Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im...

50
Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten Bericht für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Berlin, Mai 2010 Öko-Institut e.V. Büro Berlin Novalisstraße 10 D-10115 Berlin Tel.: +49-30-40 50 85-0 Fax: +49-30-40 50 85-388 Büro Darmstadt Rheinstraße 95 D-64295 Darmstadt Tel.: +49-61 51-81 91-0 Fax: +49-61 51-81 91-33 Geschäftstelle Freiburg Merzhauser Str. 173 D-79100 Freiburg Tel.: +49-761-452 95-0 Fax: +49-761-452 95 - 88 www.oeko.de Dr. Felix Chr. Matthes

Transcript of Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im...

Page 1: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten

Bericht für das

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin, Mai 2010

Öko-Institut e.V. Büro Berlin Novalisstraße 10 D-10115 Berlin Tel.: +49-30-40 50 85-0 Fax: +49-30-40 50 85-388 Büro Darmstadt Rheinstraße 95 D-64295 Darmstadt Tel.: +49-61 51-81 91-0 Fax: +49-61 51-81 91-33 Geschäftstelle Freiburg Merzhauser Str. 173 D-79100 Freiburg Tel.: +49-761-452 95-0 Fax: +49-761-452 95 - 88 www.oeko.de

Dr. Felix Chr. Matthes

Page 2: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium
Page 3: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Zusammenfassung

Insbesondere als Folge der Einführung fixer Mengenziele im Rahmen des Emissions-handels ist eine Debatte über die Sinnfälligkeit des Einsatzes von zusätzlichen klima- und energiepolitischen Instrumenten aufgebracht worden. Eine gängige Argumentati-onsfigur dazu lautet, dass die mit dem Emissionshandelssystem vorgegebenen Emis-sionsziele mit hoher Verbindlichkeit erreicht und die Flexibilisierung der Zielerreichung unter den regulierten Akteuren zu marktbasierten Entdeckungsprozessen führen wür-den. Zusätzliche Instrumente würden damit ausschließlich Mehrkosten zur Folge ha-ben und wären damit abzulehnen.

Eine nähere Analyse dieser fundamentalen Argumentationen zeigt jedoch, dass sie sich auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau vollziehen und letztlich auf teilweise stark vereinfachenden oder idealisierenden Annahmen beruhen. Diese theoretischen Annahmen sind jedoch zumindest teilweise sehr fragwürdig bzw. korrespondieren nicht mit den real vorfindlichen Bedingungen für Klimaschutz- und Energiepolitik.

Gleichzeitig kann die Instrumentendebatte nicht losgelöst vom konkreten Problembe-zug geführt werden. Hier bildet also die sehr weitgehende (vollständige) und vor allem effektive Dekarbonisierung der Volkswirtschaften in den Industriestaaten in einem ver-gleichsweise kurzen Zeitraum die zentrale Rahmenbedingung für die Analyse, Bewer-tung und Ausgestaltung des klimapolitischen Policy-Mix. Im Kern geht es um die Frage, was die besten Instrumente sind, um innerhalb von nur 40 Jahren die gesamte Wirt-schaft nahezu CO2-frei zu machen.

Die Einführung von Emissionshandelssystemen für Treibhausgase in einer zunehmen-den Zahl von OECD-Staaten bildet zweifelsohne einen wichtigen Meilenstein der Kli-mapolitik:

sie bieten eine hohe Sicherheit der Zielerreichung;

sie schaffen mit dem einheitlichen Preissignal zumindest einen kurz- bis mittel-fristigen Clearing-Mechanismus für die große Bandbreite der marktnahen Emissionsminderungsoptionen;

sie bieten über die Verbindung eine interessante Option für die Globalisierung von Klimapolitik.

Eine nähere Analyse der konkreten Umsetzung des Emissionshandelssystems der Europäischen Union (EU ETS) zeigt sehr deutlich, dass erhebliche Unterschiede zu einem idealtypischen Emissionshandelssystem berücksichtigt werden müssen, die entweder erst längerfristig oder aber die aus praktischen Gründen gar nicht abgebaut werden können bzw. sollten.

Die Analyse der bisherigen Marktentwicklung im EU ETS verdeutlicht weiterhin, dass eine strategische, auf Robustheit angelegte und dem beschriebenen Ambitionsniveau genügende Klimapolitik auch die Möglichkeit berücksichtigen muss, dass ein Emissi-onshandelssystem aus verschiedenen Gründen (z.B. permanente Revisionsmöglich-keit in demokratischen Systemen, betriebswirtschaftliche Realitäten etc.) keine langfris-tigen Knappheitssignale erzeugen kann und damit stets nur dem – unverzichtbaren –

– 3 –

Page 4: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Clearing der kurz- bis mittelfristig verfügbaren, marktnahen Emissionsminderungsopti-onen dient.

Insofern ergeben sich die Notwendigkeit und die Legitimation komplementärer Instru-mentenansätze aus einer Reihe von Erwägungen.

1. Aus Gründen der Effektivität, aber auch der dynamischen Effizienz sind zielge-richtete Maßnahmen zur Verstärkung radikaler Innovationen (Backstop-Technologien ambitionierter Klimaschutzstrategien wie viele der erneuerbaren Energien oder die CCS-Technologie) erforderlich. Die Bandbreite der hierfür geeigneten Instrumente reicht von gezielter Forschungsförderung bis zu früh-zeitiger Markteinführungsprogrammen (wie z.B. dem Erneuerbare-Energien-Gesetz), also von angebotsseitigen bis zu nachfrageorientierten Innovations-ansätzen. Für die konkrete und in diesem Bereich notwendigerweise dynami-sche Instrumentierung ist dabei zentral, dass die Erreichung der spezifisch in-novationspolitischen Ziele durch geeignete Vorgaben und ein entsprechendes Monitoring überprüfbar gemacht wird.

2. Viele der (absehbaren) Emissionsminderungsoptionen, die in ambitionierten Klimaschutzpolitiken erschlossen werden müssen, haben eine starke Infra-struktur-Komponente (Übertragungsnetze und intelligente Verteilnetze für Strom, CO2-Pipelinenetze). Die Erfahrungen im Bereich der Infrastrukturent-wicklung zeigen jedoch, dass ein umfassender Umbau von Infrastrukturen nicht allein im Rahmen privater Initiativen erfolgen kann und die öffentliche Hand hier eine wesentliche Rolle spielen muss. Auch die Energieinfrastruktur wird daher zunehmend als öffentliche Aufgabe gesehen werden müssen. Darüber hinaus würde in einigen Bereichen (z.B. Offshore-Windenergie oder Elektro-mobilität) eine Beschränkung auf konsequent technologieneutrale Anreizsys-teme (wie z.B. den Emissionshandel) wegen der langen Vorlaufzeiten für die unabdingbare Umgestaltung und Ausweitung der Infrastrukturen die gesamte Umgestaltung des Energiesystems ins Leere laufen lassen. Komplementäre Instrumente in Verbindung mit der (notwendigen) Infrastrukturentwicklung, z.B. im Bereich der Planung, der Risikoabsicherung sowie im Kontext der allgemei-nen Infrastrukturregulierung, bilden daher einen zweiten, strategisch unver-zichtbaren Ansatz für eine robuste Klimapolitik.

3. Eine Reihe von Klimaschutzoptionen wird wegen vielfältiger Hemmnisse und anders ausgerichteter Präferenzen trotz hoher (volks-) wirtschaftlicher Attrakti-vität nicht umgesetzt (v.a. Energieeinsparmaßnahmen). Die Bandbreite der hier sinnvollen und notwendigen Instrumente ist auch hier breit und reicht von Vor-schriften oder Standards (für hoch typisierte Anwendungen wie z.B. Gebäude, elektrische Geräte oder Fahrzeuge) bis zu Förderprogrammen oder Maßnah-men zum Abbau struktureller Hemmnisse (Information, Mietrechtsanpassun-gen), kann und sollte aber durchaus auch eigene marktbasierte Ansätze (z.B. „Weiße Zertifikate“ für Energieeinsparungen) einbeziehen. Ein relevantes Ele-ment für diesen Bereich der komplementären Instrumente ist jedoch ein vorge-schalteter Kosten/Nutzen-Test.

– 4 –

Page 5: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

4. Die Notwendigkeit, ein existierendes und in wichtigen Bereichen durch einen sehr kapitalintensiven bzw. langlebigen Kapitalstock geprägtes Energie- bzw. Wirtschaftssystem in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum zu dekarbonisie-ren, kann die gezielte Änderung von Marktdesigns bzw. die Schaffung neuer Teilmärkte erforderlich machen, die in Kombination mit der CO2-Bepreisung die Durchsetzung von emissionsarmen Lösungen in der konkreten Wettbewerbssi-tuation erst möglich machen (z.B. Kapazitäts- oder Speichermärkte als Ergän-zung zu den heute allein auf Energiemengen abzielenden Energiemärkten).

5. Da die derzeit umgesetzten bzw. sich entwickelnden Emissionshandelssyste-me zumindest für die nächsten Jahren als sektoral und territorial partielle Sys-teme betrieben werden (müssen), werden zur Verbesserung der Wirksamkeit des Emissionshandelssystems komplementäre Maßnahmen notwendig (z.B. im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung oder zur Bekämpfung von Leakage-Effekten). Eine (deutliche) sektorale Ausweitung z.B. des EU ETS ist hier zwar grundsätzlich vorstellbar, bedarf aber in wichtigen Fragen noch einer umfas-senden Eignungsprüfung. Alternativ kommen hier Steuerlösungen in Betracht.

6. Für diejenigen Sektoren, bei denen die robuste und konsistente Ermittlung der Emissionsdaten nicht möglich ist (Landwirtschaft, Forstwirtschaft sowie Land-nutzung und Landnutzungsänderungen) werden ordnungsrechtliche oder För-der-Instrumente gewählt werden müssen, wobei ein Instrument der Men-gensteuerung wie der Emissionshandel unabdingbar die Verfügbarkeit verläss-licher Daten mit sehr geringen Toleranzgrenzen für Datenunsicherheiten erfor-dert.

7. Für eine Reihe der in Bezug auf Komplementärinstrumente zum Emissions-handelssystem diskutierten Sachverhalte (Innovation, Infrastruktur, gehemmte Potenziale etc.) müssen auch für die nicht vom Emissionshandel und ggf. über Steuerlösungen erfasste Sektoren spezifische Lösungen gefunden werden.

Aber auch aus anderen Politikfeldern erwachsen Zielstellungen, die in die Klimapolitik strategisch und instrumentell integriert werden können und sollten:

8. Um die Verletzbarkeit von Verbrauchern und Volkswirtschaften gegenüber ho-hen und vor allem volatilen, über die globalen Rohstoffmärkte vermittelten Energiepreisen zu begrenzen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen, bie-ten sich vor allem im Bereich der Energieeffizienz Maßnahmen mit eigenen Zielvorgaben und mit eigenen Instrumentierungsansätzen an.

9. Gezielte Strategie- und Instrumentenansätze können dazu beitragen, Leitmärk-te zu etablieren, den Wirtschaftsstandort zu stärken und den Prozess der öko-logischen Modernisierung zu beschleunigen.

10. Die mit der Einführung von Mengensteuerungsinstrumenten entstehenden Renten auf Seite der Anbieter von Emissionsminderung können ggf. gezielte verteilungspolitische Interventionen erforderlich machen, die auch durch kom-plementäre Instrumente umgesetzt werden können.

– 5 –

Page 6: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

– 6 –

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass vor dem Hintergrund der bisher verfügbaren empirischen Befunde und insbesondere vor dem Hintergrund des (not-wendigen) Ambitionsniveaus der zukünftigen Klimaschutzpolitik effektiver Klimaschutz nur mit einem Zusammenspiel verschiedener Instrumente erreicht werden kann. Ein ausgewogener Mix aus Emissionshandelssystem oder anderen Maßnahmen zur CO2-Bepreisung sowie anderen Instrumenten ist dringend geboten. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich durch die Kombination des Emissionshandelssystems mit sinnvol-len komplementären Strategien und Instrumenten gravierende Effizienzverluste der Klimapolitik ergeben. Über eine sorgfältige Analyse und einen sorgfältigen Abgleich der verschiedenen Handlungsansätze können aus Instrumentenkombinationen entstehen-de Ineffizienzen vermieden werden.

Sofern sich die Grundlagen für den Einsatz komplementärer Instrumente ändern oder wegfallen, müssen diese angepasst oder aufgegeben werden. Eine klare Begründung bzw. Zielformulierung sowie das ständige Monitoring und die Evaluierung der komple-mentären energie- und klimapolitischen Instrumente spielen daher eine wichtige Rolle bei der Schaffung und Pflege eines umfassenden, effektiven, ökonomisch effizienten, robusten und politisch durchsetzbaren, inklusiven Policy-Mixes der Klimapolitik.

Page 7: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Summary

A debate has – most notably as a result of the introduction of fixed caps within the framework of emissions trading – been raised about the need for using additional in-struments of climate and energy policy. A common line of argument is that the targets set within the emissions trading scheme are going to be met with a high degree of cer-tainty, and flexibility among the regulated stakeholders is going to lead to market-based discovery processes. Additional instruments would thereby only generate additional costs and would therefore have to be rejected.

However, closer analysis of these fundamental arguments shows that they are con-structed on a very high level of abstraction and sometimes rely on strongly simplifying or idealising assumptions. Their theoretical assumptions are, at least in part, very ques-tionable and do not correspond to conditions in the real world for climate and energy policy.

At the same time the debate about policy instruments cannot be held autonomously of the specific context of the problem at hand. In this sense the very extensive (complete) and above all effective decarbonisation of the economies of industrialised countries in a comparatively short time frame is the key basic condition for the analysis, assessment and design of the climate policy mix. Essentially, the question is what the best instru-ments are for almost entirely freeing the whole economic system of CO2 emissions within a period of only forty years.

The introduction of emissions trading schemes for greenhouse gases in an increasing number of OECD countries undoubtedly constitutes an important landmark of climate policy. They:

provide a high degree of certainty in terms of meeting targets;

create, on the basis of a standardised price signal, a clearing mechanism for the broad spectrum of emission reduction options close to the market, at least in the short to medium term; and

represent, by means of linking, an interesting option in terms of the globalisa-tion of climate policy.

Closer examination of the practical implementation of the Emissions Trading Scheme of the European Union (EU ETS) shows very clearly that substantial differences to an ideal type of emissions trading scheme have to be taken into account, which can or should only be dissolved in the longer term or, for practical reasons, not at all.

Further, analysis of the market development of the EU ETS up to now demonstrates that a strategic, robustly developed climate policy which meets the described level of ambition also has to factor in the possibility that an emissions trading scheme cannot produce any long-term scarcity signals for different reasons (e.g. continual opportuni-ties for revision in democratic systems, operational realities) and can thus always only serve the – essential – purpose of clearing emission reduction options close to the market which are available in the short to medium term.

– 7 –

Page 8: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

In this respect a number of considerations support the necessity and legitimation of complementary instrument approaches:

1. For reasons of effectiveness, but also of dynamic efficiency, targeted measures for increasing radical innovations (backstop technologies of ambitious climate protection strategies, such as many renewable energies or CCS technology) are necessary. The range of instruments suited to this end includes targeted research funding and early market introduction programmes (e.g. the German Renewable Energy Sources Act) spanning both supply- and demand-side in-novation approaches. For the concrete – and necessarily dynamic – develop-ment of instruments, it is crucial that the fulfilment of innovation policy targets is made verifiable through effective guidelines and corresponding monitoring.

2. Many of the (foreseeable) emission reduction options to be realised in ambi-tious climate policies entail high investments in infrastructure (transmission grids and intelligent distribution grids for electricity, CO2 pipeline networks). However, experiences gathered with infrastructure development show that ex-tensive re-organisation of infrastructures cannot occur in the form of private ini-tiatives only – the public sector has play a fundamental role. Energy infrastruc-ture will also have to be increasingly seen as a public sector task. Furthermore limiting incentive systems to consistently technology-neutral ones (e.g. emis-sions trading) would render the whole re-design of the power system ineffectual in many areas (e.g. offshore wind energy or electromobility) due to the long lead times for the essential re-design and expansion of infrastructures. Com-plementary instruments in conjunction with (necessary) infrastructural devel-opment – e.g. planning, risk hedging and within the context of the general regu-lation of infrastructure – thereby constitute a second, strategically essential ap-proach to developing a robust climate policy.

3. A number of climate options are – in spite of their high (national) economic at-tractiveness – not implemented due to diverse barriers and preferences geared to other ends (above all, energy-saving measures). The range of instruments that are useful and necessary in this context is also broad, encompassing not only regulations and standards (for highly standardised applications such as buildings, electrical appliances and vehicles), but also support programmes and measures for structural barriers (information, necessary adaptation to ten-ancy law). The range of appropriate instruments can and should also incorpo-rate specific market-based approaches (e.g. white certificates in the case of energy savings). At the same time, a relevant element in the context of com-plementary instruments is the undertaking of a cost-benefit test prior to imple-mentation.

