Integriert und fokussiert - Edeka · Als Partner der Initiative »Geh Deinen Weg« der...

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7 PANORAMA IM PORTRÄT: MALAICA TURE HANDELSRUNDSCHAU 53 FOTOS: SCHAARSCHMIDT G uinea-Bissau – ehemals Kolonie von Por- tugal – ist eines der am geringsten entwi- ckelten Länder weltweit. Armut, Bürger- kriege und mangelnde Bildung prägen das Land, in dem Malaica Ture aufwuchs. Ihr Leben heute ist völlig anders: Als »Geh Deinen Weg«- Stipendiatin hat die 20-Jährige mit der Ausbil- dung zur Kauffrau für Büromanagement bei der EDEKA AG einen chancengleichen Zugang zu Ar- beit und gesellschaftlicher Teilhabe. »Mit 14 Jahren zog ich zu meinem Vater nach Portugal. Er verließ Guinea-Bissau bereits eini- ge Jahre zuvor, um in Lissabon eine Arbeit als Schneider zu finden«, erzählt Ture. Der Wechsel von Bissau nach Portugal fiel ihr nicht schwer: »Das Schulsystem ist sehr ähnlich, und Portugie- sisch ist meine Muttersprache. Die Umstellung war also nicht allzu groß.« Doch die Zeit in Por- tugal war kürzer als gedacht: Als die Eurokrise zu den Mittelmeerländern schwappte, musste die damals 17-Jährige erneut ihre Koffer packen. »Mein Vater brauchte eine neue Arbeit, deshalb kamen wir zusammen mit meinen drei Schwes- tern vor drei Jahren nach Hamburg. Dort lebte be- reits mein Onkel mit seiner Familie«, resümiert Malaica Ture ihre Vergangenheit. Wohl fühlte sie sich mit dieser Entscheidung nicht: Die neue Sprache bereitete ihr Sorgen. »Ich musste mit Deutsch von null anfangen. Bei den vielen kom- plizierten Wörtern ist das nicht gerade leicht«, beklagt Ture. Hinzu kam, dass man ihren Real- schulabschluss in Deutschland nicht anerkann- te. Statt auf eine weiterführende Schule kam sie in die Vorbereitungsklasse für Migranten an der Berufsschule Hamburg-Eidelstedt, in der sie pa- rallel zum Deutschkurs erneut ihren Realschul- abschluss machte. »Ursprünglich war es mein Wunsch, auf ein Gymnasium zu gehen, um da- nach Wirtschaft zu studieren. Als ich in Deutsch- land ankam, hatte ich aber kaum eine Wahl«, er- innert sie sich zurück. Statt nur Bücher zu wälzen, lag der Fokus in der Berufsschule auf praktischen Erfahrungen: »Ich habe während meiner Schulzeit in Eidelstedt drei Praktika gemacht: als Kauffrau für Touris- mus, Erzieherin und Bürokauffrau. Mir hat das dritte Praktikum so gut gefallen, dass ich es schaf- fen wollte, in diesem Bereich einen Ausbildungs- platz zu finden«, berichtet die gebürtige Afrika- nerin. Durch die Zusammenarbeit der EDEKA AG mit dem Bildungswerk Hamburg erhielt Ture die Chance, ein weiteres Praktikum im EDEKA- Integriert und fokussiert Als Partner der Initiative »Geh Deinen Weg« der Deutschlandstiftung Integration unterstützt EDEKA jährlich zehn Stipendiaten mit Migrationshintergrund – eine große Chance für Azubi Malaica Ture. + Früher: In der Heimat Guinea-Bissau gab es nicht genügend Arbeit. + Heute: Die deutsche Sprache lernte Malaica Ture sehr schnell. + In Zukunft: Ihr Ziel ist es, viel Erfolg in ihrem Beruf zu haben.

