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33 Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz IPP – INTEGRIERTE PRODUKTPOLITIK Ergebnisse des Pilotprojektes Innovative Simulationstechniken als Werkzeug einer integrierten Produktpolitik am Beispiel von Formpressteilen im Automobilbau Mai 2005

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Bayerisches Staatsministerium fürUmwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz

IPP – INTEGRIERTE PRODUKTPOLITIK

Ergebnisse des Pilotprojektes

Innovative Simulationstechniken als Werkzeug einer integrierten Produktpolitik

am Beispiel von Formpressteilen im Automobilbau

Mai 2005

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Herausgeber:

Rosenkavalierplatz 2, 81925 München (StMUGV)

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Gestaltung: Werbeagentur Schultze, Walther und Zahel GmbH; www.swz.de

Stand: Mai 2005

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IMPRESSUM

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I P P _ I N T E G R I E R T E P R O D U K T P O L I T I K

Bearbeiter

Fraunhofer ITWMDr. Heiko AndräDr. Volker SchulzDr. Konrad SteinerDr. Andreas Wiegmann

AUDI AGUwe HeilDr. Andreas Müller Dipl.-Ing. (FH) Beatrix RiedelDr. Ulrich WidmannDr. Dagobert Achatz

Sandler AGDr. Ulrich HornfeckKlaus TrögerDipl.-Ing. (FH) Stefan Herrmann

SAI Automotive SAL GmbHDr. Udo BeckerLudovic DejaegerLars Bischoff

Dezember 2004

Gefördert durch

Ergebnisse des Pilotprojektes

Innovative Simulationstechnikenals Werkzeug einer integrierten Produktpolitikam Beispiel von Formpressteilen im Automobilbau

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G R U S SWORT

Grußwort Staatsminister Dr. WernerSchnappauf für den Leitfaden „Inno-vative Simulationstechniken als Werk-zeug einer IPP“

IPP: Weniger Material – bessere Produkte – geringe-re Kosten?Eine Aussage hält sich beharrlich: Umweltschutz ver-ursacht Kosten und behindert die Wettbewerbsfähig-keit eines Unternehmens. Umweltschutz wird nachwie vor als eher Kosten verursachend, nicht jedoch alsChance für Unternehmen und Verbraucher wahrge-nommen. Integrierte Produktpolitik (IPP) setzt neue Maßstäbeund geht dabei andere Wege. IPP bildet die Keim-zelle für (Umwelt-)Innovationen entlang des Wegseines Produkts und verknüpft alle Akteure in einemNetzwerk. So wird IPP zur treibenden Kraft für um-fassende Neuerungen und den Einsatz neuer Me-thoden. IPP betrachtet den gesamten Weg von Pro-dukten und zugehörigen Dienstleistungen, begin-nend bei deren Planung, Entwicklung und Herstel-lung, berücksichtigt auch Marketingaspekte beiHandel und Vertrieb und weiter zur Verwendung undEntsorgung. Die Eigenschaften und Auswirkungen eines Produktsauf Mensch und Umwelt werden bereits bei Planungund Entwicklung endgültig festgelegt, d.h. die in die-ser frühen Phase getroffenen Entscheidungen habenbereits weit reichende Effekte für alle weiteren Stu-fen. Die Entwickler haben es also in der Hand, wie einProdukt – unter Berücksichtigung gewisser Vorga-ben – sich später auf seine Umgebung auswirkt. Undgerade deshalb ist es wichtig, ja unerlässlich, dassdie Ent-scheider bei Planung und Entwicklung einesProdukts die richtigen Werkzeuge und Hilfsmittel ein-setzen können.Genau diese Aspekte waren Gegenstand der Unter-suchungen, die nun der Leitfaden vorstellt: Wie kanndurch die richtige Anwendung von Werkzeugen und

Hilfsmittel die „IPP-gerechte“ Entwicklung eines Pro-dukts geleistet werden? Zielsetzung war, am Beispiel der Entwicklung einesAutodachhimmels durch den Einsatz von Simula-tionswerkzeugen sowohl den Ansprüchen der Akustik,Haptik und Optik als auch der Notwendigkeit zur Re-duzierung von Entwicklungskosten, zur Einstofflich-keit des Produkts (hier PET) und zur Schließung vonStoffkreisläufen Rechnung zu tragen. Im Projekt konn-te erreicht werden, die ansonsten hohe Zahl erforder-licher Prototypen deutlich zu reduzieren. Das wiede-rum führte zu Kostensenkungen, Zeit- und Material-ersparnis.Dieses Projekt zeigt, dass nicht nur die „Big Player“diese Methoden und Werkzeuge einsetzen können,sondern dass sie – evtl. in angepasster Form – auchfür mittelständische Unternehmen geeignet sind. IhrEinsatz bei der täglichen Entwicklungsarbeit wirkt sichpositiv auf den Erfolg des Unternehmens und die An-sprüche des Verbrauchers aus. Gerade der in Bayernso wichtige Mittelstand hat wegen seines Ideenreich-tums und seiner Innovationsfreudigkeit einerseits undseiner Kunden- und Marktnähe andererseits eine zen-trale Rolle bei der Umsetzung und Weiterführung desIPP-Gedankens. Aber nicht nur die Methoden und Werkzeuge sind es,die IPP zu einem Erfolgsfaktor werden lassen. DiesesPilotprojekt überzeugt wie auch andere bayerischeProjekte durch die Dynamik „IPP-gerechten“ Han-delns in den Teams und Arbeitsgruppen, die den IPP-Gedanken aufgenommen und weitergetragen haben.Besonders hervorzuheben ist, dass innerhalb derUnternehmen, aber auch über Firmengrenzen hinwegeine gleichermaßen konstruktive wie sachlich-kriti-sche Diskussion der Partner miteinander erfolgt. Da-

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durch können die Motivation und Einsatzbereitschaftder Mitarbeiter und Akteure entscheidend gefördertwerden. Dies ist zugleich eine Voraussetzung für denErfolg der Projekte.Allen am Projekt beteiligten Unternehmen und Mitar-beitern danke ich für ihr Engagement und ihren Ein-satz.

Dr. Werner SchnappaufBayerischer Staatsminister für Umwelt, Gesundheitund Verbraucherschutz

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Inhalt

02 Grußwort

05 Inhalt

06 Vorwort

07 Integrierte Produktpolitik – IPP

08 Motivation des Projektes

09 Simulation

10 Unsere Ziele

11 Ausgestaltung der IPP-Handlungsfelder

12 Vernetzung der Projektpartner

13 Ergebnis

14 Simulation und Optimierung der Fahrzeuginnenraumakustik

15 Akustiksimulation

16 Akustik im Fahrzeug

17 Optimierungspotenzial Dickenvariation und Schichtaufbau

18 Das „beste“ Material auf Knopfdruck

19 Anwendungsbeispiel Sortenreine Formpressteile im Automobilbau

20 Verbundstoffe und sortenreine Materialien in der Praxis

21 Werkstoffliches Recycling von Kunststoffen im Automobilbau

22 Rohstoffliches Recycling

23 PET-Dachhimmel

24 Optimierungspotenzial Schichtaufbau

25 Webtechnologie: Verteilt erarbeitet – zentral verfügbar

27 Audi AG – Perspektiven

28 Sandler AG – Perspektiven

29 Faurecia – Perspektiven

30 ITWM – Perspektiven

31 Die Partner

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Zur technischen Umsetzbarkeit sowie zur Prüfung und Bewertung der akustischen Eigenschaften derkompletten Formpressteile wurden SAI/Faurecia miteingebunden, die sowohl über Presswerkzeuge alsauch über das europaweit modernste Akustikzen-trum in Sassenburg verfügen. Gerade die Frage derakustisch optimalen Auslegung eines Dachhimmels(oder eines anderen Formpressteils im Automobil-innenraum) konnte bisher bei einer Entwicklung einesAutomobils nicht von Anfang an berücksichtigt wer-den. Die akustische Auslegung wurde experimentellanhand der Prototypen realisiert.Die AUDI AG konnte als innovativer Automobil-hersteller gewonnen werden, um als Anwendungs-partner die Produktidee bis zur erstmaligen Umset-zung zu führen. Die Möglichkeit, einen sortenreinenPET-Dachhimmel samt Dekorstoff und Softtouch zuentwickeln, war motiviert durch die mögliche Ge-wichtseinsparung und die Nutzung als akustisch wirksames Bauteil. Dazu ergab sich durch die Sor-tenreinheit ein weiterer entscheidender Vorteil hin-sichtlich der Altfahrzeugverordnung. Dies warf aller-dings auch eine der wesentlichen Fragen im Projektauf: Ist ein komplett geschlossener Kreislauf von denFasern über die Vliese und das Formpressteil bis zueiner Regranulierung der demontierten, genutztenBauteile möglich? Ist es möglich, den PET-Rohstoffwieder so aufzubereiten, dass neue, qualitativ hochwertige Vliesstoffe produziert werden können? Diese Fragen konnten im Projektverlauf durch die lose Einbeziehung weiterer Firmen positiv beantwor-tet werden.

