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Renward Brandstetters Monographien zur Indonesischen Sprachforschung. IX. Das Verbum Dargestellt auf Grund einer Analyse der besten Texte in vierundzwanzig indonesischen Sprachen. LUZERN Verlag der Buchhandlung Haag 1912.

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Renward Brandstetters Monographien zur

Indonesischen Sprachforschung.

IX.

Das Verbum Dargestellt auf Grund einer Analyse der besten Texte

in vierundzwanzig indonesischen Sprachen.

LUZERN V e r l a g d e r B u c h h a n d l u n g H a a g

1912.

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Kapitel I: Methode und Quellen.

1. Ich beobachte, dass die Vertreter der Sprachvergleichung, mögen sie auf indogermanischem, indonesischem, oder sonst einem Gebiete arbeiten, hauptsächlich zwei Wege einschlagen. Die einen vertiefen sich mehr in die Texte der in Frage kommenden Literaturen, die andern verlassen sich mehr auf Lehr- oder Wörterbücher. Die zweite Methode ist vorzuziehen. Zwar könnte man einwenden, sie gewähre weniger innere Befriedigung als die erste; allein was hat man von der innern Befriedigung? Dafür ist die zweite Methode um so bequemer und führt um so rascher zu fröhlichem Erfolg. Auch ein dritter Weg wird, wie ich beobachte, gegangen, der darin besteht, dass sich einer als Sprach­vergleicher auftut, ohne sich auch nur irgendwie mit den Literaturen bekannt gemacht zu haben. Diese Methode ist, als die müheloseste, am meisten zu empfehlen, nur muss, wer sie wählt, vorher den Titel „Ehrenmann* ablegen.

2 . Ich selber bin durch die besondere Art der vorliegenden IN ( = indonesischen) Monographie leider gezwungen, den ersten der drei genannten Wege zu gehen. Daher will ich mich vor den Vertretern der beiden andern Richtungen etwa mit folgenden Worten gebührendst zu entschuldigen versuchen:

Wohl gibt es eine grosse Zahl von IN Grammatiken und Wörter­büchern, und darunter treffen wir nicht wenige, denen das Prädikat „mustergültig" gehört. Aber für ebenso viele Idiome stehen uns nur unvollständige oder gar keine Lehrbücher zu Gebote. — Dazu kommt, dass der Standpunkt des Einzelgrammatikers ein anderer ist, als der des Vergleichers. Der Grammatiker wird das eine oder andere nicht sehen, welches den Vergleicher interessiert, oder, wenn er es auch sieht, wird er es vielleicht in seine Darstellung nicht aufnehmen. Ein Beispiel: Wir werden uns später mit einem Kausativformans p a k a - beschäftigen, das z. B. im Bugischen auf Südcelebes vorkommt, wo etwa p a k a t a n r e „erhöhen*, abgeleitet vom GW ( = Grundwort) t a n r e „hoch*, so gebildet ist. Im Niasischen, das auf einer Insel hinter Sumatra gesprochen wird, muss nach den Lautgesetzen dieses Idiomes, von denen später geredet wird, p a k a - zu faqa- werden. Dieses Formans f'aqa-nun wird in der Grammatik nicht erwähnt, aber in den Texten tritt es

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uns entgegen. Ein Beleg: In der Geschichte von „Samagowaulu im Süden" steht der Satz: „Lass mich doch nur gehen, Vater!" = Lass + gehen mich nur doch, Vater = faqamoi do mano sa , ama. Hier haben wir das Kausativ f a q a m o i „gehen lassen*, abgeleitet vom GW m o i „gehen".

3 . Die Literaturen der IN Völker sind reich, besonders an echt volkstümlichen Produkten, die nicht nur dem Folkloristen, sondern auch dem Sprachvergleicher am willkommensten sind. Und solche Texte sind in erfreulicher Fülle publiziert, dank dem Eifer vor allem der nieder­ländischen Gelehrten, die, Kern an der Spitze, hier Bewunderungs­würdiges geleistet haben. Es sind uns auch vielfach Texte zugänglich gemacht worden von Sprachen, für die keine Lehrbücher existieren, und das trifft gerade Sprachen, die für den Vergleicher besonders bedeutsam sind, so das Kupangische. — Einzig für das spezifisch philippinische Studium sind die bis jetzt veröffentlichten Texte zu wenig zahlreich. Es wäre daher eine dankbare Aufgabe für die Forscher Scheerer, Conant und Seidenadel, hier Remedur zu schaffen.

4 . Eine wissenschaftliche Operation ist nur auf der Basis des Textstudiums möglich: die Zählung. Ich halte die Zählung durchaus für keine Spielerei; es gehört auch zur Wissenschaft, zu wissen, wie häufig eine sprachliche Erscheinung auftrete. — Musterbeispiel einer Zählung: Das IN kennt auch, wie Kapitel IX zeigt, das reflexive Verbum, das Malayische sagt „sich begeben" wie das Deutsche, das Bugische sagt „se repentir* wie das Französische. Nun ergibt eine Analyse der volkstümlich-kulturhistorischen malayischen Geschichte vom Hang Tuwah auf 112 Druckseiten ein Dutzend reflexive Verben. Ein gleich grosser deutscher oder französischer Text würde mehr aufweisen. Das Ergebnis der Zählung ist also: Das Malayische hat reflexive Verben wie das Deutsche oder Französische, aber sie sind weniger zahlreich als in diesen beiden Sprachen. Mehr als einmal werden wir es übrigens erfahren, dass eine Zählung geradezu den Entscheid herbeiführen kann.

5. Auch wer bloss Lautforschung treiben will, darf sich durch diese Einschränkung seiner Ziele durchaus nicht vom Studium der Texte dispensiert erachten. Das will ich beispielshalber etwa so erhärten: Eine im IN überaus oft vorkommende Erscheinung ist die Metathesis. So tritt GmlN ( = Gemeinindonesisches, d. h. in allen oder doch in den meisten Idiomen vorkommendes) p a r i „der Fisch Roche" uns im Tontemboanischen auf Nordcelebes als p a i r entgegen. Solche Meta­thesen vermögen wir nicht zu fassen ohne das Studium des kupangischen Textmateriales. In diesem Kupangischen, das auf einer Insel gegen

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Neuguinea hin gesprochen wird, erscheint die Metathesis in gewissen Satzzusammenhängen ganz regelrecht. GmlN I a k u „gehen" und k a 1 i „graben" lauten kupangisch 1 a k o und k a 1 i ; aber der Satz „ Da ging ich und grub ein Loch* lautet in der Geschichte vom Dümm­ling : Da ich ging graben Loch. = m o a u k l a o k k a i l b o l o . — Oder ein anderes Beispiel für die Wichtigkeit der Texte auch für den Lautforscher: Im Minankabauischen auf Sumatra weichen Aussprache und Schrift bedeutend von einander ab; und zwar repräsentiert die Schrift in der Regel eine ältere Phase der Aussprache; daher ist die Schrift für das vergleichende Lautstudium von Bedeutung. Nun führt die Grammatik bei ihrer praktischen Tendenz nur das gesprochene Wortbild vor, nicht aber das geschriebene; und auch das sehr vorsichtig gehaltene Wörterbuch bringt zuweilen auch nur die gesprochene Form: In diesem Fall können wir die für uns wichtigere Form nur in den mit einheimischen Lettern gedruckten Texten treffen. Das Wort „Ge­schlecht" z. B. figuriert im Wörterbuch nur als s u n d u i q ; in den Texten aber finde ich s u n d u t , und dass diesem Fund zu trauen ist, d. h. dass in dieser Schreibung wirklich die ältere Lautstufe vorliegt, beweist das ebenfalls auf Sumatra gesprochene Karo, das s u n d u t sagt. Hier hat uns also über eine Lauterscheinung bloss der Text belehren können, Grammatik und Wörterbuch haben versagt.

Beleg: In der minankabauischen volkstümlichen Erzählung Manjau Ari steht, gleich in der dritten Zeile: „Von Geschlecht zu Geschlecht", gesprochen: sundu iq b a s u n d u i q , aber geschrieben: s -f- u -f- n -+-d + u 4 - t b - j - r - r - s - l - u - r - n + d- r -u- t - t .

6 . Endlich habe ich nicht selten eine Diskrepanz zwischen Text und Lehrbuch getroffen, und in diesen Fällen hatte immer der Text recht. Die makassarische Grammatik lehrt: Das formantische Hilfswort 1 a wird „allgemein* gebraucht, um die zukünftige Zeit anzudeuten. Da habe ich mir gesagt: Wenn dem so ist, so werde ich dem Futur­zeichen besonders in den beiden Prophezeiungen im Roman Jayalankara begegnen müssen, da hier die Prädikate ein zukünftiges Geschehnis bezeichnen. Allein in der ersten Prophezeiung figuriert bei einem Dutzend Prädikaten nur dreimal ein Futurzeichen, bei der zweiten gar nie. Und dieses Verhältnis zeigt sich auch ausserhalb der Prophezeiungen, im ganzen Roman. Die Grammatik hätte also die Regel so formulieren sollen: Das Makassarische hat die Möglichkeit, das Futur auszudrücken, gewöhnlich aber setzt es, wo eine zukünftige Zeit gemeint ist, einfach die allgemeine, zeitlose Verbalform.

7. Die vorliegende Monographie behandelt das Verbum im IN. Sie baut sich auf der eingehenden Analyse IN Texte auf. Ich sage

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nicht, dass ich den Grammatiken nichts verdanke, aber ich sage, dass mir überall die Analyse der Texte das Primäre war, die Basis bildete. Und in allen Fällen, da ich eine Grammatik zu Rate zog, habe ich ihre Behauptungen an Hand der Texte nachgeprüft. Sämtliches Belegmaterial, das in dieser Monographie vorkommt, habe ich selber aus den § 11 genannten Texten gesammelt; sollte einer der Belege zugleich in einem Lehrbuch figurieren, so wäre dies ein Zufall, der mir entgangen wäre.

8 . Eine Monographie soll etwas von einem künstlerischen Gebilde an sich haben. Es ist nun keine Kunst, einen Haufen zusammen­zuscharren. Zur Kunst gehört Wahl und Beschränkung, gehört sorg­fältige Begründung, gehört übersichtlicher Aufbau und leichtverständ­liche Darstellung. Vor allem Wahl und Beschränkung; ich werde daher entfernt nicht alle Beobachtungen, die ich gemacht, dem Leaer vor­führen, sondern nur die mir charakteristisch und interessant erscheinen­den. „Charakteristisch" meine ich in bezug auf das IN Sprachgebäude, und wenn ich sage „interessant", so schweben mir vor allem die Inter­essen der indogermanischen und der allgemeinen Sprachforschung vor. Ich will das durch ein Beispiel erläutern. Die IN Sprachen der Philip­pinen haben eine Kopula, die Subjekt und Prädikat aneinanderknüpft, und die a y oder i oder y a lautet. So heisst die Stelle: „Der Knabe schlief ein" am Anfang des Tagalischen Teil: an b a t a i n a i d l i p . Nun gibt es aber gewisse Fälle, wo die Kopula wegbleibt, so, wenn Teil zu Johannes Parrieida sagt: „Steht auf!" = Steht 4- auf Ihr = t u m i n d i g kayo . Die sprachliche Erscheinung der Kopula ist nun charakteristisch für das IN und interessant für den Indogermanisten, darum werde ich im DL Kapitel davon reden; die Einschränkungen des Gebrauchs sind weit weniger belangreich, darum werde ich davon schweigen.

Sollte es sich herausstellen, dass irgend eine Partie dieser Mono­graphie zu knapp gehalten ist, so kann leicht Remedur geschaffen wer­den: Ich werde einfach diese Partie zu einer fernem Monographie aus­gestalten.

9. Aus der Zahl der IN Sprachen habe ich folgende vierundzwanzig als Basis für meine Darstellung gewählt:

Philippinen: 1. Bontokisch. — 2. Tagalisch. Nordcelebes: 3. Tontemboanisch. Mittelcelebes: 4. Baree. Südcelebes: 5. Makassarisch. — 6. Bugisch. Borneo: 7. Dayakisch. — 8. Basa Sangiang. Java: 9. Altjavanisch. — 10. Neujavanisch.

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Inseln gegen Neuguinea: 11. Kamberisch. — 12. Kupangisch. — 13. Rottinesisch. — 14. Masaretisch.

Sumatra: 15. Minankabauisch. — 16. Toba. — 17. Karo. — 18. Gayo. — 19. Atjeh.

Inseln hinter Sumatra: 20. Mentaway. — 21. Niasisch. Malakka: 22. Malayisch. Madagaskar: 23. Howa. — 24. Altmalagasy, d. h. der mit dem

Howa verwandte, aber doch selbständige ältere Dialekt der Ferrand'schen Texte.

10. Rechtfertigung der Wahl dieser vierundzwanzig Sprachen. — Der Grund, dass ich gerade diese Sprachen ausgelesen habe, liegt ein­fach darin, dass mir erschienen ist, sie seien für mein Thema am frucht­barsten. Einzig die Aufnahme der Basa Sangiang bedarf einer nähern Begründung. Basa Sangiang heisst „Sprache der Geister", wobei der Genetiv „der Geister* bloss durch die Stellung, ohne besonderes Formans, bezeichnet ist. Sie ist die liturgische Sprache der Dayaken. Vom eigent­lichen Dayakisch unterscheidet sie sich im Lexikon und im Formen­bestand. So steht im letzten der Totenlieder: Sie hat zur Wiege ein Spinngewebe = Hat -j- Wiege Spinngewebe = b a t u y a f t l a w a . Es ist hier vom GW t u y a n „Wiege" vermittels des Formans b a - das Verbum b a t u y a n „eine Wiege haben" abgeleitet; das gewöhnliche Dayakisch sagt h a t u y a n . Wie immer die Basa Sangiang enstanden sein mag, ihre Formen sind streng IN. So findet sich ein bei ihr be­liebtes Formans na- , resp. n a m - in einem andern Idiom von Borneo, im Tidungischen:

Tidungisch: h a 1 i k u t „binden", vom GW 1 i k u t. n a m p a k i „missbrauchen", vom GW p u k i.

Basa Sangiang: n a l a y a n „ausruhen", vom GW 1 a y a n. n a m p e l e k „unterbrechen", vom GW p e l e k .

Auf ähnliche Weise lassen sich alle andern Sondererscheinungen des Verbums der Basa Sangiang als echt IN dartun; daher bin ich berechtigt, dieselbe in die vierundzwanzig Sprachen einzubeziehen.

I L Es folgt nun ein Verzeichnis der Texte, die ich bei den vier­undzwanzig Sprachen als Basis für meine Untersuchungen und Dar­legungen gewählt habe:

1. Bontokisch: Mythische Erzählungen, Scblachtenberichte, Kopf­jägerzeremonien, Arbeitsgesänge.

2. Tagalisch: Guillermo Teil ni Schiller. 3. Tontemboanisch: Mythische Erzählungen, Opferschilderungen,

Opfergebete, Sagen, Gespenstergeschichten, Märchen.

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4. Baree : Tiergeschichten, Schildburgerstücklein, Volkslieder, Rätsel.

5. Makassarisch: Das kriegerische Epos Maqdi, der Märchenroman

Jayalankara, Elegien, Kinderlieder.

6. Bugiseh: Die erbauliche Erzählung von König Injilai mit den

drei eingeflochtenen moralischen Henkergeschichten, Liebeslieder, Epi­

gramme gegen die Feigheit, Briefe.

7. Dayakisch: Volkstümliche Erzählungen.

8. Basa Sangiang: Die Gesänge beim Totenfeste.

9. Altjavanisch: Die Publikationen aus dem Mahabharata, die philosophierende Legende Kunjarakarna, das philosophische Werk Kama-hayanikan, das Gesetzbuch Jonker, die Metrik des Mpu Tanakung mit einer eingeflochtenen sentimentalen Erzählung.

10. Neujavanisch: Die Geschichte des Reiches von Kediri, das

historische Drama Prabu Dewa Sukma.

11. Kamberisch: Tiergeschichten, Tanzlieder, Erntelieder, Gesänge beim Hausbau.

12. Kupangisch: Die Geschichte vom Dümmling. 13. Rottinesisch: Das Tierdramolett „Hahn und Affe". 14. Masaretisch: Tiergeschichten, Gründungssagen, Eidformeln. 15. Minankabauisch: Die volkstümliche Erzählung von Manjau Ari. 16. Toba: Der Streit des Sangmaima um die Erblanze. 17. Karo: Die Geschichte vom Vielfrass. 18. Gayo: Die Sage von der blauen Prinzessin. Kleine kulturelle

Genrebildchen. 19. Atjeh: Die Geschichte vom Vogel Pelikan.

20. Mentaway: Liebes- und Komplimentiergespräche, Unter­

haltungen über Priestertum, Medizin, Sitte, Recht.

21 . Niasisch: Volkstümliche Erzählungen, Hochzeitslieder, Sprich­wörter, der grosse Heldenhymnus Lagemann.

22. Malayisch: Das familiäre Epos Bidasari, die kulturhistorische Erzählung Hang Tuwah, die Reisebeschreibung Abdullahs.

23. Howa: Das moralische Testament des Umbiasa, die alte Grab­rede von Imerina, Rahidys Fabeln.

24. Altmalagasy: Mohammedanische Predigten und Gebete.

12 . Rechtfertigung der Wahl dieser Texte. — Weitaus die meisten der gewählten Texte sind originell-volkstümlicher Art, sie sind also ganz so, wie sie der Sprachvergleicher wünscht. Eine Ausnahme bilden die Tagalischen, Altjavanischen und Altmalagasy Texte, deren Heranziehung also zu rechtfertigen ist.

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I. Die Tagalische Uebertragung des Teil ist von Rizal. Wer mit dem Namen Rizal bekannt ist, wird sich gleich sagen, dass in dieser Uebersetzung das reinste und echteste Tagalisch vorliegen muss.

II. Die Altjavanische Literatur erweist sich, soweit sie bisher ver­öffentlicht ist, als eine Kunstliteratur im eminentesten Sinne des Wortes, in weitgehender Abhängigkeit vom altindischen Schrifttum. Dieser Abhängigkeit entspricht auch der Wortvorrat des Altjavanischen, er zeigt ein sehr starkes Kontingent altindischen Lehngutes. Das Ramayana beginnt mit einem sehr breit ausgeführten Charakterbild, und in diesem sind die Epitheta ornantia mehrheitlich Sanskritwörter, einheimisch sind etwa r enön „berühmt", d u m i l a h „glänzend" und mäs ih „liebevoll". — Allein das fremde Element hat nur den Wortschatz infiziert, Formen­bau und Syntax, also auch das Wesen des Verbums, sind kaum minim angetastet. Ein Aehnliches gilt vom Lehngut auch in den andern IN Idiomen, wie die Forschungen über dasselbe, so die von van Ronkel dartun. — Wir werden also die Altjavanischen Texte nicht bloss ohne Bedenken verwenden, sondern sie werden uns unter allen Texten das meiste bieten.

III. Die Altmalagasy Texte zeigen ähnliche Verhältnisse wie die Altjavanischen; sie enthalten ziemlich viel arabisches Lehngut, im übrigen gilt zur Rechtfertigung ihrer Aufnahme das nämliche, das bei den Altjavanischen vorgebracht wurde.

13. Es gibt einige IN Wörterbücher, die zu ihren Schlagwörtern so umfangreiche Belege geben, dass diese Belege oft kleine abgerundete Textganze darstellen. Dies zeigt sich z. B. beim Cam-Wörterbuch von Aymonier und Cabaton, oder beim Gayo-Lexikon von Hazeu. Die „kleinen kulturellen Genrebildchen*, die oben genannt wurden, sind solche ausführliche Belege im Hazeu'schen Wörterbuch.

14. Die in § 11 aufgezählten Texte sind von verschiedenem Umfang, aber dieser Umfang war fast immer so, dass er den Bedürfnissen der vorliegenden Monographie genügte. Wo das nicht der Fall war, habe ich noch andere Texte herangezogen. Ein Beispiel: Im Howa treffen wir einen interessanten aus dem Geleise der regelrechten Bildung heraustretenden Imperativ: f u h a „erwache!*. Dieses f u h a aber steht weder im Testament des Umbiasa, noch in der Grabrede, noch in den Fabeln; wohl aber figuriert es in den Orakelformeln von Amurunkay und Vunizungu; ich werde also in der Abhandlung über den Imperativ diese Orakelformeln heranzuziehen haben. — Gerade wie ich gelegentlich andere Texte als die in § 11 genannten benütze, so werden gelegentlich auch andere Idiome als die § 9 angeführten zur Aussprechung gelangen.

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15. Der grössere Teil der in § 11 genannten Texte ist von Uebersetzungen begleitet. Dem Sprachvergleicher sind solche Ueber-tragungen am liebsten, die, ohne hölzern stilisiert zu sein, sich nicht weit vom Wortlaut des Originals entfernen. Als vorbildlich betrachte ich die Art und Weise, wie Kern, die beiden Adriani oder Blagden übersetzen. Von den beiden Uebertragungen des Sangmaima kommt die elegantere von Pleyte dem Literaturforscher, die wörtlichere von Schreiber dem Sprachforscher bequem. Die van der Toorn'sche Ueber­tragung des Manjau Ari ist für die Bedürfnisse des Sprachforschers hie und da zu frei, so wenn er, beim Charakterbild des Bandaharo, die Stelle: Er tötete und bezahlte kein Wergeid, er verwundete und zahlte keine Busse = Tötete, nicht bezahlte + Wergeid, verwundete, nicht bezahlte + Busse = m a m b u n u a h i n d a q m a m b a f t u n , m a n -c a n c a h i n d a q m a m a m p e h übersetzt mit: Er verfügte frei über Leben und Tod seiner Untertanen — Ich selber habe bei meinen Uebersetzungen, welche das Debüt meiner IN Studien sind, und womit ich mich auch für die sprachvergleichenden Arbeiten vorbereitet habe, verschiedene Wege eingeschlagen: Der Hang Tuwah und der Paupau Rikadong mögen für den Literaturforscher wie für den Sprachvergleicher brauchbar sein; der Jayalankara bedeutet eine starke Kürzung des etwas weitsehichtigen Originals, der Sprachforscher möge also nicht darnach greifen; umgekehrt habe ich die Uebertragung des Injilai eigens auf die Bedürfnisse des Sprachforschers, sogar des Anfängers, zugeschnitten: In den Anmerkungen sind mühsamer zu lesende Stellen transkribiert, und jeder irgendwie schwierigere Passus ist wörtlich übersetzt und sprachlich erläutert. Ich habe dies getan, weil ich glaube, dass eine exakte Kenntnis des Bugischen dem IN Sprachvergleicher unentbehrlich ist. — Noch mehr kommen dem Bedürfnis des Studierenden die Snouck'sche Uebertragung der blauen Prinzessin oder die Kupangische Uebersetzung von Jonker entgegen: ersterer glossiert Wort für Wort, letzterer gibt eine doppelte, eine interlineare und eine freie, Uebersetzung.

