gründer brauchen: eine Mischung ausMut zum Risiko, Leidenschaft für Verbesserun-gen, Know-how und Glaube an das eigene Pro-jekt. Leider mangelt es vielen Deutschen an die-sen Eigenschaften, sodass Gründer wie die vonTrue Fruits eine Ausnahme bleiben. Das belegtder Unterindikator „Einstellungen zu unterneh-merischem Risiko“. Wie im vergangenen Jahrrangiert Deutschland auch dieses Mal abge-schlagen auf dem letzten Platz. Die größte Lustauf unternehmerisches Risiko haben die US-Amerikaner, Iren und Koreaner. Zu diesem Er-

Irland

Italien

USA

Österreich

Korea

Spanien

Kanada

Belgien

Großbritannien

Frankreich

Finnland

Niederlande

Deutschland

Japan

Schweiz

Dänemark

Schweden 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

5,15

5,09

4,76

4,71

4,35

4,14

3,64

3,22

2,80

2,64

2,56

2,40

1,95

1,29

1,00

4,61

Offenheit und Toleranz in der Gesellschaft.

Quellen: Originaldaten World Values Survey; Berechnungen des DIW Berlin.

Deutschland ist mittler-weile ein gutes Stückweltoffener als vor eini-gen Jahren.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 39

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Der Wertewandel führt nicht nur dazu, dass im-mer mehr deutsche Arbeitnehmer moderneSchlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit undEigeninitiative mitbringen. Die zunehmende To-leranz erleichtert auch das Werben um kreativeSpitzenforscher, die der InnovationsstandortDeutschland dringend braucht. Solche High Po-tentials sind weltweit gefragt und können sichaussuchen, in welchem Land sie arbeiten möch-ten. Viele zieht es in offene, tolerante Länder, dieihre Kultur und ihre Ideen akzeptieren, wie Ana-lysen des amerikanischen Ökonomen RichardFlorida ergaben.

gebnis kommt die Auswertung des Flash Euro-barometer zur Selbstständigkeit, einer Umfrageder Europäischen Union, sowie ähnlicher Studi-en für Asien und Amerika. Die Antworten zei-gen, dass die Deutschen durchaus Interesse da-ran haben, ihre eigene Firma zu führen. So sag-ten in der aktuellen Umfrage 41 Prozent derBundesbürger, dass sie lieber selbstständig sei-en, während 54 Prozent ein Berufsleben als An-gestellte bevorzugen. Damit rangiert Deutsch-land im internationalen Vergleich im Mittelfeld.Das Problem: Der Gedanke ans Scheiternschreckt zu viele Deutsche ab. Nur 42 Prozentsagen, dass man ein Unternehmen selbst danngründen sollte, wenn die Gefahr besteht, keinenErfolg zu haben. In den USA stimmen dieserAussage 74 Prozent zu. In Irland und Korea sindes fast 70 Prozent.

Toleranz: Gutes Klima für Kreative.

Der amerikanische Politologe Ronald Ingleharthat nachgewiesen, dass Gesellschaften, die vorallem Wert auf Autorität und Konformität legen,mit dem Innovationsprozess nicht so gut zu-rechtkommen. Statt sturem Gehorsam seienheutzutage nämlich Kreativität und Eigeninitiati-ve gefragt. Weil Forscher und Entwickler in stän-dig wechselnden Teams – oft auch mit Kollegenaus dem Ausland – arbeiten, müssten sie zudemein gutes Maß an Toleranz, Offenheit und Kom-munikationsfähigkeit mitbringen. Je wichtiger ei-ner Gesellschaft solche postmaterialistischenWerte sind, desto besser wird sie neue Produkteund Dienstleistungen entwickeln können.

Eine besonders offene und tolerante Bevölke-rung hat das DIW in Schweden, Dänemark undder Schweiz gefunden. Die Schweden beispiels-weise schätzen mehr als alle anderen analysier-ten Gesellschaften postmaterialistische Wertewie Freundschaft, Toleranz, Respekt und Um-weltschutz. Deutschland kommt in dem Teilindi-kator auf Rang 5 und ist mittlerweile ein gutesStück weltoffener als vor einigen Jahren. So sa-gen beispielsweise 75 Prozent der Bundesbür-ger, dass Toleranz ein wichtiges Erziehungszielsei – im Jahr 2002 waren es erst 71 Prozent. DieOffenheit zeigt sich auch in einer anderen Statis-tik: Was die Akzeptanz von Außenseitergruppenangeht, rangiert Deutschland auf einem bemer-kenswerten dritten Rang.

Berufstätige Frauen: Vorbehaltedemotivieren.Die Bundesbürger haben nicht mehr so großeProbleme damit, dass Frauen berufstätig sind.Im Jahr 2008 fand das DIW lediglich in fünf der17 untersuchten Länder noch größere Vorbehal-te gegenüber Arbeitnehmerinnen als hierzulan-de. In diesem Jahr hat sich die Bundesrepublikimmerhin um zwei Plätze auf Rang 10 verbes-sert. Der Grund: Mittlerweile sagen gut 82 Pro-zent der Deutschen, dass Männer kein größeresAnrecht auf einen Arbeitsplatz haben als Frau-en. In der Umfrage, die im vergangenen Jahr inden Indikator einfloss, waren erst 73 Prozentdieser Meinung.

Der Fortschritt darf aber nicht darüber hinweg-täuschen, dass in Deutschland noch immer ver-gleichsweise große Vorbehalte gegenüber be-rufstätigen Frauen herrschen, wie der enttäu-schende Platz im Mittelfeld des Rankings zeigt.In Dänemark, Schweden und den USA bei-spielsweise sagen deutlich mehr als 90 Prozentder Bevölkerung, dass Männer und Frauen dasgleiche Anrecht auf einen Arbeitsplatz haben. Insolch aufgeschlossenen Gesellschaften werdenjunge Frauen wesentlich mehr ermuntert, zustudieren und ins Berufsleben einzusteigen.Umgekehrt verzichten in Ländern mit großenVorbehalten viele Frauen auf eine Karriere.Wenn die Vorurteile der Deutschen weiter zu-rückgingen, würden davon nicht nur die Frauenprofitieren, sondern die Gesellschaft als Gan-zes. Denn die deutsche Hightech-Wirtschaftbraucht immer mehr Fachkräfte. Daher hat dieGesellschaft ein hohes Eigeninteresse daran,dass Frauen ins Berufsleben einsteigen.

Technik: Reges Interesse, abergroße Sorgen.

Ob es um Umwelttechnologie geht, um neueMedikamente oder moderne Kommunikations-technik: Die Deutschen verfolgen Innovationensehr genau. Das belegt der Unterindikator „Inte-resse an Wissenschaft und Technik“, bei demDeutschland immerhin auf Rang 6 landet. Fürden Indikator hat das DIW unter anderem eineUmfrage der Europäischen Union ausgewertet.In der Studie sagten rund zwei Drittel der Bun-desbürger, dass sie sich für medizinische Ent-deckungen interessierten. Nur in den USA undden Niederlanden verfolgten noch mehr Men-schen die Fortschritte der Medizin.

Das rege Interesse der Bundesbürger geht ein-her mit einer vergleichsweise großen Skepsisgegenüber dem Fortschritt. Das zeigt der Unter-indikator „Perspektiven und Nutzen von Wissen-schaft und Technik“, der sich ebenfalls aus Er-gebnissen der EU-Umfrage zusammensetzt.Deutschland landet in diesem Ranking lediglichauf Rang 8.

Hinter diesem Platz im Niemandsland der Tabel-le verbirgt sich ein zwiespältiges Verhältnis zumFortschritt. Viele Bundesbürger sind davonüberzeugt, dass sie von neuen Erkenntnissenprofitieren werden. So sagen beispielsweise 73

40 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Korea

Italien

Japan

Österreich

Schweiz

Belgien

Frankreich

Deutschland

Spanien

Irland

Großbritannien

Kanada

Niederlande

Finnland

USA

Schweden

Dänemark 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,38

5,97

5,63

5,02

4,64

4,55

4,51

3,98

3,90

3,47

3,24

2,49

2,41

2,25

1,00

4,82

Einstellung zur Berufstätigkeit von Frauen.

Quellen: Originaldaten WVS; Berechnungen des DIW Berlin.

„Andere Länder sind oft weiter als Deutschland.“

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

41BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Interview mit Prof. Dr. Marion Schick, Vorstand Personal und Recht derFraunhofer-Gesellschaft, München.

Frau Professor Schick, können Sie uns sagen, weshalb es berufstätigeFrauen hierzulande gerade in Führungspositionen immer noch oftschwer haben?Die Frage, weshalb Frauen hierzulande nicht richtig vorankommen oderweshalb sie in Führungspositionen nur selten auftauchen, hat bestimmtnichts damit zu tun, dass die handelnden Personen – das sind meist Män-ner – Vorbehalte gegen sie hätten. Es ist eher ein strukturkonservatives Kli-ma, das dafür verantwortlich ist. Deutschland ist, wenn Sie so wollen, nochnicht ganz auf der Höhe der Zeit. Hier wird die Rolle der Frau, die Rolle derFamilie, ganz anders gesehen und behandelt als in den allermeisten Län-dern der Welt. Das hat nichts mit dem Innovationsklima zu tun, sonderneher mit dem gesellschaftlichen Klima. Auf dieses Phänomen – es ist auchdurch Studien belegt – stoßen wir übrigens auch dann, wenn wir Gesprächemit ausländischen Wissenschaftlern oder Wissenschaftlerinnen führen, diewir für uns gewinnen wollen. Da hat man den Eindruck, dass unsere Ge-sprächspartner mit ihren Erfahrungen uns um Lichtjahre voraus sind. „Be-rufstätigkeit der Frau“ ist in Deutschland noch nicht Leitkultur geworden wieetwa in den USA oder Frankreich, weil sie, wie gesagt, gesellschaftlich nichtakzeptiert wird. Ich muss schon sagen, dass es uns sehr zu schaffen macht,wenn man als „ein nicht modernes Land“ bezeichnet wird.

Ein Versäumnis der Politik?In Deutschland hat man dieses Thema viel zu spät auf die Tagesordnunggesetzt. Denken Sie nur an die Diskussion über die Kinderbetreuung, dieerst vor wenigen Jahren hochkam. Oder schauen Sie sich an, dass man inDeutschland die Kinder noch immer in die Halbtagsschule schickt – so etwas ist weltweit nahezu einmalig. Mit anderen Worten: Wir leben subkutannoch immer mit dem Rollenbild, wonach sich der Staat weitestgehend ausder Familie heraushält, und deshalb gibt es auch die Frau als unbezahlteNachhilfelehrerin, die die Schwächen des Schulsystems auszubügeln hatund die man gelegentlich auch als „Rabenmutter“ bezeichnet – ein Begriffübrigens, der sich in keine andere Sprache übersetzen lässt.

Bleiben wir beim gesellschaftlichen Klima. Wie beurteilen Sie die Ein-stellung der Deutschen gegenüber ausländischen Spitzenforschern?Lassen Sie mich hier ganz deutlich sagen: Ich höre immer wieder in deröffentlichen Diskussion, man müsse „tolerant“ gegenüber ausländischenWissenschaftlern sein. Was steckt da für eine Arroganz dahinter! Vielleichtwäre es doch besser, wenn man sich dafür bedankt, dass diese Men-schen zu uns kommen. Oder ist es nicht etwa so, dass man die bestenKöpfe haben möchte und dass diese hoch willkommen sind und nicht „to-leriert“ werden müssen? Mit solchen Äußerungen kriege ich keinen einzi-gen internationalen Spitzenforscher nach Deutschland.

Und wie sieht es mit der Akzeptanz der Deutschen hinsichtlich Wissen-schaft, Technik und globalem Wandel aus Ihrer Sicht aus?Da hat sich die Grundeinstellung in den vergangenen Jahren erheblichverändert, das stimmt. Das hat auch etwas mit den hervorragenden Leis-tungen unserer Ingenieure zu tun. Ich bin keine Anhängerin der Thesevon der „Technikfeindlichkeit“. Ich sehe eher ein anderes Phänomen, esist das Problem der Technikferne. Das ist aber in erster Linie eine medialeund eine schulische Frage. Solange in weiten Teilen der Meinungsbildungund bei sehr vielen Pädagogen der Spruch „Von Technik versteh’ ichnichts“ flott rüberkommt, haben wir ein Problem. Da muss sich dringendetwas ändern. Aber es wurden auch noch andere Fehler gemacht. So gabes in der DDR-Oberschulen den „Berufspraktischen Tag“, an dem dieSchüler einmal wöchentlich in die Betriebe gingen, um hautnah zu erle-ben, wozu Chemie, Mathematik und Physik gut sind. So etwas hätte manbestimmt übernehmen können.

„,Berufstätigkeit der Frau‘ ist inDeutschland noch nicht zur Leitkulturgeworden wie etwa in den USA oderFrankreich.“

Prof. Dr. Marion Schick.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Spanien

Österreich

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Frankreich

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Japan

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Belgien

Großbritannien

Deutschland

Finnland

Kanada

Niederlande

Schweden

Dänemark

Korea

USA 1

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9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

5,98

4,20

4,05

3,91

3,51

3,50

3,40

2,96

2,55

2,41

2,35

2,27

1,96

1,07

1,00

3,65

Perspektiven und Nutzen von Wissenschaft und Technik.

Quellen: Originaldaten Eurobarometer, NSB; Berechungen des DIW Berlin.

Das rege Interesse derBundesbürger an Tech-nik geht einher mit einervergleichsweise großenSkepsis gegenüber demFortschritt.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200942

Prozent, dass ihre Arbeit durch weiterentwickel-te Technologien interessanter werde. Lediglichin Korea, in den USA und in Finnland ist davonein noch größerer Teil der Bevölkerung über-zeugt. Auf der anderen Seite haben die Deut-schen aber vergleichsweise große Angst vorden Folgen des wissenschaftlichen und techni-schen Fortschritts im Alltag. Lediglich 43 Pro-zent von ihnen erwarten hier mehr Nutzen alsSchaden. Einen größeren Fortschrittspessimis-mus fanden die DIW-Wissenschaftler nur in Ja-pan und den Niederlanden. In den USA und inKorea glauben dagegen rund 70 Prozent, dassWissenschaft und Technik unterm Strich mehrVorteile bringen. Die Angst der Bundesbürgermag auch damit zusammenhängen, dass sichviele dem Fortschritt hilflos ausgeliefert fühlen.So sagen lediglich 28 Prozent der Deutschen,dass die Veränderungen des Lebens durch dieWissenschaft beherrschbar seien. In den USAglauben das immerhin 53 Prozent.

Geringes Vertrauen in Wissenschaftler.

Die weit verbreitete Fortschrittsskepsis hat auchviel damit zu tun, dass die Menschen hierzulan-de den Wissenschaftlern und forschenden Un-ternehmen vergleichsweise wenig vertrauen. Imentsprechenden Unterindikator erreichtDeutschland lediglich Rang 11. Das Rankingbasiert unter anderem auf einer Studie der EU,dem Eurobarometer zu Technik und Wissen-schaft. Im Rahmen der Untersuchung wurdendie Bürger gefragt, inwieweit wichtige Innovati-onsakteure der Gesellschaft positive Impulsegeben. Die schlechtesten Noten stellten dieDeutschen dabei den forschenden Unterneh-men aus. Lediglich in Österreich und Frankreichwurde die Arbeit der Unternehmen noch kriti-scher bewertet als hierzulande. Auch Wissen-schaftler haben bei den Deutschen einenschweren Stand. Was das Zutrauen zu Expertenangeht, landet die Heimat von Max Planck undRobert Koch gerade einmal auf Platz 11.

Hier sind Wirtschaft und Wissenschaft gefragt,ihre Arbeit besser zu vermitteln, denn Vertrauenist eine wichtige Voraussetzung für die Innovati-onsfähigkeit: Wenn Menschen ein positives Bildvon Wissenschaftseinrichtungen und forschen-den Unternehmen haben, nehmen sie beispiels-weise neue Produkte schneller an und rufen sel-

Frankreich

Österreich

Spanien

Irland

Korea

Italien

Deutschland

USA

Schweiz

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Großbritannien

Belgien

Niederlande

Finnland

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Schweden 1

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10

11

12

13

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15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,68

6,62

5,17

4,58

3,93

3,74

3,54

3,49

3,31

3,05

2,32

2,10

1,66

1,33

1,00

4,34

Vertrauen in die Innovationsakteure.

Quellen: Originaldaten Eurobarometer, NSB; Berechungen des DIW Berlin.

Österreich

Schweiz

Irland

Spanien

Korea

Frankreich

Deutschland

Kanada

USA

Japan

Dänemark

Belgien

Italien

Großbritannien

Schweden

Niederlande

Finnland 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,23

5,65

4,68

4,48

3,90

3,78

3,52

3,52

3,52

2,74

2,70

1,77

1,58

1,39

1,00

4,10

Einfluss der Wissenschaft.*

Quellen: Originaldaten Eurobarometer, NSB; Berechungen des DIW Berlin.

* Bürger befürworten einen hohen Einfluss der Wissenschaft auf gesellschaftliche Entscheidungen.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 43

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

tener nach bremsender Regulierung. Zugleichanimiert ein gutes Image der Wissenschaftlerund Entwickler mehr junge Menschen dazu,technische Fächer wie etwa Ingenieurwissen-schaften zu studieren. Wachsendes Vertrauenist daher auch vor dem Hintergrund des akutenFachkräftemangels in der deutschen Wirtschaftwichtig.

Expertenrat in Deutschlandweniger erwünscht.

Politiker tragen große Verantwortung. ManchenForschungen müssen sie gesetzliche Grenzensetzen, andere müssen sie fördern. Doch nachwelchen Kriterien sollen sie diese Entscheidun-gen treffen? Sollen sie eher auf die Öffentlich-keit oder auf den Rat von Wissenschaftlern hö-ren? Und an welchen moralisch-ethischen be-ziehungsweise wissenschaftlichen Kriterien sol-len sie sich orientieren? Das DIW geht davonaus, dass bessere Rahmenbedingungen für In-novationen entstehen, wenn Gesetzgeber aufGrundlage von Expertenurteilen und wissen-schaftlichen Aspekten entscheiden. Für den Unterindikator „Steuerung von Wissenschaft“haben die Berliner Ökonomen daher unter-sucht, in welchen Ländern die Menschen einesolche Politik am meisten unterstützen.

Fündig wurden sie in Finnland, den Niederlan-den und Schweden. Deutschland erreicht dage-gen nur Rang 11. Hierzulande sagt beispiels-weise lediglich die Hälfte der Bevölkerung, dassPolitiker in erster Linie wissenschaftliche Faktenim Auge behalten sollten, wenn sie die Rah-menbedingungen für neue Forschungsfelderfestsetzen. In den USA und Kanada dagegenfordern das über 70 Prozent der Menschen.Auch die Expertenurteile stehen bei den Deut-schen nicht so hoch im Kurs wie in anderenLändern: So rangiert Deutschland bei der Fra-ge, ob Entscheidungen vor allem auf dem Ratvon Wissenschaftlern basieren sollten, nur aufPlatz 10. Hier wirkt sich erneut das mangelndeVertrauen der Deutschen in Wissenschaftlerund forschende Unternehmen aus, denn Be-rechnungen des DIW belegen: Je mehr die Men-schen den Experten vertrauen, desto eher ge-ben sie ihnen beispielsweise bei der Politikbera-tung freie Hand.

Soziales Engagement ist wichtig für die Gesellschaft und die Innovationsfähigkeit eines Landes. Auf dem Berliner Freiwilligentag in diesem Jahr, an dem sich mehr als 4.000 Menschen beteiligten, gingen Pro-

minente wie der Tenor Tobey Wilson, die Moderatorin Annabelle Mandeng und Moderator Steven Gätjen (v. li,) mit gutem Beispiel voran und betätigten sich einen Tag lang ehrenamtlich.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200944

Die Deutschen halten sich mit ihrem Einsatz fürdie Gesellschaft allerdings eher zurück, wie dieinternationale Umfrage World Values Surveyzeigt. Was beispielsweise die Mitgliedschaft inSportvereinen, Musikensembles, kirchlichenVereinigungen, Bürgerinitiativen und humanitä-ren Organisationen angeht, liegt Deutschlandunter den 17 Industriestaaten nur auf Platz 10.Kaum größer ist das sogenannte informelle En-gagement der Bundesbürger in losen Netzwer-ken – beispielsweise im Rahmen von Unter-schriftenaktionen und Kundgebungen. In die-sem Bereich kommt Deutschland lediglich aufRang 9.

Soziales Engagement: Deutschezurückhaltend.

Soziales Engagement schafft ein gesellschaftli-ches Klima, in dem die Menschen sich gegen-seitig vertrauen und eher zusammenarbeiten –beides wirkt sich positiv auf die Innovationsfä-higkeit eines Landes aus. Untermauert wird die-se Aussage des DIW durch verschiedene Studi-en, die einen Zusammenhang zwischen der Höhe des sogenannten Sozialkapitals und demWirtschaftswachstum belegen. Zuletzt habenbeispielsweise die niederländischen ÖkonomenSemih Akcomak und Bas ter Weel diese Theseanhand von Untersuchungen in zahlreichen europäischen Ländern bewiesen.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Prof. Dr. Hans Schöler.

„In Deutschland ist man prinzipiell zunächst einmal eher skeptisch undsieht dabei die Probleme und nichtdie Lösung.“

Gründe für eine Rückkehr: Meine Frau wollte gerne wieder nach Deutsch-land. Was mich betrifft, kann ich sagen, ich fühle mich sowohl in den USAals auch in Deutschland sehr wohl.

Wenn Sie beide Nationen miteinander vergleichen – was lässt sichüber die USA und was über Deutschland sagen?Die Amerikaner sind begeisterungsfähig. Das gilt für alles und natürlichauch in ganz besonderer Weise für die Wissenschaft. Es hat mir sehr gutgefallen, als ich erleben konnte, mit welcher Begeisterung die Menschendort zur Forschung standen und stehen. In Deutschland ist es eher so,dass man prinzipiell zunächst einmal eher skeptisch ist und dabei die Pro-bleme und nicht die Lösung sieht. Und manchmal, so habe ich den Ein-druck, geben wir uns dabei sehr große Mühe, Probleme zu finden. In denVereinigten Staaten geht die Tendenz genau in die umgekehrte Richtung.Aber wie so oft, wäre auch hier der Mittelweg das Beste. Natürlich habeich aus den USA auch eine andere Sichtweise mitgebracht, die manchenvielleicht ein wenig pauschal erscheinen mag: Ich denke, dass man inDeutschland als Naturwissenschaftler oftmals zunächst schlechte Absich-ten unterstellt bekommt – und zwar exakt bis zu dem Punkt, wo man dannendlich bewiesen hat, dass man wirklich nützliche Zwecke verfolgt. Auchdas ist in den USA unkomplizierter.

Wo wird die Stammzellforschung in zehn Jahren stehen? Das ist schwer zu sagen. Wenn Sie sehen, dass ich vor 20 Jahren dasOct4-Gen entdeckt habe und damit erst jetzt der Schritt zu einer einfa-chen iPS-Zelle gelungen ist, dann ahnen Sie, wie schwierig das alles ist.Ich hoffe aber, dass in mittelfristiger Zukunft sichere Therapien möglichsind.

Interview mit Prof. Dr. Hans Schöler, Direktor des Max-Planck-Instituts fürmolekulare Biomedizin, Münster.