4. The necessity of decarbonising an existing energy or economic system which involves very capital-intensive or durable capital stock in important areas in a comparatively short time frame can necessitate the targeted change of market designs and/or the creation of new sub-markets, which in combination with CO2 pricing would only then make possible the implementation of low-emission so-

– 8 –

Page 9: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

lutions in the specific context of competition (e.g. capacity or storage markets as an addition to current bulk energy markets).

5. Since emission trading schemes that are currently being implemented or are still under development will (have to) remain incomplete in terms of the sectors and areas covered at least in the years ahead, complementary measures be-come necessary to improve the effectiveness of the emissions trading scheme, e.g. with regard to combined heat and power or to combat leakage effects. A (significant) sectoral expansion of, for example, the EU ETS is basically con-ceivable, yet a comprehensive test of its suitability is still required for important issues. Taxation-based options could be considered as an alternative.

6. In the case of sectors for which the robust and consistent determination of emission data is not possible (agriculture, forestry and land use, and land use changes), regulatory or support instruments will have to be used, while a cap-and-trade instrument like emissions trading inevitably requires reliable data to be available under very low tolerance limits for data insecurity.

7. For a number of the issues discussed within the scope of complementary in-struments for the emissions trading scheme (innovation, infrastructure, poten-tials hindered by barriers, etc.), specific solutions also have to be developed for the sectors not covered by emissions trading or relevant taxation.

At the same time, there are also objectives originating in other fields of policy which can and should be integrated in climate policy on a strategic and instrument level:

8. In order to limit the vulnerability of consumers and economies to high and – above all – volatile energy prices determined via global commodity markets, and increase security of supply, energy efficiency measures which have their own targets and approaches to instruments are particularly effective.

9. Well-directed approaches to strategies and instruments can contribute to the development of lead markets, the strengthening of specific business locations, and acceleration of the process of ecological modernisation.

10. Rents arising for sellers of emission allowances as a result of the introduction of cap-and-trade instruments can sometimes make targeted interventions based on distribution policy necessary; these can also be implemented using complementary instruments.

In summary it can be concluded that against the background of currently available em-pirical findings and especially against the background of the (necessary) ambitiousness of future climate policy, effective climate protection can only be achieved through the interaction of different instruments. A balanced mix of an emissions trading system, or other measures of CO2 pricing, and other instruments is urgently needed. It is not ex-pected that severe efficiency losses will result from the implementation of additional strategies and instruments to complement the emissions trading scheme. On the basis

– 9 –

Page 10: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

– 10 –

of careful analysis and comparison of the different approaches to possible action, inef-ficiencies which arise from certain combinations of instruments can be circumvented.

Should the foundations for the use of complementary instruments change or disappear, the respective instruments would have to be adapted or abandoned. Clear reasoning or specific targets, accompanied by constant monitoring and evaluation of the comple-mentary instruments of energy and climate policy are therefore important to the crea-tion and development of a comprehensive, effective, economically efficient, robust, politically achievable, and inclusive climate policy mix.

Page 11: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Fragestellung ........................................................................................... 13

2 Dimensionen des Diskussionszugangs.......................................................................... 15

2.1 Emissionshandel und komplementäre Instrumente in der theoretischen Diskussion .............. 15 2.2 Globale Klimaerwärmung als konkreter Problembezug........................................................... 18 2.3 Das Emissionshandelssystem für Treibhausgase in der Europäischen Union als

realweltlicher Bezug ................................................................................................................ 21

3 Verhältnis von Emissionshandel und komplementären Instrumenten........................ 27

3.1 Klimapolitische Notwendigkeit komplementärer Instrumente .................................................. 27 3.2 Exkurs: Sektorale Erweiterung des EU-Emissionshandelssystems als Alternative................. 32 3.3 Klimapolitik und ihre Instrumentierung im Kontext anderer Politikfelder.................................. 35 3.4 Abstimmung der Energie- und Klimapolitik als neue Herausforderung ................................... 37

4 Schlussfolgerungen für einen inklusiven Policy-Mix ambitionierter

Klimapolitik ........................................................................................................................ 40

5 Literatur .............................................................................................................................. 46

– 11 –

Page 12: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

– 12 –

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Emissionspfade nach dem Budgetansatz des WBGU, 2005 bis

2050.............................................................................................................. 19

Abbildung 2 Preisentwicklung für CO2-Zertifikate im Emissionshandelssystem

der EU, 2005 bis 2050.................................................................................. 24

Abbildung 3 CO2- und Steinkohlenpreise als Erklärungsfaktoren für das

Strompreisniveau in Kontinentaleuropa im Vergleich zu

Kostenniveaus von wichtigen CO2-freien

Stromerzeugungsoptionen, 2004 bis 2010................................................... 28

Abbildung 4 CO2-Preis-Äquivalente ausgewählter fiskalischer Maßnahmen im

Nicht-ETS-Bereich und ausgewählter Energiemarktentwicklungen............. 33

Abbildung 5 Historische Entwicklung der realen und nominalen Rohölpreise

sowie aktuelle Projektionen der EIA, 1860 bis 2030. ................................... 35

Abbildung 6 Exemplarische Darstellung der Wechselwirkungen zwischen dem

EU ETS und der komplementären Förderung der Stromerzeugung

aus erneuerbaren Energien, 2005 bis 2020. ................................................ 37

Abbildung 7 Schematische Zuordnung von Potenzialgruppen für die

Emissionsvermeidung und Schwerpunktsetzungen bei der

Instrumentierung........................................................................................... 43

Abbildung 8 Schematische Übersicht zur Rolle und zur Integration

verschiedener Instrumentierungsansätze für eine konsistente und

langfristig ausgerichtete Klimapolitik ............................................................ 44

Page 13: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

1 Einleitung und Fragestellung

Seit dem Aufkommen von Klimapolitik als eigenständigem (nationalem) Politikfeld sind in diesem Politikfeld stets umfangreiche Maßnahmenbündel ergriffen worden, um die formulierten Emissionsminderungsverpflichtungen umzusetzen. Bereits der nach dem ersten Grundsatzbeschluss der Bundesregierung vom 13. Juni 1990 (Minderung der CO2-Emissionen auf 25% unter dem Wert von – damals – 1987 und Einsetzung einer Interministeriellen Arbeitsgruppe) am 7. November 1990 vorgelegte Bericht der Inter-ministeriellen Arbeitsgruppe „CO2-Reduktion“ adressierte nicht nur das Emissionsmin-derungsziel sondern eine breite Palette energie- und umweltpolitischer Instrumente. Sowohl die Bandbreite als auch die Eingriffstiefe des gesamten klimapolitischen In-strumentenportfolios sind in den fast zwei Dekaden deutscher Klimapolitik erheblich ausgeweitet worden. Dies lässt sich einerseits zurückführen auf die im Zeitverlauf ver-schärften Klimaziele1 und deren völkerrechtlichen Verbindlichkeit2, ist aber anderer-seits auch der umfassenden Einbeziehung aller Emissionsquellen sowie den sehr aus-differenzierten Handlungsansätzen geschuldet. Mit dem 2005 eingeführten und im De-zember 2008 für den Zeitraum nach 2012 erheblich revidierten Treibhausgas-Emissionshandelssystem der Europäischen Union (European Union Emissions Trading Scheme – EU ETS) haben sich die Rahmenbedingungen für die Klimapolitik jedoch in zwei Dimensionen gravierend geändert:

Mit dem EU ETS ist erstmals ein umfassendes Mengensteuerungssystem ein-geführt worden. Dieses erfasst mit einem Anteil von derzeit etwa 50% einen wesentlichen Teil der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands.

Mit dem EU-weiten Mengensteuerungssystem des EU ETS ist die Zielerfüllung europaweit flexibilisiert worden. Emissionsminderungen müssen damit nicht notwendigerweise auf deutschem Territorium umgesetzt werden. Ein begrenz-ter Anteil der Emissionsminderungen kann über die Flexibilisierung mit den projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls (Joint Implementation,

1 Neben dem 25%-Minderungsziel für die CO2-Emissionen bis 2005 (zunächst gegenüber

1987, im Jahr 1995 dann aktualisiert auf 1990 – beide Minderungsziele wurden nicht er-reicht), sind dies die 1997 im Rahmen der EU-Lastenteilung zum Kyoto-Protokoll vereinbarte Minderungsverpflichtung für alle vom Kyoto-Protokoll erfassten Treibhausgase von 21% ge-genüber dem Basisjahr des Kyoto-Protokolls (1990 für Kohlendioxid, Methan und Lachgas sowie 1995 für die fluorierten Treibhausgase), die im Koalitionsvertrag von 2002 vereinbarte konditionierte Minderungsverpflichtung von 40% gegenüber 1990 bis zum Jahr 2020 (für den Fall, dass sich die EU auf eine Minderung von 30% verständigt, sonst nur 30%) sowie die im Koalitionsvertrag von 2009 vereinbarte unkonditionierte Emissionsminderung von 40% ge-genüber 1990 bis zum Jahr 2020.

2 Dies sind das 1997 ausgehandelte und 2004 in Kraft getretene Kyoto-Protokoll zur Klima-rahmenkonvention mit Zielsetzungen bis 2012, die entsprechenden Vereinbarungen zur Zieldifferenzierung innerhalb der EU, das im Dezember 2008 beschlossene Energie- und Klimapaket der EU für die Zielsetzungen bis 2020 sowie die anstehenden internationalen Vereinbarungen zu Zielen für 2020 und darüber hinaus.

– 13 –

Page 14: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Clean Development Mechanism) sogar außerhalb der Europäischen Union er-bracht werden.

Insbesondere als Folge der Einführung fixer Mengenziele im Rahmen des Emissions-handels ist eine Debatte über die Sinnfälligkeit des Einsatzes von zusätzlichen klima- und energiepolitischen Instrumenten aufgebracht worden. Wenn die mit dem Emissi-onshandelssystem vorgegebenen Emissionsziele mit hoher Verbindlichkeit erreicht würden und die Flexibilisierung der Zielerreichung unter den regulierten Akteuren zu marktbasierten Entdeckungsprozessen führt, würden zusätzliche Instrumente aus-schließlich zu zusätzlichen Kosten führen und wären damit abzulehnen. Die wesentli-chen Stränge dieser Diskussion richteten sich zwar speziell auf die Förderung erneu-erbarer Energien in Deutschland, gleichwohl wurden auch andere energie- und klima-politische Maßnahmen (Glühlampenverbot, Förderung des Ersatzes von Nachtstrom-speicherheizungen etc.) entsprechend adressiert. Die Diskussion um die Berechtigung bzw. die Ausgestaltung eines energie- und klimapolitischen Policy-Mix hat so mit der praktischen Einführung des ersten starken Mengensteuerungssystems eine neue Qua-lität erreicht. Die fundamentalen Einwände gegen komplementäre Instrumente erfor-dern eine adäquate Analyse und Einordnung.

Vor diesem Hintergrund werden im hier vorgelegten Diskussionspapier Überlegungen auf unterschiedlichen Ebenen präsentiert. Im Kapitel 2 werden zunächst die verschie-denen Diskussionszugänge der Debatte präsentiert. Der Abschnitt 2.1 gibt einen Über-blick zur theoretischen Debatte um Emissionshandel und komplementäre Instrumente. Im Abschnitt 2.2 wird der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen sich für die Instrumentendebatte aus den Spezifika des Klimaproblems ergeben können. Im Ab-schnitt 2.3 werden dann einige Aspekte diskutiert, die sich aus den praktischen Erfah-rungen mit dem EU ETS ergeben. Im Kapitel 3 werden entsprechende Schlussfolge-rungen für die Ausgestaltung adäquater Instrumentierungsansätze gezogen. Im Ab-schnitt 3.1 wird vor allem auf die klimapolitischen Ansatzpunkte eingegangen, in einem Exkurs wird im Abschnitt 3.2 die Frage untersucht, in welchen Bereichen komplemen-täre Instrumente eventuell durch einen breiteren Rahmen des Emissionshandelssys-tems ersetzt werden könnten. Im Abschnitt 3.3 werden die sich aus anderen Politikbe-reichen ergebenden Aspekte berücksichtigt und im Abschnitt 3.4 werden die Abstim-mungsanforderungen für den energie- und klimapolitischen Instrumentenmix diskutiert. Im Kapitel 4 werden schließlich ausgewählte Schlussfolgerungen präsentiert.

Das hier vorgelegte Papier ist das Ergebnis eines umfangreichen Diskussions- bzw. Kommentierungsprozesses mit einer Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen. Zu spe-ziellem Dank verpflichtet ist der Autor Patrick Graichen und anderen Kollegen aus dem des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Christoph Küh-leis, Kai Kuhnhenn und Benjamin Lünenburger (Umweltbundesamt), Jochen Diekmann (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung), Joachim Schleich (Fraunhofer-Institut für system- und Innovationsforschung), Uwe Leprich (Institut für Zukunftsenergiesysteme), Katja Schumacher, Hauke Hermann und Martin Cames (Öko-Institut) sowie Hans-Joachim Ziesing. Alle Ungenauigkeiten und Fehler bleiben natürlich in der Verantwort-lichkeit des Autors.

– 14 –

Page 15: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

2 Dimensionen des Diskussionszugangs

2.1 Emissionshandel und komplementäre Instrumente in der theo-retischen Diskussion

Eine erste Facette der theoretischen Diskussion um das Verhältnis von Emissionshan-del und anderen Instrumenten zielt – bei teilweise unterschiedlichen Ausprägungen und Schwerpunktsetzungen – auf eine sehr grundsätzliche Ebene3:

Bei einer fest vorgegebenen Emissionsmenge würde eine gesonderte Förde-rung von erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung etc. im Gesamtsystem nicht zu zusätzlichen Emissionsminderungen führen.4

Entsprechende komplementäre Politiken würden damit allein die Kosten zur Erreichung der Emissionsziele erhöhen und damit die Kosteneffizienz der Kli-mapolitik erodieren lassen.

Die Umsetzung bestimmter Minderungsoptionen durch zusätzliche Instrumente würde für den Emissionshandel zu niedrigeren CO2-Preisen führen und damit die Investitionen bzw. Innovationsbemühungen in Richtung emissionsärmerer Technologien in den dem Emissionshandel unterliegenden Bereichen ab-schwächen und damit auch langfristig zu höheren Kosten der Treibhausgas-minderung führen.

Schließlich wird auch argumentiert, dass komplementäre Instrumente zum Emissionshandelssystem die Akzeptanz von Klimapolitik, insbesondere im eu-ropäischen Rahmen, beschädigen könnten.

Die Ausgangsprämissen und die Ableitung dieser Schlussfolgerungen unterscheiden sich dabei teilweise und sind in sich oder im Vergleich nicht immer widerspruchsfrei. Gemeinsam ist den Argumentationen in den hier zusammengefassten Analysen je-doch, dass sie sich auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau vollziehen und letztlich auf teilweise stark vereinfachenden oder idealisierenden Annahmen beruhen, die zu-mindest teilweise hinterfragt bzw. mit den real vorfindlichen Bedingungen gegenüber gestellt werden müssen. Diese Aspekte werden weiter unten aufgenommen.

3 Hinzuweisen ist hierbei vor allem auf die Stellungnahmen des wissenschaftlichen Beirates

beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (WB BMWA 2004, WB BMWi 2008), von Weimann (2008), Blankart et al. (2008), Sinn (2008+2009), des Kronberger Krei-ses (Donges et al. 2009), der Monopolkommission (2009, S. 39-41), des RWI (2009) sowie Herzog et al (2010) und dem wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Finan-zen (WB BMF 2010). Auf die teilweise ebenfalls vorgebrachten Argumente zur Wechselwir-kungen zwischen klimapolitischen Vorreiter-Maßnahmen, den internationalen Brennstoff-märkten oder den internationalen Verhandlungsprozessen sowie die damit vorgeblich ein-hergehende Konterkarierung entsprechender klimapolitischer Maßnahmen wird im Folgen-den nicht weiter eingegangen.

4 Inkonsistent dazu ist letztlich allerdings die gleichzeitig vorgebrachte Forderung des Wissen-schaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (WB BMWi 2008) zur Einführung von Preisobergrenzen für CO2-Emissionsberechtigungen.

– 15 –

Page 16: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Einen erheblich differenzierteren Ansatz verfolgen Analysen, die das Verhältnis von (nationalen) Energiepolitiken und dem Emissionshandelssystem mit einem breiteren Ansatz untersucht haben. Hier wird beispielsweise wie folgt argumentiert5:

1. Aus der Perspektive einer kosteneffizienten CO2-Minderungspolitik können komplementäre Instrumente aus einer sehr allgemeinen Perspektive nicht ge-rechtfertigt werden. Sie führen nicht zu zusätzlichen Emissionsminderungen, unter Annahme perfekter Rahmenbedingungen (d.h. ohne Berücksichtigung von Marktversagen jenseits der externen Kosten durch Treibhausgasemissio-nen etc.) führen sie zu höheren Kosten für die Gesellschaft.