16. Ich habe für meine Monographie fünf Vorarbeiten, alle von hohem Wert. Kern hat mehrere Essays über das altjavanische Verbum geschrieben; Jonker hat die Bezeichnung der Personen beim IN Verbum dargestellt; Brandes hat über das Infix - i n - abgehandelt; van Ophuysen hat gewisse Erscheinungen des Malayischen Verbums besprochen; Adriani hat in seine Lehrbücher allerlei feinsinnige Bemerkungen eingestreut. — Ich habe mich bestrebt, auch bei diesen Materien noch Neues zu finden und zu sagen.

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Kapitel II: Das verbale Grundwort.

17. In Hinblick auf die Ziele unserer Monographie können wir die IN Wörter in zwei Gruppen einteilen: Grundwörter und Wörter, die vermittels Formantien von den GW weitergebildet sind. Letztere kann man kurz „formierte" Wörter nennen. Das GW, meist zweisilbig, hie und da auch ein- oder dreisilbig, ist das kürzeste in der wirklich gesprochenen Sprache lebende Wortbild; dass man GW theoretisch noch weiter zerlegen kann, berührt uns in dieser Monographie nicht. In dem Niasischen Verse aus dem Heldenhymnus Lagemann: Er ging und umfasste den Schaft der Lanze. -- G. umf. Seh. L. = m o i m u r a q u d o t o a h u l a y o ist das Wort m o i „gehen* ein GW, m u r a q u „umfassen* ein formiertes Wort, abgeleitet vom GW r a q u . Es sind also hier beide Arten, ein GW und ein formiertes Wort in der lebendigen Rede, im Satzganzen, verwendet.

18. GW, die eine Tätigkeit, eventuell auch ein Leiden oder einen Zustand bezeichnen, nennen wir verbale GW. Im vierten Gesang der Malayischen Epopöe Bidasari lautet ein Vers: Tag um Tag sass er trauernd da. = jeden jeden T. s. t. = t i y a p t i y a p h a r i d u d u q b e r c i n t a . Hier ist d u d u q ein verbales GW, es bedeutet „sitzen*; und überall, wo es vorkommt, bedeutet es „sitzen", nie „Sitz*, dieses ist k a d u d u k a n.

19. Es gibt nicht wenig verbale GW, die, ganz unverändert oder nur nach strengem Lautgesetz modifiziert, durch so viele IN Sprachen gehen, dass wir sie GmlN nennen müssen. Ein solches Wort ist t a k u t , eventuell t a k o t , etc. „fürchten, sich fürchten." — Belege: Im Tagalischen Teil sagt Friesshardt: Und fürchten uns vor keinem Alpenwasser. = U. nicht uns -f- f. vor den W. der A. — a t d i n a t a t a k o t sa m a n a i l o g n a n a l p e s . In der Bugischen Gründungsgeschichte von Luwuq steht: Seine Diener fürchten sich. -= f. + si. D. se. = m e t a u q n a a t a na. Im Malayischen Hang Tuwah spricht Hang Jebat: Ich fürchte mich nicht zu sterben. — N. i. f. -f- m. z. st. = t i y a d a a k u t a k u t a k a n m a t i. In der Howa Fabel vom Esel steht: Niemand war, der ihn nicht fürchtete. - -Nicht war, nicht f. i. = t s i n i s i t s i n a t a h u t r a a z i . '

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Anmerkung. Ich habe für die Behauptung, dass t a k u t GmlN sei, bloss Belege aus vier Verbreitungsbezirken gebracht, aus den Philippinen, aus Celebes, Malakka, Madagaskar. Streng genommen müsste ich Belege aus allen vierundzwanzig Idiomen, oder doch aus der Mehrzahl derselben vorführen, um im Leser die Ueberzeugung entstehen zu lassen, dass t a k u t wirklich GmlN sei. Allein dieses Verfahren würde eine solche Anhäufung von Ballast bedeuten, dass der § 8 gewünschte Charakter der Monographie verloren ginge. Ich beschränke mich daher hier und im folgenden darauf, bloss drei oder vier der von mir gesammelten Belege mitzuteilen; dabei beobachte ich aber überall die strenge Vorsicht, dass die Sprachen, die ich jeweilen heranziehe, verwandtschaftlich und geographisch möglichst weit auseinander liegen, wie hier das Tagalische, Bugische, Malayische und Howa.

2 0 . Wrir haben vorhin gesehen, dass sowohl grundwortliche als auch formierte Verben im Satz als Prädikat funktionieren können. In den meisten IN Idiomen überwiegt das Quantum der formierten Verben bedeutend, doch findet sich daneben stets eine Minderheit unformierter, grundwortlieher Verben. Dieses Verhältnis ist als GmlN zu bezeichnen. Einzig in Sprachen, die gegen Neuguinea hin hegen, so im Masaretischen, beobachte ich das Gegenteil, dass also die nichtformierten Verben in den Texten vorwiegen. — Das Gesagte soll durch eine Zählung erhärtet werden. In der Tagalischen Textpartie, wo Baumgarten die Zumutungen Wolfenschiessens erzählt, sind alle Verben formiert; in der Stelle „der Burgvogt lieg' in meinem Haus" ist der Begriff „liegen* durch „sein = esse* ersetzt, und dieses ist nicht verbal ausgedrückt, aus Gründen, die später behandelt werden. In der Tontemboanischen Geschichte von der Besiegung der Antilope durch die Muschel finden sich in 23 Druckzeilen fast lauter formierte Verben. In der Masaretischen Geschichte vom Geist mit den sieben Schnüren treffen wir dagegen in 39 Druckzeilen nur 5 formierte Verben: e p t e a <Z Formans e p -4- GW t e a „setzen", e p h a t a k „opfern", d a n e w e n < d a -4- n e w e n „leben*, d a m a t a , sterben", e p m a t a „töten".

2 1 . Wenn wir nun wissen, dass.verbale GW, ohne Formans, im Satze verwendet werden können, und wenn wir uns dann weiter erkun­digen, ob bestimmte Kategorien von Verben so gebraucht werden, so ergibt die Analyse der Texte folgendes Resultat: Am häufigsten sind es passivische und neutrale GW, die als Prädikat dienen können; seltener dativische, die sich mit dem Objekt vermittels einer Präposition ver­knüpfen: ganz selten akkusathisehe, die das Objekt ohne Präposition zu sich nehmen. — Belege. Dayakisch, aus der Geschichte von Sangu­mang : Er wünscht angeredet zu werden. — b l a k u t i n a k . Kam-

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berisch, aus dem Rätsel vom Mais: Er steht auf. = n a h a d a n. Altjavanisch, aus dem Adiparwa: Vertraut sein mit dem Innenleben. = w e r u h r i a m b e k . Malayisch, aus dem Hang Tuwah: Bildung besitzen. = be. Bi. = t a h u b a h a s a. — Hier haben wir also das passivische GW t i n a k „angeredet werden*, das neutrale h a d a h „stehen", das dativische w e r u h „vertraut sein mit", das akkusativische t a h u „besitzen" im Satze verwendet.

Dass die passivischen GW wirklich passivischer Art sind, beweist der Umstand, dass der Agens zu ihnen treten kann, angefügt durch die gleiche Präposition, die beim formierten Passiv dient, z. B. im Malayischen durch o l e h „durch, von*. — Beleg aus der Gesamtchronik: Dieser König wurde von König Alexander besiegt. = Wurde 4- besiegt K. d. v. K. A. = (maka ) a l a h (Iah) r a j a i t u o l e h r a j a i s k a n d e r .

Anmerkung. Die IN Sprachen sind reich an Partikeln. Solche Partikeln dienen oft nur dazu, den Satz anzuheben, wie obiges m a k a , oder auf einen Satzteil den Nachdruck zu legen, wie obiges I a h , oder den Gegensatz zu markieren, und dann sind sie unübersetzbar. Zur grössern Bequemlichkeit für den Leser setze ich sie in Klammern; der Leser möge sie also einfach übergehen.

22 . Sozusagen in allen IN Sprachen ist das Verbum „sein* — nicht unsere Kopula „sein, esse*, sondern das Verbum „sein* = existieren, sich irgendwo befinden" — ohne Formans; diese Erscheinung ist GmlN zu nennen. Belege: Magindanao, aus der Gesprächsammlung bei Juan-marti: Es ist jemand da. = Ist -4- d a j . = a d e n s a k a t a u . Ma­duresisch, aus der Geschichte Paman Manceng: Es war einmal ein Mann. = War ein Mensch männlicher. = b a d a s e t t o n o r e n l a k e q . Seraway, aus der Geschichte Ringan Sedayu: Es war einmal ein König. = Ehemals w. e. R. = b e m u la w a d a w s u q a t u r a j a w .

2 3 . Zählungen zu § 21 und 22.

I. In der Altjavanischen Geschichte von der bösen Schlange Takschaka im Adiparwa des Mahabharata finden sich viele neutrale, einige passivische, einige dativische und ein akkusativisches GW, t u n g a n „sitzen auf*. — Beleg: Sie sass auf dem Berg. _-•• t u r i g a n p a r w a t a.

II. In der Malayischen Jugendgeschichte des Hang Tuwah treffen wir das gleiche Verhältnis wie im Altjavanischen. Neben vielen neutralen GW figurieren da einige passivische und dativische, und ein akkusa­tivisches, t a h u „kennen*. — Beleg: Bildung besitzen. _- t a h u b a h a s a.

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HI. In der Dayakischen Geschichte Asang Baratih ist das Verhältnis wieder ein ähnliches, nur stossen wir darin auf mehr akkusativische GW, und zwar solche der Bewegung, worüber später abgehandelt wird.

IV. In sämtlichen Howa Fabeln von Rahidy bilden die neutralen und passivischen die Mehrheit, die dativischen sind durch einen Fall vertreten: einem sagen — h u i, akkusativische fehlen. Aber zwischen den neutralen und den passivischen ist — im Gegensatz zum Altjavanischen, siehe unter I — das Verhältnis so, dass die letztern, wie h i t a „gesehen werden", den andern die Wage halten.

2 4 . Wenn nun die Sprache nicht verbale GW, sondern formierte Verben verwenden will, so kann sie diese von den verschiedensten Basen aus, von allen Wortarten und sogar von Komplexen, bilden.

I. Das formierte Verbum wird von einem GW gebildet, das schon an und für sich verbalen Charakter hat. Wenn im Anfang der Alt­javanischen Episode vom Tode des Abhimanyu im Bharata-Juddha steht: Der Dharmasohn war entsetzt. = sah d h a r m m a s u t a a t e g e g , so haben wir hier ein formiertes Verbum a t e g e g , abgeleitet von dem an und für sich verbalen GW t e g e g „entsetzt sein".

II. Ableitungen von substantivischen GW. Beispiel: Altbugisch p a j u n „königlicher Sonnenschirm", m a q p a j u n „den königlichen Sonnenschirm führen". — Beleg aus der Gründungsgeschichte von Luwuq: Sie gingen zu dem, der den königlichen Sonnenschirm führte. = Gingen zu Sonnenschirmführendem dem = m e n r e q r i m a q p a j u h e .

IH. Ableitungen von jeder andern Wortart: Von dem Frage­pronomen a p a bildet das Altjavanische das Verbum a n a p a „was tun, was wollen"; von dem Worte e n „ja" kommt im Tontemboanischen men <^ ma -4- en „ja sagen" mit dem Präteritum n i m e n ; aus der Interjektion des Räusperns ehem macht das Dayakisehe das Verbum n a n e h e m „räuspern*. — Belege. Altjavanisch, aus dem Mausala-parwa: Was hatten die Brahmanen, dass sie fluchten? = W. -4- h. d. B. f. = a n a p a ( t a ) s i r a b r ä h m a n a c u m ä p a . Tontemboanisch, aus der Geschichte von der Pythonschlange: Die Jüngste, sie hat Ja gesagt. — si c a a k a r a n i s i a ( k a ) n imen. Dayakisch, aus der Geschichte vom Räuspern: Er räusperte sich „hm"=^iä n a n e h e m e h e e h e m.

IV. Ableitungen von Komplexen. Im Makassarischen heisst „bitten* p a 1 a q und Hülfe „ t u l u h *, und „um Hülfe bitten" ist p a p a l a q -t u 1 n n i. Hier ist aus einem Komplex p a l a q - 4 - t u l u n vermittels der beiden Formantien p a - und - i ein Verbum gebildet. — Beleg, aus dem Jayalankara: Niemanden anders können wir um Hülfe bitten als die Schlange. = Nicht andern können wir um 4- Hülfe 4- bitten

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ausgenommen Schlange die nur = t a e n a m a r a e i i m a k a k i q p a p a l a q t u l u n i p a s a n a l i n n a n a g a y a j i .

2 5 . Schlussbemerkung zu Kapitel H : Abgrenzung des Verbums gegenüber dem Substantiv und dem Adjektiv.

I. Verbum und Substantiv. Es gibt GW, die verbal, und solche, die substantivisch sind. Das Malayische GW d u d u q heisst „sitzen" und nicht „Sitz", das Bugische GW a p i ist „Feuer" und nicht „bren­nen" ; im Malayischen wird „Sitz" durch k a d u d u k a n , im Bugi­schen „brennen" durch t u n u wiedergegeben. Wohl nennen die Wörter­bücher GW, die zugleich Verben und Substantive seien; aber in sehr vielen Fällen sagen die Texte, das sei blosser Schein. In allen Malay­ischen Lexika steht, t i d o r bedeute „Schlaf" und „schlafen", aber t i d o r „Schlaf" verlangt im Satzzusammenhang andere Pronomina als t i d o r „schlafen". „Er schläft" ist t i d o r i y a , „sein Schlaf da­gegen t i d o r na. So sind Verbum und Substantiv wenigstens durch die Konstruktion geschieden. Oder, ein anderer Fall: Toba p i n t u heisst sowohl „Türe" als „geschlossen"; aber p i n t u „Türe" hat den Akzent, nach GmlN Betonungsart, auf dem i, p i n t u „geschlossen" auf dem u. — Zur Formierung der Verben und der Substantive dienen oft die gleichen Formantien, Bugisches - eh versieht beide Funktionen. Allein auch hier weiss sich die Sprache vor Verwirrung zu schützen. Die Bugischen GW haben oft einen zwei- oder dreifachen Auslaut, worüber ich in einer frühern Monographie abgehandelt. So tritt gauq „GW für den Begriff Machen" auch in den Varianten g a u k und g a u r auf. Der Variante g a u k bedient sich nun die Sprache, um das Substantiv zu bilden: g a u k e n „Sache", aus der Variante g a u r schafft sie das Verbum : g a u r e n „machen".

II. Verbum und Adjektiv. Es findet sich auch auf dem Territorium des Adjektivs die Erscheinung, dass Formantien verwendet werden, die zugleich beim Verbum funktionieren. So bildet m a- im Howa sowohl Verben als Adjektiven, allein bei e i n e m u n d d e m s e l b e n GW wird dieses m a - kaum je verwendet, um beides, Verbum und Adjektiv, zu erzielen. Wohl macht die Sprache aus dem GW t e w i n a „dicht" das Adjektiv m a t e w i n a, aber für das Verbum verwendet sie eine andere Bildungsweise: m a n a t e w i n a „dicht machen".

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Kapitel III: Die Formantien des Verbums.

2 6 . Wir wissen bereits, dass das verbale GW bald ohne, bald mit Dazukommen anderer sprachlicher Mittel als Prädikat funktionieren kann. In dem Niasischen Sprichwort: Du brauchst die Hand nicht zu schliessen, wenn du keinen Tabak darin hast. = Nicht schliesse H., wenn nicht T. = boi g o c h o i d a n a , n a lo b a g o ist g o c h o i unverändertes GW und figuriert als Prädikat. In dem Passus aus der Masaretischen Eidesformel: Er stirbt in acht Tagen. = In T. a. st. e. = l a b e t o e t r u w a d a m a t a di hat das GW m a t a noch ein sprachliches Mittel, das Formans d a - an sich genommen, um als Prädikat auf­zutreten.

2 7 . Solcher sprachlicher Mittel gibt es nun zweierlei. Entweder sind es Silben, die mit dem GW zu einem einheitlichen, unter e i n e m Akzente stehenden Gebilde zusammentreten. Oder es sind selbständige Wörter, die sich zwar dem verbalen GW zuordnen, aber mit ihm nicht zusammenschmelzen. Die ersteren heissen Formantien, die letztern formantische Hilfswörter. Wenn es in einem Bugischen Liebesliede heisst: Die Gleichgültigkeit verändert sich in Leidenschaft. = G. die wird L. — l e b b a e m a n c a j i s e n e r r e h , so ist m a n - in m a n c a j i ein Formans. Steht aber in einem andern Bugischen Liebes­lied : Er hat betrogen. = H. e. b. = p u r a n a b e l l e , so ist p u r a , das eigentlich „fertig* bedeutet, hier aber die Vergangenheit anzeigt, ein formantisches Hilfswort. — Im Verlaufe dieses Kapitels werden wir uns nur noch mit den Formantien befassen, über die formantischen Hilfs­wörter wird später wieder gesprochen werden.

2 8 . Da die Lautgesetzlichkeit die Basis der sprachvergleichenden Betrachtung darstellt, so haben wir uns zunächst, nach den einleitenden Bemerkungen der beiden vorigen Paragraphen, mit den lautgesetzlichen Verhältnissen der IN Verbalformantien zu befassen. Es geben aber nicht alle vierundzwanzig Sprachen Anlass zu Erörterungen.

I. Bontokisch. GmlN Pepet, das heisst, das flüchtige e, wird im Bontokischen zu e, daher erscheint das GmlN Formans - e n im Bon­tokischen als - e n.

II. Tagalisch. GmLN e ergibt im Tagalischen i, daher Formans n < - e n. — Der eine Teil der GmlN r tritt im Tagalischen als g

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auf, nach dem RGH-Gesetz, daher das Tagalische Formans m a g - < m a r - . So steht neben Toba m a r - s o m b a ein Tagalisches m a g -s i m b a „anbeten*.

III. Bugisch. GmlN Konsonant, ausser Nasal, vor einem andern Konsonanten, wird im Bugischen zu q; so stellt sich neben Toba m a r t a r u das Bugische m a q t a r o < m a r -f- t a r o „setzen". Durch Uebertragung kann m a q - auch vor Vokalen Platz nehmen, wie in m a q e n e q „glänzen", vom GW e n e q. — Alle GmlN auslautenden Nasale werden im Bugischen zu n unifiziert, daher hat es - e n und - a n für GmlN - e n und - a n .

IV. Makassarisch. Das Makassarische teilt die Gesetze, die unter III dem nahe verwandten Bugischen zugeschrieben sind, dazu kommt noch das Gesetz: GmlN e gibt das Makassarische mit a wieder, daher fallen Bugisch - e n und - a n ira Makassarischen in - a ii zusammen.

V. Toba. GmlN e stellt sich im Toba als o dar, daher Toba -on < en. Darum haben wir auch unter I. Toba m a r s o m b a neben Tagalisch m a g s i m b a getroffen, beide aus ursprünglichem m a r s e m b a h .

VI. Howa. Anlautendes GmlN b ergibt im Howa w, daher For­mans w a - <[ ba - . — Unbetontes GmlN e ist ira Howa als i weiter­geführt ; auslautender GmlN Nasal jedes Organs als - n a ; daher erscheint das oft genannte Formans - e n im Howa als - i n a . — GmlN k wird im Howa spirantisch, daher setzt das Howa h u - neben Karo k u -.

2 9 . Die Lautgesetze der bisher vorgeführten Sprachen sind alle von mir in frühern Monographien behandelt worden, daher brauchte ich sie hier bloss zu nennen, nicht zu begründen. Anders nun beim Niasischen. Ueber die Lautgesetze des Niasischen hat noch niemand etwas vorge­bracht ; daher muss ich hier weiter ausholen.

I. GmlN e ergibt im Niasischen o. Daher: GmlN e n e m „sechs* GmlN t e 1 e n „schlingen" GmlN k e n a „getroffen"

Niasisch o n o Niasisch t o 1 o Niasisch g o n a

II. GmlN auslautender Konsonant verstummt im Niasischen. Daher: GmlN e n e m „sechs" GmlN t e l e n „schlingen" GmlN t a k u t „fürchten"

Niasisch o n o Niasisch t o 1 o Niasisch t a q u

III. GmlN anlautendes k erscheint im Niasischen als g. Daher: GmlN k a k a »älterer Bruder" GmlN k i m a „Muschel" GmlN k e n a „getroffen*

Niasisch g a q a Niasisch g i m a Niasisch g o n a

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IV. GmlN inlautendes k wandelt sich zu q. Daher: GmlN t a k u t . „fürchten" GmlN b u k u „Knoten" GmlN k a k a -älterer Bruder"

Niasisch t a q u Niasisch b u q u Niasisch g a q a

V. GmlN anlautendes p wird spirantisch. Daher: Niasisch f i t u Niasisch f u r i Niasisch f a n a

GmlN p i t u „sieben" GmlN p u r i „hinten" GmlN p a n a h „Schiesszeug"

VI. Diesen Lautgesetzen gemäss ergibt sich bei den Formantien folgendes:

GmlN - e n > Niasisch - o GmlN k a - > Niasisch ga -GmlN p a k a - ]> Niasisch f a q a

3 0 . Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die Lautvorgänge, die sich bei Präfigierung des Formans n in den verschiedenen IN Idiomen einstellen:

I. Es gibt ein GmlN Formans n-, von dem wir noch viel zu sagen haben werden. So bildet das Bugische vom GW a t t a das Verbum n a 11 a „bereit sein", das Neujavanische vom GW g o 1 e k das Verbum h g o 1 e k „suchen*.

II. Nun duldet aber das IN in den wenigsten Fällen zwei Konso­nanten im Anlaut. Das hat nun bei Antritt des Formans ii- an konso­nantisch beginnende GWT zu mannigfachen Ausgleichen geführt. Die folgenden sind die wichtigsten, sie sind GmlN zu nennen:

h + k > h n + t > n h + p > m

Beispiele, aus dem Neujavanischen: n -f- GW k i r i m ^> i i i r i m „senden" ii + GW t u m b a s > n u m b a s „kaufen* n + GW p a k a h > m a k a h „sich verzweigen".

III. Nun treten, wie später ausführlich dargetan werden soll, oft mehrere Verbalformantien zugleich an das verbale GW. So ist es eine GmlN Erscheinung, dass sich mit dem Formans ii das Formans m a -kombiniert als m a -f- ii; etwas seltener erscheint a-, a r - -f- n oder m a r -f h. Der Antritt dieser weitern Formantien bringt keine Ver-änderung in der Funktion oder Bedeutung des n- mit sich. Das Neu­javanische sagt neben obigem n g o l e k auch a n g o l e k , und beide bedeuten das nämliche. — Hier, unter IH, steht das h unter andern Bedingungen, als bei II, es steht im Inlaut. Die Lauterscheinungen,

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<lie hier auftreten, sind daher auch anderer Natur, es sind meist einfache Assimilierungen, so wird im Dayakischen m a - f - n - f - t a r i k > m a n t a t i k „werfen".