Herr Professor Schöler, die vorliegende Untersuchung zeigt, dass sich das Innovationsklima in Deutschland etwas verbessert hat. Dasscheint wohl auch bei der Stammzellforschung der Fall zu sein, um diees vor einiger Zeit noch heftige Debatten gab.Diese Wahrnehmung stimmt. Der Streit über die Forschung mit embryona-len Stammzellen, wie wir sie auch hier in Münster betreiben, hatte dasLand tatsächlich gespalten. Doch haben rasante Fortschritte auf diesemForschungsgebiet die Lage zuletzt nachhaltig verändert. Ein Beispiel da-für sind die induzierten Pluripotenten Stammzellen (iPS). Mit ihnen, das istunser Ziel, soll die Züchtung von Ersatzgewebe aus körpereigenen Zellenmöglich sein. Viele Untersuchungen, die für ein besseres Verständnis derUrsachen des jeweiligen Leidens und zur Entwicklung verbesserter Thera-pien nötig wären, sind am Menschen nicht durchführbar oder ethischnicht akzeptabel. Mit iPS könnten sich für Infarktpatienten, aber auch fürMenschen mit Diabetes oder Parkinson, neue Möglichkeiten eröffnen.

Was könnte dies für den Wissenschaftsstandort Deutschland bedeuten?Deutschland hat jetzt die große Chance, die Weichen für den medizini-schen Fortschritt zu stellen, und zwar mit der Gründung eines Instituts,das sich gezielt der Nutzung und Weiterentwicklung der iPS-Technologiewidmet. Die Zeit dafür ist reif. Ähnliche Institute werden derzeit in Kiotound in San Diego aufgebaut. Allein an dem US-Projekt sind einige der renommiertesten Forschungsinstitute beteiligt.

Stichwort USA. Sie haben von 1999 bis 2004 an mehreren amerikani-schen Instituten geforscht. Warum sind Sie wieder nach Deutschlandzurückgekehrt?Zum einen hat mir die Max-Planck-Gesellschaft hervorragende Arbeitsbe-dingungen geboten, um die mich, wie ich weiß, so mancher amerikani-sche Kollege beneidet. Hier in Münster habe ich ein sehr gutes, internatio-nales Forscherteam, ein neues Institut und einen großen Freiraum bei derGestaltung meiner Forschungsarbeit. Zum anderen gab es auch private

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 45

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

„Große Chancen für Deutschland.“

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200948

Bundesrepublik ihre Wertung gegenüber demVorjahr lediglich von 3,20 auf 3,54 Zähler erhö-hen. Erfolgreiche Bildungsnationen wie Däne-mark und die Schweiz erreichen dagegen dop-pelt so viele Punkte.

Für seine Bewertung des Bildungssystems ana-lysiert das DIW vier Teilbereiche:† Ausgaben für Bildung† Qualität der Ausbildung an Schulen und

Hochschulen† Aktuelle und künftige Verfügbarkeit von Fach-

kräften† Weiterbildungsengagement

Bildungsausgaben: An der Zukunft gespart.

Deutschland spart seit Langem an seinem wich-tigsten Rohstoff: Im Jahr 2002 summierten sichdie privaten und öffentlichen Bildungsausgabenauf 5,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Schondamals war das im internationalen Vergleichwenig. In den darauf folgenden Jahren sank dieQuote immer weiter. So investierte Deutschland2005 gerade einmal 5,1 Prozent des Bruttoin-landsproduktes in die Ausbildung des Nach-wuchses. Unter den 17 analysierten Industrie-staaten steht die Bundesrepublik damit bei denGesamtausgaben für Bildung nur auf Platz 12.Vor einigen Wochen meldete die OECD, dassdie Bildungsbudgets im Jahr 2006 sogar weiterauf 4,8 Prozent gefallen sind. Der OECD-Durch-schnitt liegt dagegen bei 5,5 Prozent. Für einLand, dessen Wohlstand wesentlich auf demWissen und den Kompetenzen seiner Bürgerbasiert, ist ein solcher Rückstand mehr als be-denklich.

Das Bildungssystem bleibt ein Schwachpunkt der deutschen Innovationsfähigkeit. Zwar lässtder Indikator 2009 durchaus Fortschritte erkennen, wie etwa die steigende Zahl von Studentin-nen in den Fächern Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften. Diese Lichtblicke werdenaber überschattet von gravierenden Schwächen. Deutschland investiert beispielsweise noch im-mer relativ wenig in Schulen und Hochschulen. Dabei belegen Berechnungen des DIW: Bildungzahlt sich aus.

Im September 2009 gab es für Deutschland malwieder blaue Briefe. Traditionell bewertet dieOrganisation für wirtschaftliche Zusammenar-beit und Entwicklung (OECD) im Spätsommerdie Bildungssysteme ihrer Mitgliedsländer. Undwie in den vergangenen Jahren bekam Deutsch-land einige mahnende Worte zu hören: Zu we-nig Hochschulabsolventen, zu geringe Bil-dungsetats, unzureichende Weiterbildungsbe-mühungen, urteilten die Fachleute der OECD.Deutschland müsse sich daher in Bildungsfra-gen noch mehr engagieren, um den Anschlussan führende Industriestaaten zu schaffen. DieKritik deckt sich mit Ergebnissen des Innovati-onsindikators. Zwar konnte Deutschland im Teil-indikator „Bildung“ gegenüber dem Vorjahr dreiRänge gutmachen, aber noch immer reicht esmit Rang 12 nur zum Mittelfeld.

Der Blick auf die Punktewertung zeigt zudem,dass in den zurückliegenden zwölf Monatenkaum Fortschritte erzielt wurden. So konnte die

Zukunftsfundament mit Rissen.Das deutsche Bildungssystem.

Auf einen Blick.

† Deutschland muss weiter nachsitzen: Unter den17 führenden Industrienationen kommt dasdeutsche Bildungssystem nur auf Rang 12 undkonnte seine Punktwertung gegenüber demVorjahr kaum verbessern. Weil andere Länderjedoch nachgelassen haben, steigt die Bundes-republik gegenüber 2008 um drei Ränge.

† Vor allem die Bildungsausgaben bleiben einSchwachpunkt. Im Vergleich zu den Statisti-ken des Innovationsindikators 2008 hatDeutschland sein Budget je Schüler und Stu-dent um 60 Dollar aufgestockt. Die USA bei-spielsweise legten dagegen 700 Dollar drauf.

† Bei jungen Frauen werden die für die Innovati-onsfähigkeit besonders wichtigen Studiengän-ge Mathematik, Informatik, Natur- und Inge-nieurwissenschaften beliebter. Im Jahr 2006stieg die Zahl der Absolventinnen in diesen Fächern um 6.700. Deutschland macht so indiesem Bereich sechs Plätze gut.

† Mit Investitionen in ihre Bildung können Bun-desbürger eine höhere Rendite erzielen als mitKapitalanlagen. Gerade Frauen und Ostdeut-sche erzielen durch berufsqualifizierende Ab-schlüsse deutlich bessere Einkommen. Sie wer-den seltener arbeitslos als Geringqualifizierte.

Italien

Spanien

Irland

Korea

Österreich

Deutschland

Japan

Niederlande

Belgien

Frankreich

Großbritannien

Finnland

Schweden

Kanada

USA

Dänemark

Schweiz 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,98

6,53

6,36

6,32

4,84

4,75

4,69

4,23

3,64

3,54

3,46

3,44

2,71

1,08

1,00

6,14

Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme.

Quellen: Originaldaten WEF, OECD, Eurostat; Berechnungen des DIW Berlin.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 49

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Wie sehr Deutschland bei der Bildung geizt, be-legt auch eine zweite Perspektive: Je Schülerund Student gab die Bundesrepublik zuletzt7.860 Dollar aus. Das waren knapp 60 Dollarmehr als in der Vorjahresstudie des DIW. Ande-re Länder haben ihre Etats dagegen deutlichstärker aufgestockt. Im internationalen Ver-gleich rutscht Deutschland daher in der Katego-rie Pro-Kopf-Budgets gegenüber dem Vorjahrum einen Platz auf Rang 11 ab. Die höchstenInvestitionen tätigen die USA und die Schweiz.In beiden Ländern beliefen sich die Bildungs-ausgaben je Schüler und Student zuletzt aufüber 12.000 Dollar. Besonders bemerkenswert:Die USA erhöhten ihre Pro-Kopf-Budgets gegen-über der Vorjahresstudie um 700 Dollar.

Pro-Kopf-Budgets und Gesamtausgaben wer-den vom DIW zum Teilindikator „Bildungsfinan-zierung“ zusammengerechnet. Wie im vergan-genen Jahr landet Deutschland in dieser Diszi-plin auf einem enttäuschenden zwölften Rang.Das Spitzentrio bilden erneut die USA, Däne-mark und die Schweiz.

Qualität des Bildungssystems:Unbefriedigend.

Im deutschen Bildungssystem fehlt es nicht nuran Geld. Auch die Qualität der Ausbildung wirdimmer wieder bemängelt. Prominentester Kriti-ker ist die OECD. Im Jahr 2001 veröffentlichtesie ihre erste PISA-Studie. Das schlechte Ab-schneiden Deutschlands öffnete damals breitenBevölkerungsgruppen die Augen. Das einstigeLand der Dichter und Denker musste erkennen:Wir ermöglichen unseren Kindern nur noch ei-ne mittelmäßige Schulausbildung. Seither sindzwei weitere PISA-Studien erschienen, die bis-lang letzte im Jahr 2007. In diesem Test muss-ten 15-Jährige ihre Kompetenzen in den Berei-chen Lesen, Mathematik, Naturwissenschaftenund Problemlösung unter Beweis stellen. Zwarschnitt Deutschland 2007 etwas besser ab alsin den vorherigen Studien. Mit Rang 8 unterden 17 im Innovationsindikator analysierten In-dustriestaaten blieb das Abschneiden aber wei-terhin unbefriedigend.

Auch Führungskräfte in den Unternehmen attes-tieren dem deutschen Bildungssystem Defizite.Aufgrund ihrer Erfahrungen mit Stellenbewer-bern, Auszubildenden und Nachwuchskräften

können sie gut beurteilen, inwieweit junge Men-schen die in der betrieblichen Praxis benötigtenQualifikationen mitbringen. Das World Econo-mic Forum bat Personalverantwortliche daherim vergangenen Jahr, die Qualität des gesamtenErziehungssystems und der mathematisch-na-turwissenschaftlichen Ausbildung zu benoten.Deutschland kommt in diesem Ranking wie imVorjahr nicht über Rang 13 hinaus und konntesich in keinem der abgefragten Bereiche ver-bessern.

Neben der Ausbildung an Schulen nimmt dasDIW die Leistungsfähigkeit der Hochschulenunter die Lupe. Hierfür werden zwei viel zitierteHochschulrankings ausgewertet: die Ranglisteder Universität von Shanghai und das HigherEducation Ranking der britischen Tageszeitung„The Times“. In beiden Studien stehen amerika-nische Eliteschmieden wie Harvard, Stanfordund Berkeley ganz oben. Deutsche Hochschu-len sucht man in der Spitzengruppe dagegenvergeblich. Im Shanghai-Ranking 2008 schaf-fen es sechs deutsche Universitäten in die Top-100. Die beste von ihnen, die Ludwig-Maximili-ans-Universität München, liegt auf Rang 55. ImRanking der „Times“ stehen sogar nur vier deut-sche Akademikerschmieden unter den 100Besten.

Spanien

Irland

Italien

Japan

Niederlande

Deutschland

Finnland

Belgien

Österreich

Frankreich

Großbritannien

Kanada

Korea

Schweden

Schweiz

Dänemark

USA 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,29

5,61

4,53

4,51

3,70

3,56

3,54

3,43

3,34

2,07

2,07

1,89

1,15

1,06

1,00

4,35

Höhe der Bildungsausgaben.

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

QualitätAusgaben

Kritik

WohlstandNachwuchs

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200950

Lehrern erstrecken. Darüber hinaus solltenBund und Länder in der Bildung wieder ge-meinsam an einem Strang ziehen dürfen, wasseit der Föderalismusreform im Jahr 2006 kaumnoch möglich ist.

Fachkräfte: Akademiker gesucht.

Reformen an den Schulen und Hochschulensind für den Innovationsstandort überlebens-wichtig, denn die Schüler von heute sind diedringend benötigten Fachkräfte von morgen.Wie aber steht es um das derzeitige Angebot angut ausgebildeten Arbeitnehmern? Um dieseFrage zu beantworten, vergleicht das DIW inden 17 Industriestaaten den Anteil der Erwach-senen mit tertiärem Abschluss – also mit vollen-

Die drei Teilindikatoren – Qualität der Schulaus-bildung, Bewertung aus Sicht der Wirtschaftund Leistungsfähigkeit der Hochschulen – rech-net das DIW zu einem Gesamtwert für die „Bil-dungsqualität“ der 17 untersuchten Industrie-staaten zusammen. Deutschland belegt in die-ser Kategorie Rang 13. Gegenüber dem Vorjahrhat sich die Bundesrepublik damit um zwei Plät-ze verschlechtert. Das zeigt: Deutschland wirdmehr in Bildung investieren müssen. Es wirdaber auch die bildungspolitischen Rahmenbe-dingungen verbessern müssen, damit die zu-sätzlichen Gelder tatsächlich die Qualität erhö-hen. Hier sind zu allererst die Bundesländer ge-fragt: Ihre Abstimmungsbemühungen dürfennicht bei den einheitlichen Vorgaben zur Lehrer-ausbildung und den Bildungsstandards stehenbleiben, sondern sollten sich beispielsweiseauch auf die leistungsgerechte Entlohnung von

Bildung lohnt sich. Das belegen die sogenann-ten privaten Bildungsrenditen, die das DIW fürden Innovationsindikator 2009 berechnet hat.Bildungsrenditen sind vergleichbar mit der Ver-zinsung von Investitionen: Zunächst legt manGeld an und bekommt später eine verzinsteAuszahlung. Im Fall der Bildung besteht die In-vestition vor allem im Verzicht auf Gehalt: Wervon der Schule unmittelbar ins Berufslebenwechselt, erhält ab dem ersten Monat Lohn.Auszubildende und Studierende müssen sichdagegen erstmal mit Lehrlingsbezügen bzw.Einkommen aus gelegentlichen Studentenjobszufriedengeben. Je länger die Ausbildung dau-ert, desto höher fällt diese Investition aus. FürStudierende kommen in vielen Ländern nochdirekte Bildungsinvestitionen in Form vonHochschulgebühren hinzu. Den Belastungenstehen aber zahlreiche Vorteile gegenüber:Facharbeiter und Hochschulabsolventen verdie-nen später mehr und werden seltener arbeitslosals Geringqualifizierte. Wird ihnen doch mal ge-kündigt, finden sie in der Regel schneller eineneue Stelle.

Diese Vorteile überwiegen in Deutschland die fi-nanziellen Belastungen bei Weitem. So könnenHochschulabsolventen in Westdeutschland eineprivate Rendite von über 8 Prozent erzielen. InOstdeutschland liegt der Ertrag sogar bei gut12 Prozent. Hätten sie dagegen in andere Anla-geformen investiert, wäre die Rendite geringerausgefallen. Mit Investitionen in Unternehmenbeispielsweise ließ sich zuletzt nur ein Ertragvon 6,5 Prozent erwirtschaften.

Profitieren können Akademiker vor allem davon,dass sie in ihrem Leben weniger von Arbeitslo-sigkeit betroffen sind – vor allem in Ostdeutsch-land: Frauen ohne Berufsabschluss beispiels-weise sind dort mehr als viermal so lange ar-beitslos oder nicht erwerbstätig wie Frauen mitHochschulabschluss. In Westdeutschland dau-ert die Arbeitslosigkeit von geringqualifiziertenFrauen immerhin noch doppelt so lange wie dievon Akademikerinnen. Bei Männern fällt die Dif-ferenz zwar nicht ganz so groß aus, aber auchfür sie ist eine Hochschulausbildung ein guterSchutz gegen Arbeitslosigkeit.

Die Renditen zeigen allerdings auch, dass sichmit einer Ausbildung noch höhere Erträge erwirt-schaften lassen als über ein Hochschulstudium.Männer etwa kommen nach einer Lehre in West-deutschland auf eine Rendite von über 11 Pro-zent, im Osten sind es fast 14 Prozent. Ein Grund:Eine Lehre dauert in Deutschland wesentlich kür-zer als ein Studium. Junge Fachkräfte beziehendaher schon einige Jahre vor ihren Altersgenos-sen an den Hochschulen gute Löhne. Zudem ver-dienen sie über ihr gesamtes Erwerbsleben hin-weg gar nicht mal so viel weniger als ihre Kolle-gen mit Universitäts- oder FH-Abschluss.

Vor diesem Hintergrund ist die Einführung derBachelorstudiengänge ein wichtiger Schritt,um die Attraktivität eines Hochschulstudiumszu erhöhen. Diplom- und Magisterstudiengän-ge dauern in der Regel mindestens acht bisneun Semester. Den Bachelor können Nach-wuchsakademiker dagegen meist schon nachsechs Semestern machen. Dadurch verdienensie früher Geld – und die privaten Bildungsren-diten steigen.

Private Bildungsrenditen: Studium lohnt sich.

StudiumSchulausbildung

Rahmenbedingungen

Vorgaben

Bachelor

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 51

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Ulrich Thöne.

„Wir brauchen einen gesamtstaat -lichen Dialog, um zu klären, welcheBildungsziele wir in der Gesellschaftanstreben.“

An welcher Stelle müssen die Schrauben nachgedreht werden und wiesteht es um die Durchlässigkeit des Systems?Es muss dort nachgedreht werden, wo alle Jugendlichen die Chance ha-ben, in eine berufliche Ausbildung zu kommen. Die Wirtschaft muss sichvon dem Irrglauben verabschieden, dass sie bestimmte Vorleistungen ver-langen kann – je nach dem, welche Qualifikationen sie gerade braucht.Ganz wichtig ist das Verständnis dafür, dass alle Jugendlichen das Rechtdarauf haben, eine qualifizierte Berufsausbildung erreichen zu können.Das heißt, dass junge Menschen auch „eine zweite Chance“ zur Nachqua-lifizierung bekommen müssen. Was die Durchlässigkeit betrifft, ist es jaso, dass das System durchlässig ist, leider aber in die falsche Richtung:Es gibt achtmal mehr Schülerinnen und Schüler, die abgestuft werden, alsSchüler, die aufsteigen.

Die MINT-Fächer verzeichnen überproportional viele Studienabbre-cher. Wie lässt sich dieses Problem, das auch von der Wirtschaft immer wieder beklagt wird, lösen?Da müssen Sie mal in die Hochschulen reinschauen. Wenn die Lehre ineiner Reihe von Universitäten eine so untergeordnete Rolle spielt, wun-dern mich hohe Abbrecherquoten nicht. Ich bin mir sicher, dass die jun-gen Menschen gerade auch an den Universitäten eine intensivere Formder Betreuung brauchen und dass man sich mehr um jede und jeden Ein-zelnen kümmern muss.

Welche Erwartungen haben Sie in Sachen Bildung an die neue Bun-desregierung?Zunächst, dass sie bei der Bewältigung der Krisenlasten nicht gleich da-ran denkt, dort zu kürzen, wo es am einfachsten ist: im Bildungsbereich.Das Zweite: Wir brauchen einen gesamtstaatlichen Dialog, um zu klären,welche Bildungsziele wir in der Gesellschaft anstreben. Dann muss einKonzept entwickelt werden, wie wir diese erreichen. Wir müssen das Zielhaben, wirklich alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu fördern. Ichweiß nicht, warum man sich darauf nicht verständigen kann.

Interview mit Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft (GEW). Der studierte Berufsschullehrer steht seiner Organi-sation seit 2005 vor.

Quer durch die bildungspolitische Diskussion zieht sich der Begriff„Unterfinanzierung“. Was muss geschehen, damit andere Zeiten anbrechen? Was dieses Land braucht, ist einen gesamtgesellschaftlichen Beschluss.Und der kann nur heißen: „Wir wollen bessere Bildung!“ Kommt es tat-sächlich zu diesem „Schwur“, ist der nächste Schritt, dafür zu sorgen,dass das Bildungswesen entsprechend materiell ausgestattet wird bzw.die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Andere Län-der schaffen das doch auch. Gemessen an skandinavischen Standardsfehlen der Bildung in Deutschland jährlich über 40 Milliarden Euro.

Ist denn unsere föderale Struktur überhaupt dafür geeignet, dass dieses Ziel erreicht werden kann?Wir haben eine föderale Struktur. Sie wird vom Grundgesetz zwingendvorgeschrieben. Sie ist ein Kernbestandteil der Bundesrepublik und da-ran sollte auch nicht gerüttelt werden. Was wir aber tun könnten, ist et-was ganz anderes, nämlich die Einführung einer Kultur der Verständi-gung auf nationaler Ebene. Mit der Föderalismusreform I ist genau diefalsche Richtung eingeschlagen worden. Beispielsweise wird dem Bundverboten, gemeinsam mit den Ländern Projekte zu finanzieren. Durchdiese Kooperation sind in der Vergangenheit jedoch gesellschaftlichwichtige Vorhaben wie das Ganztagsschulprogramm angeschoben wor-den. Die föderale Kleinstaaterei muss beendet werden. Sie ist ein Ana-chronismus.

Das deutsche System der beruflichen Ausbildung gilt immer noch welt-weit als Vorbild ...Vorsicht! Wenn nicht einmal 50 Prozent aller Bewerberinnen und Bewer-ber ein betrieblicher Ausbildungsplatz angeboten werden kann, schrillendie Alarmglocken. Das duale System reicht nicht mehr aus, es ist ergän-zungsbedürftig.

„Alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich fördern.“

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200952

Der Bedarf an Fachkräften wird weiter wachsen.Dafür sorgen zwei Trends: In den kommendenJahren gehen die geburtenstarken Jahrgängeder Nachkriegsgeneration in Rente und müssendurch neue Mitarbeiter ersetzt werden. Gleich-zeitig spezialisieren sich die deutschen Unter-nehmen zunehmend auf hochkomplexe Produk-te. Für deren Herstellung benötigen sie immermehr gut ausgebildete Angestellte. Welche Kon-sequenzen das für die deutsche Wirtschaft hat,lässt sich am MINT-Bereich ablesen: Bis 2014werden die Unternehmen jedes Jahr rund100.000 MINT-Arbeitsplätze für Akademikerneu besetzen müssen – 70 Prozent davon sindStellen für Ingenieure.

Um den wachsenden Akademikerbedarf zu de-cken, ist Deutschland vor allem darauf angewie-sen, dass künftig mehr junge Menschen einesJahrgangs studieren. Hier sind tief greifende Re-formen notwendig, denn im Moment absolvie-ren vergleichsweise wenige ein Hochschulstudi-um: Von den 25- bis 39-jährigen Bundesbürgernhaben lediglich 22 Prozent einen tertiären Ab-schluss – im OECD-Durchschnitt sind es etwadoppelt so viele. Deutschland landet damit un-ter den 17 führenden Industrienationen aufRang 15. Kaum besser schneidet Deutschlandim MINT-Bereich ab: Nur in vier Industrielän-dern haben noch weniger junge Menschen imtypischen Abschlussalter ein MINT-Studium er-folgreich beendet als in Deutschland. Gelingt esnicht, die Zahl der Studierenden in den MINT-Fächern zu erhöhen, dann rollt auf Deutschlandein dramatischer Fachkräftemangel zu. Das be-legen Prognosen des Instituts der deutschenWirtschaft Köln. Danach würden bei gleichblei-benden Absolventenzahlen im Jahr 2020 schät-zungsweise 426.000 MINT-Akade miker fehlen.