2. Trotzdem könnten komplementäre Politiken aus vier Gründen – auch mit Blick auf die Kosteneffizienz – gerechtfertigt werden:

zur flankierenden Verbesserung des Emissionshandelssystems (in seiner realweltlichen Ausgestaltung – siehe dazu Kapitel 2.3);

zur Kompensation von weiteren Tateständen von Marktversagen, die im Sinne der statischen Effizienz (z.B. mit Blick auf Informationsa-symmetrien oder Marktmacht, die die Umsetzung prinzipiell wirt-schaftlicher Potenziale behindern) adressiert werden sollten, soweit die entsprechenden Maßnahmen durch einen Kosten/Nutzen-Test gerechtfertigt werden können;

zum Ausgleich von Marktversagen mit Blick auf die dynamische Effi-zienz (z.B. hinsichtlich der Entwicklung und -Markteinführung von Technologien, die zukünftigen Kosten der Emissionsminderung re-duzieren) adressiert werden sollten;

zur Erreichung anderer energie-, klima- oder wirtschaftpolitischer Ziele (von Verteilungsfragen bis hin zur Versorgungssicherheit).

Bereits dieser kurze Aufriss der theoretisch angelegten Debatte zeigt, dass der jeweils gesetzte Analyserahmen entscheidend ist. Ein Vergleich der sehr grundsätzlich (und sehr idealisierend bzw. abstrakt) angelegten Argumentationslinien mit differenzierteren Ansätzen macht die folgenden Aspekte sehr deutlich:

Zunächst kann grundsätzlich die Frage gestellt werden, inwieweit zentrale An-nahmen des neoklassischen Modells (vollständig rationale Entscheidungskal-küle der Wirtschaftssubjekte, perfekte Voraussicht, zu vernachlässigende Transaktionskosten, keine Differenz zwischen sozialer und privater Diskontrate etc.) die realen Bedingungen der für die Klimaproblematik relevanten Wirt-schaftsbereiche auch hinreichend abbilden.

5 Vgl. hierzu – mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen – beispielsweise Sorrell/Sijm

(2003), Sijm (2005) oder Fischedick/Samadi (2010).

– 16 –

Page 17: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Die Bandbreite der für effektive und (aus statischer wie auch aus dynamischer Sicht) effiziente Energie- und Klimapolitik zu berücksichtigenden Ausprägun-gen von Marktversagen ist deutlich breiter als in der erstgenannten Fundamen-taldiskussion im Regelfall unterstellt wird. So sollten neben den sogenannten negativen Externalitäten (d.h. der Inanspruchnahme der Atmosphäre zu Lasten Dritter) weitere Facetten von Marktversagen berücksichtigt werden (asymmet-rische Informationen, Marktmacht, andere strukturelle Barrieren wie z.B. das Nutzer-Investor-Problem, Instabilitäten etc.). Darüber hinaus müssen auch so-genannte positive Externalitäten (wie z.B. die auf Märkten nicht ohne Weiteres honorierten Ausstrahlungseffekte von Innovationen) angemessen adressiert werden.

Weiterhin ist auch zu fragen, ob die effiziente Ressourcenallokation als zentra-le Zielfunktion des neoklassischen Modells in der realen Welt als einziger Be-wertungsmaßstab in Ansatz gebracht werden kann. Verteilungsfragen, Prakti-kabilität, Effektivität, Systemkonformität (in rechtlicher und wirtschaftlicher Hin-sicht), die Robustheit von Marktergebnissen in einem sehr dynamischen Um-feld und einer starken Rolle langfristiger Kapitalbindungen etc. können bei der Ausgestaltung eines realweltlichen Politikfeldes nicht außen vor gelassen wer-den können.

Es sollte berücksichtigt werden, inwieweit das vor allem in den auf eine sehr hohe Abstraktionsstufe abstellenden Argumentationen unterstellte idealisieren-de Modell eines Emissionshandelssystem auch in der Realität seine Entspre-chung findet (vgl. Kapitel 2.3).

Eine sinnvolle und Ziel führende Debatte um die Instrumentierung eines be-stimmten politischen Ziels kann schließlich nicht unabhängig von der räumli-chen und zeitlichen Dimension des Problems bzw. der entsprechenden Ge-genstrategien erfolgen (vgl. Kapitel 2.2). Eine spezifische Betrachtung des Ambitionsniveaus hinsichtlich der Ziele und der für die Umsetzung verfügbaren Zeiträume hat erhebliche Konsequenzen einerseits für das Ausmaß der Such-prozesse und andererseits auch für die Signifikanz der möglichen Effizienzver-luste von zweit- oder drittbesten Lösungen (soweit sie sich aus der theoreti-schen Perspektive als solche darstellen).

Die vorstehenden allgemeinen Überlegungen machen einerseits deutlich, dass eine praxisorientierte Ausgestaltung von Energie- und Klimapolitik einen weiten Horizont erfordert. Sie wird nicht nur auf in hohem Maße abstrakte Grundsatzüberlegungen im Kontext idealisierender Rahmenbedingungen eingeengt werden können. Der breitere Begründungshorizont für Energie- und Klimapolitik erfordert jedoch andererseits auch spezifische Begründungen. Die jeweils adressierten Tatbestände von Marktversagen müssen spezifiziert, die entsprechenden Maßnahmen sollten einem Kosten/Nutzen-Test und die Innovationseffekte einem umfassenden Monitoring unterzogen werden. Nur in dieser Kombination kann vermieden werden, dass an Stelle einer eindimensio-nalen Instrumentierungsdiskussion Ansätze von Instrumenten-Beliebigkeit treten.

– 17 –

Page 18: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

2.2 Globale Klimaerwärmung als konkreter Problembezug

Diskussionen um die angemessene instrumentelle Ausgestaltung eines bestimmten Politikfeldes können nicht vom konkret zu lösenden Problem abstrahieren. Gerade die Herausforderung Klimaschutz weist eine Reihe von spezifischen Merkmalen auf, aus denen sich Restriktionen bzw. Freiheitsgrade für die praktischen Politiken und Maß-nahmen ergeben. Solche Restriktionen und Freiheitsgrade müssen insbesondere in die Betrachtungen einbezogen werden, wenn die Robustheit bestimmter politischer In-strumentierungsvarianten bewertet werden muss. Gleichzeitig sind sie aber auch von nicht unerheblicher Bedeutung für die Einordnung von etwaigen Effizienzverlusten oder Verteilungseffekten.

Speziell für die Herausforderung der globalen Klimaerwärmung sind für politische Ge-genstrategien vor allem drei Aspekte von besonderer Bedeutung:

das Ambitionsniveau hinsichtlich der Emissionsminderungsziele allgemein (mit Konsequenzen für die Einordnung der grundsätzlich in Frage kommenden technisch-strukturellen Optionen);

das Ambitionsniveau mit Blick auf den zeitlichen Rahmen der Emissionsminde-rungen (mit Konsequenzen für die sich aus der Lebensdauer bzw. dem not-wendigen Vorlauf der verschiedenen Minderungsoptionen ergebenden Restrik-tionen bzw. Freiheitsgrade);

die Erwartungen zu den Flexibilisierungsmöglichkeiten von Emissionsminde-rungen im internationalen Rahmen (d.h. der Möglichkeit, Emissionsminderun-gen in anderen Regionen umzusetzen, diese für die Zielerreichung anzuerken-nen und so tendenziell eine Lockerung der sich ggf. aus den vorgenannten Punkten ergebenden Restriktionen zu erzielen).

Die Analyse des anthropogenen Klimawandels hat hier in den letzten Jahren einen deutlich verschärften Handlungsdruck erzeugt:

Das Ziel, die Erhöhung der globalen Mitteltemperatur auf einen Wert von unter 2°C (im Vergleich zum vorindustriellen Niveau) zu begrenzen, entwickelt sich zunehmend als angemessene und akzeptierte Zielvorgabe.6

In der klimawissenschaftlichen Debatte gewinnt der Budget-Ansatz für die im Rahmen des o.g. 2°C-Ziels noch zulässigen Treibhausgasemissionen zuneh-mend an Bedeutung. Nach den aktuellen Modellrechnungen (Meinshausen et al. 2009) beträgt das für den Zeitraum 2000 bis 2049 verfügbare Emissions-budget bei einer Wahrscheinlichkeit für die Erreichung des 2°C-Ziels von etwa 75% noch 1.000 Mrd. t CO2 bzw. 1.500 Mrd. t CO2-Äqu. für alle Treibhausgas-emissionen. Der WBGU (2009) hat hieraus für den Zeitraum 2010 bis 2050 ein

6 Zur klimawissenschaftlichen Einordnung vgl. Richardson et al. (2009), zur politischen Ein-

ordnung vgl. G8 (2009) und MEF (2009).

– 18 –

Page 19: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

globales CO2-Emissionsbudget von etwa 600 Mrd. t CO2 für die Zielerrei-chungswahrscheinlichkeit von 75% ermittelt.

Angesichts der besonderen Verantwortung der Industriestaaten (als Verursa-cher des bei weitem größten Anteils der historisch kumulierten Emissionen7) müssten die Industriestaaten im Rahmen eines solchen Budgetansatzes ihre Treibhausgasemissionen vollständig vermeiden und zusätzlich erhebliche Emissionsminderungen in Entwicklungs- und Schwellenländern finanzieren. Aber auch der Emissionsanstieg in den Entwicklungs- und Schwellenländern müsste drastisch gedämpft werden (WBGU 2009).

Abbildung 1 Emissionspfade nach dem Budgetansatz des WBGU, 2005 bis 2050.

Quelle: WBGU (2009)

Die Abbildung 1 verdeutlicht exemplarisch die Implikationen dieses Budgetansatzes für die notwendigen Emissionsminderungen der verschiedenen Ländergruppen (ausge-drückt als Pro-Kopf-Emissionen). Für die Industriestaaten (rote Linien) müssten die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um mehr als 90% zurückgeführt werden, wobei der

7 Im Jahr 2005 betrug der Anteil der OECD-Staaten und Russlands an den kumulierten CO2-

Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger seit 1900 knapp 80% (davon entfie-len ca. 35 Prozentpunkte auf die nordamerikanischen und etwa 27 Prozentpunkte auf die eu-ropäischen OECD-Staaten). Bei einem ungebrochenen Emissionswachstum, z.B. nach dem Muster der Emissionsentwicklung des World Energy Outlook der IEA (2009) würde nach ei-genen Berechnungen der Anteil der Industriestaaten im Jahre 2050 immer noch knapp 60% betragen (davon 24 Prozentpunkte für die nordamerikanischen und etwa 17 Prozentpunkte für die europäischen OECD-Staaten).

– 19 –

Page 20: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Großteil der Emissionsminderungen bereits im Zeitraum bis 2030 erzielt werden müss-te. Die über den Emissionshandel oder andere Transfermechanismen erzielten Emis-sionsminderungen in anderen Staaten müssten zusätzlich zu diesen Emissionsminde-rungen erfolgen. Für Schwellenländer wie China (orange Linien) müssten die Pro-Kopf-Emissionen ab 2020 sinken und ab 2030 ebenfalls auf einen drastischen Dekarbonisie-rungspfad einschwenken. Über internationale Flexibilisierungsmechanismen (Emissi-onshandel etc.) müssten erhebliche Zusatzminderungen umgesetzt werden, die jedoch die Notwendigkeit der heimischen Dekarbonisierung nicht ersetzen. Für Entwicklungs- und Schwellenländer mit sehr niedrigen Pro-Kopf-Emissionen (wie z.B. Indien) könnten sich die Pro-Kopf-Emissionen bis 2040 zwar noch etwa verdreifachen (grüne Linien). Unter Berücksichtigung des globalen Emissionshandelssystems oder anderer Trans-fers müssten die spezifischen Emissionen jedoch auch in diesen Staaten effektiv auf ein Niveau von unter 2 t CO2 je Einwohner begrenzt werden.

Legt man das politisch beschlossene 2°C-Ziel und den exemplarischen Budget-Ansatz des WBGU als adäquate Strategie zu Grunde, so ergibt sich eine Reihe von wichtigen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung des klimapolitischen Instrumentenmixes:

Die Einhaltung des globalen Budgets für Treibhausgase wird mit erheblicher Inanspruchnahme internationaler Flexibilisierungsmechanismen (z.B. über ein globales Emissionshandelssystem) verbunden sein. Dies ist vor allem im Sinne der Industriestaaten in der Ländergruppe 1 (die andernfalls ihre Volkswirtschaf-ten bis zur dritten Dekade dieses Jahrhunderts vollständig dekarbonisieren müssten) als auch im Interesse der Staaten in der Ländergruppe 2 (deren Min-derungsanforderungen durch die Transfers zumindest zweitweise leicht abge-schwächt würden).

Für den Zeithorizont 2050 wird jedoch auch unter Berücksichtigung einer inter-nationalen Flexibilisierung der Emissionsminderungen eine weitgehende De-karbonisierung in der Ländergruppe 1 (und etwas abgeschwächt auch in der Ländergruppe 2) vollzogen werden müssen. Das Verbleiben erheblicher Emis-sionssockel in den Industriestaaten mit Verweis auf die Erfüllung der Emissi-onsminderungen im Ausland ist damit einerseits eher eine kontraproduktive Fiktion als eine problemadäquate Option. Andererseits sind die Folgen etwai-ger Effizienzverluste, die durch eine Kombination von verschiedenen Instru-menten entstehen können, für derart weitgehende Emissionsminderungen als eher gering anzusetzen (wenn die Ziele auch effektiv erreicht werden).8

Das Ziel einer weitgehenden Dekarbonisierung der Volkswirtschaften in den Industriestaaten hat zwei weit reichende Implikationen. In fast allen Sektoren müssen erstens nahezu emissionsfreie Produktions- und Konsummuster um-gesetzt werden. Zwar existiert eine nicht unerhebliche Vielfalt solcher Optio-nen, deren Kostenniveaus sind jedoch zumindest grob einordenbar und durch-

8 Vgl. hierzu beispielsweise Golkowsky (1997) oder Goulder et al (1999).

– 20 –

Page 21: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

aus vergleichbar (Prognos/Öko-Institut 2009, McKinsey et al. 2010). Zweitens betreffen wichtige Handlungsfelder entweder unmittelbar (Gebäude, Kraftwer-ke) oder mittelbar (Infrastrukturen) einen Kapitalstock, dessen normale tech-nisch-wirtschaftliche Lebensdauer in der gleichen Größenordnung liegt, wie der insgesamt zur Erreichung der Minderungsziele noch verfügbare Zeitraum (ca. 40 Jahre). Suchprozesse nach dem Prinzip von „Versuch und Irrtum“ sind vor diesem Hintergrund nur begrenzt möglich.

Für den konkreten Problembezug der globalen Klimaerwärmung bildet also die sehr weitgehende (vollständige) und vor allem effektive Dekarbonisierung der Volkswirt-schaften in den Industriestaaten in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum eine zentra-le Rahmenbedingung für die Analyse, Bewertung und Ausgestaltung des klimapoliti-schen Policy-Mix, vor allem mit Blick auf die in Frage kommenden Minderungsoptionen sowie die damit verbundenen Handlungsfenster bzw. den erforderlichen zeitlichen Vor-lauf.

2.3 Das Emissionshandelssystem für Treibhausgase in der Europä-ischen Union als realweltlicher Bezug

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich viele Diskussionen zum Policy-Mix der Klimapolitik auf ein eher abstraktes Modell des Emissionshandelssystems beziehen, ist es notwendig und zielführend, die konkrete Ausgestaltung der in der Realität existie-renden bzw. der sich entwickelnden Emissionshandelssysteme angemessen zu be-rücksichtigen:

Zeithorizont: Obwohl sowohl das EU ETS als auch die im internationalen Raum geplanten bzw. diskutierten Emissionshandelssysteme inzwischen sehr lang-fristig angelegt sind (mit Minderungszielen von ca. 75 bis 80% bis zum Jahr 2050)9, bilden sie vor dem Hintergrund der Revisionsmechanismen und der Einschränkungen beim Borrowing von Emissionsberechtigungen faktisch durchgängig Multiperioden-Systeme – und werden dies bis auf Weiteres auch bleiben. Dies gilt insbesondere für Emissionshandelssysteme in demokrati-schen Gesellschaften, in denen jedwede Entscheidung in regelmäßigen Ab-ständen revidierbar ist. In Multiperiodensystemen mit ggf. wiederkehrenden Zu-teilungsentscheidungen und anderen Updating-Komponenten (Stilllegungsre-gelungen, kostenlose Zuteilung für Neuanlagen etc.) kann durch Zuteilungs-

9 Die im US-Repräsentantenhaus 2009 beschlossene Gesetzentwurf (U.S. Congress 2009)

sieht bis zum Jahr 2050 eine Rückführung der vom System erfassten Treibhausgasemissio-nen um 80% (im Vergleich zu 2005) vor. Formal gliedert sich das EU-Emissionshandelssystems zwar weiterhin in Verpflichtungsperiode (2005/2007, 2008/2012, 2013/2020 etc.), durch die Einführung der linearen Reduktion der verfügbaren Emissionsbe-rechtigung ohne Endregelung ergibt sich für das Jahr 2050 eine Emissionsminderung von etwa 75% unter dem Ausgangswert von 2005.