IV. Wir haben also, naturgemäss, im Inlaut eine andere Behandlung als im Anlaut. Nun haben aber vielfach Ausgleiche stattgefunden, darin bestehend, dass die Erscheinungen des Anlautes in den Inlaut gedrungen «nd. So ergibt im Dayakischen h 4 - t a l u s o h „Fackel" > n a 1 u s o n «Fackeln machen"; ma -f- ii -I- t a l u s o n , sollte, nach III, m a n -t a l u s o h werden, es heisst aber m a n a l u s o n . — Ausgleiche dieser Art finden sich in so vielen IN Sprachen, dass wir sie GmlN nennen müssen.

V. Da im Inlaut also Ausgleiche stattfinden, so begreifen wir, dass wir gelegentlich auch auf ein Schwanken der Formen stossen, als Zeichen, dass der Ausgleich noch nicht perfekt ist. So bildet das Dayakische vom GW b a l ä h „vergelten" sowohl m a m b a l ä h als m a m a l ä h .

3 1 . Wir haben in den letzten Paragraphen jene lautlichen Er­scheinungen bei den Formantien besprochen, die wir lautgesetzlich fassen und begreifen können. Allein wir stossen auch auf eine Minderzahl von Lauterscheinungen, bei denen das nicht möglich ist. Neben das GmlN Formans t a - , welches ein Passivbildner ist, stellt das Sundanesische

•ein t i -. Nun entspricht einem GmlN a im Sundanesischen ausnahmslos •ebenfalls ein a; also ist Sundanesisch t i - nicht lautgesetzlicher Ver­treter \on GmlN t a - . Wie wollen wir uns nun das Verhältnis von t i -zu t a - zurechtlegen ? Sollen wir einfach erklären, sie haben miteinander nichts zu tun? Das geht kaum, denn der Konsonant ist doch ein und derselbe, und die Bedeutung ist die nämliche. Wir hoffen nun, die fortschreitende Forschung werde hier Licht schaffen, und belegen Er­scheinungen wie dieses ta : ti mit dem provisorischen Namen „Variation*.

3 2 . Es gibt nun doch auch Variationen, denen wir näher treten können: es sollen hier einige dieser Fälle vorgeführt werden.

I. Das Dayakische hat ein Formans m e -, welches Verben aus Naturlauten schafft; so sind von den Interjektionen k a p.', b u s !, r o k ! die Verben m e k a p , m e b u s , m e r o k gebildet; aber r i i i „kling"! ergibt m i r i n „klingen"; hier hätten wir eine Variation me: mi. Sehen wir aber näher zu, so offenbart sich uns, dass die Inter­jektionen mit i das Formans m i - haben, es heisst also auch m i - t i p , m i - s i r. Die Variation ist also hier durch eine Assimilation bewirkt.

II. Neben die GmlN oder doch weit verbreiteten Formantien ma-, m a n - < m a - ( - n , b a r - , t a r - stellt das Malayische seine m e - , mei i - , b e r - , t e r - . Nun bat das Malayische die Neigung, den GmlN Vokal von Silben, die v o r der Tonsilbe liegen, zu e zu schwächen;

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Beispiele: GmlN b a n u w a „Land" > Malayisch b e n u w a , GmlN k u 1 i 1 i n „herum" > k e 1 i 1 i h ; auch in den beiden Lehnwörtern p e r i k s a „Probe" und s e v d a d u „Soldat" zeigt sich der gleich e-Vorgang. Nun stehen aber auch obige Formantien stets v o r der Ton­silbe, daher hat auch hier Schwächung stattgefunden, die Formantien m e - etc. sind also aus m a - etc. hervorgegangen.

Eine Ausnahme macht das Formans 1 e -, das aus Schallinterjek­tionen Verben bildet, z. B. 1 e t a k „klopfen" < 1 e + t a k. Hier entspricht in andern Idiomen dem e nicht ein a, sondern z. B. im Dayakischen ein e, wie in l e g c p <C 1 e -f- g o p „klopfen", im Toba ein o, wie in l o n i i i <C 1° + h i n „schrill tönen": Wo sich aber die Vokale so gegenüberstehen, repräsentiert, nach dem Pepet-Gesetz, das er

wie es das Malayische aufweist, den ursprünglichen Zustand.

3 3 . Den Schluss unserer Betrachtung des lautlichen Momentes der Formantien soll eine Erörterung der Infixe bilden. Ein GmlN Verbal­infix ist - u m - , z . B . in Altjavanisch l u m a k u „gehen", vom GW I a k u . Statt dieses Infixes - u m - finden wir in andern Sprachen, so im Mentaway und im Niasischen ein Präfix mu- . So bildet das Nia­sische vom GW h e d e das Verbum m u h e d e „reden". Nun zeigen aber die Texte, dass für mu -f be in m u h e d e ganz willkürlich auch hu -f m e gesagt werden kann. Im Hochzeitsgesang steht: So-redete der alte Häuptling. = h u 1 o m u h e d e l a f a u l u o ; aber in der Geschichte vom Kapitän heisst es: Warum redetest du nicht? -W. n . p . d . = l i a n a w a 1 o li u m e d e o. Es kann also hier eine ganz willkürliche Metathesis eintreten; und da es uns natürlicher vor­kommt, dass die Präfixe das Ursprüngliche seien, so nehmen wir, ge­mäss obigem Beispiele an, die Infixe seien durch Metathesis aus Prä­fixen entstanden.

3 4 . Wir haben nun die lautliche Seite der Formantien erörtert,, und wenden uns weitern Betrachtungen dieser verbalbildenden Silben ziu Am Anfang dieses Kapitels haben wir einen Unterschied zwischen For­mantien und formantischen Hülfswörtern gemacht. Wir ergänzen die dortigen Darlegungen, indem wir hier beifügen, dass die Grenzen der beiden Begriffe nicht selten fliessend sind, dass das Formwort zum Formans werden kann. Im Dayakischen bildet man vermittels des Wortes b u a h „getroffen" eine passive Formel, die da eintritt, wo ein Schmerz, ein Nachteil u. ä. ausgedrückt werden soll; Beispiel: b u a h r u g i „beschädigt werden", eigentlich: „getroffen werden (von) Schaden". Hier wird b u a h noch als selbständiges Wort empfunden und daher mit dem Substantiv, hier r u g i , nicht zusammengeschrieben. Im Howa nun, wo für b u a h lautgesetzlich w u a erscheint, ist der Gebrauch desselben.

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nicht mehr auf Wörter eingeschränkt, die einen Schaden, einen Nachteil u. ä. bedeuten; man sagt z. B. auch w u a s u r a t r a „geschrieben"; damit ist aber die Grundbedeutung verblasst, w u a wird nun als For­mans empfunden, und mit dem GW, hier s u r a t r a, zusammen­geschrieben. — Beleg aus dem Testament des Umbiasa: Geschrieben in -diesem Buch liier. = G. i. diesem Buch diesem. = w u a s u r a t r a « m i n i t i t a r a t a s i i t i.

3 5 . Aus dem vorigen Paragraphen hat sich nebenbei auch ergeben, «lass man Formantien des IN Verbums d e u t e n kann. Ich will hier solche Deutungen vorführen:

I. Viele Formantien sind ursprünglich Präpositionen. So wird eine ganze Reihe von Präpositionen, die „zu, nach", lateinisch „ad, versus" bedeuten, verwendet, um das Futur zu bilden. Im Minankabauischen: k a : im Malayischen: a k a n , eine Weiterbildung von k a ; im Howa: h u <^ k u, eine Variation von k a; im Makassarischen 1 a, im Bonto­kischen ad. In dem Bontokischen Satz aus der Geschichte von den Sternen: Dann fliegt ihre Mutter zum Himmel. •= D. f. die M. ihre zu H. = kecei i t u m a y a u nan ina c a a d c a y a i s t a d Präposition; in dem Satz aus der Schlacht von Kaloqokan: Sie werden erscheinen. — W. e. s. = ad -um aii ca ist es Futurzeichen. Im Makassarischen ist •1 a nicht mehr Präposition, nur Futurzeichen, in den Sprachen der In­seln gegen Neuguinea hin ist es noch Präposition; dies zeigt folgender Kamberische Satz aus dem Klagegesang des Krokodils um seinen toten Freund: Gehen wir nach dem tiefen Wasser. = Wir g. n. W. t. = ta I a k u 1 a wa i m a m a n j o l i i i . Im Sawunesischen treffen wir eine Verwendung des 1 a, die einen sprechenden Uebergang von der Prä­position zum Futur darstellt; 1 a wird nur gesetzt, wenn mit dem futur­ischen Begriff zugleich die Richtung des Wohin verbunden ist. So steht im Text Bale ri ane der Satz: Es war ein Befehl, dass man Reis kaufen solle. = Befehl, dass „ 1 a " kaufen Reis — 1 i t a 1 a w e 1 i 1 a i 1 u d u. Das heisst: „Es wurde befohlen, hinzugehen und Reis zu kaufen." Wäre der Sinn „Es wurde befohlen, herzukommen und Reis zu kaufen", so würde 1 a nicht stehen.

II. Andere Formantien sind ursprünglich Artikel. So besteht das Niasische Partizip Aktiv aus dem indikativischen Verbum und dem fest­gewachsenen Artikel si. Wenn es in der Burutigeschichte heisst: Wurde von dir kein Mensch soeben gesehen, vorbeigehend? Nicht w. - j - g. v. 4- d. soeben M. vorbeigehend? - - lo n i i l a u mege n iha s a n o r o , so besteht s a n o r o aus der Verbalform a n o r o und dem Artikel s <C si.

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So ist auch das oben behandelte Formans h ursprünglich nichts anderes als der weitverbreitete Artikel h. Neujavanisches ula i i u n t a l „die Schlange schluckt" ist also ursprünglich: „die Schlange (ist) die schluckende" = u 1 a n u n t a l . Allerdings ist die zu Grunde liegende Bedeutung meistens verblasst, aber es gibt genug Fälle, wo jene Be­deutung noch durchschimmert. Der Satz aus der Bolonganischen Gespräch-sammlung bei Beech: Er betrügt mich. — s a q h a m p u k i d a - a k u ? lässt sich, ohne dem Sinn Gewalt anzutun, auch fassen, .,Er ist der mich Betrügende", oder: „Er (ist derjenige), der mich betrügt": s a q n a m p u k i d a - a k u . — Mit dieser Erscheinung, dass Formans ii eigentlich ein Artikel ist, geht eine andere IN parallel, die uns in Kapitel VII beschäftigen wird: Gerade wie man sagt „Die Schlange ist d i e schluckende", so sagt man auch, wie wir dort sehen werden: „Die Schlange s i e schläft". Auch hier ist die Grundbedeutung meistens abgeblasst, und das Ganze will nichts anderes besagen als: „Die Schlange schläft".

IH. Ein verbales GW, b u a h , zum Formans geworden, ist uns früher begegnet. Ein Adjektiv oder Adverb p u r a , mit gleichem Schicksal, werden wir später treffen. Das Kausativformans p a - ist identisch mit der begründenden Konjunktion p a. U. s. w.

3 6 . Das IN Verbum hat vor allem Formantien, um die drei Genera: Aktiv, Kausativ und Passiv, auszudrücken, und dies ist als GmlN zu bezeichnen. Wenn das Bisayische Rätsel vom Schiff in der Starr'schen Rätselsammlung lautet: Es läuft mit dem Rücken. — läuft geht auf dem Rücken. = n a g a 1 a k a t n a g a h a y a h , so ist n a g a - ein Aktiv­formans; Wenn es in der Tarakanischen Geschichte vom geschwänzten Mann heisst: Du lassest mich gehen. = D. 1. -(- g. m. = dudu p a l a -k a u d a k a , so ist p a - ein kausatives Formans. Wenn in der Ta­lautischen Verfluchung des Huhnes steht: Es soll bedacht werden •=--p a p a g h i a n a , so ist - a n a ein passives Formans.

3 7 . Die Verbalformantien wechseln nicht selten, von Sprache zu Sprache, ihre Bedeutung. Besprechung einiger dieser Fälle:

I. Das Präfix m a - bildet bald kausative, bald akkusativische, bald' neutrale, bald passivische Verben. Beispiele:

Dayakisch : m a - h a b a n „krank machen", Dayakisch: m a - h a g a „bewahren", Dayakisch: m a -1 e 1 a k „blühen", Bontokisch: m a- o t o „gekocht werden".

Die GW sind h a b a n „krank", l e l a k „Blume" etc. — Wir können diese Verschiebungen begreifen, wenn wir die neutrale Be­deutung — wie in m a 1 e 1 a k „blühen" — als die ursprüngliche an-

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nehmen. Vom neutralen Sinn aus kann man den Uebergang einerseits zum aktiven und dann zum kausativen, andererseits zum passiven wohl begreifen. Und es gibt nun Idiome, wo m a - ausschliesslich neutralist. Ebenso finden wir oft Verwendungen, die zwischen der einen oder andern Art schweben, so, wenn es in den Mentaway Fischergeschichten heisst: Der Dickfisch ist nun eingeklemmt. = D. i. -f- e. — m o k m o k ni a i p i t.

IL Das Formans k a , ursprünglich, wie oben gezeigt wurde, Prä­position, dient in gewissen Sprachen als Zeichen des aktiven Futurs, in andern als Zeichen des zeitlosen Passivs. So bedeutet k a t i ii g a im Minankabauischen „bleiben werden" = Futur; k a c a l l a im Bugischen „verflucht werden" = Passiv. Auch hier können wir uns die doppelte Entwicklung zurecht legen. Wir werden später vernehmen, dass man im IN Satz die Verben der Bewegung vielfach ohne weiteres weglassen kann, so dass man bloss sagt: „Ich in den Wald", „ich aus der Stadt". Denke ich mir nun Sätze wie „Ich (gehe) zum ( = k a) Essen", so be­greife ich, dass sich daraus ein k a- Futur entwickeln kann, aber ebenso verständlich ist, dass aus Sätzen wie „Ich (gerate) i n ( — k a ) den Fluch (hinein)" ein ka- Passiv erwachsen kann. — Belege: Minankabauisch, aus dem Manjau Ari: Sie werden bleiben, ich werde gehen. = a n k u k a - t i n g a , d e n k a - p a i . Sundanesisch, aus der Geschichte von Njai Sumur Bandung: Es wird erzählt, wie Ranga Wayang ins Zentrum der Residenz gelangte. = Es -j- w. + e., R. W. gelangen i. Z. R. = k a - c a r i o s r a n g a w a y a n s u m p i n k a h u l u d a j ö h .

III. Das GmlN hat ein Formans -en zur Bildung des passiven Imperativs. Daneben gibt es ein Formans - e n , das akkusativische oder kausativische Kraft hat; nach den oben entwickelten Lautgesetzen erscheint es im Bugischen als - e n , im Niasischen als -o , z .B. in Niasisch ba 1 io „umgestalten" zu b a u „sich umwenden, zurückkehren." — Hier nun, hei diesen beiden en , dem des passiven Imperativs und dem des aktiven Kausativs kann ich mir keine Vermittlung denken, uud ich habe auch nirgends etwas gefunden, das wie eine Zwischenstufe ausgesehen hätte.

3 8 . Die IN Verbalformantien haben in der Regel drei Funk­tionen : Eine IN Verbalform vertritt einmal den Infinitiv, zweitens das Partizip, drittens das Verbum finitum des Indogermanischen. Dieser Zu­stand ist als GmlN zu benennen, wenn wir auch, wie oben beim Niasischen, Ausnahmen gefunden haben, und andere noch treffen werden. So muss denn Altjavanisch a t u k a r < a + GW t u k a r, je nach dem Zusammenhang bald übersetzt werden mit „raufen, zu raufen", bald mit „raufend, (der) Raufende", bald mit „(ich) raufe, (du) raufst,

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etc. Ebenso verhält es sich mit Howa m i l e f a „fliehen", mit Bugisch m a q r o 1 a „klagen", etc., etc. — Belege:

I. Altjavanisch, Gesetzbuch Jonker, aus den Paragraphen über die Rauf händel: Getroffen vom Kris der Raufenden = G. durch den K. von den R. = k a s u d n k d e n i ii k e r i s i n a t u k a r . Wenn er an­fängt zu raufen. = y e n a m b a k a l a n a a t u k a r .

II. Howa, Gesetzbuch des Ranawaluna, aus den Paragraphen über die flüchtigen Sklaven: Ein fliehender Sklave, wenn er stiehlt. = Ein Sk. f., wenn st. — n i a n d e w u m i l e f a , r a h a m a h g a l a t r a . Der Sklave eines Soldaten, wenn er flieht. = Der Sk. v. einem So., w. f. = n i a n d e w u n ni m i a r a m i l a r a h a m i l e f a .

III. Bugisch, Gesetzbuch des Amanna Gappa, aus den Paragraphen über das Gerichtsverfahren: Der Kläger redet zuerst. — Person klagende die zuerst redet = t o m a q r o l a e r i y o l o m a q t u q t u .

3 9 . Wenn Formantien an ein Grundwort antreten, so verbinden sich damit nicht selten auch, leisere oder schärfere, Nuancierungen des Wortsinnes. Bei den einen Sprachen, so beim Dayakischen, ist das weniger, bei andern, so dem Bugischen oder Makassarischen mehr der Fall. Beispiel:

I. Dayakisch. GW 8 a 1 a unrichtig b a s a 1 a Unrecht haben oder tun m a n a 1 a bezichtigen, verkehrt handeln.

IL Makassarisch. GW s a 1 a unrichtig, Fehler m a q s a 1 a verschieden sein m a q ii a 1 a schuldig sein p i s a 1 a fehlen, beim Schiessen p i s a 1 a i vereiteln, einen Plan p a s a 1 a büssen, mit Geld p a s a 1 a n i eine Busse auferlegen p a ii a 1 a ii i übertreten, ein Gebot k a s a 1 a i sich verfehlen, gegen die Eltern.

4 0 . In den einen IN Sprachen können mehr, in den andern weniger Formantien zugleich an das GW antreten. Ueber vier hinaus geht indes die Zahl kaum. Am interessantesten hinsichtlich dieser Kombinationsfähigkeit ist vielleicht das Bugische. In dem Tiruray Satze aus der Gesprächsammlung des Autor anonymus: Ich habe Hunger = m e l a y a f u hat das Verbum nur ein Formans, m e - ; In dem Bugi-sehen Satz aus dem Injilai: Sie wurde überall erkannt — W. -4- e. - j - ü. s. — r i a s i i s e ii i (n) i haben wir einmal das GW i s e h „wissen",

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dann vier Formantien: a, dieses macht einfach aus dem GW ein Verbum: i, dieses macht transitiv: s i , dieses drückt das „überall* aus; r i , dieses ist das Passivformans.

4 1 . Die Zahl der Formantien, über welche die einzelnen Idiome verfügen, ist sehr ungleich. Die grösste Menge besitzen die Idiome des Nordens, von Formosa, der Philippinen, der Zwischeninseln, von Nord" celebes; das Sangirisehe z. B. hat circa hundert. Am ärmsten an Formantien sind die Idiome des Ostens, das Bimanesische z. B. hat bloss zwei, m a - und ka-. Die übrigen Gebiete nehmen eine Mittelstellung ein.

4 2 . Zu den formantischen Mitteln des Verbalbaus gehört endlich auch die Verdoppelung, die im IN überhaupt sehr häufig ist, auch ausser der Zone des Verbums, und in der verschiedensten Gestalt auftritt, und die meist eine Pluralität, eine Verstärkung u. ä. bezeichnet. Im folgenden gebe ich eine Auslese aus Verdoppelungserscheinungen, die spezifisch dem Verbum eigen sind; keine ist GmlN:

I. Das Mentaway hat eine drei- bis vierfache Wiederholung, wobei der auslautende Konsonant nur beim letzten Erscheinen des GW gesetzt wird. Beleg aus den Fischergeschichten: Er geht, wandert in einem fort, kommt zu seiner Mutter. — Geht er, w. i. e. f., k. zu M. seiner, k o n a t na , t o r o - t o r o - t o r o - t o r o t , sägä ka ina ina.

Anmerkung. Anlautendes s des Mentaway, wie in s ä g ä , lautet nach seh, wie im deutschen „schön" hin.

IL Das Bugische hat eine dreifache Reduplikation, mit dazwischen gesetztem Formans k a - oder s i -. — Belege. Aus dem Injilai: Er ging dahin und dorthin = na lao na ka - l ao - I ao . Er weinte immerfort ~ t e r r i s i - t e r r i - t e r r i na.

Anmerkung. Das erste na , vor l ao , heisst „er"; die beiden andern sind Partikeln der Hervorhebung.

III. Das Makassarische hat eine zweifache Wiederholung, mit zwisehengefügtem Formwort s a ii g a oder s a n g e. — Beleg, aus dem Epos Maqdi: Da wurden sie dringend gerufen, die vier Säulen des Staates. Wurden sie dringend gerufen Säulen vier die. n i k i y o q -m - i - s a i i g a - k i y o q toqdoq a p p a k a.

Anmerkung A. Das m < mo ist Partikel der Hervorhebung, und i heisst „sie".

Anmerkung B. Die geschilderte Makassarische Verdoppelung ist nicht häufig. Die Analyse des ganzen Maqdi ergibt nur einen Fall, den angeführten. Im ganzen Epos Datu Museng finden sich zwei Fälle: k i y o q - s a u g e - k iyoq und k a p e - s ä n g e - k a p e „oft winken".

IV. In verschiedenen Sprachen der Philippinen, die ein eigentliches Tempus- und Modus-System haben, spielt die Verdoppelung eine gross.-Rolle, wovon später.

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Kapitel IV: Die drei Genera als Hauptcharakteristikum

des indonesischen Verbums.

4 3 . Weitaus die meisten IN Sprachen können die drei Genera: Aktiv, Kausativ, Passiv bilden. Diese Erscheinung ist also GmlN. Sie ist das Hauptcharakteristikum des IN Verbums.

4 4 . Wir haben vernommen, dass die Idiome des Ostens sehr formenarm sind. Es ist daher sprechend, dass wir auch hier noch Sprachen treffen, welche die drei Genera besitzen, so das Kamberische; Belege:

I. Das Aktiv, Formans m a -. Aus dem Lied beim Hausbau: Marapu, der die Menschen geschaffen hat. = der M. d. g. -j- h. M. = n a m a r a p u n a m a w u l u t a u .

II. Das Kausativ, Formans p a -. Aus dem Erntelied: Lass hin­gelangen dieses bis zu oberst! ~ p a t o a m a ii a 1 a p i n u.

III. Das Passiv, Formans k a -. Aus dem Lied gegen den Schwiegersohn: Sie läuft herum, wie wahnsinnig geworden. -•— n a I a k u b i n u k a t o a b a .

4 5 . Wir haben oben gezeigt, dass es GW gibt, die ohne Formans, als aktivische oder passivische Verben, im Satz figurieren können. Die gewöhnliche Regel aber ist doch, dass die Sprache Formantien verlangt. Kausativen ohne Formans habe ich nicht aufgespürt.