Etwas entspannen könnte sich die Situationdurch die Umstellung der Studiengänge auf daszweistufige Bachelor- und Mastersystem. DasBachelorstudium ermöglicht kürzere Studien-zeiten und hat weniger theoretisch-wissen-schaftliche Lerninhalte als die Diplom- und Ma-gisterstudiengänge. Daher wird ein Bachelor-studium gerade für jene Schüler interessanter,die einen großen Praxisbezug schätzen und da-her auch mit einer Lehre liebäugeln, obwohl siequalifiziert genug wären für einen Hochschulbe-such. Um die Attraktivität des Bachelorstudiumsweiter zu steigern, sollte die Umstellung auf dieneuen Studiengänge konsequent zu Ende ge-

detem Grundstudium oder Bachelorabschluss.Zudem wird die Zahl derjenigen berücksichtigt,die einen Abschluss in einem naturwissen-schaftlichen oder technischen Fach haben odereine Tätigkeit ausüben, die normalerweise ei-nen solchen Abschluss erfordert.

Die Auswertung ergab, dass vor allem in denLändern viele gut ausgebildete Menschen le-ben, die im Gesamtranking des Innovationsindi-kators weit oben stehen – beispielsweise inSchweden, der Schweiz, in den USA und in Dä-nemark. Deutschland muss sich dagegen mitRang 8 begnügen. Was so harmlos klingt, stelltfür die deutsche Wirtschaft ein großes Problemdar. Während der aktuellen Wirtschaftskrise istdie Nachfrage nach neuen Mitarbeitern zwar vorübergehend gesunken. Bei einigen Berufenherrscht aber dennoch großer Fachkräfteman-gel. In den für die Innovationsfähigkeit so wichti-gen Bereichen Mathematik, Informatik, Natur-wissenschaften und Technik (MINT) beispiels-weise suchen Unternehmen noch immer hände-ringend Fachkräfte. So übertraf selbst mitten imKrisensommer 2009 die Zahl der offenen Stel-len für MINT-Akademiker diejenige der arbeits-los gemeldeten MINT-Absolventen um 61.000.

Italien

Spanien

Österreich

Schweden

Deutschland

Irland

USA

Großbritannien

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Kanada

Schweiz

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12

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17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,42

6,15

6,00

5,76

5,42

4,83

4,82

4,58

3,99

3,96

3,95

3,95

3,65

1,22

1,00

5,76

Qualität der Schul- und Hochschulbildung.

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

MINT

Wirtschaft

ProdukteArbeitsplätze

Prognosen

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 53

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Frauen: Interesse an MINT-Studium wächst.

Eine weitere Strategie gegen den Fachkräfte-mangel: Deutschland muss mehr Frauen für ei-ne Karriere in akademischen Berufen gewin-nen. Zuletzt hat sich hier einiges bewegt. Bei-spielsweise entscheiden sich immer mehr Frau-en für ein Studium, wie die Hochschulstatistikenbelegen: Noch Anfang der 1990er-Jahre warenvon den Absolventen erst 40 Prozent Frauen –mittlerweile sind es über 50 Prozent. Besonderserfreulich: Auch die für den Innovationsprozessso wichtigen MINT-Fächer werden bei Frauenbeliebter. Im Jahr 2006 machten 24.600 Stu-dentinnen ihren Abschluss in einem MINT-Fach– das waren 6.700 mehr als ein Jahr zuvor. Wasden Anteil der Frauen an allen MINT-Absolven-

führt werden. Lehrpläne beispielsweise müssennoch besser auf die kürzere Studienzeit hinkonzipiert werden. Zugleich muss eine hoheQualität der Studiengänge sichergestellt wer-den, damit Unternehmen den Bachelor als voll-wertigen berufsqualifizierenden Hochschulab-schluss akzeptieren. Verzichten sollte man aufeine Festlegung, wie viel Prozent der Bachelor-studierenden anschließend ein Masterstudiumbeginnen dürfen. Derzeit ist noch nicht klar, wieleicht es die Bachelorabsolventen auf dem Ar-beitsmarkt haben. Falls von ihnen überra-schend viele beschließen, allein schon wegentrüber Jobaussichten einen Masterstudiengangdranzuhängen, dann sollten sie dazu auch dieMöglichkeit haben.

Studentenmangel: Um den wachsenden Akademikerbedarf zu decken, müssen mehr junge Menschen eines Jahrgangs studieren. An diesem Punkt hat Deutschland großen Nachholbedarf, Reformen sind

dringend nötig.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200954

oder auf eine Teilzeitstelle wechseln. Die Grün-de dafür sind vielfältig: Benachteiligungen bei-spielsweise spielen eine Rolle. So ergaben dieHIS-Analysen, dass Frauen in naturwissen-schaftlich-technischen Berufen weniger verdie-nen als Männer. Zudem steigen sie seltener inFührungspositionen auf. In den meisten Fällengeben Frauen aber die Vollzeitstelle auf, um ih-ren Nachwuchs zu betreuen. Deutschland mussdaher den Ausbau von Kindertagesstätten undGanztagsangeboten in Kindergärten vorantrei-ben, denn bislang kommen die Angebote be-rufstätigen Frauen nicht genügend entgegen.Das zeigt beispielsweise eine Umfrage des Ver-eins Deutscher Ingenieure. Danach sagten imSeptember 2009 lediglich 7 Prozent der Inge-nieurinnen hierzulande, dass sich Beruf und Familie gut vereinbaren lassen.

Zuwanderung: Strategie gegenFachkräftemangel.

Die Fachkräftelücke würde sich weiter schlie-ßen, wenn mehr gut ausgebildete Menschenaus dem Ausland nach Deutschland zögen.Trotz des toleranteren Gesellschaftsklimas istdie Bundesrepublik für viele Hochqualifizierteaber bislang nicht erste Wahl. Zahlen der OECDzufolge haben von den Zuwanderern, die nachDeutschland kommen, lediglich 16 Prozent einegute Ausbildung. Im internationalen Vergleichliegt Deutschland damit auf Rang 15. Unter denEinwanderern, die es nach Irland zieht, sind da-gegen rund 40 Prozent gut ausgebildet. In Ka-nada und Großbritannien liegt der Anteil beiüber 30 Prozent.

Auch an deutschen Hochschulen finden sichnicht gerade viele Gaststudierende, die mannach dem Studium für eine Karriere in den hie-sigen Unternehmen und Wissenschaftseinrich-tungen begeistern könnte. So stellen die auslän-dischen Studierenden lediglich 0,3 Prozent derdeutschen Bevölkerung. Im internationalen Ver-gleich bedeutet das Rang 9. In der Schweiz undin Österreich machen die Studierenden ausdem Ausland dagegen rund 0,5 Prozent der Gesellschaft aus. In Großbritannien sind es sogar knapp 0,7 Prozent.

ten angeht, schafft Deutschland dadurch einenSprung um sechs Ränge nach vorne und ran-giert unter den führenden Industriestaaten aufPlatz 7. Der Trend hat sich nach neusten Zahlenin Deutschland auch im Jahr 2007 fortgesetzt,in dem bereits 27.800 Frauen einen Hochschul-abschluss in diesen Fächern erwarben.

Vor allem in den Vorlesungen für Mathematik,Biologie und Chemie sitzen mittlerweile vieleFrauen. Die Ingenieurwissenschaften bleibendagegen Männerdomänen. In der Elektrotech-nik etwa stellen die Frauen – trotz eines deutli-chen Anstiegs der Quote – erst 8 Prozent derAbsolventen. Im Maschinenbau sind es nachAngaben des Statistischen Bundesamtes 18Prozent.

Steigende Absolventinnenzahlen werden dieFachkräftelücke allerdings nur dann verklei-nern, wenn es gelingt, Frauen langfristig im Be-ruf zu halten. Studien des Hochschul-Informati-ons-Systems (HIS) belegen aber, dass relativviele MINT-Absolventinnen ihre Karriere schonwenige Jahre nach dem Berufsstart beenden

Eine Karriere in naturwissenschaftlichen Berufen? Immer weniger Frauen schrecken davor zurück. Auch an den Universitäten sind

Fächer wie Biologie und Chemie immer beliebter geworden. Ein Trend, der gut für die Innovationsfähigkeit Deutschlands ist.

ToleranzFamilie

Zuwanderung

Beruf

Absolventinnen

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 55

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Dr. Peter Speck.

„Unternehmerisches Engagementkann auch in der Bildung einen wertvollen Beitrag für die Weiterent-wicklung der Gesellschaft leisten.“

Modell, das sich von anderen Fondsmodellen,, bei denen sich beispiels-weise der Staat und die Unternehmen die Kosten teilen, grundlegend unterscheidet. Stipendien können Sie nur einmal vergeben, dann ist dasGeld weg. Da ist kein Perpetuum Mobile hinterlegt.

Der finanzielle Aspekt ist aber nicht das einzig Lukrative …Das Geld ist schon von großer Bedeutung, denn es ermöglicht ein zielge-richtetes und kurzes Studium. Die Studierenden und Doktoranden profitie-ren darüber hinaus von einem besonderen Netzwerk: Technisch orientier-te Unternehmen, mit denen der Bildungsfonds zusammenarbeitet, und engagierte Professoren werden zu Anlaufstellen für Jungakademiker undbegleiten sie durch ihre komplette Ausbildung. Mit diesem firmenübergrei-fenden Netzwerk – es besteht derzeit aus 20 innovativen und erfolgrei-chen Unternehmen und 30 Hochschulen – haben die Studierenden undDoktoranden die Chance, an zusätzliche Ausbildungsangebote zu kom-men und ein persönliches Netzwerk aufzubauen. Und noch etwas: Diejungen Leute kommen frühzeitig mit Firmen in Kontakt, die für sie als Arbeitgeber infrage kommen können. Unter dem Aspekt des akademi-schen Arbeitskräftemangels ist dieses für die assoziierten Firmen keineuncharmante Idee. Die jungen Leute haben umgekehrt die Chance, durchzusätzliche Ausbildung und Weiterqualifizierung, auch im Ausland, even-tuelle Wartezeiten vor dem Berufseinstieg sinnvoll zu überbrücken.

Herr Speck, was würden Sie nach zwei Jahren Festo Bildungsfonds alsZwischenbilanz ziehen und welchen Rat würden Sie anderen Unterneh-men oder Privatpersonen geben?Ich würde es sehr begrüßen, wenn auch andere diese Idee aufgreifen wür-den. Ob Branchenfonds oder Verbandsfonds – das ist gleich. Hauptsache,es geschieht etwas.

Interview mit Dr. Peter Speck, Geschäftsführer des Festo Bildungsfonds.Diese Einrichtung ist der erste firmeneigene Bildungsfonds in Deutsch-land. Gegründet wurde er im Jahr 2007 von den beiden Gesellschafterndes Esslinger Automatisierungsspezialisten Festo AG & Co. KG, Wilfriedund Kurt Stoll.

Reichen die Möglichkeiten des staatlichen Bildungssystems aus Unter-nehmenssicht nicht aus – und ist der Bildungsfonds der Festo AG eineAntwort?Der Festo Bildungsfonds ist der gelungene Versuch eines Unternehmens,Toptalente aus den naturwissenschaftlichen Disziplinen – unabhängig vonihrer sozialen Herkunft – ausfindig zu machen und zu fördern. Festo ver-steht sein Engagement im Sinne einer Corporate Educational Responsibi-lity (CER®): Wir sind der Meinung, dass Bildung nicht nur Aufgabe desStaates ist. Die Gesellschafterfamilien Stoll wollen mit dem Festo Bil-dungsfonds beweisen, dass unternehmerisches Engagement auch in derBildung einen wertvollen Beitrag für die Weiterentwicklung der Gesell-schaft leisten kann.

Sie haben 5 Millionen Euro in den Fonds gegeben. Was genau soll da-mit gefördert werden?Lebenshaltungskosten und Studiengebühren von Studierenden und Dokto-randen. Und dabei können schon hübsche Summen zusammenkommen;die Spitze dürfte bei 40.000 Euro pro Kopf liegen. Bei dieser Größenord-nung wird jeder verstehen, dass wir uns die Kandidaten genau anschau-en. 600 Bewerber rekrutieren wir bisher sowohl an rund 100 Hochschulenim deutschsprachigen Raum als auch an mehr als 10 ausländischenHochschulen. Die Hälfte stellt sich dem Online-Assessment-Center – unddavon erhält letztendlich etwa jeder Zweite einen Vertrag. Später, wennder Student im Beruf angekommen sein wird, wird er einkommensabhän-gig einen bei Vertragsabschluss fixierten Prozentsatz zurückzahlen. DieRückzahlung ist nach oben limitiert und damit in jedem Fall wesentlichgünstiger und auch flexibler, als es jeder Studienkredit sein kann. DasGeld wird an den Fonds zurückgezahlt, oder, wenn Sie so wollen, an dieNachfolgegeneration. So entsteht eine Art Perpetuum Mobile – ein

„Bildung ist nicht nur Sache des Staates.“

56 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Bundesländer: Sachsen verbessert sich.

Der Innovationsindikator 2009 unterstreicht: Mitden erfolgreichen Bildungsnationen Schweizund Dänemark findet Deutschland gute Reform-vorbilder in der Nachbarschaft. Gibt es aberauch in der Bundesrepublik einzelne Regionen,die im internationalen Vergleich mithalten undals Vorbild für Bildungsreformen in Deutschlanddienen können? Dieser Frage ist das DIW nach-gegangen, indem die Wissenschaftler die Bil-dungssysteme von Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen in denVergleich mit den führenden Industrienationeneinbezogen haben. Dafür wurden fast alle Indi-katoren analysiert, die das DIW auch für denVergleich der Bildungssysteme in den 17 Indus-triestaaten herangezogen hat. Beispielsweisehaben die Berliner Wissenschaftler die Bil-dungsausgaben, den Anteil der hoch qualifizier-ten Beschäftigten in Wissenschaft und Technik,den akademischen Nachwuchs und die Qualitätder Hochschulen in den Bundesländern mitden Daten aus den Industriestaaten verglichen.

Die Auswertung ergab, dass lediglich das säch-sische Bildungssystem im internationalen Ver-gleich halbwegs mithalten kann. Unter den 21Rankingteilnehmern einschließlich Deutsch-lands rangiert das ostdeutsche Bundesland aufPlatz 7. Sachsen schneidet damit nicht nurdeutlich besser ab als Deutschland insgesamt,das auf Platz 14 liegt. Es konnte sich auch umvier Ränge gegenüber dem Vorjahr verbessern.Ebenfalls einen großen Sprung nach vorne hatBaden-Württemberg gemacht. Das traditionellforschungsstarke Bundesland kletterte vonRang 16 auf Platz 12. Bayern folgt auf Rang 17und Nordrhein-Westfalen auf Platz 18. Das Ran-king beweist damit, dass sogar Bundesländerwie Bayern und Baden-Württemberg, die in Sa-chen Forschung und Entwicklung zur Weltspit-ze gehören, Anteil am schwachen Abschneidendes deutschen Bildungssystems haben, ver-merkt das DIW.

Der deutsche Klassenbeste Sachsen punktetvor allem, weil er einen vergleichsweise großenAnteil seiner Wirtschaftskraft in Bildung inves-tiert. In diesem Bereich schafft es das ostdeut-sche Bundesland mit Rang 4 fast aufs Sieger-treppchen. Bei den Ausgaben pro Schüler und

Italien

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15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,64

6,34

6,19

6,17

5,27

4,72

4,34

4,14

4,13

3,84

3,19

2,55

1,70

1,69

1,00

5,69

Weiterbildung von Arbeitnehmern.*

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

* Je mehr Arbeitnehmer an Weiterbildungen teilnehmen und je mehr Zeit sie damit verbringen, desto besser ist die Bewertung.

Weiterbildung: Nur jeder Vierte aktiv.

Wenn Unternehmen mehr Know-how brauchen,aber auf dem Arbeitsmarkt keine geeignetenBewerber finden, dann wird die Weiterbildungder Mitarbeiter umso wichtiger. Deutschlandschöpft dieses Potenzial allerdings noch nichtgenügend aus: Im Teilindikator „Weiterbildung“liegt die Bundesrepublik lediglich auf einementtäuschenden Rang 13.

Die Bewertung stützt sich neben Umfragen un-ter Wirtschaftsvertretern auf Analysen derOECD. Die Wissenschaftler der internationalenOrganisation haben sich angeschaut, wie vieleArbeitnehmer in den Industriestaaten an Weiter-bildungen teilnehmen und wie viele Stunden siedamit verbringen. In beiden Kategorien landetDeutschland lediglich auf Rang 12. Nach Anga-ben der OECD bilden sich hierzulande nur 12Prozent der Arbeitnehmer weiter. Zum Ver-gleich: Beim Spitzenreiter Dänemark frischen40 Prozent der Arbeitnehmer ihr Wissen regel-mäßig auf. Dafür opfern sie doppelt so viel Zeitwie die Deutschen.

Schüler

Mitarbeiter

Strategie

Karriere

Regionen

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

57BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Student reicht es dagegen nur zu Platz 7 – dasist aber immerhin drei Ränge besser als im Vor-jahr. Baden-Württemberg und Bayern erreichenbei den Pro-Kopf-Ausgaben lediglich die Ränge11 und 12. Gegenüber dem Vorjahr haben sichbeide damit um vier Plätze verschlechtert. Nord-rhein-Westfalen landet auf einem enttäuschen-den Platz 16.

Neben den hohen Bildungsinvestitionen fällt inSachsen auch die gut ausgebildete Bevölke-rung auf. Nur in Kanada fand das DIW einenhöheren Bestand an Akademikern als im ost-deutschen Freistaat. Was den Anteil der natur-wissenschaftlich-technischen Fachkräfte anden Arbeitnehmern angeht, steht Sachsen so-gar an der Spitze. Das Tüftlerland Baden-Würt-temberg folgt auf Rang 2, Bayern kommt aufPlatz 5. Nordrhein-Westfalen dagegen erreichtnur Rang 12.

Keines der untersuchten Bundesländer bildetallerdings genügend junge Akademiker aus. Alswiederum bestes Bundesland schafft es Sach-sen in dieser Kategorie auf Rang 9, Baden-Württemberg kommt auf Platz 12, NRW aufRang 15 und Bayern auf Platz 17. Gerade diesüddeutschen Länder setzen anscheinend da-rauf, dass ihr Angebot an attraktiven Arbeits-plätzen Akademiker aus anderen Regionen an-lockt, kritisiert das DIW. Um eine solche Strate-gie einzudämmen, sollten die Bundesländer inZukunft größere Anreize erhalten, sich für dieAusbildung des Akademikernachwuchses zuengagieren.

Italien

Spanien

Irland

Bayern

Korea

Österreich

Deutschland

Japan

Niederlande

Belgien

Frankreich

Großbritannien

Sachsen

Finnland

Schweden

Kanada

USA

Dänemark

Schweiz 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

Rang Punktwert

Baden-Württemberg

Nordrhein-Westfalen

7,00

6,98

6,53

6,36

6,32

4,97

4,84

4,75

4,68

4,23

3,91

3,64

3,54

3,46

3,44

3,33

6,14

3,04

2,71

1,08

1,00

Bundesländer: Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme.

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

Schüler in Sachsen finden ein gutes Lernumfeld vor: Der Freistaat ist zum vierten Mal in Folge Spitzenreiter beim Bildungsmonitor, dem

Leistungscheck der Bundesländer. Sachsen kann auch als einziges Bundesland international halbwegs mithalten.

58 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Prof. Dr. Margret Wintermantel.

Driftmann: Es muss hier ohne Zweifel mehr gemacht werden. Die USA sindnicht in jedem Fall Vorbild für uns, aber wir können ja an den sogenanntenEliteuniversitäten, wie zum Beispiel in Stanford, genau sehen, wie die Zu-sammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft funktionieren kann.Hier muss Deutschland seinen eigenen Weg finden. Wichtig ist aber, dasswir die Studierenden näher an die Wirtschaft heranführen. Praxisnahe Pro-jekte können hierzu einen guten Beitrag leisten. Auch sollte die Möglichkeit,ein Praktikum zu absolvieren, in die Studiengänge integriert werden.

Welche Rolle spielt die Politik auf diesem Feld?Wintermantel: Wir müssen uns dem scharfen Wettbewerb mit anderenNationen stellen. Wir sehen, dass man besonders in den USA, China, Süd-korea, Indien und Brasilien dabei ist, viel stärker in Wissenschaft und For-schung zu investieren. Trotz positiver Ansätze hinken wir in dieser Hinsichthinterher.Driftmann: Die Politik hat den sogenannten Bologna-Prozess unterstützt.Die Zuständigkeit der Bundesregierung ist dabei sehr begrenzt und dieLänder haben unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Grundsätzlich istder Bologna-Prozess zu befürworten, wir streben natürlich eine stärkereInternationalisierung und Vergleichbarkeit der Studiengänge und Ab-schlüsse an; die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen muss allerdingserhöht werden. Viele Unternehmen beklagen, dass das theoretische Wis-sen der Hochschulabgänger zwar äußerst umfänglich ist, es aber bei derFähigkeit mangelt, das Erlernte in die Praxis umzusetzen. Den Studieren-den muss mehr Wissen um die reale Arbeitswelt und nicht zuletzt um dieFunktionsweise der Wirtschaft vermittelt werden, um den Übergang in denArbeitsmarkt zu erleichtern.

Frau Professor Wintermantel, Sie haben bei Ihrer Wiederwahl zur HRK- Präsidentin gesagt, dass die Hochschulen in einer Phase des Um-bruchs steckten, Bildung und Forschung könnten aber Entscheidendeszu einer positiven Weiterentwicklung der Gesellschaft beitragen. Wiesieht dieses Angebot aus und wie müssen die Rahmenbedingungendafür geschaffen sein?

Dialog zwischen der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Prof. Dr. Margret Wintermantel, und Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK).

Die Reform des deutschen Bildungssystems zeigt leichte Fortschritte.Das belegt der vorliegende Innovationsindikator Deutschland 2009.Trotzdem ist Deutschland noch weit von der Spitze entfernt. Wie lässtsich das ändern?Wintermantel: In erster Linie ist eine solide Grundfinanzierung unsererHochschulen notwendig, die unseren jungen Menschen eine bessere Bil-dung und Ausbildung ermöglicht. Wir brauchen mehr und sehr gute Leh-rende. Sie sind es, die für den Arbeitsmarkt der Zukunft ausbilden, aberauch die individuellen Entwicklungschancen der Studierenden befördern.Dabei dürfen wir nicht vom Humboldt-Prinzip abkommen. Die Studieren-den müssen an modernen Forschungserkenntnissen orientiert ausgebil-det und an der Forschung beteiligt werden.Driftmann: Ich gebe Frau Wintermantel in diesem Punkt Recht. Die Lehrean den Universitäten muss einen höheren Stellenwert bekommen, wir kön-nen nicht einseitig den Schwerpunkt auf die Forschung setzen. Forschungist wichtig, Forschung ist die Grundlage – aber wir brauchen auch moti-vierte Lehrende, die unter anderem in der Lage sind, den Wissenstransferin die betriebliche Praxis stärker zu befördern.

Wie steht es um die Kooperation zwischen Universität und außeruni-versitären Forschungseinrichtungen, etwa in der Industrie?Wintermantel: Kooperationen zwischen Universitäten, außeruniversitärenForschungseinrichtungen und Industrie müssen noch besser ausgebautund gesteuert werden. Zwei relativ neue komplementäre Instrumente sindbesonders hilfreich. Die Exzellenzinitiative beginnt bei der Grundlagenfor-schung der Universitäten und integriert die außeruniversitären Forschungs-einrichtungen und ausdrücklich auch Unternehmen. Die Spitzencluster set-zen bei der Förderung von Marktchancen der Unternehmen durch Zusam-menarbeit mit Hochschulen an. Durch die Bündelung der Kompetenzenwerden Kooperationen dieser Art zu guten Ergebnissen führen.

