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Seite Ist unser Schulsystem zu teuer? ........................................ 1, 2 Gedanken zur PISA-Studie ................................................... 2 Verwaltungsreform (Rede Bundeskanzler Dr. Schüssel) . 3, 4 Konsolidierung im Public Management ............................... 4 „Privates“ Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst? ................... 5 Leistungsspektrum der Finanzprokuratur .............................. 6 Sozialversicherungsrecht im Internet ............................... 7, 8 BH Neusiedl: Der Kunde ist König ...................................... 9 Rechtsprechung zur Verwaltungsführung .......................... 10 Gemeinsame Beitrags- und Abgabenprüfung ..................... 11 Projektprogramm eFinanz – FINANZOnline 2003 ............ 12 Editorial ................................................................................. 2 Historische Glosse: Franz Werfel .......................................... 8 Moderne Literatur zur Verwaltung: Ludwig Eschmann ...... 11 Impressum.............................................................................. 2 Inhalt Die nächste Ausgabe erscheint am 3. Juni 2003. HTTP://VERWALTUNGINNOVATIV.WIENERZEITUNG.AT DIENSTAG, 8. APRIL 2003 Bildungssysteme im internationalen Vergleich – Österreich im oberen Drittel – bei den Leistungen und Kosten Mit 6,4 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt für Bildungs- ausgaben liegt Österreich im Spitzenfeld aller OECD-Staaten. Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft, deshalb muss im Interesse der Steuerzahler das Bildungssys- tem in seiner Effizienz sowohl bei den Kosten als auch in den Inhalten laufend überprüft werden. Ist unser Schulsystem zu teuer? mehr als Erwachsene; interna- tionale Vergleiche zeigen: Quantität bedeutet nicht Quali- tät. Bei der Beurteilung der Effi- zienz unseres Schulsystems so- wohl in finanzieller Hinsicht als auch in der Bewertung des Outputs spielt die Belastung der Schülerinnen und Schüler eine wesentliche Rolle. Fortsetzung auf Seite 2 – viele zusätz- liche Lehrer- leistungen (Lehrerverwal- tungsarbeiten, Schulleiterab- schlagstunden etc.) von eige- nem Verwal- tungspersonal durchgeführt werden. (Diese Kostenstelle ist oft nicht dem Bildungsmi- nisterium zu- geordnet und das Schüler- Lehrer-Ver- hältnis stellt sich dadurch günstiger dar) Privatschu- len tatsächlich gänzlich privat ohne staatliche Subvention ge- führt werden. In Österreich werden 90 Pro- zent der Ge- samtkosten durch die Lehrerrefun- dierung vom Bund getragen. Privatschulen österrei- chischer Prä- gung mit staat- licher Bezah- lung kennt man im Aus- land nicht. Leistungen des österreichischen Schulwesens Neben der PISA-Studie wur- den Österreichs öffentliche Schulen von Managern für die weltweit besten gehalten. Das geht aus dem „Global Compe- titiveness Report“ des Welt- wirtschaftsforums hervor. Für die Untersuchung wurde neben den allgemeinen Wirtschafts- daten die Meinung von rund 4.800 internationalen Füh- rungskräften erhoben. Mit Österreich gleichauf auf Rang 1 liegt Finnland, gefolgt von Belgien, der Schweiz und Island. (siehe Tabelle Seite 2) Österreich ist speziell auch bei der Fachkräfteebene stark. Be- rufliche Bildung ist hier mit Persönlichkeitsbildung verbun- den, das unterscheidet Öster- reich vom Rest der Welt. In Amerika beispielsweise gibt es 20 Prozent Höchstqualifi- zierte, während der Rest we- sentlich schlechter ausgebildet ist. In Österreich dagegen er- halten 85 Prozent eine ausge- Mit PISA beteiligt sich Öster- reich an einem internationalen Leistungsvergleich der Bil- dungssysteme und stellt sich dem Vergleich der Leistungs- standards in den Kulturtechni- ken Lesekompetenz, Mathema- tik und Naturwissenschaften bei den 15 bis 16-Jährigen in allen OECD-Staaten. Die österreichischen Schülerin- nen und Schüler befinden sich in ihren Leistungen durchaus im oberen Spitzenfeld. Trotz- dem darf hinterfragt werden, ob bei den Investitionen ein angemessenes „Preis-Leis- tungs-Verhältnis“ vorhanden ist. In diesem Zusammenhang soll- ten auch die Ausgaben je Schü- lerinnen und Schüler im inter- nationalen Vergleich näher un- tersucht werden. In der OECD- Studie „Education at a Glance“ werden die durchschnittlichen Kosten pro Schüler (Rohdaten aus dem Jahr 1999) mit 8.504 US-Dollar angegeben. Dieser überraschend hohe Betrag er- gibt sich bei näherer Betrach- tung aus der Tatsache, dass in den Personalkosten eine Pensi- zeichnete Erstausbildung. Das Ausbildungsniveau ist nicht zuletzt eine wichtige Standort- entscheidung für Betriebsan- siedlungen. Steigende Auslandsinvestitio- nen in Österreich sind vor al- lem auf die Qualität der Mitar- beiter zurückzuführen. In diesem Zusammenhang soll noch auf die Senkung der Quo- te der Schüler ohne Weiterbil- dung nach der Pflichtschulzeit von 19,2 Prozent im Jahre 1970 auf derzeit ca. 2,9 Pro- zent hingewiesen werden. Österreich hat im Vergleich mit den anderen EU-Staaten auch einer der geringsten Ju- gendarbeitslosigkeitsraten im Altersbereich der 15- bis 19-Jährigen. Schüler/innen arbeiten mehr als Erwachsene Studien zeigen: Schülerinnen und Schüler arbeiten derzeit onstangente miteinberechnet wurde. Die OECD-Staaten ha- ben allerdings sehr differen- zierte und unterschiedliche Pensionssysteme. Daher hinkt der Vergleich gewaltig, da in vielen Ländern Pensionsleis- tungen in dieser Form über- haupt nicht anfallen. Kosten des österreichischen Schulsystems Die Ausgaben je SchülerIn konnten in den vergangenen Jahren stabilisiert und in man- chen Bereichen sogar gesenkt werden. Als Beispiel sollen die teuersten Schülerinnen und Schüler abgebildet werden, die der Sekundarstufe II (15 bis 19-Jährige). Aus der untenstehenden Tabel- le ist zu entnehmen, dass die Ausgaben weit unter den in der OECD genannten Zahlen lie- gen, d.h. der Vorwurf „das ös- terreichische Schulwesen ist ei- nes der teuersten der Welt“ ist sicherlich nicht gerechtfertigt. Weiters sind internationale Kostenvergleiche auch deshalb problematisch, da in anderen Staaten Von Wolfgang Stelzmüller Ausgaben je SchülerIn (darin sind alle Ausgaben enthalten, d. h. inkl. Lehrergehäl- ter, Gebäudeinstandhaltung usw.) und Jahr im bm:bwk in EUR AHS: Allgemein bildende höhere Schulen, HLW: Höhere Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe, HTL: Höhere technische Lehranstalten, HAK/HAS: Handelsakademien und -schulen Quelle: Leistungskennzahlenbericht des BMöLS 1997 1998 1999 2000 2001 Veränderung 00-01 in % AHS 4.996 5.156 5.293 5.405 5.393 –0,22 HTL 7.045 7.142 7.176 7.112 6.886 –3,18 HLW 5.566 5.735 5.876 5.918 5.973 +0,93 HAK/HAS 5.042 5.286 5.380 5.464 5.391 –1,34 im Schnitt 5.411 5.582 5.702 5.777 5.728 –0,85

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Seite

Ist unser Schulsystem zu teuer? ........................................ 1, 2

Gedanken zur PISA-Studie ................................................... 2

Verwaltungsreform (Rede Bundeskanzler Dr. Schüssel) . 3, 4

Konsolidierung im Public Management ............................... 4

„Privates“ Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst? ................... 5

Leistungsspektrum der Finanzprokuratur .............................. 6

Sozialversicherungsrecht im Internet ............................... 7, 8

BH Neusiedl: Der Kunde ist König ...................................... 9

Rechtsprechung zur Verwaltungsführung .......................... 10

Gemeinsame Beitrags- und Abgabenprüfung ..................... 11

Projektprogramm eFinanz – FINANZOnline 2003 ............ 12

Editorial ................................................................................. 2

Historische Glosse: Franz Werfel .......................................... 8

Moderne Literatur zur Verwaltung: Ludwig Eschmann ...... 11

Impressum.............................................................................. 2

Inhalt

Die nächste Ausgabe erscheint am 3. Juni 2003.

HTTP://VERWALTUNGINNOVATIV.WIENERZEITUNG.AT DIENSTAG, 8. APRIL 2003

Bildungssysteme im internationalen Vergleich – Österreich im oberen Drittel – bei den Leistungen und Kosten

Mit 6,4 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt für Bildungs-ausgaben liegt Österreich im Spitzenfeld aller OECD-Staaten.Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft,deshalb muss im Interesse der Steuerzahler das Bildungssys-tem in seiner Effizienz sowohl bei den Kosten als auch in denInhalten laufend überprüft werden.

Ist unser Schulsystem zu teuer?

mehr als Erwachsene; interna-tionale Vergleiche zeigen:Quantität bedeutet nicht Quali-tät.

Bei der Beurteilung der Effi-zienz unseres Schulsystems so-wohl in finanzieller Hinsichtals auch in der Bewertung desOutputs spielt die Belastungder Schülerinnen und Schülereine wesentliche Rolle.

Fortsetzung auf Seite 2

– viele zusätz-liche Lehrer-leistungen(Lehrerverwal-tungsarbeiten,Schulleiterab-schlagstundenetc.) von eige-nem Verwal-tungspersonaldurchgeführtwerden. (DieseKostenstelle istoft nicht demBildungsmi-nisterium zu-geordnet unddas Schüler-Lehrer-Ver-hältnis stelltsich dadurchgünstiger dar)

– Privatschu-len tatsächlichgänzlich privatohne staatlicheSubvention ge-führt werden.In Österreichwerden 90 Pro-zent der Ge-samtkostendurch dieLehrerrefun-dierung vomBund getragen.Privatschulenösterrei-chischer Prä-gung mit staat-licher Bezah-lung kenntman im Aus-land nicht.

Leistungen des österreichischen SchulwesensNeben der PISA-Studie wur-den Österreichs öffentlicheSchulen von Managern für dieweltweit besten gehalten. Dasgeht aus dem „Global Compe-titiveness Report“ des Welt-wirtschaftsforums hervor. Fürdie Untersuchung wurde nebenden allgemeinen Wirtschafts-daten die Meinung von rund4.800 internationalen Füh-rungskräften erhoben.

Mit Österreich gleichauf aufRang 1 liegt Finnland, gefolgtvon Belgien, der Schweiz undIsland. (siehe Tabelle Seite 2)

Österreich ist speziell auch beider Fachkräfteebene stark. Be-rufliche Bildung ist hier mitPersönlichkeitsbildung verbun-den, das unterscheidet Öster-reich vom Rest der Welt.

In Amerika beispielsweise gibtes 20 Prozent Höchstqualifi-zierte, während der Rest we-sentlich schlechter ausgebildetist. In Österreich dagegen er-halten 85 Prozent eine ausge-

Mit PISA beteiligt sich Öster-reich an einem internationalenLeistungsvergleich der Bil-dungssysteme und stellt sichdem Vergleich der Leistungs-standards in den Kulturtechni-ken Lesekompetenz, Mathema-tik und Naturwissenschaftenbei den 15 bis 16-Jährigen inallen OECD-Staaten.

Die österreichischen Schülerin-nen und Schüler befinden sichin ihren Leistungen durchausim oberen Spitzenfeld. Trotz-dem darf hinterfragt werden,ob bei den Investitionen einangemessenes „Preis-Leis-tungs-Verhältnis“ vorhandenist.

In diesem Zusammenhang soll-ten auch die Ausgaben je Schü-lerinnen und Schüler im inter-nationalen Vergleich näher un-tersucht werden. In der OECD-Studie „Education at a Glance“werden die durchschnittlichenKosten pro Schüler (Rohdatenaus dem Jahr 1999) mit 8.504US-Dollar angegeben. Dieserüberraschend hohe Betrag er-gibt sich bei näherer Betrach-tung aus der Tatsache, dass inden Personalkosten eine Pensi-

zeichnete Erstausbildung. DasAusbildungsniveau ist nichtzuletzt eine wichtige Standort-entscheidung für Betriebsan-siedlungen.

Steigende Auslandsinvestitio-nen in Österreich sind vor al-lem auf die Qualität der Mitar-beiter zurückzuführen.

In diesem Zusammenhang sollnoch auf die Senkung der Quo-te der Schüler ohne Weiterbil-dung nach der Pflichtschulzeit

von 19,2 Prozent im Jahre1970 auf derzeit ca. 2,9 Pro-zent hingewiesen werden.

Österreich hat im Vergleichmit den anderen EU-Staatenauch einer der geringsten Ju-gendarbeitslosigkeitsraten imAltersbereich der 15- bis19-Jährigen.

Schüler/innen arbeiten mehr als ErwachseneStudien zeigen: Schülerinnenund Schüler arbeiten derzeit

onstangente miteinberechnetwurde. Die OECD-Staaten ha-ben allerdings sehr differen-zierte und unterschiedlichePensionssysteme. Daher hinktder Vergleich gewaltig, da invielen Ländern Pensionsleis-tungen in dieser Form über-haupt nicht anfallen.

Kosten des österreichischenSchulsystemsDie Ausgaben je SchülerInkonnten in den vergangenenJahren stabilisiert und in man-chen Bereichen sogar gesenktwerden. Als Beispiel sollen dieteuersten Schülerinnen undSchüler abgebildet werden, dieder Sekundarstufe II (15 bis19-Jährige).

Aus der untenstehenden Tabel-le ist zu entnehmen, dass dieAusgaben weit unter den in derOECD genannten Zahlen lie-gen, d.h. der Vorwurf „das ös-terreichische Schulwesen ist ei-nes der teuersten der Welt“ istsicherlich nicht gerechtfertigt.

Weiters sind internationaleKostenvergleiche auch deshalbproblematisch, da in anderenStaaten

Von Wolfgang Stelzmüller

Ausgaben je SchülerIn (darin sind alle Ausgaben enthalten, d. h. inkl. Lehrergehäl-ter, Gebäudeinstandhaltung usw.) und Jahr im bm:bwk in EUR

AHS: Allgemein bildende höhere Schulen, HLW: Höhere Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe, HTL: Höhere technische Lehranstalten, HAK/HAS: Handelsakademien und -schulen

Quelle: Leistungskennzahlenbericht des BMöLS

1997 1998 1999 2000 2001 Veränderung 00-01in %

AHS 4.996 5.156 5.293 5.405 5.393 –0,22HTL 7.045 7.142 7.176 7.112 6.886 –3,18HLW 5.566 5.735 5.876 5.918 5.973 +0,93HAK/HAS 5.042 5.286 5.380 5.464 5.391 –1,34im Schnitt 5.411 5.582 5.702 5.777 5.728 –0,85

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

2 P I S A-STU D I E

erheißungsvolles undgleichzeitig Altbekanntes

tritt dem nimmer müden Verwal-tungserneurer im Regierungspro-gramm 2003 bis 2006 unter denKapiteln Verwaltungsreform undDienstrecht gegenüber. Währendin den Sachmaterien wenig vonAufgabenbereinigung zu spürenist fällt natürlich der Einsparungs-auftrag von 10.000 Stellen unddie Überstundenreduktion von 8%auf. Neben dem Reformklassiker„Neustrukturierung der Wetter-dienste“ ist auch das Bekenntniszur Einführung von Globalbud-gets vorhanden, von denen imRahmen der Budgeterstellung für die Budgets 2003 und 2004 nochherzlich wenig zu merken ist. Die Zusammenführung von Ergebnis-und Ressourcenverantwortung scheitert bei näherer Betrachtung janicht unbedingt an der Herrschsucht des Finanzministers oder desnunmehr für Personalangelegenheiten zuständig werdenden Bundes-kanzlers, sondern aus den wohl gehüteten Machtsphären der ministe-riellen Einheiten, die nach dem Motto „divide et impera“ durch einemöglichst komplizierte Aufteilung von fach- und dienstaufsichtlichenAgenden die operativen Dienststellen mit einer umständlichen Ver-wirrtaktik zu führen belieben. Wie sonst wäre es erklärlich, dass vondem Angebot der Flexiklauselbewirtschaftung für operative Einhei-ten so herzlich wenig Gebrauch gemacht wird. Aus seiner neuen Zu-ständigkeit für die Personalführung des Bundes und die Weiterent-wicklung der Verwaltung stellt Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüs-sel in unserer Beilage seine sehr prägnante und richtungsweisendeGrundsatzposition dar.

Die Pensionsreform für den öffentlichen Dienst, für die der Bundwieder die Vorreiterrolle übernimmt, in der ihm wie üblich nur weni-ge Gebietskörperschaften folgen werden, wirft wieder die Gegen-überstellung der Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme auf. Derösterreichische Weg ist hier der Weg des langen Leidens, seit 1994werden die öffentlichen Pensionssysteme an die der gesetzlichenPensionsversicherung angeglichen. Der Weg und die Instrumente da-zu waren lange bekannt, allerdings nicht durchsetzbar. Vielleicht istdas Jahr 2003 das Jahr der wirklichen „Harmonisierung“ und des En-des einer qualvollen Debatte.

Das Liberalisierungsabkommen für den Dienstleistungssektor GATShat die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst zum Anlass für eine sehrinformative und objektive Diskussion in den Räumlichkeiten des Par-laments genommen. Die Ängste vor einer Öffnung der öffentlichenDienste gegenüber dem Wettbewerb mit privaten Anbietern warenspürbar. Die Zeit der Verfestigung öffentlicher Dienstleistungsmono-pole durch gesetzliche Schranken und Verbote ist allerdings vorbei.Die zukunftsträchtige Antwort der Anbieter öffentlicher Dienstleis-tungen kann nur in der Konkurrenzfähigkeit liegen, sowohl was dentransparenten Kostennachweis, als auch die Qualität der erbrachtenLeistungen betrifft. Auch sollte der österreichische Weg überdachtwerden, Leistungen von privaten Anbietern zwar erbringen zu lassen,dies jedoch mit ausgeliehenem Personal, den sogenannten „lebendenSubventionen“. Etwa 6.000 öffentlich bedienstete Lehrer arbeiten anprivat geführten Schulen, eine Art der Subventionierung, die schonvon der Bezeichnung her eher merkwürdig klingt und im Sinne neuerVerwaltungstransparenz durch echte Finanzsubventionen abgelöstwerden sollte.

Ihre Meinung richten Sie bitte an:

[email protected]

VEditorial

SC Mag. Emmerich Bach-mayer Foto: Haslinger

ImpressumVerwaltungInnovativ erscheint fünfmal pro Jahr als Beilagezur „Wiener Zeitung“ in Zusammenarbeit mit dem Verein„Führungsforum Innovative Verwaltung“. Die Beiträge bein-halten ausschließlich die persönliche Meinung des Autors/derAutorin. Soweit nicht anders angegeben, sind die Bilder undGrafiken von den Autoren/Autorinnen bereitgestellt.

Redaktionsteam:SC Mag. Emmerich BACHMAYER, SC Dr. Hans-Günter GRUBER,SC Dr. Gerhard HOPF, SC Dr. Eva-Elisabeth SZYMANSKI,SC Dr. Arthur WINTER, GD Dr. Erik BUXBAUM, HR Dr. Werner EICHTINGER, SC Dr. Harald GINZEL, LAD Dr. Eduard PESENDORFER, LAD Dr. Reinhard SLADKO, GenLt. Wolfgang SPINKA, GL Dr. Wolfgang STELZMÜLLER,LAD Dr. Robert TAUBER, SL Dr. Theodor THANNER,MAD Dr. Ernst THEIMER, MAD ao.Univ.Prof. Dr. Erich WOLNY,SL Univ.-Doz. Dr. Gerhard STEGER, Dr. Norbert SCHNEDL

Schriftleitung: Mag. Markus NUSSBAUM, Dr. Gerhard UNGERSBÖCK

Assistentin: Mag. Susanna RIHS

Gestaltung: Barbara OTTAWA

Anzeigenannahme: Johann SPITZERTel.: 01/206 99-287E-Mail: [email protected]

Kontakt: Rockhgasse 6, 1014 Wien,Fax: 01/533 86 36-71E-Mail: [email protected]

Ist unser Schulsystem zu teuer?Die BildungspsychologinnenChristiane Spiel und PetraWagner vom Institut für Psy-chologie der Universität Wienuntersuchten die Arbeitssituati-on von 450 Jugendlichen in derHauptschule und in der Unter-und Oberstufe des Gymnasi-ums. Berücksichtigt wurdendabei die Stunden, welche dieSchülerinnen und Schüler inder Klasse verbringen und dieZeit, die sie für Hausübungenund Lernen benötigen.