– 21 –

Page 22: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

entscheidungen auch das CO2-Preissignal verzerrt und damit die Effizienz des Systems geschwächt werden (Öko-Institut et al. 2005).

Erfassung von Sektoren und Gasen: Die existierenden und absehbaren Emis-sionshandelssysteme sind partielle Emissionshandelssysteme, die aus Effi-zienzüberlegungen (Transaktionskosten, Kostensensitivität etc.), aber auch aus Praktikabilitätsgründen (Unsicherheiten bei der Bestimmung der zu re-gelnden Mengenströme, z.B. im Bereich der CO2-Senken oder der Nicht-CO2-Treibhausgase) nicht die Gesamtheit der Treibhausgase erfassen.10

Regionalität: Zwar existieren eine Reihe von Verbindungsmechanismen (der-zeit vor allem über die projektbasierten Mechanismen11) und sind einige direkte Verbindungen zu anderen Emissionshandelssystemen (z.B. in Norwegen) auf-gebaut worden bzw. können mittelfristig erwartet werden (USA, Australien, evtl. Japan). Angesichts der starken Wechselwirkungen mit den komplexen interna-tionalen Verpflichtungen wird ein globales Emissionshandelsregime nur schritt-weise aufgebaut werden können. Gerade die Erfahrungen mit der Einführung des EU ETS zeigen, dass für solche letztlich doch komplexen Instrumente sorgfältig ausgestaltete Einführungsphasen und robuste Governance-Strukturen notwendig und sinnvoll sind. Ein – ohne Zweifel anzustrebendes – globales Emissionshandelssystem wird sich damit nur über eine Reihe von Zwischenstufen und gestreckt über einen längeren Zeitraum herausbilden kön-nen.

Diese konkreten Ausgestaltungsmerkmale von Emissionshandelssystemen können also durchaus dazu führen, dass ergänzende Politikinstrumente ergriffen werden müs-sen, um letztlich sowohl die Effektivität als auch die Effizienz des Systems abzusi-chern. Beispiele für mögliche Ansatzpunkte komplementärer Instrumente aus dieser Perspektive sind einerseits Maßnahmen im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Diese Technologie ist einerseits auf der Stromseite mit durch den Emissionshandel regulierten Märkten konfrontiert, muss aber andererseits auf der Wärmeseite auch auf Märkten bestehen, auf denen die CO2-Kosten des Emissionshandelssystems (noch)

10 So erfasst das EU ETS ab 2013 nur große Punktquellen für CO2, N2O und perfluorierte Koh-

lenwasserstoffe (PFC) und damit knapp die Hälfte der gesamten Treibhausgasemissionen, das in den USA (zunächst) geplante ETS (U.S. Congress 2009) erfasst etwa 85% der Treib-hausgasemissionen, wobei Kleinverbraucher (Verkehr, Haushalte etc.) über eine Regulie-rung der in Verkehr gebrachten Kohlenstoffmengen (Upstream-ETS) reguliert werden sollen.

11 Vor allem die Projekte des Clean Development Mechanism (CDM) sehen sich jedoch in der derzeitigen Umsetzung heftiger Kritik in Bezug auf die reale Zusätzlichkeit der erreichten Emissionsminderungen, d.h. ihre ökologische Integrität ausgesetzt (Michaelowa/Purohit 2007, Wara 2007, Schneider 2007+2009, Wara/Victor 2008, Glachant et al. 2009, Haya 2009). Soweit die ökologische Integrität des CDM bzw. entsprechender Alternativ- oder Nachfolgemechanismen nicht durch entsprechende Verfahrens- und/oder Designänderun-gen sichergestellt bzw. die Nutzung der entsprechenden Emissionsminderungsgutschriften strikt begrenzt werden, kann sich eine signifikanten Erosion der effektiven Zielerreichung er-geben.

– 22 –

Page 23: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

nicht wirksam werden. Hier können sich Verzerrungen bzw. kontraproduktive Effekte (Sektor-Leakage) ergeben. Ein anderer Ansatzpunkt kann sich aus der regionalen Be-grenzung von Emissionshandelssystemen ergeben. Hier können durch die CO2-Kosten Anreize entstehen, Produktion oder Investitionen in nicht CO2-regulierte Regionen zu verschieben und damit für die globale Emissionsminderung kontraproduktiv zu wirken (Leakage).

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, die erwähnten Probleme primär durch eine ent-sprechende sektorale und/oder regionale Ausweitung des Systems zu lösen. Hier wird zu diskutieren sein, ob eine solche Ausweitung einerseits realistisch möglich ist bzw. ob die beschriebenen Effekte dadurch auch wirklich effektiv vermieden werden können (vgl. dazu Kapitel 3.2).

Neben diesen Ausgestaltungsfragen der realweltlichen Emissionshandelssysteme stellt sich nach den bisherigen realen Erfahrungen mit dem EU ETS aber auch die funda-mentale Frage nach der grundsätzlichen Leistungsfähigkeit des Systems für den länge-ren Zeithorizont. Ist ein Emissionshandelssystem in der Lage, langfristige Knappheits-signale zu erzeugen oder ist und bleibt ein realweltliches Emissionshandelssystem angesichts der unvermeidbaren Unsicherheiten und Risiken (und der nicht zuletzt dar-aus resultierenden Diskrepanz zwischen sozialer und privater Diskontrate12) stets nur ein wichtiger, aber eben nur kurz- bis mittelfristiger Clearing-Mechanismus für markt-nahe Minderungsoptionen?

Die Abbildung 2 vermittelt einen Eindruck über die bisherige Preisentwicklung für CO2-Zertifikate im EU ETS an der Europäischen Emissionshandelsbörse ECX (hervorzuhe-ben ist dabei, dass an diesem Handelsplatz bereits Future-Kontrakte für den Zeitraum jenseits der zweiten Handelsperiode 2008/2012 gehandelt werden).

12 Die Diskontrate als Maß für zeitliche Präferenzen kann sich zunächst aus der privaten und

gesamtwirtschaftlichen Perspektive unterscheiden, da bei Entscheidungen Privater Risiko-faktoren bzw. Risikoaufschläge berücksichtigt werden, die aus der gesamtgesellschaftlichen Perspektive keine Rolle spielen (müssen). Für die gesamtwirtschaftliche Diskontrate im Re-gelfall die Erträge aus sehr risikoarmen Staatsanleihen (mit Laufzeiten von zwei bis drei De-kaden) in Ansatz gebracht werden (aus der historischen Perspektive ergeben sich hier Wer-te von 2,5 bis 3% (UBA 2007)), für private Diskontraten ergeben sich – je nach Sektor und Risiko – beliebig höhere Werte. Darüber hinaus müssen aus der gesellschaftlichen Perspek-tive auch sehr langfristige, d.h. vor allem Generationen übergreifende Wohlfahrtseffekte be-rücksichtigt werden, für deren Einordnung fundamentale ethische Entscheidungen getroffen werden müssen. So legt z.B. Stern (2006) für sehr langfristige Betrachtungen im Bereich der Klimapolitik eine Diskontrate von 0,1% zu Grunde.

Die gravierenden Auswirkungen der Entscheidung für eine bestimmte Diskontrate mögen die folgenden Vergleiche verdeutlichen. Eine private Diskontrate von 15% (dies ist für die Indust-rie ein durchaus gängiger Wert) bedeutet, dass in 10 Jahren entstehende Kosten mit einem Abschlag von 80%, in 20 Jahren entstehende Kosten mit einem Abschlag von 96% und in 30 Jahren entstehende Kosten mit einem Abschlag von 99% bewertet werden. Bei einer ge-samtwirtschaftlichen Diskontrate von 3% betragen die Abschläge für Kosten in 10 Jahren 26%, in 20 Jahren 46% und in 30 Jahren 60%. Bei der im Stern-Bericht (2006) für sehr lang-fristige Fragestellungen gewählten Diskontrate von 0,1% beträgt der Abschlag für in 30 Jah-ren entstehende Kosten 3%.

– 23 –

Page 24: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Abbildung 2 Preisentwicklung für CO2-Zertifikate im Emissionshandelssystem der EU, 2005 bis 2050.

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

01.2005 01.2006 01.2007 01.2008 01.2009 01.2010

€/E

UA

Future EUA Dec 2005 Future EUA Dec 2006Future EUA Dec 2007 Future EUA Dec 2008Future EUA Dec 2009 Future EUA Dec 2010Future EUA Dec 2011 Future EUA Dec 2012Future EUA Dec 2013 Future EUA Dec 2014

Quelle: Berechnungen des Öko-Instituts

Die Analyse der Preisentwicklungen für die Lieferverträge mit unterschiedlichen Erfül-lungszeitpunkten verdeutlicht eine Reihe interessanter Aspekte:

Die Preisentwicklung für die Verträge mit Erfüllung in der ersten Handelsperio-de (2005/2007) ist zunächst gut mit den Unsicherheiten bei der Einführung des Systems (sukzessive Genehmigung der Nationalen Allokationspläne für die einzelnen Mitgliedstaaten und damit erst allmähliche Klarheit über das Cap) zu erklären, die eine entsprechende Volatilität der Preise nach sich zog. Nach der erstmaligen Vorlage verifizierter Emissionsdaten im April 2006 wurde die er-hebliche Überallokation in der ersten Phase offensichtlich, als Folge der nicht erlaubten Nutzung von Zertifikaten aus der ersten Periode in den Folgejahren (Banking-Verbot) ergab sich ein Zusammenbruch des CO2-Preises.

Die Preise der Emissionsberechtigungen für die zweite Phase des EU ETS (2008/2012) verblieben zunächst in der Bandbreite von 15 bis 25 €/EUA, stie-gen dann im Zuge der massiven Preissteigerungen auf den Commodity-Märkten bis Mitte 2008 massiv an, gingen im Zuge der Finanz- und Wirt-schaftskrise erheblich zurück und liegen seit Mitte 2009 auf einem Niveau von etwa 15 €/EUA.

Auffällig ist jedoch, dass weder die Preise für CO2-Zertifikate mit Liefertermin in der zweiten Handelsperiode noch die für Lieferungen in der dritten Handelspe-riode (2013/2020) eine Reaktion auf die Verabschiedung der rechtlichen Rege-lungen für die dritte Handelsperiode zeigen. Mit der Novellierung der EU-Emissionshandelsrichtlinie wurde ja (über die Festlegung eines ohne Endter-

– 24 –

Page 25: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

min versehenen linearen Reduktionsfaktors) implizit auch ein langfristiges Cap festgelegt, dass über den Zwischenwert für 2020 (21% unter dem Niveau von 2005) bis 2050 eine Emissionsreduktion von ca. 75% repräsentiert.13 Nicht au-ßergewöhnlich ist das weiterhin enge Beieinanderliegen der Zertifikatspreise für die zweite und dritte Handelsperiode, da die Zertifikate für die zweiten Han-delsperiode uneingeschränkt auch in der dritten und folgenden Perioden ein-gesetzt werden können (unbeschränktes Banking).

Angesichts der ab 2009 rechtlich verbindlich festgelegten langfristigen Emissionsvor-gaben auch im EU ETS und der unbeschränkten Banking-Option erscheinen die beo-bachteten Preisentwicklungen erklärungsbedürftig, zeigen sie doch keinerlei erkennba-re Reaktion auf die drastisch verschärften (Langfrist-) Ziele. Zwar könnte postuliert wer-den, dass diese langfristigen Minderungsziele schon seit 2008 diskutiert worden sind, die Märkte diese damit bereits eingepreist haben könnten und so im Jahr 2009 keine gravierenden Preisänderungen hätten erfolgen müssen. Erklärungsbedürftig bleibt in jedem Fall jedoch der Sachverhalt, dass für die vom EU ETS regulierten Sektoren ein CO2-Preisniveau von ca. 15 €/EUA wohl in keinem Fall ausreichen dürfte, um die ge-nannten Langfristziele zu erreichen.

Zur Erklärung dieses empirischen Befundes sind sehr unterschiedliche Deutungsmus-ter herangezogen worden:

Die reale Preisentwicklung wäre als Folge fehlender Langfristziele erklärbar. Da solche Langfristziele jedoch rechtlich verbindlich existieren, kann dieser Ansatz nicht als stichhaltig angesehen werden.

Die Märkte würden die Langfristziele nicht als belastbar ansehen und dies ent-sprechend einpreisen. Wenn dem so wäre, könnten die Emissionshandels-märkte zumindest bis auf Weiteres keine langfristigen Knappheitssignale er-zeugen. Auch stellt sich die Frage, welche politischen bzw. rechtlichen Festle-gungen getroffen werden müssten oder könnten, damit die Märkte die Verbind-lichkeit solcher Ziele voll reflektieren. In jedem Fall würde ein solcher Vertrau-ensbildungsprozess für die Langfristziele einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. In diesem Kontext kann aber durchaus auch die Frage gestellt wer-den, ob auf Märkten, die wie Emissionsmärkte auf politischen Verknappungs-entscheidungen beruhen, im Rahmen demokratischer Systeme mit ihrer re-gelmäßig wiederkehrenden Option zur Revision von Entscheidungen und den

13 Der „lineare Reduktionsfaktor“ setzt auf die EU-weite Cap in der zweiten Handelsperiode

(Jahresdurchschnitt 2008/2012) auf und verringert die Menge der verfügbaren Zertifikate so, dass sie einem linearen Pfad von 1,74% ab 2010 entspricht. Eine Entscheidung über die Veränderung des linearen Reduktionsfaktors ist für das Jahr 2025 vorgesehen (Art. 9 der Richtlinie 2009/29/EG vom 23. April 2009). Die Regelungen zur Cap in der novellierten Emissionshandelsrichtlinie sind damit eindeutig für die langfristige Perspektive angelegt. Der so stetig verringerte Cap reicht über das Jahr 2020 hinaus und entspricht damit bereits bei einem unveränderten linearen Reduktionsfaktor einer Emissionsreduktion von etwa 75%.

– 25 –

Page 26: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

bekannten Mechanismen zur Durchsetzung von (Partikular-) Interessen per se langfristige Knappheitssignale entstehen können.

Es kann die Möglichkeit bezweifelt werden, ob Märkte und Marktmechanismen aus wirtschaftlichen Gründen (z.B. wegen der sie prägenden privaten Diskont-raten) grundsätzlich in der Lage sind, Preissignale für Knappheiten über den Zeitraum von mehreren Dekaden zu erzeugen oder ob Marktmechanismen grundsätzlich nur kurz- bis mittelfristige Clearing-Mechanismen für marktgängi-ge Vermeidungsoptionen sein können.

Die Märkte könnten das Vorhandensein extrem preiswerter Minderungsoptio-nen für die lange Frist bereits antizipiert haben. Angesichts der aktuellen Dis-kussionen um ambitionierte Minderungspfade in der Langzeitperspektive (Prognos/Öko-Institut 2009, McKinsey et al. 2010) erscheint dies jedoch als kein belastbares Begründungsmuster.

Die bisherige empirische Evidenz ist bei weitem nicht ausreichend, eine belastbare und richtungssichere Einordnung der als besonders relevant einzuordnenden zweiten und dritten Hypothese vornehmen zu können. Gleichwohl wird eine strategische, auf Ro-bustheit angelegte und dem in Kapitel 2.2 beschriebenen Ambitionsniveau genügende Klimapolitik aber auch die Möglichkeit berücksichtigen müssen, dass ein Emissions-handelssystem stets nur dem Clearing der kurz- bis mittelfristig verfügbaren, marktna-hen Emissionsminderungsoptionen dienen könnte.14

14 Dabei sollte die enorme Bedeutung dieses Clearing-Prozesses nicht unterschätzt werden.

Die durch das EU ETS erzielten Emissionsminderungen in Deutschland belaufen sich – zu-mindest für die Zeiträume, in denen ein CO2-Preissignal erzeugt wurde – auf etwa 10 Mio. t CO2 jährlich (Ellerman et al 2010).

– 26 –

Page 27: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

3 Verhältnis von Emissionshandel und komplementären Instrumenten

3.1 Klimapolitische Notwendigkeit komplementärer Instrumente

Nach den bisherigen Erfahrungen, insbesondere mit dem EU ETS, kann durch das mit dem System erzeugte CO2-Preissignal eine erhebliche Bandbreite von Minderungsop-tionen erschlossen werden (Ellerman et al. 2009):

Gerade in der Stromerzeugung hat das Preissignal direkt in die Erzeugungsop-timierung Eingang gefunden. Durch das CO2-Preissignal veränderte Einsatz-strategien für Kraftwerke (Merit-Order) und die entsprechenden Emissionsmin-derungen sind eindeutig identifizierbar.

Eine Vielzahl von sehr preiswerten Minderungsoptionen sind nachweislich er-schlossen worden (technische Optimierungen an den Anlagen, Zufeuerung von Biomasse, anderer Brennstoffwechsel).

Eine ganze Reihe inkrementeller Innovationen (Wirkungsgradsteigerungen im Erdgas- und Steinkohlenkraftwerksbereich) ist durch das Preissignal des EU-Emissionshandels zumindest mit ausgelöst worden.