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7PanoramaIm Porträt: malaIca ture

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Guinea-Bissau – ehemals Kolonie von Por-tugal – ist eines der am geringsten entwi-ckelten Länder weltweit. Armut, Bürger-

kriege  und  mangelnde  Bildung  prägen  das Land, in dem Malaica Ture aufwuchs. Ihr Leben heute  ist völlig anders: Als  »Geh Deinen Weg«- Stipendiatin hat die 20-Jährige mit der Ausbil-dung zur Kauffrau für Büromanagement bei der  EDEKA AG  einen chancengleichen Zugang zu Ar-beit und gesellschaftlicher Teilhabe.

»Mit 14 Jahren zog ich zu meinem Vater nach Portugal. Er verließ Guinea-Bissau bereits eini-ge  Jahre zuvor, um in Lissabon eine Arbeit als Schneider zu finden«, erzählt Ture. Der Wechsel von Bissau nach Portugal fiel ihr nicht schwer: »Das Schulsystem ist sehr ähnlich, und Portugie-sisch ist meine Muttersprache. Die Umstellung war also nicht allzu groß.« Doch die Zeit in Por-tugal war kürzer als gedacht: Als die Eurokrise zu  den  Mittelmeerländern  schwappte,  musste die damals 17-Jährige erneut ihre Koffer packen. »Mein Vater brauchte eine neue Arbeit, deshalb kamen wir zusammen mit meinen drei Schwes-tern vor drei Jahren nach Hamburg. Dort lebte be-reits mein Onkel mit seiner Familie«, resümiert Malaica  Ture  ihre  Vergangenheit.  Wohl  fühlte 

sie sich mit dieser Entscheidung nicht: Die neue Sprache  bereitete  ihr  Sorgen.  »Ich  musste  mit Deutsch von null anfangen. Bei den vielen kom-plizierten Wörtern ist das nicht gerade leicht«, beklagt Ture. Hinzu kam, dass man ihren Real-schulabschluss in Deutschland nicht anerkann-te. Statt auf eine weiterführende Schule kam sie in die Vorbereitungsklasse für Migranten an der Berufsschule Hamburg- Eidelstedt, in der sie pa-rallel zum Deutschkurs erneut ihren Realschul-abschluss  machte.  »Ursprünglich  war  es  mein Wunsch, auf ein Gymnasium zu gehen, um da-nach Wirtschaft zu studieren. Als ich in Deutsch-land ankam, hatte ich aber kaum eine Wahl«, er-innert sie sich zurück. 

Statt nur Bücher zu wälzen, lag der Fokus in der Berufsschule auf praktischen Erfahrungen: »Ich habe während meiner Schulzeit in Eidel stedt drei Praktika gemacht: als Kauffrau für Touris-mus, Erzieherin und Bürokauffrau. Mir hat das dritte Praktikum so gut gefallen, dass ich es schaf-fen wollte, in diesem Bereich einen Ausbildungs-platz zu finden«, berichtet die gebürtige Afrika-nerin. Durch die Zusammenarbeit der  EDEKA AG mit  dem  Bildungswerk  Hamburg  erhielt  Ture die Chance, ein weiteres Praktikum im EDEKA- 

Integriert und fokussiertAls Partner der Initiative »Geh Deinen Weg« der Deutschlandstiftung Integration unterstützt EDEKA jährlich zehn Stipendiaten mit Migrationshintergrund – eine große Chance für Azubi Malaica Ture.

+ Früher: In der Heimat Guinea-Bissau gab es nicht genügend Arbeit.

+ Heute: Die deutsche Sprache lernte Malaica Ture sehr schnell.

+ In Zukunft: Ihr Ziel ist es, viel Erfolg in ihrem Beruf zu haben.