Mit einer durchschnittlichenWochenarbeitszeit von 39,5Stunden (Zum Vergleich: An-gestellte habeneine 38 Stun-den-Woche)arbeiten vieleSchülerinnenund Schülerlänger als ihreEltern. Im Ex-tremfall wur-den sogar Wo-chenarbeitszei-ten von über75 Stundenfestgestellt.

Zu einem ähn-lichen Ergeb-nis war Spielbereits im Jahr1999 gekom-men. In einer

Studie des Instituts für Psycho-logie der Universität Graz kamsie damals zu dem Ergebnis,dass die Wochenarbeitszeit fürdie Schule bei mehr als derHälfte der 10- bis 16-Jährigendie 40-Stunden-Marke über-steigt und in Einzelfällen sogarbis zu 70 Stunden beträgt.

Ferdinand Eder war in einerStudie 1995 zum Schluss ge-kommen, dass der wöchentli-che Zeitaufwand (Unterrichts-zeit, Wegaufwand und Arbeits-zeit außerhalb der Schule) fürSchülerinnen und Schüler inder Volksschule 37:45 Stun-

den, in der Hauptschule 50:05Stunden, in der Oberstufe desGymnasiums 54:25 und beiden BHS sogar 61:43 Stundenbeträgt.

Auch die PISA-Ergebnisse zei-gen, dass die Qualität im Un-terricht nicht mit der Zahl derUnterrichtsstunden gleichzu-setzen ist. Für den Unterrichts-erfolg ausschlaggebend sindFaktoren wie die richtige Aus-wahl der Inhalte und die besteVermittlung des Lernstoffes(z.B.: Qualität der Aus- undWeiterbildung der Lehrperso-nen, Nachhaltigkeit im Unter-richt durch aktive Miteinbezie-hung der Schülerinnen undSchüler und Verwendung neu-er Technologien, positivesLernklima, Qualitätssiche-rung).

Durch moderne, zukunftsorien-tierte Maßnahmen wie die IT-Offensive (Vernetzung derSchulen, Anzahl der Computer– Österreich liegt in der Com-puter-Schüler-Relation europa-weit an erster Stelle), Schul-profil, Verhaltensvereinbarun-gen und das Programm „Quali-tät in Schulen“ wurden die Vo-raussetzungen für eine Entlas-tung der Schülerinnen undSchüler geschaffen.

Durch die geplanten Kürzun-

gen in den Stundentafeln istder Lernerfolg auch bei gerin-gerer Unterrichtsbelastung ge-geben und führt zwangsläufigzu einer weiteren Steigerungder Effizienz im österrei-chischen Schulwesen.

Fortsetzung von Seite 1

Bei der Untersuchung wurden Noten vergeben: 1 = sehr schlecht, 7 = entspricht den besten der Welt

Insgesamt wurden 80 Länder bewertet – auszugsweise:

Durchschnittswert Rang

Österreich und Finnland 6,4 1

Irland und Niederlande 6,1 6 u. 7

Frankreich 5,8 12

Dänemark 5,7 15

Schweden 5,6 17

Italien und Großbritannien 5,2 22 u. 23

Norwegen und Deutschland 5,0 26 u. 28

USA 4,9 29

Die schlechtesten EU-Staaten waren:

Spanien 32

Portugal 38

Griechenland 52

Zum Autor

SC Mag. Wolfgang Stelz-müller ist Leiter der Sekti-on III „Personal- undSchulmanagement,Dienstrechtsentwicklungund IT-Angelegenheiten“des Ministeriums für Bil-dung, Wissenschaft undKunst, sowie Präsidiums-mitglied im Führungsfo-rum Innovative Verwal-tung – www.fiv.at.

Beitrag von Paul Janko-witsch anlässlich einer ge-meinsamen Veranstaltungdes Führungsforum Innova-tive Verwaltung (FIV) unddes Wirtschaftsforums derFührungskräfte (WdF) am26. Februar zum Thema „Istunser Schulsystem zu teuer?“

Ob die Schule zu teuer ist, isteigentlich nicht die richtigeFrage, man sollte eher fragen,ob die Ergebnisse dem finan-ziellen Aufwand entsprechen.Da es für eine Wirtschaftsorga-nisation vermessen wäre, sichin das Gebiet pädagogischerQualifikationen zu begeben,möchte ich eher Fragen der Or-ganisation erörtern.

Ergebnisse eines Systems wiedes Schulsystems kann mansehr wohl unter betriebswirt-schaftlich-organisationstheore-tischen Aspekten bewerten.Die Schule ist ein strategischesWettbewerbsfeld für die Zu-kunft, weil die Jugend unseresLandes eben diese Zukunftverkörpert. Ohne auf die vieleninteressanten Aspekte der PI-SA-Studie hier einzugehen,möchte ich für das WdF dieStellungnahme wie folgt zu-sammenfassen.

Es ist offensichtlich und immerwieder im betrieblichen Lebenüberprüfbar, dass sich Organi-sationen und deren Effizienzverbessern lassen und dassman oft mit der selben Perso-nenzahl – besser eingesetzt –mehr Motivation und letztend-

lich eine bessere Wettbewerbs-fähigkeit in diesem Fall der Ju-gend unseres Landes erreichenkönnte.

Ich möchte aus den Ergebnis-sen der PISA-Studie einenAspekt herausheben, nämlich,dass die Leistungen der Schü-ler dort besser sind, wo Lehrermotiviert sind und hohe Erwar-tungen haben bzw. wo die Dis-ziplin und die Beziehungen inden Klassenräumen (Mikrokli-ma) gut sind.

Darauf aufsetzend möchte ichdie Ergebnisse der Arbeit zumThema Schulverwaltung imZuge der Verwaltungsreformdes Jahres 2000/2001 im Auf-trag der österreichischen Bun-desregierung unter Führungvon Prof. Raschauer vorstellen.

Ich glaube, dass diese Vor-schläge, die auf organisatori-sche Straffung der Verwaltungund die Fokussierung der Leh-rer bzw. der Professoren, ins-besondere in den AHS, auf pä-dagogische Fragestellungenverbunden mit einem Rückzugvon der Administration sicherförderlich wären. Selbstver-ständlich müsste man derartglobale Vorschläge im Detailüberarbeiten und „umsetzbar“machen, aber im Kern gehensie nach wie vor in die richtigeRichtung:

– Die Kommission empfiehltdie Vereinfachung der Kompe-tenzverteilung und die Auflö-sung der Landes- und Bezirks-schulräte im Rahmen einerVerfassungsreform.

– Die Kommission empfiehltdie öffentlichen Schulen als –im Rahmen staatlicher Vorga-ben – zur selbstständigen Ge-schäftsführung befugte und be-fähigte Dienstleistungseinrich-tungen auszubauen. Die Schu-len sollen auch über autonomeEinnahmequellen verfügen undim Rahmen von Globalbudgetsals Dienstgeber fungieren.

– Die bestehende staatlicheSchulaufsichtsverwaltung istdurch ein (nicht notwendigstaatliches) Qualitätszertifizie-rungssystem und durch eine(nicht notwendig staatliche)Wirtschaftsprüfung zu erset-zen. Die bestehende staatlicheSchulaufsichtsverwaltung istdurch ein (nicht notwendigstaatliches) Qualitätszertifizie-rungssystem und durch eine(nicht notwendig staatliche)Wirtschaftsprüfung zu erset-zen.

– Staatliche Genehmigungser-fordernisse im Rahmen derFührung der Schulen sind aufstrategische Grundsatzent-scheidungen zu reduzieren.

In der Organisationslehre weißman seit den Hawthorne-Expe-rimenten der ersten Hälfte desletzten Jahrhunderts, dass eineVerbesserung der Rahmenbe-dingungen zu deutlich verbes-serter Motivation und damitbesseren Ergebnissen führt.Schule im heutigen sozialenUmfeld unseres Landes bzw.als wesentliches Zunkunftsfeldim Rahmen des neuen Europasder Regionen wird es dringend

notwendig haben, bessere Rah-menbedingungen zu haben, umdie Jugend unseres Landes fürdie Zukunft entsprechend aus-rüsten zu können.

Da das WdF über die Jahre im-mer wieder Initiativen zur Ver-besserung dieses Zukunftsfel-des Schule bzw. der Beziehungzwischen Schule und umge-bender Gesellschaft (z.B. dasProjekt Lehrer in die Wirt-schaft) gesetzt hat, ist es unsauch diesmal wieder ein Anlie-gen, einen entsprechenden Bei-trag zur Verbesserung desSchulsystems zu leisten.

Schule als ZukunftsfeldDas österreichische Schulsystem aus Sicht der Wirtschaft

Mag. Dr. Paul Janko-witsch ist Bundesvorsit-zender des WdF und Mit-glied der Verwaltungsre-formkommission der Re-publik Österreich 2000und 2001.

Zum Autor

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

3 VE R WA L TU N GIN N O VA TI V

Eckpunkte der Verwaltungsreform – strategische Ausrichtung sowie geplante Vorhaben der neuen Regierung

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel hielt anlässlich der Eh-rung der diesjährigen Preisträger des Speyerer Qualitätswett-bewerbs am 12. März 2003 eine Eröffnungsrede, die im Fol-genden auszugsweise wiedergegeben wird.

Unser Anliegen: Eine Verwaltung imInteresse der Menschen schaffen

kungsvolles, effizientes Sys-tem.

Wichtig scheint mir zu sein,wie man die Ebene der Länderin diesem Zusammenhang stär-ken kann. Darüber hinaus stelltsich die Frage – und das wurdenoch nie angedacht: wie kannman in der Verwaltung überBundesländergrenzen hinaus-gehende Kooperationen ver-stärken, im Sinne eines regio-nalen Modells, etwa Ost/West,Nord/Süd? Das ist eine offeneFrage, hier ist nichts vorgege-ben, es könnte ein interessantesThema darstellen, das in die-sem Zusammenhang diskutiertwerden kann.

Gleiches gilt übrigens für dieGerichtsorga-nisation. Diesist ein heiklesThema, dennin Wirklichkeithat sich seitdem 19. Jahr-hundert dies-bezüglich nichtviel verändert.Es stellt sichtatsächlich dieFrage, ob nichtdie Gerichtsor-ganisation mitihren vier Ebe-nen – Bezirks-gerichte, Lan-desgerichte,Oberlandesge-richt, Höchst-gerichte unddarüber hinausdie fünfte Ebe-ne des EuGHoder EMRK –neu gegliedertwerden sollte,da alle dieseEbenen im üb-rigen nicht ein-mal mit demInstanzenzugdeckungs-gleich sind.Diese Fragensollten in die-ser Verfas-sungsreformohne Vorgabe,aber auch ohneTabu diskutiertwerden.

Der zweitegroße Reform-

bereich, der auf den erstenBlick etwas weniger bedeu-tungsvoll erscheint, aber den-noch im täglichen Geschehensehr wichtig ist, ist die Not-wendigkeit einer Reform derÖffentlichen Verwaltung. Wirhaben hier in den letzten Jah-ren – unter Sektionschef Em-merich Bachmayer und Vize-kanzlerin Susanne Riess-Passer– einige ganz wichtige Projektebegonnen.

Denken Sie etwa an die Ein-führung des ELAK (elektro-nischer Akt) in allen Ministe-rien, dies ist eine ganz wichtigeSache. Niemand hat es am An-fang gewollt – diese Erfahrun-gen haben wir auch in jenenRessorts gemacht, in denen iches selbst eingeführt habe. Am

Kraftquelle an Innovation er-schließen, die heute noch im-mer weitgehend brachliegt, ob-wohl es immer wieder Versu-che gegeben hat – über Vor-schlagswesen und Prämierungvon Vorschlägen, Einbindungder Personalvertretung der Ge-werkschaft Öffentlicher Dienstund vieles mehr. Hier ist eini-ges an Wissen nutzbar zu ma-chen.

Erlauben Sie, dass ich einigeWorte zu meinem eigenenKonzept sage: Wir haben unsfür diese Le-gislaturperiodeganz großeThemenblöckevorgenommen.Das eine ist einsehr ambitiö-ses Projekt undich weiß nicht,wieweit es ge-lingen wird, daes zum Teil jagar nicht in un-serer Kompe-tenz liegt: dieFrage einerVerfassungs-reform.

Dieses Themawurde bereitsin der Schweizsehr intensivdiskutiert.Mich hat im-mer fasziniert,wie dieSchweiz – ichglaube 20 Jah-re lang – übereine Totalrevi-sion der Bun-desverfassungnachgedachthat. Das Vor-haben ist übri-gens geschei-tert. Es ist aberauch interes-sant, daraus zulernen, warumes gescheitertist und wasman daraus ge-macht hat:Man hat esnicht einfach dabei belassenund das Konzept beiseite ge-legt, sondern man hat darausein „abgespecktes“ Konzept ei-ner erneuerten Verfassung ge-macht – ein Ansatz, den ich fürsehr wichtig halte. Wenn wirdiesen in die Idee eines öster-reichischen Verfassungskon-vents, den wir in den nächstenWochen einsetzen werden, mitaufnehmen, könnte dieSchweizer Erfahrung auch füruns eine sinnvolle Lehre sein.

Ich glaube nicht, dass man jetzteinen Entwurf für eine ganzneue österreichische Verfas-sung beginnen sollte wie 1920,1929. Aber eine erneuerte Ver-fassung, die im Lichte der Ein-bindung Österreichs in die Eu-ropäische Union steht und die

Österreich braucht Reform-freude, aber auch den Mut, In-novationen zu erdenken unddiese konkret in die Praxis um-zusetzen. Mich stört ein wenigder Umstand, dass in Öster-reich – wie wahrscheinlich invielen anderen Ländern auch –Verwaltungsreform meist nurunter dem monetären Aspektund der Einsparung diskutiertwird.

Ich will dies nicht prinzipiellkritisieren – zumal gerade ichden Ruf des „Zahlenfuchs“ ha-be. Natürlich muss man dieFrage stellen: was soll undmuss eine gute, effiziente Ver-waltung kosten? Aber mindes-tens ebenso wichtig, ja vielwichtiger noch sind Qualitäts-kriterien und – auch dies beto-ne ich immer wieder – einekorruptionsfreie, effizienteVerwaltung. Diese ist meinerÜberzeugung nach einer derganz wesentlichen Standortfak-toren warum sich Betriebe an-siedeln, warum man wirt-schaftlich und sozial erfolg-reich sein kann.

Zu diesen qualitativen Krite-rien gehört natürlich auch dieNähe zum Bürger, zum Kun-den, zur Wirtschaft, zum Kon-sumenten – die Modernität, daswirkliche Ausschöpfen derheutigen technischen Möglich-keiten. Uns stehen heute Mög-lichkeiten zur Verfügung, vondenen wir vor zwanzig, dreißigJahren nicht einmal zu träumenwagten. Hier stellt sich die Fra-ge: halten wir mit diesen Mög-lichkeiten auch im inneren An-spruch Schritt?

Grundsätzlich sitzen wir, Poli-tik und Verwaltung, in dieserFrage in einem Boot und sinddazu verpflichtet, dem Bürgereine optimale, wirkungskräfti-ge und natürlich auch kosten-günstige Dienstleistung anzu-bieten.

Etwas, das in Österreich nochzuwenig entwickelt ist, gehörtganz wesentlich dazu: strategi-sche Zielsetzung. Wir sindWeltmeister in der Taktik, imÜberleben, im Improvisieren,in der modernen Führungsweltbrauchen wir jedoch strategi-sche Ziele, die überprüfbarsind – und die man natürlichdann jeweils an die Situationanpassen muss. „Überprüfbar“heißt, dass man auch messenkann, ob sie erreicht wurdenoder nicht.

Ein weiterer Punkt ist sehrwichtig – auch dieser Aspektist in Österreich zuwenig ent-wickelt – die Zufriedenheit,die Motivation der Mitarbei-ter. In manchen Bereichen,was etwa die Themen „Mitar-beiterschulung“ und „Mitarbei-termotivation“ betrifft, sind unsandere Institutionen weit vo-raus. Dies muss ganz offen ge-sagt werden. Wenn uns hiermehr gelänge als bisher, könn-ten wir wahrscheinlich eine

Ende will es jedoch keiner mis-sen. Nicht alle Projekte sindbereits perfekt umgesetzt. Sohaben wir etwa voriges Jahrversprochen, dass alle Gesetzeelektronisch ans Parlament ge-hen. Dies haben wir – bislangleider nur zu 8 Prozent ge-schafft, etwa 90 Prozent sindnoch ausständig. D.h. wir müs-sen auch in den Vorgaben, diewir uns selbst gesetzt haben,das Monitoring, die Einhaltungder Zusagen, die wir öffentlichgemacht haben, wesentlichpräziser einfordern.

Ein weiterer Bereich ist dieEinführung der Kosten- undLeistungsrechnung. Kein Mi-nister, aber auch kein Sektions-chef weiß ganz genau, was einbestimmter Verwaltungsakt, et-wa eine schriftliche Anfrage,ein Forschungsauftrag, eineStudie, eine Dienstreise, einFörderantrag oder eine Ordens-auszeichnung kostet. Dies istaber ein Grundgerüst, das manin jedem Fall kennen sollte.

Der Abschluss des SAP-Pro-jekts ist ein weiterer wichtigerSchritt, bedeutet aber auch einehöhere Personal- und Budget-verantwortung für die einzel-nen Ressorts. Das unendlicheThema des Globalbudgetsschwebt wie immer am Anfangeiner Legislaturperiode imRaum und muss auch jetzt inder Balance bleiben, dass derFinanzminister die Kontrollegegenüber den Vorgaben nichtverliert und andererseits einegewisse Flexibilität möglichbleibt, um den einzelnen Res-sorts entsprechenden Raum zugeben.

Ein sehr wichtiger Bereich in-nerhalb der Verwaltungsreformist die jetzt einsetzende Umset-zung der großen Universitäts-reform, die auch internationalgroße Beachtung gefunden hat.Die Universitäten werden voll-ständig in die Autonomie ent-lassen, bekommen die Studien-beiträge als volle Finanzinves-tition zur Verfügung gestelltund haben nun die Aufgabe,das umzusetzen und quasi „mitLeben zu erfüllen“. Ich bin da-von überzeugt, dass in einigenJahren niemand mehr den altenZeiten nachtrauern wird. Gera-de die Universitäten werdendiese neue Freiheit und Auto-nomie schätzen und mit allenMitteln verteidigen.

Wir haben uns ein weiteresgroßes Thema vorgenommen,das seit den 20er Jahren desvorigen Jahrhunderts aus vie-lerlei Gründen nicht vorstellbarwar: die Zusammenführungaller Wachkörper in eine Ver-antwortung. Dies ist meinerAnsicht nach ein ganz wichti-ger Bereich, der früher poli-tisch nicht möglich war. Jetztwird es immer mehr zum The-ma. Heute steht der Dienst amKunden, die Sicherheit für dieBürger im Vordergrund. Poli-zei, Gendarmerie, Schifffahrts-polizei und die Zollwache –vielleicht auch die Justizwache– gehören in eine Hand.

Fortsetzung auf Seite 4

Einhebung sollte allerdingsnach wie vor zentral sein. Eswäre ein Fehler, würde man indiesem Bereich auf Effizienzverzichten.

Das heißt, dieser Österreich-konvent, diese Verfassungsre-form, soll wirklich unabhängigagieren können, keiner soll miteinem gebundenen Mandat indie Gespräche gehen. Es sollenalle Interessensgruppen – Sozi-alpartner, Städtebund, Gemein-debund, Bundesländer, Bun-desseite, politische Parteien –und Experten eingebundensein. Dies erscheint mir alssehr interessanter Versuch, derjedenfalls keine Entsprechunginnerhalb der letzten 20-30

Jahre findet. Dazu gehört, dasswir in manchen Bereichen Ta-bugrenzen überschreiten müs-sen.