Dr. Konrad Steiner, Fraunhofer ITWMKaiserslautern, im Dezember 2004

Vorwort

Die Integrierte Produktpolitik (IPP) ist ein wesent-licher Bestandteil des im Oktober 2000 zwischen Bayerischer Staatsregierung und bayerischer Wirt-schaft fortgeschriebenen Umweltpakts Bayern „Nachhaltiges Wirtschaften im 21. Jahrhundert“. Vor diesem Hintergrund hat das Bayerische Staats-ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbrau-cherschutz das Projekt „Innovative Simulationstech-niken als Werkzeug einer Integrierten Produktpolitikam Beispiel von Formpressteilen im Automobilbau“(ISTWIPP) angestoßen, gefördert und während dergesamten Laufzeit fachlich betreut. Ohne dieses Engagement des Staatsministeriums wäre ein Projektdieses Umfangs nicht möglich gewesen.Die Entwicklung von der Projektidee bis hin zu einemIPP-Pilotprojekt mit dem Augenmerk auf einer rech-nergestützten Simulation als einem wesentlichen IPP-Werkzeug war ein dynamischer Prozess, der hierkurz dargestellt wird und aufzeigt, wie vergleichbareIPP-Projekte initiiert und umgesetzt werden können.Er zeigt auch, mit welchen Schwierigkeiten zu rech-nen ist und wie diese erfolgreich zu bewältigen sind.Die Initiative basierte auf einer internen Produktstudieder Sandler AG, in der verpresste PET-Vliesstoffe experimentell hinsichtlich ihrer akustischen Wirksam-keit untersucht wurden. Dabei zeigte sich rechtschnell, dass bei geringem Flächengewicht gute akustische Absorptionseigenschaften erzielt werdenkönnen. Schnell war die Produktidee geboren,Formpressteile für den Automobilbau wie Dachhim-mel, Kofferraumverkleidungen u.v.m. aus diesenPET-Pressvliesen herzustellen. Allerdings sind Test-serien enorm zeit- und kostenintensiv, da die Ver-suchsmaterialien nur auf den Produktionsanlagenherstellbar sind. Hier wurde das Fraunhofer ITWMeinbezogen und die neue Technologie der Mikro-struktursimulation in einer Machbarkeitsstudie auf die akustischen Eigenschaften von PET-Vliesen angewandt. Damit ist es möglich, Materialparameterrein virtuell im Rechner zu optimieren. Die Entwick-lung und Nutzung von Simulationswerkzeugen er-möglichte folglich erst, der neuen Produktidee vonakustisch wirksamen PET-Formpressteilen schnellund kostengünstig Marktchancen zu eröffnen.

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Integrierte Produktpolitik – IPP

Integrierte Produktpolitik fördert und zielt auf eine stetige Verbesserung von Produkten (und Dienst-leistungen) hinsichtlich ihrer Wirkungen auf Menschenund Umwelt entlang des gesamten Produktlebenswe-ges. Die wesentlichen Handlungsprinzipien von IPPsind Kommunikation, Kooperation, Integration und In-novation.

IPP lebt von der Kommunikation. Die gemeinsameSprache und der ständige Informationsaustauschinnerhalb der Wirtschaft sowie der Dialog zwischenAnbieter und Nutzer/Kunden führen zu gegensei-tigem Verständnis sowie zur Abstimmung der jewei-ligen Bedürfnisse. Konkret bedeutet dies, dass dieWirtschaftspartner auf allen Stufen der Wertschöp-fung Stoff- und Materialdaten bereitstellen, weiterge-ben und untereinander austauschen. Der Verbrauchererhält aussagekräftige und zuverlässige Informatio-nen und Hinweise, damit er informiert kaufen, nutzenund entsorgen kann.Das Denken in Systemen und Zusammenhängen wird zur Richtschnur des Handelns. Probleme wer-den nicht weiter zwischen (Umwelt-) Bereichen, Dis-ziplinen, Regionen, Partnern oder Generationen ver-lagert – es entstehen dauerhaft tragfähige System-Lösungen. IPP-Handeln bedeutet konkret, mit Instru-menten diese Wechselwirkungen zu bewerten und imSinne umfassender integrierter Lösungen und Syste-me zu steuern. Dabei ist der Begriff „Integration“ imZusammenhang mit IPP umfassend entlang des Produktlebensweges zu verstehen. Vor diesemHintergrund ist es entscheidend, bereits in einer frü-hen Entwicklungsphase die Gesamteffekte über denProduktlebensweg zu berücksichtigen. IPP stellt da-mit nichts grundsätzlich Neues, sondern eine Vernet-zung von bisher alleinstehenden Aktivitäten dar, umden Nutzen in ökonomischen, ökologischen und ge-sellschaftlichen Dimensionen zu erhöhen.Ziel der Integrierten Produktpolitik sind nicht die Detailverbesserungen, sondern eine umfassendeAusschöpfung des Innovationspotenzials bei der Entwicklung neuer Produkte.

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und akustischen Eigenschaften ermöglichen.Unter Umweltgesichtspunkten – insbesondere demRecycling – ist eine Reduzierung der Materialvielfaltoftmals wünschenswert. Das Beispiel der Getränke-verpackungen aus Glas oder PET zeigt, dass sor-tenreine Werkstoffe besonders für die Schaffunggeschlossener Stoffkreisläufe geeignet sind, da hierAufwand und Kosten des Recyclings besonders günstig ausfallen. Daher ist es sinnvoll, sich im Rah-men der Produktentwicklung mit sortenreinen Werk-stoffen zu beschäftigen, die in ihren strukturellenEigenschaften weitgehend variierbar sind, wie dies z.B. bei PET der Fall ist.

• Bei der Betrachtung des Lebensweges eines Fahr-zeugs lässt sich eindeutig nachweisen, dass der Leichtbau eine zentrale Rolle bei der Umweltent-lastung spielt, da er zu geringerem Kraftstoffver-brauch führt. Deshalb ist Leichtbau ein übergeord-netes Umweltziel bei Audi. Jedoch muss dieses vor-rangige Ziel mit einer sorgfältigen Materialauswahl hinsichtlich lebenswegorientierter Umweltverträg-lichkeit kombiniert und abgewogen werden. Anson-sten ist eine partielle Kompensation der Leichtbau- Effekte möglich.

Motivation des Projektes

Bei der Zielsetzung und Durchführung des Projekteshaben wir uns von folgenden Punkten leiten lassen:

• Heutzutage sind Prototypenbau und Einsatz vonVerbundwerkstoffen bei Neuentwicklungen vonFahrzeugen Stand der Technik. Gleichzeitig ist dieZahl der beteiligten Akteure, vom Rohstofflieferan-ten über den Hersteller und Automobilbauer bis hinzum Verwertungsunternehmen, entsprechend um-fangreich. Bei der Ausgestaltung des ISTWIPP-Projektes war es uns besonders wichtig, die rich-tigen Partner „mit ins Boot“ zu holen und für eine enge Kooperation zu gewinnen. Die beteiligten Fir-men decken dabei die Produktkette vom Vorliefe-ranten (Sandler AG) bis zum Fahrzeughersteller(Audi AG) ab. Gleichzeitig sorgten beide Firmendafür, dass auch Aspekte der vor- und nachgelager-ten Ketten, wie Rohstoffhersteller und Verwerter,berücksichtigt wurden.

• Bisher fließen weder Akustiksimulation noch ökolo-gische Parameter direkt in den computergestütztenDesignprozess (CAD, CAE) ein. Die Integration beider Bereiche in den Fahrzeugentwicklungspro-zess ermöglicht aber, aus einer wesentlich breiterenBasis systematisch Materialien und deren Modifi-kationen auszuwählen und ihre Funktionalität zu bewerten. Rechnerunterstützt wird diese Material-auswahl und -optimierung in einer viel kürzeren Zeitmöglich und soll in Zukunft sogar vor Fertigung desersten Prototypen erfolgen. So können bereits im Vorfeld umweltrelevante Aspekte wie Energieein-sparung, Materialreduktion, Abfallvermeidung, Re-cyclingfähigkeit, Lärmschutz usw. eingehender berücksichtigt und besser bewertet werden.

• Die Simulationstechniken liefern einen Qualitäts-gewinn für den Kunden (Komfortgewinn durch ge-ringere Innengeräusche und folglich erhöhte Fahr-sicherheit) und reduzieren die Kosten im Entwick-lungsprozess, wenn sie hinreichend flexibel und all-gemein ausgelegt sind.

• Gerade im Fahrzeugbau setzt man seit längerer Zeit verstärkt Verbundwerkstoffe ein, da diese die präzise Einstellung von gewünschten mechanischen

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Simulation

„Computer-aided“, d.h. computerunterstütz-te Techniken spielen in den verschiedenenPhasen der Produktentstehung, -entwick-lung, -fertigung, -qualität, -steuerung und-planung eine große Rolle.Ohne den Einsatz von Computern kann heu-te kein Industrieunternehmen mehr ein Pro-dukt entwickeln oder fertigen. Am bekann-testen ist hierbei CAD, das Computer AidedDesign (rechnerunterstütztes Konstruieren).Für technische Fragen ist dagegen Compu-ter Aided Engineering (CAE), d.h. die rech-nerunterstützte Berechnung und Simulation,von Bedeutung.

Alle diese Aktivitäten, die zu einem wichtigenWerkzeug des Entwicklungsingenieurs ge-worden sind, werden unter dem Sammelbe-griff CAX zusammengefasst.