„Unsere Hochschulen – fit für die Zukunft?“

Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

59BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

„Der Bedarf an Teilzeit-, Fern- und Weiterbildungsstudienwächst. Die Hochschulen können dem im Moment nicht wirk-lich genügen, weil ihr Finanz- und Personalkorsett so eng ist.“

Prof. Dr. Margret Wintermantel

Auch bei den Frauen hält sich die Begeisterung für die MINT-Berufe inGrenzen …Wintermantel: Leider! Die zahlreichen „Girls’ Days“ und andere Initiativender Hochschulen zeigen an diesem Punkt durchaus einen spürbaren Er-folg. Der wichtigste Faktor aber ist der Arbeitsmarkt. FamilienfreundlicheArbeitsbedingungen sind das allerwichtigste Signal gerade an die Frauen.Driftmann: Eine Vielzahl von Faktoren führt heute immer noch dazu, dassMINT-Berufe eher von Männern präferiert werden. Daher sollte das Inte-resse an naturwissenschaftlichen und technischen Berufen bereits in Kin-dergarten und Schule gefördert werden – gerade auch bei Mädchen. Esmuss uns gelingen, Eignung, Neigung und Leistung zu verknüpfen. Dannist mir um unseren Nachwuchs auch in den MINT-Fächern nicht bange.

Muss dann nicht endlich aber auch das Kapitel „Work-Life-Balance“weitergeschrieben werden?Wintermantel: Das sehe ich auch so. Wir brauchen mehr Flexibilität – imBeruf wie während des Studiums. Der Bedarf an Teilzeit-, Fern- und Wei-terbildungsstudien wächst. Die Hochschulen können dem im Momentnicht wirklich genügen, weil ihr Finanz- und Personalkorsett so eng ist. Wirdrängen vehement auf die notwendigen öffentlichen Mittel.Driftmann: Mit Blick auf die demografische Entwicklung und den wach-senden Fachkräftemangel spielt die Vereinbarkeit von Familie und Berufeine immer größere Rolle. Zwar gibt es in zahlreichen Unternehmen be-reits erfreuliche Ansätze, wir müssen jedoch in Zukunft noch kreativer andie Problemlösungen herangehen – vom Kindergarten bis zur Elternzeit.Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Wintermantel: Die Hochschulen sind bereit, die Reformen zu einem posi-tiven Abschluss in Richtung auf einen leistungsfähigen europäischenHochschul- und Forschungsraum zu bringen. Das bedeutet aber auch,dass der Autonomieanspruch der Hochschulen eingelöst wird. Nur so las-sen sich jene Stärken und Profile entwickeln, die wir dringend brauchen.

Herr Professor Driftmann, „Autonomie der Hochschulen“ – für Sie einwichtiges Thema?Driftmann: Wenn die Eigenständigkeit der Hochschulen zu mehr Wett -bewerb führt, kann dieser Ansatz richtig sein. Die Universitäten müssen ihrerseits dafür sorgen, dass der Zuspruch von Studenten allein aus denStudienbedingungen und aus der Exzellenz von Lehre und Forschung resultiert.

Das Phänomen Studienabbrecher in den MINT-Fächern beschäftigtnun schon seit geraumer Zeit die Debatte. Was sind die Gründe für dasAufgeben und was kann dagegen getan werden?Wintermantel: Wir wissen, dass Studienanfänger nicht selten zu unge-naue Vorstellungen und häufig auch zu wenig mathematisch-naturwissen-schaftliche Vorbildung mitbringen. Hier sind die Studienberatung und derEinsatz von Brückenprogrammen gefragt. Manche Studienprogramme wir-ken auch nicht genügend motivierend: Hier muss die Begeisterung derStudierenden gezielt aufgenommen und geweckt werden.Driftmann: Die Leistungsanforderungen an den Universitäten sind in denMINT-Fächern sehr hoch. Ein übertriebener Schwierigkeitsgrad in Prüfun-gen ist aber kein Merkmal für Qualität in der Lehre, sondern schreckt viel-fach davor ab, solch ein Studium überhaupt zu beginnen. Generell solltenwir akzeptieren, dass nicht jeder Absolvent eines MINT-Studiengangs ei-nes Tages Nobelpreisträger werden kann.

„Es muss uns gelingen, Eignung, Neigung und Leistungzu verknüpfen. Dann ist mir um unseren Nachwuchsauch in den MINT-Fächern nicht bange.“

Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann

Schlaglichter.

„Wir sehen, dass man besonders in den USA,China, Südkorea, Indien und Brasilien dabei ist,viel stärker in Wissenschaft und Forschung zu investieren. Trotz positiver Ansätze hinken wir indieser Hinsicht hinterher.“

Prof. Dr. Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz

„Wir brauchen verbesserte und stabile Rahmen-bedingungen für Investitionen, vor allem eineNeuorientierung der Regulierung auf Wachstumund Innovationen.“

Timotheus Höttges, Finanzvorstand der Deutschen Telekom AG

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

„Gerade in Krisenzeiten stehen diejenigen Unterneh-men besser da, die Innovationen anbieten und sichdamit am Markt behaupten.“

Cornelia Rudloff-Schäffer, Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamtes

„Es ist zu befürchten, dass mit zunehmender Dauerder Krise immer mehr Mittelständler ihre Innovations-anstrengungen nicht beibehalten können und in denkommenden Jahren wichtige Impulse für die wirt-schaftliche, ökologische und gesellschaftliche Ent-wicklung Deutschlands ausbleiben.“

Dr. Ulrich Schröder, Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe

„In Deutschland gibt der Staat nur ein Promilledes BIP aus, um forschende Firmen zu unter-stützen. Andere Länder greifen den Betriebenstärker unter die Arme.“

Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 63

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

zweite Unternehmen, dass die Finanzierungs -situation in den kommenden Monaten schwererwird.

Die Leidtragenden wären insbesondere kleineund mittlere Unternehmen (KMU). Wie die Kon-zerne finanzieren auch sie ihre FuE-Budgetszwar zum Teil aus den laufenden Einnahmenund dem eigenen Kapital. Im Vergleich zu gro-ßen Firmen sind KMU aber deutlich stärker da-rauf angewiesen, zusätzlich Darlehen von Ban-ken aufzunehmen, um die kostspielige Entwick-lung von Produkten bezahlen zu können.

Krisenstimmung: Schwere Zeiten für Gründer.

Auch was die Unternehmensgründungen an-geht, gibt es derzeit schlechte Nachrichten fürdie Innovationsfähigkeit Deutschlands. NeueFirmen sind wichtige Treiber des Fortschritts.Gerade Wissenschaftler, die von Hochschulenkommen und sich mit ihren Hightech-Entwick-lungen selbstständig machen, stoßen vielfach inprofitable, zukunftsträchtige Marktlücken.Gleichzeitig dienen Start-ups den etabliertenKonkurrenten als Kreativitätsquelle: Immer malwieder kaufen große Konzerne junge Firmenauf, die eine gute Geschäftsidee haben, undentwickeln sie weiter. Solche Impulse für die Innovationsfähigkeit sind zuletzt aber schwä-cher geworden. Nach Angaben des Bundesver-bandes Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK)berichten Investoren, dass im Moment deutlichweniger Kreative an ihre Türen klopfen und Kapital für Firmengründungen beantragen.

Diejenigen, die trotz der Krise den Mut zurSelbstständigkeit aufbringen, treffen auf ein ge-trübtes Finanzierungsumfeld. So hat sich ange-sichts steigender Insolvenzzahlen das Ge-schäftsklima der Beteiligungskapitalgeber seit2007 stark verschlechtert. Viele Investoren kon-zentrieren sich daher auf ihre bestehenden Be-

Ob Kredite für die Entwicklung neuer Produkte benötigt werden oder Geld für Firmengründun-gen: Unternehmer kommen in Deutschland schwerer an Kapital als in anderen Ländern. Die dro-henden Finanzierungsengpässe im Zuge der Wirtschaftskrise erhöhen den Handlungsbedarfweiter. Wie der deutsche Staat die Finanzierung von FuE-Projekten langfristig erleichtern kann,machen erfolgreiche Innovationsländer bereits vor: Sie gewähren forschenden UnternehmenSteuervergünstigungen. Darüber hinaus gibt es weiteren Handlungsbedarf, beispielsweise inden Bereichen Wagniskapital und Programmförderung.

Für Unternehmen sind Kreditverhandlungen mitBanken in diesen Tagen schwierige Termine. Fi-nanzkrise, weltweiter Abschwung und steigen-de Insolvenzzahlen haben die Geldhäuser vor-sichtig werden lassen – und die Wirtschaft be-kommt das zu spüren. In einer ifo-Umfrage klag-ten im September 2009 gut 46 Prozent der Be-triebe im verarbeitenden Gewerbe über einerestriktive Kreditvergabe der Banken – im Som-mer 2008 waren es nicht mal halb so viele.Zwar verleihen die Banken weiterhin Gelder,aber zu verschärften Konditionen. Viele Unter-nehmen müssten derzeit mehr Sicherheitenund detailliertere Geschäftsdaten vorlegen, be-richtet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).Auch höhere Zinsen seien an der Tagesord-nung. Eine flächendeckende Kreditklemmekann der KfW-Vorstandsvorsitzende Dr. UlrichSchröder aber bislang nicht erkennen (siehe In-terview auf Seite 65). Das liegt vor allem daran,dass die Unternehmen derzeit ohnehin wenigerKredite beantragen. Viele hatten schon in derVergangenheit kräftig in Innovationen investiertund warten jetzt erstmal ab, bis die Konjunkturwieder an Fahrt gewinnt.

Das könnte bereits in den kommenden Monateneintreten, prognostizieren manche Ökonomenund Wirtschaftsvertreter. In diesem Fall bestehtdie Gefahr, dass sich die Finanzierungssituationdeutlich verschärft und den Aufschwungbremst. Die Unternehmen werden dann nämlichihre Investitionen steigern und wieder mehr Dar-lehen beantragen. In die Verhandlungen mitden Banken gehen sie aber mit einer geringe-ren Kreditwürdigkeit als vor der Flaute, weil dieUmsatzeinbrüche und Defizite der zurückliegen-den Krisenmonate die Finanzpolster vieler Fir-men verringert haben. Gleichzeitig sind dieBanken angesichts ihrer eigenen Geschäftspro-bleme gezwungen, bei der Kreditvergabe nochstärker auf die Bonität zu achten. Diese Gemen-gelage bereitet vielen Unternehmen Sorgen. Ineiner Umfrage des Instituts der deutschen Wirt-schaft Köln erwartete im August 2009 jedes

Innovationen in der Krise. Die Finanzierung von Forschung und Entwicklung.

Auf einen Blick.

† Die schwierige Finanzierung von Innovationenist ein herausragender Schwachpunkt imdeutschen Innovationssystem. Schon vor derFinanzkrise klagten hierzulande mehr Unter-nehmer als in anderen Ländern über einenschlechten Zugang zu Krediten und Börsen -kapital.

† Auch Unternehmensgründer stehen inDeutschland seit Langem vor vergleichsweisegroßen Problemen, Investoren zu finden. Esmangelt vor allem an Risikokapital.

† Wirtschaftskrisen in der Vergangenheit habendie Finanzierungssituation über Jahre hinwegeingetrübt. Erste Anzeichen, dass sich Bankenund Investoren mit Engagements bei innovati-ven Unternehmen auch in der aktuellen Krisezurückhalten, gibt es bereits.

† Um gegenzusteuern, schlägt das DIW vor, Forschung und Entwicklung nicht nur über die bestehenden Förderprogramme anzu-schieben, sondern zusätzlich spezielle Steuer-erleichterungen für innovative Firmen einzu -führen.

Foto: Viele Unternehmen –

ob neue oder alte – würden

gerne mehr Produkte „Made

in Germany“ auf den Markt

bringen. Doch ihnen stehen

oft Hürden im Weg. Ein

Problem ist der schlechte

Zugang zu Krediten und

Börsenkapital.

Existenzgründermesse: So verlockend die Selbstständigkeit sein mag, in Deutschland sind die Rahmenbedingungen für Unternehmensgründer seit Jahren schlecht.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200964

studien deutliche Spuren hinterlassen wird. Bei-spiel New Economy: Im Jahr 2000 platzte dieDotcom-Blase. Rund um den Globus erhielt dieKonjunktur einen Dämpfer. Noch im selben Jahrbrachen in allen Industrieländern die Risikoka-pitalinvestitionen ein. In den beiden darauf fol-genden Jahren beurteilte die Wirtschaft die Zu-gangsmöglichkeiten zu Krediten und Risikoka-pital deutlich schlechter als vor dem Nieder-gang der New Economy. Erst ab 2003 ging eswieder leicht bergauf.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung rechnetdas DIW damit, dass auch der aktuelle Konjunk-tureinbruch ohne staatliche Maßnahmen die Fi-nanzierungsbedingungen gerade für Unterneh-mensgründer noch über Jahre hinweg belastenwird – zumal die momentane Krise alle Beteilig-ten wesentlich stärker erfasst hat als das Plat-zen der Dotcom-Blase.

teiligungen und halten sich mit neuen Engage-ments zurück. Das belegen Zahlen des BVK.Danach hatten Risikokapitalgeber im erstenHalbjahr 2009 lediglich 255 Millionen Euro neuin junge Unternehmen investiert – im Vorjahres-zeitraum war es noch fast doppelt so viel.

Erfahrungen aus der Dotcom-Zeit.

Am Innovationsindikator 2009 lassen sich dieseaktuellen Entwicklungen noch nicht ablesen.Die Rankings des Indikators beruhen auf Datendes Europäischen Statistikamtes aus dem Jahr2007 und einer Umfrage, die im Frühjahr 2008,kurz vor der Eruption der Finanzkrise, durchge-führt wurde. Erfahrungen aus den vergangenenWirtschaftskrisen belegen aber, dass der Kon-junktureinbruch in den kommenden Indikator-

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

„Wegen der besonders hohen Erfolgs-unsicherheit von Innovationsvorha-ben fällt deren Finanzierung generellschwer.“

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 65

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

„Realisierung darf nicht an Finanzierung scheitern.“

Dr. Ulrich Schröder.

Befürchten Sie, dass insbesondere mittelständische Unternehmen ausfinanziellen Gründen ihre Innovationstätigkeit einschränken? Wegen der besonders hohen Erfolgsunsicherheit von Innovationsvorha-ben fällt deren Finanzierung generell schwer. Die aktuelle Krise verschärftdiese Problematik. Darüber hinaus fehlen vielen Unternehmen aufgrundder derzeitigen wirtschaftlichen Situation auch die internen Ressourcen.Es ist zu befürchten, dass mit zunehmender Dauer der Krise immer mehrMittelständler ihre Innovationsanstrengungen nicht beibehalten könnenund in den kommenden Jahren wichtige Impulse für die wirtschaftliche,ökologische und gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands ausbleiben.Daher unterstützt die KfW innovative Mittelständler oder Gründer mit spe-ziell für diesen Zweck entwickelten Förderprogrammen. Je nach individu-ellem Bedarf eines Unternehmens bieten wir Mezzanine-Finanzierungenoder auch Beteiligungsmodelle an. So richtet sich beispielsweise dasERP-Innovationsprogramm mit seinem Mezzanine-Angebot an etablierteUnternehmen, während wir mit dem ERP-Startfonds Beteiligungskapitalfür junge Technologieunternehmen zur Verfügung stellen.

Rechnen Sie damit, dass das Gründungsgeschehen infolge der Krisezurückgeht?Die Zahl der Gründungen ist schon seit dem Jahr 2003 rückläufig. Dieschlechte konjunkturelle Situation in diesem Jahr wird sich nochmalsbremsend auf die chancenmotivierten Gründer – und dazu gehören dieHightech-Gründungen – auswirken. Gleichzeitig erwarten wir mehr Grün-dungen aus der Arbeitslosigkeit. Zum negativen konjunkturellen Umfeldkommen die Finanzierungsprobleme hinzu. Hightech-Gründungen benöti-gen in der Regel anspruchsvolle Finanzierungsformen wie externes Ventu-re Capital. Die momentan zu beobachtende Zurückhaltung der Venture-Capital-Finanzierer trifft die jungen innovativen Unternehmen besondersstark. Umso wichtiger sind öffentliche Angebote wie der Hightech-Grün-derfonds oder der ERP-Startfonds, die ihre Aktivitäten auch in der Wirt-schaftskrise fortsetzen. Gerade in der Krise können sich Gründern mit in-novativen Ideen Chancen eröffnen, deren Realisierung nicht an der Finan-zierung scheitern sollte.

Interview mit Dr. Ulrich Schröder, Vorstandsvorsitzender der KfW Banken-gruppe, Frankfurt am Main.

Wie bewerten Sie die Entwicklung der Finanzierungssituation von Unternehmen? Die Finanzierungssituation für Unternehmen hat sich erheblich ver-schlechtert, da die Konditionen sowie die Kreditstandards sehr restriktivgeworden sind. Das zeigt sich besonders auf bestimmten Teilsegmentendes Kreditmarktes, zum Beispiel bei exportorientierten oder innovativenUnternehmen oder bei großvolumigen Krediten. Ich zögere jedoch, gene-rell von der viel zitierten Kreditklemme zu sprechen. Die Abwärtsdynamikam Kreditmarkt ist – trotz der deutlich gestiegenen Angebotsrestriktionen– momentan hauptsächlich nachfragebedingt. Die sich wieder aufhellen-de Konjunktur könnte die Kreditnachfrage stabilisieren oder auch moderaterhöhen. Wir rechnen jedoch auch damit, dass eine weitere Verschärfungder Kreditstandards und -konditionen im Zuge einer rückläufigen Eigenka-pitalausstattung der Unternehmen und steigender Insolvenzzahlen an Be-deutung gewinnen wird.

Zu den Fördermaßnahmen, die auf Basis der beiden Konjunkturpaketeder Bundesregierung angeboten werden, gehört das KfW-Sonderpro-gramm. Was sind Ziele des Programms – und wie ist seine Akzeptanz? Das KfW-Sonderprogramm bietet kleinen und mittleren Unternehmen,Freiberuflern und auch großen Unternehmen, die durch die Finanz- undWirtschaftskrise vorübergehend in Finanzierungsschwierigkeiten geratensind, für Investitionen und Betriebsmittel eine adäquate Finanzierung. DasProgramm ermöglicht auch eine Risikoentlastung der Banken, um ihnendie Kreditvergabe zu erleichtern. Diese Haftungsfreistellung kann bei Be-triebsmitteln bis zu 60 Prozent und bei Investitionsvorhaben sogar bis 90Prozent betragen. Das Programm ist sehr gut angelaufen. Ganz überwie-gend werden Kredite für kleinere Vorhaben bis 2 Millionen Euro nachge-fragt. Hierauf entfallen etwa 85 Prozent aller Anträge.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200966

ten. Nur in Österreich, Korea und Italien sei esnoch schwerer, sich von Banken Geld für Inno-vationsprojekte zu leihen. Gleichzeitig habendie Unternehmen hierzulande relativ große Pro-bleme, Kapital über den Aktienmarkt zu be-schaffen. In dieser Disziplin liegt Deutschlandim Innovationsranking 2009 nur auf Rang 14 –nach Platz 11 im Vorjahr.

Auch die deutschen Rahmenbedingungen fürUnternehmensgründer sind nicht erst seit derFinanzkrise schlecht. Im Jahr 2006 erreichteDeutschland in diesem Teilindikator bereits nurPlatz 12. Seither ging es jedes Jahr stetig berg-ab. Aktuell steht die Bundesrepublik mit Rang15 auf dem drittletzten Platz. Hauptkritikpunkt:Gründer können in Deutschland auf vergleichs-weise wenig Risikokapital zurückgreifen. Für dieFrühphase von Gründungen beispielsweise hat-ten Risikokapitalgeber hierzulande im Jahr2007 lediglich Investitionen in Höhe von 0,015Prozent der Wirtschaftsleistung bereitgestellt. In11 der 17 führenden Industriestaaten war esdeutlich mehr, allen voran in Kanada, wo sichdie Risikoinvestitionen – gemessen an der Wirt-schaftsleistung – auf das Zehnfache beliefen.

Noch kritischer wird es für junge deutsche Un-ternehmen, wenn die Anfangszeit bewältigt istund die Expansion beginnt. Was das investierteRisikokapital in dieser wichtigen Phase einesStart-ups angeht, steht nur in Japan noch weni-ger Geld bereit. Entsprechend negativ sehenDeutschlands Unternehmer die Bedingungenfür Firmengründungen. Die Manager wurden imRahmen der Umfrage des World Economic Fo-rums gefragt, ob es leicht sei, Risikokapital zubeschaffen und ob Banken Darlehen gewährenwürden, wenn das Unternehmen nur einen Ge-schäftsplan, aber keine Sicherheiten hat. Beibeiden Fragen reichte die Bewertung Deutsch-lands nur zu Rang 13.

Handlungsbedarf: FuE steuerlich fördern.

Die Notwendigkeit, die Nachteile Deutschlandsgegenüber anderen Konkurrenzländern zu be-seitigen, hat sich durch die Finanzkrise weitererhöht. Die Bundesregierung hat darauf inzwi-schen mit zahlreichen Maßnahmen reagiert.Nur zwei Beispiele: Das im Sommer verabschie-dete Bad-Bank-Gesetz gibt Banken die Möglich-

Finanzierung: Schon vor der Krise ein Schwachpunkt.

Der Blick zurück belegt auch, dass sich in derglobalisierten Welt Wirtschaftskrisen auf alle In-dustriestaaten ausweiten. So klagten nach demEnde des New-Economy-Booms Unternehmenim Silicon Valley genauso über einen schwere-ren Kreditzugang wie die Firmen in London,Berlin und Tokio. Das ist im aktuellen Konjunk-tureinbruch nicht anders. Im Falle Deutschlandskommt aber erschwerend hinzu, dass die Krisestrukturelle Probleme verschärft, unter deneninnovative Unternehmen schon seit Langem lei-den. So urteilte das DIW bereits vor der Wirt-schaftskrise im Indikator 2008: „Die Finanzie-rung von Innovationen ist ein herausragenderSchwachpunkt Deutschlands.“ Seither hat sichdie Bewertung sogar weiter verschlechtert. Lan-dete Deutschland im Teilindikator „Finanzie-rung“ im Vorjahr auf Rang 14, reicht es diesmallediglich zu Platz 15.

Das Ranking basiert unter anderem auf Aussa-gen von Managern, die das World Economic Fo-rum zwischen Januar und Mai 2008 befragt hat.Die deutschen Führungskräfte beklagten da-mals bereits den schlechten Zugang zu Kredi-

Italien

Japan

Deutschland

Spanien

Belgien

Österreich

Schweiz

Irland

Niederlande

Frankreich

Korea

Kanada

Großbritannien

Finnland

Dänemark

USA

Schweden 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

Rang Punktwert

1,00

7,00

6,71

5,99

5,90

5,86

5,57

4,80

4,70

4,65

4,56

4,55

4,15

3,80

3,61

1,99

1,00

5,69

Finanzierungsbedingungen für innovative Unternehmen.

Quellen: Originaldaten OECD, WEF, GEM; Berechungen des DIW Berlin.

Prof. Dr. Michael Hüther.

„Kaum ein anderes Land fördert Aufwendungen für Forschung undEntwicklung so wenig über steuer -liche Anreize wie Deutschland.“

Dabei gibt es gute Gründe, warum der Staat gerade kleinen und mittlerenUnternehmen bei Innovationsvorhaben unter die Arme greifen sollte. In ei-ner globalisierten Welt können sie nur mithalten, wenn sie technologischauf der Höhe der Zeit sind. Und: Jeder Euro an Förderung induziert 71Cent eigene FuE-Ausgaben. Die Hälfte der Unternehmen verfolgt Projekte,die sie ohne Förderung unterlassen hätte.