Ein wichtiges Thema ist derGesundheitsbereich. Österreichhat grundsätzlich ein sehr gutesGesundheitssystem. Wir zah-len im Vergleich zur Bundesre-publik die Hälfte der Beiträge,wobei man im Auge behaltenmuss, dass in Österreich dieSpitalsfinanzierung – im Wegeüber die Gemeinden – aus denSteuern und – im Wege überdie Spitalserhalter – durch Ge-meinden und Länder gewähr-leistet wird; in Deutschland istdies anders geregelt. Wennman all dies einbezieht, habenwir dennoch ein sehr günstigesund vor allem auch sehr wir-

klarstellt, was Sache Europasist, was Sache des National-staats ist, wo die Länder opti-mal gefordert sind, wo die Be-zirke oder die Gemeinden undwer die Dienstleitungen ambesten für den Bürger erbrin-gen kann – das erscheint mirsehr wichtig. Es liegt nicht anmir allein, hier inhaltliche Vor-gaben für eine Verfassungsre-form zu definieren, dies wirdvon den Parlamentariern, vonden anderen Gebietskörper-schaften genauso gesehen. Mirist wichtig, dass wir im Rah-men der Grundprinzipien derVerfassung – niemand wird et-wa den Föderalismus als Prin-zip in Frage stellen, niemandwird den Rechtsstaat oder das

demokratische Prinzip der Ver-fassung in Frage ziehen – überKompetenzverlagerungennachdenken. Wo können wirden Bund in seiner Koordinati-onsfunktion stärken, geradeauch in seiner Durchschlags-kraft gegenüber Europa? Womüssen wir die Länder stär-ken? Wo wird der Bund aufEinspruchsrechte verzichten,auf Aufsichtsrechte und vielesandere mehr? Wo geht es da-rum, die Aufgaben von Ge-meinden oder Bezirken neu zuverteilen – ich finde, dass etwadie BH als zentrale Anlaufstel-le für die Bürger eine sehr ge-lungene Innovation der letztenJahre ist. Wo kann man etwadie Steuerhoheiten verschieben– ich glaube, dass hier viel Re-formpotential enthalten ist. Die

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel. Foto: APA/Rober Jäger

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

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Fortsetzung von Seite 3

eine Offensive in ganz be-stimmten Bereichen: etwa beider elektronischen Gewerbean-meldung, bei den Services desAMS, der elektronischen Füh-rerscheinerwerbung oder beigesundheitsbezogenen e-Go-vernment-Anwendungen, ge-nauso auch im Lernen, beimelektronischen Uni-Zugang,etc. Ich nehme mir vor, eine in-terministerielle Plattform untermeinem Vorsitz zu gründen,die durch die besten Technikerund Fachleute beraten wird.

Auch in den Ländern und Ge-meinden sollen solche Plattfor-men entstehen. Einer der Grün-de für Platz 11 liegt darin, dassdie Vernetzung all dieser Mög-lichkeiten derzeit nicht perfektfunktioniert. Der Verfassungs-dienst des BKA arbeitet an ei-nem dringend benötigten e-Go-vernment-Gesetz, das vor al-lem die rechtlichen Grundvo-raussetzungen – wie etwa derSignatur, der Datensicherheitund des Datenschutzes – klärenwird. Wir werden dies in ei-nem Reformdialog öffentlichdiskutieren.

Dies ermöglicht Vereinfachun-gen in der gemeinsamen Be-schaffung von Uniformen, Or-ganisation von Schulungen, er-öffnet aber auch neue Möglich-keiten in der Beschäftigung.Hier können ganz andere Kar-riereverläufe geplant werden,die dann wiederum für die Mit-arbeiter eine größere Chance,eine größere Freiheit undWahlmöglichkeit ergeben.

Ein weiteres Thema: Ich sageganz offen, wir wollen natür-lich die Planstellenreduktionfortsetzen. Wir werden dies mitAugenmaß tun, wir hatten An-fang der 1990er Jahre ungefähr180.000 Mitarbeiter im Bun-desdienst, wir werden wahr-scheinlich in einigen Jahrenauf 140.000 sein, nicht ganzmit Ende der Legislaturperi-ode, sondern etwa 2 Jahre da-nach. Das ist schon eine signi-fikante Veränderung, die einer-seits durch echte Einsparun-gen, andererseits aber auchdurch Ausgliederungen mög-lich geworden sind, die sichaus meiner Sicht absolut be-währt haben. Natürlich kannder Personalabbau nicht ad in-

desmitarbeiterrecht sein, daseinerseits auf den Erfahrungenin der Privatwirtschaft fußt, an-dererseits aber auch Schutz ge-genüber politischer Willkürgibt – dort, wo im Interesse desBürgers oder der Mitarbeiterein solcher Schutz geboten ist.Natürlich müssen auch Sonder-bestimmungen für bestimmteBerufsgruppen, wie etwa Rich-ter oder die Exekutive, in die-sem neuen Dienstrecht Platzfinden.

Die Besoldung selbst mussmodernisiert werden. Die Ge-haltskurven lassen erkennen,dass hier nicht wirklich Fair-ness gegeben ist. Wir haben zuniedrige Anfangsgehälter, undam Ende der Berufslaufbahngibt es Biennalsprünge, die imGrunde auch niemand versteht.Daher scheint mir eine gerech-tere, besser ausgeglichene Le-benseinkommenskurve ein Ge-bot der Stunde zu sein. Bil-dungsministerin ElisabethGehrer möchte im Bereich derLehrerbesoldung hier einenersten Schritt setzen.

Wichtig ist mir auch, dassmehr Österreicher in den in-

finitum fortgesetzt werden, umdas sehr klar zu sagen. Wirbrauchen auch eine gewisseErneuerung durch die Aufnah-me junger Mitarbeiter in denÖffentlichen Dienst, damitauch die Durchlässigkeit zwi-schen den Generationen undvor allem die Anbindung andas Leben der Jungen, ihre Er-fahrung und ihre Ausbildunggegeben sind. Personalaufnah-men sollten ab 2004 in Gren-zen wieder möglich sein.

Auch in diesem Zusammen-hang scheint mir eine gebiets-körperschaftsüberschreitendeZusammenarbeit von Bedeu-tung zu sein. Derzeit ist esnicht möglich, dass gut qualifi-zierte Beamte etwa von derGemeinde- oder von der Lan-desebene zum Bund wechselnoder vice versa. Dies liegt da-ran, weil wir das Homogeni-tätsgebot aufgegeben haben.Ich glaube, dass wir mit einemneuen Dienstrecht, das wir jetztkonzipieren, hier entgegensteu-ern sollten.

Eines der großen Themen indieser Legislaturperiode wirdein neues einheitliches Bun-

In einigen Bereichen haben wirbeachtliche Erfolge errungen.Seit diesem Jahr läuft im Rah-men von Finanz-online dieelektronische Einkommens-steuererklärung, die damit füralle Steuerpflichtigen nutzbarist. Die Städte und Gemeindenhaben mit Fundamt.gv.at einebürgerfreundliche Plattformgeschaffen, die bei der Suchenach verlorenen Gegenständenhilft. Das jahrzehntelang disku-tierte zentrale Melderegister istbereits Wirklichkeit geworden.Es gibt im Bereich der Justizdas elektronische Grundbuch,aber auch zahlreiche Anwen-dungen bei den Gemeinden.Das sind beachtliche Leistun-gen, die auch international sehrrespektiert werden.

Trotzdem liegt Österreich iminternationalen Benchmarkingnoch nicht wirklich gut. Unse-re Verwaltung liegt auf Platz11 in allen Bereichen, undmein Ziel ist es, noch in dieserLegislaturperiode unter diebesten fünf zu kommen. Diesist auch ohne weiteres mög-lich. Aber wir brauchen dazu

Verwaltung im Interesse der Menschen schaffenternationalen InstitutionenPlatz finden. Ich war lange ZeitAußenminister und habe mitSchrecken gesehen, dass wiretwa in den Vereinten Natio-nen keine Spitzenpositionmehr einnehmen. Auch dieZahl der Österreicher in denEU-Institutionen ist hier ge-meint. Hier muss weiterhinviel geschehen, um die Mitar-beiter zu motivieren, dorthinzu gehen. Ich halte es für einGebot der Stunde, dass wir die-se Chancen wahrnehmen, denndort werden die zukunftswei-senden Entscheidungen getrof-fen.

Ein Thema, das bereits in dennächsten Wochen sehr stark imZentrum stehen wird, ist e-Go-vernment. Nicht erst seit demEuropäischen Rat von Lissa-bon ist das ein wichtiges The-ma. Wir haben schon frühermit Staatssekretär Ruttenstor-fer und auch mit Bundesminis-ter Molterer mit großen Ambi-tionen an diesem Projekt gear-beitet, fortgeführt wurde dieseArbeit von VizekanzlerinRiess-Passer und ihrem Team.

Konsolidierung im Public Management – Nachhaltige Veränderungen durch wirkungsorientierte Verwaltung

Schweiz: Verstetigung der ReformUnabhängige Evaluationen inder Schweiz, teilweise auch inDeutschland, ergeben meist einrecht einheitliches Bild: dieWirkungsorientierte Verwal-tungsführung, wie sie von denSchweizerinnen und Schwei-zern genannt wird, hat zu nach-haltigen Veränderungen ge-führt. Das Glas ist aber ersthalb voll.

interdisziplinären Austausch –der natürlich durch die Klein-heit der Schweiz erleichtertwird.

Aus dem neuen Modell derVerwaltungsführung ergibtsich, dass sich sowohl die Poli-tisierenden wie auch die Mitar-beitenden in der Verwaltungeine ganze Reihe neuer Kom-petenzen erarbeiten müssen. Esgenügt nicht mehr, eine Fach-kraft auf dem eigenen Gebietzu sein, wenn man Führungs-aufgaben bewältigen muss.

Die Kommunikation mit ande-ren Einheiten, aber auch zwi-schen Politik und Verwaltung,muss intensiviert werden. Diesverlangt, dass die verschiede-nen Sprachen (und: Rationali-täten) beherrscht werden. DerBedarf an interdisziplinärenWeiterbildungen ist daher sogross wie noch nie, und Uni-versitäten wie auch Fachhoch-schulen erkennen zunehmendeine Marktlücke darin. Aller-dings gilt es, solche Angebotebewusst zu planen und auf dieneuen Anforderungen auszu-richten.

Die Reform konsolidiert sich,auf einem unterschiedlich ho-hen Niveau, zunehmend. Die

Die Reformen, die im deutschsprachigen Raum in den neunzi-ger Jahren unter dem Stichwort „New Public Management“losgetreten wurden, haben mittlerweile einen beachtlichenReifegrad erreicht. Vielerorts sind die einzelnen Elemente derReform so selbstverständlich geworden, dass sie nicht mehrals „new“ erlebt werden. Dies führt dazu, dass die Reformnicht mehr als solche in Erscheinung tritt, und dass sie von ih-ren Kritikern bereits totgesagt wird. Aber es gilt auch hier:Todgesagte leben länger.

Von Kuno Schedler Unabhängige Evaluationen inder Schweiz, teilweise auch inDeutschland, ergeben meist einrecht einheitliches Bild: dieWirkungsorientierte Verwal-tungsführung, wie sie von denSchweizerinnen und Schwei-zern genannt wird, hat zu nach-haltigen Veränderungen ge-führt. Das Glas ist aber ersthalb voll.

Unabhängige Evaluationen inder Schweiz, teilweise auch inDeutschland, ergeben meist einrecht einheitliches Bild: dieWirkungsorientierte Verwal-tungsführung, wie sie von denSchweizerinnen und Schwei-zern genannt wird, hat zu nach-haltigen Veränderungen ge-führt. Das Glas ist aber ersthalb voll.

Deutlich erkennbar ist eineVerstärkung der Kosten- undder Leistungsorientierung inden umgestellten Ämtern, diedie „WoV“ (so das üblicheKürzel) eingeführt haben.Ebenfalls deutlich spürbar isteine bessere Kundenorientie-rung, während sich bei derMitarbeiterorientierung undvor allem bei der Anpassunginterner Strukturen eher weni-ger getan hat. Die Grundhal-tung, die sich auch in einerneuen Begrifflichkeit zeigt(„Kundinnen und Kunden“,„Controlling“, „Leistungenund Wirkungen“), hat sich un-ter dem Eindruck der sehr in-tensiven Arbeiten bereits ver-ändert – die Strukturen undformalen Normen benötigen inaller Regel etwas mehr Zeit.

In der Schweiz zeigt sich zu-dem ein weiteres Element derReform, das in Deutschlandund Österreich nicht im glei-chen Ausmass festzustellen ist:die politischen Strukturen wer-den ebenfalls angepasst. Prak-tisch alle Kantone, die „WoV“eingeführt haben, tun diesnicht ohne eine Anpassung derpolitischen Abläufe und Struk-turen in den Parlamenten.

Meist werden neue parlamenta-rische Kommissionen geschaf-fen, die ihre Aufgaben an denneuen Bedürfnissen ausrichten,und die mit „WoV-konformen“Instrumenten ausgestattet wer-den. Hier sind Juristinnen undJuristen, aber auch Exponen-tinnen und Exponenten der Po-litikwissenschaften seit länge-rem aktiv in die Projekte einge-bunden und leisten kreativeArbeit. Dies alles wäre nichtmöglich, ohne einen intensiven

neuen Mechanismen werdenselbstverständlich, und neueDefizite rufen bereits neue Re-formmodelle („Governance“)auf den Plan. Aus „New PublicManagement“ wird „PublicManagement“ – oder einfachgute, an Wirkungen orientierteFührung in Politik und Verwal-tung. Verbesserungen sindweiterhin notwendig und mög-lich, auch und gerade unterdem Einfluss der neueren An-sätze. Das Erreichte wird je-doch weithin geschätzt, undein Zurück ist nirgends er-wünscht.

Vgl. auch: Kuno Schedler/Chris-toph Reichard (Hrsg.): Die Ausbil-dung zum Public Manager, Bern/Stuttgart/Wien: Paul Haupt, 1998

Univ.-Prof. Dr. KunoSchedler ist Ordinariusfür Public Managementund Direktor des Institutsfür öffentliche Dienstleis-tungen und Tourismus ander Universität St. Gallen,mit welchem die Universi-ty of Salzburg BusinessSchool kooperiert.

Zum Autor

Im kommenden Herbst star-tet die University of SalzburgBusiness School bereits zumzweiten Mal den Internatio-nal Executive MBA PublicManagement. Univ.-Prof.Dr. Kuno Schedler leitet ne-ben Univ.-Prof. Dr. WalterBerka, Dekan der rechtswis-senschaftlichen FakultätSalzburg, den Universitäts-lehrgang „Executive MBAPublic Management“.

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Privates Arbeitsrecht im Bund?Möglichkeiten und Grenzen der Anwendbarkeit privater Arbeitsverhältnisse für den öffentlichen Dienst

F. AusblickPrivates Arbeitsrecht im öf-fentlichen Dienst führt daherzu ganz erheblichen Änderun-gen der Struktur des öffentli-chen Dienstes. Privates Ar-beitsrecht wird nicht nur aufder Ebene der Zentralstellengestaltet. Es verlangt nach ei-ner gewissen Dezentralisierungder Entscheidungen. Kollektiv-verträge können vom Bund(Bundesminister) mit der zu-ständigen überbetrieblichenArbeitnehmervertretung ausge-handelt werden. Dadurch ist si-chergestellt, daß grundlegendeBestimmungen der Arbeitsbe-ziehungen für einheitliche Ar-beitnehmergruppen auch ein-heitlich gestaltet werden. Einenähere Konkretisierung kanndann auf untergeordneter Ebe-ne erfolgen. Will man privatesArbeitsrecht im öffentlichenDienst an die Stelle des gelten-den öffentlichen Dienstrechtessetzen, müssen die Organe desBundes wie private Arbeitge-ber handeln dürfen und han-deln können.

A. Öffentliches DienstrechtDas gegenwärtige öffentlicheDienstrecht ist durch eine rela-tive Starrheit gekennzeichnet.Das Rechtsverhältnis der Be-amten und der Vertragsbe-diensteten zum Bund ist ge-setzlich determiniert.

Sämtliche Entscheidungen undRechtsakte, mit denen dienst-rechtliche Beziehungen gestal-tet werden, müssen ausdrück-lich oder schlüssig durch einegesetzliche Grundlage gedecktsein. Das Gesetz bestimmtnicht nur, welche Pflichten der„öffentliche“ Dienstnehmer zuerfüllen hat, auch die Rechteder Dienstnehmer, insbesonde-re die Ansprüche auf Entgelt,sind im Gesetz abschließendgeregelt. Dies gilt nicht nur fürdas Beamtendienstverhältnis,sondern auch für vertraglichbegründete Dienstverhältnissezum Staat. Dem Staat ist nichtjene Privatautonomie eröffnet,die einem Arbeitgeber im Be-reich der Privatwirtschaft er-möglicht, mit seinen Arbeit-nehmern alle Regelungen zutreffen, die durch Gesetz nichtverboten sind.Abweichungen vom gesetzlichvorgegebenen Regelungsmo-dell sind – wenn überhaupt -nur ausnahmsweise zulässig.Abweichungen vom gesetzli-chen Vertragsbedienstetenmo-dell müssen ausdrücklich alsSonderverträge bezeichnetwerden; sie bedürfen der Ge-nehmigung des zuständigenBundesministers (§ 36 VBG).Dadurch werden sowohl deröffentliche Dienstgeber alsauch die Bediensteten ge-schützt.Die Sicherheit für den öffentli-chen Dienstgeber liegt darin,daß ein ohne Genehmigung ge-schlossener Sondervertragmangels wirksamer Vertretungnichtig ist; der Arbeitnehmerkann sich auf eine ohne Geneh-migung eingeräumte Begünsti-gung nicht berufen. Der Bundmuß also nicht befürchten, daß– möglicherweise leichtfertige– Zusagen von Vorgesetzten, janicht einmal Zusagen einesBundesministers, laufendeVerpflichtungen für den Staats-haushalt begründen. Zu Guns-ten der Bediensteten wirkt, daßfür die Bediensteten nachteili-ge Abweichungen vom gesetz-lichen Regelungsmodell nurdann zulässig sind, wenn einAusnahmefall vorliegt, der dienachteilige Abweichung vondiesem Modell erfordert. DieJudikatur interpretiert den„Ausnahmefall“ eher streng.

Für das öffentliche Dienstrechtist auch charakteristisch, daßdie Rechtsbeziehung zwischenBund und Dienstnehmer einehohe Bestandskraft hat. Beam-te können nur nach Durchfüh-rung eines Disziplinarverfah-rens aus dem Dienst entferntwerden; Vertragsbedienstetekönnen nicht „frei“, sondernnur aus wichtigem Grund ge-kündigt werden. Das öffentli-che Dienstverhältnis ist daherim Ergebnis als „Lebensstel-lung“ konzipiert.Die Einheitlichkeit der Rechts-lage bei öffentlich Bedienste-

das geltende öffentlicheDienstrecht siedelt den Kündi-gungsschutz schon im Vorsta-dium der Beendigung, vorAusspruch der Kündigung, an.

E. BetriebsratDie Interessen der Arbeitneh-mer werden auf betrieblicherEbene durch Betriebsräte ver-treten. Das Arbeitsverfassungs-gesetz (ArbVG) räumt den Be-triebsräten umfassende Mitwir-kungsbefugnisse bei der Ge-staltung des Arbeitsverhältnis-ses ein. Die Mitwirkungsrechtewerden üblicherweise nach so-zialen, personellen und wirt-schaftlichen Kriterien abge-grenzt. Unter personellen Mit-bestimmungsrechten werdenBefugnisse des Betriebsratsverstanden, an personellen Ein-zelentscheidungen und in all-gemeinen personellen Angele-genheiten mitzuwirken.

Unter der Bezeichnung sozialeMitbestimmungsrechte faßtdas ArbVG Mitwirkungsrechtein Angelegenheiten zusammen,die unmittelbar die Belegschaftals Ganzes oder zumindestGruppen von Arbeitnehmernbetreffen. Das übliche Rege-lungsinstrument auf diesemGebiet ist die Betriebsverein-barung. Zu den wirtschaftli-chen Mitbestimmungsrech-ten zählen Mitwirkungsrechteauf dem Gebiete der wirt-schaftlichen und technischenFührung des Unternehmens,sowie die Mitwirkung in Un-ternehmensorganen.

Auch die Personalvertretungs-

beitsanforderungen gewährleis-ten den Arbeitnehmern sozia-len Schutz, der durch abwei-chende vertragliche Vereinba-rungen nicht unterlaufen wer-den kann. Für den Arbeitneh-mer günstigere Regelungenschließt der Kollektivvertragregelmäßig nicht aus. Die Be-stimmungen des Kollektivver-trages sind einseitig zwingend.Für eine privatautonome Ge-staltung bleibt daher – andersals im geltenden öffentlichenDienstrecht – immer ein Spiel-raum offen.

Der Kollektivertrag führt aberauch zu einer Typisierung derArbeitsverhältnisse. GleicheSachverhalte werden auchgleich behandelt. Arbeitsver-träge sind Massenverträge, dienach einer gewissen Schemati-sierung verlangen. Die Typi-sierung der Arbeitsverträgedurch kollektivvertragliche Re-gelungen führt zu einer gewis-sen Berechenbarkeit dessen,was den Arbeitnehmer in ei-nem bestimmten Arbeitsver-hältnis erwartet; der zu schlie-ßende Arbeitsvertrag wird da-mit mit anderen Arbeitsverhält-nissen in der Branche – jeden-falls was den Mindeststandardbetrifft – vergleichbar. DerKollektivvertrag schafft inner-halb seines Geltungsbereicheseine einheitliche (Min-dest-)Ordnung.

D. Kündigungsschutz„Private“ Arbeitsverträge kön-nen von den Parteien „frei“, dhohne Angabe eines Grundes,gekündigt werden. Die Ar-beitsvertragsparteien haben le-diglich die im Gesetz vorgese-henen Kündigungsfristen undKündigungstermine zu beach-ten. Die freie Kündbarkeit vonArbeitsverhältnissen bedeutetjedoch nicht, daß der Arbeit-nehmer gegen „unsachliche“Kündigungen ohne Schutzbleibt. Kündigungen, die vomArbeitgeber aus einem verpön-ten Motiv (z. B. Betätigung inGewerkschaften) ausgespro-chen wurden, können bei Ge-richt angefochten werden; ob-siegt der Arbeitnehmer, bleibtdas Arbeitsverhältnis weiterbestehen.