Vor allem in der Stromwirtschaft ist das CO2-Preissignal über die Wertschöp-fungskette voll weitergegeben worden, damit sind auch für die Stromnachfra-geseite Preissignale entstanden und haben ggf. zu Nachfragereaktionen ge-führt.

Die CO2-Bepreisung über das EU-Emissionshandelssystem ist also erfolgreich in Gang gekommen und bildet zweifelsohne eine zentrale Säule der Klimapolitik.

Die Abbildung 3 verdeutlicht den Effekt der CO2-Einpreisung am Beispiel der Kontrakte für Grundlastlieferungen (Phelix Base) im jeweiligen Folgejahr und dem Vergleich mit den fundamentalen Erklärungsfaktoren (Steinkohle- und CO2-Preise) sowie den sich daraus ergebenden kurzfristigen Grenzkosten für ein statistisch ermitteltes Grenzkraft-werk. Die Future-Kontrakte15 für Steinkohle (schwarze Linie) und CO2-Emissionsberechtigungen (grüne Linie) erklären in Zusammenhang mit einer Hypothe-se für das jeweils Preis setzende Kraftwerk16 (blaue Linie) den beobachteten Preisver-lauf für Base-Futures (rote Linie) vergleichsweise gut. Die einzige Ausnahme bildet dabei die Periode nach dem durch die spezifische Konstellation der ersten Emissions-

15 Die Datenanalyse erfolgte auf Grundlage von Future-Kontrakten, da für Future-Kontrakte

kurzfristige Einflussfaktoren für den Strompreis (Temperatur, Windenergieeinspeisung, kurz-fristige Nichtverfügbarkeiten etc.) keine Rolle spielen und die Preise – wie in Abbildung 3 deutlich erkennbar wird – damit weitaus weniger volatil sind. Damit können aus der Analyse auf Basis von Future-Kontrakten deutlich robustere Ergebnisse für die fundamentale Strom-preiserklärung abgeleitet werden als auf der Basis von Spot-Marktdaten.

16 Auf Grundlage statistischer Analysen wurde für die Future-Kontrakte ein Steinkohlenkraft-werk mit einem Nutzungsgrad von etwa 34% als repräsentatives Grenzkraftwerk ermittelt.

– 27 –

Page 28: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

handelsphase (Datenunsicherheiten bzw. Überallokation in Verbindung mit einem Ban-king-Verbot in die nächste Handelsphase) bedingten Zusammenbruch des Marktes für CO2-Emissionsberechtigungen im Frühjahr 2006 bis zum Ende der Pilotphase des EU ETS.

Abbildung 3 CO2- und Steinkohlenpreise als Erklärungsfaktoren für das Strompreis-niveau in Kontinentaleuropa im Vergleich zu Kostenniveaus von wichti-gen CO2-freien Stromerzeugungsoptionen, 2004 bis 2010.

0

25

50

75

100

125

150

01.01.2004 01.01.2005 01.01.2006 01.01.2007 01.01.2008 01.01.2009 01.01.2010 01.01.2011

€/M

Wh

0

25

50

75

100

125

150

€/E

UA

Dep

onie

gas

Bio

mas

seW

ind

Neu

e W

asse

rkra

ft (k

lein

)

CC

S (

zukü

nftig

e B

andb

reite

)

Backstop-Technologien(EEG-Sätze und eigeneSchätzungen)Day-ahead (spot)

Year-ahead future (base)

Year-ahead future Steinkohle cif ARA

Year-ahead future EUA Grenzkosten (Kontinental-Europa)

Quelle: European Energy Exchange, Berechnungen des Öko-Instituts

Die Übersicht verdeutlicht aber auch, dass in Zeiten vergleichsweise hoher CO2-Zertifikatspreise (ca. 30 €/EUA) und gleichzeitig hoher Steinkohlenpreise (umgerechnet knapp 20 €/MWh für die Anlieferung nach Nord-Westeuropa) Großhandels-Strompreise von etwa 90 €/MWh erreicht wurden. Wenn die Steinkohlepreise im Jahr 2008 nicht die beobachteten Höchststände erreicht hätten, wären CO2-Zertifikatspreise von etwa 60 €/EUA notwendig gewesen, um das genannte Strompreisniveau zu errei-chen. Aus dem Vergleich dieser Kostenniveaus mit den Kosten derjenigen Stromer-zeugungsoptionen, die im Rahmen ambitionierter Klimaschutzstrategien mit dem Ziel einer vollständigen Dekarbonisierung mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit eine wichtige Rolle spielen werden bzw. könnten, ergibt sich jedoch, dass diese Stromerzeugungs-optionen bei ihren heutigen Kosten selbst bei vergleichsweise hohen Brennstoff- und CO2-Preisen nur ansatzweise eine Wirtschaftlichkeit erreichen konnten. Für diejenigen Emissionsminderungsoptionen (erneuerbare Energien, Kraftwerke mit CO2-Abtrennung und –Ablagerung), für die in kurzer Frist mit Blick auf Technologie, Kosten bzw. Sys-temintegration noch erhebliche Innovationen erschlossen werden können und müssen, bildet das CO2-Preissignal zwar eine gewisse Grundlage, jedoch bei weitem keine aus-reichenden Anreize für massive Innovationsanstrengungen. Die aktuelle Debatte um

– 28 –

Page 29: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

die Technologie der CO2-Abscheidung und Ablagerung bietet hierfür ein illustratives Beispiel.

Wenn die CO2-Märkte effektiv ggf. keine langfristigen Knappheitssignale über einen Zeithorizont von ca. 10 Jahren hinaus erzeugen können, die Modernisierungs- und Innovationszyklen für in erheblichem Maße emissionsrelevante Technologien (Kraft-werke, Gebäude etc.) diesen Zeitraum jedoch um ein Mehrfaches überschreiten, müs-sen komplementäre klimapolitische Instrumente zur Beschleunigung von Innovationen im Bereich zukünftiger Backstop-Technologien neben der CO2-Bepreisung eine zweite Säule des Policy-Mix einer ambitionierten Klimapolitik bilden. Gerade in einem (aus politischen oder Verteilungsgründen so aufgesetzten) partiellen Emissionshandelssys-tem kann auch die Situation eintreten, dass das erzeugte Preissignal nicht wirklich den Schattenpreis der gesamten Treibhausgasminderung widerspiegelt. Bei massiven Emissionsminderungen in vergleichsweise kurzen Zeiträumen wird das Abstellen allein auf einen technologieneutralen marktlichen Suchprozess die an einen langlebigen Ka-pitalstock gebundene Minderungsoptionen mit Blick auf die notwendige Effektivität der Klimapolitik nicht robust genug sicherstellen können. Theoretische Überlegungen (Fi-schedick/Samadi 2010) und integrierte Modellanalysen, in denen die Entwicklung des Energiesystems und seiner Kosten mit und ohne Lernkurveninvestitionen untersucht worden sind (IEA 2000), zeigen weiterhin, dass mit solchen Strategien auch erhebliche Vorteile im Bereich der dynamischen Effizienz erschlossen werden können. Eine zent-rale Voraussetzung für die Erschließung solcher Effizienzvorteile besteht aber auch darin, dass die durch gezielte Förderung erreichten Innovationsfortschritte im Rahmen geeigneter Strategien für den Technologietransfer global verfügbar gemacht werden. Die Ergänzung des Emissionshandelssystems durch ordnungsrechtliche Vorgaben (v.a. Standards) oder aber spezifische und strikt innovationsorientiert auszugestaltende Fördermaßnahmen ist vor diesem Hintergrund sinnvoll und zielführend.

Gezielte staatliche Innovationspolitik wird zweifelsohne nicht ohne Fehler bleiben und dementsprechend fähig zu Kurskorrekturen sein müssen. Ähnliche (und angesichts der eher kurzfristigen Orientierung von marktlichen Suchprozessen mit einiger Wahr-scheinlichkeit gravierendere) Fehlentwicklungen würden jedoch auch bei einer Fixie-rung auf allein über Emissionshandelssysteme getriebene Innovationsprozesse mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vermieden werden können.

Die konkrete Ausgestaltung von staatlich induzierten Innovationspolitiken (im Span-nungsfeld von stark auf Forschung und Entwicklung ausgerichteten Maßnahmen und frühzeitiger Markteinführung bzw. vor allem industriegetriebener Innovation) soll hier nicht weiter diskutiert werden17, die im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erzielten Lernkurveneffekte, die deutlich über diejenigen im Bereich konventi-oneller Technologien hinausgehen (Nitsch et al. 2008), sind jedoch ein deutliches Indiz dafür, dass der in Deutschland bisher verfolgte Ansatz einer auf frühe Markteinführung

17 Zu prinzipiellen Überlegungen dazu vgl. beispielsweise OTA (1995) und PCAST (1999).

– 29 –

Page 30: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

setzenden Förderpolitik bei innovationsorientierter Ausgestaltung erhebliche Vorteile haben kann. Voraussetzung und ebenfalls ein wichtiger Monitoring-Indikator für die Auswahl, Anpassung und ggf. auch die Abschaffung der Komplementärinstrumente in diesem Bereich sind jedoch belastbare und nachweisbare Innovationseffekte, v.a. im Bereich der Kosten.

Technologieneutrale Klimapolitikansätze müssen auch in einem dritten Bereich ergänzt werden. Die absehbar verfügbaren Emissionsminderungsoptionen haben in vielen Fäl-len eine erhebliche Infrastrukturkomponente (von der Windenergieerzeugung bis hin zu intelligenten Verteilungsnetzen als Voraussetzung für die Elektromobilität). Massive Veränderungen der Infrastruktur erfordern jedoch lange Vorlaufzeiten und müssen in einem hoch regulierten Umfeld (von umfangreichen Genehmigungsprozessen bis hin zum zunehmend strikter regulierten Netzgeschäft) umgesetzt werden. Vor diesem Hin-tergrund wird die notwendige Umgestaltung der Infrastrukturen (selbst bei Existenz eines signifikanten CO2-Preissignals) nur in Ausnahmefällen rein marktgetrieben bzw. auf rein privatwirtschaftlicher Basis vollzogen werden können. Infrastrukturintensive Emissionsminderungsoptionen werden so mit einem strikt technologieneutralen Ansatz kaum erschlossen werden können, mit teilweise gravierenden Folgen sowohl für die langfristige Effektivität als auch die langfristige Effizienz der Klimapolitik.

Gerade mit Blick auf die Emissionsminderungsoptionen im Bereich der Energieeffizienz ergibt sich die Notwendigkeit eines vierten klimapolitischen Grundansatzes. Eine Viel-zahl von (ingenieurtechnisch ausgerichteten) Bottom up-Analysen hat immer wieder die Existenz von technischen und organisatorischen Maßnahmen mit negativen Ver-meidungskosten präsentiert.18 Die Gründe für die Existenz solcher Minderungspotenzi-ale sind vielfältig und reichen von unvollständiger bzw. asymmetrischer Information über strukturelle Hemmnisse (z.B. das Nutzer-Investor-Dilemma) bis hin zu den Präfe-renzen beim Einsatz des verfügbaren Kapitals. Vor diesem Hintergrund ist die Ergän-zung des Emissionshandelssystems durch ordnungsrechtliche Regelungen (Effizienz-standards etc.), entsprechende Fördermaßnahmen oder aber die Schaffung spezifi-scher Mengensteuerungssysteme (z.B. „Weiße Zertifikate“ für Energieeffizienz) ein sinnvoller, notwendiger und legitimierbarer Ansatz. Eine zentrale Rahmenbedingung und damit auch ein wichtiger Monitoring-Parameter für die Auswahl, Anpassung und ggf. auch die Abschaffung der entsprechenden komplementären Instrumente ist jedoch ein Kosten/Nutzen-Test für die adressierten Maßnahmen.

Die Transformation des Energie- und Wirtschaftssystems auf dem Pfad einer vollstän-digen Dekarbonisierung beginnt nicht am Nullpunkt. Alle politischen Steuerungsinstru-mente wirken im Kontext eines existierenden Kapitalstocks und im Rahmen der existie-renden Märkte. So entstehen aus dem mit dem Emissionshandelsystem erzeugten neuen Kostenfaktor CO2 in unterschiedlich konfigurierten Märkten zumindest in einer (längeren) Übergangsperiode durchaus unterschiedliche Effekte. In einem aus histori-

18 Zur Bandbreite dieser Potenziale vgl. Wuppertal-Institut (2006), McKinsey (2008) sowie Öko-

Institut et al (2009).

– 30 –

Page 31: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

schen Gründen (und keineswegs als Ergebnis von Marktprozessen) durch Kohlekraft-werke dominierten Stromerzeugungsmarkt wird das CO2-Risiko für Investoren u.a. da-durch abgemildert, dass jede Erhöhung des CO2-Preises zwar einerseits das eigene Kostenrisiko erhöht. Dieser wirtschaftliche Effekt wird aber durch erhöhte Erlöse (über-) kompensiert, wenn das den Marktpreis setzende Kraftwerk (wegen des erwartbar nied-rigeren Nutzungsgrades) sehr emissionsintensiv ist, damit überproportional höhere Grenzkosten hat und einen entsprechenden Anstieg des Großhandelspreises für Strom bewirkt. In einem durch emissionsarme Grenzkraftwerke geprägten Markt kann daher der gleiche CO2-Preis zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen von Investitionsentschei-dungen führen. Eine starke Wechselwirkung zwischen der Marktausgestaltung und der Umsetzung klimafreundlicher Technologien ergibt sich für die heute den Stromsektor prägenden reinen Kilowattstundenmärkte. Investitionen müssen hier grundsätzlich aus der Differenz der kurzfristigen Grenzkosten (Betriebskosten) zwischen der Neuanlage und dem Preis setzenden Grenzkraftwerk refinanziert werden. Ob in einem stark durch fluktuierende Energieerzeugung (wie z.B. Windenergie) und damit zumindest zeitweise sehr niedrigen Strompreisen geprägten Stromsystem auf dieser Basis und trotz ggf. hoher CO2-Preise Investitionen refinanziert werden können, ist zumindest unsicher. Auch in diesem Bereich werden komplementäre Maßnahmen wie z.B. gezielt geschaf-fene Kapazitäts- und Speichermärkte diskutiert (Prognos/Öko-Institut 2009, RAP 2010, Ofgem 2010). Die gezielte Schaffung oder Anpassung von Marktstrukturen, die klima-freundliche Investitionen auch effektiv ermöglichen, kann damit als fünfte Säule ambiti-onierter Klimapolitik betrachtet werden.

Soweit Emissionshandelssysteme als sektoral oder territorial partielle Systeme umge-setzt werden, können sich Systemgrenzeneffekte ergeben. Einerseits betrifft dies mög-licherweise auftretende Verlagerungseffekte zwischen unterschiedlich regulierten Emissionsbereichen (die Energieerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung als dem EU ETS unterliegender Sektor mit Wärmelieferungen in nicht dem EU ETS unterliegende Sek-toren ist hier ein exemplarisches Beispiel). Andererseits kann eine sogenannte Leaka-ge-Problematik entstehen, wenn, bedingt durch die CO2-Kosten Produktionen oder Investitionen aus dem Geltungsbereich des Systems verlagert werden und damit letzt-lich global höhere Emissionsniveaus entstehen würden. Auch hier bilden komplemen-täre Maßnahmen zum Emissionshandelssystem (beispielsweise KWK-Förderung zum Abbau der sektoralen Systemgrenzenproblematik oder Investitionssubventionen bzw. andere Ausgleichsmaßnahmen zur Vermeidung von Leakage) in vielen Bereichen die wirksamsten Gegenmaßnahmen (Neuhoff/Matthes 2008) und eine sechste Säule für eine ambitionierte klimapolitische Gesamtstrategie.

– 31 –

Page 32: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

3.2 Exkurs: Sektorale Erweiterung des EU-Emissionshandels-systems als Alternative

Während die regionale Erweiterung des EU ETS, vor allem über das Linking mit ande-ren Emissionshandelssystemen, zu den erklärten und letztlich nicht umstrittenen kli-mapolitischen Zielen gehört, müssen hinsichtlich einer etwaigen sektoralen Ausweitung des EU ETS komplexe Fragestellungen berücksichtigt werden. Wesentliche Argumente für die Ausweitung des Systems über den heute definierten Rahmen sind dabei

Die Festlegung des Caps könnte sich erheblich einfacher gestalten, da die Diskussion um die Aufteilung der politisch festgelegten Gesamt-Minderungsziele in ein Ziel für die dem Emissionshandel unterliegenden Sekto-ren bzw. Anlagen (Cap) und in ein Minderungsziel für die anderweitig regulier-ten Emissionsquellen zumindest weitgehend überflüssig würde.

Die Einbeziehung bisher nicht dem Emissionshandel unterliegender Sektoren (dies sind vor allem der Gebäude- und der Verkehrssektor jenseits des Flug-verkehrs) könnte die klimapolitische Instrumentierung insgesamt vereinfachen und ggf. zu zusätzlichen Effizienzgewinnen führen.