4 6 . Das Aktiv. Die GmlN Formantien für die Bildung des Aktivs sind:

m a-n, oder dafür m a n - <C ma + ii u m - oder - u m -

Das Formans um ist Präfix bei vokalischem, Infix bei konsonant­ischem Anlaut.

4 7 . Das Aktivformans m a -. Nachweis, dass es GmlN ist: Formosa, Formosanischer Dialekt: m a t a g g a „bluten". Philippinen, Bontokisch: m a s u y e p „schlafen". Celebes, Bunku: m a h a k i „krank sein*.

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Borneo, Basa Sangiang: m a h a m p a n „durchgehen". Bei Java, Balinesisch: m a h u m a h „wohnen". Inseln gegen Neuguinea, Kamberisch: m a 1 a 1 a „kochen". Sumatra, Lampong: m a b a r s o g „näseln". Inseln hinter Sumatra, Mentaway: m a 1 o t o „bangen". Madagaskar, Sakalavisch : m a t a o t r a „fürchten".

4 8 . Das Aktivformans ii -, oder dafür m a n -. Nachweis, dass es GmlN ist:

Philippinen, Bontokisch: m a n a g n i „tanzen". Celebes, Bugisch : ii a n r o „bitten". Togianische Inseln, Bajo: ii i n u m „trinken*. Borneo, Basa Sangiang: i i u j a n „regnen". Java, Neujavanisch: n u t u s „senden". Inseln gegen Neuguinea, Sumbawaresisch: i i a j i „lehren". Sumatra, Karo: ii a p i t „klemmen*. Inseln hinter Sumatra, Mentaway: m a h a r a i „klettern*. Madagaskar, Altmalagasy: n i 1 u „glänzen".

Anmerkung A. Die GW zu diesen Verben sind: s a g n i , k a n r o , i n u m , u j a n , u t u s , a j i , a p i t , k a r a i , i 1 u. Die Lautvorgänge, die sich hier, z. B. bei n a n r o , zeigen, sind oben behandelt. Alt­malagasy n i 1 u steht für ii i 1 u , nach strengem Lautgesetz.

Anmerkung B. Das Howa und das Malagasy der Fenand'schen Texte haben gewöhnlich die längere Form des Suffixes: maii. n i 1 u ist eines der wenigen Beispiele der kürzern Form, die mir bekannt sind: es steht am Anfang der Predigt Tonih Zaüahary.

4 9 . Das Aktivformans u m - oder - u m - . Nachweis, dass es GmlN ist:

Formosa, Formosanischer Dialekt: c o m m a „sprechen*. Philippinen, Bontokisch: um in um „trinken". Celebes, Tontemboanisch : k u m a n „essen". Borneo, Dayakisch : k u m a n „essen*. Java, Altjavanisch : k u m e m i t „wachen*. Sumatra, Toba: « u m u r u i i „besser werden*. Inseln hinter Sumatra, Simalurisch: 1 u m a ii o i „schwimmen*. Malakka, Malayisch: g u m i 1 a ii „glänzen*. Madagaskar, Howa: l i n i m n a „essen*.

Anmerkung A. Die GW sind k a, i n u m , k a n , k e n i i t etc. Anmerkung B. Die Zahl der Fälle im Dayakischen und Howa

ist gering.

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Anmerkung C. Das Formosanische c o m m a ist unverändert in meiner ungeschickten Orthographie gelassen: es deckt sich mit Tontem-boanisch k u m a , GW k a.

5 0 . Belege zu den drei Aktivformantien. Altjavanisch, aus dem Kunjarakarna: Andere liefen davon. -— w a n e h m a 1 a y ü ; aus der T'akuntala: Er erblickte dann ein Weib. = Erblickte da er Weib — <\non t a s i r a s t r i ; aus dem Kainahayanikan: Eindringen in das heilige Mysterium, ^ - ^ t u m a m a r i s a h h y a i i p a r a m a r a h a s y a : Neujavanisch, aus der Meijer Ranneft'schen Rätselsammlung: Eine Schlange verschluckt den Berg. ----- u 1 a n u n t a l g u n u n.

Anmerkung, a n o n ist a -f- ii -4- GW t o n .

51 . Spezifische Bedeutung der drei Aktivformantien. In mehreren Sprachen ist m a - intransitiv, fi- oder m a ii - transitiv; in andern Idiomen scheinen die Aktivformantien aber bloss die Obliegenheit zu haben, das Aktiv zu bilden, ohne Nuancierung. Das Formans - u m -spielt meist eine aoristische, inchoative, futurische Rolle, und diese Tat­sache darf man vielleicht GmlN nennen. — Belege für diese Bedeutung •des Formans - u m - . Bontokisch, aus den Kopfjägerzeremonien: Sie brechen auf nach der Niederlassung. -•- Aufbrechen sie n. d. N. — s u m a a c a i s n a n f o b f ü y. Tontemboanisch, aus der Geschichte vom Wöchnerinnengespenst: Sie kam schnell, um jene zu packen. = Sie kam -+- schnell, z. p. j . —- s i a m e l a q u - l a q u s (omai ) t u ni a fi k a q i s e r a. Altjavanisch, aus der Metrik des Mpu Tanakung: Aufgeschreckt durch die badenden Vögel, blitzten sie — die buntfarbigen Fische — empor. = A. du. di. V. ba., blitzten empor. —- k a g y a t •d e n i ii p a k s i i n a d y u s k vi m e 1 a b.

52 . Neben den drei aktivischen Hauptformantieu ma- , n- , - u m -gehen nun Nebenformantien einher. Ich nenne sie so, weil sie eine weniger grosse Verbreitung haben. Als die interessantesten möchte ich folgende anführen:

I. Das Formans r-, das sich auch mit Formans a- zu a r -, und mit m a - zu m a r - verbinden kann. Wir haben also hier, bei r-: m a r - , das gleiche Verhältnis wie bei n-: m a h. Dieses r- ist, gerade wie n, «in ursprünglicher Artikel, im Altjavanischen ist es schwachbetontes Pronomen der dritten Person. Die kürzere Form r- ist selten, sie findet sich im Karo, z. B. r e l b u h „rufen" < r -f GW e l b u h . Die längere Form ist über Sumatra, Java, Celebes, Borneo, die Philippinen verbreitet. Im Bugischen und Makassarischen lautet das Formans m a q --oder a q - , im Tagalischen m a g - , nach den früher entwickelten Laut­gesetzen. — Belege zu den Aktivformantien r - und m a r - . Karo, aus

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der Geschichte vom Vielfrass: Es ruft von unten her. — Ruft v. u. h. ~= r e 1 b u h i t e r u h n a r i . Bugisch, aus dem Briefe Lasiri's an

Matthes, worin er sich beklagt, dass die Polizei ihn arretiere, wenn er Nachts umhergehe, um für Matthes sich über seltene Bugische Wörter zu erkundigen: „Wenn es möglich ist", geben Sie mir ein Beglaubigungs­schreiben ! = Wenn möglich -4- ist es. = b a r a m a q k u 11 e i. Makassarisch, aus der anonymen Makassarischen Gesprächsammlung: Schiesst nicht so hastig! = Hütet euch hastig schiessen! = t e y a k o k a r o - k a r o a q m a q d i l i q .

II. Das Formans b a - , das sich auch mit Formans r- zu gleichbe­deutendem b a r - vereinigen kann. Dieses Formans ist weitverbreitet. Lebendig ist es aber nur in wenig Sprachen, so im Dayakischen, das b a - und b a r - hat, und in jenem Sumbawaresischen Dialekt, der uns nur durch die Geschichte vom Hundedreck bekannt ist. Dieser Text hat bloss 27 Zeilen, allein es finden sich darin 5 verschiedene Fälle mit b a - , wie b a - l a n a n „gehen", b a - r a r i „davonlaufen"; wenn wir aber in 27 Zeilen 5 Fälle von Verben, mit b a - gebildet, finden, so dürfen wir dieses Formans als ein lebendiges ansehen. Das Dayakische ba- bildet intransitive Verben, und die 5 Fälle des Sumbawaresischen sind es auch. — Nun gibt es in sehr vielen IN Sprachen aber noch vereinzelte Fälle von Verben, die mit b a - formiert sind.

Philippinen, Bisayisch: b a i g a d „schaben". Celebes, Makassarisch: b a 1 o 1 i q „umstülpen". Java, Sundanesisch: b a g e n a h „Lust haben". Hinter Sumatra, Mentaway: b a l i y u „füllen". Madagaskar, Howa: v a v e n t i „massig sein*.

Anmerkung. Das GW zu Bisayisch b a i g a d , also i g a d , lebt nicht im Bisayischen selber, wohl aber im Ilokanischen, ebenso das GW zu Mentaway b a l i y u im Makassarischen.

5 3 . Neben diesen Aktivformantien gibt es noch eine grosse Zahl anderer, die vereinzelt, in dieser oder jener Sprache auftreten, so Alt­javanisch a-, das mit in a - abwechselt; Bugisch k e q - . das den Besitz anzeigt; Dayakisch m e - oder m i - , das oben behandelt wurde; etc., etc.

5 4 . Von diesen sämtlichen Bildnern des Aktivs besitzt nun die eine Sprache einen grössern, die andere einen kleinern Vorrat. Zählen wir beispielshalber die sämtlichen lebenden Aktivformantien des Toba auf:

Formans ma- m a r i b a k „zerrissen sein". man- m a n a n t o „aufpassen". m a r - marhosa „atmen", m a s i - m a s i h o d a „Pferde kaufen", m a r s i - m a r s i b u n i „sich verbergen".

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m a r h a - m a r h a p i l i „parteiisch sein". m a r h u - m a r h u r a j a „flehen", ma i i in - m a h i n t u b u „erzeugen", mai iun- m a n u n s a n d e „stützen", p a t u - p a t u n o s n o s „verbeissen". - u m - h u m o r d i t „erschauern", -a r - oder - a l - d u m a r e d e „rinnen".

5 5 . Es gibt nun auch Fälle, wo dasselbe GW und dasselbe Aktiv­formans zusammen durch so viele Sprachen gehen, dass man dieses Gebilde GmlN nennen muss. Ein solcher Fall ist m a n a l i „binden" < m a n + t a 1 i „Seil" :

Philippinen, Tagalisch: m a n a l i Borneo, Dayakisch: m a n a l i Java, Altjavanisch: m a n a l i Sumatra, Toba: m a n a l i Hinter Sumatra, Niasisch: m a n a l i Madagaskar, Howa: m a n a d i < m a n a l i .

5 6 . Das Kausativ. Es gibt ein GmlN Kausativformans, nämlich j a - . Nachweis, dass es GmlN ist:

Formosa, Form. Dialekt: p a i t a „sehen lassen". Philippinen, Nabaloi: p a b u n u „töten lassen". Celebes, Bugisch: p a p o l e „kommen lassen". Borneo, Tarakanisch: p a a k a n „essen lassen". Java, Sundanesisch: p a s a k „gar machen". Gegen Neuguinea, Kamberisch: p a l a k u „gehen lassen". Sumatra, Ankolaisch: p a u l i „schön machen". Hinter Sumatra, Mentaway: p a k o m „essen lassen". Madagaskar, Howa: mam-patur i „schlafen lassen".

5 7 . Belege zum Kausativ: Bontokisch, aus der Geschichte von den Sternen: Die Mutter liess den Bruder fliegen. = L. - j - f. M. B. = i n -p a t a y a u i n a k a u w a a n . Bugisch, aus dem Injilai: Er liess sie in sein Schiff steigen. = Er 1. -4- st. sie in Seh. sein. = n a p a n o q i r i 1 o p i na. Mentaway, aus den Gesprächen über Priestertum: Man macht sie gesund. = Macht -f g. = p a ä r u.

Anmerkung. In i n p a t a y a u ist i n - Zeichen des Präteritums. Zu p a n o q lautet das GW n o q „einsteigen".

5 8 . In mehreren Sprachen nimmt das kausative Formans p a -noch dieses oder jenes Aktivformans vor sich, ohne dass dadurch die Bedeutung nuanciert würde, so treffen wir im Dayakischen neben p a -ein m a m p a - , und, was nicht zu übersehen ist, im Howa ebenfalls m a m p a, daher obiges m a m p a t u r i „schlafen lassen".

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5 9 . Neben p a -, dem Hauptformans des Kausativs, steht, weniger weit verbreitet, das Nebenformans p a k a - . Wir finden es auf den Philippinen; auf Celebes; Java; auf den Inseln hinter Sumatra, so im Nias als f aqa . — Ein Beleg zu diesem Kausativformans, Baree, aus der Geschichte vom Hirsch und der Muschel: Passt gut auf! = Lasst euere Ohren lebendig sein! — Ihr lasst 4- sein -f- lebendig 0. e.! = n i p a k a n a a t a l i n a mi. Das GW ist n a a.

6 0 . Neben den beiden genannten Formantien gibt es noch eine ziemliche Zahl anderer Bildner des Kausativs, die mehr vereinzelt auf­treten, in diesem oder jenem Idiom, so pe-, pu-, im Bugischen -eil, womit, wie wir wissen, das Niasische -o identisch ist, etc.

61 . Wie beim Aktiv, so wollen wir auch beim Kausativ alle in einer bestimmten Sprache vorkommenden Formantien aufzählen. Wir wählen hier das Bugische, die Beispiele sind alle aus dem Injilai:

Formans pa- panoq „einsteigen lassen". m a q p a - m a q p a t e t t o i i „erstehen lassen", po - p o w a t a „zum Sklaven machen", p a k a - p a k e d a < p a k a - } - e d a „reden lassen", -en l e p p e s s e n „frei lassen".

62 . Wie beim Aktiv, wollen wir auch hier einen Fall vorführen, wo dasselbe GW und dasselbe Kausativformans zusammen durch viele Sprachen gehen. Das GW ist i r a m , das, je nach den Lautverhält­nissen der betreffenden Sprachen, auch als i d a m , inj am etc. erscheint. Das GW bedeutet „Borg", das Kausativ also „einen Borg machen", was dann bald für preter, bald für emprunter verwendet wird.

Philippinen, Tagalisch : m a g p a h i r a m Celebes, Makassarisch: p a i n r a n Borneo, Bolonganisch: p a i n j a m Bei Java, Maduresisch: a p a e n j h a m Madagaskar, Howa: m a m p i n d r a n a . 6 3 . Das Passiv. Es gibt zwei Passivformantien, die wir GmlN

nennen können: t a - und in. Letzteres ist, wie das Aktivformans um. bei vokalisch anlautendem GW Präfix, bei konsonantisch beginnendem, fast immer, Infix. Nachweis, dass das Passivformans t a - GmlN ist:

Philippinen, Bisayisch: t a k i 1 i d „geneigt sein". Celebes, Bunku : t a p e h a „gebrochen sein". Borneo, Tarakanisch: t a d a g u „gesprochen sein". Java, Altjavanisch: t a w u r a g „zerstreut sein". Gegen Neuguinea, Sawunesisch: t a b o l o „versenkt sein". Sumatra, Toba: t a l e n t e s „geöffnet sein". Hinter Sumatra, Mentaway : t a i c o „gesehen werden". Madagaskar, Howa: t a b u r u a k a „durchbohrt sein".

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6 4 . Das zweite Passivformans ist i n. Nachweis, dass es GmlN ist. Philippinen, Tagalisch: t i n a w a g „gerufen werden". Celebes, Bulu: w i n u n u „getötet werden". Borneo, Bolonganisch: j i n a w a 1 „verloren werden". Java, Altjavanisch: in am b a h „betreten werden*. Gegen Neuguinea, Kupangisch: i n k a »gegessen werden". Sumatra, Lampong: t i n a b o r „gestreut werden*. Hinter Sumatra, Mentaway: t i n i b o „gedörrt werden". Madagaskar, Howa: t i n a p a k a „gebrochen werden".

6 5 . Andere wichtige Passivformantien, die eine grössere Ver­breitung haben, sind vor allem k a - ; dann t a r - , wofür Bugisch und Makassarisch t a q -; ferner - a n ; etc.

6 6 . Belege zu den Passivformantien. Makassarisch, aus dem Jayalankara: Jayalankara erblickte die Schlange, „da erschrak er". — Wurde -4- erschreckt J. = t a q - b a i i k a (mi) j a y a l a n k a r a . Alt­malagasy, aus der Predigt Tonih Zanahary: Noe wurde lebend erhalten. = Der N. w. -4- 1. + e. = r a n u h u w i n e 1 u n. Basa Sangiang,. aus dem 14. Totenliede: Gestützt durch eine Schwertscheide. = G. Seh. = k a n o k a h k u m p a h . Neujavanisch, Drama Prabu Dewa Sukma, aus dem achten Akt: Man weiss nicht, ob die Leiche in Stücke gehackt oder verbrannt ist. = Weiss -f- nicht, in Stücke gehackt, verbrannt. = t a m b u h c i n a c a h k a b e s m i .

6 7 . Nuancierung der Bedeutung bei den Passivformantien. Von den beiden Hauptformantien des Passivs in und t a - , resp. t a r - bildet das erstere gewöhnlich ein reines Passiv, das zweite führt oft die Schattierung des Nichtbeabsichtigen, Zufälligen, Möglichen mit sich. — Belege. Makassarisch, aus der dritten Elegie: Ich möchte sie bergen „in einem Schrein, der nicht zu öffnen wäre". — in Seh. nicht zu + ö. der. = r i p a t t i t a t a q s u n k e ya. Minankabauisch, aus dem Manjau Ari: Nicht zu zählen ist die Menge der Garnelen. — S. zu -f-zä. M. G. = t i d a q t a b a d o b a n a q u d a n .

6 8 . Wie beim Aktiv und Kausativ, wollen wir auch beim Passiv alle Formantien aufzählen, die einer bestimmten Sprache eigen sind: wir wählen hier das Dayakische:

Formans b a - b a k u n c i „geschlossen sein". i - i a g a h „geführt werden", t a - t a l e n t e n „ausgehauen sein", t a r - t a r a j a r „ z u unterrichten sein", t a p a - t a p a i s ä „gezählt sein".

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Anmerkung. Das Dayakische Formans t a p a - erseheint, was nicht zu übersehen ist, auch im Howa, als t a f a - .

6 9 . Wie beim Aktiv und Kausativ, so wollen wir auch hier beim Passiv einen Fall anführen, wo dasselbe GW und dasselbe Formans zu­sammen durch viele Sprachen gehen. Das GW ist b u n u „töten", auch „kämpfen", resp. w u n u , b o n o eic.

Philippinen, Tagalisch: b i n o n o Celebes, Bulu: w i n u n u Java, Altjavanisch: w i n u n u h Sumatra, Toba: b i n u n u Madagaskar, Howa: w u n u n u.

Anmerkung. In der Howaform hat sich das i des Infixes dem u des GW assimiliert. Eine ähnliche Assimilation haben wir Kapitel III im Dayakischen getroffen, was nicht zu übersehen ist.

7 0 . Zuordnung des Passivs zum Aktiv. I. Sehr oft stehen gewisse passive Bildungen in enger Verbindung

mit aktiven. Das Altjavanische -um- bildet Aktiva mit aoristischer Nuance, die gleiche Schattierung zeigt das passivische ka - ; daher sind das Aktiv mit -um- und das Passiv mit ka - einander zugeordnet.

II. Aber ebenso oft besteht zwischen aktiven und passiven Formen kein enger Nexus. Das Altjavanische hat ein Aktivformans m a -, das meist intransitive Verben bildet. Aber doch auch transitive, so steht in der Cakuntala: Niemand verübte Böses. = Nicht war Mensch tat B. -—-t ä t a n h a n a w w a n m a g a w e h a l a . Zu diesem aktiven m a -ist im Altjavanischen kein spezifisches Passiv zugeordnet.

III. Im Bugischen gibt es vom GW g a n q „blau" ein Passiv : r i g a u q „blau gefärbt sein", aber daneben steht kein Aktiv. —- Neben dem Howa m a n d u k a von GW 1 u k a „Speer werfen" stehen zwei Passiva: a 1 u k a „geworfen sein", vom Speer gesagt, und l u k a n a „getroffen sein", von der Person gesagt.

IV. In gewissen IN Idiomen hat sich der Brauch ausgebildet, dass neben dem transitiven Aktiv regelmässig zwei Passiva stehen. Die Malagasy Grammatik nennt das eine „gewöhnliches Passiv", das andere „Relativ".

71. Die Anwendung des Passivs. Das Passiv wird im IN weit häufiger gebraucht, als in den uns bekanntern indogermanischen Sprachen. Und diese Erscheinung ist so verbreitet, dass wir sie GmlN nennen müssen. Nachweis:

I. Nachweis an Uebersetzungen. Die Formel aus der Sanskrit­vorlage im Prasthanikaparwa: p h a 1 a m p r ä p n 6 t i ist in der Alt­javanischen Bearbeitung wiedergegeben mit: p h a 1 a p i n a n g i h. Es

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ist das p r ä p n o t i der Vorlage aktiv, p i n a ii g i h dagegen ein Passiv, gebildet vermittels des Formans - in - . — Die Stelle im Teil, wo Stüssi sagt: „Die Braut holt er jetzt ab zu Imisee", gibt Rizal passivisch wieder: Bie Braut zu Imisee wird jetzt von ihm abgeholt. — s u s u n d u i n .

II. Nachweis durch Zählungen. In der Dayakischen Erzählung vom Beil und den Büffeln sind in nicht ganz 100 Zeilen über zwei Dutzend Passiva. — Die kleine Episode Serta ditikamfia im Kampfe der fünf Freunde mit den Seeräubern im Hang Tuwah hat 9 Aktiva und 6 Passiva. — In der ausführlichen Schilderung der Schlacht im Altjavanischen Mausalaparwa ist die Zahl der Aktiva und die der Passiva ungefähr gleich ; es heisst z. B. da: Es wurden Schilfrohre ausgezogen, die wurden als Waffen gebraucht, denn sie verwandelten sich in Keulen, mit denen auf die Gegner geschlagen wurde.

72 . Die Häufigkeit des Passivs erklärt sich folgendermassen: Es liegt allen IN Sprachen sehr daran, das, was im Satze wichtiger ist, durch sprachliche Mittel hervorzuheben. Zu diesen Mitteln gehören: Betonung, aussergewöhnliche Stellung, Markierungswörter, zu ihnen gehört aber auch die Wahl entweder der aktivischen oder der passivischen Konstruktion. Soll das Subjekt in den Vordergrund gestellt werden, so wählt man das Aktiv; will man auf das Okjekt den Nachdruck legen, so verwendet man die passivische Konstruktion, d. h. man macht das Objekt zum Subjekt. Im Toba Sangmaima heisst es also nicht: Die Mutter ging kochen und schlachtete dazu ein Huhn, sondern: und ein Huhn wurde von ihr geschlachtet; denn nicht, dass s i e schlachtete, ist von Bedeutung, sondern w a s sie schlachtete.