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4. Einfachere Handhabung komplexer Systeme durch die Anwender

Den Blick weg von Detailproblemen hin zu überge-ordneten Zielen zu lenken, diese Vorgabe stand beider Entwicklung der Softwareumgebung im Mittel-punkt. Rechnergestützte Simulationstechnik musseinfach zu bedienen sein und die Komplexität desSystems so weit reduzieren, dass es schon nach kur-zer Einarbeitungszeit zu einem echten Gewinn für dieAnwender kommt.

Unsere Ziele

1. Etablierung von rechnergestützten Simulationstechniken als IPP-Schlüssel-instrument

Die Entwicklung von Produktsystemen auf höheremumweltbezogenen Niveau bei gleichzeitig immer kür-zeren Innovationszyklen ist heute eine große Heraus-forderung – nicht nur in der Automobilindustrie.Mit dem IPP-Pilotprojekt zeigen wir, dass rechnerge-stützte Simulationstechniken einen entscheidendenBeitrag hierzu leisten, da sie der Komplexität moder-ner Produkte gerecht werden.

2. Verringerung des Aufwandsfür Prototypenbau

Die Reduzierung der Prototypen geht Hand in Handmit der Verringerung der Kosten bei der Neuentwick-lung von Produkten. Gleichzeitig werden so aber auchRessourcen geschont. Deshalb wurde die Reduzie-rung der Prototypen für uns ein übergeordnetes Pro-jektziel.

3. Erhöhung der Anzahl von betrachtetenVarianten bzw. Alternativen beim Design-prozess

Innovation findet dann statt, wenn der Entwicklungs-ingenieur – unterstützt durch Simulationstechniken –seine Entscheidungsfreiräume erweitert. Unser Ziel istes, die Methoden zu entwickeln, um neue Wege zubeschreiten, um aus einer Vielzahl neuer Werkstoff-kombinationen die beste herauszufinden.

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Ausgestaltung der IPP-Handlungsfelder

1. Kommunikation

Der ständige Austausch zwischen den Projektpart-nern wurde durch eine Kombination aus herkömm-lichen und modernen/elektronischen Kommunika-tionsmitteln sichergestellt. Zu ersteren zählen regel-mäßige bilaterale und multilaterale Meetings.Die Korrespondenz wurde durchgehend per E-Mailabgewickelt und größere Dokumente wurden übereine gemeinsame Internetplattform ausgetauscht.Durch Passwortschutz wurde hierbei der Geheim-haltung Rechnung getragen.

2. Kooperation

Im Sinne von IPP muss die Kommunikation in die Kooperation der am Lebensweg Beteiligten münden.Dabei sind allerdings oftmals große Schwierigkeitenzu überwinden. Am Anfang dieses Projektes stand soein Kooperationsvertrag, mit dem der Schutz von Firmengeheimnissen sicher gestellt wurde. Gleich-zeitig wurden damit aber auch Fragen der Verwer-tungsrechte und Nutzungsrechte an Messdaten undSoftware geregelt. Im Kooperationsvertrag wurde festgehalten, dass je-der Partner für seine Arbeiten selbst verantwortlich istund dass sich gegenseitig über den Fortgang der Ar-beiten berichtet wird und alle Forschungsergebnissefür die Dauer des Vorhabens allen Beteiligten kosten-los zur Verfügung gestellt werden.

3. Integration

Von Anfang an wurde darauf Wert gelegt, dass die entwickelten Softwarepakete in die bestehende Architektur der Unternehmen integriert werden kön-nen. Das Gleiche gilt auch für Änderungen, die sich inder Material- und Bauteilentwicklung auf Grund derProjektergebnisse ergeben haben.

4. Innovation

Bereits der ersten Projektskizze lag die innovativeIdee zu Grunde, Materialien gezielt für bestimmte Anwendungen zu optimieren. Bei der im Projekt erst-mals angewandten Methode bilden die gewünschtenEigenschaften eines Fahrzeugs die Anforderungen,auf deren Basis Materialien systematisch entwickeltund optimiert werden. Diese Anforderungen setztensich aus einer ganzen Reihe von funktionalen, öko-nomischen und ökologischen Eigenschaften zusam-men. Um das hierbei entstehende komplexe Optimie-rungsproblem zu lösen, wurden – rechnerunterstützt –mathematische Methoden in Kombination mit moder-nen Messverfahren eingesetzt.

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Vernetzung der Projektpartner

Projektförderung

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Ergebnis

Im ISTWIPP-Projekt wurde gezeigt, wie umweltrele-vante Aspekte der IPP (Energieeinsparung, Material-reduktion, Abfallvermeidung, Recyclingfähigkeit,Lärmschutz usw.) in einer sehr frühen Phase der Produktentwicklung einbezogen und besser berück-sichtigt werden können.Die für den Einsatz neuer Materialien notwendigenMaterialparameter wurden soweit (akustisch) model-liert, dass ihre Simulation im Produktverbund mit hinreichender Genauigkeit möglich wurde. Das Know-how, welches im Projekt benötigt wurde, war auf verschiedene Akteure, wie Rohstofflieferant, System-partner, Messtechniker und Hersteller, verteilt undwurde durch eine intensive Vernetzung zusammen-geführt. Dies gelang u.a. durch die Nutzung moder-ner, auf Internettechnologien basierender Kommuni-kationsmittel.Als Ergebnis ist das effiziente und benutzerfreund-liche Simulationstool AdOpt (Akustikdatenbank undOptimierungstool) entstanden, das sich in bestehen-de Simulationstechniken einfügt und auf den Ent-wicklungsprozess anderer Produkte übertragen wer-den kann. Durch die Verwendung mehrerer Techno-logien wird mit AdOpt eine neue Funktionalität erreicht. Diese umfasst z.B. die web-basierte, platt-formunabhängige Nutzung auch über Firmengrenzenhinaus. Neu ist auch das Zusammenspiel der Soft-ware mit einer Datenbank, in der sowohl Mess-ergebnisse als auch Simulationsergebnisse erfasstwerden.Dieses Tool wird auf www.ipp-bayern.de vomStMUGV der Wirtschaft zur Verfügung gestellt.

Wie lassen sich unsere Ergebnisse in anderen Branchen nutzen?

Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist es heutzutage unverzichtbar, bei verkürzten Innovationszyklen denNutzen neuer Produkte zu erhöhen. Unsere Erfahrungist, dass dies sehr eingeschränkt wird, wenn der Informationsaustausch an den Firmengrenzen endet.Diskutieren Sie mit Ihren Lieferanten, was Sie von einem Bauteil erwarten. Setzen Sie als Lieferant Simulationstechniken ein, um die Anforderungen Ihrer Kunden zu erfüllen.Erwarten Sie keine Wunder: Auch im ISTWIPP-Projekt konnten nicht auf Anhieb die Wünsche allerProjektpartner erfüllt werden. Diese Probleme wur-den aber benannt und trugen wesentlich zum Know-how-Gewinn aller Beteiligten bei.Und die Kosten? Die Einführung von rechnerge-stützten Simulationstechniken ist zunächst eine Investition, die sich aber langfristig rechnet. „Wir be-treiben weniger Aufwand und haben geringere Ent-wicklungskosten, da unsere Ware nicht mehr durchteuere und langwierige Versuchs- und Mess-Seriengetestet werden muss.“

(Dr. Christian Heinrich Sandler, Vorstand der Sandler AG)

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Mit Geodict (http://www.geodict.com) wurde am ITWMein innovatives Softwarepaket entwickelt, das dieoben beschriebenen Schritte unter einem Dach ver-eint. Damit wurde den im Projekt beteiligten Partnernein Tool zur Verfügung gestellt, mit dem sich aufwän-dige experimentelle Studien komplett durch denRechner ersetzen lassen. Beispielsweise lässt sichzeigen, wie sich durch Verkleinern des Faserdurch-messers eine Gewichtsreduzierung erreichen lässt,ohne dass man Kompromisse bei der akustischenWirksamkeit eingehen muss.

Simulation und Optimierung der Fahrzeuginnenraumakustik

Akustische Eigenschaften poröser Absorber

Die akustische Absorption von porösen Materialienwird im Wesentlichen durch deren komplizierte drei-dimensionale Struktur bestimmt. Durch die viskoseReibung der Luft im Vliesmaterial wird die Bewe-gungsenergie des Schallfeldes in Wärme umgesetztund dem Schallfeld Leistung entzogen. In dem ISTWIPP-Projekt wurde gezeigt, dass für die unter-suchten Formpressteile aus PET-Vliesen andereakustische Dämpfungsmechanismen vernachlässigtwerden können.

Von der Mikrostruktur über den Strömungswiderstand zur Akustik

Neben der Materialdicke bestimmt der Strömungs-widerstand die akustischen Eigenschaften der PET-Vliese. In der Vergangenheit galt der Strömungs-widerstand von Vliesmaterialien immer als eine zumessende Größe, da bisher kein allgemein gültigerZusammenhang mit anderen Parametern, wie der Porosität oder den Faserdurchmessern, existiert. Im Rahmen des ISTWIPP-Projektes wurden innova-tive Simulationstechniken entwickelt, um den Strö-mungswiderstand im Computer direkt zu berechnen.Dazu wird zunächst für ein gegebenes Vlies ein drei-dimensionales Modell erstellt (siehe Abbildung), ba-sierend auf Mikrostrukturaufnahmen oder entspre-chenden Faserkenngrößen. Sobald man auf dieseWeise die Vliesgeometrie in den Rechner „überführt“hat, lässt sich mittels einer Strömungssimulation derStrömungswiderstand direkt berechnen.Da es einen direkten Zusammenhang zwischen demStrömungswiderstand und der akustischen Absorp-tion von hochporösen Materialien gibt, ist dessen Be-rechnung nur noch ein kleiner Schritt.