Eine Kündigung kann fernerbei Gericht angefochten wer-den, wenn sie wesentliche Inte-ressen des Arbeitnehmers be-einträchtigt. Ist dies der Fall(z. B. längere Arbeitslosigkeitbei älteren Arbeitnehmern), hatder Arbeitgeber darzulegen,aus welchen Gründen er eineKündigung ausgesprochen hat.Diese Gründe können in derPerson des Arbeitnehmers ge-legen sein (schlechte Arbeits-leistung), aber auch betriebli-che Ursachen haben (z. B.Wegfall einer Verwaltungsauf-gabe). Das Gericht hat im Kün-digungsschutzverfahren zuprüfen, ob die Beendigung desArbeitsverhältnisses das letzteMittel war, um den Betriebaufrecht zu erhalten.

Private Arbeitnehmer haben al-so – wie öffentliche Dienstneh-mer – den Bestand ihres Ar-beitsverhältnisses gesichert.Der Bestandschutz greift aller-dings erst im nachhinein, nachAusspruch der Kündigung, ein;

ten dient sowohl der Einfach-heit der Verwaltung wie derGleichbehandlung der Arbeit-nehmer. Diesem Vorteil stehenaber auch erhebliche Nachteilegegenüber. Besondere Leistun-gen des öffentlichen Dienst-nehmers können praktischnicht durch einen „Leistungs-lohn“ entgolten werden; Min-derleistungen bleiben oft ohneKonsequenz. DienstrechtlicheAnreize, wie sie im privatenSektor zulässig und auch üb-lich sind, lassen sich nur bei ei-ner stärkeren Flexibilisierungdes öffentlichen Dienstrechteserreichen.

B. „Flexibilität“ des privaten ArbeitsrechtsDas private Arbeitsverhältnisist demgegenüber in die verfas-sungsgesetzlich garantierteVertragsfreiheit eingebettet. Esist Sache von Arbeitgeber undArbeitnehmer, den konkretenInhalt des Arbeitsverhältnisseszu gestalten. Diese „Flexibili-tät“ des privaten Arbeitsrechtesbedeutet allerdings nicht, daßder Arbeitnehmer auf sozialenSchutz verzichten muß. Trotzseiner privatautonomen Wurzelwird das Arbeitsverhältnis inwesentlichen Belangen durchgesetzliche Regelungen deter-miniert. Diese haben vor allemden Sinn, dem ArbeitnehmerRechte zu sichern, die durcheinzelvertragliche Gestaltungnicht unterschritten werdendürfen.

Die auf Arbeitsverhältnisse an-wendbaren gesetzlichen Be-stimmungen sind in der Regeleinseitig zwingend. Abwei-chungen zu Gunsten der Ar-beitnehmer bleiben zulässig,Abweichungen zu Lasten derArbeitnehmer sind typischer-weise verboten. Das private„gesetzliche“ Arbeitsrecht er-öffnet daher den Parteien – imVerhältnis zum öffentlichenDienstrecht – größere Spielräu-me, das Arbeitsverhältnis „be-darfsgerecht“ zu gestalten. Einbesonderer Schutz des Arbeit-gebers vor übereilten Zusagenist dem privaten Arbeitsrechtfremd. Für den Arbeitnehmergünstigere Vereinbarungenkönnen ausdrücklich, aberauch schlüssig getroffen wer-den. Zustimmungsrechte Drit-ter sind nicht vorgesehen. DieFlexibilität des privaten Ar-beitsrechts bürdet dem Arbeit-geber daher eine entsprechendeVerantwortung auf.

C. KollektivverträgeMindeststandards für privateArbeitsverhältnisse finden sichnicht nur im Gesetz, sondernauch – oder sogar in erster Li-nie – in Kollektivverträgen.Der Kollektivvertrag will denArbeitnehmern ohne Einschal-tung des Gesetzgebers einenMindeststandard bei wichtigenArbeitsbedingungen sichern;zu diesen Arbeitsbedingungengehört vor allem das Entgelt,das dem Arbeitnehmer für dieBereitstellung seiner Arbeits-kraft zu bezahlen ist.

Die im Kollektivvertrag enthal-tenen Mindestarbeitsbedingun-gen und Begrenzungen der Ar-

Von Walter Schrammel

organe für den öffentlichenDienst haben die Aufgabe, dieberuflichen, wirtschaftlichen,sozialen, kulturellen und ge-sundheitlichen Interessen derBediensteten zu wahren und zufördern.

Den Personalvertretungsorga-nen sind auch entsprechendeMitwirkungsbefugnisse einge-räumt (§§ 9 und 10 PVG). Inbestimmten Angelegenheitenist das Einvernehmen mit demörtlich zuständigen Dienststel-lenausschuß herzustellen.Kann ein Einvernehmen nichthergestellt werden, muß die be-treffende Angelegenheit derZentralstelle vorgelegt werden.Kommt es auf der Ebene derZentralstelle zu keinem Einver-nehmen mit dem zuständigenZentralausschuß, so entschei-det letztlich der Leiter der Zen-tralstelle.

Darin liegt ein wesentlicherUnterschied zu den Mitwir-kungsrechten des Betriebsratesnach dem ArbVG. Nach demArbVG haben die Betriebsrätein bestimmten Fällen ein pari-tätisches Mitwirkungsrecht,das auch durch eine behördli-che oder gerichtliche Entschei-dung nicht ersetzt werdenkann. In anderen Fällen istwiederum die Entscheidung ei-ner unabhängigen Instanz (Ge-richt, Schlichtungsstelle) vor-gesehen, der sich der Arbeitge-ber zu unterwerfen hat. Stritti-ge Fragen können daher nichteinfach durch eine Entschei-dung des zuständigen Bundes-ministers gelöst werden.

Zum AutorO. Prof. Dr. WalterSchrammel ist Vorsitzen-der des Fakultätskollegi-ums der rechtswissen-schaftlichen Fakultät undVorstand des Instituts fürArbeits- und Sozialrechtan der Universität Wien.

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

6 VE R WA L TU N GIN N O VA TI V

Die Prokuratur ist eine staatli-che Einrichtung, welche nichtnur in der breiten Öffentlich-keit, sondern auch in Teilendes öffentlichen Dienstes, inTeilen der Verwaltung einenicht wirklich bekannte Größedarstellt.

Zur GeschichteDie Prokuratur ist eine der äl-testen Institutionen der öster-reichischen Rechtsgeschichte.Die Wurzeln reichen bis in dierömische Kaiserzeit zurück, zuden sogenannten „advocati fis-ci“. Im mittelalterlichen undfrühneuzeitlichen Staat hatteder Fiskal unter dem TitelKammerprokurator von Amtswegen die Rechte und Interes-sen von Kaiser und Reichwahrzunehmen, bis 1848 auchin der Funktion als Anklagebe-hörde im Strafprozess. 1851wurden die in den böhmisch-deutschen Erblanden unter ver-schiedenen Bezeichnungenexistierenden Kammerprokura-turen in die neu geschaffenenFinanzprokuraturen in Wien,Innsbruck, Graz, Triest, Pragund Brünn übergeführt.

Seit dem Jahre 1923 bestandnurmehr die Finanzprokuraturin Wien. Bislang hat es einzigund allein das Deutsche Reichverstanden, die Finanzprokura-tur in Wien aufzulösen; wie esin der Verordnung vom 20. Ju-ni 1939 heißt „aufzuheben“.Schon am 20.7.1945 wurde siewiedererrichtet. Noch währenddes im Jahre 1945 geltendenVerfassungsprovisoriums hatdie provisorische Staatsregie-rung am 12.9.1945 das nochheute gültige Stammgesetz, dasProkuraturgesetz, StGBl1945/172, erlassen; wichtigeFragen der Organisation regeltdie (genannte „erste“) Prokura-tursverordnung vom27.9.1945, StGBl.Nr. 183.

Zur Organisation und zur TätigkeitNach § 1 Abs 1 der Prokura-tursverordnung ist die Prokura-tur – für den Bereich der obli-gatorischen Mandanten – „ver-pflichtet, jedem Verlangen (ei-nes hiezu berechtigten Auftrag-gebers) nach Übernahme derRechtsvertretung . . . oderRechtsberatung zu entspre-chen, ... es sei denn, dass dasVerlangen (nach Ansicht derProkuratur) zu den Bestim-mungen des Prokuratursgeset-zes oder den öffentlichen Inte-ressen, insbesondere den Inte-ressen des von ihr zu vertreten-den oder zu beratenden Rechts-trägers, im Widerspruch steht.In diesen Fällen hat sie ihreBedenken dem Auftraggeberbekanntzugeben und, wenn ei-ne Einigung nicht erzielt wird,dem Bundesministerium fürFinanzen über den Fall zu be-richten“.

§ 1 Abs 2 der Verordnung siehtvor, dass „jeder Auftraggeber... die Prokuratur über denSachverhalt ausreichend zu un-terrichten (hat)“. Demnach sollsich die Prokuratur nach § 2Abs 1 „...in die Sache nichteinlassen, ehe sie von demAuftraggeber über den Sach-verhalt ausreichend unterrich-

nisteriums für öffentliche Leis-tung und Sport, Stand Jänner2002:

„Eine Schwäche der Flexibili-sierungsklausel besteht derzeitnoch darin, dass die Flexibilitätim Personalbereich stark einge-schränkt ist. Die Empfehlun-gen der Projektgruppe für zu-künftige Regelungen lässt(richtig: lassen) sich wie folgtzusammenfassen.

Eine Dienststelle, die der Fle-xibilisierungsklausel unterliegt,sollte im Rahmen der Verord-nung personelle Dispositions-hoheit besitzen. Dies bedeutetetwa befristete Personalaufnah-men auch außerhalb der Res-sortdeckelung und die Letzt-entscheidung darüber, welchePerson konkret aufgenommenwerden soll.

Die Gegenüberstellung der vo-raussichtlich erforderlichenAusgaben und erzielbaren Ein-nahmen für 2002 und 2003sieht jeweils Ausgaben von 4,940.000.- und Einnahmenvon 1,806.000.-, sohin einenNegativsaldo von 3,134.000.-vor. Ausgabenseitig bestehtzweifelsohne nur beschränkteManövriermasse – es ist einbetriebswirtschaftlicher Grund-satz, dass die schwer steuerba-ren Personalkosten zumindest70% der Ausgaben eines Un-ternehmens betragen; auf derEinnahmenseite sind Steige-rungen bei Fakultativmandan-ten durch die erwähnte Ver-pflichtung dieser Klienten, ge-mäß § 49a BHG ein marktübli-ches Entgelt zu leisten, denk-bar.

Es ist der Prokuratur im vori-gen Jahre gelungen, den Saldolaut Projektprogramm um 604.000.- zu unterschreiten,

also einen positiven Unter-schiedsbetrag zu erwirtschaf-ten; eine Unterschreitung, wel-che in dieser Größenordnunglinear sicherlich nicht fortge-schrieben werden kann. DieserUnterschiedsbetrag war gemäߧ 17a Abs 5 BHG iVm § 10der Verordnung bis 20. Jänner2003 zwischen dem Bundesmi-nisterium für Finanzen und derProkuratur aufzuteilen. DieseAufteilung ist fristgerecht er-folgt.

Mit Bundesgesetz I Nr.98/2002 vom 25. Juni 2002wurde durch Novellierung des§ 17a BHG die Geltung derFlexibilisierungsklausel bis31.12.2006 verlängert.

Ich zitiere hiezu aus dem Be-richt des Budgetausschusses:

„Die Flexibilisierungsklau-sel...sieht eine Befristung ihrerAnwendung bis 31.12.2003vor. Diese Befristung sollte esermöglichen, vor einer unbe-fristeten Einführung dieses In-strumentes Erfahrung in derPraxis zu sammeln, inwieweitdie gewünschten Effekte (ins-besondere eine Verbesserungder Verwaltungsabläufe, Bud-get- und Leistungsziele) er-reicht werden.

Diese Erprobungsphase ... hatgezeigt, dass die Anwendungder Flexibilisierungsklauselnicht nur zu einer Verbesse-rung der Leistungs- und Bud-getziele geführt hat, sondern

Leistungen der FinanzprokuraturVon Michael Sawerthal

Eine der ältesten Einrichtungen der Republik Österreich wendet die Flexibilisierungsklausel an

welches in Personal- und Dis-ziplinarangelegenheiten dieDienstaufsicht ausübt. EineFachaufsicht über die Prokura-tur ist im Gesetz nicht vorgese-hen.

Der Aufgabenbereich umfasstalso Vertretung vor allen Ge-richten, dem Verwaltungsge-richtshof, dem Verfassungsge-richtshof, dem EuropäischenGerichtshof sowie den Verwal-tungsbehörden; weiters dierechtliche Beratung der Repu-blik Österreich (dem Bund) alsTräger von Privatrechten undfür vom Bund verschiedeneweitere Rechtsträger; dies aufGrund des Stammgesetzes Pro-kuraturgesetz und vieler Mate-riengesetze. Die Vertretung istentweder eine ausschließliche(obligatorische) oder eine überVerlangen (des Mandanten),also fakultative. Im Falle derobligatorischen Vertretungkann jede Prozesshandlung –bei sonstiger Nichtigkeit – nurdurch die Prokuratur erfolgen.Allerdings kann die Prokuraturmit ihrer Vertretung auch einenRechtsanwalt und bei Causenohne Anwaltszwang ein Organein anderen Dienststelle be-trauen.

Organisationsänderungen, Pri-vatisierungen bedeuten einelaufende Veränderung im Ver-hältnis zu Mandantschaft bzw.bei Art und Umfang der Inan-spruchnahme der anwaltlichenLeistungen der Prokuratur.Ausgliederung bedeutet im Re-gelfall die Umwandlung einesobligatorischen Mandanten ineinen Fakultativmandanten.Die Unterscheidung zwischenRepublik Österreich und ande-ren Rechtsträgern ist insoweitfür die Prokuratur auch vonBedeutung, weil gemäß § 49aBHG vom Bund verschiedeneRechtspersonen für die anwalt-lichen Leistungen der Prokura-tur (Beratung und Vertretung)Entgelt zu entrichten habenund auch zahlen.

Der Bund selbst trägt die Kos-ten der Finanzprokuratur, ent-richtet darüber hinaus aber bis-lang kein Entgelt: Eine bundes-interne Leistungsabgeltungs-VO ist erst umzusetzen.

Der Prokuratur gebührt Kos-tenzuspruch gleich einemRechtsanwalt.

Einige ZahlenJährlich fallen etwa knapp100.000 zu protokollierendePoststücke an, wobei knappunter 10.000 Akten neu anzu-legen sind. Der Neuanfall anProzessen pro Jahr beträgt gut1.000 mit einer Streitwertsum-me von 80 Millionen bis 380 Millionen, wobei darüberhinaus jährlich etwa 1.250 frü-her angefallene Prozesse fort-zuführen sind. Im Schnitt sindjährlich etwa 1.500 Termineaußerhalb Wiens und 1.800 inWien (Vertretung und Bera-tung), demnach Gerichtsver-handlungen bzw. Behördenver-handlungen und Besprechun-gen, zu verrichten bzw. ver-richten zu lassen. Im langjähri-gen Schnitt werden mehr als60% der Prozesse mit einemfür den Mandanten günstigenErgebnis erledigt.

Die Prokuratur führt Aufzeich-nungen über ihre anwaltlichenLeistungen – also nicht nur fürLeistungen an vom Bund ver-schiedene Rechtsträger, son-dern auch für Leistungen anEinrichtungen des Bundes,Ressorts, nachgeordneteDienststellen. Hätten sämtlicheMandanten die Leistungen derProkuratur marktüblich (“dergemeine Wert“ nach § 49aBHG) zu honorieren, wäre da-für im Zeitraum Oktober 2000bis September 2001 ein Betragvon zumindest 7,6 Millionenaufzuwenden gewesen.

Zur FlexibilisierungsklauselMit Verordnung des Bundes-ministers für Finanzen vom21.12.2001, BGBl IINr.471/2001, wurde die Proku-ratur als Organisationseinheitbestimmt, bei welcher die Fle-xibilisierungsklausel mit einemProjektzeitraum bis 31.12.2003zur Anwendung gelangt.

Gemäß § 3 der Verordnung(„Projektprogramm“) ist Ziel

1. die Effizienz bei Wahrneh-mung der gesetzlich übertrage-nen Aufgaben der Vertretungund Rechtsberatung des Bun-des und anderer Rechtsperso-nen zu steigern,

2. die bisher gegebene Erfolgs-quote im Bereich der anwaltli-chen Vertretung aufrecht zu er-halten,

3. juristische Fachexpertise zurBeratung des Bundes und deranderen Rechtspersonen inRechtsangelegenheiten aufdem Gebiet der gesamtenRechtsordnung und auf höchs-tem anwaltlichen Niveau bereitzu halten,

4. die Einnahmen in Relationzu den Ausgaben zu erhöhen,

5. den Budgetbedarf bei min-destens gleich bleibender Leis-tungsqualität zu stabilisieren.

Gemäß § 4 wird dieses Projekt-programm in einer Anlage zurVerordnung präzisiert. Die An-lage definiert hiebei

1. Strategische Zielsetzungen

2. Schlüsselaufgaben

3. Rechtsgrundlagen

4. Allgemeine Ziele der Fi-nanzprokuratur

5. Leistungskennzahlen

6. Planstellen

7. Ausgaben und Einnahmen

Die Planstellen betragen bzw.Planstellenvorschau beträgt für2001 und 2002 95,875, für2003 97 Bedienstete, geglie-dert in Beamte und Vertragsbe-dienstete bzw. Verwendungs-und Entlohnungsgruppen.

Die präzise Aufgliederung derPlanstellenvorschau wirft beider Umsetzung des Projektpro-grammes rein operativ massiveProbleme auf (Beispiel: einA1-Beamter kann damit nur er-schwert durch einen v1-Be-diensteten bzw. etwa 2 oder 11/2 v2-Bedienstete ersetzt wer-den), diese Hürde steht meinesErachtens dem Gedanken derGlobalbudgetierung entgegen.Hiezu zitiere ich aus dem ge-meinsamen Zwischenberichtdes Bundesministeriums fürFinanzen und des Bundesmi-

auch volle Akzeptanz bei denbetroffenen Organisationsein-heiten gefunden hat.

Überdies hat sich im Rahmender von der Bundesregierunginitiierten Bestrebungen zurVerwaltungsreform gezeigt,dass diese Bestimmung vielewesentliche Kriterien einesNew Public Managements be-inhaltet.

...Der gegenständliche Entwurfbeinhaltet die Aufhebung derBefristung der Flexibilisie-rungsklausel. Dadurch soll dieWeiterführung der bereits be-stehenden Projekte und die An-wendung der Flexibilisierungs-klausel durch weitere Organi-sationseinheiten sichergestelltwerden“.

Für die Zukunft sehe ich Ent-wicklungspotential im Bereichder Rechtsberatung (Verhältnisin der anwaltlichen Wertschöp-fung 2:1 Vertretung zu Bera-tung); über die monetäre Seitehinaus in laufender Weiterbil-dung (Intensivierung des Besu-ches von Fachseminaren alsHörer aber auch als Vortragen-der); Intensivierung der wis-senschaftlich literarischen Tä-tigkeit und zielgerichtete Öff-nung des Amtes (Medienarbeit,Fachveranstaltungen, Pressebe-treuung, Homepage).

Risken und ProblemeDie Inanspruchnahme der Pro-kuratur und damit die anwaltli-che Wertschöpfung als Leis-tungsindikator ist ausschließ-lich fremdbestimmt; die Man-danten selbst sind vom Gesetz-geber vorgegeben.

Eine ausschließlich auf Ein-nahmenoptimierung ausgerich-tete Politik des Amtes birgt dieGefahr der Leistungsver-schlechterung.

Die Ausschöpfung der Einnah-menmöglichkeiten findet ihreGrenze am Personalstand.

Gerade auch mit ihrer langenTradition als „Anwalt und Be-rater der Republik“ fühlt sichdie Prokuratur dem „New Pu-blic Management“ verschrie-ben und sieht der Anwendungder Flexibilisierungsklauselauch in der Zukunft durch ei-ner ab 1.1.2004 geltenden Ver-ordnung entgegen.

tet ... wurde, es wäre denn Ge-fahr im Verzuge“.

Die Übernahme einer Vertre-tung verpflichtet die Prokura-tur auch zum Ergreifen allerdem Gesetz nach zulässigenRechtsmittel sowie Wider-,Nichtigkeits- und Wiederauf-nahmsklage, zur Beantragungvon „notwendigen oder rätli-chen Sicherstellungen undeinstweiligen Verfügungen“;es sei denn der betreffendeSchritt stellte sich als aus-sichtslos dar.