7 3 . Die Verbalsysteme. I. Wir haben vernommen, dass die IN Sprachen oft mehrere For­

mantien haben, die ganz die gleiche Funktion ausüben. Analysieren wir z. B. die Howa Schilderung „Fianakaviana" bei Julien, so sehen wir, dass hier die beiden Formantien m i und m a n <C m a -f- n besonders oft vorkommen. Es finden sich da 6 Verben mit m a n - und 7 mit mi-. In allen 13 Fällen hat das Formans einfach ein aktives transitives Verbum gemacht, ohne irgend eine Nuancierung; es heisst m a n a s a l a m l i a „Kleider waschen", aber m i t u t u w a r i „Reis stampfen". — Im Altjavanischen können die beiden Aktivformantien a - und m a -ganz beliebig für einander eintreten, und ebenso im Bugischen a q- und m a q - . Analysieren wir zu diesem Zweck das Prasthanikaparwa, so sehen wir, dass z. B. „er machte" bald s i r a a g a w e , bald s i r a m a g a vv e heisst. Der Sinn ist absolut der gleiche; und auch die Situation: in beiden Fällen endigt das Wort, das vor dem Verbum steht, auf -a.

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— S o ­ll . Auf der unter I. geschilderten Basis haben nun mehrere TN

Idiome die Erscheinung der parallellaufenden Systeme herausgearbeitet, die neben einander stehen, wie etwa im Lateinischen die a- neben der e- Konjugation. Als Muster stelle ich hier die beiden Systeme des Mentaway vor:

Das a- System

Aktiv Kausativ Passiv m a - l o t o „bangen" p a - ä r u „gesund machen" ta-ico „gesehen werden"

Das u- System Aktiv Kausativ Passiv

mu-kom „essen" pu-jinin „tönen lassen" tubätäk „gespannt werden"

Am weitesten hat das Bugische seine beiden Systeme, das a- System und das e- System ausgebildet, worüber ich in einer frühern Monographie abgehandelt habe.

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Kapitel V : Die Modi.

7 4 . Von den Modi ist im IN der Imperativ am besten ausgebildet; er weist die grösste Zahl von Formantien auf. Weit kümmerlicher ist die Ausgestaltung des Konjunktivs. Die modalen Schattierungen des Könnens, Mögens, Müssens, Sollens, Wollens gelangen meist durch formantische Hilfswörter zur Aussprechung, auch kann der Konjunktiv diese Funktionen versehen. Ein ähnliches gilt vom Irrealis. Oft auch hat der Satz gar kein sprachliches Mittel, das den Modus erkennen liesser

abgesehen von der Betonung.

7 5 . Der Imperativ. Fast alle IN Sprachen besitzen imperativische GW, also GW, die nur im Imperativ existieren. Beispiele: Niasisch a i n e „komm!*, Karo o t a „lasst uns gehen!", Dayakisch h u a „pass auf!". — Beleg, Karo, aus dem Vielfrass: Lasst uns nach Hause gehen l - — o t a k u r u m a h .

Besondere Beachtung verdient, dass sozusagen alle IN Idiome ein imperativisches Wort für den Begriff ecce haben, freilich jede Sprache ein anderes: Bontokisch n a y , Niasisch h i z a , Howa i n d r u , etc. — Belege. Niasisch, aus dem Weihelied auf den Goldschmuck: Fertig gemacht ist das Kleinod, siehe! vollendet ist der Goldschimmer. = n o a w a y g a n a q a , h i z a ! n o m a u l u z a q u s o . Howa, aus dem Testamente des Umbiasa: Sieh da, Sohn, die Ratschläge. = i n d r u a n a k a n i a n a t r a .

7 6 . Abgesehen von diesen imperativischen GW wird nun der aktive Imperativ erstens dadurch gebildet, dass man die Formantien weglässt, exakter gesagt, dass man das GW, mit dem Ton des Befehls, der Aufforderung, der Bitte u. ä. gesprochen, zum Ausdruck dieses Modus verwendet. So steht in der Dayakischen Geschichte vom Räuspern der Satz: Hole das Sirihgefäss und bring es her! = H. G. S., b. h. = d u a n s a r a n a n s i p a , i m b i t k a t o h . Die Indikative zu diesen Imperativen lauten m a n d u a n < m a n -f- d u a n und m i ni-b i t <d m a -j- imbit. Diese Imperativbildung findet sich in allen IN Sprachen, sie ist also GmlN: auch Sprachen, die sich sonst einer andern Bildungsweise bedienen, weisen immer einige Fälle der eben geschilderten Art auf; aus dem Howa weiss ich einen einzigen Fall: fuha „erwache!*.

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zum Indikativ m i f u h a . — Belege. Altjavanisch, aus dem Kunjara­karna : Gehe denn in die Unterwelt! = I a k u t a m a r e n y a m a ­l o k a . Neujavanisch, Drama Prabu Dewa Sukma, aus dem I. Akt: Und, älterer Bruder, eile! = l a n , k a k a n , g u p u h . Bugisch, aus den Epigrammen gegen die Feigheit: Weicht, ihr Feiglinge! = W. ihr F. die! = e s a q ko k e 1 o vv e. Howa, aus den Orakelformeln von Amurunkay: Wach auf, Orakel! - - f u h a s i k i d i . Atjeh, aus der Geschichte vom weisen Richter: Rede mit Wahrheit! = k e h e n b a k t e p a t.

77 . Sehr weit verbreitet ist zweitens die Imperativbildung, dass der Indikativ ohne Veränderung, ausgenommen die des Tones, als Imperativ verwendet wird. Unter allen Mentawaytexten enthält die zweite Geschichte vom grossen Bären die meisten Imperative: Da treffen wir Bildungen wie: Du, fische! = ä k ä u m a n u b a . Dieses manu ba < mai i -j- t ub a ist zugleich Indikativ. Daneben stehen Bildungen wie p a n a „schiesse!* Auch dieses p a n a ist zugleich Indikativ, es ist also hier beim Imperativ nichts weggelassen, wie oben beim Dayakischen d u a n . — In den Matthijsen'sehen Tettum Gesprächen steht: Wohin soll ich sie legen? Lege sie hieher! = Soll legen wrohin ? Lege hieher! = a t u t a u b a s a ? t a u b a n e e . Hier ist das gleiche t a u Indi­kativ und Imperativ, es ist ein unformiertes Verbum. — Im Tontem­boanischen Opfergebet steht der Satz: Trinkt da, ihr Götter! = m e l e p a ii e , e k a s u r u a n ; und im Klagelied über die verstorbene Mutter heisst es: Noch nicht ist es Zeit zu trinken. = No. -f- ni. Z. t. —-r a q i p e q t o r o m e l e p . Hier ist das gleiche m e 1 e p Indikativ und Imperativ, und es ist ein formiertes Verbum, vom GW e 1 e p gebildet.

7 8 . Eine dritte Art Imperativbildung besteht darin, dass der Imperativ spezifische Formantien hat, verschieden von denen des Indi­kativs und Konjunktivs.

I. Eine gewisse Verbreitung hat das Formans p a - , das also in diesen Fällen nicht kausativ ist. Es findet sich auf den Philippinen, im Magindanao; auf Java, im Altjavanischen; auf Sumatra, im Toba; hinter Sumatra, im Nias. — Belege. Altjavanisch, aus dem Kunjara­karna : Umfasse seine Füsse! — U. F. s.! p a m e k u 1 i J ö ii i r a . Magindanao, aus der Juanmarti'schen Gesprächsammlung: Erwache! Ich bin ja schon wach. — E.! bin 4- wach ich schon p a g e d a m ! n a k a g e d a m a k u den .

IL Das Niasische hat die Formantien a- und o-, d. h. es wird von der mit m a - oder m o - beginnenden Indikativform das m weggelassen. So lautet vom GW g u 1 e „Gemüse* der Indikativ m o g u 1 e „Gemüse

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kochen", der Imperativ o g u 1 e. Beleg, aus der Geschichte vom fremden Koch: Wohlan, koche Gemüse! = l a u , o g u le.

Wir haben oben schon mehrere Male gehört, dass das Howa besondere Beziehungen zum Dayakischen hat. Aber auch mit den Idiomen von Sumatra und den Sprachen der Inseln hinter Sumatra teilt es allerlei Eigentümlichkeiten. So findet sich die Imperativbildung des Nias auch im Howa: Von 1 e h a „Schritt* wird der Indikativ m a n d e h a „gehen" und der Imperativ a n d e h a gebildet. Beleg, aus Rahidy's-Fabel vom Krokodil: Lasst uns dran gehen, Blutbrüdersehaft zu schliessen! = Gehen wir s. -+- B.! — a n d e h a i s i k a h i f a m a t i d r a .

7 9 . Eine vierte Art Imperativ besteht darin, dass der Konjunktiv als Imperativ verwendet wird.

I. Im Altjavanischen bildet -a den Konjunktiv, im Neujavanischen werden diese Gebilde mit -a als Konjunktiv und als Imperativ gebraucht^ in den Idiomen von Madagaskar nur als Imperativ. Doch finden sich schon im Altjavanischen Stellen, wo -a imperativisch ist. — Belege. Altjavanisch, aus dem Acramawasanaparwa: Schliesse einen Vertrag t g u m a w a y a k e n a ii s a n d h i . Altmalagasy, aus der Predigt Hari-reunau: Füge dich! = m e t e z a h a n a u .

II. Wir haben gehört, dass das Formans - u m - aoristisch, futurisch,, konjunktivisch ist. Daher wird es in einigen Idiomen daneben auch imperativisch verwendet, so im Tontemboanischen. Beleg, aus dem Klagegesang auf die verstorbene Mutter: Steig hier ab! = t u m u 1 i m a i. — Im Tagalischen ist - u m - direkt Formans des Imperatives, der Indikativ hat eine andere Bildung. — Beleg, aus dem Teil: Frisch, Alter, an die Arbeit! = Hurtig, Alter, arbeite! — d a l i , m a t a n d a , g u m a w a.

8 0 . Wir wissen, dass die IN Sprachen für die indogermanische Kopula „sein, esse* keine Entsprechung haben. Sätze, wo in unsern Sprachen die Kopula das Prädikat bildet, resp. einführt, haben also im IN kein Verbum. Der Imperativ wird dann durch den blossen Ton ausgedrückt. Beleg, Mentaway, aus den Fisehergeschichten: Sei du meine Braut! —- Braut meine du! — m a d i k u ä k ä u .

81 . Der Imperativ des Kausativs schliesst sich an den des Aktivs. Im Howa heisst m a t u r i „schlafen", m a m p a t u r i „schlafen lassen" ; die Imperative lauten: m a t u r i a und m a m p a t u r i a. Im Bugischen ist das Kausativ p a t e t t o n Indikativ und Imperativ. — Beleg, aus der ersten Henkergeschichte im Injilai: Richte es l— das Haus) am Mittag auf! = Am Mittag von Tag dem du richte -4- auf es! = r i t e n e s s o na e s s o w e mu p a t e t t o n i.

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8 2 . Der Imperativ des Passivs hat das Formans - e n , im Taga­lischen - i n , im Toba - o n , nach den oben entwickelten Lautgesetzen. Dieses Formans hat eine bedeutende Verbreitung, es findet sich in Idiomen der Philippinen, von Nordcelebes, Java und Sumatra. — Belege. Tagalisch, aus dem Teil: „Vergiss sie jetzt* und lebe nur der Freude! — Soll 4- vergessen 4- sein von + dir! = l i m u t i n m o. Tontem-boanisch, aus der ersten Vampyrgeschichte: Suchen wir nur Krabben! = Sollen -f- gesucht -f- werden von -f uns nur K.! = u m u n e n t a r e q e k o m a h . Toba, aus dem Sangmaima: Was soll denn getan werden von mir? = b e h a ma b a h e n o n ku .

8 3 . Zum Imperativ treten sehr oft Partikeln, die ihn verstärken, mildern, höflicher erklingen lassen, u. ä. Dieser Gebrauch ist GmlN zu nennen. Im Altjavanischen und Bontokischen wird so t a verwendet, im Dayakischen h a s , etc., etc. Belege. Altjavanisch, aus der Metrik des Mpu Tanakung: Eile doch! = Doch eile du! = t a i i i g a l k i t a . Bontokisch, aus der Geschichte der Gebrüder mit der Ratte: Gehen wir doch in mein Haus! = Doch g. w. i. H. m. = t a u m ü y t a k o i s a f o n k o. Dayakisch, aus der Geschichte vom Baumbast: Wohlan, sagte Hatalla, es geschehe! ---- h a s , k o a n h a t a 11 a , j a d i.

8 4 . Wir werden später eine weitverbreitete Partikel m a , m o, m e , m a - m a , m a - l a h etc. kennen lernen, die das Prädikat markiert. Ausserordentlich oft figuriert sie auch beim Imperativ. Belege. Toba, aus dem Sangmaima: Bereite Proviant! — b ä h e n ma b o h a l . Minankabauisch, aus dem Manjau Ari: Rauch doch Tabak! - i s o q m a l a h s a n t o . Makassarisch, aus dem Epos Maqdi: „Sage es nur", und wir setzen deine Worte ins Werk. — Sag nur -~ m a q k a n a mama.

8 5 . Die IN Sprachen haben eine doppelte Negation, eine für den Indikativ und eine für den Imperativ. Diese Erscheinung ist so weit verbreitet, dass wir sie Gmln nennen müssen. So hat das Masaretische die beiden Negationen m o h e und b a r a . - Belege. Masaretisch, aus der Garudageschichte: Seine Kinder wurden nicht gross. — Seine Kinder die nicht g. — r i n e n a k e a u a t ro m o h e h a a t ; Seid nicht bös­artig! — Nicht ihr b.! ba ra k imi w a l e k u k .

In vielen IN Idiomen verbindet sich aber die prohibitive Negation nicht mit dem Imperativ, sondern mit dem Indikativ. „Herrschen" heisst im Howa indikativisch m a n d z ä k a , der Imperativ ist m a n d z a k ä <T m a n d z ä k a -f- a. Nun steht im Testament des Umbiasa: Nicht herrsche mit dem Fleisch, herrsche mit dem Geist! = aza m a n d z ä k a a m i n i n u f u , m a n d z ä k a a m i ni f a n a h i .

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8 6 . Der Konjunktiv. Dieser Modus hat in wenig IN Sprachen ein Formans, es ist also keine GmlN Erscheinung. Oft wird er gar nicht ausgedrückt, oft durch formantische Hülfe vv orte r wie Malayisch b a r a ii „möglicherweise". Formantien haben besonders das Alt­javanische und das Bontokische, ersteres: - a, letzteres: - e d, nach Vokalen -d. Auch Formans - u m - kann, nach früher Gesagtem, als Konjunktivbildner auftreten, dies geschieht im Tontemboanischen.

I. Der Konjunktiv im Bontokischen. Beleg, aus der Schlacht von Kaloqokan: Wir sollten nach Bontok gehen. = G. w. s. n. B. = u m ü y k a m i - d ad f u n t o k .

II. Der Konjunktiv im Tontemboanischen. Beleg, aus der Ge­schichte von der Verbrennung der Vampyre: Gehe doch ihnen zu berichten! = Gehe doch berichten an sie = m a ii e o k a k u m u a an i s e r a. Hier steht der Konjunktiv k u m u a , vom GW k u a, in Abhängigkeit vom Imperativ m a n e .

Im Bontokischen und Tontemboanischen ist der Konjunktiv nicht häufig gebraucht; in der Schlacht von Kaloqokan — 192 Druckzeilen — finden sich nur zwei Fälle. Um so regelrechter tritt der Konjunktiv im Altjavanischen auf.

8 7 . Der Konjunktiv im Altjavanischen. Der Gebrauch desselben, unabhängig oder abhängig, deckt sich fast völlig mit dem des Latein. So hat eine Analyse des ganzen Kamahayanikan — 63 Druckseiten — folgendes ergeben:

I. Der Konjunktiv der reservierten Aussage: Du bist nun unter­richtet, damit dürften deine Mängel verschwunden sein; „dürften ver­schwunden sein" = h i 1 a ii a, zum Indikativ h i 1 a n.

II. Der Konjunktiv der Aufforderung: Reis und Getränke etc. sollen gespendet werden; „sollen gespendet werden" = w e h a k e n a .

III. Der Konjunktiv der Bedingung: Wenn die Befreiung von der Begierlichkeit erreicht ist, dann ist auch die Buddhaschaft gewonnen; „wenn erreicht ist" = an k a p a n g u h a .

IV. Der konzessive Konjunktiv: Wenn an deinem Lehrer auch keine Schönheit gesehen wird, sei doch liebenswürdig gegen ihn; „wenn auch gesehen wird" = y a d y a p i k a t o n a .

V. Der Konjunktiv in Absichtssätzen: Strebe nach dem Advaya, damit deine Mängel verschwinden; „damit verschwinden" = y a t ä n y a n h i 1 a h a.

VI. Der Konjunktiv nach den Verben des Befehlens: Es soll be­fohlen werden, dass diese Menschen getötet werden; „dass getötet werden" = p e j a h a n a .

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VII. Der Konjunktiv nach den Verben des Gestattens: Es geht nicht an, dass man im Tempel der Liebe pflege; „dass man pflege" = g u m a w a y a k e n a .

VIII. Der Konjunktiv nach den Verben des Zweifeins und Zögems: Zögere nicht, den heiligen Samaya zu üben; „zu üben" = g u m a w a y a -k e n a.

8 8 . Der Optativ ist entweder Imperativ, oder bedient sich eigener Hülfsverben. oder, am häufigsten, der schon erwähnten Markierungs­partikeln m a , m a m a , I a h , m a l a h , etc. — Beleg, Minankabauisch, aus dem Manjau Ari: Möge er schnell gross werden! — Schnell „1 a h" gross ! = d a r e h I a h g a d a i i .

8 9 . Der Potenticdis hat das Formans m a k a - , das eine ziemliche Verbreitung besitzt, so erscheint es auf den Philippinen, auf Celebes, Madagaskar. — Beleg, Bontokisch, aus der Geschichte von den Sternen: Aber er kann nicht fliegen. - Aber n. k. + f. = y a ad i m a k a t a y a u . — Oder es existieren Hilfszeitwörter, mit der Bedeutung „können", so im Karo: b a n c i. — Beleg, aus der Geschichte vom Vielfrass: Was denn kann man tun ? = W. d. k. t. --- k u g a k i n b a n c i b a h a n.

9 0 . Die modale Nuancierung des Wollens wird häufig mit dem Futur ausgedrückt, welches z. B. im Niasischen das Formans d a - hat: oder mit dem Konjunktiv; oder mit Hülfsverben, die „wollen" bedeuten, so im Gayo mit m a l e . Belege. Niasisch, aus der Geschichte von der alten Katze: Wo ist die Alte, ich will sie tottreten. = Wo Alte, „da" + ich 4- tottreten = h e z o n i n a , da - u- h u n d r a g o . Gayo, aus den kleinen Kulturbildern: Ich will zurückkehren. — a k u m a l e u 1 a k.

9 1 . Die modalen Nuancierungen des Müssens, Sollens, Diirfens werden mit Wendungen wie „es ist nötig, es ist gut, es ist passend, etc.u wiedergegeben; und diese Ausdrucks weise ist so verbreitet, dass wir sie GmlN nennen müssen. Beleg, Toba, aus dem Sangmaima: Die Lanze Siringis darf nicht verloren gehen. ._- Nicht gut, verloren -f- gehe L. S. = n a s o t u p a in a g o h u j u r s i r i fi i s.

9 2 . Der Irrealis. Diesen Modus müssen wir wegen des Interesses, den er auch für die allgemeine Sprachforschung hat, etwas einlässlicher betrachten. Er hat verschiedene Bildungsweisen, keine ist indes Um IN.

I. Bildung des Irrealis durch Verdoppelung der ersten Silbe des verbalen GW. Dies findet sich im Mentaway; allerdings hat die Analyse sämtlicher Mentawaytexte — 80 Druckseiten — nur drei Fälle ergeben. Beleg, aus den Liebesgesprächen: Dann wäre nichts Gutes an mir. Nicht wäre G. a. -f- m. — t a b a b a r a u k t u k ku.

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II. Der Irrealis wird mit den Mitteln des Konjunktivs, oder des Futurs, oder des passiven Imperativs ausgedrückt. - Belege. Minanka-bauisch, aus dem Manjau Ari: Wer sollte mich gelehrt haben 't W. s. -f- g. -\- h. m.? = s i y a k a - m a a j a r i den . Karo, aus der Geschichte vom Vielfrass: Man hätte meinen sollen, er wäre tot. m a t e n i ii e n. — k a - ist Futurexponent, - e n Zeichen des passivischen Imperativs.

III. Das Niasische hat für den Irrealis ein eigenes fonnantisches Hilfswort, das nachgesetzte e n a o . Beleg, aus der Geschichte vom Kawofo: Kawofo hätte gerne gegessen. - - Gern K. essen „ e n a o " —-o m a s i g a w o f o i a e n a o .

Anmerkung. Der Anlaut in g a w o f o resultiert nach den Gesetzen des Status konstruktus, von dem in Kapitel IX abgehandelt wird.

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Kapitel VI: Die Tempora.

9 3 . Die IN Sprachen haben dreierlei Mittel, die Tempora zu bilden: Formantien, formantische Hilfswörter, die Silbenverdoppelung.

9 4 . Das Präsens Aktiv. Wir haben in Kapitel III die Bildung der drei Genera vorgeführt. Die dort gewonnenen Verbalformen des Aktivs sind nun in den einen Idiomen Prasentien, oder sie sind zeitlos^ also können sie auch als Prasentien verwendet werden — Von dieser Regel gibt es indes Ausnahmen. Wir haben sehon vernommen, dass-Formans - u m - in gewissen Idiomen futurisch, in andern imperativisch verwendet wird.

9 5 . Das Präteritum des Aktivs. Das Präteritum wird entweder mit Formantien oder mit formantischen Hiifswörtern gebildet. Das Präteritum der ersten Art hat Formantien, die als Charakteristikum den Laut n besitzen. Diese letztere Bildung findet sieh auf den Philippinen: den Zwischeninseln; auf Nordcelebes; auf Nias hinter Sumatra: auf Madagaskar. Die Verbreitung ist also eine recht weite; dagegen ist zu beachten, dass diese Bildung gerade im Altjavanischen fehlt; auch ist das Formans nicht in allen jenen Idiomen das nämliche, es ist nur überall n-haltig.

9 6 . Die Bildung des Präteritums geschieht nun erstens so, dass zu der Aktivform, wie wir sie in Kapitel III geschildert, das Formans n i -oder n o - oder i n - resp. - i n - tritt. Formosa, Form. Dialekt: 1 i n u m m i s , Präs. l u m m i s „glühen". Philippinen, Bontokisch: inumjanak, Präs. umj anak „ankommen". Zwischeninseln, Taiautisch: i n u m i r e , Futur u m i r e »nicken*. Nordcelebes, Tontemboanisch: n i m a a l i , Präs. m a a l i -bringen*. Hinter Sumatra, Niasisch: nomofano , Fräs, mofauo „ausgehen*. Madagaskar, Howa: nutunena, Präs. tunena »beruhigt sein".