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Abb. Darstellung eines Mikrofaservlieses aus zweiSchichten, eine mit langen Fasern und triobalemQuerschnitt, die andere mit kurzen, abgerundet zylin-drischen Fasern.

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Akustiksimulation

Wie beschrieben lässt sich aus dem Strömungs-widerstand direkt auf die akustischen Eigenschaftender PET-Vliese schließen. Die folgende Abbildungzeigt die simulierte akustische Absorption eines Mikrofaservlieses inklusive Dekor (beides aus reinemPET) zusammen mit einer Messung im Kundt’schenRohr. Die ausgezeichnete Übereinstimmung ist be-achtlich, zumal die Simulation nur auf den Strö-mungswiderständen der beiden Materialien, Mikro-faservlies und Dekor, beruht.

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Abb. Simulierte (blau) und gemessene (rot) akustische Absorption eines Schichtaufbaus, bestehend aus Mikro-faservlies und Dekor, beide aus PET.

Vergleich Messung – Simulation

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Zeit und Kosten

Zeit- und Kostenvergleich am Beispiel:

Prototypenherstellung eines PET-Dachhim-mels und Hallraummessung gegen Simula-tionssoftware

Prototyp

Kosten ZeitHerstellung ca. 2.000 € ca. 3 Stdn.Hallraum- 186 € 2 StundenmessungMessauswertung 93 € 1 Stunde

Simulation

Kosten ZeitParameter- 47 € 0,5 Stdn.eingabeBerechnung – 1 StundeAuswertung 47 € 0,5 Stdn.

Für den Vergleich wurde davon ausgegan-gen, dass sowohl die Messtechnik als auchdie Simulationssoftware vorhanden ist. Nicht betrachtet wurden eventuelle Trans-portkosten und -zeiten, da Herstellung undMessung in der Regel nicht am selben Ortdurchgeführt werden.

Akustik im Fahrzeug

Mit der Methode der statistischen Energieanalysewerden heute bereits erste Ansätze gemacht, die Innenraumakustik eines Fahrzeuges im Rechner zusimulieren. Ziel ist es jedoch, noch bevor ein ersterPrototyp gefertigt wird, zu untersuchen, wie sich dasFahrzeugdesign und die Materialauswahl auf den Ge-räuschpegel im Fahrzeug auswirken. Um die Simulationen auf eine solide Basis zu stellen, ist dieKenntnis der akustischen Materialparameter der ein-zelnen Bauteile und ihrer Verbindungen von ent-scheidender Bedeutung. Hier kommen die Ergebnisseder Mikrostruktursimulationen zum Einsatz. Doch mit einer realitätsnahen Abbildung der Fahzeug-akustik ist noch viel mehr zu erreichen. Mit dem Mo-dell lässt sich ein Optimierungsprozess verbinden, mitdem sich unter den gegebenen Randbedingungen op-timale Bauteile auswählen lassen.Für diesen neuen Weg wurden im ISTWIPP-Projektdie benötigten Werkzeuge entwickelt.

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Abb. Simulation des Schalldruckes in der Fahrgast-zelle gibt den Trend der gemessenen Werte wieder.

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Keine Experimente?

Simulationen können immer nur einen Teil der Realitätabbilden, was zu gewissen Modellierungsfehlernführt. Deshalb wird es auch in Zukunft immer nötigsein, vergleichende Messungen an Prototypen durch-zuführen. Durch die computergestützte Simulation lässt sich der Messaufwand aber erheblich reduzieren.Von den sortenreinen PET-Dachhimmeln wurden dreiverschiedene Varianten im Fahrzeug getestet, wasmit einem Zeitaufwand von mehreren Wochen ver-bunden war. Dieser Aufwand entsteht jedes Mal, wennweitere Dachhimmel-Prototypen getestet werden. Anders bei der akustischen Simulation: Die Erstellungund vor allem die Kalibrierung des Fahrzeugmodellserfordern zunächst einen erhöhten Arbeitsaufwand.Danach ist aber vor allem der Rechner beschäftigt. In dem ISTWIPP-Projekt wurden die Simulations-schritte soweit automatisiert, dass quasi „über Nacht“die Akustik von 500 Dachhimmelvarianten getestetwerden kann.

Optimierungspotenzial Dickenvariation und Schichtaufbau

Der Vergleich zwischen Serienhimmel und den PET-Prototypen zeigt, dass beide eine ähnliche akus-tische Wirksamkeit besitzen. Zu berücksichtigen isthierbei allerdings das Mehrgewicht der gemessenenPET-Himmel. Abhängig von der Frequenz ist einmalder Serienhimmel, dann das PET-Material besser ge-eignet, den Schalldruck im Innenraum zu reduzieren.Dieser Umstand ist so zu interpretieren, dass nebender akustischen Absorption, auf die der PET-Dach-himmel ausgelegt ist, auch der akustischen Dämmungeine nicht zu vernachlässigende Rolle zukommt.Etwas vereinfacht kann man sagen, dass die Däm-mung des Dachhimmels die Geräusche reduziert, dievon außen auf das Fahrzeugdach aufgebracht wer-den. Dies sind vor allem Geräusche durch den Fahrt-wind oder Regentropfen. Im Gegensatz dazu bewirktdie akustische Absorption eine Verringerung der Ge-räusche im Fahrzeuginnern, wie z.B. Motorengeräu-sche.Im Umkehrschluss ergibt sich daraus noch ein erheb-liches Optimierungspotenzial bei den PET-Dachhim-meln. Rein durch die Erhöhung der Bauteildicken(durch einen geringeren Verpressgrad bei gleich-bleibendem Gewicht) lässt sich die akustische Absorption deutlich erhöhen, was durch Messungenund Simulationen gezeigt wurde. Allerdings ergibt sichaus einer geringeren Verpressung eine Reduzierungder Biegesteifigkeit. Weiteres Potenzial wird er-schlossen, wenn man von dem einschichtigen Auf-bau der Prototypen zu Mehrschichtsystemen über-geht.Durch die Kombination von stark verpressten mithochporösen Bereichen ist es möglich, PET-Vliesesowohl akustisch absorbierend als auch akustischdämmend auszulegen.

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Abb. PET-Prototypen und Serienhimmel bewirken imMittel eine Reduzierung des Schalldruckpegels in derFahrgastzelle von etwa 3 dB(A).

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Das „beste“ Material auf Knopfdruck

Als Entwicklungsingenieur stehen Sie vor der Aufga-be, ein Bauteil zu entwickeln und ein entsprechendesMaterial auszuwählen, so dass dessen Gewicht, Preisund viele andere Eigenschaften die Anforderungenerfüllen. Wir haben uns gefragt, warum wir diese Ar-beit nicht schneller und zuverlässiger von ge-eigneter Software ausführen lassen und haben diesim ISTWIPP-Projekt tatsächlich möglich gemacht! Wenn z.B. die Firma Sandler AG heute eine Anfrageerhält, ob sie ein PET-Vlies liefern kann, das bei einerDicke von 6 mm bei 1250 Hz maximal schallabsor-bierend ist, dann genügt ein Knopfdruck, um die Fra-ge zu beantworten.Doch das im ISTWIPP-Projekt entwickelte Optimie-rungstool AdOpt kann noch mehr: Bei einer vorgege-benen Innenraumakustik wird das dafür am besten

geeignete Material ausgewählt, bei gleichzeitiger Be-rücksichtigung des Gewichts und der Bauraumhöhe.In dieser Form wird das Simulationstool bei Audi und Faurecia eingesetzt. Wichtig ist, dass damitein Simulations- und Optimierungstool zur Verfügungsteht, das über Firmengrenzen hinweg eingesetztwird. Dies hilft den Systempartnern, gezielter auf dieVorgaben der Hersteller zu reagieren und erlaubt denHerstellern, das Potenzial verschiedener Materialienschnell abzuschätzen.

Übertragbarkeit

Der neue Ansatz – ausgehend von der Mikrostruk-tur – die akustischen Bauteileigenschaften und dasZusammenspiel im Bauteilverbund vorauszusa-gen, lässt sich auf eine Vielzahl anderer Materia-lien, wie Naturfasern, Papiere, Schäume, offenpo-rige Keramiken, übertragen. Darüber hinaus kön-nen auch andere Auslegungsaspekte, wie Wär-meschutz, Filtereffizienz oder Stabilität rechner-gestützt simuliert werden, womit sich eine Über-tragbarkeit auf viele andere Branchen und Wirt-schaftszweige bietet.