Nach § 3 der Verordnung hatder Auftraggeber die Rechts-fragen, um die es sich handelt,bestimmt zu bezeichnen undwomöglich einen Entwurf derbeabsichtigten Erledigung bei-zulegen. Ex lege hat die Proku-ratur ihr Gutachten auch aufsolche Rechtsfragen auszudeh-nen, die ihr zwar nicht bezeich-net wurden, sich aber als fürdie Erledigung wichtig erwei-sen.

Nach § 3 Abs 3 ist es dem Auf-traggeber übrigens nicht gestat-tet, sich in seinen Bescheidenauf das Gutachten der Prokura-tur zu berufen.

Die Prokuratur leistet nichtRechtsberatung in Fällen, die„in den besonderen Wirkungs-bereich der ersuchenden Stellefallen“ (§ 3 Abs 1). Nicht ver-tritt (und berät) die Prokuraturim übrigen die Organe ihrerMandanten selbst.

Die Prokuratur steht unter derLeitung des Präsidenten, in sei-ner Vertretung des Vizepräsi-denten. Die Geschäfts- undPersonalverteilung sieht derzeiteine Aufgliederung in 13 Ab-teilungen und vier Referate(sogenannte Organisationsein-heiten) vor; die Zuständigkeits-bereiche dieser Abteilungenund Referate orientieren sicheinerseits an der Aufgabenver-teilung der Ressorts laut Bun-desministeriengesetz, anderer-seits an Fachgebieten (wie et-wa Staat als Erbe und Legatar,Vergaberecht, Rechtsfragendes Datenschutzes, Insolven-zen und dergleichen). Ein Ein-treibungsdienst, etwa aufRechtspflegerebene, zur außer-gerichtlichen bzw. exekutivenForderungseinbringung istbzw. wird installiert.

Derzeit sind bei der Prokuraturknapp unter 100 Bedienstetetätig, hievon knapp 40 Juristeneinschließlich Präsident undVizepräsident. Anstellungser-fordernis für den juristischenDienst bei der Prokuratur istder Abschluss der rechtswis-senschaftlichen Studien unddie Ableistung einer zumindestneunmonatigen Gerichtspraxis.Gemäß § 10 Abs 2 des Proku-raturgesetzes hat jeder Proku-ratursanwalt binnen 5 Jahrenvom Zeitpunkt der Anstellungbei sonstigem Ausscheiden ausdem Dienst der Prokuratur dieerfolgreiche Ablegung derRechtsanwaltsprüfung nachzu-weisen; daneben ist von denJuristen die kommissionellePrüfung für den Finanzproku-ratursdienst abzulegen.

Die Prokuratur ist eine nachge-ordnete Dienststelle des Bun-desministeriums für Finanzen,

Zum Autor

Dr. Michael Sawerthal istPräsident der Finanzpro-kuratur. Der Beitrag ist ei-ne stark gekürzte Fassungeines am 29. Jänner 2003vor dem FührungsforumInnovative Verwaltung ge-haltenen Vortrages.

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

7 VE R WA L TU N GIN N O VA TI V

Neue Wege zum Recht im Internet

Gesetze, Verordnungen undandere Rechtsvorschriften imInternet: „Besserer Zugangzum Recht“ setzt auf die Chan-cen des Internet: Das ermög-licht allen Interessenten einenallgemein zugänglichen unddennoch besonders gesichertenZugang zu Rechtstexten. Dieösterreichische Sozialversiche-rung zeigt mit zwei Projektenaus diesem Gebiet, dass neueTechnik und gewohnte Darstel-lung von Rechtsvorschriftennicht mehr unvereinbar sind.

Auf Basis der Sozialversiche-rungsgesetze (ASVG,B-KUVG u.a.) haben die Sozi-alversicherungsträger Satzun-gen usw. zu erlassen. Die Ge-setze ermächtigen ausdrück-lich, wesentliche Bestimmun-gen etwa über Versicherungs-schutz und Leistungen in sol-chen Durchführungsregeln zutreffen.

Diese Texte sind nicht nur for-males Beiwerk: Satzungen füh-ren das Beitrags- und Melde-recht der Sozialversicherung,die Bestimmungen über denVersicherungsschutz oder überLeistungen näher aus. Jährlicherfolgen ca. 150 Kundmachun-gen (einschließlich Erfolgs-rechnungen).

Bis 2001 war Verlautbarungs-organ die Fachzeitschrift „So-ziale Sicherheit – SozSi“. Auf-lage und Erreichbarkeit derKundmachungen waren gering,der Produktionsaufwand hoch.

Herausforderungen und Lösungsansätze für Projekte im Bereich eGovernment in Österreich

Funktionierende Lösungen für das eGovernment in Öster-reich: Seit Beginn 2002 bietet die Sozialversicherung dieKundmachung ihrer Rechtsvorschriften nicht mehr auf Pa-pier, sondern unter www.avsv.at im Internet an. Diese Origi-nale bilden weiters die Basis der Rechtsdokumentation unterwww.sozdok.at. Beides steht gebührenfrei allen Interessenten,Gerichten und Verwaltungsbehörden zur Verfügung.

cherheitsvorkehrungen warschon aus Haftungsgründen nieeine ernsthafte Alternative.

Die kundgemachten Dateienwerden (wie Pensionsversiche-rungsdaten) gesichert aufbe-wahrt, ihre Haltbarkeit ist nachheutigem Ermessen für dienächsten 120 Jahre gesichert.Diese Sicherheit umfasst auchdas allenfalls notwendigemehrfache Signieren mit je-weils aktuellen Signaturmetho-den und das Umschlüsseln vonDateien für neue Speicherungs-medien, weil nicht davon aus-gegangen werden kann, dassdie heutigen Methoden der Da-tenspeicherung auf Dauer Be-stand haben (vgl. die Entwick-lung vom Tonband zur CD-ROM).

Ob ein Internetangebot tatsäch-lich verwendet wird (und damitdie gewünschten Erleichterun-gen bzw. der erwartete User-nutzen eintreten), hängt auchdavon ab, ob dessen Organisa-tion für den Außenstehendennachvollziehbar und vertrau-enswürdig ist. Organisationund Technik der Kundmachun-gen wurden daher in einer Rei-he von Publikationen offenge-legt. Die Hilfetexte bietenreichhaltige Übersicht und ge-hen über reine Bedienungsan-leitungen hinaus(www.avsv.at/Hilfe/Allge-mein). In den Hilfetexten ent-halten sind auch

– Literaturverweise,

– Links auf einschlägige Texte(wie z.B. die Erläuterungen zurRegierungsvorlage),

– eine Literaturliste mit Hin-weisen auf die Entwicklungder Rechtsinformatik bis zurEinführung des Kundma-chungssystems,

– das Abkürzungsverzeichnis,

Von Stefan Biffl, Andreas Obermaier, Josef Souhrada, Martin Zach

des Textes erfolgte (die Impri-maturdaten des Bundesgesetz-blattes sind nicht publiziert).

Auch mit allen Sicherheitsvor-kehrungen werden sich dieKosten für das neue Kundma-chungssystem innerhalb weni-ger Jahre vollständig amortisie-ren, weil hohe Satz- undDruckaufwendungen ersatzlosentfallen. Die Billigvariante ei-nes Internetangebotes mit ein-facher Verlinkung von Textda-teien ohne nennenswerte Si-

– Offenlegungen nach demMuster der eCommerce-Regeln(obwohl das System als sol-ches keine Teilnahme am Wirt-schaftsleben bedeutet, werdensolche Hinweise von Benüt-zern immer wieder gesucht),dazu gehört auch die Nennungvon Ansprechstellen pere-mail.

Wo ist der authentische Text?Wo befindet sich der authenti-sche, „echte, im Wortlaut ver-bürgte“ Text, wenn eineRechtsvorschrift im Internetkundgemacht wird? Rechtsvor-schriften (Normen) sind zu-nächst Willensäußerungen desjeweils zuständigen Organs:Nationalrat, Vorstand einesVersicherungsträgers usw.Zwischen diesem Willen unddem Material, auf dem er do-kumentiert wird, muss unter-schieden werden. Es ist vorran-gig der Wille, welcher Rechts-wirkungen entfaltet, nicht dasPapier, Tonband oder ein sons-tiger „Datenträger“, auf demder Beschlussinhalt festgehal-ten wird.

Das hier beschriebene Internet-Kundmachungssystem ändertdaran nichts. Es gibt im Hinter-grund einen Aktenvorgang aufPapier, in dem der Normtextmit den Originalunterschriftender berechtigten Funktionsträ-ger dokumentiert ist. Für dieInternet-Kundmachung werden(technisch gesehen) Ausferti-gungen davon hergestellt unddiese allgemein öffentlich zu-gänglich gemacht: Beim BGBl.geschieht das selbe durchDruck und Versendung auf Pa-pier, bei Internetkundmachun-gen als Datei eines EDV-Sys-tems und durch Einräumungpraktisch uneingeschränkterZugänglichkeit.

Fortsetzung auf Seite 8

www.avsv.at – authentischeKundmachung im InternetDer Verbreitungsgrad von In-ternet-Anschlüssen legt es na-he, Kundmachungen im Inter-net anzubieten. ErmutigendeErfahrungen sind – wenngleichauf technisch völlig andererBasis – aus dem Betrieb desRechtsinformationssystems desBundes RIS und den Angebo-ten des Justizministeriums(Grundbuch, Firmenbuch,Ediktsdatei) vorhanden.

Die Grundlage für die Umstel-lung schuf nach eingehenderVorbereitung durch die zustän-dige Abteilung des Sozialmi-nisteriums (gleichzeitig obersteAufsichtsbehörde der Sozial-versicherung) die 58. Novellezum ASVG, BGBl. I Nr.99/2001. Auf deren Basis er-folgte als letzte Kundmachungauf Papier die Sozialversiche-rungs-Internetkundmachungs-verordnung in SozSi Nr.198/2001, Heft 12 S. 989. Indieser Kundmachung wurdedie Internet-Adressewww.avsv.at festgelegt und da-mit ein klarer Übergang zurneuen Kundmachungsform ge-schaffen. Bis Redaktions-schluss dieses Artikels warenüber 180 Kundmachungen ver-lautbart.

Sicherheit und Offenlegungals Grundlage für AkzeptanzSicherheit war oberstes Gebot.Die Sicherheitsvorkehrungenbeginnen bei der Einspeisungvon Texten in das System. Das

Angebot war einer der erstenVerwaltungsbereiche, welcherin großem Umfang mit Zertifi-katen („elektronische Signa-tur“) arbeitete. Durch die (kos-tenlos erhältliche) Version 5.1des Programms Acrobat Rea-der wurde es möglich, die Na-men der verlautbarungsberech-tigten Autoren zu zeigen. Da-mit ist für eine rechtsverbindli-che Kundmachung erstmalig indieser Detailliertheit offenge-legt, durch wen die Freigabe

Startseite der Amtlichen Verlautbarungen der österreichischen Sozialversicherung (https://www.avsv.at).

Beispiel für die Anzeige eines konkreten Rechtsdokumentes aus der Verlautbarungsdatenbank.

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

8 VE R WA L TU N GIN N O VA TI V

praktisch weniger ist und weni-ger kann als jeder Gelehrte,Arzt, Ingenieur, ja selbst alsder Schmied und Schlosser, dersein Handwerk erlernt hat.Nimmt man ihm jenen Zauber,der aus der Gewalt strömt, soist er nichts als ein klapprig de-klassierter Schreiber. Je ver-wundbarer aber ein menschli-cher Hochmut ist, um so erbit-

Von Joachim Giller (Bundeskanzleramt)

Historische Glosse

Das göttliche Prinzip der Machtie Flucht vor den Nazisverschlug es Franz

WERFEL (1890 bis 1945)auch nach Lourdes, wo er 1940das Gelübde ablegte, im Falleseiner Rettung in die amerika-nische Emigration die Ge-schichte von Bernadette Soubi-rous (1844 bis 1879) zu erzäh-len, deren Marienerscheinun-gen die katholische Kirchenach langwierigen Verfahrenals Wunder anerkannt hatte. In-folge ihrer Heiligsprechung1933 wurde der PyrenäenortLourdes zum Schauplatz einermonströsen Wallfahrtsindus-trie.

In seiner auch den Agnostikernicht unberührt lassendenSchilderung geht es Werfelnicht nur um die Absage anden radikalen Nihilismus unddie Übel des Materialismus zuGunsten einer metaphysischenund religiösen - nicht aber kon-fessionell festgelegten - Kon-zeption des Lebens; es gelingtihm auch die scharfe undgleichzeitig einfühlsame Beob-achtung der psychologischenund gesellschaftlichen Prozes-se im öffentlichen Umgang mitrational unerklärlichen Er-scheinungen. Die Veränderun-gen in Bernadette’s persönli-

Dgesagt, der brennende Wunschnach stetigem Überlegenheits-gefühl. Das gesellige Leben er-fordert es, dass die Menschenihren Hochmut noch scham-hafter verbergen als den Ge-schlechtstrieb. Um so verzeh-render aber wütet er in ihremGemüt. Jeder Stand hat nunseine eigene Art und seinen ei-genen Grad von Hochmut.Vielleicht übertrifft aber derHochmut des Bürokraten,wenn er gereizt ist, noch dender anderen menschlichenStände. Der Beamte ist ja inseinen eigenen Augen nicht einx-beliebiger Funktionär derStaatsgewalt. Wenn er an sei-nem Schreibtisch sitzt, so fühlter sich als diese Staatsgewaltselbst. Mag er auch nur Briefestempeln, so ist er doch andernund höheren Wesens als dasPublikum, wie etwa die Engelandern und höheren Wesenssind als die Sterblichen. AlsRichter, Polizeichef, Zöllner,Steuertyrann wirft er die Loseder Menschen, weit offenbarerals die Vorsehung selbst. Alleumdienern ihn mit furchtsamenBücklingen, denn in seinerHand ist das Gesetz wieWachs. Von der Krone desKaisers, die er gleichsam mit-trägt, erhält er seine Zauber-kraft. Er weiß genau, dass er

chem Umfeld, das Verhaltender örtlichen Honoratioren, dieReaktionen von Politik undBürokratie sowie vor allem derkirchlichen Hierarchie werdenebenso genau dargestellt wiedas zwischen Heilserwartung,Hysterie, Sensationsgier undVerdammungsbereitschaftschwankende Auftreten derMassen.

Wollen manche glauben, inLourdes geschehe etwas, „dasdem sinnlosen Leben einenSinn gibt, das den unbeweisba-ren Glauben beweist“, so be-fürchten andere einen durchdas Wunder verursachten „Ein-bruch in den offiziellen Deis-mus und inoffiziellen Nihilis-mus des Zeitalters, (so)dass so-wohl die Sicherheit des Un-glaubens als auch die Unsi-cherheit des Glaubens insWanken gerät“.

Selbst Kaiser Napoleon IIIwird mit der Angelegenheit be-fasst: „Seine bewährte Kunst,nichts zu hören und zu sehen,sich gewissermaßen taktischtotzustellen, wird täglich arg inAnspruch genommen.“ Da er„wie alle Welt“ liberal denktund empfindet, amüsiert es denMonarchen, auf welche Weise

in den diversen Anbringen zumWunder von Lourdes argumen-tiert wird: „Aha, nun bemühendie Herren von der rückschritt-lichen Seite auf einmal die Ge-wissensfreiheit, die Mensch-lichkeit, die freie Forschung,genauso wie die Herren vonder fortschrittlichen Seite denHimmel bemühen, wenn es ih-nen in den Kram passt! (. . .)Jeder will nur das StückchenMacht für sich und seine Par-teigruppe erjagen, das ihmSattheit und Überlegenheit ge-währt . . . Es ist schon ein gro-ßes Gefühl, der Kaiser zu sein,der nicht lügen und buhlenmuss um die Macht, sondernsie besitzt.“

Staat und Kirche werden, sozeigt Werfel auf, durch ein der-artiges Ereignis in besondererWeise herausgefordert, ist doch„der tiefste Beweggrund beiderso gefährdeter Institutionen dieAngst vor dem Eigenwillen derMasse“.

Und so heißt es an einer Stelle,wo Staatsanwalt und zuständi-ger Präfekt bei der von ihnenverfolgten Behandlung derCausa Bernadette eine Nieder-lage hinzunehmen haben:

„. . . Der innerste Antrieb dermeisten Menschen scheint derHochmut zu sein oder, genauer

terter muss er verteidigt wer-den. Blamiert sich der Büro-krat, so blamiert er das göttli-che Prinzip der Macht in Per-son. Das kann nicht geduldetwerden.

Quelle: Franz WERFEL: DasLied von Bernadette,Kap 32 („Der Psychiater greiftin den Kampf ein“),Frankfurt 1991 (Fischer).

Franz Werfel (1890 bis 1945) Foto: S. Fischer

www.sozdok.at – die RechtsdokumentationRechtsvorschriften des Sozial-versicherungsrechts werdenhäufig geändert – das Allge-meine Sozialversicherungsge-setz (ASVG) erlebte mit demSozialversicherungs-Ände-rungsgesetz 2003, BGBl. I Nr.8/2003 seine 200. Änderung.Eine der Hauptschwierigkeitendieses Rechtsgebietes liegt da-rin, dass die verschiedenenVersionen einer Bestimmunggleichzeitig leicht greifbar seinmüssen und auch bekannt zusein hat, wie eine Bestimmung

durch eine bereits kundge-machte, aber noch nicht inKraft befindliche Novelle inZukunft lauten würde.

So lange es weiters die legisti-sche Praxis zulässt, Änderun-gen einer Rechtsvorschrift nurals bruchstückhafte Passagenkundzumachen, so lange musszwecks einfacherem inhaltli-chen Zugang hinter der „Ebeneder Kundmachung“ eine „Ebe-ne der Dokumentation“ einge-richtet sein, in welcher dervollständig Text auffindbar ist.Die SOZDOK (Dokumentationdes österreichischen Sozialver-sicherungsrechts) enthält mitdiesem Ziel die Rechtsvor-schriften des Sozialversiche-rungsrechts und unabhängigvon deren Kundmachungs-form.

Der Schwerpunkt der Textauf-bereitung der SOZDOK liegtdarin, dem Benützer das Blät-tern nicht nur zwischen ver-

AufgabenverteilungDer Hauptverband der österrei-chischen Sozialversicherungs-träger war Auftraggeber undhat die inhaltlichen Vorgabeneingebracht bzw. koordiniert.Das BMSG war ebenfalls Auf-traggeber und Ansprechpartnerfür fachliche Aspekte sowiezur Führung der bisherigenDokumentation.

Die Versicherungsanstalt öf-fentlich Bediensteter (BVA)übernahm Projektmanagementund stellt in der Produktionnun Ressourcen für administra-tive und technische Betriebs-führung sowie Helpdesk. Mit-arbeiter des Instituts für Soft-waretechnik und interaktiveSysteme (TU Wien) haben denProjekterfolg durch Machbar-keitsstudien zur technischenRealisierbarkeit, unabhängige

Fortsetzung von Seite 7

arbeit eher unerfahren sind undsich sehr rasch mit Technikex-perten zu einem Team formie-ren sollen. Diese Teams ent-stammen oft verschiedenstenOrganisationen – im Fall vonSOZDOK und AVSV der Bun-desverwaltung, der Sozialversi-cherungsdachorganisation, ei-nem Sozialversicherungsträger,einem privaten Auftragnehmersamt Subunternehmer und derWissenschaft –, die in komple-xen Abhängigkeiten zueinan-der stehen.

Die interdisziplinäre Kommu-nikation auf Basis eines unter-schiedlichen Wissenstandeswird durch völlig verschiedeneOrganisationskulturen zusätz-lich vor Herausforderungen ge-stellt.

Der Technologiewandel (neueStandards, Methoden, Werk-zeuge) bringt oft halbjährlichneue Entwicklungen; entspre-chend gering ist die praktischeErfahrung in Entwicklung undProduktion. Neue Werkzeugebringen oft neben zusätzlicherLeistung auch eine Reihe nochunbekannter Nebeneffekte(z.B. Sicherheit).

eGovernment-Projekte benöti-gen meist externe Ressourcen,die vergaberechtskonform mitfixem Budget zu beschaffensind, was für kaum ausformu-lierte, teils revolutionäre Auf-gaben besondere Risken bringt.

LösungsansätzeEin monolithisches Pflichten-heft, das die benötigte IT auf

Punkt und Beistrich beschreibt,ist bei den genannten Rahmen-bedingungen nicht realistisch.Bewährt haben sich risikoor-ientierte Vorgehensmodelle fürdie Entwicklung von Software-Systemen in mehreren Schrit-ten, wobei jeder Schritt relativkurzfristig ein verwendbaresProdukt liefert („iterative Ent-wicklung“).