Anmerkung A. Das Formosanische Wörterbuch führt nur die Formen an, sagt aber nicht, was für ein Tempus sie darstellen, es steht also bloss zu lesen: l u m m i s , l i n u m m i s . Da aber das uns besser bekannte Magindanao ganz gleich konjugiert, wie jener Formosanische Dialekt, so können wir von diesem Idiom aus schliessen, dass l i n u m m i s Präteritum ist:

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Grundwort Präsens Präteritum Magindanao

l u t a d „erniedrigen" l u m u t a d l i n u m u t a d

Form. Dialekt l i s „glühen" l u m m i s l i n u m m i s

Anmerkung B. Howa n u - und Niasisch n o - sind identisch, das Howa gibt lautgesetzlich jedes anderweitige o durch u wieder.

Anmerkung C. Im Talautischen ist die m-haltige Form nicht Präsens, sondern Futur.

Anmerkung D. Das Präteritalformans n u - findet sich auch im Toba, also auch auf Sumatra, in der erweiterten Form n u n oder nuha . Diese Erweiterung besteht aus n u und dem MarkierJngswort n a oder ii e , das in mehreren IN Idiomen wiederkehrt; im Karo, das dem Toba nahe verwandt ist, erscheint h e nach Vokalen auch als n, so steht in •der Geschichte vom Vielfrass, in der 23. Zeile, bloss h.

9 7 . Belege zur Präteritalbildung des vorigen Paragraphen. Ton-temboanisch, aus der Gründungsgeschichte des Dorfes Kapoya: Aber der Asaq zog fort aus Sonder. = s a p a k a s i a s a q (ya) n i c u m e s o t (ai) an S o n d e r . Nias, aus der Burutigeschichte: Meine Mutter ist fortgegangen. = f. -|- g. M. m. = n o m o f a n o n i n a gu. Toba, aus dem Sangmaima: „Die Lanze ist verloren", verschleppt durch Wild­schweine. = „ n u h a " verloren Lanze. = n u ii a m a g o h u j u r.

98 . Die Bildung des Präteritums geschieht zweitens so, dass präsentisches m der Formantien m a - , m a r - , m i - , etc., die wir in Kapitel III kennen gelernt haben, durch n ersetzt wird.

Philippinen, Bontokiseh : n a 1 u f u g , Präs. m a 1 u f u g „untergehen". Zwischeninseln, Taiautisch: n a m a i i , Futur, m am a i i „kaufen". Madagaskar, Howa: n a t a h u t r a , Präs. m a t a h u t r a „fürchten".

9 9 . Belege zur Präteritalbildung des vorigen Paragraphen. Bon­tokisch, aus dem Lumawig: Da war zu Grunde gegangen alles das Volk.

k e c e i i n a l u f u g a m i n n a n t a k u . Howa, aus der Fabel vom Krokodil: Da antwortete der Igel. — d i a n a m a l i ni s u k i n a .

100 . Die Bildung des Präteritums geschieht drittens durch for-mantische Hilfswörter. Diese Formwörter bedeuten fast alle „fertig, vollendet". Diese sprachliche Tatsache ist als GmlN zu bezeichnen. Allein ein und dasselbe Formwort geht selten durch mehrere Sprachen, so verwendet das Bugische p u r a , das ihm nahestehende Makassarische 1 eq b a q , das Altjavanische h u w u s , das Kupangische h i d i , etc. — Belege zu dieser Art Präteritalbildung. Altjavanisch, aus dem Kunjara­karna: Ihre Worte sind gedrungen bis in mein Gebein. -= „ h u w u s *

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die W. Ihre dringen bis in das G. = h u w u s i k a p a w a r a h ta a n u s u p t e k a i n t a h u l a n . Kupangisch, aus der Geschichte vom Dümmling: Wir haben nun das Loch gemacht. — Wir machen „hidi" Loch nun. = k i t s u k u n h i d i b o l o son.

101. Mit diesen Formwörtern, wie sie der vorige Paragraph vorgeführt hat, wird nun gemeiniglich nicht bloss angezeigt, dass die Handlung in der Vergangenheit vor sich gegangen sei, sondern es ist fast immer damit der Begriff der Vollendung oder des Plusquamperfekt­ischen verbunden. Liegt bloss die Idee der Vergangenheit vor, so werden jene Formwörter fast nie gebraucht, das Präsens, oder besser gesagt,, die zeitlose Verbalform dient dann auch als Präteritum. —• Belege, aus Bugischen Briefen: „Ich habe das Heilmittel ganz ausgetrunken", und nun ist mein Stuhl wirklich nicht mehr so schmerzhaft. = Ganz „pura" ich trinke H. = a n k a n a p u r a uw i n u n p a b u r a . — „Ich habe ein Haus gekauft" und nun reichen meine Geldmittel nicht zur Abzahlung. = Haus ich kaufe. = b o 1 a uw e 11 i. — Im ersten Fall ist das Vollendetsein betont, daher steht p u r a ; im zweiten Fall schwebt diese Idee nicht vor, daher fehlt das Formwort. — In dem Satze aus der zweiten Bugischen Henkergeschichte: „Kaum hatte es das Gift genossen", so starb es. = „ p u r a " es geniesst. = p u r a n a e m m e ist p u r a plusquamperfektisch.

102. In den Sprachen, die ihr Präteritum mit eigentlichen For­mantien bilden, kann ein solches Formans entweder einfach die Ver­gangenheit anzeigen, oder auch das Vollendetsein, das Plusquam-perfektische ausdrücken. Soll aber das letztere speziell hervorgehoben werden, so benutzen diese Idiome neben dem Formans noch Formwörter mit der Bedeutung „fertig, vollendet", wie wir sie oben vorgeführt haben. So braucht das Howa ein e f a , das mit Niasisch e f a in a e f a „fertig" identisch ist. — Beleg aus dem Testament des Umbiasa: „Wenn die Wissenschaft in unsern Geist eingedrungen ist," so kann sie uns nicht mehr geraubt werden. — D. W., wenn „ e f a " eingedrungen in Geist, - n i f a h e n d r e n a , r a h a e fa t a f i d i t r a an t s a i n a .

1 0 3 . Diejenigen Sprachen, welche eigentliche Formantien zum Ausdruck des Präteritums besitzen, verwenden dieselben sehr konsequent. Wenn es in der Howa Fabel vom Kuckuck heisst: „Sie wollten ihn nicht aufnehmen", so stehen beide Verben „wollen* und „aufnehmen" im Präteritum: Nicht wollten aufgenommen +• haben ihn. t s i n e t i n a n d r a y a z y. — Hievon macht das Niasische eine Ausnahme, es verwendet sein Präteritalformans no- nicht gerade häufig. In der Buruti-Geschichte — 46 Druckzeilen — steht nur ein halbes Dutzend no- .

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Dabei ist allerdings die Phrase n o - m e g e „ebengenannt" nicht mit­gezählt, da sie abgeblasst ist und fast wie ein Artikel funktioniert.

1 0 4 . Diejenigen Idiome, welche ihr Präteritum mit Formwörtern aussprechen, brauchen diese, wie gesagt, fast nur im Falle, wo die Vollendung oder das Plusquamperfektische ausgedrückt werden soll; allein Auch in diesem Falle bleiben die Formwörter oft weg. In der zweiten Henkergesehichte, eingeschaltet in den Bugischen Injilai, finden sich auf 147 Druckzeilen kein halbes Dutzend p u r a .

1 0 5 . Das Ftdur Aktiv. Dieses Tempus hat im IN vier Bildungs­weisen: Erstens wird es durch eigentliche Formantien ausgedrückt; zweitens durch enklitische, meist einsilbige Formwörter, die auf dem Wege sind, Formantien zu werden; drittens durch mehr selbständige zweisilbige Formwörter; viertens durch Silbenreduplikation.

1 0 6 . Erstens: Das durch Formantien gebildete Futur. Keines -dieser Formantien hat eine grosse Verbreitung, keines kann also GmlN genannt werden.

I. Das Howa ersetzt bei den mit m beginnenden Formantien das m durch h. Beispiel: küssen — m i u r u k a, geküsst haben — n i u r u k a , küssen werden = h i u r u k a. Diese h - Bildung ist unter Anlehnung an die h u - Bildung, von der unten die Rede sein wird, entstanden.

II. Das Sundanesische bildet das Futur vermittels des Präfixes pi-und des Suffixes - ö n , also p i d a t a n ö n „kommen werden*.

III. In einigen Sprachen wird das aoristische Formans u m - fu­turisch verwendet, so im Tontemboanischen und Bontokischen, also Bontokisch u m o t o „kochen werden".

IV. Einige Idiome brauchen die mit m- beginnenden Formantien, die anderswo zeitlos oder präsentisch sind, als Futura, daher Taiautisch m a m a l i „kaufen werden".

V. Das Altjavanische benutzt sein Konjunktivformans -a auch als Futurzeichen, also m a t y a <Z. m a t i -f a „sterben werden".

107 . Belege zum vorigen Paragraphen. Altjavanisch, Mausala-parwa, aus der Prophezeiung der erzürnten Brahmanen: Baladewa wird nicht zugleich sterben - - - b a l a d e w a t a n i l u m a t y a . Howa, aus dem Testament des Umbiasa: Ich werde mich zu den Vätern ver­sammeln. W. - j - m. -f- v. z. d. V. ich = h i h a u n a a m i n i r a z a n a a h u .

108 . Zweitens: Das durch enklitische Formwörter gebildete Futur. Es sind alles Präpositionen, welche die Richtung des Wohin bezeichnen. Wie sie dazu kommen, Futurbildner zu werden, ist in Kapitel III be­handelt.

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I. Die Sprachen im Westen, die von Sumatra, Malakka, Madagaskar verwenden die Präposition k a , die, in Erweiterung, k a n und a k a n , und, in Variation, k u lautet. Als Präposition funktioniert k a z. B. im Malayischen; a k a n im Dayakischen; k u im Karo. Futurzeichen ist z.B. k a im Minankabauischen, a k ä n im Dayakischen, hu < ku im Howa.

IL Die Sprachen gegen Osten, Süd- und Mittelcelebes inbegriffen, brauchen die Präposition 1 a., die, nach dem RLD-Gesetz, in gewissen Idiomen da lautet. Präposition ist 1 a z .B. im Kupangischen; Futur­zeichen, als l a , im Makassarischen, als da im Baree und, weit entfernt von der östlichen Gruppe, im Niasischen.

III. Das Bontokische braucht a d als Präposition und als Futur­zeichen. Es ist glaublich, dass dieses a d mit dem d a = 1 a unter II identisch sei. Denn einmal ist die Metathesis überhaupt eine sehr häufige Erscheinung in den IN Sprachen; und zweitens erseheint eine fernere Präposition des Bontokischen, die mit a d synonym ist, sowohl als i s als auch als s i.

109 . Das Dayakische braucht ebenfalls, wie das Howa, die Präpo­sition k u zur Bezeichnung des Futurs, allein es hat daraus ein Verbum gemacht: m a k u. Ganz gleich verhält es sich mit Bugisch raatn < ma + t u und Tettum atu < ^ a + t u ; die Präposition tu lebt z.B. im Toba.

110. Belege zu den beiden vorigen Paragraphen. Minankabauisch, aus der Geschichte von Manjau Ari: Ich werde gehen. = den ka pai . Makassarisch, aus dem Jayalankara: Ich werde jetzt schlafen gehen. — Werde gehen ich schlafen. — 1 a m a ii e y a q t i n r o. Baree, aus der Geschichte der auswandernden Maus: „Ich werde auswandern." - - W. a. i.

da m e l i n j a (mo) y a k u . Tettum, aus den Matthijsen'schen Gesprächen: Morgen früh werden die Pferde kommen. M. f. Pf. w. k. —-awan s a w a n k u d a a t u m a i .

111. Die dritte Art, das Futur zu bezeichnen, besteht in der An­wendung von Hülfswörtern, die „Wollen" u. ä. bezeichnen, so h e n d a q im Malayischen, i s s a im Bontokischen etc. — Bei der Anwendung der sprachlichen Mittel der zweiten und dritten Art begegnen wir den gleichen Verhältnissen, die wir oben beim Präteritum getroffen: Si»> werden sehr oft weggelassen. Im Malayischen Epos Bidasari würden wir vor allem im 5. Gesang nach ausdrücklichen Futurbezeichnungen suchen, da dort viel von Plänemachen die Rede ist, allein wir treffen solche fast gar nicht.

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112. Es gibt Sprachen, die mehrere von den geschilderten Futur­bezeichnungen zugleich verwenden, so das Makassarische, das 1 a oder s a 11 a n hat, oder das Bontokische. Sämtliche im Bontokischen mög­lichen Futurbezeichnungen sind in der Schlacht von Kaloqokan vertreten:

I. Das Futur ist durch kein sprachliches Mittel angedeutet: Wann werden sie kommen ? = Wann k. sie ~ k a d ( n a n ) a i i a n ca.

II. Futur mit Formans - u m - : Wir werden davonlaufen. = Davon­laufen -\- werden wir = l u m a y a o k a m i .

III. Futur mit a d: Es wird viel sein = ad a n s a n .

IV. Futur mit i s s a: Ihr werdet kommen, die drei — W. i. k. die d. = i s s a k a y u ( ' d ) s u m a a a y t o l o .

113. Es gibt unter den Sprachen, welche mit streng formantischen Mitteln ihre Tempora bilden, nun solche, welche bloss zwei Tempora ausgearbeitet haben; so besitzt das Magindanao nur Präsens und Prä­teritum, das Futur muss es umschreiben. Andere Sprachen bilden alle drei Tempora, und beziehen wohl auch noch den Imperativ mit in dieses Tempussystem hinein. Solche ausgebildete Systeme finden wir auf Formosa; den Philippinen; den Zwischeninseln, so auf Sangir; auf Madagaskar. Beispiel:

Howa Tagalisch GW t a d i „binden" t a w a g „rufen* Präsens m a n a d i t u n m a t a w a g Präteritum n a n a d i t u i i m a w a g Futur h a n a d i t a t a w a g Imperativ m a n a d i a t u m a w a g

114. Belege für das Tempussystem auf Madagaskar, aus den Altmalagasy Predigten:

I. Präsens: Abu Bekr, der den Herrgott fürchtet. = Der A. B., f. d. H. -— r' a b u b a k i r i m a t a h u t r u an d z a n a h a r i .

II. Präteritum: Mein Herz hat es aufbewahrt. = He. m. h. + a. --- fu ku n i t a r i m i .

III. Futur: Sie werden mich nicht sehen. — nicht werden s. ni. -- t s i h a h i t a a h i .

115. Die Tempora des Kausativs. Diese schliessen sich eng an die des Aktivs an. Beispiel aus dem Howa:

Sprechen Sprechen lassen Präsens m i t e n i m a m p i t e n i Präteritum n i t e n i n a m p i t e n i Futur h i t e n i h a m p i t e n i

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Beleg aus dem Bontokischen, welches, wie wir wissen, p a - ak Zeichen des Kausativs und i n - als Zeichen des Präteritums verwendet; aus der Geschichte von den Sternen: Die Mutter bat unsern Bruder fliegen lassen. = Hat 4- fliegen + gemacht M. B. u. = i n p a t a y a u i n a k a u w a a n m i .

116. Die Tempora des Passivs schliessen sich bald enger an die des Aktivs, wie im Howa, bald entfernen sie sich mehr davon, wie im Tagalischen. Beispiele:

I. Howa GW Präsens Präteritum Futur Imperativ

I . Tagalisch GW Präsens Präteritum Futurum Imperativ

u m e „geben" u m e n a „gegeben werden* n u m e n a h u m e n a u m e u

t a w a g „rufen" t i n a t a w a g „gerufen werden* t i n a w a g t a t a w a g i n t a w a g i n

117. Eine eigene Art, das Präteritum des Passivs zu bilden, treffen wir im Bugischen und dem ihm nahe verwandten Makassarischen. Es werden Bugisch p u r a , Makassarisch 1 e q b a q , die »fertig, vollendet" bedeuten, vor das blosse, formantienlose GW gesetzt; man erinnere sich dabei an das, was oben über das verbale GW gesagt wurde, nämlich, dass es vielfach, an und für sich, passivische Bedeutung habe. Bugiscbea Beispiel:

GW s i y o q „binden" Präteritum Aktiv p u r a m a q s i y o q Präteritum Passiv p u r a s i y o q .

Diese Bildung findet sich allerdings nicht häufig, im Injilai steht der erste Fall erst in der ersten Henkergeschichte. — Beleg zu dieser Präteritalbildung, aus der dritten Henkergeschichte: Ein Mann, auch gebissen. — w o r o w a n e p u r a o q k o q to.

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Kapitel VII: Die Personen.

118. Die LN Sprachen haben oft neben einander zwei Arten persönlicher Pronomina: Vollpronomina und Kurzpronomina. So lautet „ich* als Vollpronomen in sehr vielen Sprachen a k u , als Kurzpronomen ist es im Bontokischen a k, im Malayischen k u, im Altjavanischen k. Vollpronomina haben alle Idiome, daher ist diese sprachliche Tatsache GmlN zu nennen; die Verbreitung der Kurzpronomina ist weniger gross, doch treffen wir sie fast auf allen Gebieten; auf Celebes hat sie das Bugische, aber nicht das Tontemboanische. Gewisse Idiome haben die Reihe der Kurzpronomina unvollständig, andere haben umgekehrt zwei Reihen solcher.

Anmerkung. Ueber das etymologische Verhältnis zwischen der Voll- und der Kurzform der Pronomina haben wir hier, in einer Mono­graphie über das Verbum, nicht abzuhandeln; ebensowenig haben wir zu reden über das Verhältnis der Kurzpronomina zu den Possessiv­pronomina, die auch als eine Art gekürzter Formen erscheinen, z. B. Bontokisch: „Ich": Vollform = s a k e n ; Kurzform = a k ; Possessiv „mein* = ko, — Uebrigens habe ich in einer frühern Monographie manches über diese Materie vorgebracht.

119. Die Vollpronomina treten, als Subjekt oder Objekt, zum Verbum gerade wie ein Substantiv. So heisst es in der Dayakischen Geschichte vom Baumbast:

Der Baumbast ging. = B. d. g. = k e a n - n a m o t ä h a g o e t . Er ging i ä h a g o e t . Wir werden daher im folgenden uns wenig mehr mit den Vollformen

beschäftigen, wir verweisen einfach auf Kapitel LX. Dagegen verdienen die Kurzformen sehr das Interesse des Forschers, besonders des Indo­germanisten, sowie des Vertreters der allgemeinen Sprachforschung, denn ihre Verbindung mit dem Verb stellt eine werdende Konjugation dar.

120. Wir haben schon vernommen, dass von den Idiomen, welche Kurzformen besitzen, die einen unvollständige, die andern vollständige Reihen aufweisen.

I. Im Malayischen haben nur die Personen „ich" und „du* Kurz­formen :

Ich Vf: a k u Kf: k u Du Vf: e n k a u Kf: k a u

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— O l ­

l i . Das Mentaway hat beide Reihen ganz, nur sind für die zweite Person Plural Vollform und Kurzform identisch:

Ich Du Er

Vf: Vf Vf Vf: Vf Vf:

a k u ä k ä u i n a s i t a k a m si a

Kf: Kf: Kf: Kf: Kf: Kf:

k u n u i ta k a m r a

Wir Ihr Sie

Anmerkung. Die Mentaway Grammatik erwähnt die Kurzform i nicht, allein es gibt in den Texten Stellen, die keine andere Deutung zulassen, als dass die Kurzform i vorliege. Eine solche Stelle findet sich am Anfang der ersten Geschichte vom grossen Bären: Der Vater, er dreht Garn zu Hause. = u k u i i p u p u t ä r ä b a k ä k a u m a .

i n . Das Bugische hat neben der Reihe der Vollformen zwei ganze Reihen Kurzformen:

Ich Du Er Wir Ihr Sie

Vf Vf Vf Vf Vf Vf:

i y a q i k o i y a id iq i ko i y a

Kf: Kf: Kf: Kf: Kf: Kf:

u oder k u m u n a k i q m u n a

aq o oder k o i ki q o oder ko i

121. Die Verwendung der Kurzformen. Wir meinen in diesem Paragraphen immer die Verwendung der Kurzpronomina als Subjekt, von ihrer Funktion als Objekt wird später die Rede sein.

I. Die Vollformen braucht man, wo der Nachdruck auf dem Subjekt liegt; ist das nicht der Fall, so stehen die Kurzformen. In dem Bugischen Brief der Fürstin Weyanu (d. h. Fürstin X) an Matthes, der über Bugische Handschriften abhandelt, heisst es: Ich selber werde befehlen, sie hinzubringen. -•-- Ich selber b., h. sie i y a q p a

m a q s u r o p a n o q i. Hier zeigt schon das beigefügte p a „selber", dass das Subjekt hervorgehoben ist. Im gleichen Brief ist auch von wohlriechenden Oelen die Rede, da lesen wir aber: Ich habe sie ihm nicht verabfolgt. = Nicht ich habe + v. ihm. d e q u p a t i w i r i w i. Hier liegt die Hauptsache im Prädikat, daher ist für das Subjekt die Kurzform u verwendet.

II. Liegt der Nachdruck auf dem Subjekt, so werden sehr oft beide Formen, die Vollform und die Kurzform, zugleich gebraucht. So steht im Makassarischen Jayalankara der Satz: Jayalankara war furchtlos, die Brüder aber jammerten: „Wir fürchten uns sehr*. — Fürchten sehr wir wir — m a l l a q d u d u w aq i n a k k e . Hier ist das Subjekt .wir*

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betont, weil es den Gegensatz zu Jayalankara bildet, und es ist doppelt ausgedrückt, durch die Kurzform a q und die Vollform i n a k k e.

Hl . Handelt es sich um die dritte Person, und ist diese durch ein Substantiv ausgedrückt, so wird sehr oft die Kurzform des Pronomens noch beigefügt. Damit wird aber keinerlei Hervorhebung oder sonst etwas Besonderes bezweckt. Steht also in obigem Brief über die Hand­schriften : n a a l a i k a r a e h r i y a n u = „Er hat sie genommen, der Fürst von X.*, so heisst das gar nichts anderes als: Der Fürst von X. hat sie genommen.

IV. Es gibt nun noch gewisse Einschränkungen im Gebrauch der Kurzformen, die von Sprache zu Sprache anders sind. Gewöhnlieh stehen sie nur beim aktiven und kausativen Verb. Das Malayische braucht die Kurzform nur bei transitiven Verben. Im Makassarischen gilt diese Einschränkung nicht; Beleg, aus dem Gespräch der Katzen, im Jayalankara: Wohlan, gehen wir. = u m b a m o k i q l a m p a .

122- Wir kommen nun zu der Frage: Auf welche Weise treten die Kurzpronomina mit dem Verbum zusammen?

I. Der Fall, dass das in Erage kommende Idiom nur eine Reihe Kurzpronomina hat. Da stehen die Pronomina in der einen Sprache vor, in der andern nach dem Verbum. Dabei kommt es gar nicht darauf an, wo sonst das Subjekt, Substantiv oder Vollpronomen, stehe. Im Malayischen steht das Subjekt in der Regel nach dem Prädikat, die Kurzpronomina müssen vorausgehen. — Vor dem Verbum stehen die Kurzpronomina, z. B. im Toba, im Malayischen, im Baree, im Tettum, nach dem Verbum im Bontokischen.