„Durch rechnergestützte Simulation in einer frühenEntwicklungsphase eines Produktes ist es möglich, so-wohl umweltschutzrelevante als auch technische As-pekte, wie z.B. Materialauswahl, Recyclingfähigkeit,akustisches Verhalten etc., frühzeitig einfließen zu las-sen. Diese Methode erlaubt es, die Anzahl der zu erstellen-den Prototypen stark zu reduzieren und optimierte Bau-teile für die Erprobung herzustellen. Die Verkürzung der Erprobungsschritte bedingt eine Verringerung des Ressourcenverbrauchs und des Zeitaufwands.Das neue Simulationstool ist ein weiteres Element, um durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise dieoptimale technische Ausführung des Produkts mit einer gleichzeitigen Reduzierung des Ressourcen-verbrauchs zu gewährleisten.“

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Werkstoffanteile

Durchschnittliche Werkstoffanteile im PKW(Audi A3, in Gewichts-%)

Stahl und Eisen 57 %Sonstige Metalle 15 %Kunststoffe 14 %Betriebsstoffe 5 %Reifen 3 %Glas 2 %Prozesspolymere (Kleber, Lacke, etc.) 2 %Gummi 1 %Sonstige 1 %

Anwendungsbeispiel: SortenreineFormpressteile im Automobilbau

Die Anzahl der heutzutage im Automobilbau ver-wendeten Materialien ist extrem vielfältig. Um die fürjedes Bauteil unterschiedlichen Anforderungen zu er-füllen, werden in großem Umfang Verbundmaterialieneingesetzt. Ein Beispiel hierfür sind weit verbreiteteSeriendachhimmel, die vor allem aus Glasfasern undPU-Schaum, aber auch aus einer Reihe weiterer Materialien bestehen. Diese Seriendachhimmel wur-den im Laufe der Zeit im Hinblick auf Anforderungenim Gebrauch, z. B. Steifigkeit und Gewichtsreduzie-rung, kontinuierlich weiterentwickelt, so dass sie heu-te nur noch ein geringes Optimierungspotenzial besit-zen. Durch den Materialverbund ist kein geschlos-sener Wertstoffkreislauf möglich. Es besteht lediglichdie Möglichkeit eines Downcyclings, beispielsweisedurch den Einsatz der aufbereiteten Bauteile als Plattenware in der Gebäudeindustrie – was heutebereits erfolgt.

Dagegen lässt sich durch den Einsatz von sortenrei-nen Formpressteilen der Wertstoffkreislauf schließen.Anfallende Reststoffe (Fehlteile, Zuschnittsreste, etc.)können direkt wieder in den Produktionsprozess ein-gespeist werden.Eine genauere Analyse (z.B. eine Massenstoffbet-rachtung) der Vorteile der Einstofflichkeit wurde imProjekt nicht vorgenommen.

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Leichtbau im Fahrzeug:

Neben der Wiederverwertung muss bei dem Ein-satz neuer Werkstoffe für Formpressteile dasFahrzeuggewicht betrachtet werden. Von der Ge-samtenergie, die im Produktkreislauf eines Fahr-zeugs verbraucht wird, entfällt der überwiegendeTeil (etwa 85 %) auf den Fahrbetrieb. Insofern do-miniert der Treibstoffbedarf, der hauptsächlichdurch das Fahrzeuggewicht bestimmt ist, dieEnergiebilanz (siehe Abbildung). In modernenFahrzeugen beträgt der Kunststoffanteil nur etwa15 Gewichtsprozent. Im Sinne einer ganzheit-lichen Betrachtung ist beim Einsatz von rezy-kliertem Material die Gewichtzunahme nicht zuvernachlässigen.

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Verbundstoffe und sortenreineMaterialien in der Praxis

Der Werkstoff Polyester

Der Werkstoff Polyester ist seit einigen Jahren derKunststoff mit den größten Wachstumsraten. Grundfür diese überdurchschnittliche Zunahme ist zum einen die Substitution der Glas- durch die PET-Fla-sche. Zum anderen ist der Verbrauch im Faserbereichebenfalls gestiegen, der immer noch das größte Verbrauchssegment für PET darstellt.Ein zentrales Anliegen im ISTWIPP-Projekt war, einMaterial zu finden, das bereits in großem Umfang rezykliert wird, da der Aufbau neuer Kreisläufe zurWiederverwertung extrem kostenintensiv ist. Mit demPET-Flaschenkreislauf stellt sich dieses Problem jedoch nicht, da heute bereits eine flächendeckendeSammlung von Polyester durchgeführt wird.Neben der Möglichkeit des Recyclings bietet derWerkstoff Polyester weitere wichtige Eigenschaften,die gerade für die Automobilindustrie interessant sindund auch von den Automobilherstellern gefordert werden.Dazu zählt beispielsweise die für ein Fasermaterialhohe Steifigkeit und die Schwerentflammbarkeit(Klasse B1 nach DIN4102). Außerdem lässt sich PET zu ganz verschiedenen Strukturen, wie Vliese,Gewebe oder Membrane verarbeiten.Das Fogging, also die Menge von flüchtigen Bestand-teilen, und das Geruchsverhalten spielen in der Auto-mobilindustrie eine immer wichtiger werdende Rolle.Aufgrund der chemiefreien mechanischen und/oderthermischen Verfestigung des Vliesstoffes enthält dasMaterial nur geringe Anteile an Hilfsmitteln zur Ver-besserung der Gleiteigenschaften (Avivage), die beider Faserherstellung benötigt werden. Die Fogging-werte der PET-Materialien liegen bis zu 50% unter-halb der von der Automobilindustrie vorgeschrie-benen Sollwerte.

„Ein Ende der rasanten Entwicklungen um die PET-Produkte ist noch lange nicht in Sicht. Nach langjähri-ger Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist PET heut-zutage – auch aufgrund seiner vollständigen Recy-clingfähigkeit – einer der innovativsten und zukunfts-weisenden Werkstoffe für viele Bereiche.“ (Sandler AG)

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Übertragbarkeit

In dem Projekt ISTWIPP wurde der Dachhimmelals Anwendungsbeispiel für die Formteilentwick-lung aus sortenreinem Polyester (PET) gewählt.Durch seine große Fläche hat der Dachhimmel einen entscheidenden Einfluss auf die Akustik inder Fahrgastzelle. Gleichzeitig lässt sich das Kon-zept aber auf eine Vielzahl anderer akustisch ab-sorbierender Bauteile wie Hutablage, Stirnwand,Säulen-, Tür- oder Kofferraumverkleidung über-tragen.

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Begriffsbestimmung

Die Begriffe Verwertung und Recycling werden oft als Synonyme verwendet, was ihrer Definition nicht gerecht wird. Orientiertman sich an der Altfahrzeugrichtlinie, dannist Recycling nur eine Verwertungsmög-lichkeit, bei der eine Wiederaufarbeitung derAbfallmaterialien für den ursprünglichenZweck oder für andere Zwecke erfolgt. Hiervon ist die energetische Verwertungaber explizit ausgeschlossen. FolgendeUnterscheidung hat sich heute durchge-setzt:

– Werkstoffliches Recycling zu Regranu-laten oder Fertigprodukten/Mischkunst-stoffteilen.

– Rohstoffliches Recycling, bei dem der gebrauchte Kunststoff in seine Ausgangs-substanzen gespalten wird.

– Rohstoffliches Recycling, bei dem die gebrauchten Kunststoffe zur Substitution von Erdölprodukten dienen.

Sowohl die Zerlegung der Kunststoffe in ihre chemischen Bestandteile als auch dieSubstitution von Erdölprodukten wird alsrohstoffliches Recycling bezeichnet. Trotz-dem wird hier zwischen den beiden Fällenunterschieden, da nur der erste Fall einengeschlossenen Kreislauf erlaubt, der zweiteFall zu einem Aufbrauchen der Rohstoffeführt.

– Thermische (energetische) Verwertung, bei der die Kunststoffe zur Nutzung der Energie verbrannt werden.

Werkstoffliches Recycling von Kunststoffen im Automobilbau

Für die meisten Kunststoffe, insbesondere PET, existieren heute Verfahren, um aus den Altproduktenein granulares Recyclat herzustellen, aus dem direktneue Produkte hergestellt werden können. Inzwi-schen konnte das Verfahren für PET-Flaschen soweitoptimiert werden, dass ein „bottle-to-bottle“-Recyclingmöglich ist.Ein ähnlicher Kreislauf ist auch bei den Formteilenmöglich, die heute schon mit einem Anteil von 20%PET-Recyclat hergestellt werden können, wobei die-ser Anteil in den nächsten Jahren deutlich erhöht werden wird.Schließlich besteht die Möglichkeit eines so genann-ten „Downcyclings“ der Altkunststoffe mit Anwendun-gen in der Polstermöbelindustrie oder bei der Her-stellung von Dämm- und Bodenplatten. Dieses Down-cycling ist beispielsweise dann geboten, wenn die Reinigung des Recyclats mit einem unverhältnismä-ßig hohen Aufwand verbunden wäre.Eine zentrale Forderung zur Verwirklichung des werk-stofflichen Recyclings ist die sortenreine Erfassungder Kunststoffteile bzw. die Sicherstellung einer sortenreinen Trennung bei Kunststoffverbunden. Nurdie sortenreine Aufarbeitung gewährleistet eine hoheGüte des rezyklierten Materials. In einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Chemi-sche Technologie, die kürzlich vom Umweltbundes-amt veröffentlicht wurde, wurde gezeigt, dass daswerkstoffliche Verwertungspotenzial von Kunststoff-teilen aus Altfahrzeugen in Deutschland fast nicht genutzt wird. Im Rahmen der Studie wurde die De-montage von Stoßfängern, Kühlergrills und Radkap-pen untersucht und der Schluss gezogen, dass dieDemontage dieser Teile aus Altautos technisch un-problematisch ist, aber an den wirtschaftlichen Rah-menbedingungen scheitert. Die zusätzlichen Demon-tagekosten und Transportkosten (zum Verwerter) werden in der Regel nicht durch den Materialerlös gedeckt.Daher sollte die Schaffung wettbewerbsfähiger Stoff-ströme im Vordergrund stehen.