Die Schaffung eines Emissionshandelssystems für alle hinreichend genau er-fassbaren Treibhausgasemissionen (dies betrifft vor allem CO2 sowie große Punktquellen für andere Treibhausgase) könnte Komplementärinstrumente überflüssig machen, deren Notwendigkeit sich vor allem aus Systemgrenzen-problemen (z.B. im Bereich der KWK) ergibt (vgl. Abschnitt 3.1).

Auch wenn die sektorale Ausweitung des EU ETS in der Vergangenheit – aus guten Gründen – nicht verfolgt worden ist und auch aktuell nicht auf der Agenda steht, bleibt sie aus den o.g. Gründen für den Kontext der Instrumentendiskussion eine beden-kenswerte Option. Dabei ist jedoch auch eine Reihe von komplexen Sachlagen zu be-rücksichtigen.

Für die Einbeziehung von Bereichen wie dem Gebäude- oder Verkehrssektor stellt sich zunächst die Frage der Transaktionskosten (z.B. mit Blick auf die Notwendigkeit zertifi-zierter und konsistenzgesicherter Daten, beim Handel mit Zertifikaten bzw. bei der Nachweiserfüllung) und den daraus erwachsenden Konsequenzen. Gerade die Erfah-rungen mit dem EU ETS im bisherigen Erfassungsgrad zeigen, dass besonders für kleine Anlagen schnell Transaktionskosten entstehen, deren Niveau im Verhältnis zu den potenziellen Effizienzgewinnen nicht mehr angemessen ist. Im Prinzip könnte die Einbeziehung von Kleinemittenten durch eine entsprechende Anpassung des Emissi-onshandelssystems angegangen werden. So könnte ein Segment des Emissionshan-delssystems geschaffen wird, für das nicht die Freisetzung der Treibhausgase in die Atmosphäre (sog. Downstream-Ansatz) sondern das Inverkehrbringen fossiler Brenn-stoffe hinsichtlich der implizit verursachten CO2-Emissionen (also dem Kohlenstoffge-halt) über das Emissionshandelssystem reguliert wird (sog. Upstream-Ansatz). Theore-tisch erscheinen solche Upstream-Systeme oder entsprechende Hybrid-Modelle (als Kombination aus Downstream- und Upstream-Ansatz) als einfache und elegante Lö-sung. Es muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass für derartige Upstream-

– 32 –

Page 33: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Systeme oder –Komponenten noch eine Vielzahl praktischer Probleme ungelöst ist. Darüber hinaus kommt auch der Frage eine erhebliche Bedeutung zu, ob in der Reali-tät – wie in der theoretischen Diskussion modellhaft angenommen – die Überwälzung der Kosten für die CO2-Zertifikate stets auch entlang der entsprechenden Kohlenstoff-flüsse erfolgt. Wenn die Möglichkeit ernsthaft in Betracht kommt, dass angesichts der ja nicht unproblematischen Wettbewerbssituation im Energiesektor die Kosten für die CO2-Zertifikate überproportional an die Verbrauchergruppen mit geringen Preiselastizi-täten überwälzt werden, entstehen nicht nur Verteilungs- sondern angesichts der mas-siven Verzerrung des CO2-Preissignals auch erhebliche Effizienzprobleme. Vor diesem Hintergrund muss hinsichtlich der Upstream-Variante für Emissionshandelssysteme noch ein erheblicher theoretischer und empirischer Analysebedarf konstatiert werden.

Abbildung 4 CO2-Preis-Äquivalente ausgewählter fiskalischer Maßnahmen im Nicht-ETS-Bereich und ausgewählter Energiemarktentwicklungen.

0

10

20

30

40

50

60

70

Benzin (unverbleit) Diesel Heizöl EL Erdgas Rohölpreis-Anstieg CO2-Preis

Energiesteuer-Erhöhungen 1999 bis 2003 10 €/bbl EU ETS 2009

€/t

CO

2

Quelle: Berechnungen des Öko-Instituts

Die Frage nach der Wirkungsmächtigkeit eines sektoral erweiterten Emissionshandels-systems bzw. der möglichen Substitution anderer Instrumente (Förderung, Standards etc.) stellt sich natürlich auch für die potenziell neu durch den EU ETS regulierten Sek-toren. Abbildung 4 erlaubt diese Einordnung anhand eines Vergleichs der impliziten CO2-Preis-Effekte verschiedener energie- und klimapolitischer Maßnahmen bzw. der allgemeinen Energiemarktentwicklung in der letzten Dekade:

Die von 1999 bis 2003 umgesetzten Erhöhungen bei Kraftstoffsteuern (ökolo-gische Steuerreform) hat zwar messbare, insgesamt jedoch eher begrenzte Treibhausgasminderungseffekte bewirkt. Selbst diese vergleichsweise gerin-gen Effekte konnten jedoch nur mit vergleichsweise hohen (impliziten) CO2-Preisen (knapp 60 €/t CO2 und darüber) initiiert werden.

– 33 –

Page 34: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Nur geringe Effekte im Bereich der Wärmedämmung wurden durch die Steige-rungen der Brennstoffsteuern bzw. die marktbedingt gestiegenen Brennstoff-preise ausgelöst worden. Auch hier sind erhebliche Vermeidungseffekte nur bei (impliziten) CO2-Preisen auf deutlich höherem Niveau zu erwarten.

Sektoren mit hoher Kapitalbindung bzw. mit sehr langfristigen Ersatz- und Modernisie-rungszyklen (Gebäude) oder starken strukturellen Hemmnissen für die Emissionsmin-derung (Nutzer-Investor-Dilemma im Mietwohnungsbereich) sowie Sektoren mit sehr langem Innovationsvorlauf (Fahrzeuge) könnten prinzipiell durchaus in ein umfassen-des Emissionshandelssystem einbezogen werden. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass bei Einbeziehung solcher Sektoren und dem Verzicht auf weitere oder gar die Abschaffung vorhandener komplementärer Politiken (Ordnungsrecht, Brennstoffsteu-ern, gesonderte Förderung) erhebliche Konsequenzen entstehen würden:

Bei den bisher beobachteten Preissignalen aus dem EU ETS würden in den neu erfassten Sektoren Emissionsminderungen wegen geringer Preissensitivi-tät (z.B. im Verkehrssektor) oder aus anderen Gründen (Nutzer-Investor-Dilemma im Mietwohnungsbau etc.) zunächst nur in geringem Umfang umge-setzt.

Vor dem Hintergrund der in Kapitel 2.2 beschriebenen Ambition einer vollstän-digen Dekarbonisierung würden – im Zusammenwirken mit der bisher ja ohne-hin geringen Preissensitivität dieses Sektors – ohne gezielte und in die Breite gerichtete Innovationsfortschritte (z.B. durch Verbrauchsstandards im Fahr-zeugsektor) mittel- bis langfristig sehr hohe Vermeidungskosten (im wahr-scheinlich dreistelligen Euro-Bereich) und damit sehr hohe CO2-Preise entste-hen. Diese hätten möglicherweise gravierende Verteilungseffekte für die bisher vom EU ETS erfassten Sektoren zur Folge.

Für den durch einen besonders langlebigen Kapitalstock charakterisierten Ge-bäudesektor würden die nur im Abstand mehrerer Dekaden entstehenden Handlungsfenster nicht systematisch genutzt. Auch dies würde bei Notwendig-keit einer effektiven Emissionsminderung auch in diesem Sektor zu erhebli-chen Vermeidungs- und damit Zertifikatskosten führen.

Die diskutierten Aspekte verdeutlichen, dass eine sektorale Ausweitung des Emissi-onshandelssystems zwar aus verschiedenen Gründen verfolgt werden könnte, auch wenn eine Reihe teilweise sehr grundsätzlicher konzeptioneller Fragen (z.B. Sicherung eines unverzerrten Preissignals in Upstream-Emissionshandelssystemen) noch unge-löst ist. Eine solche Ausweitung des Systems würde aber keineswegs automatisch dazu führen, dass sektorspezifische (und dann komplementäre) Maßnahmen überflüs-sig würden. Ohne solche komplementären Instrumente könnten aus den langfristig massiv ansteigenden CO2-Preisen erhebliche Verteilungseffekte resultieren. Darüber hinaus könnten aus nicht mit ausreichendem Vorlauf angestoßenen Innovations- oder Infrastruktur-Vorleistungen gerade im Verkehrs- und Gebäudesektor Lock in-Effekte entstehen, die letztlich auch die Effektivität der Klimapolitik in Frage stellen würden.

– 34 –

Page 35: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

3.3 Klimapolitik und ihre Instrumentierung im Kontext anderer Poli-tikfelder

Auch wenn sich Klimapolitik angesichts des beschriebenen Problemdrucks in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu einer zentralen Leitplanke für die Entwicklung der Volkswirtschaften entwickeln muss, werden andere Politikfelder und andere Ziele die Zusammensetzung des energie- und klimapolitischen Instrumenten-Mix beeinflussen:

Politikfeld Globale Energiemärkte: Die zukünftigen Entwicklungen auf den glo-balen Energieträgermärkten sind durch extreme Unsicherheiten gekennzeich-net. Nach aktuellen Projektionen der Energy Information Administration (EIA 2009) sind sowohl extrem hohe als auch sehr niedrige Entwicklungen für die Rohölpreise vorstellbar (Abbildung 5). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verringerung der Verletzbarkeit von Verbrauchern und Volkswirtschaften in Bezug auf hohe und volatile Energiepreise als eigenständiges Politikziel. Die massive Erhöhung der Energieeffizienz bildet hier den langfristig tragfähigsten Strategieansatz, der spezifische Instrumentenansätze rechtfertigt und erfor-dert.

Abbildung 5 Historische Entwicklung der realen und nominalen Rohölpreise sowie aktuelle Projektionen der EIA, 1860 bis 2030.

0

50

100

150

200

250

1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050

US

D/b

bl

Historische Preise (nominal)

Historische Preise (reale Preise 2008)

EIA Referenz-Projektion (reale Preise 2008)

EIA Hochpreis-Projektion (reale Preise 2008)

EIA Niedrigpreis-Projektion (reale Preise 2008)

Quelle: BP (2009), EIA (2010), Berechnungen des Öko-Instituts

Politikfeld Internationale Zusammenarbeit: Gerade mit Blick auf ärmere Volks-wirtschaften ist eine hohe Verteilungseffizienz der Klimaschutzmaßnahmen von Bedeutung. Ein entsprechend ausgestaltetes Emissionshandelssystem als Grundlage effizienter Klimapolitik wird daher trotz aller notwendigen Kom-plementärinstrumente eine zentrale Rolle spielen müssen und auch eine ge-

– 35 –

Page 36: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

eignete Grundlage für die internationale Integration der CO2-Bepreisungsstrategien bilden.

Politikfeld Versorgungssicherheit und Ressourcendiversifizierung: Die Verfüg-barkeit und die regionale Konzentration der Reserven und Ressourcen (v.a. bei Erdgas und Erdöl) kann aus einer geostrategischen Perspektive als prob-lematisch eingestuft werden (auch wenn diese Sicht umstritten ist und bleibt, vgl. Matthes/Ziesing 2005). Wenn ein Abbau der Verletzbarkeit durch die Ver-ringerung von Importen fossiler Energieträger als sinnvolle Strategie betrach-tet wird, dann können neben einer massiven Erhöhung der Energieeffizienz auch die Erschließung einheimischer Energiepotenziale als eigenständige Handlungsziele formuliert werden. Die Flankierung der strikt technologieneut-ralen Anreizwirkungen und der damit unbestimmten Erschließung von Emissi-onsminderungspotenzialen im Rahmen eines Emissionshandelssystems durch auf Energieeffizienz bzw. Erschließung einheimischer Energien gerichtete Strategien und Instrumente kann hier gerechtfertigt werden.

Politikfeld Industriepolitik: Mit einer gezielten Vorreiterstrategie („ökologische Modernisierung“) können positive Effekte für die Volkswirtschaft erzielt wer-den, wenn für die einheimischen Industrien über Leitmärkte Innovationsvortei-le geschaffen werden können (BMU 2008, UBA/BMU 2009, BMU/UBA 2009, SRU 2008, Öko-Institut 2010).

Politikfeld Verteilungspolitik: Klimaschutzpolitik über Mengensteuerung wird und soll zu zusätzlichen Renten (für die „Produzenten“ der Emissionsminde-rung) führen. Mit der Entstehung dieser Renten stellen sich jedoch auch Ver-teilungsfragen. Zwar können Verteilungsfragen in Emissionshandelssystemen über geeignete Allokationsansätze vergleichsweise flexibel und pragmatisch gelöst werden (dies ist einer der Vorzüge von Mengensteuerungsansätzen wie Emissionshandel gegenüber Steuerlösungen). Gerade bei längerfristig sehr ambitionierten Klimaschutzzielen, für deren Umsetzung auch die Inanspruch-nahme vergleichsweise teurer Minderungsoptionen unausweichlich wird (sog. „steiler Bereich“ der Vermeidungskostenkurve) könnte es sich aus vertei-lungspolitischer Sicht als ratsamer erweisen, die besonders teuren Vermei-dungsoptionen auch mit Hilfe komplementärer Instrumente zu erschließen, um massive Anstiege des CO2-Preises und damit die Entstehung erheblicher inf-ramarginaler Renten bzw. entsprechende Umverteilungsnotwendigkeiten zu vermeiden oder zu begrenzen.

Für die Legitimation komplementärer Instrumente über andere Politikziele ist es daher entscheidend, ob und mit welcher Dringlichkeit die anderen Politikziele legitimiert wer-den. Die Sinnhaftigkeit zusätzlicher Ziele wird von Kritikern des energie- und klimapoli-tischen Policy-Mix teilweise – aus unterschiedlichen Perspektiven und überwiegend auf sehr abstrakter Ebene – vehement bestritten (Donges et al. 2009, RWI 2009), gehört aber inzwischen sowohl in Deutschland als auch in der EU und in den USA zum Kern-bestand von Energie- und Klimapolitik.

– 36 –

Page 37: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

3.4 Abstimmung der Energie- und Klimapolitik als neue Herausfor-derung

Auch wenn sich belastbare Legitimationsgründe für die Nutzung komplementärer In-strumente zum Emissionshandel identifizieren lassen, so resultiert aus der Umsetzung dieser Instrumente ein Parametrisierungsproblem für das Emissionshandelssystem. Wenn die spezifische Förderung einzelner Vermeidungsoptionen im Gesamtsystem keine kontraproduktiven Wirkungen haben soll, also substanzielle Verzerrungen des Preissignals und entsprechend kontraproduktive Anreizeffekte für die allein im Rahmen des ETS erschließbaren Anreizpotenziale vermieden werden sollen, müssen die Effek-te der komplementären Instrumente insbesondere bei der Festlegung des Caps spezi-fisch berücksichtigt werden.

Abbildung 6 Exemplarische Darstellung der Wechselwirkungen zwischen dem EU ETS und der komplementären Förderung der Stromerzeugung aus er-neuerbaren Energien, 2005 bis 2020.

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

Em

issi

onen

2005

Em

issi

onen

2020

1/3

1/2

2/3

Mul

tilat

eral

esZ

iel

Uni

late

rale

sZ

iel

ETS Referenz Zusätzliche Stromerzeugung ausErneuerbaren über andere Instrumente

EU ETS-Cap 2020

Mrd

. t C

O2e

Minderungsbeiträge aus anderen Instrumenten zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

Über das EU ETS erschlossene Minderungsbeiträge

Quelle: Matthes et al (2009).

Abbildung 6 verdeutlicht diese Notwendigkeit am Beispiel des EU ETS und des Aus-bauziels für die erneuerbaren Energien im Rahmen der Europäischen Union.

Auf Grundlage der vom EU ETS erfassten Emissionen im Jahr 2005 und dem im Refe-renzfall zu erwartenden Emissionszuwachs (dargestellt mit den beiden linken Säulen) und den beiden Cap-Optionen für das EU ETS (dargestellt mit den beiden rechten

– 37 –

Page 38: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Säulen)19 ergeben sich die in den mittleren drei Säulen dargestellten Minderungsan-forderungen. Wenn die Mitgliedstaaten der EU die für die Erreichung des 20%-Ziels für die erneuerbaren Energien notwendige Ausweitung der Energiebereitstellung aus die-sen Quellen zu einem Drittel, zur Hälfte oder zu zwei Dritteln im Stromsektor umset-zen20, so wird allein durch diese Maßnahmen ein erheblicher Teil (dargestellt als grü-ner Teil der drei mittleren Balken) der notwendigen Emissionsminderung durch die ge-sonderte Förderung der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung erbracht.

Für das niedrige Cap (-21% ggü. 2005) und eine hohe Umsetzungsrate des Erneuer-bare-Energien-Ziels im Stromsektor (2/3-Variante) müssten nur noch sehr geringe Emissionsminderungsbeiträge (16%) über den EU ETS erbracht werden. Dies könnte zu einem Preisverfall und möglicherweise zu langfristig kontraproduktiven Anreizwir-kungen führen.