II. Der Fall, dass das in Frage kommende Idiom zwei Reihen von Kurzformen hat. Dann steht die eine Reihe immer vor, die andere nach dem Verbum; das gilt z. B. von den beiden Reihen des Bugischen, die oben mitgeteilt sind, die u-Reihe geht voraus, die aq-Reihe folgt.

123 . Belege zum vorigen Paragraphen. I. Stellung der Kurz­pronomina vor dem Verbum. Baree, aus dem Lied von den lieben Angehörigen: Ich schätze sie wie Gold. = I. seh. w. G. = k u t i m b a e w a w u y a w a . Makassarisch, aus der sechsten Elegie: Gott, ich bete. = b a t a r a , k u k a n r o . Altjavanisch, aus dem fünften Gesang des Ramayana: Er spannte diesen Bogen. = r a y a t i k a n a n l a r a s . Mentaway, aus den Liebesgesprächen: Ich will nicht = n. i. w. = t a k' o b a < t a k u oba .

Es trifft sich, dass in der Niasisehen Buruti- und Futi-Geschichte die Kurzpronomina sämtlicher Personen figurieren:

Ich — Ich kenne meine Mutter wohl. — I. k. w. M. m. = u i 1 a s a n i n a g u.

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Du — Warum stiehlst du mein Kind? = W. d. st. K. m. = h a n a w a o t a g o n o n o g u .

Er — Der Buruti Geist redete. = Er redete, B. G. = i m a n e b u r u t i - b e c h u .

Wir — Wir werden reden. = W. r. w. = t a w a q o d a n i a . Ihr — Gebt ihr mir das Kind! = I. g. m. K. = mi b e q e

c h o g u n o n o . Sie — Sie haben mein Kind gestohlen. = la t a g o n o n o gu. II. Stellung der Kurzpronomina nach dem Verbum. Bontokisch,

aus der Schlacht von Kaloqokan: Sie rennen in den Wald — R. sie i. W . = u m ü y ca id p a g p a g .

124. Bei den Idiomen, die zwei Reihen Kurzpronomina besitzen, kann der Sprechende beliebig zwischen dem vorgesetzten und dem nach­gesetzten wählen. Wenn im Jayalankara steht: Wenn du nach Masereq kommst, so wirst du den Berg besteigen. = Wenn kommst du hin nach M., du wirst st. auf B. = p u n n a b a t t u ko m a n e r i m a s e r e q , n u w e r o q n a i q r i m o n c o n , so könnte es ebenso gut heissen: n u b a t t u und e r o q k o. Das ersieht man am deutlichsten aus einer Analyse des Gespräches der beiden Katzen im Jayalankara, wenn sie nach Masereq wandern wollen, weil im ganzen Jayalankara die Pronomina nirgends so dicht stehen wie hier: Da zeigt sich, dass die beiden Reihen unterschiedslos verwendet werden.

125. Wenn die Kurzpronomina vor das Verbum treten, so werfen die einen der Idiome die Aktivformantien ab, die andern nicht. Im Malayischen lautet „sehen* m e l i h a t , aber „ich sehe" heisst ku 1 i h a t , mit Weglassung des me-. Im Rottinesischen lautet „aufsuchen": a k a n e n i < a k a -f- GW n e n i , „er sucht auf* ist n a k a n e n i , mit Beibehaltung des a k a - . — Belege. Malayisch, aus dem Hang Tuwah: Ich habe ihn dir wieder weggenommen. Ich habe -+- weg­genommen wieder von dir. =••• ku a m b i l p u l a d a r i p a d a mu. Rottinesisch, aus dem Tierdramolett. Er sucht den Mann auf. Er sucht + auf M. den. — n a k a n e n i t o u k a.

126. Die interessanteste Frage ist die nach der Innigkeit der Verbindung zwischen Kurzpronomen und Verbum. In den einen Idiomen ist die Verbindung eine engere, in den andern eine losere.

127. Die losere Verbindung. Diese treffen wir z. B. im Bugischen und Makassarischen:

I. Es ist in diesen Idiomen nicht absolut erforderlich, dass sich das Pronomen unmittelbar an das Verbum anschliesse. Wenn im Jayalankara steht: Gehe du! = m a n e ma k o , so ist hier Verbum und Kurz­pronomen durch die Markierungspartikel m a getrennt.

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II. Eigentliche suffigierte Formantien haben ein Nachrücken des Akzentes zur Folge, bei den nachgestellten Pronomina ist das nicht der Fall.

III. Die Pronomina können auch mit andern Wortarten, nicht nur mit Verben zusammentreten. — Beleg, Bugisch, aus dem Injilai: Du bist ein Mensch, ich bin ein Vogel. — t a u k o , k u m a n u q m a n u q .

IV. Das Kurzpronomen muss nicht notwendig Subjekt, es kann auch Objekt sein.

128. Die engere Verbindung. Diese findet sich z. B. im Malayischen. Hier tritt das Kurzpronomen nur an Verben; zwischen Pronomen und Verb kann sich nichts hineinschieben; k u 1 i h a t kann nur bedeuten „ich sehe", nicht „mich sehen". — Der Akzent kommt hier nicht in Frage, da Vorausgehendes keinen Einfluss auf denselben ausübt.

129. Am innigsten aber ist die Vereinigung von Kurzpronomen und Verbum im Rottinesischen. Die Verbalformantien des Rottinesischen beginnen mit einem Vokal; und die, dem Verbum vorausgehenden, Kurzpronomina sind vokallos geworden, so „er" = n < na. Dadurch ist es möglich geworden, dass Kurzpronomen und Verbalform zu einem ganz einheitlichen Wortgebilde zusammenschmelzen. So heisst „fliehen" als GW l a i , als Verbum a 1 a i , „er flieht* ist n a 1 a i. Beispiel eines Paradigmas:

GW h a n i Verbum a h a n i Ich warte a h a n i Du wartest m a h a n i Er wartet n a h a n i Wir warten t a h a n i Ihr wartet m a h a n i Sie warten 1 a h a n i

Anmerkung A. Das Rottinesische fügt diesem konjugierten Verbum gewöhnlich noch das Vollpronomen bei, also „ich warte* = au a h a n i .

Anmerkung B. Der Uebergang von der vokalhaltigen zur vokallosen Form des Kurzpronomens zeigt sich hübsch im Mentaway. Während „ich* im Makassarischen nur k u , „du* nur nu lautet, kann man im Mentaway, vor Vokalen, beliebig ku oder k, n u oder n sagen. So steht im gleichen Liehesgespräch: Warum magst du nicht? = w. n. d. m. = a p a t a nu o b a , und: Magst du mich nicht? = t a n o b a a k u .

130 . Belege zur Rottinesischen Konjugation. Es trifft sich, dass im Tierdramolett gerade die ganze Konjugation vertreten ist:

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Ich — Ich sage. = a u a e. Du — Weisst du denn nicht ? — Denn du n. w. = t e o t a

m a 1 e 1 a k. Er — Er sucht den Mahn. = n a k a n e n i t o u k a. Wir — Wir flüchten. = a t a t a l a i . Ihr — Esst nur! = m u a l e o n m a . Sie — Dass sie mich nicht sehen. = D. sie n. sehen m. = f o

a l a b o s o l i t a au.

131. Bei den Idiomen, wo die Kurzpronomina eng mit dem Verbum verbunden sind, figurieren die Pronomina nur als Subjekt, Malayisch k u 1 i h a t kann nie bedeuten „mich sehen*. Bei Idiomen, wo die Verbindung eine weniger innige ist, kann das Pronomen auch Objekt sein. — Beleg aus dem Makassarischen Jayalankara: Besser, wir irren umher, „als dass uns die Schlange fresse". = uns sie fresse, Schlange. = k i q n a k a n r e n a g a .

132. Bei den Idiomen, die zwei Reihen von Kurzpronomina haben, also beim Bugischen, Makassarischen, Niasischen, ist, wenn zugleich ein Pronomen vor und eines hinter das Verb tritt, das erste Subjekt, das zweite Objekt. — Belege. Bugisch, aus dem Injilai: Ich töte dich. —~ u s a m p e i l e o. Niasisch, aus der Burutigeschichte: Ich liebe dich. = u o m a s i q o o.

1 3 3 . Wir haben kennen gelernt, dass das Verbum der IN Sprache Genus, Modus, Tempus und die Personen ausdrückt. Damit ist aber der Kreis seiner Lebensäusserungen noch nicht geschlossen.

I. Wir haben schon gehört, dass gewisse Sprachen den Beginn der Handlung ausdrücken können, vermittels des aoristiscben Formans um. — Gewisse Idiome können nun auch die Dauer angeben; so hat das Altjavanische dem Aktivformans m a n - und dem Passivformans - in-eine durative Färbung gegeben, die ihm ursprünglich nicht zukommt. Beleg, aus dem Acramawasanaparwa: So lange Draupadi schlecht be­handelt wurde. --- D. so 4- lange sie schlecht -f b. 4- w d ropad i k ä l a n i r a w inudan . — Wieder andere Idiome können ausdrücken, dass die handelnde Person gerade in den Verlauf der Handlung ein­getaucht sei; doch gibt es hier nicht eigentliche Formantien, nur for-mantische Hilfswörter, n i e t e n a h , s e d a h oder s a d a n , u. a. Beleg, Minankabauisch, aus dem Manjan Ari: Eine Frau war gerade am Weben. = Eine Person Frau „ s a d a n " webte — sa orah padus i s a d a n b a t a n u n . — Das Bontokische hat ein Formans, naka- , um das Ende der Handlung zu bezeichnen. Beleg, aus der Schlacht

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Ton Kaloqokan: Jetzt haben sie fertig gegessen. = Jetzt h. -4- f. -f- g. sie. = k e c e n n a k a k a n a n ca.

IL Hie und da treffen wir auf partizipiale Formantien. Das Niasische hat ein Partizip Präsens, mit s -, dessen Bildung in Kapitel IH erörtert worden ist. — Beleg, aus der Geschichte von Fisch und Ratte : Eine Wasser schöpfende Frau. = F. seh. W. — a l a w e a a n a q u i d a n o .

HI. Der Numerus kann in mehreren IN Idiomen ausgedrückt werden. Das Masaretische hat ein Verbalformans, das im Singular da-, im Plural du- lautet. Beleg, aus der Stammesgeschichte der Tagalasier: Er sah die Bewohner von Tagalasi-Miten da sitzen. == Sah B. die T.M. sitzen = d a a n a k g e b a ro t a g a l a s i - m i t e n d u p t e a . — Das Niasische hat ein infigiertes g als Pluralzeichen. Beleg, aus der Burutigeschichte:

Du weinst mee o Sie weinen immer m e g e - e g e i ra . —

Im Gayo deutet Formana i entweder auf einen Plural der Subjekte oder der Objekte, letzteres in folgendem Satz aus der Geschichte von der blauen Prinzessin: Sie hatte ihre Kleider alle an = alle hatte -+- an Kleider. = m b e h s e l o k i p e k a y a n .

Anmerkung. Alle Erscheinungen, die in diesem Anhang zu Kapitel VH genannt sind, kommen nur vereinzelt vor, GmlN Werte lassen sich hier nicht gewinnen.

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Kapitel VIII: Das Verbum im Phrasenschatz.

134 . Das IN verwendet oft das Verbum, wo die uns geläufigen indogermanischen Sprachen ein Substantiv, Adverb etc. setzen; aber auch das Umgekehrte gilt.

135. Das IN bildet abstrakte Substantive gerade wie das Indo­germanische. So leitet das Toba vom GW ro „kommen", das auch, ohne Formans, als Verbum verwendet wird, das Substantiv h a r o r o „Ankunft" < h a -f verdoppeltem ro ab. - Beleg aus dem Sangmaima: Damit man die Zeit meiner Ankunft kenne. = Damit gekannt werde Zeit von Ankunft meiner. = asa d ibo to b a k t a ni h a r o r o nku.

136. Die IN Sprachen verwenden nun oft eine Substantivkonstruktion, wo die bekanntern indogermanischen Idiome in der Regel die Verbal­konstruktion anwenden, und zwar gilt dies bei den Verben: tun, beab­sichtigen, meinen, sagen, heissen. Diese Erscheinung ist GmlN zu nennen. Die betreffenden IN Substantive sind entweder substantivische GW wie Altjavanisch don , Tagalisch i b i g „ A b s i c h t " oder abgeleitete Sub­stantive wie Altjavanisch p a g a w a y „das Machen" neben GW g a w a y und Verbum m a g a w a y.

I. Substantivkonstruktion bei den Begriffen des Tuns, Machens. Altjavanisch, aus der Metrik des Mpu Tanakung: Was denn hattest du zu tun? — Was denn Macben dein — m a p a k a r i p a g a w a y ta.

II. Bei den Begriffen des Beabsichtigens. Tagalisch, aus dem Teil: „Was dringt ihr euch" auf offner Strass' mir in den Weg? — Was die Ab. euere mit mir? = ano ah i b i g n in iyo sa akin . Alt­javanisch, aus dem Acramawasanaparwa: Das will man erreichen. - -(Dass das) erreicht werde, (ist) Ziel das k a p a n g i h a don ika.

III. Bei den Begriffen des Sagens. Tontemboanisch, aus der Er­zählung vom Wöchnerinnengespenst: Da riefen sie. -= Da Rede ihre s i i t u o k a kua era(o). Niasisch, aus der Buruti - Geschichte: Da sprach sie wiederum so. — Da so Rede ihre wieder. •-- ba s i m a n e 1 i n i a z u i. Dayakisch, aus der Geschichte vom Baumbast: Da sagte er bei sich. = Da (war) Wort des Herzens - - tä koa n hu aii.

IV. Bei den Begriffen des Meinens. Karo, aus dem Vielfrass: Ich denke doch, der Vielfrass sei tot. = Herz (oder: Sinn) mein doch, dass tot der Vielfrass. = a t e ku min , engo m a t e si l agaman .

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V. Bei den Begriffen des Heissens. Altjavanisch, aus der Cakuntala: Es war einmal ein König, der Ducwanta hiess. = War ein K., D. Name sein. = h a n a s i r a m ä h ä r a j a d u c w a n t a i i a r a n i ra . Tontem-boanisch, aus der Schilderung des Opferfestes : Dieses Opferfest heisst Pflanzenopfer. = Name von O. diesem (ist) Pf. = n a r a n i p a p e l i q i n i t u m a n u s e w .

137. Umgekehrt braucht man im IN oft ein Verbum, wo die uns geläufigem indogermanischen Sprachen eine andere Wortart auf­rücken lassen. Alle hier aufgezählten Fälle sind GmlN.

I. Das Verbum vertritt ein unbestimmtes Pronomen. Das hier funktionierende Verbum ist „sein, vorhanden sein", Altjavanisch h a n a , Malayisch a d a , Niasisch so. — Belege, Altjavanisch, aus dem Kun­jarakarna : Einigen wurden die Köpfe abgehauen. = Waren, (denen) abgehauen 4- wurden K. ihre. — h a n a w i n a d u n k a p a l a f i a . Malayisch, aus Abdullahs Reisebeschreibung: Da waren verschiedene Inseln, die einen gross, die andern klein. = Waren verschiedene Stück Inseln, waren klein, waren gross. = a d a b e b e r a p a b u w a h p u l a u , a d a k e c i l , a d a b e s a r .

II. Das Verbum vertritt eine Präposition, nämlich die Präposition „über" oder „wegen" bei Verben der Gemütsbewegung. Die hier funktionierenden Verben sind „sehen" und „hören". Belege. Dayakisch, aus der zweiten Sangumang - Geschichte : Seine Mutter erstaunte über die Worte des Sangumang == M. seine erstaunte hörend W.S. = i n d u e h e n a n m a h i n i n auh s a n u m a n . Altjavanisch, aus dem Acrama­wasanaparwa : Der König weinte ergriffen von seinem Zustand. = W. K. ergriffen sehend Z. seinen. = man ani s m a h ä r ä j a k a s r e p a n t u m o n g a t i n i r a .

III. Das Verbum vertritt Adverbien wie: hinauf, hinunter, heraus, zurück u. a. — Belege. Kupangisch, aus der Geschichte vom Dümmling: Nun trat er in die Mitte hinein. = Nun er trat hineingehend in Mitte. = ti un l aok t a m a se t l a l a . Dayakisch, aus der zweiten Sangu-mang-Geschichte: Ich schritt dem Riesenbeil entlang. = Ich schritt hin­gehend (am) Riesenbeil = a k u m a n a n j o n m a b o r o i p a h e r a .

IV. Das Verbum vertritt die Bejahungspartikel. Beleg, Niasisch, aus der Geschichte von der Futi: Hast du die Worte des Häuptlings gehört ? Sie sagte : Ja. = Du hörtest WTorte Häuptling ? Sie sagte: Ich hörte. = o r o n o li r a z o ? i m a n e : u rono .

138 . Ueber mehrere Passivformen des Verbums waltet eine Kontro­verse, ob sie nicht eher als Substantivformen anzusehen seien. Meine Meinung ist folgende:

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I. Die Grammatiken benennen mit der Bezeichnung „Passivförmen* gewisse sprachliche Erscheinungen, die sicher ursprünglich Substantive waren. Im Minankabauischen Manjau Ari steht der Satz: Er wächst im Feld, umgeben von Bäumen. „Umgeben von Bäumen* ist: d i l i n k u a n kayu . Die Form d i l i n k u a n wird von der herkömmlichen Grammatik als Passiv erklärt, und es wird beigefügt, der Agens k a y u werde ohne die Präposition „von* angefügt. Allein das GW l i n k u a i i ist im Minankabauischen auch Substantiv: „Umgebung"; und di ist auch Präposition; daher kann ich di I i n k u a h k a y u auch auffassen als „in der Umgebung von Bäumen", denn das Genitivverhältnis wird in sehr vielen IN Sprachen, auch im Minankabauischen nur durch die Stellung, ohne Dazwischentreten einer Präposition, ausgedrückt. So ist d i l i n k u a n k a y u nach meiner Anschauung ursprünglich eine sub­stantivische Erscheinung.

H. Im Altjavanischen Kunjarakarna steht der Satz : Eine Türe wurde von ihm angetroffen. = b a b a h a n k a p a n g i h de n i ra . Hier könnte man in k a p a n g i h zwar auch ein Substantiv sehen, denn ka -dient in vielen IN Sprachen sowohl der Substantiv- als der Verbal­bildung. Aber der Agens ist hier durch die Präposition d e angeknüpft, und diese leitet nie ein Genitivverhältnis ein. Ich kann also jene Stelle ungezwungener Weise nicht auffassen als: „die Türe war ein Fnnd von ihm". Vielmehr entspricht de jenen Präpositionen, die wir in unsern Sprachen zur Einführung des Agens in passivischen Sätzen verwenden; das zeigen aktive Konstruktionen wie im A§ramawasanaparwa: Leid erfahren durch dich. = Erfahren L. durch dich - = m a n e m u I a r a de nu.

HI. In nicht wenig IN Idiomen kann der Agens auf beide Weisen eingeführt werden, genitivisch oder durch eine Präposition, die „von, durch" bedeutet, so im Malayischen, wo diese Präposition o leh lautet. Eine Analyse des ganzen Malayischen Hang Tuwah hat ergeben, dass zwar die Einführung durch die Präposition vorwiegt, dass aber auch die genitivische Konstruktion genügend vertreten ist, und dass kein Sinnes­unterschied zwischen den beiden Konstruktionen verspürt wird; es heisst z. B. : Vom Beamten wurde gehört. - - d i d e n a r bat in , aber: Von der Mutter wurde gehört. =-• d i d e n a r oleh ibu. Solche Doppel­spurigkeiten sagen mir, dass im Sprachgefühl eine Umwandlung statt­findet, dass, was ursprünglich substantivisch war, allmählich als verbal empfunden wird.

IV. Im Bugischen wird der Agens nie genitivisch, immer durch die Präposition r i , welche nie den Genitiv anzeigt, eingeführt. Ich habe den ganzen Paupau Rikadong — 29 Druckseiteu — darauf hin ana­lysiert und keine Ausnahme gefunden. Das sagt mir, dass alles, was

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die Bugische Grammatik Passiv nennt, wirklich als Passiv empfunden wird, mag auch die eine oder andere Passivform ursprünglich sub­stantivisch gewesen sein.

V. Im einzelnen wird es oft schwer sein, nachzuempfinden, ob eine Erscheinung, welche die gewöhnliche Grammatik Passiv nennt, für das IN Sprachgefühl substantivisch oder verbal sei. — Mit Reserve geredet, möchte ich meinen, dass die Wendung unter I : d i l i n k u a n k a y u für das heutige Sprachgefühl der Minankabauer wirklich eine passivische, also eine verbale Erscheinung sei, wie sie die gewöhnliche Grammatik nennt.

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Kapitel IX: Das Verbum im Satz.

139. Wichtige sprachliche Mittel des IN, um die einzelnen Teile in einem Satz zu verknüpfen, sind die Präpositionen, die Kopula, der Status konstruktus, die Wortstellung.

1 4 0 . Die Präpositionen. I. Das Genitivverhältnis hat GmlN die Präposition n oder ni .

Diese Präposition verknüpft Substantiv mit Substantiv. Aktive oder kausative Verben, die den Genitiv Bregie^en•, gibt es nicht. Wohl aber wird vielfach, wie wir gehört haben, der Agens mit dem passiven Prädikat genitivisch verbunden. — Ebenso haben wir gehört, dass der Genitiv auch durch blosse Stellung, ohne Präposition, ausgedrückt werden kann.

II. Das Dativverhältnis hat in den einen Sprachen eine eigene Präposition, z. B. im Karo: m a n ; in andern Idiomen bezeichnen die gleichen Präpositionen, die das Adverbiale anknüpfen, auch den Dativ.

IH. Das Akkusativverhältnis wird äusserst selten durch eine Prä­position bezeichnet, meist genügt die Stellung.

TV. Das Adverbiale wird GmlN durch Präpositionen eingeleitet. Weit verbreitet sind die beiden Präpositionen i und r i.

141. Die Kopula. I. Die indogermanische Kopula, im Deutschen das Verbum „sein*,

hat im IN keine Entsprechung. Der indogermanische Satz „Was ist der Grund, dass es so ist", lautet daher im Kunjarakarna: Was Grund davon, so. --- a p a d u m eh üa m a n k a n n . Im Atjeh, in der Geschichte vom Pelikan, ist der Satz „Da riefen alle Fische: So ist en gut.* wiedergegeben mit: Da riefen alle Fische: »So gut. t e i n a r s e u t b a n d u m e i i k u t : no m e n a n . Bugisch, in einem Brief der Fürstin Aru Pancana heisst es: Welches ist der Frei» dieser Gold-wolle? -- Welches Preis davon Goldwolle dieser. s i a g a e l l i n« w e n a m p u 1 a w e ii e d e.