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Solange keine wettbewerbsfähigen Stoffströme fürsortenreine Kunststoffgranulate aus Altfahrzeugengeschaffen sind, wird die mechanische Aufbereitungder Nichtmetalle nach dem Schredder zur Erzeugungvon Materialfraktionen für ein rohstoffliches Recyclingeine entscheidende Technologie in der Verwertungs-kette darstellen.

Rohstoffliche Verfahren sind wertvolle Alternativen füralle Wirtschaftsbeteiligten in der Prozesskette desFahrzeugrecyclings, wenn unter ökologischen undökonomischen Gesichtspunkten ein werkstofflichesRecycling nicht sinnvoll umzusetzen ist.Zusammenfassend ist daher nochmals zu betonen,dass die Schaffung wettbewerbsfähiger Stoffströmeim Vordergrund stehen sollte.

Demontage der Kunststoffteile am Altfahrzeug

Bei der Altfahrzeugverwertung steht die Demontage in Konkurrenz zum Verbleib der Kunststoffteile im Altfahrzeug. Obwohl eine Demontage vor allem sor-tenreiner Kunststoffteile unter bestimmten Umstän-den ökologisch sinnvoll und technisch problemlosmöglich wäre, wird oft darauf verzichtet, da es keinenachgefragten Stoffströme gibt. Auch wenn die Ver-wertungspraxis der Altfahrzeuge heute noch andersaussieht, ist die Verwendung sortenreiner, demontier-barer Kunststoffteile eine wegweisende Entwicklung.Diese Bauteile machen es möglich, auf zukünftigerechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungenflexibel zu reagieren. Beispielsweise ist denkbar, dassin Zukunft eine Erfüllung der Recyclingquoten durchDemontage gefordert wird. Unternehmen, die dieseMöglichkeit vorausschauend in Betracht ziehen, gewinnen dadurch einen wichtigen Technologievor-sprung.

Rohstoffliches Recycling

Unter rohstofflichem Recycling versteht man sowohldie Zerlegung der Kunststoffe in ihre Grundkom-ponenten (chemisches Recycling) als auch deren Einsatz zur Substitution von Erdöl. Im Folgenden wirdjedoch zwischen den beiden Verfahren unterschie-den, da im ersten Falle – analog zum werkstofflichenRecycling – eine sortenreine Erfassung der Altkunst-stoffe nötig ist.Beim chemischen Recycling werden die Polyester-fasern, -filme oder Granulate zu einem PET-Monomerzurückgeführt. Die reinen Rohstoffe fließen dann direkt in die Neuproduktion von PET ein.Der Einsatz von Altkunststoff zur Substitution von Erdölprodukten erfordert keine Demontage bzw. ge-trennte Erfassung der Teile. Die Kunststoffteile ver-bleiben im Altfahrzeug und werden nach dem Schred-dern des Fahrzeugs in der so genannten Schredder-leichtfraktion abgetrennt. Je nach Einsatzgebiet sindunterschiedliche Veredelungen der Schredderfrak-tion notwendig. Beispielsweise können förderfähigeKunststoffgranulate, die durch Schwimmtrennung undanschließende Trocknung gewonnen werden, imHochofenprozess als Reduktionsmittel von Eisen-erzen eingesetzt werden. Weitere Anwendungen sinddie Klärschlammkonditionierung oder die Synthese-gaserzeugung.

Verwertungswege in der Praxis

Unter ökologischen und ökonomischen Gesichts-punkten muss in der Praxis betrachtet werden, wel-cher Recycling- und Verwertungsweg am sinnvollstenerscheint. Zudem sind hier die vom Gesetzgeber vor-gegebenen politischen Rahmenbedingungen sowieunterschiedliche Marktsituationen in den einzelnenEU-Mitgliedstaaten einzubeziehen. Voraussetzung fürdas werkstoffliche Recycling von Bauteilen ist jedoch,dass hinreichend große Absatzmärkte für die erzeug-ten Rezyklate vorhanden sind oder zukünftig unterwirtschaftlich und ökologisch vertretbaren Gesichts-punkten solche Märkte aufgebaut werden können.Wie in mehrfachen Studien belegt, ist dies für PET-Flaschen bereits der Fall.

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Prüfung Ergebnis PET-Himmel Prüfvorschrift

Gesamtgewicht

Steifigkeit

Luftdurchsatz

Emissionsprüfung

Klimawechseltest

Verfärbung Sonnenblende

Druckprüfung der Oberfläche

Montage

Demontage

Minimale Radien

Homogenität

Metallrahmen

Fusselbildung/-flug

Stanzkanten

Faltenbildung

Orangenhaut

Welligkeit

Haptik

Kosten

Brennverhalten

Mehrgewicht 600 g – entspricht einer30%-igen Erhöhung des Bauteilgewichts

Zu gering

Zu große Delamination

Druckstellen temporär sichtbar

Optimierung erforderlich

Zu große Schwankungen in der Materialdicke

Optimierung erforderlich

Partiell Faltenbildung

In stark verpressten Bereichenunruhige Oberfläche

In stark verpressten Bereichen partiell wellig

Softtouch nicht ausreichend

8 bis 15% teurer als Serienhimmel

Gemäß Lastenheft

Gemäß Lastenheft

PV 3942 u. PV 3943

Gemäß Lastenheft

Gemäß Lastenheft

Manuelle Druckprüfung

Gemäß Lastenheft

Gemäß Lastenheft

TL1010

PET-Dachhimmel

Zugunsten des nachhaltigen Umweltschutzes undeines geschlossenen Stoffkreislaufes ist es sinnvoll,im Automobilbau vermehrt Bauteile aus sortenrei-nen, rezyklierbaren Materialien einzusetzen. Des-halb besteht für die Entwicklung von Bauteilen beiAudi bereits eine Vorgabe, eine recyclingfreundlicheMaterialauswahl zu treffen. Neue Materialien stehenallerdings in direkter Konkurrenz zu Serienteilen, dieseit Jahren verwendet werden und auf bestimmteFunktionalitäten angepasst wurden.

Neben der Akustik gibt es eine ganze Reihe weiterertechnischer Anforderungen an das Bauteil Dachhim-mel. Im Rahmen des ISTWIPP-Projektes wurde derSchwerpunkt auf die Optimierung der akustischen Eigenschaften des Bauteils gelegt. Da es sich bei IPPjedoch um eine ganzheitliche Betrachtungsweise han-delt, wurden an den Prototypen die relevanten Para-meter ermittelt, um das Potenzial von sortenreinenPET-Formpressteilen abschätzen zu können.

Aus der Tabelle auf dieser Seite wird ersichtlich, dassdie hergestellten Prototypen im direkten Vergleich mit heutigen Serienhimmeln gemäß Bauteillastenheftbereits in mehreren Punkten den Anforderungen ge-nügen. Allerdings stand zur Herstellung der Prototy-pen aus PET nur ein seriennahes Entwicklungswerk-zeug zur Verfügung, das nicht optimal auf die Belange des Werkstoffes PET abgestimmt war. Diesdokumentiert sich teilweise auch in den Untersu-chungsergebnissen. Da die Dachhimmel unter Proto-typenbedingungen gefertigt wurden, konnte noch kei-ne Optimierung hinsichtlich der dekorativen und op-tischen Anforderungen durchgeführt werden. Die Bereitstellung von speziellen Verpresswerkzeu-gen für weitergehende Laborversuche war im Rah-men des Projektes aus Kostengründen nicht möglich.

Andere Prüfkriterien, wie Luftdurchsatz, Emissions-prüfung, Montage und Demontage sowie Brennprü-fung und die Ausbildung der Stanzkanten gaben keinen Anlass zur Kritik.Bei der Beurteilung der Steifigkeit sowie des Bauteil-gewichts wurden die Anforderungen des Lastenheftes

nicht erfüllt. Außerdem wurde eine partielle Welligkeitund Faltenbildung festgestellt. Weiterhin trat Delami-nation im Dekorbereich auf.

Darüber hinaus liegt der Bauteilpreis für einen PET-Dachhimmel heute zwischen 8 und 15% über dem Niveau eines vergleichbaren Serienhimmels. Zwarbietet der Rohstoff PET-Vlies durchaus Potenzial, denPreis annähernd auf heutiges Serienniveau zu sen-ken, hierfür sind aber entsprechend große Mengennotwendig.

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OptimierungspotenzialSchichtaufbau

Unter den Projektpartnern war die Bewertung derPET-Dachhimmel ambivalent, da nicht alle Anfor-derungen des Audi-Lastenheftes erfüllt werden konn-ten. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass fürdie prototypische Entwicklung der PET-Himmel nurein Zeitraum von etwa zwei Jahren zur Verfügungstand und dies im Vergleich zu Seriendachhimmeln,die seit Jahrzehnten kontinuierlich optimiert werden.

Was bleibt also für die Zukunft zu tun?