In den meisten Ländern der OECD werden Ausgaben für Forschungund Entwicklung bereits steuerlich gefördert. Sollte Deutschland hiernachziehen – und was wären die Vorteile?Kaum ein anderes Land fördert Aufwendungen für Forschung und Ent-wicklung so wenig über steuerliche Anreize wie Deutschland. Vielesspricht dafür, dass auch Deutschland hier eine Kurskorrektur einleitensollte. Denn erstens benötigt der Staat für diese Förderung über Steuerer-leichterungen kein Detailwissen über verschiedenste Forschungsbereiche– was die Ministerialbürokratie auch kaum leisten kann. Zweitens greift erbei einer steuerlichen Förderung nicht in die technologische Ausrichtungder Unternehmen ein. Die Unternehmer entscheiden also selbst, welcheForschungs gebiete die größten Chancen am Markt bieten. Und drittenserreicht eine allgemeine steuerliche FuE-Förderung kleinere Betriebe bes-ser als eine direkte, mit Antragsverfahren und Bürokratie verbundene Un-terstützung.

Firmengründer mit innovativen Ideen haben in Deutschland selbst inguten Zeiten oft Probleme bei der Finanzierung. Könnte Deutschlandauch hier vom Ausland lernen?Generell hat Deutschland Nachholbedarf bei der Förderung neuer Ideen.In Deutschland gibt der Staat nur ein Promille des BIP aus, um forschendeFirmen zu unterstützen. Andere Länder greifen den Betrieben stärker un-ter die Arme. Österreich zum Beispiel fördert die Innovationstätigkeit sei-ner Unternehmen dreimal so stark wie wir, den Löwenanteil über Steuer-entlastungen. Zudem schneiden in den meisten Staaten kleine und mittle-re Betriebe bei der FuE-Förderung besser ab. Dies ist gerade für neu ge-gründete Firmen ein Ansporn.

Interview mit Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschenWirtschaft Köln.

Rechnen Sie damit, dass als Folge einer restriktiveren Kreditvergabe-praxis der Banken auch die Innovationsfähigkeit Deutschlands leidet?Nun, in Deutschland gibt es schon traditionell keinen besonders guten Fi-nanzierungssektor für Innovationen. Die Wagnisfinanzierung zum Beispielist noch ausbaufähig, möglicherweise wegen der im Vergleich zu anderenNationen recht kurzen Tradition an Wagniskapitalgebern. Die deutschenBanken konzentrieren sich eher auf ihr Stammkundengeschäft. Dort erhal-ten solide Unternehmen als vertraute Klienten dann durchaus ihre Kredite,zum Teil auch für Innovationen. Dies gilt bislang weitestgehend auch in deraktuellen Konjunkturkrise. Wir haben in Deutschland zumindest momentankein erhebliches konjunkturelles Kreditproblem. Wir haben aber das struk-turelle Problem, dass Innovationskredite für junge und kleine Firmen nurschwer aufzutreiben sind. Dort tut staatliche Innovationshilfe not.

Sie setzen sich dafür ein, dass öffentliche Programme zur Forschungsför-derung einfacher und transparenter gestaltet werden. Wo hakt es bisher? Auf dem Markt der Programmförderung geht es schlicht nicht wettbe-werbsneutral zu. Die staatlichen Programme zur Förderung der Spitzen-technologie zielen auf Großunternehmen, der Mittelstand hingegen gehtin der Regel leer aus. Nicht einmal ein Fünftel der staatlichen Forschungs-aufträge und Förderprogramme geht an den Mittelstand. Diese Schieflagekommt nicht von ungefähr, denn die Forschungsförderung ist politisch ge-prägt und selektiv: Fast 60 Prozent der geförderten Betriebe sind in derBio- oder Nanotechnologie, der Medizintechnik, der Mikrosystemtechnik,den optischen Technologien oder den regenerativen Energien aktiv. Dassind Wirtschaftsbereiche, die vornehmlich von großen Firmen abgedecktwerden. Zudem treibt die Bürokratie, die mit jedem Förderantrag verbun-den ist, kleine und mittlere Firmen oft zur Verzweiflung – am Ende lässtman lieber die Finger davon.

„Gerade KMU stärker unter die Arme greifen.“

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

67BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200968

Erfahrungen zeigen, dass vor allem große Un-ternehmen die Mittel in Anspruch nehmen. Umauch KMU langfristig bessere Finanzierungs-möglichkeiten zu eröffnen, schlägt das DIW vor,zusätzlich zu den aufgelegten Programmen ei-ne spezielle steuerliche FuE-Förderung einzu-führen. So sollten die Unternehmen beispiels-weise die Möglichkeit erhalten, einen Teil derAusgaben für hoch qualifiziertes Personal undbestimmte Labormaterialien von der Steuer-schuld abziehen zu dürfen. Die steuerliche För-derung wird bereits weltweit genutzt: Mit Aus-nahme von Schweden unterstützen alle im Inno-vationsindikator erfolgreichen Länder forschen-de Unternehmen über spezielle Steuererleichte-rungen. Deutschland dagegen nutzt einerOECD-Studie zufolge die steuerliche FuE-Förde-rung bislang so wenig wie kein anderer der 17wichtigsten Industriestaaten.

Handlungsbedarf besteht darüber hinaus imBereich der Gründungsfinanzierung. Der Inno-vationsindikator zeigt, dass Kapitalgeber hierzu-lande wesentlich weniger Geld in junge deut-sche Unternehmen investieren als in anderenLändern. Ein Grund: Die steuerlichen Rahmen-bedingungen sind nicht so attraktiv. Ein Bei-spiel dafür sind die Möglichkeiten zum soge-nannten Verlustvortrag: Start-ups machen inder Anfangszeit meist Defizite. Wenn die jungenFirmen dann nach einigen Jahren schwarzeZahlen schreiben, können sie die Verluste ausden Vorjahren in ihrer Steuererklärung geltendmachen – sie sparen also Steuern. VerkaufenInvestoren aber ihre Anteile an jungen Unter-nehmen, dann dürfen die neuen Eigentümerdiese steuerlichen Vorteile nur unter sehr kom-plizierten und restriktiven Voraussetzungen nut-zen. Das drückt den Preis, den Investoren mitdem Verkauf von Beteiligungen erzielen. Weilandere Länder – wie etwa Frankreich – in die-ser Hinsicht attraktivere Steuergesetze bieten,sind Investitionen in deutsche Start-ups weni-ger lukrativ. Die uneingeschränkte Anerken-nung von Verlustvorträgen für innovative Unter-nehmen ist aus Sicht des DIW daher ein zentra-ler Ansatzpunkt, um Firmengründungen zu er-leichtern.

keit, ihre Bilanzen um faule Wertpapiere zu be-reinigen. Dadurch erhalten die Geldhäuser brei-tere Spielräume, mehr Kredite zu vergeben. ImSeptember hat die Bundesregierung dann ent-schieden, dass die Kreditanstalt für Wiederauf-bau künftig sogenannte Globaldarlehen anBanken vergeben wird. Diese können das Geldihrerseits als Kleinkredite an die Unternehmenverleihen. Für das Programm stellt der Bund 10Milliarden Euro aus dem WirtschaftsfondsDeutschland bereit.

Die Maßnahmen zielen auf die Folgen der aktu-ellen Konjunkturkrise. Auch wenn sie greifen –die beschriebenen strukturellen Probleme blei-ben dennoch bestehen. Hier ist die Politik wei-ter gefragt. Nach Ansicht des DIW hat der Ge-setzgeber allerdings nur wenige Möglichkeiten,die Vergabe von Krediten und anderen Finanzie-rungsformen nachhaltig zu beeinflussen. DerStaat kann aber dafür sorgen, dass die Unter-nehmen bessere Möglichkeiten erhalten, Inno-vationen über einen Mix aus eigenen Mittelnund öffentlichen Fördergeldern zu finanzieren –sprich: Er kann das sogenannte Innenfinanzie-rungspotenzial der Firmen stärken. Auf dieseWeise wären insbesondere kleine und mittlereUnternehmen nicht mehr so abhängig von Kre-diten. Nötig sind dafür unter anderem neue We-ge in der Förderpolitik. Derzeit schiebt der StaatForschung und Entwicklung in erster Linie überProgramme an. Dazu legen die Fachleute inden Ministerien zunächst für jedes Förderpro-gramm Technologiefelder und Unternehmensty-pen fest, die sie unterstützen möchten. Erfüllt ei-ne Firma die Kriterien, kann sie sich um die Gel-der des jeweiligen Programms bewerben.

Kapitalgeber investierenhierzulande wesentlichweniger Geld in jungedeutsche Unternehmen.

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69BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Timotheus Höttges.

„Die Absatzkrise drückt auf die Ertragskraft der Unternehmen unddamit auf die Investitionsmittel.“

Deutschland vor der gewaltigen Aufgabe, eine flächendeckende Breitband-infrastruktur aufzubauen, da die Nachfrage nach breitbandigen Anwendun-gen explodieren wird. Andere Regionen, besonders Asien, sind hier schonein deutliches Stück weiter und haben bereits massiv in die modernen Da-tenautobahnen investiert. Bei uns ist die Frage der Wirtschaftlichkeit neuerNetze noch nicht gelöst. Die heutigen von der Bundesnetzagentur definier-ten regulatorischen Rahmenbedingungen sind diesbezüglich ungünstig.Das hat zur Folge, dass es für die Telekommunikationsindustrie in Deutsch-land keine Aussicht auf eine angemessene Rentabilität gibt.

Was sollte die neue Bundesregierung tun, um den InnovationsstandortDeutschland zu stärken?Wenn Regulierung nur auf kurzfristig niedrige Preise in den Endkunden-märkten ausgerichtet ist, dann reduziert sich logischerweise die Fähigkeitvon Unternehmen, langfristig Investitionen zu tätigen. Dies bremst zwangs-läufig die Innovationsgeschwindigkeit in unserem Markt. Wir brauchen des-halb verbesserte und stabile Rahmenbedingungen für Investitionen, vor al-lem eine Neuorientierung der Regulierung auf Wachstum und Innovationen.Dann werden Unternehmen verstärkt investieren und damit werden neueImpulse für Forschung und Entwicklung gesetzt, um innovative Anwendun-gen zu entwickeln. Eine aktuelle Studie der Columbia Business School hatergeben, dass die Aufrüstung der Netze auf 50 Megabit pro Sekunde biszum Jahr 2014 rund 400.000 Arbeitsplätze in Deutschland schafft und zumBruttoinlandsprodukt rund 60 Milliarden Euro beiträgt. Deshalb ist unsereErwartung an die neue Bundesregierung: Marktkräfte unterstützen – schau-en Sie doch nur nach Asien und die USA. Es war richtig, das Monopol derDeutschen Telekom im alten, schmalbandigen Festnetz aufzubrechen. Hierhat Regulierung gewirkt. Jetzt haben wir intensiven Wettbewerb mit Kabel,Mobilfunk, City-Carriern und anderen Anbietern. Um weiter Innovationenhervorzubringen, müssen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Un-ternehmen in neue breitbandige Netze investieren können. Dafür brauchenwir mehr Markt und weniger Regulierung.

Interview mit Timotheus Höttges, Finanzvorstand der Deutschen Tele kom AG.

Für viele Unternehmen haben sich die Finanzierungsmöglichkeiten inden letzten Monaten verschlechtert. Machen Sie sich Sorgen, dassForschung und Entwicklung darunter leiden?Nicht bei der Deutschen Telekom. Wir können uns dank unseres uneinge-schränkten Zugangs zu den Fremdkapitalmärkten zu branchenüblichenKonditionen refinanzieren. Die Entwicklung der von den Banken geforder-ten Renditezuschläge, sogenannter Credit Spreads, zeigt, dass die Finan-zierungskosten für die Deutsche Telekom relativ konstant sind. Unsere Finanzierung steht auf sicheren Beinen, da die Telekommunikationsindus-trie als wenig konjunkturanfällig gilt.

Ganz anders kann das in anderen Branchen oder bei mittelständischenUnternehmen mit kapitalintensiver Produktentwicklung aussehen: Hierkönnen Unternehmen an die Grenzen ihrer Finanzierbarkeit kommen.Grund hierfür ist weniger die Kreditklemme, da Forschungs- und Entwick-lungsprojekte zumeist nicht über Bankkredite finanziert werden. Die Ab-satzkrise in vielen konjunkturabhängigen Produktionsbetrieben drückt aufdie Ertragskraft der Unternehmen und damit auf die Höhe der verfügba-ren Investitionsmittel. Wenn im zweiten Halbjahr 2009 keine deutlicheKehrtwende kommt, sind bei vielen Unternehmen die Rücklagen aufge-braucht. Das heißt: Kürzung der Ausgaben für Forschung und Entwick-lung. Für die Exportnation Deutschland ein riskanter Kurs, denn Premium-preise für deutsche Maschinen werden nur erzielt, solange sich unsereLösungen als die modernsten und verlässlichsten beweisen.

Andere Länder schneiden bei der Bewertung der Rahmenbedingungenfür Innovationen teilweise deutlich besser ab als Deutschland. Wie reagieren international aufgestellte Unternehmen wie die Deutsche Telekom darauf?Ich kann nicht generell über Innovationen sprechen, sondern tue das immeraus unserer Sicht als Telekommunikationsunternehmen. Wir stehen heute in

„Wir brauchen mehr Markt und weniger Regulierung.“

Auf einen Blick.

† Deutschland erarbeitet mit seinen FuE-Bud-gets und seinem Forscherpersonal vergleichs-weise viele Patente. Nach Berechnungen desDIW ist das Verhältnis zwischen Einsatz undErtrag – die sogenannte Forschungseffizienz– nur in Schweden noch besser.

† Länder, in denen die Unternehmen einendeutlich größeren Teil der direkten Ausgabenfür Forschung und Entwicklung zahlen als derStaat, weisen eine hohe Forschungseffizienzauf. Nach Ansicht des DIW sollte der Staat da-her vor allem die privaten FuE-Anstrengungenstärken. Gelingen kann das über bessere An-reiz- und Finanzierungsmechanismen, wiezum Beispiel eine stärkere steuerliche Förde-rung von FuE-Aktivitäten.

† Bislang können Staaten wie China und Polenihren FuE-Einsatz wesentlich schlechter inwirtschaftlich verwertbare Ergebnisse umwan-deln als die etablierten Industriestandorte. DieEffizienz in diesen aufstrebenden Ländern istaber zuletzt deutlich gewachsen.

Ideenschmiede auf Hochtouren.So effizient arbeiten Deutschlands Wissenschaftler.

Im Europäischen Patentamt sind Fachleutedeutscher Unternehmen oft gesehene Besu-cher: Gut 26.600 Patente haben sie im vergan-genen Jahr bei der Behörde angemeldet. Ge-messen an dieser Statistik ist DeutschlandsWirtschaft hinter den USA die zweitwichtigsteIdeenschmiede der Welt. Allein die drei for-schungsstärksten deutschen Unternehmen,BASF, Bosch und Siemens, lassen zusammenim Schnitt 14 Ideen pro Tag beim EuropäischenPatentamt schützen. Auch der Innovationsindi-kator weist Deutschland seit Jahren als einesder kreativsten Länder aus. Für seine Studiestellt das DIW die Patentanmeldungen ins Ver-hältnis zur Bevölkerungsgröße. Aus dieser Per-spektive haben zuletzt nur Schweizer undSchweden mehr neue Technologien, Herstel-lungsverfahren und Dienstleistungen entwickeltals die Deutschen.

Gleichzeitig belegt der Innovationsindikatoraber auch, dass deutsche Unternehmen ver-gleichsweise zurückhaltend in Forschung undEntwicklung investieren. So liegen die FuE-Bud-gets der hiesigen Wirtschaft seit Jahren beirund 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. ImVergleich der 17 führenden Industrieländerreicht das gerade einmal zu Rang 7. Rechnetman noch die Ausgaben des Staates hinzu,dann summieren sich die gesamten FuE-Investi-tionen hierzulande auf 2,54 Prozent der Wirt-schaftsleistung. Unter den 17 führenden Indus-trieländern rangiert Deutschland damit aufPlatz 9.

Sinkende Einnahmen, erschwerter Kreditzugang: Viele Unternehmen müssen derzeit jeden FuE-Euro zweimal umdrehen. Da sind diejenigen im Vorteil, die mit kleinen Etats möglichst viele zu-kunftsfähige Produkte und Technologien entwickeln können. Ob das in Deutschland besser ge-lingt als in den Konkurrenzländern, haben die Wissenschaftler des DIW in diesem Jahr genaueruntersucht. Die Ergebnisse liefern auch wichtige Hinweise, wie die Effizienz weiter gesteigertwerden kann.

Kleine Budgets, großer Ideenreichtum: Aus denErgebnissen des Innovationsindikators folgertdas DIW, dass Deutschlands Forschungsabtei-lungen offenbar sehr effizient arbeiten müssen– sprich: Mit den gegebenen finanziellen Mit-teln erwirtschaften sie einen relativ großen Er-trag. Aber hält dieser Eindruck einer wissen-schaftlichen Analyse stand? Forschen andereLänder effizienter? Und wie ließen sich mit denMilliarden an Forschungsgeldern noch mehrIdeen entwickeln? Diesen Fragen ist das DIW ineiner gesonderten Untersuchung in diesem Jahrzum ersten Mal nachgegangen. Das Thema ge-winnt gerade in der aktuellen Wirtschaftskrisean Bedeutung. Schließlich müssen Staat undUnternehmen wegen der angespannten Finanz-lage darauf achten, ihre knappen Mittel mög-lichst ertragreich einzusetzen.

Lissabon-Ziel: Lohnen zusätzliche Gelder?

Abgesehen von aktuellen Wirtschaftsentwick-lungen spielt die Forschungseffizienz aber auchmit Blick auf das Lissabon-Ziel eine wichtigeRolle. In der portugiesischen Metropole hattensich die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder im Jahr 2000 darauf verständigt, Europazum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum derWelt zu machen. Im Rahmen dieser Strategiewollen Staat und Unternehmen hierzulande ihreFuE-Investitionen auf 3 Prozent des Bruttoin-landsproduktes steigern. Das ergibt allerdingsnur Sinn, wenn sich das Forschungssystem iminternationalen Vergleich nicht als Fass ohneBoden erweist, sondern als effiziente Ideen-schmiede, in der zusätzliche Mittel tatsächlichzu mehr Ertrag führen.

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71BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Foto: Bayer MaterialScience

zählt zu den weltweit größten

Herstellern hochwertiger

Kunststoffe. Das Unterneh-

men nutzt spezielle Instru-

mentarien, um Trends aufzu-

spüren und zum richtigen

Zeitpunkt marktreife Produk-

te zu produzieren – zum Bei-

spiel neue Werkstoffe für die

DVD-Produktion.

China

Mexiko

Polen

Tschechische Rep.

Portugal

Kanada

Korea

Spanien

Großbritannien

Frankreich

Japan

Dänemark

Irland

Italien

Finnland

Niederlande

Belgien

USA

Deutschland

Schweden 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

Rang Effizienzwert0,98

0,97

0,87

0,85

0,78

0,65

0,57

0,57

0,56

0,40

0,38

0,26

0,26

0,20

0,17

0,13

0,69

0,09

0,07

0,05

Forschungseffizienz im internationalen Vergleich.*

* Skala von 0 (geringe Effizienz) bis 1 (höchste Effizienz).

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200972

Mit einem Wert von 0,966 kommt Deutschlandbereits nah an dieses Optimum heran. LediglichSchweden kann mit einem Effizienzgrad von0,976 die Bundesrepublik noch übertrumpfen.Auf Platz 3 liegen die USA, gefolgt von kleinenLändern wie Belgien, den Niederlanden undFinnland. In Spanien, Korea und Kanada zahlensich Forschungsinvestitionen dagegen kaumaus. Alle drei Staaten kommen nicht einmal aufeinen Wert von 0,3 und schneiden damit unterden wichtigen Industrieländern am schlechtes-ten ab.

Neben den im Innovationsindikator analysiertenLändern hat das DIW auch Staaten auf ihre For-schungseffizienz hin überprüft, die noch nichtzur Beletage der Industrieproduzenten gehören,die aber seit einigen Jahren stark aufholen. Da-zu zählen China, Polen, die Tschechische Repu-blik sowie Mexiko und Portugal. Diese Länderbieten vergleichsweise günstige Löhne, stabilepolitische Rahmenbedingungen und relativ gutausgebildete Arbeitnehmer. Mit solchen Vortei-len konnten sie sich zuletzt einen Namen als at-traktive Produktionsstandorte vor allem für stan-dardisierte Produkte machen. Was die For-schung und Entwicklung neuer Waren undDienstleistungen angeht, sind diese Regionenaber noch kein gutes Pflaster. In allen aufstre-benden Ländern liegt die Effizienz der For-schung deutlich unter den Werten der etablier-ten Konkurrenz. Am besten schneidet Portugalab. Das EU-Mitglied ist mit einem Effizienzgradvon knapp unter 0,2 nicht allzu weit entfernt vonKanada und Korea. Die osteuropäischen EU-Mit-glieder Polen und die Tschechische Republikerreichen dagegen nur Werte um die 0,1. Dengrößten Lernprozess hat China vor sich. Demneuen Industrieriesen gelingt es deutlichschlechter als allen anderen untersuchten Staa-ten, seine FuE-Ausgaben in wirtschaftlich ver-wertbare Ergebnisse zu verwandeln.

Output: Deutschland arbeitethocheffizient.

Um die Forschungseffizienz der einzelnen Län-der zu analysieren, hat das DIW mit einer wis-senschaftlichen Methode – der sogenanntennichtparametrischen Dateneinhüllungsanalyse– Forschungsinput und -output gegenüberge-stellt. Zum Input zählen die FuE-Ausgaben derWirtschaft und des Staates sowie die Anzahlder Forscher in einem Land. Den Output – alsoden Ertrag der Forschung – bildet die Zahl derPatentanmeldungen beim Europäischen Patent-amt. Sowohl Input als auch Output wurden imDurchschnitt der Jahre 1996 bis 2004 betrach-tet. Am Ende der Berechnungen erhielt das DIWWerte für den Grad der Forschungseffizienz, dievon 0 bis 1 reichen. Der Wert 1 zeigt die höchs-te Effizienz an und bedeutet, dass ein Land sei-ne Mittel optimal nutzt – mit den gegebenenMitteln also ein Maximum an Ertrag erarbeitet.

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Cornelia Rudloff-Schäffer.

„Gewerbliche Schutzrechte dienenauch strategischen Zwecken, etwaals Verhandlungsbasis gegenüberWettbewerbern oder als Sicherheitfür Kredite.“

gene Patentabteilung verfügen, stoßen hier wegen der komplexen rechtli-chen Fragen schnell an ihre Grenzen. Unterstützung in allen Fragen rundum das Patent bieten bundesweit über 20 Patentinformations zentren, mitdenen das DPMA intensiv kooperiert. Auch das Bundesministerium fürWirtschaft und Technologie hilft mit dem Programm SIGNO bei der rechtli-chen Sicherung und wirtschaftlichen Verwertung innovativer Ideen.

Sehen Sie Reformbedarf in der Patentpolitik?Deutschland verfügt im Patentbereich über ein bewährtes, ausgefeiltesund dynamisches System, das den Anforderungen der wirtschaftlichenAkteure durchaus gerecht wird. Mit der fortscheitenden technologischenEntwicklung ändern sich aber auch die wirtschaftlichen, gesetzlichen undvertraglichen Rahmenbedingungen. Die Strukturen und Regeln müssendaher kontinuierlich überprüft und angepasst werden. Aktuell wurdenzum 1. Oktober 2009 die Gebühren und Verfahrensregeln durch das Ge-setz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts reformiert.