Entsprechend sind daher be-reits im VergabeverfahrenSpielräume zu definieren, dieden künftigen Anwendern Ge-legenheit geben, gemeinsammit den Technikern die Mög-lichkeiten schrittweise zu er-kennen und das Ziel immer ge-nauer zu definieren. Dabei istein frühzeitiger Fokus auf Qua-lität der Entwicklungsproduktewesentlich, damit jeder Schrittauch einen feststellbaren Er-folg bringt.

Für die effektive Ermittlungvon Anforderungen in größe-ren Gruppen (bis zu 30 Perso-nen) in konzentrierten Arbeits-sitzungen haben sich werk-zeugunterstützte Methoden wieEasyWinWin an der TU Wiensehr bewährt. Die Analyseer-gebnisse sind Basis für einenklaren Projektplan, Risikoma-nagement und projektteamex-ternes Controlling. InSOZDOK und AVSV wurdendie Ansätze Machbarkeitsstu-die, Prototyping, Risikomana-gement und unabhängige ex-terne Projektbegleitung (TUWien) erfolgreich angewendet.

externe Projektbegleitung und-controlling sowie systemati-sches Testen unterstützt.

AusblickDie Vorgaben der EU zu e-eu-rope bzw. dem leistungsfähigs-ten wissensbasierten Wirt-schaftsraum der Welt habenÖsterreich vor neue Herausfor-derungen gestellt. Die Bundes-regierung hat mit e-Austriaentsprechende Ziele gesetzt,welche mit SOZDOK undAVSV der Verwirklichung einkleines Stück nähergerücktsind. SOZDOK ist seit Früh-jahr 2001 in Echtbetrieb,AVSV seit 1. Jänner 2002 auchrechtliche Realität und nochimmer richtungsweisend, nichtnur in Österreich sondern auchin der Europäischen Union.

Neue Wege zum Recht im Internetschiedenen Paragrafen dersel-ben Rechtsvorschrift, sondernauch innerhalb der verschiede-nen zeitlichen Fassungen einund desselben Paragrafen zuermöglichen.

Die SOZDOK wird in engerZusammenarbeit und mit fi-nanzieller Beteiligung desBundes (BMSG) betrieben.Entsprechend der seit etwa1970 bestehenden Traditionenger Zusammenarbeit zwi-schen Sozialministerium undHauptverband auf diesem Ge-biet stehen die Erfahrungen ausden hier dargestellten Angebo-ten damit auch dem Bund fürdessen eRecht-Entwicklungenund die Weiterentwicklung desRIS zur Verfügung.

Herausforderungen für dasProjektmanagement voneGovernment-ProjektenBesondere Herausforderungenfür technologisch innovativeeGovernment-Projekte sind ty-pischerweise die Befassungmit neuen Abläufen in der Ver-waltung, Einbindung gleich-rangiger Stellen aus mehrerenOrganisationen, Technologie-wechsel und anspruchsvolleAuftragsvergabe.

Die Entwicklung neuer Ver-waltungsabläufe ist eine He-rausforderung, insbesondere,wenn die Möglichkeiten derneuen Technologien in starkerWechselwirkung mit den orga-nisatorischen Rahmenbedin-gungen stehen. Bei Projektstartwerden häufig Mitarbeiter no-miniert, die in IT und Projekt-

Dipl.-Ing. Mag. Dr. Stefan Biffl ist a. Univ.-Prof. am Institut fürSoftwaretechnik und interaktive Systeme an der TU Wien mitSchwerpunkten auf Projekt- und Qualitätsmanagement. [email protected]; http://qse.ifs.tuwien.ac.at (dort befindet sichunter „Publikationen“ eine ausführlichere Version des Beitrags)

Mag. Andreas Obermaier ist Leiter der Abteilung EDV und Orga-nisation in der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter(BVA), [email protected] , www.bva.at

Dir. Dr. Josef Souhrada leitet die allgemeine Rechtsabteilung desHauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.Er war für die juristischen Aspekte der hier geschilderten Projektezuständig. [email protected]

Mag. Martin Zach, LL.M. Referent im Bundesministerium für so-ziale Sicherheit und Generationen, Abt. Kranken- und Unfallversi-cherung, Organisation und allgemeine Rechtsfragen der Sozialver-sicherung; [email protected]

Zu den Autoren

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

9 VE R WA L TU N GIN N O VA TI V

Durch Bürgerorientierung und „One Stop Shop“-Prinzip vom Amt zum modernen Dienstleistungsunternehmen

BH Neusiedl: Der Kunde ist König

Die Reform der Verwaltungenist ein ständiger Prozess. Auchim Burgenland machte es ins-besondere die Vielfalt an neuhinzukommenden Aufgabenerforderlich, dass die bestehen-de Verwaltung nach unterneh-merischen Grundsätzen weiterentwickelt und modernisiertwurde. Durch den Fall des „Ei-sernen Vorhangs“, des Ziel 1Status des Burgenlandes unddie EU-Osterweiterung ist die-ser Veränderungsprozess imBurgenland in den 90er Jahrenwesentlich stärker und dynami-scher geworden.

Neues Leitbild für das Unternehmen BurgenlandNach einer Vielzahl von Ände-rungen wurde im Jahr 1997 dieGeschäftseinteilung des Amtesder Landesregierung umfas-send erneuert und es erfolgteeine Zusammenlegung von 23auf zehn Abteilungen. Für denKunden wurden damals unterFührung von Landesamtsdirek-tor HR Dr. Robert Tauberleicht durchschaubare Zustän-digkeiten und somit durchsich-tige Verwaltungsstrukturen ge-schaffen. LandesamtsdirektorHR Dr. Tauber und Generalse-kretär HR Dr. Helmut Prinkeals unermüdliche Verwaltungs-modernisierer und -innovato-ren ist es auch heute zu verdan-ken, dass diese Reformen imSinne des New Public Manage-ment in alle Organisationsein-heiten, so auch im Bereich derBezirkshauptmannschaften,weitergeführt werden.

Grundlegende Änderungenseit dem Fall des „EisernenVorhanges“Die Änderungen der 90er Jahrebrachten insbesondere für dieBezirkshauptmannschaft Neu-siedl am See wesentliche zu-sätzliche Verwaltungsarbeit:

– Die Anzahl der Grenzüber-tritte über Österreichs größtenStraßengrenzübergang Nickels-dorf stieg vom Jahr 1990 von10 Mio. auf 22 Mio. Reisendeim Jahr 2001 (Steigerung derfremdenpolizeilichen Verfah-ren und der Verwaltungsstraf-anzeigen).

– Jährlich ca. 6.000 illegaleGrenzgänger sind von der Be-zirkshauptmannschaft frem-denpolizeilich zu prüfen undunterzubringen.

– Ziel 1 Status des Burgenlan-des: Neue Betriebsansiedelun-gen und die Steigerung derNächtigungen von Touristen.

Bedingt durch diese Verände-rungen wurden daher insbeson-dere bei dieser Behörde eineVielzahl von Pilotprojektenund -versuchen abgewickelt.Die Bezirkshauptmannschaftsetzte dabei verstärkt auf Pro-zessreformen und Bürgernähe

Für die MitarbeiterInnen– Motivation, größere Belast-barkeit und Bereitschaft zumLernen

– Bewusstseinbildung hinsicht-lich der eigenen Organisations-kultur

– Teamaufbau und Teamförde-rung

– Neues Kundenverständnisund eine geänderte Kundenori-entierung

Die ZukunftsaussichtDie BezirkshauptmannschaftNeusiedl am See hat das Ziel,eine moderne und wirkungsori-entierte Bezirksverwaltung zuschaffen, die für die Bürgerschneller, günstiger und einfa-cher wird. Die neue Technik,vor allem im EDV-Bereich(e-goverment, Intranet, Bürger-karte, Wissensmanagement)werden hiefür in den kommen-den Jahren weitere Möglich-keiten bringen.

***

Fußnoten:

(1) Befragungsteam: Studentendes Fachhochschul-Studien-gangs für Internationale Wirt-schaftsbeziehungen Eisenstadt;persönliche Interviews; Stich-probe 500 Bürger und Gemein-debefragung (27 Gemeinden)

(2) Die Ursprünge des „Mento-ring“ liegen in der griechischenMythologie. Ein griechischerGebildeter namens Mentorwurde von Odysseus gebeten,sich während seiner Abwesen-heit seines Sohnes Telemachosanzunehmen und diesen zu er-ziehen. Der Begriff Mentorwurde damit zum Synonym füreinen allgemein geachtetenund gebildeten Menschen, der

Die Burgenländische Landesverwaltung entwickelt sich seitJahren erfolgreich in Richtung eines kundenorientiertenDienstleistungsunternehmens. Dabei im Zentrum stehen nichtnur jene Kunden, die bei der Behörde eine Dienstleistung, wieeinen Reisepass oder einen Führerschein erhalten wollen, son-dern auch die eigenen MitarbeiterInnen und zwar als Kundendes Dienstgebers bzw. der öffentlichen Verwaltung. Und gera-de das Wecken deren Eigeninitiative und die erfolgreiche Mo-tivation sind für den Modernisierungsprozess eine unabding-bare Voraussetzung.

Von Martin Huber

und entwickelte sich damit zueinem öffentlichen Dienstleis-tungsbetrieb im Sinne des NewPublic Management. Wesent-lich dazu beigetragen, hat bei-spielsweise auch die Einrich-tung einer Bürgerservicestelleim Oktober 2001 und der Ab-schluss einer Bürgerbefragungzu Beginn des Jahres 2002;insgesamt wurde versucht, dieVerwaltungsorganisation zustraffen, die Führungskräfteund deren Kompetenz inner-halb der Behörde zu verbessernund auch entsprechende Wer-bungs- und Marketingmaßnah-men zu setzen.

Kulturänderung zu Beginndes VeränderungsprozessesIm ersten Jahr des Verände-rungsprozesses ist es der BHNeusiedl am See gelungen, ei-ne Kulturänderung hin zu mehrBürgerorientierung, Verant-wortung, Motivation und Fle-xibilität herbeizuführen. Dieganzheitliche Haltung gegen-über den Kunden, die strategi-sche Vorgangsweise bei der Er-reichung von Zielen im Rah-men der Weiterentwicklungder Organisation waren bisherbeispielgebend. Bemerkens-wert ist nunmehr in den Refe-raten die selbständige und kon-sequente Serviceorientierungsowie die völlige Neugestal-tung einer Vielzahl von Ver-waltungsabläufen (zB Ausstel-lung von Gewerbescheinen –Reduzierung der Bearbeitungs-zeit um mehr als die Hälfte).

Alles aus einer Hand – One Stop ShopEin wesentliches Ziel der Ver-waltungsreform bei der BHNeusiedl am See ist es, aus dergesamten Bezirksverwaltungeine Servicestelle zu machen,zu der die Bürger als Kundenkommen, ganz ähnlich wie zueiner Bank oder einer Versi-cherung. Bisher musste derBürger häufig eine Vielzahlvon Referenten aufsuchen, umeine Verwaltungsangelegenheitzu erledigen. Durch die Errich-tung einer Bürgerservicestelle,die ähnlich einer Hotelrezepti-on gestaltet wurde, braucht derBürger nur mehr an eine Stellezu gehen, wo alle seine Ange-legenheiten erledigt werden.

Das Leistungsangebot der Be-zirkshauptmannschaft wurdedamit „örtlich“ an den „Ser-vice-Desk“ (Bürgerservicestel-le) im Eingangsbereich gebün-delt und so das sogenannte„One-Stop-Shop“-Prinzip auchinnerhalb des Gebäudes derBezirkshauptmannschaft ver-wirklicht.

Lob vom Experten –dem BürgerEin äußerst positives Resultatergab zu Beginn des Jahres2002 eine Befragung (1) der

BürgerInnen des Bezirkes Neu-siedl am See, bei der die Zu-friedenheit mit ihrer Bezirks-hauptmannschaft erhoben wur-de. Das Ergebnis war, dass dieverstärkte Bürgernähe und dieNeuorientierung zu einem öf-fentlichen Dienstleistungsbe-trieb sich bezahlt gemacht ha-ben und eine hohe Zufrieden-heit mit den Serviceleistungenbesteht.

Kompetenz und QualitätBesonders positiv aufgefallensind den BürgerInnen dieFreundlichkeit der Mitarbeite-rInnen, die Kompetenz der Be-diensteten, die Verständlichkeitder Auskünfte und die kurzeErledigungsdauer. Im Rahmendes Projektes brachten die Be-fragten auch verschiedene An-regungen ein, wie etwa dieVerbesserung der Parkplatzsi-tuation, welche bereits umge-setzt wurde.

Der ProduktkatalogUm eine wirkungsvolle, denaktuellen Anforderungen ent-sprechende Steuerung der Be-zirkshauptmannschaften zu ge-währleisten, wurden im März2003 bei diesen Behörden mitdem Produktkatalog die Vo-raussetzungen für eine „wir-kungsorientierte Verwaltungs-führung“ geschaffen.

Als ersten Schritt wurden imRahmen eines Produkt- undLeistungskataloges ca. 130Produkte und 600 Teilproduktegeschaffen. Dabei wurden auchbei über 4.400 Prozessschrittender Zeitaufwand und die Ver-wendungsgruppe der Mitarbei-terInnen erhoben und sind da-mit die Voraussetzungen für ei-ne Kosten- und Leistungsrech-nung geschaffen.

Wie viel investieren Sie in Ihre wertvollste Ressource?Im Zentrum einer systemati-schen Personalentwicklungsteht die Leitidee, dass dieVorgesetzten eine besondereVerantwortung für die Ent-wicklung ihrer MitarbeiterIn-nen tragen. Und gerade dasWecken deren Eigeninitiativeund die erfolgreiche Motivati-on sind für den Modernisie-rungsprozess eine unabdingba-re Voraussetzung. Ein hervor-ragendes Beispiel für erfolgrei-che Kundenarbeit am Mitarbei-ter ab dem Einstieg in das Be-rufsleben auch in der öffentli-chen Verwaltung ist das „Men-toring“

Mentoring (2)Der Einstieg in die Berufsweltoder der Beginn der Arbeit aneinem neuen Arbeitsplatz istoft nicht einfach und meist voneiner Vorfreude aber auch vonUngewissheit und Unsicherheitbegleitet. Viele Fragen entste-hen, wie zB wer ist der neueChef, wer sind meine neuenKollegen, wie schaut mein Ar-beitszimmer aus?

Diese Vorfreude und das neueEngagement wird oft durchZeitdruck und mangelnde Vor-bereitung des Managementsgetrübt. Meist hört sich die Re-plik auf den ersten Arbeitstaggegenüber der vielen Fragen-den aus dem Kreis der Familiedes neuen Mitarbeiters so an:

„Der Chef hatte nur fünf Minu-ten Zeit, in meinem Zimmer la-gen noch die Akten meinesVorgängers und bei den neuenAufgaben kenne ich michüberhaupt nicht aus“.

PilotversuchIn der BezirkshauptmannschaftNeusiedl am See wurde Mittedes Jahrs 2002 ein Pilotversuchgestartet. Das Ergebnis war,dass mit relativ einfachen Mit-teln der Vorbereitung der ers-ten Arbeitstage, dem freundli-chen Empfang im neuen Ar-beitzimmer, dem Erstellen vonAusbildungsvereinbarungenund auch durch die Beistellungvon Mentoren die neuen Mitar-beiterInnen hoch motiviert undmit Freude an die Arbeit heran-gingen. Beeindruckend warauch, dass mithilfe der Ausbil-dungsvereinbarung sowohl fürden Dienstgeber aber insbeson-dere auch die neuen Mitarbei-terInnen nach den ersten Mo-naten klar ersichtlich war, obdie Ziele der Ausbildung er-reicht wurden.

Als Resümee kann daher fest-gehalten werden, dass für dasHineinwachsen in die Berufs-welt und die Förderung desweiteren Karriereverlaufs in-formelle Netzwerke, in denenältere und erfahrene Arbeitneh-mer Jüngere unterstützen, un-verzichtbar sind.

Die Maßnahmen im DetailIn den letzten 2 ½ Jahren wur-de die Administration der Be-zirkshauptmannschaft Neusiedlam See sukzessive umgestaltet,wovon in vielen Bereichenauch die MitarbeiterInnen pro-fitiert haben. Insgesamt be-trachtet konnte die Arbeitszu-friedenheit wesentlich erhöhtwerden. Hinsichtlich der Ände-rungen ist insbesonders hervor-zuheben (siehe Abbildung).

Was bringen die Reformen –Kosten für den Steuerzahler?Für die Bürgerinnen und Bür-ger des Bezirkes Neusiedl amSee bringen die Reformen:

– Die Bezirkshauptmannschaftist eine Servicestelle, in der dieBürgerInnen als Kunden,schnell und kompetent bedientwerden.

– Ende des Behördendschun-gels: Für die Erledigung be-stimmter Angelegenheitenmüssen nicht mehr verschiede-ne Referenten aufgesucht wer-den. Zukünftig ist die Erledi-gung einer Verwaltungsangele-genheit an einer Stelle, derBürgerservicestelle, möglich.

– Das Budget der Bezirks-hauptmannschaft und der Stel-lenplan sind trotz der Änderun-gen (a.u. vermehrte Betriebsan-siedelungen durch den Ziel 1Status, Steigerung der Nächti-gungszahlen, Steigerung derVerwaltungstätigkeiten in Zu-sammenhang mit der EU-Au-ßengrenze) gleich geblieben, essind für den Steuerzahler keineneuen Kosten entstanden.

– Aufgrund der freigemachtenPersonal-Ressourcen könnennunmehr auch die durch dieVerwaltungsreform neu hinzu-gekommenen Aufgaben ohnezusätzlichen Personalaufwanderledigt werden.

für einen jüngeren und wenigererfahrenen Menschen als ver-antwortungsbewusster Erzieherund Berater fungiert.

(3) Die Zimmereinteilung wur-de neu – aufgrund der Kunden-frequenz – festgelegt und jeneSachbearbeiter mit vielen Kun-den im Erdgeschoss angesie-delt.

(4) Ein dreigliedriges Be-schwerdeverfahren (Sachbear-beiterIn, Referatsleiter, Be-zirkshauptmann) wurde ge-schaffen. Zusätzlich ist ge-plant, das Beschwerdeverfah-ren insofern auszuweiten, alsBeschwerdebriefkästen oderauch Bürgerbefragungen ein-geführt werden sollen. Da-durch sollen die Bedürfnisseund die Zufriedenheit derAdressaten der Verwaltungs-dienstleistung erhoben werden.

Aufgabenreform und ProzessoptimierungErst-Evaluierung (20 Referatsgespräche mit allen Mitarbeitern)

Referatsgespräche 115 Zieldefinitionen

Projekte Katastrophenschutz

Organisationsreform – Gewerbe

Organisationsreform – Referentin für Gemeindewesen

Benchmarking Strafreferat, Weinbaureferat

Organisationsreform – Errichtung von 12 Referaten

Organisationsreform – Einsetzung von Referatsleitern (Delegation)

Gewerbe – Mitarbeit beim elektronischen Akt

Waffenwesen – Mitarbeit beim elektronischen Akt

Weinbau – Mitarbeit beim EDV-Projekt Weinbaukataster

Reformvorschlag zum Weingesetz und Weinbaugesetz

Deregulierungsvorschlag Landesgesetze

Leistungsorientierte VerwaltungsführungStruktur-, Organisationsvergleich der bgld. BHs

Produktkatalog

Bürgerorientierung und QualitätsmanagementBürgerservicestelle Planung, Errichtung

Umbauarbeiten Bürgermaßnahmen

Bürgerorientierte Zimmereinteilung (3)

Werbung und Marketing (Pressearbeit)

Beschwerdemanagement (4)

Informationsfolder für alle Haushalte

Referatsfolder

Tag der offenen Tür

Bürgerbefragung

Personalentwicklung und PersonalmanagementFührungskräfteschulung für Referatsleiter

Einführung von Teamsitzungen – Qualitätszirkel

Mentoring

Arbeitsvereinbarungen mit MitarbeiterInnen

Mag. Martin Huber istseit 1. Jänner 2000 Be-zirkshauptmann des Be-zirks Neusiedl am See,Burgenland.

Zum Autor

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

10 RE C H T

Die Entschei-dungen sindzusammenge-stellt vonMag. RudolfHaschmann,Referent inder Legistikzum Dienst-und Pensi-onsrecht im

Bundesministerium für öffentli-che Leistung und Sport.

die Aufrechterhaltung des Dienstbe-triebes bei dieser Dienststelle nochnicht.

§§§

Disziplinarstrafe, Zusammentreffenvon gerichtlich strafbaren Handlun-gen mit Dienstpflichtverletzungen(VwGH v. 18. 7. 2002, 99/09/0107)

Ein Lehrer, der seine besondere Ver-trauensstellung als Erzieher und Pä-dagoge gegenüber den ihm anvertrau-ten Personen – für die er besondereVerantwortung trägt – missbraucht,um sich geschlechtlich zu erregenoder zu befriedigen, ist als Lehrer un-tragbar, weil durch derartige Strafta-ten nicht nur das Vertrauensverhältniszu seinen Vorgesetzten, sondern auchdas Vertrauen der Allgemeinheit zusolchen Lehrpersonen zerstört wird.Der entscheidende Gesichtspunkt isthiebei, dass sich die Verwaltung aufdie Redlichkeit und Vertrauenswür-digkeit eines Lehrers bei dessenDienstausübung verlassen muss, weileine lückenlose Kontrolle nicht mög-lich ist.