Ganz konkret lassen sich die Eigenschaften der PET-Dachhimmel durch Variation der Bauteildicke unterBerücksichtigung der Gewichtsvorgabe und vor allemdurch einen Schichtaufbau noch optimieren. HöhereSteifigkeiten lassen sich durch das Verwenden starkverpresster Schichten (die den Vorteil einer akusti-schen Dämmung mitbringen) erreichen. Entschei-dend ist, dass auf der Basis von PET solche Schicht-systeme auch sortenrein hergestellt werden können.

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Profitieren Sie von unserem Know-how

Die Prüfergebnisse der PET-Dachhimmel sind eine sehr gute Basis, um zu entscheiden, für welche Teile des Fahrzeuginnenraumes sortenrei-ne PET-Fasern als Ausgangsmaterial eingesetztwerden können. Das potenzielle Anwendungs-spektrum reicht von Kofferraumverkleidungen biszu Boden- und Stirnwandverkleidungen und hängtnatürlich von den jeweiligen Anforderungen ab, die an das Bauteil gestellt werden. Der Aufwand,Bauteile aus sortenreinen Materialien soweit zu optimieren, dass sie Verbundwerkstoffe ersetzenkönnen, darf jedoch nicht unterschätzt werden.

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Webserver

Das World Wide Web (www) besteht aus einer Client-Server-Architektur. Clients sindWebbrowser, die Anforderungen über dasInternet an erreichbare Webserver senden.Der Webserver sendet danach die ange-forderten Inhalte an den Browser, der diesemultimedialen Inhalte anzeigt.

Webtechnologie:Verteilt erarbeitet – zentral verfügbar

Im ISTWIPP-Projekt wurde konsequent von Beginnan auf das Internet als Kommunikationsmedium ge-setzt, da sich hiermit eine hohe Vernetzung aller Be-teiligten erreichen ließ. Alle Akteure können an jedemOrt und zu jeder Zeit auf die gemeinsame Datenbasiszugreifen und diese ergänzen.Als Kernpunkt wurde eine Materialdatenbank erstellt,die über das Internet erreichbar ist und in der sowohlMesswerte als auch Simulationsergebnisse zu-sammengefasst werden. Dies führte einerseits zu ei-ner deutlichen Arbeitsersparnis, da Messdaten nichtmehr aufwändig verschickt werden mussten, sondern direkt an zentraler Stelle abgelegt werden konnten.Andererseits wurde für alle direkt sichtbar, inwieweitMessung und Simulation bereits in Einklang gebrachtwerden konnten bzw. an welchen Stellen noch Kon-trollmessungen o.Ä. nötig waren.

Einsatz und Übertragbarkeitwebbasierter Kommunikation

Für Kommunikationsplattformen, die auf einer inter-netbasierten Client-Server-Architektur aufbauen, gibtes kaum eine Einschränkung in ihrem Anwendungs-bereich. Neben der oben beschriebenen zentralenDatenbank wurde die Infrastruktur zum sicheren Aus-tausch und zur zentralen Verwaltung von Dokumentengenutzt. Über den (öffentlich zugänglichen) Teil desWebservers erfolgte zeitnah eine Darstellung der Projektfortschritte für die interessierte Öffentlichkeit. In diesem Sinne unterstützt die Webtechnologie alledrei Handlungsprinzipien von IPP: Kommunikation,Kooperation und Integration.

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Messrechner

Simulationsrechner

Zugriffe über Internet

Zentrale Datenbank

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Profitieren Sie von unserem Know-how

Webserver-basierte Softwaretools haben den Vorteil, dass sie unabhängig von bereits bestehen-den internen Netzwerken genutzt werden können.Gleichzeitig gibt es diesem Bereich eine ganzeReihe anspruchsvoller open source Software, diealle notwendigen Ressourcen für verteiltes Arbei-ten zur Verfügung stellt. Dazu zählen auch Ver-schlüsselungsverfahren, die dafür sorgen, dasssensible Daten auf den vorgesehenen Nutzerkreisbeschränkt bleiben. Der offene Standard und dieweite Verbreitung tragen zur Zukunftsfähigkeit eigener Softwaretools bei.

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Innerhalb des Projektes wurde unter Berücksichtigungdes Recycling-Aspekts ein Bauteil entsprechend derEinstoffstrategie untersucht. Bei einer Umsetzung indie Praxis ist allerdings darauf zu achten, dass vor-handene Rahmenbedingungen, wie z.B. das Bemü-hen um Leichtbau, berücksichtigt werden. Denn in derNutzungsphase eines Automobils entstehen, bezo-gen auf den gesamten Lebenszyklus, die meistenUmweltauswirkungen, so dass der Gewichtsreduzie-rung ein hoher Stellenwert zukommt.

Der Einsatz der Simulationsmethodik sichert auch inder Zukunft die Berücksichtigung der Leitprinzipienvon IPP bei Entwicklungsprojekten. Es fördert im Sinne eines Supply Chain Managements die Zu-sammenarbeit zwischen Entwicklern, Lieferanten undRohstoffherstellern. So ist sichergestellt, dass durchdie verstärkte Einbindung der Vorkette in den Pla-nungsablauf ein geregelter Austausch von Daten un-ter den Beteiligten stattfindet.

Bei diesem Projekt wurde darauf geachtet, die Über-tragbarkeit der Methode auf andere Bauteile zu ge-währleisten, wobei sie in erster Linie für Innenraum-bauteile eines Automobils entwickelt wurde. Denn gerade das Interieur eines Fahrzeugs trägt ent-scheidend zum Wohlbefinden des Fahrers und derübrigen Insassen bei und ermöglicht somit ein nochentspannteres und sichereres Fahren. Ein Vorteil fürden Kunden.

Audi wird in Zukunft dieses Simulationstool in die vorhandene EDV-Systemlandschaft integrieren.

AUDI AG

H. AdickesLeiter Entwicklung Innenausstattung

Dr. D. AchatzUmweltschutzbeauftragter

Perspektiven

Im Rahmen der Integrierten Produktentwicklung stehtder ganzheitliche Ansatz, d.h. eine Betrachtung desProdukts „von der Wiege bis zur Bahre“, im Vorder-grund.

Wir bei Audi haben uns in unserer Umweltpolitik derganzheitlichen Betrachtung von Umweltauswirkungenverpflichtet. Forschung und Entwicklung sind Be-standteil unserer Umweltphilosophie, in welcher wiruns dazu bekennen, für unsere Produkte ökologischeffiziente Prozesse und Konzepte zu entwickeln. Diekontinuierliche Verbesserung des Umweltschutzesbei allen Prozessabläufen ist bei uns von großer Be-deutung. Hierzu haben wir ein zertifiziertes Umwelt-managementsystem installiert, welches dafür sorgt,dass in allen Produktentstehungsprozessen das The-ma Umweltschutz in die Entscheidungsfindung miteinbezogen wird. Denn hier werden die Weichen fürdie späteren Eigenschaften des Produktes gestellt.

Mit dem Projekt ISTWIPP wurden diese Gedankenumgesetzt. Durch rechnergestützte Simulation in einer frühen Entwicklungsphase eines Produktes istes möglich, sowohl umweltschutzrelevante als auchtechnische Aspekte, wie z.B. Materialauswahl, Re-cyclingfähigkeit, akustisches Verhalten etc., frühzeitigeinfließen zu lassen. Diese Methode erlaubt es, dieAnzahl der zu erstellenden Prototypen stark zu redu-zieren und optimierte Bauteile für die Erprobung her-zustellen. Die Verkürzung der Erprobungsschritte be-dingt eine Verringerung des Ressourcenverbrauchsund des Zeitaufwands.Das neue Simulationstool ist ein weiteres Element, um durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise dieoptimale technische Ausführung des Produkts mit ei-ner gleichzeitigen Reduzierung des Ressourcenver-brauchs zu gewährleisten.

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Perspektiven

Neue Lösungen zu erarbeiten und dabei eingefah-rene Wege zu verlassen, dies gehört seit Jahren zurUnternehmensphilosophie von Sandler. Auch dieAutomobilindustrie ist einem stetigen Wandel unter-worfen. Neue und weiterentwickelte Verfahren undRohstoffe ermöglichen es, technische Vliesstoffe zurealisieren, die mit ihren Eigenschaften in Bereichevorstoßen, die bisher klassischen Produkten vorbe-halten waren. IPP konkretisiert das Konzept dieserEntwicklung.Produktentwicklungen kommen nicht von ungefähr.Genaue Kenntnisse über die Anforderungen derMärkte sind Voraussetzung dafür, gezielt neue Pro-dukte mit definierten Eigenschaften zu entwickeln.Hier werden in enger Zusammenarbeit mit den Origi-nal Equipment Manufacturers (OEM) und den Sys-temlieferanten die Anforderungen der zukünftigenSysteme ermittelt und als neue Entwicklungsheraus-forderung in Angriff genommen.

Wichtig für die Zukunft wird eine marktorientierte Anwendungstechnik, die sich aus eigener Grundla-genentwicklung und gezielter Kundenprojektarbeit zusammensetzen muss. Permanenter Abgleich die-ser beiden Prozesse wird letztendlich das optimale Ergebnis unterstützen.

Nachhaltiges Handeln, ein wichtiger Faktor des IPP-Gedankens, ist seit Jahren fester Bestandteil derUnternehmensphilosophie des Hauses Sandler. Auseben diesem Grund hat Sandler als eines der erstenUnternehmen europaweit die Zertifizierung nach demUmwelt-Management-System EN ISO 14001 vorge-nommen.