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7 PanoramaIm Porträt: malaIca ture

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Einkauf zu absolvieren. Und sie überzeugte: Im August 2016 begann Malaica Tures Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement. Kurze Zeit später bewarb sie sich für das Programm »Geh Deinen Weg« – ein Stipendium, das junge Migran-ten auf dem Karriereweg unterstützt. Die Initia-tive der 20-Jährigen zeigte Erfolg. Durch Work-shops und Netzwerkveranstaltungen erhält Ture nun noch mehr Unterstützung und die Chance, Kontakte mit Menschen aus aller Welt zu knüp-fen. Für sie ist das eine wertvolle Hilfe, um – so-wohl beruflich als auch sozial – in Deutschland Fuß zu fassen. »Der Großteil meiner Freunde ist noch in Portugal. Mittlerweile habe ich aber auch welche in Hamburg gefunden«, erzählt sie.

Seit drei Jahren ist Malaica Ture nun in Deutsch-land, ihr Allgemeinwissen lässt hingegen eine deutlich längere Zeit vermuten: »Dinge wie Steu-ern finde ich interessant, weil es wichtig für mei-ne Zukunft ist. Ich lerne viel darüber, was mich im Leben weiterbringt.« Geht es hingegen um Es-sen, bleibt sie ihrem letzten Wohnort Lissabon treu: Fisch isst sie noch immer lieber als Bacal-hau, das portugiesische Nationalgericht, statt als Hamburger Fischbrötchen.

Der Wunsch vom Wirtschaftsstudium ist zwar nach hinten gerückt, Erfolg im Job ist ihr den-noch sehr wichtig. »Mein Ziel ist es, erst einmal, die Ausbildung bei EDEKA fertig zu machen und zu arbeiten – da bin ich eine Karrierefrau«.

Teammeeting im EDEKA-Verlag. Wäh-rend der Ausbildung durchläuft Malaica mehrere Stationen – zurzeit wirkt sie in der Unternehmens-kommunikation mit.

7PanoramaIm Porträt: malaIca ture

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a Die offene Art und das herzliche Lächeln von Malaica Ture sorgen für gute Laune in ihrem Umfeld.

b In den ersten Mo-naten der Ausbildung unterstützte Malaica die Nonfood-Abtei-lung für Spielwaren.

c Versteht sie einmal etwas nicht genau, helfen ihre Kolleginnen und Kollegen gern weiter.

Frau Ture, wie würden Sie sich selbst beschreiben?MALAICA TURE: Ich bin sehr zielstrebig. Natürlich ist es ein gutes Gefühl, die besten Noten in der Schule zu haben (lacht). In Deutschland ist das aber deut-lich schwerer zu schaffen – die Sprache ist wirklich sehr kompliziert.

Sie sind in Guinea-Bissau geboren, haben die portugiesi-sche Staatsbürgerschaft und leben nun in Deutschland. Welches Land würden Sie als Heimat bezeichnen?TURE: Im Herzen ist Guinea-Bissau meine Heimat. Es ist mein Geburtsland – 14 Jahre meines Lebens habe ich dort verbracht. Meine ganze Familie kommt da-her, und ein Teil wohnt auch noch in Guinea-Bissau.

In welches Land würden Sie gern einmal reisen?TURE: Bisher war ich erst in Guinea-Bissau, Portugal und Deutschland. Ich war seit meinem 14. Lebens-jahr nicht mehr in Guinea-Bissau. Da würde ich gern mal wieder hin und meine Familie besuchen, aber ein Flug kostet bestimmt 1.000 Euro – da sind ande-re Dinge zurzeit wichtiger.

Auf welche Hindernisse stoßen Sie in der Berufsschule?TURE: Häufig ist es nicht das fehlende Wissen, das mir die Tests erschwert, sondern das Verständnis für die Aufgabenstellung. Die Wörter darin sind sehr kompliziert, und ich weiß dann nicht, was man von mir will. Wäre die Frage auf Portugiesisch, könnte ich sie womöglich sofort beantworten.

Malaica Ture, Auszubildende zur Kauffrau für Büromanagement, EDEKA-Zentrale Hamburg

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