Eine disziplinäre Verantwortlichkeitliegt auch dann vor, wenn ein Beam-ter strafgerichtlich nicht verfolgt wor-den wäre. Diese Überlegungen geltenauch dann, wenn der Verlust des Am-tes gemäß § 27 Abs. 1 StGB nur des-wegen nicht eingetreten ist, weil derBeamte zwar wegen einer oder meh-rerer mit Vorsatz begangener strafba-rer Handlungen zu einer mehr als ein-jährigen Freiheitsstrafe verurteiltwurde, die damit verbundene Rechts-folge des § 27 Abs. 1 StGB aber vomStrafgericht gemäß § 44 Abs. 2 StGBbedingt nachgesehen wurde. Auch ineinem solchen Fall ist bei Vorliegeneines disziplinären Überhangs gemäߧ 73 Abs. 3 LDG 1984 die Verhän-gung der Disziplinarstrafe, und auchjener der Entlassung zulässig.

DisziplinaroberkommissionUngerechtfertigte Abwesenheit vomDienst in der Dauer von über einemJahr, Nebenbeschäftigung als Ge-schäftsführer, Verletzung der Melde-pflicht, nicht wiederherstellbaresVertrauensverhältnis, Entlassung(DOK v. 13. 3. 2002, GZ10/6-DOK/02)

Die bloße Beantragung der Verlänge-rung der Karenzierung rechtfertigtenicht die Dienstabwesenheit des Be-schuldigten. Er hätte somit weisungs-gemäß zum Dienst erscheinen müs-sen. Ein allfälliger Rechtsirrtum desBeschuldigten ist diesem vorwerfbar.Ebenso war das Fernbleiben vomDienst in Hinblick auf die geltend ge-machte Erkrankung (Bandscheiben-vorfall) nicht geeignet, seine Abwe-senheit vom Dienst zu rechtfertigen.Das ärztliche Attest wurde vom Be-schuldigten erst vier Wochen nachdessen ungerechtfertigtem Fernblei-ben vom Dienst vorgelegt; er hat so-mit der Pflicht, seine Erkrankung iSd§ 51 Abs. 2 BDG der Dienstbehördeunverzüglich zu melden, nicht ent-sprochen (sinngemäß dazu VwGH30.9.1996, 91/12/0135).

Aus dem ärztlichen Attest sowie ausdem anstaltsärztlichen Befund gehtauch nicht hervor, dass der Beschul-digte aufgrund seiner Erkrankung ge-nerell dienstunfähig gewesen wäre;diesbezüglich wäre der Beschuldigtenach Dienstantritt berechtigt gewe-sen, ihm aufgrund seiner Erkrankungunzumutbare Tätigkeiten (Heben vonLasten über 5 Kilogramm, Tätigkei-ten im Freien) zu verweigern. DieAbwesenheit des Beschuldigten vomDienst bzw. das Nichtantreten desDienstes wird dadurch nicht gerecht-fertigt.

Arbeitsvertrag einzubeziehen, der ei-nerseits Fürsorgepflichten des Arbeit-gebers, andererseits aber auch Treue-pflichten des Arbeitnehmers nachsich zieht. Kontrolle an sich verstößtgegen kein Persönlichkeitsgut des Ar-beitnehmers. Es gehört vielmehr zumWesen des Arbeitsverhältnisses, dasssich der Arbeitnehmer der Kontrolledurch den Arbeitgeber unterwirft.Während die Treuepflicht des Dienst-nehmers diesen zum Einbekennenvon Privatgesprächen verhält, ver-pflichtet die Grundrechtsbindung so-wie die Fürsorgepflicht den Dienstge-ber, Eingriffe in Persönlichkeitsrechteauf die schonendste noch zielführen-de Art vorzunehmen. Die Persönlich-keitsrechte wirken, wenngleich durchden Arbeitsvertrag abgeschwächt undmodifiziert, auch im dienstlichen Be-reich fort und schützen dort den Ar-beitnehmer insbesondere vor Ernied-rigung, Ungleichbehandlung undWillkür. Durch zu große, über das fürdie Erreichung des Kontrollzweckserforderliche Ausmaß hinausgehendeKontrolldichte bei der Arbeit kann je-denfalls die Menschenwürde im Sin-ne des §96 Abs1 Z3 ArbVG berührtwerden.

Verfassungsgerichtshof

Verletzung im Gleichheitsrechtdurch die Abweisung einer Bewer-bung um die Funktion des Amtsdi-rektors eines Landesschulrates man-gels ausreichender Begründung derAuswahlentscheidung (VfGH v.26. 11. 2002, B993/01)

Die belangte Behörde hat es letztlichinsbesondere verabsäumt, bei der vonihr zu treffenden (Auswahl-)Entschei-dung die maßgeblichen – für und ge-gen den Beschwerdeführer und diezum Zuge gekommene Mitbewerbe-rin sprechenden – Kriterien einandergegenüberzustellen und dem größe-ren Gewicht der Argumente den Aus-schlag geben zu lassen und derart dasÜbergehen des Beschwerdeführers zubegründen. Dies wäre umso mehr ge-boten gewesen, als die belangte Be-hörde – freilich ohne jede Begrün-dung – insoferne eine vom Vorschlagdes Kollegiums des Landesschulratesabweichende Beurteilung vornahm,als sie die Qualifikation des Be-schwerdeführers und der zum Zugegekommenen Mitbewerberin gleichwertete.

Verwaltungsgerichtshof

Dienstzuteilung von mehr als 90 Ta-gen (VwGH v. 25. 9. 2002,2001/12/0066)

Aus der Regelung des § 39 BDG1979 folgt klar, dass nur für die Dau-er besonders gravierender Umstände,deren Beseitigung einer sinnvollenGestaltungsmöglichkeit entzogen ist,die Aufrechterhaltung einer Dienstzu-teilung gegen den Willen des Beam-ten über den zeitlichen Rahmen von90 Tagen hinaus gerechtfertigt wer-den kann (VwGH 22.10.1997,96/12/0304). Ausführungen dazu,dass sich das Vorliegen dieser sehrstrengen Voraussetzungen nicht alleinmit der Feststellung einer Konfliktsi-tuation begründen lässt. Aus demVorliegen eines Spannungsverhältnis-ses kann zwar auf eine empfindlicheStörung des Dienstbetriebes im Falleder Rückkehr in die Stammdienststel-le geschlossen werden, nicht jedochdarauf, dass der Dienstbetrieb in die-ser Dienststelle in diesem Fall über-haupt nicht mehr aufrecht erhaltenwerden könnte. Auch der Umstand,dass die inhaltliche Berechtigung derVorwürfe des Beamten noch unge-klärt ist, hindert für sich genommen

Eine gesetzliche Grundlage für dieÜbermittlung liegt im vorliegendenZusammenhang nicht vor. Eine Da-tenweitergabe mit Zustimmung desBetroffenen wäre rechtmäßig. Geradeeine solche liegt jedoch nicht vor. Imübrigen ist die stattgefundene Über-mittlung jedoch schon deshalb rechts-widrig, weil das belangte Organ(PVAng) seiner Pflicht gemäß § 7Abs. 2 Z 2 und 3 DSG 2000 nichtnachgekommen ist, wonach Datennur übermittelt werden dürfen, wennder Übermittelnde sich vom Empfän-ger bescheinigen hat lassen, dass die-ser eine ausreichende rechtliche Be-fugnis im Hinblick auf den Übermitt-lungszweck besitzt und durch Zweckund Inhalt der Übermittlung dieschutzwürdigen Geheimhaltungsinte-ressen des Betroffenen nicht verletztwerden.

Da die Pensionsversicherungsanstaltfür Angestellte somit verpflichtet ge-wesen wäre, das Interesse des Be-schwerdeführers an der Geheimhal-tung ihn betreffender personenbezo-gener Daten zu wahren, das Vorlie-gen der hiefür maßgeblichen Voraus-setzungen jedoch in keiner Weise ge-prüft hat, war spruchgemäß zu ent-scheiden.

Oberster Gerichtshof

Arbeitszeitgesetz, Zeitausgleich, Ver-gütung in Geld (OGH vom23. 1. 2003, 8ObS93/02p)

Wird die Abgeltung von Überstundendurch Zeitausgleich, nicht jedoch derZeitpunkt des Verbrauchs vereinbart,und bestimmt der Arbeitnehmer nachAnsammeln von 30 Überstunden undVerstreichen von 13 Wochen denZeitpunkt des Verbrauchs nicht ein-seitig, wird nach einer weiteren Wo-che der Anspruch auf Vergütung derÜberstunden in Geld fällig.

§§§

Telefonregistrieranlage, zustim-mungspflichtige Maßnahme, Men-schenwürde, Eingriff in Persönlich-keitsrechte, Treue- und Fürsorge-pflicht (OGH vom 13. 6. 2002,8ObA288/01p)

Die Einrichtung einer automationsun-terstützten Telefonregistrieranlage imBetrieb bedarf, soweit sie personen-bezogene Daten erfasst, immer derZustimmung des Betriebsrates. DieEinführung eines elektronischen Te-lefonkontrollsystems durch denDienstgeber, das die Nummern derangerufenen Teilnehmer systematischund vollständig, den jeweiligen Ne-benstellen zugeordnet, erfasst, be-rührt selbst dann die Menschenwürdeim Sinn des § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG,wenn durch Betätigen einer Taste amTelefonapparat hinsichtlich der dannbesonders gekennzeichneten Gesprä-che die Endziffern der Rufnummerim System unterdrückt werden.

Bietet der Dienstgeber hinsichtlich ei-nes derartigen Telefonkontrollsys-tems den Abschluss einer die Persön-lichkeitsrechte der Dienstnehmer aus-reichend wahrenden Betriebsverein-barung an, kann er – verweigert derBetriebsrat die Zustimmung – mitdem Vorbringen, die Einführung derKontrollmaßnahme berühre dannnicht mehr die Menschenwürde, ge-mäß § 96a Abs 2 ArbVG die Schlich-tungsstelle anrufen.

Steht das in Art5 StGG normierteGrundrecht der Unverletzlichkeit desEigentums des Arbeitgebers den Per-sönlichkeitsrechten des Arbeitneh-mers auf Achtung seines Privatbe-reichs und seiner Geheimsphäre ge-genüber, so ist in die vorzunehmendeInteressenabwägung der bestehende

Die Einholung weiterer Sachverstän-digengutachten war in Hinblick aufdas vom Beschuldigten vorgelegteAttest entbehrlich. Weiters war demBeschuldigten vorzuwerfen, dass erin weiterer Folge einen seinem Ge-sundheitszustand angemessenen Ar-beitsplatz ebenfalls nicht angetretenhat, ohne sich über die ihm zugewie-sene Tätigkeit näher zu informieren.Durch dieses Verhalten wird die Un-willigkeit des Beschuldigten, seinenDienstpflichten nachzukommen,ebenfalls verdeutlicht. Insgesamt wardem Beschuldigten daher zutreffen-derweise die ungerechtfertigte Abwe-senheit vom Dienst in einem Zeit-raum von über einem Jahr vorwerf-bar. Die Verletzung der Meldepflichthinsichtlich seiner Nebenbeschäfti-gung als Geschäftsführer einer Firmawar ihm ebenfalls vorwerfbar.

Hinsichtlich der Strafbemessungkommt der Berufung des Beschuldig-ten ebenfalls keine Berechtigung zu.Die ungerechtfertigte Abwesenheitdes Beschuldigten seit über einemJahr ist als objektiv dermaßen schwerwiegende Dienstpflichtverletzung an-zusehen, dass dadurch das Vertrauender Allgemeinheit in die Amtsfüh-rung des Beschuldigten unwieder-bringlich zerstört ist und der Beschul-digte für eine weitere Dienstverrich-tung untragbar ist.

DK: Entlassung (Berufung des Be-schuldigten)

DOK: Bestätigung

BerufungskommissionAuswirkungen einer Organisations-änderung auf den Arbeitsplatz,wichtiges dienstliches Interesse aneiner Verwendungsänderung (Ber-Kom v. 10. 2. 2003, GZ 92/13-BK/02)

Wesentlich für die Zulässigkeit derVerwendungsänderung ist – sofernder Arbeitsplatz nicht gänzlich entfal-len ist – dass sich die Aufgaben/Tä-tigkeitsbereiche des betroffenen Ar-beitsplatzes um zumindest 25% ver-ändert haben (VwGH v. 2.9.1998,GZ. 97/12/0256).

Die Feststellung der Dienstbehörde,dass die Aufgaben des (früheren) Re-ferates im (neuen) Fachbereich zu-sammengefasst wurden, bedeutet,dass der Arbeitsplatz/Aufgabenbe-reich weiterbesteht und nicht entfal-len ist. Es war daher im Hinblick aufdie Zulässigkeit der Verwendungsän-derung zu prüfen, ob eine erheblicheTätigkeitsänderung eingetreten ist.

Auf Grund der vorgelegten Aktenwar nicht nachvollziehbar, dass sichder Aufgabenbereich des Leiters die-ser Organisationseinheit erheblich ge-ändert hat. Die verfahrensrelevanteFeststellung, dass sich durch die dar-gestellte Aufgabenverschiebung einezumindest 25%-ige Tätigkeitsände-rung ergeben hat, die Grundlage fürden Verwendungsänderungsbescheidgewesen wäre, war nicht erweisbar.Es konnte keine die Abberufung ausdem Grund der Organisationsände-rung rechtfertigende Tatsache festge-stellt werden.

Rechtsprechung zur VerwaltungsführungDatenschutz-KommissionErmittlung von Gesundheitsdaten(K120.757/001-DSK/2003,21. 1. 2003)

Der Beschwerde wird stattgegebenund festgestellt, dass die Bezirks-hauptmannschaft (Gesundheitsamt)als belangtes Organ die Beschwerde-führerin dadurch in ihrem Grundrechtauf Geheimhaltung schutzwürdigerpersonenbezogener Daten gemäß § 1Abs 1 DSG verletzt hat, dass sie ohnederen Zustimmung Daten über dieGesundheit der Beschwerdeführerindurch Einholung einer Stellungnahmeder behandelnden Ärztinnen ermittelte.

Die Ermittlung von Gesundheitsdatendurch Einholung einer fachärztlichenStellungnahme war also ein Eingriffin das Grundrecht der Beschwerde-führerin. Eine Zustimmung der Be-schwerdeführerin zu diesem Eingrifflag nicht vor. Somit bleibt die Mög-lichkeit, den Eingriff auf eine recht-fertigende Rechtsvorschrift (Ein-griffsnorm) im Sinne von § 1 Abs 2DSG zu stützen, welcher da lautet:

„Beschränkungen des Rechtes nachAbs. 1 sind nur zur Wahrung berech-tigter Interessen eines anderen oderauf Grund von Gesetzen zulässig, dieaus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäi-schen Konvention zum Schutz derMenschenrechte und Grundfreiheitengenannten Gründen notwendig sind.Auch im Falle solcher Beschränkun-gen muss der vertraulichen Behand-lung personenbezogener Daten Vor-rang gegeben werden.“

Eine Rechtsvorschrift, die einenAmtsarzt dazu ermächtigen würde,ohne Zustimmung des Betroffenenfür Zwecke eines Gutachtens Ge-sundheitsdaten bei niedergelassenenÄrzten zu ermitteln, besteht nicht.Aus § 41 Abs 4 und 5 Ärztegesetz1998 ergibt sich lediglich, dass derAmtsarzt selbst bei Erfüllung seinerDienstpflichten nicht an das ÄrzteG,damit auch nicht an die ärztlicheSchweigepflicht gemäß § 54 ÄrzteG,gebunden ist. Eine umfassendere Re-gelung betreffend Rechte und Pflich-ten der Amtsärzte bei ihrer Tätigkeitals Sachverständige fehlt. Das be-langte Organ verweist zwar in seinerStellungnahme mit gewissem Rechtdarauf, die Einholung von Stellung-nahmen niedergelassener Ärzte, beidenen der Betroffene bereits als Pa-tient in Behandlung stehe, verkürzedas Ermittlungsverfahren und spareZeit und Kosten, sei daher üblich.Das belangte Organ stellt dies aberselbst unter den Vorbehalt, dass sol-ches „mit Einverständnis des Unter-suchten“ geschehe.

Mangels einer rechtfertigenden Ein-griffsnorm oder einer Zustimmungder Beschwerdeführerin, war die Er-mittlung von Gesundheitsdaten durchdas belangte Organ ein unzulässigerEingriff in das Grundrecht der Be-schwerdeführerin auf Geheimhaltungschutzwürdiger personenbezogenerDaten.

§§§

Einholung von Pensionsversiche-rungsdaten (K120.798/001-DSK/2003, 21. 1. 2003)

Die Pensionsversicherungsanstalt derAngestellten hat den Beschwerdefüh-rer dadurch, dass sie personenbezoge-ne Daten des Beschwerdeführers(Versicherungsdaten betreffendNachkauf von Schul- und Studienzei-ten) an den Arbeitgeber des Be-schwerdeführers, übermittelt hat, inseinem verfassungsgesetzlich ge-währleisteten Recht auf Geheimhal-tung personenbezogener Daten ge-mäß § 1 DSG 2000 verletzt.

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DIENSTAG, 8. APRIL 2003

11 E-GO VE R N M E N T

Die gemeinsame Prüfung (GPLA) als gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit verschiedener Institutionen

Seit heuer werden alle lohnabhängigen Abgaben und Beiträge(alle Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen, die Lohnsteu-er, der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfondsund die Kommunalsteuer) in einer gemeinsamen Prüfungdurch ein Prüforgan beim Arbeitgeber geprüft. Bis Dezember2002 wurden die Arbeitgeber von Prüforganen der jeweiligenInstitution und zu unterschiedlichen Zeitpunkten geprüft.

sächlich eintreten werden. DerVorteil des Dienstgebers liegtsicherlich in der administrati-ven Entlastung.

Die derzeitige Vorgehensweisebei der gemeinsamen Prüfung– die stark vom enormen Zeit-druck geprägt wurde, da nurein halbes Jahr für die Umset-zung zur Verfügung stand – istein erster Zwischenschritt.Endgültiges Umsetzungsziel istweitgehendes Ausschöpfen desSynergiepotentials z.B. durchweitere legistische Harmoni-sierungen, ein einheitlichesEDV-Paket für die Prüfer dergemeinsamen Prüfung. DerEndausbau der gemeinsamenPrüfung aller lohnabhängigenAbgaben wird noch einige Jah-re dauern.

Beitrags- und Abgabenprüfung

Die gemeinsame Prüfung allerlohnabhängigen Abgaben(GPLA) ist ein Beispiel für ei-ne gelungene Reform in der öf-fentlichen Verwaltung undkann somit auch ein Vorbildfür die Zusammenarbeit ver-schiedener Institutionen sein.Die Prüfungsorgane gehörenzwei unterschiedlichen Ver-waltungsbereichen, nämlichden 11 Krankenversicherungs-trägern (neun Gebietskranken-kassen, die Versicherungsan-stalt der österreichischen Ei-senbahnen und die Versiche-rungsanstalt des österrei-chischen Bergbaues) sowie den79 Finanzämtern an.

Aus jedem der zwei Bereichestammen 250 PrüferInnen, dienach außen als eine Einheitauftreten. Weiters sind durchdie Prüfung der Kommunal-steuer auch über 2.300 Ge-meinden Österreichs mit einge-bunden.

EntstehungsgeschichteIm letzten Jahrzehnt sind vonpolitisch Verantwortlichen inregelmäßigen Abständen im-mer wieder folgende Forderun-gen aufgestellt worden: „DieFinanz übernimmt die Bei-tragsprüfung der Sozialversi-cherung!“ Die unweigerlichfolgende Replik war: „Die So-zialversicherung übernimmtdie Lohnsteuerprüfung!“

Aufbauend auf dem Verwal-tungsreformpapier der Bundes-regierung aus dem Jahr 2001wurden im September vomBundesministerium für Finan-zen mehrere Arbeitsgruppeneingesetzt. Aufgabe dieser Ar-beitsgruppen war es, legisti-sche Maßnahmen zur Vereinfa-chung der Lohnverrechnungund der Harmonisierung vonLohnsteuer und Beitragsbe-rechnung zu erarbeiten.

Weiters sollten organisatori-sche Maßnahmen zur Verein-heitlichung der Administrationvon Lohnsteuer, Kommunal-steuer und Sozialversiche-rungsbeiträgen vorgeschlagenwerden. In diesen Arbeitsgrup-pen waren neben dem Bundes-ministerium für Finanzen unddem Bundesministerium fürsoziale Sicherheit und Genera-tionen der Hauptverband derSozialversicherungsträger so-wie die Interessenvertretungender Arbeitnehmer und Arbeit-geber vertreten. Dazu kamennoch Mitglieder aus der Kam-mer der Wirtschaftstreuhänder

samt bestehende Prüfungsleis-tung mit weniger Prüfern mög-lich sein.