Für das ambitioniertere Cap (-38% ggü. 2005) und geringere Umsetzungsraten des Erneuerbare-Energien-Ziels im Stromsektor würde sich diese Situation entschärfen, hier würde der Beitrag der erneuerbaren Energien in der Größenordnung von 40 bis 50% liegen.

Idealtypisch müssten die emissionsseitigen Wirkungen der Förderung erneuerbarer Energien bei der Festlegung des Cap für das EU ETS insofern berücksichtigt werden, dass das Cap (des partiellen Emissionshandelssystems) ex ante entsprechend festge-legt wird (Diekmann/Horn 2008, Kemfert/Diekmann 2009). Die spezifische Förderung erneuerbarer Energien würde damit für die allein durch das CO2-Preissignal zu er-schließenden Emissionsminderungen nicht zu Verzerrungen des Preissignals und da-mit nicht zu langfristig kontraproduktiven Effekten bzw. Ineffizienzen führen.

Diese exemplarische Betrachtung zeigt, dass für besonders intensiv wirkende Kom-plementärinstrumente (z.B. im Bereich der erneuerbaren Energien oder der Energieef-fizienz) umfassende Analysen, auch in Bezug auf Unsicherheiten, durchgeführt werden müssen, um eine robuste Festlegung von ETS-Caps zu ermöglichen, die ein robustes CO2-Preissignal erzeugen. Die Erfahrungen aus dem Klimapaket der EU zeigen, dass solche Analysen prinzipiell machbar sind und die Interaktionsproblematik eingrenzbar ist, dass aber eine unübersichtliche Architektur von verschiedenen Instrumenten solche Analysen erheblich erschweren kann. Auch dieser Sachverhalt bildet – aus einer ganz anderen Perspektive – noch einmal ein starkes Argument für einen expliziten Legitima-

19 Für den Fall des EU-weiten (unilateralen) Minderungsziels von 20% gegenüber 1990 wird

nach geltender Rechtslage ein Cap von 21% unter dem Niveau von 2005 abgeleitet. Für den Falle des (multilateralen) 30%-Minderungsziels der EU ergibt sich nach den ursprünglichen Vorschlägen der Europäischen Kommission ein Cap von 38% unter 2005 (vgl. Matthes et al. 2009).

20 Zwar ist der Ausbau der erneuerbaren Energien im Rahmen der Modellanalysen für das „20/20/20“-Ziel der Europäischen Union berücksichtigt worden (COM 2008a+b), konnte da-bei aber nur approximativ bestimmt werden. Die endgültige Aufteilung der zusätzlichen Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien für die ereiche Heizung/Kühlung, Verkehr und Stromerzeugung liegt in der Verantwortung der Mitgliedstaaten.

– 38 –

Page 39: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

tionsbedarf und explizite Zielformulierungen für die Einbeziehung komplementärer In-strumente in einen inklusiven Policy-Mix.

Gleichzeitig muss darauf hingewiesen werden, dass die Berücksichtigung des Emissi-onsminderungsbeitrags aus der Umsetzung separater Ziele für erneuerbare Energien oder Energieeffizienz bei der Cap-Festlegung strikt auf Basis des Ex ante-Prinzips er-folgen sollte. Eine nachträgliche und möglicherweise wiederholte Änderung der Caps aus Gründen anderer Politikziele (verstärkter Ausbau erneuerbarer Energien, verstärk-te Bemühungen zur Energieeffizienz, Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke etc.) würde zu einer massiven Erhöhung der Unsicherheiten im Emissionshandelsmarkt führen, möglicherweise auch kontraproduktive Effekte bewirken (Anpassung der Caps nach oben) und damit den Wirkungsbeitrag des Emissionshandels erodieren und die Kosten der Emissionsminderung über die konsequenterweise entstehenden Risikozu-schläge steigen lassen.

Die Wechselwirkungen zwischen Emissionshandel und komplementären Instrumenten sollten vor diesem Hintergrund ausschließlich im Zuge der ohnehin geplanten Anpas-sungen für das Cap des EU ETS (nach Abschluss eines internationalen Abkommens oder gleichwertiger Vereinbarungen) und im Zuge der Überprüfung des linearen Re-duktionsfaktors (vgl. Kapitel 2.3) berücksichtigt werden.

Das komplexe Zusammenspiel von komplementären Politiken und dem Emissionshan-del macht aber zumindest für die sehr wirkungsmächtigen Komplementärpolitiken (er-neuerbare Energien, Energieeffizienz etc.) deutlich, dass auch für diese – soweit sie gerechtfertigt werden können – langfristige Ziele gesetzt werden müssen, um die Kon-sistenz mit den Langfristzielen des Emissionshandelssystems zu sichern. Gleichzeitig muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass sich mit zunehmender Ambition der langfristigen Klimaziele die möglicherweise verzerrenden Effekte komplementärer Poli-tiken im Zeitverlauf als zunehmend weniger signifikant erweisen werden.

– 39 –

Page 40: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

4 Schlussfolgerungen für einen inklusiven Policy-Mix am-bitionierter Klimapolitik

Die Einführung von Emissionshandelssystemen für Treibhausgase in einer zunehmen-den Zahl von OECD-Staaten bildet einen wichtigen Meilenstein der Klimapolitik:

Mit den Emissionshandelssystemen wird ein klimapolitisches Instrument einge-führt, das eine hohe Sicherheit der Zielerreichung bietet. Vor dem Hintergrund des im Kontext ambitionierter Emissionsminderungsanforderungen für ver-gleichsweise kurze Zeiträume drastisch steigenden klimapolitischen Hand-lungsdrucks bildet Emissionshandel einen sehr effektiven Ansatz.

Die Schaffung eines einheitlichen Preissignals, vor allem für die besonders preissensitiven Emittenten, bildet zumindest einen kurz- bis mittelfristigen Clea-ring-Mechanismus für die große Bandbreite der marktnahen Emissionsminde-rungsoptionen.

Die Möglichkeit der (schrittweisen) Verbindung von Emissionshandelssyste-men und anderen flexiblen Mechanismen bietet die Grundlage für die zuneh-mende Globalisierung von Klimapolitik. Dabei wird die Erschließung von Effi-zienzpotenzialen angesichts der Notwendigkeit einer vollständigen Dekarboni-sierung in den Industriestaaten und drastischer Emissionsminderungsmaß-nahmen in allen anderen Staaten allerdings nur von kurzfristiger Bedeutung sein können.

Die Notwendigkeit und die Legitimation komplementärer Instrumentenansätze ergeben sich zunächst aus klimapolitischen Erwägungen:

Die bisher beobachtbaren Effekte der CO2-Bepreisung hinsichtlich ihrer Inno-vationswirkungen lassen den Schluss zu, dass der Emissionshandel im Be-reich inkrementeller Innovationen zwar durchaus Entwicklungen angestoßen hat, die Anreizwirkungen für weitgehende (radikale) Innovationen (Backstop-Technologien ambitionierter Klimaschutzstrategien wie viele der erneuerbaren Energien oder die CCS-Technologie) jedoch über einen kurz- bis mittelfristigen Clearing-Mechanismus nicht geschaffen werden können. Gezielte und geeig-nete innovationspolitische Instrumente bilden damit einen ersten Komplemen-täransatz für eine robuste Klimaschutzpolitik. Die Bandbreite der hierfür geeig-neten Instrumente reicht von gezielter Forschungsförderung bis zu frühzeitiger Markteinführungsprogrammen, also von angebotsseitigen bis zu nachfrageori-entierten Innovationsansätzen. Für die konkrete und in diesem Bereich not-wendigerweise dynamische Instrumentierung ist dabei zentral, dass die Errei-chung der spezifisch innovationspolitischen Ziele durch geeignete Vorgaben und ein entsprechendes Monitoring überprüfbar gemacht wird.

Viele der (absehbaren) Emissionsminderungsoptionen, die in ambitionierten Klimaschutzpolitiken erschlossen werden müssen, haben eine starke Infra-struktur-Komponente. Herausragende Beispiele dafür sind der für Stromver-sorgungssysteme mit großen Anteilen erneuerbarer Energien unausweichliche

– 40 –

Page 41: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Ausbau von großräumigen Übertragungsnetzen, die für die massive Durchset-zung der Elektromobilität unverzichtbare Schaffung von Verteilnetzen mit der Fähigkeit zum dezentralen Lastmanagement (Smart Grids), die entsprechen-den Speicher sowie das CO2-Pipeline-Netz für die CCS-Technologie. Ange-sichts der langen Vorlaufzeiten für die Umgestaltung und Ausweitung von Inf-rastrukturen und deren intensive Regulierung können konsequent technologie-neutrale Anreizsysteme ins Leere laufen. Komplementäre Instrumente in Ver-bindung mit der (notwendigen) Infrastrukturentwicklung, z.B. im Bereich der Planung, der Risikoabsicherung sowie im Kontext der allgemeinen Infrastruk-turregulierung bilden einen zweiten, strategisch unverzichtbaren Ansatz für ei-ne robuste Klimapolitik.

Eine Reihe von Klimaschutzoptionen wird wegen vielfältiger Hemmnisse und anders ausgerichteter Präferenzen trotz hoher (volks-) wirtschaftlicher Attrakti-vität nicht umgesetzt. Einen wesentlichen Bereich bildet hier die Vielzahl von prinzipiell wirtschaftlichen Energiesparmaßnahmen, die durch Informationsa-symmetrien, strukturelle Hemmnisse (wie z.B. das Mieter-Vermieter-Dilemma im Wohnungsbau) etc. nicht erschlossen werden. Die Erschließung dieser Emissionsminderungspotenziale bildet vor dem Hintergrund einer effektiven, aber auch gesamtwirtschaftlich effizienten Klimapolitik einen wichtigen Ansatz-punkt für komplementäre Politikansätze. Die Bandbreite der hier sinnvollen und notwendigen Instrumente ist auch hier breit und reicht von Vorschriften oder Standards (für hoch typisierte Anwendungen) bis zu Förderprogrammen oder Maßnahmen zum Abbau struktureller Hemmnisse (Information, Mietrechtsan-passungen), kann und sollte aber durchaus auch eigene marktbasierte Ansät-ze (z.B. „Weiße Zertifikate“ für Energieeinsparungen) einbeziehen. Ein relevan-tes Element für diesen Bereich der komplementären Instrumente ist jedoch ein vorgeschalteter Kosten/Nutzen-Test.

Die Notwendigkeit, ein existierendes und in wichtigen Bereichen durch einen sehr kapitalintensiven bzw. langlebigen Kapitalstock geprägtes Energie- bzw. Wirtschaftssystem in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum zu dekarbonisie-ren, kann die gezielte Änderung von Marktdesigns bzw. die Schaffung neuer Teilmärkte erforderlich machen, die in Kombination mit der CO2-Bepreisung die Durchsetzung von emissionsarmen Lösungen in der konkreten Wettbewerbssi-tuation erst möglich machen.

Da die derzeit umgesetzten bzw. sich entwickelnden Emissionshandelssyste-me zumindest für die nächsten Jahre als sektoral und territorial partielle Sys-teme betrieben werden (müssen), wird es an einigen Stellen notwendig sein, kontraproduktive Anreizsysteme durch komplementäre Maßnahmen abzubau-en, wobei die Bandbreite hier von Maßnahmen zur Flankierung der Kraft-Wärme-Kopplung (als Effekt des sektoral partiellen Zuschnitts des EU ETS) bis hin zu Kompensationsmaßnahmen für Investitionen (als Maßnahme zur Ver-meidung von aus dem regionalen Zuschnitt der existierenden Emissionshan-delssysteme resultierenden Leakage-Gefährdungen) reicht. Durch eine regio-

– 41 –

Page 42: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

nale und sektorale Ausweitung der Emissionshandelssysteme könnte zumin-dest ein Teil dieser komplementären Instrumente obsolet werden, wobei durch eine potenzielle sektorale Ausweitung des Emissionshandels durchaus auch neue Herausforderungen entstehen, die wiederum zur Notwendigkeit gezielter Ergänzungsinterventionen führen können.

Wenngleich der Emissionshandel für wichtige Emissionsbereiche ein zentrales Instru-ment ist, werden für eine Reihe von Sektoren andere Instrumente zum Einsatz kom-men:

Für diejenigen Sektoren, bei denen die robuste und konsistente Ermittlung der Emissionsdaten nicht möglich ist, kommen Instrumente der Preis- oder Men-gensteuerung nicht in Frage, hier werden ordnungsrechtliche oder Förder-Instrumente gewählt werden müssen. Herausragende Beispiele sind hier die Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft sowie Landnutzung und Landnut-zungsänderungen.21

Prinzipiell ist zwar eine (deutliche) sektorale Ausweitung z.B. des EU ETS vor-stellbar, bedarf aber in wichtigen Fragen noch einer umfassenden Eignungs-prüfung. Alternativ kommen hier Steuerlösungen in Betracht. Hierzu gehören auch Besteuerungsansätze, bei denen das Steuerniveau ggf. in Abhängigkeit vom Preis der CO2-Zertifikate in einem bestimmten Bezugszeitraum festgesetzt werden könnte.

Für eine Reihe der in Bezug auf Komplementärinstrumente zum Emissions-handelssystem diskutierten Sachverhalte (Innovation, Infrastruktur, gehemmte Potenziale etc.) müssen auch für die nicht vom Emissionshandel und ggf. über Steuerlösungen erfasste Sektoren spezifische Lösungen gefunden werden.

Die Abbildung 7 verdeutlicht die grundsätzliche Logik des Instrumenten-Mixes zu-nächst aus der exklusiv klimapolitischen Sicht.

Die Bepreisung von Treibhausgasemissionen bildet die Grundlage dieses Instrumen-ten-Mixes und ist für die marktnahen Emissionsminderungspotenziale das zentrale Umsetzungsinstrument. Die Notwendigkeit von bzw. die Legitimation für komplementä-re Umsetzungsinstrumente ergibt sich vor allem für die Innovations-Potenziale, die gehemmten Potenziale sowie diejenigen Minderungspotenziale, die sich auf Grund der Unsicherheiten bei der adäquaten Bestimmung der zu regulierenden Quantitäten für Instrumente der Mengen- oder auch der Preissteuerung nicht eignen. Besondere In-strumentierungsanforderungen können sich schließlich auch für die Emissionsminde-rungsoptionen ergeben, deren Umsetzung in erheblichem Maße von der Schaffung entsprechender Infrastrukturen abhängig ist.

21 Wie groß die methodischen Unsicherheiten hier sind und welche gravierenden Anpassungen

hier in vergleichsweise hoher Frequenz vorgenommen werden (müssen), zeigt eindrücklich der Vergleich verschiedener Ausgaben der nationalen Treibhausgasinventare für diese Be-reiche (UBA 2008+2009+2010).

– 42 –

Page 43: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Abbildung 7 Schematische Zuordnung von Potenzialgruppen für die Emissionsver-meidung und Schwerpunktsetzungen bei der Instrumentierung

Vermeidungspotenzial [Mio. t]

Ve

rmei

du

ng

sko

ste

n [

€/t

CO

2e]

Marktnahe Potenziale:Emissionshandel undandere THG-Bepreisungals Instrument der Wahl(Ausnahme: hohe Unsicherheiten bei Mengengrößen)

Gehemmte PotenzialeStandards, Förderung- ggf. ergänzend zumEmissionshandel

Innovations-Potenziale:Standards, Förderung,Infrastruktur-Ausbau- ergänzend zum Emissionshandel

Infrastrukturabhängige Potenziale:Infrastruktur-Planung und Risiko-absicherung mit ausreichendemVorlauf, ggf. gezielte Förderung der für die jeweiligen Infrastrukturenentscheidenden Angebots- und Nachfrageoptionen

Quelle: Öko-Institut

Aber auch aus anderen Politikfeldern erwachsen Zielstellungen, die in die Klimapolitik strategisch und instrumentell integriert werden können und sollten:

Um die Verletzbarkeit von Verbrauchern und Volkswirtschaften gegenüber ho-hen und vor allem volatilen, über die globalen Rohstoffmärkte vermittelten Energiepreisen zu begrenzen, bieten sich vor allem Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz mit eigenen Zielvorgaben und mit eigenen Instrumentie-rungsansätzen an.

Sowohl Energieeffizienz als auch – klimaverträgliche und risikoarme – einhei-mische Energiequellen können einen Beitrag zur Erhöhung der Versorgungs-sicherheit leisten.

Gezielte Strategie- und Instrumentenansätze können dazu beitragen, Leit-märkte zu etablieren, den Wirtschaftsstandort zu stärken und den Prozess der ökologischen Modernisierung zu beschleunigen.

Die mit der Einführung von Mengensteuerungsinstrumenten entstehenden Renten auf Seite der Anbieter von Emissionsminderung können ggf. gezielte verteilungspolitische Interventionen erforderlich machen, die auch durch kom-plementäre Instrumente umgesetzt werden können.