IL Das IN hat auch ein sprachliches Mittel, da* die Grammatik mit Recht Kopula nennt. Nur ist es kein Verbum, sondern eine Partikel, i oder a y oder y a , etc., d<e Satzteile, besonders Subjekt und Prädikat, verknüpft Die Kopula findet sich auf den Philippinen, auf Nordcelebes und Madagaskar, man kann sie also nicht GmlN nennen.

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142 . Der Status konstruktus, im Niasischen. Er wird hauptsächlich auf zwei Weisen gebildet: Wörter, die mit einem Vokal beginnen, nehmen n oder g vor diesen Vokal; Wörter, die mit einem stimmlosen Konsonanten anlauten, machen ihn stimmhaft. Manche Wörter bilden den Status konstruktus nicht. Beispiele:

Mutter Ratte Status absolutus i n a t e q u Status konstruktus n i n a d e q u

Der Status konstruktus funktioniert wie die Kopula, er verbindet Satzteile, besonders Subjekt und Prädikat. „Ratte" heisst t e q u und ,gehen" m o i , „die Ratte geht* lautet in der Geschichte von Ratte und Fisch: m o i d e q u.

Anmerkung. Die zweite Art des Status konstruktus vermag ich nicht zu deuten, wohl aber die erste: Die beiden Laute n und g sind die Präpositionen n und ka . Die Präposition n ist am Anfang dieses Kapitels behandelt; k a , das nach den in Kapitel III vorgeführten Lautgesetzen im Niasischen zu g a werden muss, ist schon mehrere Male erwähnt worden. Allerdings ist, wie diese Erwähnungen uns gezeigt haben, n GmlN Präposition des Genitiwerhältnisses und k a des Wohin. Wir müssen also annehmen, dass die beiden Präpositionen ihren Wir­kungskreis bedeutend verändert, resp. verallgemeinert haben. Diese Annahme wird durch parallele sprachliche Vorgänge im Mentaway glaub­bar gemacht, welches dem Niasischen geographisch benachbart ist und allerlei spezielle Züge mit ihm gemeinsam hat. Im Mentaway nun hat die Präposition k a ihren Umfang ebenfalls bedeutend erweitert, so dass sie fast alle Satz Verhältnisse einleiten kann; ferner tritt sie vor Vokalen oft in gekürzter Form, als k, auf.

1 4 3 . Die Markierung des Prädikates.

I. Fast alle IN Sprachen haben Partikeln, um diesen oder jenen Satzteil hervorzuheben, so dass man diese Erscheinung GmlN nennen muss. Am weitesten verbreitet ist eine Partikel m a , die auch als m o , m e , m a m a , m a n auftritt; sie erscheint auf den Philippinen, auf Celebes, den Inseln gegen Neuguinea, auf Sumatra. Das Malayische hat eine Markierungspartikel I a h , das Minankabauische m a -f- 1 a h , etc.

Anmerkung. Wenn die einen Idiome m a , die andern m o, die dritten me haben, so entspricht dieser Vokalwechsel meist nicht den Lautgesetzen der betreffenden Sprachen; wir müssen also vorläufig von Variation reden.

n . Diese Partikeln können nun allerdings jeden Satzteil markieren^ am häufigsten aber stehen sie hinter dem Prädikat. In dem Sumba-

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waresiscben Text vom Hundedreck — 27 Druckzeilen — erscheint m o elf mal, darunter neun mal nach dem Verbum.

III. Eine Minderzahl von Sprachen braucht die Markierungspartikeln sparsam; so das Kupangische, in der Geschichte vom Dümmling — 10 Druckseiten — erscheint m a nur einmal, in b a k u m a „es ist genug". Die Mehrzahl verwendet sie sehr reichlich, so das Toba. In der Toba Geschichte Sangmaima figuriert m a, in der ruhig dahin-fliessenden Erzählung, fast nach jedem Prädikat, Beleg: Sangmaima speiste, sackte dann den Proviant auf und ging in den tiefen Wald. = Da sp. der S., da wurde 4- aufgesackt P. sein, da ging in W. t. = a s a n i a n a n m a si s a n m a i m a , a s a d i b o a n m a b o h a l n a , a s a l a h o ma t u t o m b a k l o n o - l o n o .

1 4 4 . Sätze, die wohl ein Prädikat, aber kein Subjekt haben.

I. Sind im Deutschen die unbestimmten Pronomina „es" oder „man* Subjekt, so werden sie im IN meist nicht wiedergegeben. — Belege. Mentaway, aus dem Streit zwischen Sonne und Mond: Ich bin wohl, es regnet. = aku maäru , u ra t . Baree, aus dem Lied an den Mond: Es dunkelt, bevor man heimwärts zieht. = dunkelt, bevor heimwärts zieht. = m a w e h i (mo) nepa j e l a .

Allerdings kommt es auch vor, dass in solchen Fällen das Subjekt bezeichnet wird. „Es wird Nacht* ist in der Bontokischen Geschichte von den Sternen bald mit m a l a f i , bald mit ma la f i nan t a l o n „die Tageszeit wird Nacht" wiedergegeben.

II. Beim Imperativ kann das pronominale Subjekt stehen oder fehlen. Sprachen, die Kurzpronomina haben, setzen das Subjekt gerne. So sagt im Bugischen Paupau Rikadong der König zu seinen Dienern: So geht! = Geht so ihr! = l ao sa o. Im Makassarischen erscheint in der Wendung „unterlasse es!" = t e y a ko und „unterlassen wir es!" t eya k i q , mit denen der Vetativ gebildet wird, das Pronomen immer, eine Analyse des ganzen umfangreichen Jayalankara hat kaum eine Ausnahme ergeben.

145. Haben wir im vorigen Paragraphen Sätze ohne Subjekt behandelt, so ist jetzt von Sätzen ohne verbales Prädikat zu sprechen.

I. Dass das IN kein der indogermanischen Kopula entsprechendes Verbum besitzt, ist schon erörtert worden.

H. Steht in einem IN Satz ein Adverb oder eine Präposition, die eine Richtung im Räume bezeichnen, so wird oft ein Verbum des Gehens, Kommens, Sichaufhaltens, das als Prädikat zu funktionieren hätte, weg­gelassen. — Belege. Altmalagasy, aus der Predigt Tonih Zanahary: Wo weilst du, Moses? —- Wo du, der Moses? -- a i za h a n a u , r a

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musa. Dayakisch, aus der Geschichte vom Baumbast: Zu welchem Zweck kommst du? = Zu was du? — a k a n k w e kau.

IH. Sehr oft finden wir in IN Sätzen das Prädikat von einer, meist schallnachahmenden, Interjektion, begleitet. — Belege. Altjavanisch, aus dem Kunjarakarna: Husch! War sie an der Türe. — H. w. a. d. T. = r e p d a t e h r i n l awan . Rottinesisch, aus dem Tierdramolett: Es blitzt; päff! die Flinte knallt. = n a n d e l a ; d a h ! s i a i lo nal i .

Nun kann in solchen Sätzen das Verbum auch weggelassen werden, so dass die Interjektion allein die Rolle des Prädikates versieht. Beleg, Toba, aus dem Sangmaima: Da schrie der Hühnerdieb „hulishulis". = Da „hulishulis" H. = a sa h u l i s h u l i s (ma) la l i .

Die in diesem Paragraphen erörterten Erscheinungen sind als GmlN zu betrachten.

146 . Verknüpfung von Subjekt und Prädikat. Erstes Mittel: die Stellung.

I. Das Prädikat geht dem Subjekt voraus; dieses Gesetz ist GmlN. — Belege. Altformosanisch, aus der van der Vlis'schen Gesprächsamm­lung : Du hast offenbar geschlafen. — H - f g . d. o. = n i m e s i p k a u 1 a w a. Altjavanisch, aus den Tantrifabeln = So war das Wort der Gans, nun antwortete die Schildkröte: = So W. von der G., a. d. Seh. = m a n k a n a l in n i k a n hafi^a, s u m a h u r i k a n päs . Toba, Sangmaima, vom Brande des Zauberbuches: Dann verbrannte sein Zauberbuch, es fiel aber ein Blatt hinter sein Haus. = Dann v. Z. s., fiel auf Rückseite von Haus sein ein Blatt Zauberbuch. = asa gor (ma) p u s t a h a na , t i m p a l (ma) t u pud i n i r u m a na sa lom-p i t p u s t a h a .

II. Diese Stellung ist aber nicht absolut obligatorisch. Will man besondern Nachdruck auf das Subjekt legen, so kann es vorausgehen. — Zählung: Die Mentawaygeschichte vom Palmweingeist hat 25 Zeilen, die Stellung ist 3 mal SP, und zwar jedesmal, weil, des Gegensatzes wegen, eine Hervorhebung des Subjektes bezweckt ist.

III. Vereinzelte Idiome, die aber in keiner engern Beziehung zu einander stehen, haben die entgegengesetzte Stellung als Regel. Hieher gehören das Dayakische und das Masaretische. — Belege. Masaretisch, aus der Geschichte des Waldgeistes : Unterdessen assen die Menschen Beutel­ratten. = U. M. d. a. B. = g a m d i g e b a ro ka t o n a l . Dayakisch, aus der ersten Geschichte vom Sangumang: Die Büffel wurden von mir eingesperrt. = B. d. w. - j - e. v. -f- m. = h a d a n a n t ä ku ro i i ku. — Zählung. In der Masaretischen Stammsage der Tagalasier ist die Stellung SP strenge innegehalten.

IV. Ueber die Stellung der Kurzpronomina ist oben abgehandelt.

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1 4 7 . Verknüpfung von Subjekt und Prädikat. Zweites Mittel: Die Kopula. Diese Kopula, die Partikel i oder y a oder d i a etc., tritt zwischen Subjekt und Prädikat und verbindet sie so. Belege. Tagalisch, aus dem Teil : Das schreit zum Himmel. = i y a i s u m i s i g a u sa l a i i i t . Tontemboanisch, aus der Geschichte von Muschel und Antilope: Ich bin von der Antilope veranlasst worden. = Ich „ya" b. 4- v. 4- w. von A. = a k u y a. t i n a q a r a n i t u q a. Howa, aus dem Testament des Umbiasa : Der Leih verlangt Nahrung. -— n i n u f u d i a m i l a h a n i n a.

1 4 8 . Verknüpfung von Subjekt und Prädikat. Drittes Mittel: Der Status konstruktus, im Niasischen. Das postponierte Subjekt tritt in den Status konstruktus. — Beleg, aus dem Kawofo: Da erschien Kawofo. — b a s o g a w o f o .

1 4 9 . Das Agensverhältnis im passivischen Satz. Dieses ist in Kapitel VIII erörtert.

1 5 0 . Prädikat und Prädikativ. Das Prädikativ fügt sich, ohne weiteres sprachliches Mittel, einfach an das Verbum des Prädikates. Diese Erscheinung ist als GmlN anzusehen. — Belege, Neujavanisch, aus der Geschichte des Reiches Kediri : Er wurde gemacht zum Ober­feldherr: . = W -+- g. 0 . --• k a d a d o s a k e n s e n a p a t i . Sunda­nesisch, aus den van der Ent'schen Beschreibungen von Tieren und Pflanzen : Ihre Blattnerven werden zu Besen verarbeitet. = Bl. i. w. 4- v. B . —. n e r e n a d i j i y ö n s a p u.

151 . Prädikat und Infinitiv. Hier findet ebenfalls gewöhnlich ein­fache Anfügung statt. — Beleg, Hugisch. aus dem Brief der Fürstin X, worin sie Matthes um ein Exemplar des Jayalankara bittet: Das wünsche ich Ihnen zu sagen. Das ich wünsche sagen an Sie. - i y a u vv a q k a t t a p o w a d a d a r' i d i q .

Das Bontokische verwendet in diesem Fall die Kopula. Beleg, aus der Schlacht von Kaloqokan: Wir gehen stehlen G. w. „ay* st.

u m ü y k a m i ay u m a I a.

1 5 2 . Prädikat und direktes Objekt.

I. GmlN ist, dass das direkte Objekt, ohne weiteres sprachliches Mittel, sich einfach dem Prädikate anreiht. — Belege. Simalurisch, aus der kleinen Westenenk'sehen Gosprächsammlnng : Darf ich diese Kokos­nüsse nehmen? I). i. n. K. d ? d a i u a b e b o n o 1 e r eh-Sangirisch, aus den Adrianischen Liedern: Er sehnt sich nach den Abwesenden. =-- Wünscht Menschen abwesende die. m e k a t i t a u t a d i e. Bangayisch, aus dem Riedelschen T e x t : Wir suchten Knollen­früchte, i k a m i in o ii o in b o 1 i i b a k u.

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Diese Stellung ist nicht absolut obligatorisch. Will man das Objekt hervorheben, so kann es vorausgehen. In der Masaretischen Geschichte vom Waldgeist findet sich ein Fall, mit der Stellung OP, weil das Objekt, des Gegensatzes wegen, betont ist: Ich komme nur noch mit der Stimme, „meinen Leib aber bekommt ihr nicht mehr zu sehen." — -Aber Leib den ihr bekommt sehen nicht mehr. — b u f a t a n d i k i m i b e t a a i i a k m e l a b e k a .

II. In ganz wenig Idiomen wird das direkte Objekt vermittels einer Präposition an das Prädikat geknüpft. Das geschieht im Bontokischen, vermittels i s , und, in gewissen Fällen, im Howa, vermittels ani . — Belege. Bontokisch, aus der Schlacht von Kaloqokan : Dann kaufen wil­den Kuchen. = kecei i l u m a g o kami is nan k a n k a n e n . Howa, aus dem Testament des Umbiasa: Menschen haben dich gezeugt. = M. haben gezeugt dich. = u l u m b e l u n a (nu) n i t e r a k a an i i a l ah i .

HI. Im Niasischen steht das direkte Objekt im Status konstruktus. Beleg, aus der Geschichte der Frau, die den Blitz essen wollte: Wickelt den Hund ein! = Ihr w. -\- ein H. = mi f anombo nasu . — Der Status absolutus ist asu .

153 . Es trifft sich sehr oft, dass Verben, die in den uns geläufigem indogermanischen Sprachen transitiv sind, auch im IN ein direktes Objekt verlangen. Ich habe die Altjavanische Erzählung, welche in die Metrik des Mpn Tanakung eingeflochten ist, darauf hin analysiert und folgendes gefunden. Akkusativisch wie im Deutschen sind viele Verben; aber abweichend vom Deutschen: Helfen gegen Liebespein =- a t u 1 u 11 r i m a n ; den Vergnügen nachjagen = a n r a r a h r ü m.

154. Alle IN Idiome haben Verben der Bewegung, die akkusa­tivisch konstruiert werden, besonders das Verbum „hineingehen". — Belege. Karo, aus dem Vielfrass: Sie gingen in ihr Haus. — Sie gingen Haus ihres. = s i d a h i r u m a h na . Malayisch, aus dem Hang Tuwah: Er ging ins Haus hinein. =.- m a s u q r u m a h .

Unter allen IN Sprachen, von denen ich umfangreichere Texte analysiert habe, ist das Dayakische diejenige, welche diese Erscheinung am häufigsten aufweist, und die meisten Fälle habe ich in den beiden Sangumang-Geschichten getroffen:

p a l u s h u m a ins Haus hineingehen. t a m ä h u m a ins Haus gehen. l u m p a t h u m a ins Haus steigen. b l u a h u m a aus dem Haus kommen. b u 1 i 1 e w u ins Dorf zurückkehren. s a m p a i k a l e k a beim Platz ankommen. m a h o r o i p a h e r a längs dem Riesenbeil schreiten.

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1 5 5 . In vielen IN Sprachen findet sich die Erscheinung, dass Präpositionen, besonders die Präposition i, mit dem Verbum verwachsen. Solche Verben brauchen dann kein weiteres sprachliches Mittel, um das, an und für sieh, indirekte Objekt oder auch das Adverbiale anzuknüpfen, d. h diese Verben werden transitivisch konstruiert. Beispiel, Bugisch:

Auf einem Wege gehen: j o p p a r i l a l e h . Einen Weg begehen : j o p p a i l a l e h .

lieber diese Erscheinung habe ich in einer frühern Monographie einlässlich abgehandelt.

1 5 6 . Besondere Betrachtung verlangt das Objekt bei reflexiven Verben. Die IN Verhältnisse weichen insofern von denjenigen der uns geläufigem indogermanischen Sprachen ab, als man z B. nicht sagt: Ich begebe mich, sondern: Ich begebe meinen Leib, oder: meine Person. Diese Erscheinung ist GmlN „Leib" oder „Person* heisst in vielen Idiomen a w a k , im Bugischen a l e , im Atjeh d r o i , etc. — Belege. Basa Sangiang, aus dem ersten Totenlied: Entfernt euch flussaufwärts! -—: Entfernt Person eure flussaufwärts!— t a s a t a r e p m i i a j u -n a j u. Bugisch, aus der ersten Henkergeschichte: Es ist zu fürchten, dass es den König reuen würde. = Zu + fürchten, dass reue Person seine K. der. = a j a q k e n a s e s s e i a l e n a a r u h e. Atjeh, aus der Geschichte vom weisen Richter: Er stellte sich, als wäre er ein Mensch. •— Er stellte Person als -f- ob M. = j i p e r u p a d r o i s e p e r t i m a n u s i y a . — Zählung. Es ist in Kapitel I eine Zählung vorgenommen worden, welche zeigt, dass im Malayischen die reflexiven Verben seltener sind als z. B. im Deutschen. Das gleiche Resultat hat eine Analyse des ganzen Jayalankara ergeben; doch stehen z. B. in der farbenreichen Schilderung des Kampfes, den der Held mit den Bewohnern von Masereq führt, drei Fälle nach einander: Sich hüten vor, sich stürzen gegen, sich werfen auf.

1 5 7 . Es ist ein hübscher Zufall, dass nicht wenige reflexive Verben des IN im Französischen ihre Entsprechung haben. Man sagt im Bugischen, wie obiges Beispiel zeigt, se repentir, im Malayischen se taire, im Makassarischen s' evanouir, im Minankabauischen s' agenouiller.

1 5 8 . Das indirekte Objekt. Es ist GmlN, dass eine Präposition verwendet wird, um das indirekte Objekt an das Prädikat zu knüpfen. — Belege: Makassarisch, Jayalankara. aus der Programm rede des Königs: Das trage ich euch auf. i y a (mi) k u p a l a q r i k a u . Altjavanisch, aus dem Aeramawasana: An den Tod denken sollen, a t u t u r a r i p a t i . Bontokisch, aus dem Kolling: Sage es unserer Mutter! S. du an M. u. ----:- k a n a m k e n i n a t a . Howa, aus

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dem Testament des Umbiasa: Wer den Lumpen nachgeht, wird selber ein Lump. — Wer nachgeht an den L., wird L. = i z a y m i a r a k a a m i n i a m b u a l a m b u , d i a a m b u a l a m b u .

159 . Ich habe die drei Bücher des Altjavanischen Mahabharata, Äcramawasanaparwa, Mausalaparwa und Prasthanikaparwa auf das dativisehe Objekt hin analysiert, welches im Altjavanischen mit den beiden synonymen Präpositionen i und r i konstruiert wird, und folgendes gefunden: Das Dativobjekt steht besonders:

I. Bei den Verben des Sagens, Fragens, Antwortens, Befehlen», Grassens; z. B. m a n e m b a h r i „jemand ehrfurchtsvoll fragen".

II Bei den Verben des Denkens, Kenuens, Sich erinnerns, Ver-gessens, z. B. a t u t u r r i „denken an".

III. Bei den Verben des Verlangens, Sich freuens, Zufrieden seins, Sich betrübens; z. B. a l a r a r i „trauern über".

1 6 0 . Da, wie oben dargetan wurde, manche IN Idiome Formantien besitzen, um Verben, die sich sonst ein indirektes Objekt oder ein Adverbiale angliedern würden, transitiv zu machen, so erscheint in solchen Sprachen das indirekte Objekt selten. In der Karo Geschichte vom Vielfrass tritt das erste, mit der Präposition m a n eingeleitete, Dativ­objekt erst in der 100. Zeile auf: Dieser Stein passt zu einem Sitzplatz = P. St. d. z. S. — m e h u l i b a t u n d a i m a n p e r k u n d u l -k u n d u l e n . Dem gegenüber enthält die ganz kurze Tontemboanäsche Geschichte von der Pythonschlange ein halbes Dutzend Dativobjekte

161. Näheres und entfernteres Objekt zugleich im Satze. Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, dass das erstere ohne Präposition sich an das Prädikat anschliesst und dass dann das letztere mit einer Präposition folgt. Ich habe das ganze Gesetzbuch Jonker auf diese Verhältnisse hin analysiert, und gefunden, dass sehr viele Fälle mit dem Deutschen stimmen, z. B. : einem Verbrecher Unterschlupf geben; dem Mann den Lohn geben; einem Verbrecher eine Waffe leihen; einem etwas ein­händigen, verpfänden, abborgen. Aber abweichend vom Deutschen: einem etwas bezichtigen, nicht: einen einer Sache bezichtigen.

162. Das Adverbiale wird vermittels Präpositionen in den Satz­zusammenhang eingeflochten. Weitverbreitete Präpositionen sind d i , ri „in, auf, zu, etc.", ka „nach etwas hin"; das Tagalische hat ein sa , „in, zu"; das Timoresische ein bi „in": etc. etc. — Belege. Lampong, aus der van Ophuysen'schen Sammlung von Zvverghirschgeschichten: Wenn du zum Wasser herunter kommst, packe ich dich. = Wenn d. k. zu W., dich i chp . = a s a l n i k u t u r u n di w a y , n i k u ku t e k e p. Besemah, aus der Helfrich'schen Sprichwörtersammlung: Wo

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ist Elfenbein, das keinen Riss hat ? — In was E., nicht Riss + habend — d i m a n e g a d i n d i q b e r e t a q . Kangeanisch, aus der Ge­schichte vom Eulenspiegel: Unterwegs gelangte Eulenspiegel zu einem Reisfeld. — U. der E. g. zu R. — s a - j h a 1 a n - j h a 1 a n - n a s e k a n d h u l o k t e p p a q ka saba. Timoresisch, aus dem Jonker'schen Text: Was riecht im Zimmer drinnen? —- s a a n n a f o bi k e e n n a n an. Togianisch, aus der kleinen Adrianischen Textsammlung: Ich will nicht mehr hier in meinem Dorf wohnen. = Nicht -4- mehr ich will wo. h. in D. m. = t a m o ku p o r u m a r o r o i r i q i r i l i p u n k u. Nabaloi, aus der Gesprächsammlung bei Scheerer: Wir essen während des Marsches. = Essen wir w. M. — m a h a n t a y o c h i c h a l a n . Tagalisch, ans dem Teil: Ihr seid mein Gast zu Schwyz, ich in Luzern der Eure. --.- Ihr Gast mein zu Schwyz, ich der Euere zu Luzern. -••- k a y o i p a n a o h i n ko sa S c h w y z , a k o ah i n i v o s a L u s e r n a .

wenden!