– Durch automationsunter-stützte Übermittlung von Da-ten soll eine gezielte Prüfungs-auswahl (Risikoanalyse) er-möglicht werden.

– Für die Arbeitgeber wird eineeinheitliche Information undBeratung im Zuge der Prüfungfür alle lohnabhängigen Abga-ben ermöglicht.

Dem Prüfer, ist weiterhin inseiner Institution eingegliedert,kommt im Rahmen des Prüf-vorganges eine Art Sachver-ständigenfunktion zu. Die Be-scheiderstellung und dasRechtsmittelverfahren bleibenbei den jeweiligen Institutio-nen. Somit sind u.a. die be-scheiderstellenden Behördenbzw. der zuständige Kranken-versicherungsträger nichtzwingend an die Feststellungendes Prüforgans gebunden. DerBescheid kann somit vomPrüfergebnis abweichen; dieswird in der Praxis aber äußerstselten vorkommen.

Projekt „Gemeinsame Prüfung“Zur Umsetzung des Gesetzes-auftrages wurde ein Projekt mitdem Ziel aufgesetzt, die Vo-raussetzungen für den Start dergemeinsamen Prüfung im Rah-men einer Prüfung ab Jänner2003 zu schaffen.

Damit eine effektivere Ab-wicklung sichergestellt werdenkonnte, wurde das Gesamtpro-jekt in vier Teilprojekte –„Prüforganisation“, „EDV-Un-terstützung“, „Kommunalsteu-er“ und „Lohnzettel Neu“ –aufgeteilt.

Die Teilprojekte wurden voneinem Projektmanagement ko-ordiniert, alle paritätisch be-setzt. Als Entscheidungsgremi-um wurde ein Lenkungsaus-schuss für die gemeinsamePrüfung aller lohnabhängigenAbgaben eingesetzt. Dieses be-stand aus Vertretern des Bun-desministeriums für Finanzen,des Bundesministeriums fürsoziale Sicherheit und Genera-tionen, des Hauptverbandes derSozialversicherungsträger, derKrankenversicherungsträgersowie des Gemeinde- und desStädtebundes.

Teilprojekt „Prüforganisation“Die Aufgaben des Teilprojek-tes Prüforganisation waren:

– Ein bundeseinheitlichesSchulungskonzept für die ge-meinsame Prüfung zu erstellen(ca. 600 Personen waren zuschulen). Schulungen erfolgtenim materiellen Recht, in derAnwendung der Software undder Prüfungstechnik.

sowie dem ÖsterreichischenStädtebund und dem Österrei-chischen Gemeindebund.

Nach vielen Diskussionen wur-den am 7. März 2002 die End-berichte aller Arbeitsgruppenabgenommen. Die zwei Vor-schläge des Arbeitskreises„Gemeinsame Prüfung“ führ-ten am 21. Februar 2002 in ei-ner Besprechung auf höchsterpolitischer Ebene zu folgenderLösung:

– Alle lohnabhängigen Abga-ben werden von einem Prüfor-gan geprüft.

– Die Prüfer der Finanz unddie Prüfer der Sozialversiche-rung bleiben jeweils bei ihrerBehörde.

– Jede Körperschaft trägt ihreeigenen Prüfkosten.

– Zur Umsetzung der Abwick-lungsfragen wird ein paritä-tisch besetzter Lenkungsaus-schuss eingerichtet.

– Die Bundesabgabenordnung(BAO) als einheitliches Prü-fungsverfahrensrecht

– Die notwendigen Gesetzes-änderungen sind bis Juli 2002zu beschließen.

– Der Beginn der einheitlichenPrüfung aller lohnabhängigenAbgaben ist Jänner 2003.

Gesetzliche GrundlagenMit dem 2. Abgabenände-rungsgesetz 2002, BGBl. I Nr.132/2002, wurde die Rechts-grundlage für die gemeinsamePrüfung aller lohnabhängigenAbgaben geschaffen. DiesesGesetz trat mit 1. Jänner 2003in Kraft und sah keine Über-gangsbestimmung vor.

Nach den erläuternden Bemer-kungen zum 2. Abgabenände-rungsgesetz 2002 hat der Ge-setzgeber mit dieser gemeinsa-men Prüfung folgende Erwar-tungen verbunden:

– Für den Dienstgeber gibt esim Regelfall nur mehr einenPrüfvorgang und auch nurmehr eine Schlussbesprechung.Der Dienstgeber wird dadurchadministrativ entlastet.

– Bei einer gleichbleibendenPrüfungskapazität soll eine Er-höhung der Prüfungsleistungmöglich sein. Insbesondere solldabei die Prüfungsdichte beider Lohnsteuer- und auch derKommunalsteuerprüfung er-höht werden.

– Mittelfristig soll die insge-

Von Herbert Choholka und Peter Bezdicek Vertretern der zuständigen Fi-nanzlandesdirektion, sowieVertretern des Städte- und Ge-meindebundes besetzt ist. DieAufgaben sind die Erstellungder Jahresprüfpläne (zur Si-cherstellung einer flächende-ckenden Prüfung), die Festle-gung der Prüfungsschwerpunk-te sowie die Fachbereiche inFragen von regionaler und or-ganisationsübergreifender Be-deutung zu koordinieren unddie Qualitätssicherung durch-zuführen.

AusblickDie Praxis der nächsten Jahrewird zeigen, ob die Erwartun-gen des Gesetzgebers an diegemeinsame Prüfung allerlohnabhängigen Abgaben tat-

– Organisation von Teamprü-fungen, jeweils ein SV-Prüferund einem Lohnsteuerprüfer inder Anfangsphase um vom an-deren zu lernen.

– Ausarbeitung der Organisati-onsgrundlagen für eine einheit-liche Prüfabwicklung sowie ei-nes Personaleinsatzplanes.

Teilprojekt „EDV-Unterstützung“Das Teilprojekt hatte folgendeAufgaben zu erfüllen:

– Die Sicherstellung der EDV-Unterstützung der gemeinsa-men Prüfung ab 1. Jänner2003.

– Die Durchführung der Prü-fung durch Einsatz der beste-henden Software beider Institu-tionen auf einem Notebook desPrüforgans.

– Die elektronische Prüfungs-planung.

– Den automationsunterstütz-ten Austausch der beim Bun-desministerium für Finanzenund den Krankenversiche-rungsträgern elektronisch vor-handenen, für die gemeinsamePrüfung erforderlichen Datenund deren Rückübermittlung.

Teilprojekt „KommunalsteuerAufgabe des Teilprojektes„Kommunalsteuer“ war es, ei-nen optimalen Informations-fluss zwischen den prüfendenInstitutionen und den Gemein-den und Städten über die Prü-fung bzw. das Ergebnis derPrüfung sicherzustellen. Alsoberstes Prinzip gilt dabei dasPrinzip der Anschlussprüfung.

Teilprojekt „Lohnzettel“Aufgabe des Teilprojektes„Lohnzettel „ war es, die Um-setzung des „Lohnzettel Neu“ab Jänner 2003 sicherzustellen.Der „Lohnzettel Neu“ umfasstden bisherigen Lohnzettel undden Beitragsgrundlagennach-weis und kann sowohl über diebestehenden Schienen der Fi-nanz als auch über jene der So-zialversicherung elektronischeingebracht werden. Die je-weils anderen Dateninhaltewerden an die jeweils andereInstitution weitergeleitet. DerLohnzettel Neu in Papierformist ausschließlich beim zustän-digen Betriebsstättenfinanzamteinzubringen.

Organisation der gemeinsamen PrüfungDie gemeinsame Prüfung allerlohnabhängigen Abgaben istnicht zentral, sondern födera-listisch organisiert.

Oberstes Lenkungsgremiumauf Bundeslandebene ist deroperative Lenkungsausschuss,der in jedem Bundesland ein-gerichtet ist und mit Vertreternder Gebietskrankenkassen,

MinRat. Peter Bezdicek iststellvertretender Leiter derAbteilung VI/6 (IT und Rech-nungswesen der Finanzäm-ter und Großbetriebsprüfun-gen) im Bundesministeriumfür Finanzen und Applikati-onsleiter für das Grundbe-sitzinformationssystem undfür MIAS.

Mag. Herbert Choholka istim Hauptverband der Öster-reichischen Sozialversiche-rungsträger als Abteilungs-leiter für die Rechtsangele-genheiten Krankenversiche-rung (KV) und Unfallversi-cherung (UV) der selbstän-dig und unselbständig Er-werbstätigen tätig.

Zu den Autoren

zweitich.Von Ludwig Eschmann

kraft amtlicher mitteilungsbedürfnisse erfuhr ichvon meinem offiziellen aufenthalt. ich wohne jetzt im da-tenspeicher, besuch’ mich da!

ist es mein erst- oder zweitsitz? man hat michnicht darüber aufgeklärt. der umzug wurde ohne mein ein-verständnis getätigt. das mobiliar ist nicht mitgegangenaber meine identität.

der neue wohnsitz liegt nicht auf dem lande, sonstwürde ich mich vielleicht einmal besuchen. dennoch sollich dort jederzeit anzutreffen sein. es heißt, ich gäbe hiernähere auskünfte und intime interviews. den rest kannman sich denken.

meine dementi sind nutzlos. das mir amtlich zuge-wiesene zweitich führt sein eigenes zweitleben. es unter-hält sogar eine eigene schreibkraft. diesen luxus konnteich mir bisher nicht leisten. zudem genieße ich unentgelt-lich datenschutz und falle unter’s bankgeheimnis. mansieht, es könnte mit nicht besser gehen.

dennoch habe ich mir ein drittich eingerichtet, die-ser freiraum ist mit allerlei vertraulichkeiten möbliert.mehr verrate ich nicht. ja, wenn das zweitich wüßte, wasdas drittich weiß!

mit der zeit haben sich meine personalien zu einerquasifamilie entwickelt. an einem treffen zu selbstdrittwäre mir gelegen. aber dazu wird es nicht kommen. un-sere ansichten sind zu verschieden. und somit bleibe ichweiterhin das ziel amtlicher mitteilungsbedürfnisse.

Moderne Literatur zur Verwaltung

Page 12: Ist unser Schulsystem zu teuer? - FIVmembers.fiv.at/aktivitaeten/vi/vi07.pdf · 2011-11-14 · Ist unser Schulsystem zu teuer? Die Bildungspsychologinnen Christiane Spiel und Petra

DIENSTAG, 8. APRIL 2003

12 E-GO VE R N M E N T

Weitere InformationenSeit 16. Dezember 2002 stehtvon Montag bis Freitag, 8:00bis 18:00 Uhr, eine „FINANZ-Online – Hotline“ unter derNummer 0810 / 22 11 00 öster-reichweit zum Ortstarif zurVerfügung.

Auch im Internet(www.bmf.gv.at/egov/fonline)ist ein umfangreiches Informa-tionsangebot zu finden undüber die Besonderheiten derelektronischen Arbeitnehmer-veranlagung gibt ab Jänner2003 ein Folder (Download-Version auf der BMF-Homepa-ge im Bereich „Publikatio-nen“) Auskunft.

Wichtige Erstinformationen(insb. technische Vorausset-zungen, Sicherheit und Ein-stieg) findet man auf der Will-kommensseite von FINAN-ZOnline (https://finanzonli-ne.bmf.gv.at).

Auch der Unternehmer kanndie bereits jetzt bestehendenFunktionen von FINANZOnli-ne nutzen. Von Interesse fürUnternehmer wird insbesonde-re die Einsicht in das Steuer-konto, das Einbringen vonRückzahlungsanträgen, dieÄnderung unternehmensbezo-gener Grunddaten sowie dieBestätigung der Gültigkeit ei-ner UID-Nr. sein. Der Unter-nehmer hat darüber hinaus dieMöglichkeit im Rahmen derBenutzerverwaltung mehrereBenutzer anzulegen und diesenverschiedene Funktionen zuzu-ordnen. Damit kann jedem Be-nutzer sein Berechtigungsprofilflexibel zugeordnet werden.

Die nächste Ausbaustufe ist fürdas Jahr 2004 geplant. Dannsoll es auch möglich sein dieEinkommensteuer-, Umsatz-steuer- und Körperschaftssteu-ererklärung für 2003 elektro-nisch zu übermitteln.

Die Erstanmeldung zu FI-NANZ-Online für Einzelunter-nehmen, Personenvereinigun-gen und juristische Personenkann nur durch persönlichesErscheinen bei einem (beliebi-gen) Finanzamt erfolgen. Derjeweilige Einzelunternehmeroder der gesellschaftsrechtlicheVertreter (z.B. Vorstand, Ge-schäftsführer) muss dabei fol-gende Unterlagen vorlegen:

– vollständig ausgefülltes An-tragsformular (steht ab 20. Jän-ner 2003 auf der Homepagedes Bundesministeriums fürFinanzen zur Verfügung)

– Nachweis der gesellschafts-rechtlichen Vertretungsbefug-nis (z.B. Firmenbuchauszug,Gesellschaftsvertrag, Statuten)

– amtlichen Lichtbildausweis(Führerschein, Reisepass oderPersonalausweis).

Sowohl der Einzelunternehmerals auch der gesellschaftsrecht-liche Vertreter kann sich aller-dings auch durch einen Bevoll-

FINANZOnline ermöglicht esseither den berufsmäßigen Par-teienvertretern (Wirtschafts-treuhänder, Notare, Rechtsan-wälte) für ihre Klienten imelektronischen Weg Aktenein-sicht zu nehmen und Anträgeeinzubringen. Seit dem Jahr2002 kann auch die Selbstbe-rechnung, Anmeldung und dieelektronische Übermittlung derAbgabenerklärungen für dieGrunderwerbsteuer, Schen-kungssteuer und Gesellschaft-steuer im Rahmen von FI-NANZOnline erfolgen. Derzeitnutzen bereits über 4.000Kanzleien mit über 20.000 An-wendern dieses System.

Der Teilnehmerkreis von FI-NANZOnline hat sich abertrotzdem weiter massiv erhöht,da seit Jänner 2003 der Zugangfür alle Bürger und Unterneh-mer über das Internet ermög-licht wurde. Die rechtlicheGrundlage dafür wurde durchdie Änderung der FinanzOnli-ne-Verordnung 2002 (BGBl. II448/2002 vom 10. Dezember2002) geschaffen. Derzeit sindbereits ca. 80.000 Bürger undca. 10.000 Unternehmer Teil-nehmer an FINANZOnline, diebereits über 77.000 elektroni-sche Anbringen übermittelt ha-ben.

Die technische Architektur unddas Frontend von FINANZOn-line wurde völlig neu gestaltetund an die Bedürfnisse der An-wender angepasst. Die Abfra-gen erfolgen online aus denDatenbanken der Finanzver-waltung, die übermittelten Da-ten werden online geprüft, so-fort in diese Datenbanken ein-gebracht, einer automatischenRisikoanalyse unterzogen undin einem Spezialsystem (AIS –

eFinanz: Steuererklärung onlineZugang zu FINANZOnline über das Internet nun für alle BürgerInnen und Unternehmen möglich

Im Rahmen der bundesweiten E-Government-Aktivitäten hatdie Finanzverwaltung mit dem elektronischen Datenübertra-gungsverfahren FINANZOnline bereits seit 1998 den „Amts-weg per Mausklick“ realisiert.

Von Helmut Fritsch und Erich Waldecker line – Ein-stiegsseite an-melden. Soferndie Anmelde-daten mit denbereits bei derFinanzverwal-tung vorhande-nen personen-bezogenen Da-ten (Grundda-ten) überein-stimmen, wer-den eine Teil-nehmeridenti-fikation (TID),eine Benutzeri-dentifikation(BENID) undeine persönli-che Identifika-tionsnummer(PIN) verge-ben. Die Über-mittlung dieserZugangsken-nungen erfolgtdurch Zustel-lung mit Rück-scheinbrief(RSa).

Neben der On-line-Anmel-dung ist esauch möglich,sich mit einem – auf derHomepage des Bundesministe-riums für Finanzen zumdownload zur Verfügung ste-henden – Papier-Formular zuFINANZOnline anzumelden.Dieses Anmeldeformular kannbei jedem Finanzamt persön-lich abgegeben oder per Postbzw. Fax an jedes Finanzamtübermittelt werden. Im Falleder persönlichen Abgabe undder Vorlage eines amtlichenLichtbildausweises (Führer-schein, Reisepass oder Perso-nalausweis) werden die Zu-gangskennungen auch sofortpersönlich übergeben. Ansons-ten ist ebenfalls eine Zustel-lung mit Rückscheinbrief(RSa) vorgesehen.

FINANZOnline für Unternehmer

Für Unternehmer (d.h. Einzel-unternehmen, Personenvereini-gungen und juristische Perso-nen) bietet FINANZOnlineauch seit dem 17. Februar 2003insbesondere die elektronischeÜbermittlung der Umsatzsteu-ervoranmeldung (UVA) fürZeiträume ab Jänner 2003.Diese Funktionalität hat vor al-lem deswegen besondere Be-deutung, da ab 1.1.2003 für al-le Unternehmer mit einemVorjahresumsatz von über100.000 Euro die Verpflich-tung zur Abgabe der monatli-chen UVA geschaffen wurde(BGBl. II 462/2002 vom 17.Dezember 2002).

Die Übermittlung der UVAkann nicht nur über ein Online-Dialogverfahren sondern auchüber ein sogenanntes Daten-stromverfahren erfolgen. Da-runter ist eine Massendaten-übermittlung über definierteXML-Schnittstellen zu verste-hen, bei der ein aus mehrerenUVA bestehendes Datenpaketoffline erstellt wird und dannin FINANZOnline durch uplo-ad eingebracht wird.

Abgabeninformationssystem)den Sachbearbeitern zur Verfü-gung gestellt.

FINANZOnline für BürgerFür den Bürger bietet FINANZOnline seit dem 17. Februar2003 vor allem die Möglich-keit, die Arbeitnehmerveranla-gung 2002 auf elektronischemWeg einzureichen. Dabei kön-nen sowohl allgemeine Datenwie etwa der Alleinverdiener-absetzbetrag, als auch die je-weiligen Sonderausgaben,Werbungskosten bzw. außerge-wöhnlichen Belastungen in ei-nem Dialogsystem erfasst wer-den. Dies bringt dem Bürgervor allem folgende Vorteile:

– Keine Papierbeilagen bei derArbeitnehmerveranlagung

– Sofortberechnung der vo-raussichtlichen Steuer

– Bescheidzustellung in denpersönlichen elektronischenPostkasten (DataBox)

Daneben können natürlichauch die bereits jetzt bestehen-den Funktionen von FINANZOnline genutzt werden. Dazuzählen insbesondere die Ein-sicht in das Steuerkonto sowiedas Einbringen von Rückzah-lungsanträgen. Auch die Ände-rung personenbezogener Datenwie z.B. die Adresse oder dieBankverbindung ist im Wegevon FINANZOnline möglich.

Der Einstieg in FINANZOnli-ne erfolgt über die Homepagedes Bundesministeriums fürFinanzen (www.bmf.gv.at).Voraussetzung für den erstenEinstieg in das Verfahren isteine erfolgreiche Anmeldung.Seit 20. Jänner 2003 kann sichder Bürger mit dem Online-Formular auf der FINANZOn-

mächtigten vertreten lassen,wenn diesem eine beglaubigteSpezialvollmacht erteilt wurde.

Nach erfolgter Anmeldungwerden ebenfalls die Zugangs-kennungen vergeben, derenÜbermittlung wahlweise durchpersönliche Übergabe am Fi-nanzamt oder durch Zustellungmit Rückscheinbrief (RSa) er-folgen kann.

Darüberhinaus wurde für denZeitraum März bis Mai 2003eine zeitlich befristete Verein-fachungsregelung für die An-meldung von Unternehmerndurch Wirtschaftstreuhändergeschaffen. Wirtschaftstreu-händer können in diesem Zeit-raum einen Klienten aufgrundeiner Spezialvollmacht – dienicht beglaubigt sein muss – zuFINANZOnline anmelden,während die Zugangskennun-gen zwingend mit RSa-Briefan den angemeldeten Unter-nehmer zugestellt werden.

Startseite der FINANZOnline-Homepage, abrufbar unter https://finanzonline.bmf.gv.at.

Helmut Fritsch ist Leiterder Applikation „Bereichs-übergreifende Finanzverfah-ren (BF)“ und Projektmana-ger in der Sektion „Informa-tionstechnologie (IT)“ desBM für Finanzen. Er ist alsProjektmanager unter ande-rem zuständig für FINANZ-Online.

Zu den Autoren

Mag. Erich Waldecker ist inder Sektion „Informations-technologie (IT)“ des Bun-desministeriums für Finan-zen als Assistent des Abtei-lungsleiters für Finanzappli-kationen tätig. Im ProjekteFinanz ist er für die Koor-dinierung des IT-Bereichsverantwortlich.