Was raten Sie Unternehmen, die eine Erfolg versprechende Erfindunggemacht haben?Die Erfindung sollte auf keinen Fall geheim gehalten, sondern möglichstschnell zum Patent oder Gebrauchsmuster angemeldet werden, um An-meldungen durch Konkurrenten auszuschließen. Zudem sollte überlegtwerden, ob auch zusätzlich Marken- und Designschutz in Betracht kommt.Im Vorfeld sollte sich das Unternehmen aber Gedanken über seine Markt-chancen machen und eine klare Patentierungsstrategie ausarbeiten. Da-bei sind spezialisierte Patent- und Rechtsanwälte oder die erwähnten Insti-tutionen behilflich.

Darüber hinaus macht ein Patent nur Sinn, wenn Patentverletzungen kon-sequent verfolgt und auch notfalls gerichtlich sanktioniert werden. Dieserfordert im Unternehmen entsprechende Anstrengungen, Märkte zuüberwachen und mit Behörden, vor allem dem Zoll, zusammenzuarbeiten.

Interview mit Cornelia Rudloff-Schäffer, Präsidentin des Deutschen Patent-und Markenamtes (DPMA), München.

Deutschland ist ein Hightech-Land. Welche Rolle spielen dabei Patente? Innovative und komplexe Produkte neu zu entwickeln und am Markt er-folgreich einzuführen, setzt erhebliche finanzielle Aufwendungen voraus.Sind Erfindungen durch Patentrechte abgesichert, kann ein Unternehmendie neue Technologie oder das innovative Produkt allein vertreiben undden vollen Gewinn abschöpfen. Nachahmungen sind nicht erlaubt, Patent-verletzungen können gerichtlich durchgesetzt und Plagiate konfisziertwerden. Gerade in Krisenzeiten stehen diejenigen Unternehmen besserda, die Innovationen anbieten und sich damit am Markt behaupten. Paten-te bieten dafür ein nicht zu unterschätzendes Instrumentarium. Für vieleUnternehmen ist das selbstverständlich und wir verzeichnen als weltweitfünftgrößtes nationales Amt trotz Wirtschaftskrise recht stabile Anmelde-zahlen auf hohem Niveau (2008: 62.417, davon 49.240 aus Deutschland).

Also werden immaterielle Vermögenswerte wie Patente für die Unter-nehmen immer wichtiger?Technisches Know-how und Innovationen gewinnen bei technologieinten-siven Produkten an Bedeutung und bieten im Markt erhebliche Wettbe-werbsvorteile. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Wirtschaftund Technologie widmen Unternehmen dem immateriellen Vermögen im-mer mehr Aufmerksamkeit. Gewerbliche Schutzrechte werden nicht mehrnur zum rein rechtlichen Schutz genutzt, sondern dienen auch strategi-schen Zwecken, etwa als internes Steuerungsinstrument, als Verhand-lungsbasis gegenüber Wettbewerbern oder als Sicherheit für Kredite.

Warum wird immer wieder auf Patentanmeldungen verzichtet? Dies liegt nicht an den Gebühren für den Patentantrag beim DeutschenPatent- und Markenamt. Die Patentprüfung ist mit 410 Euro kostengünstig,um den Zugang zum Schutzrecht zu erleichtern. Schwieriger und kost-spieliger wird es, wenn der Schutz in Europa oder auf dem Weltmarkt an-gestrebt wird. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die über keine ei-

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 73

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„Das immaterielle Vermögen wird wichtiger.“

Einer der innovativsten Köpfe in Deutschland: Eine internationale Jury kürte Prof. Adolf Goetzberger, Gründer des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, zum Europäischen Erfinder

des Jahres 2009. Der Wissenschaftler ebnete den Weg für Solarzellen als überzeugende Alternative zu fossilen Brennstoffen.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200974

Auch andere Konkurrenzländer wie beispiels-weise die USA konnten die Effizienz ihrer For-schung seit Mitte der 1990er-Jahre kontinuier-lich steigern. Große Sprünge gelangen vor allem den asiatischen und osteuropäischenStaaten. Polen beispielsweise verwendete seineFuE-Budgets im Jahr 2004 fast achtmal effizien-ter als 1997. China konnte seine Effizienz im-merhin mehr als verdreifachen. Hinter dem Plusverbergen sich beachtliche Entwicklungen, wieein Blick in Statistiken belegt: Im Jahr 2004 ga-ben Staat und Unternehmen in China viermalmehr für Forschung und Entwicklung aus als1995. Gleichzeitig haben sie 20-mal mehr Pa-tente angemeldet – und der Ideenstrom wächstin atemberaubendem Tempo weiter: So ließendie Forscher aus China im Jahr 2008 insgesamt1.510 Ideen beim Europäischen Patentamt re-gistrieren. Verglichen mit über 26.600 deut-

Konkurrenz: Asien und Osteuropa holen auf.

Unternehmen und Staat in Deutschland habenvor allem die zweite Hälfte der 1990er-Jahre ge-nutzt, um ihre Forschung auf Effizienz zu trim-men. Dabei konnten sie auf einem hohen Niveauaufbauen. Im Jahr 1997 beispielsweise lag dieForschungseffizienz bereits auf einem Level,den derzeit nur die dritt- und viertplatziertenUSA und Belgien erreichen. Zwischen 1997und 2000 stieg der Effizienzgrad dann weiter.Lediglich im wirtschaftlich schwierigen Jahr2002 fiel das Verhältnis von FuE-Aufwand und -Ertrag kurzzeitig etwas schlechter aus als inden Jahren zuvor.

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997Jahr Effizienzwert

0,840,02

0,940,03

0,98

1,000,05

1,000,06

0,970,07

1,000,07

1,000,07

0,03

Forschungseffizienz in Deutschland und China.*

Deutschland China

* Skala von 0 (geringe Effizienz) bis 1 (höchste Effizienz).

Quelle: Berechnungen des DIW Berlin.

In den Ländern mit effi-zienter Forschung wer-den die FuE-Ausgabenvor allem von den Unter-nehmen gestemmt.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 75

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gegen nur ein Viertel. In Deutschland sieht dasVerhältnis ähnlich aus: Hier werden knapp 70Prozent der Forschungsausgaben von privatenFinanziers getragen, während sich 30 Prozentaus öffentlichen Etats speisen. In Ländern mitgeringerer Forschungseffizienz zahlt der Staatdagegen einen wesentlich größeren Teil. DieRegierungen in Spanien und Italien etwa kom-men für rund die Hälfte der FuE-Ausgaben in ih-ren Ländern auf.

schen Anmeldungen ist das zwar noch wenig,aber immerhin fast 30-mal mehr als Mitte der1990er-Jahre..

In Zukunft werden die aufstrebenden Staatenihre Effizienz weiter verbessern und den Ab-stand zu den etablierten Forschungsstandortenverkürzen, prognostiziert das DIW. Neben denfür Schwellenländer typischen Lerneffektensind dafür auch große Konzerne aus dem Wes-ten verantwortlich. Die verlagern seit einigerZeit einen Teil ihrer Entwicklungsabteilungennach China, Polen und Co. – und exportierendamit auch ihre Fähigkeit, effizient zu forschen.

Forschung und Entwicklung:Privates Engagement stärken.

Weshalb manche Länder mit vergleichsweisekleinen Budgets und Forscherbelegschaftenviele Patente erarbeiten, während sich das En-gagement in anderen Staaten deutlich wenigerauszahlt, hat viele Ursachen. Ein wichtige Rollespielen sicherlich die Arbeitsbedingungen inden Unternehmen: Je weniger die Wissenschaft-ler beispielsweise mit Verwaltungsarbeiten be-lastet werden, desto mehr Zeit haben sie fürkreative Forschung. Effiziente Unternehmenund Wissenschaftsinstitute achten zudem da-rauf, die Arbeit der Mitarbeiter gut zu koordinie-ren, sie setzen Leistungsanreize, etwa in Formvon Gehaltszulagen, und messen regelmäßigdie Ergebnisse ihrer Labore und Entwicklungs-abteilungen.

Neben solchen betrieblichen Aspekten wirkensich auch volkswirtschaftliche Kriterien aus. Sozeigen Studien des DIW etwa, dass eine starkeRegulierung die Forschungseffizienz drückt.Der Grund: Mit gesetzlichen Eingriffen bremstder Staat den Wettbewerb zwischen den Fir-men. Daher haben die Unternehmen wenigerDruck, ihre Gelder möglichst ertragreich einzu-setzen.

Ein Blick auf das Ranking im aktuellen Innovati-onsindikator belegt zudem, dass in Ländern miteffizienter Forschung die FuE-Ausgaben vor al-lem von den Unternehmen gestemmt werden.In Schweden beispielsweise, das von den unter-suchten Staaten die FuE-Budgets am besteneinsetzt, zahlt die Wirtschaft drei Viertel der For-schungsinvestitionen. Der Staat übernimmt da-

Hinter dem Zusammenhang zwischen hoher Ef-fizienz und hohen privaten FuE-Anstrengungensteht die Tatsache, dass Unternehmen bei ihrenForschungsinvestitionen noch mehr als derStaat darauf achten müssen, dass sie am Endewirtschaftlich verwertbare Ergebnisse in Formvon Patenten in den Händen halten. Das DIWsieht darin einen wichtigen Reformansatz: Öffentliche Forschungsgelder müssen gezieltund komplementär zu privaten Forschungsauf-wendungen eingesetzt werden. Primäres Zielsollte dabei sein, die privaten FuE-Anstrengun-gen über bessere Anreiz- und Finanzierungsme-chanismen zu stärken. Wie im Kapitel „Innova-tionen in der Krise“ beschrieben kann das bei-spielsweise gelingen, indem der Staat forschen-den Unternehmen spezielle Steuererleichterun-gen gewährt und die Rahmenbedingungen fürWagniskapital verbessert.

Handlungsbedarf gibt es darüber hinaus im Be-reich der Informations- und Telekommunikati-onstechnologie (IuK). Für den Innovationsindi-kator 2009 hat das DIW den E-Readiness Indi-cator des britischen Wirtschaftsmagazins „TheEconomist“ und den Networked Readiness Indi-cator des World Economic Forums ausgewertet.Beide Studien belegen, dass Deutschland nichtüber die modernste IuK-Infrastruktur verfügtund die Bundesbürger weniger vertraut im Um-gang mit aktuellen Technologien sind als ande-re Nationen (siehe Seite 22). Effiziente For-schung braucht aber gerade den routiniertenEinsatz neuester Technologien.

76 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Italien

Spanien

Deutschland

Schweden

USA 0,750,87

0,750,98

0,69

0,530,26

0,510,65

0,97

FuE-Ausgaben: Privates Engagement steigert Effizienz.

Anteil der privaten Ausgaben an den gesamten FuE-Ausgaben.

Forschungseffizienz.

Forschungseffizienz: Skala von 0 (geringe Effizienz) bis 1 (höchste Effizienz).

Quellen: OECD, Berechnungen des DIW Berlin.

Aus Licht Strom machen: Bosch und BASF – zwei der forschungsstärksten Unternehmen in Deutschland – arbeiten auf dem Gebiet der

organischen Fotovoltaik daran, dass Solarzellen künftig effizienter und kostengünstiger werden.

„Forschung braucht Freiheit.“

Interview mit Prof. Dr. Heinz-Otto Peitgen, Geschäftsführer von FraunhoferMEVIS – Institut für bildgestützte Medizin, Bremen.

Die Hochschule wird als Wissensquelle und damit für die Innovations-fähigkeit einer Volkswirtschaft immer wichtiger. Wie steht’s damit inDeutschland?Nach wie vor gilt: Universitäten und Hochschulen haben einen hohenRang, wenn es darum geht, Innovationen von Bedeutung loszutreten. Undsie können auch ganz hohe Erwartungen erfüllen, wenn sie durch Förder-maßnahmen begleitet werden. Dafür müssen die Förderkonzepte inDeutschland und Europa qualifiziert werden. Es geht mir primär nicht ummehr Geld, sondern um drei Punkte: Erstens brauchen wir eine Konzepti-on für inter- und multidisziplinäre Forschung an den Universitäten, diesich bisher immer noch in Disziplinen organisieren. Zweitens brauchenwir mehr Kontinuität in den Forschungsthemen – das in der angewandtenForschung weit verbreitete Konzept einer auf wenige Jahre gerichteten Anförderung eines Themas erreicht selten die gewünschte Wirkung. Unddrittens muss die Mittelvergabe eine entschiedene Erfolgsorientierung miteiner strengen Erfolgskontrolle haben. Das heißt, Gruppen, die ihre Zieleerreichen und sich Innovationen nähern, müssen bevorzugt gefördert werden.

Das erfordert Weitblick bei der Mittelvergabe.Genau. Für Forscher ist es wichtig, sich langfristig orientieren zu können.Exzellente angewandte Forschung braucht einen ganz langen Atem. For-schung, die sich mehr nach modischen Gesichtspunkten orientiert, odersich auf rasch wechselnde Förderungsthemen einstellen muss, kannkaum Innovationen hervorbringen. Die Förderung muss auch mehr Raumfür Eigeninitiative lassen. Es ist ein immanenter Widerspruch, dass ausge-rechnet die Förderung der angewandten Forschung in Deutschland über-wiegend durch vorgabenreiche Förderprogramme geprägt ist. Wenn manInnovationen will, braucht die Forschung mehr Freiheit, Eigeninitiative undangemessene Kontinuität unter scharfen Erfolgsbedingungen. Kontinuitätheißt nicht die Hängematte fordern, sondern dort, wo es mit mächtigenSchritten vorangeht, vor dem Erreichen der Innovation nicht abzubrechen

und dort, wo die versprochenen Erfolge ausbleiben, nicht frühzeitig abzu-brechen.

Wie kann man diese Innovationsfreundlichkeit erreichen?Indem man viel stärker auf die Individualität, die Eigenwilligkeit, die Ener-gie setzt, die in den Forschern selbst steckt. Man braucht Kontinuität auchbei den Personen. Gerade bei den angewandten Themen, wo es vermut-lich höchst selten vorkommt, dass der einzelne Forscher das gesamte An-wendungsgebiet kompetent überblickt, ist es entscheidend, dass die rich-tigen Leute zusammengebracht werden. Gerade in den verschiedenenDisziplinen liegt häufig die Innovation. Am besten können die Wissen-schaftler selbst dieses Team zusammenstellen. Und weil auch Wissen-schaftler Menschen sind, die durch günstige Bedingungen leicht verführ-bar sind, braucht es ein gutes Controlling. Das heißt jetzt nicht Forschenmit dem Füllhorn, sondern Erfolgskontrolle. Aber auch hier gilt uneinge-schränkt: Die Forscher brauchen ihre Freiheit sowie ihre Themen, von denen sie begeistert sind und an die sie glauben.

Wie lassen sich – im Sinne eines effizienten Wissenstransfers – die Erfahrungen an der Universität auf die Industrie übertragen?Die Frage kann nicht losgelöst vom bisher Gesagten gesehen werden. An-gewandte Forschung heißt für mich, dass die Produktfähigkeit das Ziel ist.Nun haben es die Universitäten hier nicht leicht, weil sie akademisch aus-gerichtet sein müssen, und „akademisch“ heißt, dass Menschen For-schung treiben, ohne gleich an Produktfähigkeit denken zu müssen. Des-halb braucht man eine Verstärkung der Mechanismen, wie etwa die Fraun-hofer-Gesellschaft, die ein Bindeglied zwischen akademischer und indus-trieller Orientierung liefern. Solche Zwischenglieder braucht es, damit dieUniversitäten „akademisch“ bleiben können und trotzdem ihren Fuß in derTür zu den industriellen Möglichkeiten haben.

„Es braucht Zwischenglieder, damitdie Universitäten ihren Fuß in der Türzu den industriellen Möglichkeiten haben.“

Prof. Dr. Heinz-Otto Peitgen.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

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Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 79

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Deutschlands Vorteil: Im Gegensatz zu Konkur-renzstandorten gibt es in all diesen Bereicheninnovative Unternehmen. Die heimischen Her-steller von alternativer Umwelttechnologie kön-nen daher entlang der gesamten Wertschöp-fungskette auf qualitativ hochwertig arbeitendePartner vertrauen. Zudem bietet der hiesigeStandort hervorragende Hochschulen und For-schungseinrichtungen, wie etwa die Fraunhofer-Institute. Gemeinsam mit der intensiven staatli-chen Förderung bildet dieser Mix aus wissen-schaftlichem und betrieblichem Know-how dieGrundlage dafür, dass deutsche Unternehmenauf vielen Feldern der grünen Technologiendeutlich innovativer sind als die Konkurrenz.

Innovationsstark: Deutschlandmit hervorragenden Positionen.

Wie sehr die heimische Industrie die Entwick-lung vorangetrieben hat, zeigen beispielsweiseStatistiken des Europäischen Patentamtes. Setztman die Patentanmeldungen ins Verhältnis zurWirtschaftsleistung, dann gehörte Deutschlandzwischen 1978 und 2005 als einziges Land inden Kategorien Windkraft, Solarenergie, Nut-zung von Erdwärme und Biomasse sowie Ener-giegewinnung aus Abfall und Meeresströmun-gen zu den Top 5 der Patentanmelder.

Rund um den Globus wächst der Energiehunger. Gleichzeitig wollen viele Länder klimaschäd -liche Abgase reduzieren. Umweltfreundliche Technologien wie Solarzellen, Windkraft und sau-bere Kohlekraftwerke sind daher auf dem Vormarsch. Deutsche Hersteller haben sich dank intensiver Forschung hervorragende Marktpositionen erarbeitet. Doch wie auf vielen Märktenfür innovative Produkte nimmt der Wettbewerbsdruck auch bei den Umwelt- und Energietechno-logien ständig zu.

Barack Obama hat es versprochen. China auch.Die EU-Staaten haben es sogar schon 2007 ge-meinsam beschlossen: Rund um den Globuswollen Länder künftig einen deutlich größerenTeil ihres Energieverbrauchs über regenerativeQuellen wie Wasser, Wind und Sonne decken.Der grüne Trend ist Rückenwind für die heimi-sche Wirtschaft, denn in Sachen erneuerbareEnergien hat sich hierzulande ein starker Wirt-schaftszweig gebildet. Rund 278.000 Bundes-bürger arbeiten mittlerweile in dem Bereich. Allein im vergangenen Jahr erzielten Unterneh-men mit dem Bau und dem Betrieb von Anla-gen zur Energiegewinnung aus regenerativenQuellen knapp 29 Milliarden Euro Umsatz inDeutschland – fast dreimal mehr als 2003.

An den Geschäften mit umweltfreundlichenTechnologien sind Unternehmen aus vielenWirtschaftszweigen beteiligt. Am Bau von Wind-kraftanlagen beispielsweise verdienen kleineGießereien und Schmieden genauso mit wiemittelständische Getriebehersteller, Betonfir-men und große Stahl- und Technologiekonzer-ne. Hinzu kommen Dienstleister für die Wartungund Installation sowie Ingenieurbüros. Auch So-lartechnologie sorgt nicht nur bei den Zellen-herstellern für Umsätze, sondern quer durch dieIndustrie – angefangen bei Glasproduzentenüber Spezialisten für Elektrotechnik bis hin zuHerstellern von Maschinen für die Solarzellen-produktion.

Harte Konkurrenz auf dem Weltmarkt.Das Beispiel der Umwelt- und Energietechnologie.

Auf einen Blick.

† Deutschland zählt bei der Entwicklung von kli-mafreundlichen Energietechnologien zu deninnovativsten Standorten weltweit. Als einzi-ges Land gehört die Bundesrepublik in allenwichtigen Bereichen der erneuerbaren Ener-gien zu den Top 5 der Patentanmelder.

† Die Technologieführerschaft sichert den hei-mischen Unternehmen eine starke Stellungauf den Weltmärkten. Beispielsweise wirdweltweit jede fünfte Solarzelle und jedes vierteWindrad in Deutschland hergestellt.

† Die Konkurrenz wird härter: China hat sichdank beachtlicher Preisvorteile in kurzer Zeitzum weltweit größten Produzenten für Solar-zellen entwickelt. Mit staatlichen Aufträgen imRücken setzen die Unternehmen nun zum Sie-geszug in der Windkrafttechnologie an.

† Konkurrenz droht der deutschen Wirtschaftauch von den USA. Das Land bietet sehr guteRahmenbedingungen für die Produktion vonSolartechnologie. Wachsende öffentliche För-deretats und steigende Inlandsnachfrage hel-fen den US-Herstellern, diese Rahmenbedin-gungen künftig besser auszunutzen.

2008

2007

2006

2005

2004

2003 3,9

5,3

7,8

11,3

14,5

5,98

5,96

15,7

6,1

7,0

10,3

11,1

11,0

13,1

Umsatz mit erneuerbaren Energien in Deutschland in Mrd. Euro.

Errichtung von Anlagen Betrieb von Anlagen

Quelle: BMU.

Foto: Gute Aussichten auf

dem Markt der klimafreund -

lichen Energietechnologien.

Deutschland hat sich als

einer der innovativsten Stand-

orte weltweit etabliert.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200980

Die Innovationsbemühungen zahlen sich aus –auf den Weltmärkten haben deutsche Herstellerumweltfreundlicher Energietechnologien einehervorragende Position. Beispiel Solarenergie:Der Technologievorsprung gegenüber der Kon-kurrenz sichert den hiesigen Produzenten vonSolarzellen und Modulen derzeit rund ein Fünfteldes Weltmarktes. Die deutschen Hersteller vonWindkraftanlagen erwirtschaften sogar gut einViertel der weltweiten Wertschöpfung. Wie sehrWindräder „Made in Germany“ bei Kunden inEuropa, Amerika und Asien gefragt sind, belegtzudem die Exportquote: Mehr als 80 Prozent deut-scher Windräder werden ins Ausland verkauft.

USA: Konkurrenz für diedeutsche Solarbranche.

Der weltweite Politikschwenk hin zu erneuerbarenEnergien beflügelt daher die Zukunftserwartun-gen der heimischen Wirtschaft. Wenn Energie-konzerne und Regierungen rund um den Globusmassiv in grüne Technologien investieren, dannnutzt das deutschen Herstellern mit ihrer starkenMarktposition besonders, so die Hoffnung. Ne-ben unbestritten großen Chancen bringt der Poli-tikschwenk aber auch Herausforderungen mitsich – nämlich erstarkende Konkurrenz in dyna-misch wachsenden Märkten. Ein Beispiel dafürsind die USA. Der Standort bietet hervorragendeVoraussetzungen für die Produktion von Solarzel-len: Es gibt viele gut ausgebildete Fachkräfte. DieWirtschaft kooperiert mit Wissenschaftseinrich-tungen. Investoren stellen vergleichsweise hoheBestände an Risikokapital bereit. Und an Know-how mangelt es auch nicht. Zwar gehört die US-Wirtschaft im Solarbereich noch nicht zu denTechnologieführern. Aber dafür kennen sich dieUnternehmen bestens mit Halbleitertechnologienfür Computerchips aus. Weil sich die Technolo-gien sehr ähnlich sind, können die VereinigtenStaaten ihre Erfahrungen mit Computerchips nut-zen, um ihre Kompetenzen beim Bau von Solar-zellen schnell auszubauen.

Trotz der vielen Pluspunkte ist in den USA nochkeine starke Solarbranche entstanden. Im Jahr2007 produzierten die amerikanischen Unter-nehmen lediglich Solarzellen und Module miteiner Leistung von 280 Megawatt – damit lagensie international im Mittelfeld. Deutschland bei-spielsweise stellte Fotovoltaikanlagen mit einerGesamtleistung von 1.500 Megawatt her.