Die entwickelte Simulation wird zum ergänzendenWerkzeug der Produktentwicklung werden. Bereitsheute ist absehbar, dass mit diesem Instrument eineschnellere Projektarbeit möglich wird. Dies ist ange-sichts der sich stetig verkürzenden Produktlebens-zyklen ein grundlegender Erfolgsfaktor für die Partnerin der Wertschöpfungskette.Letztendlich ermöglicht die effizientere Entwicklungs-arbeit den gezielten Einsatz von Rohstoffen undschont damit nachhaltig die natürlichen Ressourcen.

Dr. Christian Heinrich Sandler,Vorstand der Sandler AG

Sandler ist einer der führenden Hersteller von Vlies-stoffen weltweit. Neben den seit Jahren bestens ein-geführten Produkten für die Möbel- und Bekleidungs-industrie sowie einer Vielzahl an Lösungen für die Damen- und Baby-Hygiene konzentriert sich Sandlerauf die Entwicklung und Herstellung von technischenVliesstoffen.Hier werden neben hochwertigen Luftfiltermedienleichtgewichtige Lösungen für akustische Problem-stellungen im Automobil entwickelt. Im Bereich derAutomobil-Innenverkleidungsteile fertigt Sandler Ma-terialien, welche die Eigenschaften der Teile unter-stützen und verbessern.Im Serienanlauf befindet sich eine langjährige Ent-wicklung – PET-Vliesstoffe zur Herstellung von selbst-tragenden Innenverkleidungsteilen, ein Beispiel fürdie konsequente, langfristig ausgelegte Produkt-strategie des Hauses Sandler.

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tionseigenschaften und ihrer Auswirkung auf die Fahr-zeugakustik. Weiterhin werden die Möglichkeiten ei-ner kontinuierlichen Entwicklung und Optimierung derMaterial- und Bauteileigenschaften im komplettenEntwicklungszeitraum genutzt.

Der Einsatz der Simulationswerkzeuge führt demzu-folge zu einer Verringerung des Messaufwandes undso zu einer Zeit-, Kosten- und Energieeinsparung.

Die Anwendung der Entwicklungswerkzeuge ist ge-nerell übertragbar auf andere Bauteile im Fahrzeug-innenraum, wie Säulenverkleidung, Teppich, Motor-raumabsorber oder Kofferraumseitenverkleidung, undkann so für die Entwicklung des gesamten FaureciaAkustik-Paketes gemäß den Kundenanforderungeneingesetzt werden.

Ludovic Dejaeger, Lars BischoffFaurecia

Faurecia ist mit über 50.000 Mitarbeitern an 150 Standorten in 27 Ländern weltweit einer der füh-renden Systemlieferanten für die Automobil-industrie in den Bereichen Sitz, Instrumententafel undCockpit, Tür, Front-End, Abgassysteme und Akustik.

Im Bereich Akustik verfügt Faurecia über eine Reihevon Produkten, die nicht nur die Akustik in der Fahr-gastzelle beeinflussen, sondern auch das Fahrzeug-innere optisch aufwerten. Hierzu gehören zum Bei-spiel Teppichböden, Bodenmatten, Hutablagen undKofferraumverkleidungen.

Faurecia verfügt über zwei Forschungs- und sechsEntwicklungszentren in Deutschland und Frankreich.In den beiden Forschungszentren in Mouzon, Frank-reich, und Sassenburg, Deutschland, verfügt manüber Rollenprüfstände im Halbfreifeldraum, gekop-pelte Hallräume bis hin zu laborakustischen Mess-Einrichtungen sowie über weitreichende Erfahrungenin den Bereichen Simulation, Fahrzeug-, Labor- undPsychoakustik.

Perspektiven

Die Erfüllung gestiegener Anforderungen an Fahr-zeuginnenverkleidungen sowie die kürzer werdendenEntwicklungszeiten erfordern eine enge Zusammen-arbeit mit den OEMs, Vliesstoffherstellern und For-schungsinstituten sowie den Einsatz moderner Simu-lationstechniken, um neue innovative Lösungen zuerarbeiten.

Die im Rahmen des ISTWIPP-Projektes entwickeltenSimulationswerkzeuge erlauben eine optimierte Ent-wicklung von akustisch wirksamen Materialien undBauteilen für den Automobilinnenraum unter Berück-sichtigung IPP-gerechten Handelns.Diese Werkzeuge stellen den Zusammenhang zwi-schen der Materialmikrostruktur, laborakustischenMaterialparametern und dem Einfluss von Bauteilenauf die Akustik im Fahrzeuginnenraum dar.Es ist nun möglich, durch detaillierte rechnerische Optimierung der Materialmikrostruktur die Absorp-tionseigenschaften von Vliesmaterialien zu erhöhen.Die Verknüpfung der erstellten Datenbank laborakus-tischer Parameter mit der Fahrzeugakustik über dieentwickelte SEA-Schnittstelle erlaubt zum einen einekostengünstige, mit geringem Zeitaufwand durchführ-bare Bewertung verschiedener Materialien. Zum an-deren erfolgt nach Vorgabe akustischer Sollwerte imFahrzeugmodell eine optimierte, anwendungsnaheAuswahl reeller Materialien.

Die erstellten Werkzeuge ergänzen bereits bestehen-de Simulationstechniken durch die Möglichkeit zur automatisierten Materialauswahl sowie durch die Be-rücksichtigung der Materialmikrostruktur.Sie werden zukünftig in den Bereichen Vorentwick-lung und Entwicklung eingesetzt. Sie ermöglichen eine zeit- und kostengünstige Beurteilung und Vor-hersage neuer Materialien hinsichtlich der Absorp-

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Perspektiven

Im ISTWIPP-Projekt hat das Fraunhofer ITWM be-wiesen, wie forschungsintensive, innovative Simula-tionstechniken unter Berücksichtigung der IPP-Hand-lungsprinzipien „Kommunikation“, „Kooperation“ und„Integration“ zum Kern neuer technologischer Instru-mente werden, die mittlerweile bei der Produktent-wicklung für den Automobilinnenraum eingesetzt werden. Es ist gelungen, durch die Entwicklung undden Einsatz neuer Simulationstechniken wie derMikrostruktursimulation und deren Kopplung mit derSimulation der Akustik im Automobilinnenraum diekomplette Material- und Bauteilentwicklung hinsicht-lich der akustischen Anforderungen schon in der Ent-wicklungsphase eines Automobils zu simulieren undzu optimieren. Damit sind kürzere Entwicklungszeitenvon Formpressteilen mit wesentlich weniger Test-serien möglich; dadurch sinken Materialverbrauchund Kosten, während gleichzeitig die Qualität des Produktes steigt. Die von Beginn an ganzheitliche Betrachtungsweise ermöglicht im Optimierungspro-zess neben der Berücksichtigung weiterer technischerQualitätsmerkmale wie beispielsweise der mechani-schen Stabilität, der Haptik und der Optik auch die Bewertung wirtschaftlicher, ökologischer und gesell-schaftlicher Aspekte.Das Projekt zeigt beispielhaft, wie rechnergestützteSimulationen neue Produktentwicklungen im Auto-mobilbau unter IPP-Aspekten wirtschaftlich erfolg-reich und ökologisch verträglich beschleunigen kön-nen.

Dr. Konrad SteinerFraunhofer ITWM

Am Fraunhofer ITWM befasst sich ein Team von nahezu 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-lern – vorwiegend Mathematiker, aber auch Informa-tiker, Physiker und Ingenieure – mit Forschungs- und Anwenderproblemen mit besonderem Fokus aufmittelständische Unternehmen. Sie erstellen Compu-tersimulationen technischer Vorgänge, denn diesesind zum unverzichtbaren Werkzeug geworden beider Gestaltung und Optimierung von Produkten,Dienstleistungen, Kommunikations- und Arbeitspro-zessen.Das Angebot des ITWM reicht von Softwarekom-ponenten über Beratung und Support bis hin zu Systemlösungen. Das ITWM nutzt nicht nur Simula-tionssoftware, sondern entwickelt sie selbst, oft in Zu-sammenarbeit mit führenden Softwarefirmen. UnserZiel ist es, Software-Anwendungen für unsere Kundenkomfortabel nutzbar zu machen und maßgeschnei-derte Lösungen zu finden.

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Die Partner

AUDI AGFrau Beatrix RiedelI/EK-3685045 IngolstadtTel. +49 (0)8 41 89-4 11 01Fax +49 (0)8 41 89-3 78 [email protected]://www.audi.com

Sandler AGHerr Klaus TrögerLamitzmühle 195126 Schwarzenbach/SaaleTel. +49 (0)92 84-60-118Fax +49 (0)92 84-60-2 [email protected]://www.sandler.de

FaureciaCAT-Centre of Acoustic TechnologyDr. Udo BeckerDämmstoffwerk 10038524 SassenburgTel. +49 (0)53 71-7 24-3 92Fax +49 (0)53 71-7 24-4 [email protected]

Fraunhofer Institut für Techno- und WirtschaftsmathematikDr. Konrad SteinerGottlieb-Daimler-Straße, Geb. 4967633 KaiserslauternTel. +49 (0)6 31/3 03-18 20Fax +49 (0)6 31/3 03-18 [email protected] http://www.itwm.fhg.de

Gestaltung

Werbeagentur Schultze, Walther und Zahel GmbH

www.swz.de

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