Vor dem Hintergrund der bisher verfügbaren empirischen Befunde und insbesondere vor dem Hintergrund des (notwendigen) Ambitionsniveaus der zukünftigen Klima-schutzpolitik ist nicht zu erwarten, dass sich durch die Kombination des Emissionshan-delssystems mit sinnvollen komplementären Strategien und Instrumenten gravierende

– 43 –

Page 44: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Effizienzverluste der Klimapolitik insgesamt ergeben werden. Über eine sorgfältige Analyse und einen sorgfältigen Abgleich der verschiedenen Handlungsansätze können auch die mancherorts postulierten negativen Anreizeffekte solcher Instrumentenkombi-nationen vermieden werden.

Die Abbildung 8 zeigt eine systematische Übersicht für das Zusammenwirken der ver-schiedenen Instrumentierungsansätze. Die Zusammenstellung verdeutlicht die funda-mentale Rolle von Internalisierungsansätzen über Emissionshandelssysteme oder Steuerlösungen. Insbesondere Emissionshandel als Internalisierungsansatz hat dabei sehr enge und unmittelbare Bindungen an die mengenmäßigen Zielvorgaben der Kli-mapolitik, ist aber über die Verbindung mit anderen Systemen auch in Bezug auf die internationale Vernetzung von Klimapolitik von besonderer Bedeutung. Schließlich können Emissionshandelssysteme über die Erschließung neuer Finanzierungsquellen auch für eine Reihe komplementärer Instrumente (Förderung etc.) eine erhebliche Be-deutung entfalten. Vor diesem Hintergrund bilden Emissionshandelsysteme einerseits einen ganz zentralen Baustein, aber andererseits auch zentrale Verbindungselemente einer umfassenden Klimapolitik.

Abbildung 8 Schematische Übersicht zur Rolle und zur Integration verschiedener Instrumentierungsansätze für eine konsistente und langfristig ausgerich-tete Klimapolitik

* hemmnis-, akteurs- und technologiespezifische Instrumente müssen spezifischbegründet, permanent evaluiert, modifiziert, angepasst, ersetzt bzw. beendet werden

Innovation InternalisierungHandlungs-kapazitäten

Faire & funktionsfähige Märkte mit Akteursvielfalt

Technologien

Akteure

Hemmnisse

spezifische

spezifische

spezifische abbauen*

stärken*

unterstützen*

Internationale Initiativen & Märkte

Zie

le

Zie

le

Infrastrukturen

* hemmnis-, akteurs- und technologiespezifische Instrumente müssen spezifischbegründet, permanent evaluiert, modifiziert, angepasst, ersetzt bzw. beendet werden

Innovation InternalisierungHandlungs-kapazitäten

Faire & funktionsfähige Märkte mit Akteursvielfalt

Technologien

Akteure

Hemmnisse

spezifische

spezifische

spezifische abbauen*

stärken*

unterstützen*

Internationale Initiativen & Märkte

Zie

le

Zie

le

Infrastrukturen

* hemmnis-, akteurs- und technologiespezifische Instrumente müssen spezifischbegründet, permanent evaluiert, modifiziert, angepasst, ersetzt bzw. beendet werden

Innovation InternalisierungHandlungs-kapazitäten

Faire & funktionsfähige Märkte mit Akteursvielfalt

Technologien

Akteure

Hemmnisse

spezifische

spezifische

spezifische abbauen*

stärken*

unterstützen*

Internationale Initiativen & Märkte

Zie

le

Zie

le

Infrastrukturen

Innovation InternalisierungHandlungs-kapazitäten

Faire & funktionsfähige Märkte mit AkteursvielfaltFaire & funktionsfähige Märkte mit Akteursvielfalt

TechnologienTechnologien

AkteureAkteure

HemmnisseHemmnisse

spezifischespezifische

spezifischespezifische

spezifischespezifische abbauen*abbauen*

stärken*stärken*

unterstützen*unterstützen*

Internationale Initiativen & MärkteInternationale Initiativen & Märkte

Zie

le

Zie

le

Zie

leZ

iele

Zie

leZ

iele

InfrastrukturenInfrastrukturen

Quelle: Deutscher Bundestag (2002), erweitert und angepasst durch das Öko-Institut

Die Übersicht zeigt aber auch, dass jenseits der Internalisierung externer Effekte eine ganze Reihe von anderen Funktionalitäten umgesetzt werden muss, die – aus ganz verschiedenen Gründen – durch Emissionshandelssysteme oder entsprechende Be-steuerungsansätze nicht, noch nicht bzw. nicht umfassend genug adressiert werden

– 44 –

Page 45: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

können oder die sich aus zusätzlichen politischen Zielen (Versorgungssicherheit, Ver-teilungspolitik etc.) ergeben.

Sofern sich die Grundlagen für den Einsatz der genannten komplementären Instrumen-te ändern oder wegfallen, wären die entsprechenden Instrumente entsprechend anzu-passen oder müssten ggf. ganz aufgegeben werden. Eine klare und transparente Be-gründung bzw. Zielformulierung für die jeweiligen klima- bzw. energiepolitischen Politi-ken und Maßnahmen sowie das ständige Monitoring und die Evaluierung der komple-mentären energie- und klimapolitischen Instrumente spielen damit eine wichtige Rolle bei der Schaffung und Pflege eines umfassenden, effektiven, ökonomisch effizienten, robusten und politisch durchsetzbaren, inklusiven Policy-Mixes der Klimapolitik.

– 45 –

Page 46: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

5 Literatur

Blankart, C.B., Böhringer, C., Breyer, F., Buchholz, W., Requate, T., Schmidt, C.M., von Weizsäcker, C.C., Weimann, J. (2008): Die Energie-Lüge. Cicero 12/2008, S. 94-95.

BP (2009): BP Statistical Review of World Energy. London, June 2009.

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) (2008): Öko-logische Industriepolitik. Nachhaltige Politik für Innovation, Wachstum und Be-schäftigung. Berlin, 4. August 2008.

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Umwelt-bundesamt (UBA) (2009): Umweltwirtschaftsbericht 2009. Berlin/Dessau-Roßlau, Januar 2009.

Commission of the European Communities (COM) (2008a): Package of Implementa-tion measures for the EU's objectives on climate change and renewable energy for 2020. Impact Assessment. Commission Staff Working Document SEC(2008) 85/3. Brussels, 23.1.2008.

Commission of the European Communities (COM) (2008b): Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directive 2003/87/EC so as to improve and extend the EU greenhouse gas emission allowance trading system. Impact Assessment. Commission Staff Working Document SEC(2008) 52. Brussels, 23.1.2008.

Deutscher Bundestag (2002): Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung. Endbericht der Enquete-Kommission “Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“ des 14. Deutschen Bundestages. Zur Sache 6/2002. Berlin.

Diekman, J., Horn, M. (2008): Analyse und Bewertung des EEG im Zusammenhang mit anderen Instrumenten des Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutzes. Teilbe-richt zum Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit „Analyse und Bewertung der Wirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) aus gesamtwirtschaftlicher Sicht“ (Förderkennzeichen 03MAP113). Berlin, Stuttgart, Saarbrücken, Februar 2008.

Donges, J.B., Eekhoff, J., Feld, L.P., Möschel, W., Neumann, M.J.M. (2009): Für einen wirksamen Klimaschutz. Stiftung Marktwirtschaft, Berlin.

Ellerman, A.D., Convery, F.J., de Perthuis, C. (2010): Pricing Carbon. The European Union Emisisons Trading Scheme. Cambridge.

Fischedick, M., Samadi, S. (2010): Die grundsätzliche wirtschaftstheoretische Kritik am Erneuerbare-Energien-Gesetz greift zu kurz. Energiewirtschaftliche Tagesfragen 60(2010) H. 1/2, S. 122-128.

G8 (2009): G8 Leader’s Summit. Chair's Summary. L’Aquila, 10 July 2009.

– 46 –

Page 47: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Glachant, M., De la Tour, A., Leguet, B., Feng, C. (2009): A Note on the Additionality of Chinese CDM Wind Power Projects. CERNA Working Paper 2009-10, Paris, No-vember 2009.

Golkowsky, S. (1997): Kostenwirksamkeit von Luftreinhaltepolitik in Deutschland. Ber-lin.

Goulder, L.H., Parry, I.W.H., Williams, R.C., Burtraw, D. (1999): The cost-effectiveness of alternative instruments for environmental protection in a second-best setting. Journal of Public Economics 72 (1999) 329-360.

Haya, B. (2009): Measuring Emissions Against an Alternative Future: Fundamental Flaws in the Structure of the Kyoto Protocol’s Clean Development Mechanism. University of California, Energy and Resources Group Working Paper ERG09_001, Berkeley, December 2009.

Herzog, R., Bolkestein, F., Gerken, L. (2010): Die EU schadet der Europa-Idee. Frank-furter Allgemeine Zeitung, 15. Januar 2010.

International Energy Agency (IEA) (2000): Experience Curves for Energy Technology Policy. Paris.

Kemfert, C., Diekmann, J. (2009): Förderung erneuerbarer Energien und Emissions-handel – wir brauchen beides. DIW Wochenbericht 11/2009, S. 169-174.

Major Economies Forum on Energy and Climate (MEF) (2009): Declaration of the Leaders. L’Aquila, 10 July 2009.

Matthes, F.Chr., Diekmann, J., Schleich, J. (2009): Ausgewählte Aspekte zur Cap-Definition für das EU Emissionshandelssystem in der Phase 2013-2020. Arbeits-bericht zum UFOPLAN Projekt FKZ 3707 41 501 für das Umweltbundesamt. Ber-lin, Oktober 2009.

Matthes, F.Chr., Ziesing, H.-J. (2005): Sicherheit der Rohstoffversorgung – eine politi-sche Herausforderung?! Kurzstudie für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Berlin, im Februar 2005.

McKinsey & Company (2008): Kosten und Potenziale der Vermeidung von Treibhaus-gasemissionen in Deutschland. Studie im Auftrag von „BDI initiativ – Wirtschaft für Klimaschutz“. Berlin, im September 2007.

McKinsey & Company, KEMA, The Energy Futures Lab at Imperial College London, Oxford Economics, European Climate Foundation (ECF) (2010): Roadmap 2050. A practical Guide to a Prosperous, Low Carbon Europe. Volume 1 - Technical and Economic Analysis.

Meinshausen, M., Meinshausen, N., Hare, W., Raper, S.C.B., Frieler, K., Knutti, R., Frame, D. J., Allen, M. R. (2009): Greenhouse-gas emission targets for limiting global warming to 2°C. Nature 458, 1158-1163, 30 April 2009.

Michaelowa, A., Purohit, P. (2007): Additionality determination of Indian CDM projects. Can Indian CDM project developers outwit the CDM Executive Board? Climate Strategies Report, Zurich, February 2007.

– 47 –

Page 48: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

Monopolkommission (2009): Strom und Gas 2009. Energiemärkte im Spannungsfeld von Politik und Wettbewerb. Sondergutachten gemäß § 62 Abs. 1 EnWG. Bonn, im Juli 2009.

Neuhoff, K., Matthes, F.Chr. (Eds.) (2008): The Role of Auctions for Emissions Trading. Climate Strategies Report. Cambridge, October 2008.

Nitsch, J., in Zusammenarbeit mit der Abteilung „Systemanalyse und Technikbewer-tung“ des DLR –Instituts für Technische Thermodynamik (2008): Leitstudie 2008. Weiterentwicklung der „Ausbaustrategie Erneuerbare Energien“ vor dem Hinter-grund der aktuellen Klimaschutzziele Deutschlands und Europas. Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-heit. Berlin, Oktober 2008.

Office for Technology Assessment (OTA) (1995): Environmental Policy Tools. A User’s Guide. OTA-ENV-634. Washington, DC.

Office of the Gas and Electricity Markets (Ofgem) (2010): Project Discovery Options for delivering secure and sustainable energy supplies. Consultation Paper. London, 3 February 2010.

Öko-Institut (2010): Sustainable Industrial Policy for Europe. Governing the Green In-dustrial Revolution. Report for Green European Foundation and Heinrich-Böll-Stiftung. Brussels.

Öko-Institut, ILEX Consulting, Avanzi, EcoSolutions Consulting (ESC) (2005): The en-vironmental effectiveness and economic efficiency of the European Union Emis-sions Trading Scheme. Structural aspects of allocation. A report to WWF. Berlin, November 2005.

President’s Committee of Advisors on Science and Technology (PCAST) (1999): Pow-erful Partnerships. The Federal Role in International Cooperation on Energy In-novation. Washington, DC.

Prognos, Öko-Institut, Dr. Ziesing (2009): Modell Deutschland. Klimaschutz bis 2050: Vom Ziel her denken. Bericht für die WWF Umweltstiftung Deutschland. Basel/Berlin, 15.10.2009.

Regulatory Assistance Project (RAP) (2010): The Role of Forward Capacity Markets in Increasing Demand-Side and Other Low-Carbon Resources: Experience and Prospects. April 2010.

Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) (2009): Die ökonomi-schen Wirkungen der Förderung Erneuerbarer Energien: Erfahrungen aus Deutschland. Essen.

Richardson, K., Steffen, W., Schellnhuber, H.J., Alcamo, J., Barker, T., Kammen, D.M., Leemans, R., Liverman, D., Munasinghe, M., Osman-Elasha, B., Stern, N., Wæver, O. (2009): Climate Change. Global Risks, Challenges & Decisions. Syn-thesis Report. University of Copenhagen, Copenhagen.

– 48 –

Page 49: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Instrumenten-Mix der Klimapolitik Öko-Institut

Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) (2008): Umweltgutachten 2008. Umwelt-schutz im Zeichen des Klimawandels. Berlin.

Schneider, L. (2007): Is the CDM fulfilling its environmental and sustainable develop-ment objectives? An evaluation of the CDM and options for improvement. Öko-Institut report prepared for WWF. Berlin, 5 November 2007.

Schneider, L. (2009): Assessing the additionality of CDM projects: practical experi-ences and lessons learned. Climate Policy 9 (2009) 242–254.

Sijm, J. (2005): The interaction between the EU emissions trading scheme and national energy policies. Energy Policy 5 (2005), 79-96

Sinn, H.-W. (2008): Das grüne Paradoxon. Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik. Berlin.

Sinn, H.-W. (2009): Warum die Umweltpolitik neu definiert werden muss. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Dezember 2009.

Sorrell, S., Sijm, J. (2003): Carbon Trading in the Policy Mix. Oxford Review of Eco-nomic Policy 19(2003) No. 3, 420-437.

Stern, N. (2006): The Economics of Climate Change. The Stern Review. Cambridge.

U.S. Congress (2009): An act to create clean energy jobs, achieve energy independ-ence, reduce global warming pollution and transition to a clean energy economy (American Clean Energy and Security Act of 2009). H.R. 2454, Washington DC.

U.S. Energy Information Administration (EIA) (2010): Annual Energy Outlook 2010. Washington, DC, April 2010.

Umweltbundesamt (UBA) (2007): Ökonomische Bewertung von Umweltschäden. Me-thodenkonvention zur Schätzung externer Umweltkosten. Dessau, April 2007.

Umweltbundesamt (UBA) (2008): Submission under the United Nations Framework Convention on Climate Change 2008. National Inventory Report for the German Greenhouse Gas Inventory 1990 - 2006. Dessau, May 2008.

Umweltbundesamt (UBA) (2009): Submission under the United Nations Framework Convention on Climate Change 2009. National Inventory Report for the German Greenhouse Gas Inventory 1990 - 2007. Dessau, 15 April 2009.

Umweltbundesamt (UBA) (2010): Submission under the United Nations Framework Convention on Climate Change 2010. National Inventory Report for the German Greenhouse Gas Inventory 1990 - 2008. Dessau, 15 April 2010.

Umweltbundesamt (UBA), Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-cherheit (BMU) (2009): Ökologische Industriepolitik. Wirtschafts- und politikwis-senschaftliche Perspektiven. Berlin, Januar 2009.

Wara, M. (2007): Is the global carbon market working? Nature 445, 595-596, 8 Febru-ary 2007.

Wara, M.W., Victor, D.G. (2008): A Realistic Policy on International Carbon Offsets. PESD Working Paper #74. Stanford, April 18, 2008.

– 49 –

Page 50: Instrumenten-Mix der Klimapolitik · Der Instrumenten-Mix einer ambitionierten Klimapolitik im Spannungsfeld von Emissionshandel und anderen Instrumenten . Bericht für das . Bundesministerium

Öko-Institut Instrumenten-Mix der Klimapolitik

– 50 –

Weimann, J. (2008): Die Klimapolitik Katastrophe. Deutschland im Dunkel der Energie-sparlampe. Marburg.

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (WB BMF) (2010): Klimapolitik zwischen Emissionsvermeidung und Anpassung. Berlin, Januar 2010.

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (WB BMWA) (2004): Zur Förderung erneuerbarer Energien. Köln, den 16. Januar 2004.

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (WB BMWi) (2008): Europäisches System des Handels von CO2-Emissionen. Berlin, 05. Dezember 2008.

Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen WBGU (2009): Kassensturz für den Weltklimavertrag – Der Budgetansatz. Berlin.

Wuppertal-Institut (2006): Optionen und Potenziale für Endenergieeffizienz und Ener-giedienstleistungen. Endbericht im Auftrag der E.ON AG. Wuppertal, 23. Mai 2006.