Insgesamt haben in dieser Zeit – gemessen ander Wirtschaftsleistung – nur dänische Unter-nehmen mehr neue umweltfreundliche Energie-technologien schützen lassen. Die meisten Ide-en hatten deutsche Entwickler in puncto Windund Sonne. In beiden Kategorien lagen sie je-weils auf Rang 2.

Erneuerbare Energien: Deutsche treiben Entwicklung voran.Durchschnittliche Anzahl der jährlichen Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt zwischen 1978 und 2005 pro einer Billion Dol-

lar Bruttoinlandsprodukt.

Wind Solar Nutzung von Energiegewinnung Energiegewinnung EnergiegewinnungErdwärme aus Meeresströmung aus Biomasse aus Abfall

Australien 0,49 4,82 1,08 0,49 0,29 1,08

Belgien 4,17 2,26 1,91 0,17 0,70 1,39

Dänemark 27,16 3,70 1,54 3,40 1,23 5,86

Deutschland 8,14 7,51 4,10 0,41 2,07 6,90

Finnland 2,55 3,27 1,09 0,73 0,00 4,73

Frankreich 1,42 1,51 2,23 0,27 1,27 1,48

Griechenland 1,27 1,27 0,00 0,51 0,00 0,51

Großbritannien 1,65 1,10 0,78 0,81 4,59 1,62

Irland 2,95 2,36 0,00 2,95 0,00 0,00

Italien 0,97 1,10 0,75 0,50 0,25 1,06

Japan 0,64 2,68 0,64 0,16 0,29 5,00

Kanada 0,88 0,82 0,35 0,12 0,18 1,76

Niederlande 5,74 4,53 2,76 0,55 0,99 3,42

Norwegen 2,51 2,20 1,57 3,76 0,31 0,94

Österreich 2,54 6,55 6,76 0,85 1,48 5,07

Schweiz 2,66 11,07 6,97 0,41 0,82 6,97

Spanien 1,49 1,25 0,12 0,71 0,00 0,12

Schweden 6,86 3,14 5,69 3,14 0,78 2,16

Taiwan 0,70 0,56 0,14 0,14 0,00 0,70

USA 0,52 0,81 0,51 0,28 1,19 1,60

Quelle: Johnstone et al. (2008).

Grüne Technologien: Anschub für den Arbeitsmarkt.So viele Arbeitnehmer beschäftigen deutsche Hersteller und Zulieferer dieser Technologien.

1998 1999 2000 2001 2002 2003 20004 2005 2006 2007 2008

Windkraft 13.000 24.000 25.000 38.000 46.000 48.000 61.600 65.000 70.000 90.000

Solarmodule 1.500 2.500 3.100 4.000 4.300 6.500 17.200 22.300 29.600 42.600 48.000

Quellen: BWE, Photon.

Dr. Hans-Joachim Konz.

„Die öffentliche Diskussion unter-scheidet noch zu wenig zwischenEnergieeffizienz und Energieinten-sität.“

Mit der Wüstenstrom-Initiative Desertec, an der auch Schott beteiligtist, gelang der deutschen Wirtschaft im Sommer 2009 ein viel beachte-ter Coup. Dennoch scheinen die Bedenken nicht ausgeräumt.Da haben sich beim Publikum viele Missverständnisse festgesetzt. Die In-vestitionszeiträume in der Energiewirtschaft belaufen sich auf Jahrzehnte.Wenn wir jetzt damit anfangen, den Energiemix zu verändern, dann wirdes 30, 40 Jahre dauern, bis es signifikant spürbar wird. Nehmen Sie bei-spielsweise die Wachstumszahlen bei der Fotovoltaik, da ist von 30, 40, inmanchen Jahren sogar von 90 Prozent die Rede. Wenn man aber genauhinschaut, ist der Anteil an der gesamten Stromerzeugung noch sehr ge-ring, in Deutschland lag er 2008 bei gerade einmal 0,65 Prozent. Wennder mal bei 10 oder 20 Prozent Marktanteil liegen soll, braucht es natür-lich auch weiterhin diese großen Zuwächse – und deshalb auch einMarktanreizprogramm wie zum Beispiel das Erneuerbare-Energien-Gesetz(EEG).

Haben die deutschen Anbieter wegen ihres Vorsprungs in wichtigenSegmenten freie Fahrt auf dem globalen Umwelttechnologiemarkt?Keineswegs! In China braut sich derzeit etwas zusammen, was unserehöchste Aufmerksamkeit verdient und wo es um deutsche Innovationengeht: Die Chinesen gehen massiv in den globalen Fotovoltaikmarkt. Siewissen, dass dies ein globaler Wachstumsmarkt mit enormen Potenzialenist und sie denken langfristig. Im Augenblick findet ein gnadenloser Ver-drängungswettbewerb statt, der über den Preis läuft. Anders als im für alleoffenen europäischen Markt werden in China Fördermaßnahmen ge-schickt auf eigene Unternehmen fokussiert. Jetzt ist die Politik gefordert.Daher kann es auch nicht darum gehen, ob in Deutschland das EEG zu-rückgefahren werden soll, weil die Preise für Fotovoltaik um 30 Prozentgesunken sind. Davor kann ich nur warnen. Das würde genau zur Taktikder chinesischen Anbieter passen und ihnen in die Hände spielen. Undnach dem Auslaufen der Subventionsphase würde dann überrascht ge-fragt: Warum gibt es in diesem Zukunftsmarkt eigentlich keine deutschenSpieler?

Interview mit Dr. Hans-Joachim Konz, Mitglied des Vorstandes der SchottAG, Mainz, zuständig unter anderem für die Konzernfunktion Research &Technology Development.

Welche Gründe gibt es für die Spitzenposition der deutschen Umwelt-technik im internationalen Business?Es sind im Wesentlichen zwei Gründe und diese haben, wenn man so will,in der deutschen Kultur ihre Wurzeln: Erstens der Optimierungsgedanke,der eine permanente Innovationsfreudigkeit erzeugt, und zweitens das in-genieursmäßige Potenzial und das technische Denken. Die Japaner sinduns in diesem Punkt übrigens ähnlich, auch sie halten ständig Ausschaunach Prozessen, die sich optimieren lassen. Deutsche und Japaner habendas auf hohem Niveau entwickelt. Ganz anders ist die Herangehensweisezum Beispiel in den USA. Dort steht das Ergebnis im Vordergrund, die„Bottom line“. Im Bereich der Energieerzeugung zeigt sich, dass ange-sichts bisher niedriger Energiekosten der Innovationsdruck gering war.

Gibt es da Beispiele?Nehmen wir einfach nur die Kühlvitrine in Lebensmittelmärkten mit ihremhohem Energieverbrauch. Mittlerweile gibt es stattdessen oft Kühlglas-schränke, deren Türen energieoptimierend wirken. Solche Schränke spa-ren nicht nur Energie, sondern werden auch ressourcenschonend herge-stellt. Der Austausch älterer Modelle hat einen Payback für den Supermarktvon unter zwei Jahren. Die öffentliche Diskussion unterscheidet aber nochzu wenig zwischen Energieeffizienz und Energieintensität. Da ließen sichviele Beispiele nennen, etwa die deutsche Aluminiumschmelze mit ihremenormen Energieverbrauch. Wenn man sie dann, etwa getrieben von ho-hen Energiekosten in Deutschland, aus Kostengründen nach Indien oderChina verlagert, hat man zwar Kosten vermieden, aber nicht das Problemgelöst, denn die Weltenergiebilanz ist vermutlich weitaus ungünstiger, weildie Schmelze dort noch viel mehr Energie verbrauchen wird.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 81

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„Langfristig denken.“

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 200982

US-Hersteller in die Lage, die Vorteile ihresStandortes künftig besser auszuspielen. DasDIW traut den amerikanischen Unternehmendaher in kurzer Zeit große Sprünge zu.

Grüne Technologien: Gegenwind aus China.

Große Sprünge hat China schon gemacht. Inner-halb weniger Jahre ist das Reich der Mitte zumWeltmarktführer für Solarzellen und Module auf-gestiegen. Im Jahr 2008 kamen bereits rund 33Prozent aller Solarzellen aus China – ein Jahr zu-vor waren es erst 28 Prozent. Das Geheimnis desErfolges: Die chinesischen Unternehmen produ-zieren nach Angaben der Schweizer Bank UBSum fast ein Drittel billiger als die Konkurrenz. Da-her konnten sie mit günstigen nachgebauten Mit-telklassemodulen die Weltmärkte im Sturm er-obern. Auf Innovationen haben die Hersteller da-gegen lange verzichtet. Die steigende Zahl vonPatentanmeldungen aus China zeigt jedoch ei-nen Strategiewechsel: weg von Plagiaten, hin zumehr innovativen Produkten. Für die deutscheSolarindustrie nimmt deshalb sowohl der Kosten-als auch der Innovationsdruck zu.

Konkurrenz bekommt der Westen auch bei derHerstellung von Windkraftanlagen. Derzeit dre-hen sich in China Räder mit einer Gesamtleis-tung von rund 12 Gigawatt. Aber die Regierungwill sehr viel mehr: Bis 2020 soll die Kapazitätauf 100 Gigawatt steigen. Die ehrgeizigen Plä-ne werden vor allem den chinesischen Produ-zenten Aufwind geben. Sie kontrollieren aktuelldrei Viertel ihres Inlandsmarktes. Nach Ein-schätzung des DIW wird daher der überwiegen-de Teil der öffentlichen Aufträge an chinesischeAnbieter gehen und deren Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit weiter verbessern.

Kraftwerkstechnik: Kohle wird grüner.

Weit hinterher hinkt China dagegen bei eineranderen grünen Technologie: dem sogenann-ten CCS. Die Abkürzung steht für die englischeUmschreibung „Carbon Capture and Storage“.Mit CCS-Technologie lässt sich Kohlendioxidaus den Abgasen von Kohlekraftwerken abson-dern, zusammenpressen und unterirdisch la-gern. Auf diese Weise gelangt weniger klima-

Dass die Potenziale in den USA bislang so we-nig genutzt wurden, hat viele Gründe. Beispiels-weise hat die US-Regierung der Solartechnolo-gie lange Zeit kaum Beachtung geschenkt. DieFörderbudgets waren nicht nur relativ klein, siewurden auch wenig zielgerichtet eingesetzt. Zu-gleich zeigten die Kunden in den USA der Son-nenenergie die kalte Schulter. Die Folge: Wegender verhaltenen Inlandsnachfrage blieben dieProduktionsmengen gering. Dadurch konntendie Unternehmen kaum Kostensenkungen reali-sieren, die sich gewöhnlich aus wachsendenHerstellungszahlen ergeben.

Aktuell gibt es für die amerikanische Solarbran-che Licht am Ende des Horizonts. Die neue Re-gierung unter Barack Obama etwa will mehrGeld in Solarforschung investieren. Gegenüberdem vergangenen Jahr wurden die FuE-Budgetsnach Angaben des deutschen Magazins „Pho-ton“ bereits um 75 Prozent aufgestockt. Auchbei den potenziellen Abnehmern der Branchewächst das Interesse: Allein im Jahr 2008 wur-den in den USA neue Fotovoltaikanlagen mit ei-ner Leistung von 342 Megawatt installiert. Nochstärker hat die Kapazität nur in Spanien undDeutschland zugelegt. Wachsende Nachfrageund höhere staatliche Förderetats versetzen die

Weltmarktführer: Im vergangenen Jahr kamen rund 33 Prozent aller Solarzellen aus China. Das Land setzt vermehrt auf eigene innovative

Produkte und distanziert sich zunehmend von Plagiaten.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 83

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Klima und Energie: VerlässlichePolitik nötig.

Die Beispiele der Solarenergie, Windkraft undCCS belegen, wie sehr international derzeit umdie Märkte für grüne Energietechnologien ge-rungen wird. Deutsche Unternehmen brauchendaher am heimischen Standort noch bessereRahmenbedingungen. Dazu zählen beispiels-weise ein größeres staatliches Engagement inder Grundlagenforschung und ein forcierterWissenstransfer zwischen Universitäten und Un-ternehmen. Vor allem benötigt die Wirtschaftaber eine langfristig verlässliche Klima- undEnergiepolitik, denn Planungssicherheit ist eineVoraussetzung, damit Unternehmen die teurenInvestitionen in erneuerbare Energien stemmen.

schädliches Kohlendioxid in die Atmosphäre.Bislang steckt die Entwicklung noch in den Kin-derschuhen. Fachleute sagen CCS aber ein gro-ßes Potenzial voraus – nicht nur als umwelt-freundliche Technologie, sondern auch als Ex-portschlager, denn weltweit können Wind, Son-ne und Biomasse den Energiebedarf in der mit-telfristigen Zukunft nicht allein decken. Die Koh-le wird daher weiter gebraucht – sie muss abergrüner werden, um Emissionen zu reduzieren.Diesem Ziel ist Deutschland mit zahlreichen In-novationen in der Vergangenheit bereits einStück näher gekommen. So gelang es in denzurückliegenden 20 Jahren, den thermischenWirkungsgrad von Braunkohlekraftwerken vondurchschnittlich 36 Prozent auf 43 Prozent zusteigern. Moderne Steinkohlekraftwerke errei-chen heute sogar Wirkungsgrade von 46 Pro-zent. Bei gleicher Stromproduktion stoßen siedaher wesentlich weniger Treibhausgase ausals vor einigen Jahrzehnten.

Die CCS-Technologie eröffnet nun die Chance,dass Kohlekraftwerke in Zukunft sogar annä-hernd emissionsfrei arbeiten. Welches Land dieTechnologieführerschaft auf diesem Zukunftsfelderringt, ist derzeit unklar. Die Patentanmeldun-gen sagen darüber kaum etwas aus, weil dieTechnologie noch so jung ist, dass erst wenigePatente angemeldet wurden. Bei der Entwick-lung ist Deutschland aber derzeit in einer Spit-zengruppe dabei. Im Braunkohlerevier der ost-deutschen Lausitz beispielsweise ging im ver-gangenen Jahr eines der weltweit modernstenDemonstrationskraftwerke an den Start. Die An-lage basiert auf dem sogenannten Oxyfuel-Ver-fahren, einer besonderen Form des CCS, bei derdie Kohle mit reinem Sauerstoff verbrannt wird.

Auch die USA haben nach Einschätzung des DIWgroßes Potenzial, um mit der CCS-TechnologieGeld zu verdienen. In US-Labors wird die neueTechnologie derzeit intensiv erforscht. Zudemgibt es in den USA bereits ansatzweise ein Lei-tungssystem, mit dem das Kohlendioxid vomKraftwerk in unterirdische Speicherstätten trans-portiert werden kann. Von China erwartet dasDIW erstmal keine Konkurrenz. Selbst beim Baugewöhnlicher Kohlekraftwerke ist das aufstreben-de Industrieland derzeit auf ausländisches Know-how angewiesen. Daher wird es China schwerfal-len, bei einer so innovativen Technologie wie demCCS zu den führenden Staaten aufzuschließen.

Innovative Energieerzeugung: Der Wirkungsgrad von Kraftwerken hat sich dank intensiver Forschungsarbeit in den vergangenen Jahren

verbessert. In Anlagen, wie der von RWE in Neurath, ist künftig weniger Braunkohle nötig, um eine Kilowattstunde Strom zu erzeugen.

84 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

„Die Amerikaner schätzen das Know-how aus der Alten Welt, das sie mitverlässlicher Technik gleichsetzen.“

Ralf Sigrist.

China der weltweit größte Einzelmarkt. Die Prognosen sagen voraus, dassbeide Länder auch künftig, jedes für sich, einen 25- bis 30-Prozent-Anteilam Weltmarkt halten werden. Deshalb haben wir in den USA auch eine lokale Fertigung. Das hat aber weniger etwas mit der Politik als vielmehrmit den Finanzen zu tun: Wenn sich der Dollar, wie im vergangenen Jahr,zwischen 1,26 und 1,62 Dollar je Euro bewegt, müssen wir von erhebli-chen Schwankungen reden. Dieses Währungsrisiko lässt sich weitgehendausblenden, wenn man lokal fertigt und in Dollar einkauft.

Welche Vorzüge genießt Windkraft „Made in Germany“ im amerikani-schen Markt bzw. in der Bevölkerung?Unternehmen aus Deutschland und anderen Ländern Europas haben inden USA traditionell einen ausgezeichneten Ruf. Die Amerikaner – unsereKunden, die finanzierenden Banken sowie die breite Öffentlichkeit –schätzen das Know-how aus der Alten Welt, das sie mit verlässlicher Tech-nik gleichsetzen.

Sie kennen auch China. Was fällt auf, wenn Sie ins Reich der Mitte blicken?Wir haben in China ein Werk – rund 420 Mitarbeiter, von denen etwa zehnaus Europa kommen. Auch wenn wir uns dort als chinesisches Unterneh-men betrachten, sehen wir, wie Dutzende Windkraftanlagenhersteller wiePilze aus dem Boden schießen und jetzt versuchen, diesen Markt mit sei-nen märchenhaften Potenzialen zu erobern. Unterstützung finden sie da-bei zum Teil auch durch industriepolitische Zielsetzungen aus Peking. Wieweit diese Entwicklung technologisch gesehen auch nachhaltig ist, wirddie Zukunft zeigen. Von einem jetzt neu verabschiedeten Einspeisegesetzwerden aber künftig auch wieder internationale Entwickler profitieren, fürdie eine „Buy-China-Vorgabe“ nicht gilt. Eine derartige Industriepolitik wiein China beobachten wir so in den USA nicht, auch wenn „Made in Ameri-ca“ durchaus auch hier ein Gesichtspunkt ist.

Interview mit Ralf Sigrist, Geschäftsführer von Nordex in den USA. Das Unternehmen mit Stammsitz in Rostock ist ein weltweit tätiger Herstellervon Windenergieanlagen.

Durch die Vereinigten Staaten müsste jetzt eine richtig kräftige Brisewehen. Die Obama-Regierung hat doch die große Energiewende ver-kündet – hin zu mehr Sonne, Wasser und Wind.Das stimmt, aber in den USA gehen die Uhren manchmal auch nichtschneller als anderswo. Im Februar sind die Konjunkturpakete, die unteranderem auch die Energietechnik beflügeln sollen, geschnürt worden underst Mitte August – also nach fast einem halben Jahr – liegen jetzt dieDurchführungsbestimmungen vor. Das heißt, es gibt jetzt endlich die An-tragsformulare, auf die wir, unsere potenziellen Kunden und die Banken,die ja diese Finanzierungen machen müssen, gewartet haben. Wir den-ken, dass das jetzt in Gang kommt. Aber es gibt noch einige Unsicherhei-ten, weil im Senat und im Repräsentantenhaus noch einige Gesetzentwür-fe beraten werden, die erstmals ein nationales prozentuales Ziel für Strom-erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen sowie den Handel mit Emis-sionszertifikaten regeln sollen. Wir sind zuversichtlich, dass es bis zumJahresende zumindest ein solches nationales Ziel geben wird. Weil dieStromversorger im Augenblick noch nicht wissen, was auf sie zukommt,zögern sie im Moment, neue Stromabnahmeverträge abzuschließen, undohne Stromabnahmevertrag erhalten Sie beispielsweise als Windkraftbe-treiber keine Projektfinanzierung.

Was waren die Gründe für Ihr Engagement in den USA?Der aktuelle US-Kraftwerkspark ist durchschnittlich 45 Jahre alt. Hier liegtein hoher Investitionsbedarf, unabhängig von der offiziellen WashingtonerPolitik. Ein zweiter Grund hängt mit dem ersten zusammen: Alte Kohle-oder Gaskraftwerke produzieren billig, weil sie buchhalterisch abgeschrie-ben sind. Wenn sie durch neue ersetzt werden, ist alternative Energie –gleich in welcher Form – eine interessante Alternative. Also auch für uns,weil wir an der West- und Ostküste, aber auch im Mittleren Westen und inTexas exzellente Windstandorte haben, die zu absolut wettbewerbsfähi-gen Bedingungen Strom produzieren. Schon heute sind die USA mit

„Die USA sind manchmal auch nicht schneller.“

„Chinas Dynamik ist gewöhnungsbedürftig.“

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

85BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Interview mit Jan Gasche, Leiter Strategie und Unternehmensentwicklungdes Windenergieanlagenherstellers REpower Systems AG, Hamburg, überseine Erfahrungen mit dem chinesischen Markt.

Herr Gasche, wie geht es der REpower North (China) Co. Ltd.? Unser Joint Venture wird als internationaler Hersteller gesehen und behan-delt. Wir haben das auch bei den letzten Aufträgen gesehen, die meistensim Tenderverfahren entschieden wurden und die ausschließlich an lokaleHersteller gegangen sind. Der Markt ist sehr dynamisch – sehr viel mehrals in den anderen Ländern. Während man im „Rest der Welt“ vergleichs-weise in Ruhe planen und arbeiten kann, ändern sich in China, man kannsagen: im Quartalsrhythmus, einzelne oder mehrere Rahmenbedingun-gen. Das hängt damit zusammen, dass die Regierung das, was sie für not-wendig hält, wesentlich schneller umsetzen kann, als das andernorts derFall ist. Darauf muss man sich erst einmal einstellen.

Fällt so etwas schwer?Nein, es ist halt nur ungewohnt. Aber lassen Sie mich noch etwas hinzufü-gen: In China spielen Staatskonzerne eine vergleichsweise starke Rolle –auch in unserem Sektor. Die Regierung sieht es verständlicherweise sehrgerne, wenn diese Unternehmen ihre Stärke ausspielen. Auch das ist eineBesonderheit, die wir im Hinblick auf die Intensität von anderen Märktenher nicht kennen. Die atemberaubende Dynamik in diesem großen Landist für europäische, aber auch für nordamerikanische Player, in hohemMaße gewöhnungsbedürftig. Ich will einmal ein Beispiel nennen: Nochvor zwei, drei Jahren – was in der Investitionsgüterindustrie keine großeZeitspanne ist – gab es in China in unserer Branche drei große lokale Her-steller plus ein paar internationale. Mittlerweile haben wir 70! Das heißt,dass wir ganz vielen Quereinflüssen ausgesetzt sind, die man kaum kon-trollieren oder überblicken kann. Das bedeutet aber auch, dass sich vonden 70 wahrscheinlich 50 wieder verabschieden werden, weil sich derMarkt voraussichtlich bereinigen wird. Aber zunächst spielen die erst malauf dieser Wiese mit.

Woher haben diese Wettbewerber ihr Know-how?Wenn Sie sich die neuen Megwattanlagen anschauen, mit denen chinesi-sche Hersteller jetzt auf den Markt gehen, dann sehen Sie, dass die meis-ten Turbinendesigns aus europäischen Ingenieurbüros stammen. Den-noch bauen viele chinesische Hersteller ihre Anlagen in der Hoffnung,dass sie mit anderen Kosten kalkulieren können als dies ein internationa-ler Hersteller mit einer Zulieferkette in Europa realisieren kann.

Trotzdem sind Sie auf diesem nicht gerade einfachen Markt erfolg-reich. Warum?Wir glauben, dass der chinesische Markt eben auch wegen seiner Dyna-mik bald eindeutig in die Qualitätsrichtung gehen wird. Ein wichtigerGrund dafür: In China mit seiner hohen Integration von Windenergie ste-hen die Stromnetze kurz vor dem Zusammenbruch, weil die Altanlagenkeine integrierten Netzfähigkeiten bzw. Netzunterstützungs eigenschaften,etwa sogenannte Fault-Ride-Through-Eigenschaften, besitzen. Die Chine-sen werden also demnächst sehr viel in moderne und zukunftsfähigeWindenergieanlagen investieren müssen oder in großem Maße komplexeexterne Ausgleichslösungen schaffen müssen. Weil China so dynamischist, dürfen wir uns nicht aus dem asiatischen Markt verabschieden. Dennirgendwann werden die Asiaten auch in europäische und amerikanischeMärkte eindringen. Und wenn man dann an Ort und Stelle mitkriegt, inwelche Richtung das geht, kann man sich viel besser auf die Situation ein-stellen.

Sie kennen auch die Vereinigten Staaten. Was unterscheidet Chinavom US-Markt?In seinen Rahmenbedingungen funktioniert der amerikanische Markt wesentlich anders, auch wenn die dortige Regierung natürlich nichts da-gegen hat, wenn zum Beispiel General Electric als sehr großer amerikani-scher Arbeitgeber erfolgreich in diesem Markt agiert. Trotzdem hat mandort den Eindruck, dass die Politik das freie Spiel des Marktes stärker betont.

„Wir glauben, dass der chinesischeMarkt eben auch wegen seiner Dynamik bald eindeutig in die Qualitätsrichtung gehen wird.“

Jan Gasche.

Foto: Das DIW hat umfangrei-

ches Informationsmaterial ge-

sichtet und ausgewertet, um

sich einen Überblick über die

Innovations fähigkeit der 17

führenden Industriestaaten zu

verschaffen.

BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009 87

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

des Europäischen Statistikamtes und der Or-ganisation für wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung (OECD). Sie liefern umfang-reiche Zahlen zu vielfältigen Aspekten der In-novationsfähigkeit, wie zum Beispiel For-schung und Entwicklung, Bildung, Infrastruk-tur, Regulierung oder Produktion und Handelvon Gütern und Dienstleistungen.

† Internationale Umfragen unter Privatpersonenund Wirtschaftsvertretern. Wichtige Einschät-zungen zieht das DIW beispielsweise aus derManagerbefragung des World Economic Fo-rum (WEF), dem Eurobarometer der EU-Kom-mission und dem World Values Survey unterLeitung des US-Forschers Ronald Inglehart.

† Thematisch enger fokussierte Studien, wie et-wa die vom DIW selbst berechneten Indikato-ren zur Umsetzung von Innovationen in markt-fähige Dienstleistungen und Produkte derHoch- und Spitzentechnologie. Ebenfalls indiese Kategorie fallen die OECD-Indikatorenzur Marktregulierung, die Korruptionsstudienvon Transparency International und der GlobalEntrepreneurship Monitor zum innovativenGründungsgeschehen, der von einem interna-tionalen Expertenkonsortium erhoben wird.

Viele dieser Quellen bieten eine große Daten-menge zu einer Fülle von Themen. Bei der Aus-wahl der Zahlen orientiert sich das DIW vor al-lem an zwei Kriterien: Zum einen müssen dieDaten für alle 17 untersuchten Länder in ver-gleichbarer Form vorliegen. Zum anderen müs-sen sie eine besonders hohe Relevanz für denInnovationsprozess haben. Um beispielsweisedie Gründungsaktivitäten in einem Land zu be-urteilen, werden Daten herangezogen, die ei-nen starken Fokus auf schnell wachsende Un-ternehmen legen, weil diese Firmen erfahrungs-gemäß viele Innovationen entwickeln.

Die beiden Beispiele verdeutlichen zudem einProblem jeder breit angelegten Studie: Alle Sta-tistiken liegen in unterschiedlichen Maßeinhei-ten vor. Für die Gründungsaktivitäten etwa wirddie Zahl neuer Unternehmen ausgewiesen, derAnteil der Frauen an den FuE-Belegschaften

Für den Innovationsindikator wertet das DIW eine große Zahl von Statistiken, Umfragen, Studienund Indizes aus. In einem mehrstufigen Verfahren werden die Informationen anschließend fürjeden Staat zu Punktwerten verdichtet. So entstehen in allen wichtigen InnovationsdisziplinenLänderrankings, die sowohl die Stärken als auch die Schwächen Deutschlands im internationa-len Vergleich aufdecken.

Marktneuheiten, Patentanmeldungen, wissen-schaftliche Artikel in Fachzeitschriften – all dasvermittelt einen umfassenden Eindruck davon,wie innovativ die Unternehmen und Wissen-schaftler eines Landes im Moment arbeiten.Solche Statistiken sind aber immer nur eine Mo-mentaufnahme, denn sie zeigen lediglich die ei-ne Seite der Innovationsfähigkeit: den „Output“,also die aktuellen Erfolge mit Innovationen.

Um auch Zukunftspotenziale einschätzen zukönnen, analysiert das DIW neben der Output-die Inputseite. Darunter verstehen die Wissen-schaftler Faktoren, die darüber entscheiden,wie innovativ Länder in einigen Jahren aufge-stellt sein werden. Bestes Beispiel für so einenInput ist die Bildung, denn die Schüler von heu-te sind die dringend benötigten Fachkräfte undWissenschaftler von morgen.

Beide Seiten des Innovationsprozesses – Inputund Output – untersucht das DIW anhand einerVielzahl von „harten Daten“, angefangen bei Pa-tentstatistiken über Weiterbildungsdaten bis hinzu ökonomischen Kennziffern wie Beschäfti-gungs- und Wertschöpfungsanteilen. Eine be-sondere Stärke des Innovationsindikators be-steht darin, dass er darüber hinaus eine großeZahl von „weichen Faktoren“ berücksichtigt. Indie Bewertung fließen beispielsweise Experten-urteile und Umfragen ein. Diese Indikatorensind meistens aktueller als viele Statistiken. Da-her nehmen sie oft Entwicklungen vorweg, diesich erst später in den harten Daten nieder-schlagen. Zugleich ergänzen sie die Statistikenum Eindrücke aus der betrieblichen Praxis undaus dem Lebensalltag der Bürger.

Die Quellen: Statistiken, Studienund Umfragen.

Der Innovationsindikator Deutschland basiertauf drei verschiedenen Typen von Informations-quellen: † Statistiken und Studien internationaler Organi-

sationen wie der Europäischen Kommission,

Wie das DIW die Innovationsfähigkeit misst.Die Methodik.

Auf einen Blick.

† Für den Indikator analysiert das DIW sowohlFaktoren, in denen sich die aktuelle Innova -tionsfähigkeit widerspiegelt, als auch Krite-rien, die über die künftige Stärke der einzel-nen Industriestaaten entscheiden. Die Beur -teilung des Bildungssystems beispielsweisemacht deutlich, dass auf Deutschland einFachkräftemangel zukommt, der die Innovati-onsfähigkeit bedroht.

† Eine besondere Stärke des Indikators bestehtdarin, dass er neben Datenreihen und wissen-schaftlichen Indizes auch Umfragen und Ex-pertenurteile einbezieht. Die Statistiken wer-den auf diese Weise ergänzt durch aktuelleEinschätzungen aus der betrieblichen Praxisund dem Alltag der Menschen.

† Für die Studie wertet das DIW rund 180 inter-nationale Statistiken, Umfragen und Studienaus. Weil das Datenmaterial in unterschiedli-chen Einheiten wie etwa Prozentwerten, Dollarund Stückzahlen vorliegt, übertragen die Öko-nomen die Werte für jeden Industriestaat aufeine Skala von 1 bis 7.

wird in Prozent gemessen, Bildungsausgabenwerden als Anteil an der Wirtschaftsleistungoder in Dollar pro Kopf dargestellt und so wei-ter. Um all diese unterschiedlichen Datengrößenzu einem Indikator zusammenzufassen, mussdas DIW die Statistiken zunächst auf eine ein-heitliche Messskala bringen. Dafür werdensämtliche Ursprungsdaten auf eine Skala von 1bis 7 übertragen. Beispiel FuE-Investitionen:Das Land mit den höchsten Ausgaben erhältsieben Punkte. Das Land mit den kleinsten Bud-gets bekommt einen Punkt. An alle übrigenStaaten vergibt das DIW Punkte innerhalb die-ser Spanne, je nachdem wie groß ihr Abstandzu den anderen Länder ausfällt. Nach der glei-chen Methode berechnen die Ökonomen diePunktwerte für sämtliche Teilindikatoren – an-gefangen bei der Beteiligung von Frauen am In-novationsprozess über die Einstellung der Be-völkerung bis hin zu Statistiken für Patentanmel-dungen und Forschungsausgaben.

Der Weg zum Gesamtwert:Das Bottom-up-Verfahren.

Nachdem die Statistiken ausgewählt und auf ei-ne einheitliche Messskala übertragen wordensind, müssen die Indikatoren zu einem einzel-nen Gesamtindikator verdichtet werden. Diesgeschieht in einem mehrstufigen Verfahrennach dem sogenannten Bottom-up-Prinzip, alsovon unten nach oben. Erklären lässt sich dieseMethode am besten, wenn man den umgekehr-ten Weg geht – von oben nach unten:

Ganz oben steht der Gesamtindikator, der fürDeutschland in diesem Jahr Platz 9 ausweist.Dieses Ergebnis setzt sich aus zwei Unterindika-toren zusammen: dem Indikator „Gesellschaftli-ches Innovationsklima“ und dem Indikator „In-novationssystem“. Letzterer besteht wiederumaus sieben Teilindikatoren: Bildung, Forschungund Entwicklung, Vernetzung, Finanzierung,Umsetzung, Nachfrage und Wettbewerb.

Auf der untersten Ebene schließlich stehen rund180 Datensätze, die das DIW zu den sieben Teil-indikatoren des „Innovationssystems“ und demIndikator „Gesellschaftliches Innovationsklima“zusammenführt. Darüber hinaus werden aus denDatensätzen auch die beiden Indikatoren „Unter-nehmen“ und „Staat“ gebildet. Beide Indikatorenfließen aber nicht in die Berechnung des Ge-

samtindikators ein, sondern dienen lediglich da-zu, die Innovationsanstrengungen von Politik undWirtschaft getrennt bewerten zu können. Vieleder verwendeten 180 Datensätze basieren ihrer-seits auf weiteren Statistiken, sodass es genaugenommen noch eine tiefere Ebene gibt. BestesBeispiel ist der OECD-Regulierungsindex: SeinWert wurde von den Experten der OECD aus ins-gesamt 800 Statistiken errechnet.

Gewichtung der Indikatorendurch das DIW.

Bei der Zusammenführung der Indikatoren aufden verschiedenen Ebenen stellt sich die Frage,wie die einzelnen Daten gewichtet werden sol-len: Fließen beispielsweise die sieben Teilindi-katoren des Innovationssystems zu jeweils ei-nem Siebtel in den Indikator „Innovationssys-tem“ ein? Oder müssen einzelne Aspekte wiedie Bildung und die Forschung ein höheres Ge-wicht erhalten?

Das DIW hat sich dafür entschieden, auf denverschiedenen Ebenen unterschiedliche Metho-den der Gewichtung anzuwenden. Um die 180Datensätze der untersten Ebene zu den ver-schiedenen Teilindikatoren der nächsthöherenEbene zu verdichten, greifen die Ökonomen aufstatistische Verfahren zurück, vor allem auf diesogenannte Hauptkomponentenanalyse. Beidieser Methode erhalten diejenigen Bestandtei-le eines Indikators ein größeres Gewicht, bei de-nen die Ergebnisse der Länder vergleichsweiseweit auseinander liegen. Umgekehrt bekommenTeilindikatoren ein geringeres Gewicht, bei de-nen die Länder nahezu gleiche Ergebnisse er-zielen. Ein wichtiger Grund für die Wahl dieserMethode: Die Unterschiede zwischen den ähn-lich entwickelten Industrieländern werden gutherausgearbeitet. Die Stärken und SchwächenDeutschlands treten dadurch deutlich zutage.

Einen anderen Weg wählt das DIW, um die sie-ben Teilindikatoren des Innovationssystemszum gemeinsamen Systemindikator zu verdich-ten. Hier vertrauen die Ökonomen auf Experten-urteile: Gemeinsam mit dem BDI hatte das DIWin den Jahren 2005 und 2006 Manager von in-ternational agierenden Unternehmen befragt.Die Führungskräfte sollten einschätzen, welcheAspekte den größten Einfluss auf die Innovati-onsfähigkeit eines Landes haben. Das höchste

88 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Land 2

Land 3

Land 4

Land 5

Land 2

Land 3

Land 4

Land 5

Land 6

5

10

15

20

1

2

3

4

5

6

7

Originalwerte Punktwerte(Maßeinheit des Innovations-indikators)

Land 6

Land 1 Land 1

Skalierung der erhobenen Daten.

Im linken Teil der Grafik sieht man einen beliebigen Einzelindi-

kator auf seiner ursprünglichen Skala. Der rechte Teil der Grafik

zeigt die standardisierte Skala des Innovationsindikators. Zwar

sind die Werte der Skalen verschieden. Die Ränge der Länder

und die relativen Abstände zwischen ihnen bleiben aber unver-

ändert.

Gewicht gaben die Manager den Themen Bil-dung, Forschung und Entwicklung sowie inno-vationsfreundliche Nachfrage. Ebenfalls wichtig,aber nicht ganz so entscheidend, sind aus Sichtder Wirtschaft eine gute Zusammenarbeit mitHochschulen und anderen Firmen sowie dieWeltmarktstellung der Unternehmen. Dem Fi-nanzsystem und dem Wettbewerbsdruck aufden Märkten maßen die Manager damals diegeringste Bedeutung bei. Entsprechend hat dasDIW die sieben Teilindikatoren gewichtet.

Für den letzten Schritt des Bottom-up-Verfah-rens – die Zusammensetzung des Gesamtindi-kators – gewichtet das DIW den Systemindika-tor, der aus den sieben Teilindikatoren besteht,mit sieben Achteln und das Innovationsklimamit einem Achtel.

Fortschritte und Rückschlägewerden sichtbar.

In den Anfangsjahren hat das DIW immer wiederDetails des Innovationsindikators überarbeitet.Nach vier Studien haben die Wissenschaftler indiesem Jahr auf weitere Veränderungen verzich-tet. Die Entscheidung soll sicherstellen, dass dieErgebnisse problemlos mit den Resultaten desVorjahres verglichen werden können.

Einfluss der Methodik auf Ergebnisse.

„Die rechnen sich die Ergebnisse so zurecht,wie sie sie haben wollen.“ Solcher Kritik sehensich breit angelegte Studien oft ausgesetzt. Umden Vorwürfen von vorneherein entgegenzutre-ten, hat das DIW untersucht, wie die angewand-te Methodik, die Skalierung der Daten und ihreGewichtung das Gesamtergebnis beeinflussen.Dafür haben die Ökonomen den gesamten Inno-vationsindikator nach anderen wissenschaftli-chen Verfahren berechnet, die ebenfalls theore-tisch begründbar sind. Beispielsweise haben sieden Indikator mit weniger Zwischenstufendurchgerechnet, für die Skalierung nur Rang-plätze und keine Punktwerte verwendet sowiealle Teilindikatoren gleich gewichtet. UntermStrich kam bei all diesen Testdurchläufen he-raus, dass sich die Ergebnisse nicht wesentlichvom tatsächlichen Ranking des Innovationsindi-kators unterscheiden.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

89BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Zusammensetzung und Gewichtung des Innovationsindikators.

1. S

tufe

(Ges

amtin

dika

tor)

2. S

tufe

(Ber

eich

sind

ikat

oren

)

3. S

tufe

(Sub

indi

kato

ren)

4. S

tufe

Innovationssystem

Regulierung und Wettbewerb

Innovationsfreundliche Nachfrage

Vernetzung

Finanzierung

Bildung

Forschung

Umsetzung von Innovationen

11

19

14

3

21

18

13

Bildung

Forschung und Entwicklung

Regulierung und Wettbewerb

Finanzierung

Nachfrage

Vernetzung

Umsetzung in der Produktion

Gesellschaftliches Innovationsklima

Unternehmen

Staat

Gewichtung der Einzelindikatoren mit dem statistischen Verfahrender Hauptkomponentenanalyse

rund 180 Einzelindikatoren

Gewichtung in Prozent

Innovationsindikator Deutschland

GesellschaftlichesInnovationsklima

Innovationssystem 87,5

12,5

Basierend auf rund 180 Einzelindikatoren verdichten die DIW-Wissenschaftler die Daten in einem vierstufigen Verfahren zum Gesamt -

indikator. Die Grafik zeigt diese vier Stufen und zugleich, mit welcher Gewichtung die Indikatoren der vierten, dritten und zweiten Stufe

jeweils zur nächst höheren Stufe zusammengeführt werden.

Innovationsindikator Deutschland: Der Beirat.

Prof. Dr.-Ing. Sigmar Wittig (Vorsitzender)Vorstand Deutsche Telekom Stiftung

Prof. David B. Audretsch, Ph.D.Institute for Development Stategies Indiana University

Sabine HeroldGeschäftsführerin DELO Industrie Klebstoffe

Dr. Hans-Joachim Konz Vorstand Schott AG

Dr. Carsten KreklauMitglied der Hauptgeschäftsführung desBundesverbandes der Deutschen Industrie

Prof. Dr. Tobias KretschmerInstitut für Kommunikationsökonomie,Ludwig-Maximilians-Universität München

Prof. Dr. Dieter LenzenPräsident Freie Universität Berlin

Prof. Dr. Frieder Meyer-KrahmerStaatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung

Hartmut SchauerteStaatssekretär im Bundesministerium für Wirt-schaft und Technologie

Prof. Dr. August-Wilhelm ScheerPräsident des Bundesverbandes Informations-wirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, Aufsichtsratsvorsitzender der imc AG

Christopher SchlaefferGroup Product and Innovation Officer Deutsche Telekom AG

Lothar SchröderMitglied des Bundesvorstands der Gewerk-schaft ver.di

Prof. Dr. Marion Weissenberger-Eibl Fraunhofer-Institut für System- und Innovations-forschung Karlsruhe

Dr. Manfred WittensteinVorstandsvorsitzender Wittenstein AG

Die Deutsche Telekom Stiftung und der Bundesverband der Deutschen Industrie haben namhafte Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gewonnen, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bei der Erarbeitung des Innovationsindikators Deutschland begleiten.

90 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Impressum.

HerausgeberDeutsche Telekom StiftungGraurheindorfer Straße 15353117 BonnTel. 0228 181-92205Fax 0228 181-92403www.telekom-stiftung.de

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI)Breite Straße 2910178 Berlinwww.bdi-online.de

Verfasser der Studie „Innovationsindikator Deutschland 2009“Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V.(DIW Berlin)Mohrenstraße 5810117 Berlinwww.diw.de

VerantwortlichDr. Ekkehard Winter, Deutsche Telekom StiftungDr. Carsten Kreklau, BDI

RedaktionKlaus Chevalier, Stephan Hochrebe, Konrad Hünerfeld, Reinold Rehberger, Dietmar Schnelle, Andrea Servaty

Projektteam des DIW Berlin 2009Prof. Dr. Christian von Hirschhausen, Dr. Heike Belitz, Marius Clemens, Dr. Astrid Cullmann,Kathleen Knagangoue, Anne Konrad, JensSchmidt-Ehmcke, Doreen Triebe, Petra Zloczysti

Konzeption und TextInstitut der deutschen Wirtschaft Köln MedienGmbH, Köln • Berlin

Gestaltung und ProduktionSeitenPlan GmbHCorporate Publishing,Dortmund

DruckBroermann Offset-Druck GmbH,Troisdorf

FotosBASF (S. 56), Bayer (S. 29), Stefan Boness/ Ipon(S. 62), Bosch (S. 21, 76), Bundesverband derDeutschen Industrie (S. 5 re.), Daimler (S. 20,32), Deutsche Messe (S. 13), Deutscher Indus-trie- und Handelskammertag (S. 60 re.), Deut-scher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz (S. 23),Deutsches Patent- und Markenamt (S. 73), Deut-sche Telekom AG (35, 69), Deutsche TelekomStiftung (S. 5 li., 48/49), ecopix Fotoagentur (S. 26), European Patent Office (S. 74), Fraport

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

91BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

(S. 34), Fraunhofer-Gesellschaft (S. 41), KurtFuchs Presse Foto Design (S. 64), GewerkschaftErziehung und Wissenschaft (S. 53), Peter Gin-ter/Science Faction/Corbis (S. 10, 70), Hoch-schulrektorenkonferenz (S. 60 li.), Institut derdeutschen Wirtschaft (S. 67), jocicalek (S. 86),Kfw Bankengruppe (S. 65), MAN (S. 14), RyanMcVay/Photodisc/Getty Images (Titel), Photosani(S. 59), picture alliance/dpa (S. 36, 38, 44), Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin/SarahEick (S. 45), Silke Reents/VISUM (S. 82), REpo-wer Systems (S. 85), RWE (S. 83), Schott (S. 81),TU Berlin (S. 15), TU München (S. 55), varioimages (S. 78), Weisflog (S. 16)

StandOktober 2009

Copyright Deutsche Telekom Stiftung

ISBN: 978-3-9813300-0-7

Die gemeinnützige Deutsche Telekom Stiftungengagiert sich für eine Verbesserung der Bil-dung in den Bereichen Mathematik, Informatik,Naturwissenschaften und Technik. Mit einemKapital von 150 Millionen Euro gehört sie zuden größten Unternehmensstiftungen Deutsch-lands. Unter dem Motto „Früh übt sich …“ küm-mert sich die Stiftung um die Bildung und Erzie-hung in Kindertageseinrichtungen und Grund-

schulen. „Begeisterung macht Schule“ ist dieÜberschrift für ihre Projekte an weiterführendenSchulen und gemeinsam mit den Hochschulenwill sie „Bildung auf die Spitze treiben“. Zu ei-ner umfassenden Allgemeinbildung in einer ver-netzten Wissens- und Informationsgesellschaftgehört für die Stiftung aber auch ein besseresVerständnis der Menschen für Forschung, Tech-nologie und Innovation. Wie spannend Wissen-

schaft sein kann oder wie wichtig Innovationenfür die Zukunft sind, zeigt sie in ihrem viertenProgrammbereich „Innovation“. Unter der Über-schrift „Gemeinsam Neues wagen“ will sie dazubeitragen, öffentliches Bewusstsein und Interes-se für diese Themen zu wecken, Vorbehalte ab-zubauen und den Dialog mit Politik und Öffent-lichkeit zu fördern.

Zukunftsenergie Bildung: Die Deutsche Telekom Stiftung.

92 BDI † Deutsche Telekom Stiftung † Innovationsindikator 2009

Der BDI ist die Spitzenorganisation im Bereichder Industrieunternehmen und industrienahenDienstleister. Als Interessenvertretung der In-dustrie trägt der BDI bei seinen Mitgliedern zurMeinungsbildung und Entscheidungsfindungbei. Er bietet Informationen für alle Bereiche derWirtschaftspolitik an. Der BDI unterstützt so die

Unternehmen im intensiven Wettbewerb, dendie Globalisierung mit sich bringt. Mit seinen 38 Mitgliedsverbänden vertritt er die Interessenvon mehr als 100.000 Unternehmen mit über 8 Millionen Beschäftigten. Als Verband von Ver-bänden sind im BDI entsprechend seiner Sat-zung „Wirtschaftsverbände und Arbeitsgemein-

schaften der Industrie und der industrienahenDienstleister“ organisiert, „die Spitzenvertretungeiner gesamten Industrie- oder Dienstleistungs-gruppe für das gesamte Gebiet der Bundesre-publik Deutschland sind“. Der BDI hat dieRechtsform des eingetragenen Vereins.

Spitzenverband der deutschen Wirtschaft: Der BDI.

Wer an noch detaillierteren Informationen zuder Methodik und den Ergebnissen des Inno -vationsindikators Deutschland 2009 interessiertist, findet die rund 300-seitige Studie des DIW –

ebenso wie die vorliegende Publikation – im Internet unter:www.innovationsindikator.dewww.telekom-stiftung.de/innovationsindikator

Innovationsindikator Deutschland 2009 und die DIW-Studie im Internet.

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Innovationsindikator Deutschland 2009.

www.innovationsindikator.de