Jahresbericht 2013 - wohnungslosenhilfe-lb.de LB Jahresbericht 201… · Jahresbericht 2013...

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Friedrichstr. 23 71638 Ludwigsburg Tel. 07141 / 29 811 0 Jahresbericht 2013 Ambulante Hilfen nach § 67 SGB XII Inhalt Vorwort ................................................. 1 Fachberatungsstelle ............................... 2 Aufnahmehäuser ................................... 6 Tagesstätte ........................................... 9 Betreutes Wohnen .................................. 13 Die Wohnungslosenhilfe auf einen Blick 17

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Friedrichstr. 23 71638 Ludwigsburg Tel. 07141 / 29 811 0

Jahresbericht 2013

Ambulante Hilfen nach § 67 SGB XII

Inhalt

Vorwort ................................................. 1 Fachberatungsstelle ............................... 2 Aufnahmehäuser ................................... 6 Tagesstätte ........................................... 9 Betreutes Wohnen .................................. 13 Die Wohnungslosenhilfe auf einen Blick 17

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Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser, Im Mai 2012 begonnen, dauerte die Sanierung unseres Hauptdienstsitzes in der Friedrichstraße 23 das ganze Jahr 2013 über an. Längere Bauzeit und höhere Kosten als geplant – das Schicksal vieler Bauherren hat auch uns ereilt! Aber es hat sich gelohnt. Ende März diesen Jahres sind wir wieder in die neuen alten Räume zurückgezogen. Mitarbeiter und Klienten sind begeistert. Jetzt steht noch der letzte Bauabschnitt u.a. mit Außen- und Dachsanierung an. Dass wir Einwanderungsland sind und als Gesellschaft „älter“ werden – beide Entwicklungen machen sich auch in unserer Arbeit bemerkbar. Siehe dazu die beiden Fallbeispiele im Bericht der Fachberatungsstelle. Prekär ist die Situation bei ausländischen Hilfesuchenden ohne Sozialleistungsanspruch, denen auch wir nicht wirklich helfen können. Dabei bekommen wir tolle Unterstützung von vielen Seiten: Im Rahmen der „72-Stunden-Aktion“ hat die Jugend der Katholischen Kirchengemeinde zur heiligsten Dreieinigkeit Ludwigsburg den Hof des Aufnahmehauses für Frauen neu gepflastert. Der Bericht der Tagesstätte ist voller Beispiele tätiger Nächstenliebe: Das Projekt „Fußfit“ der Rotarier aus Bietigheim mit Herrn Dr. Vögele, die Übernahme der Kosten für Essensmarken für die Vesperkirche durch die Venue- Church, die ehrenamtliche Begleitung von gesundheitlich abgebauten Klienten, die Unterstützung bei Trauerfeiern für unsere verstorbenen Betreuten, die „Winteressen“... – Der private Wohnungsmarkt ist für unsere Klienten nahezu verschlossen. Das zeigt die Recherche unseres Mitarbeiters im Ambulant Betreuten Wohnen. Ein Beispiel: 56 Wohnangebote für 1- 2 Zimmer-Wohnungen waren im Beobachtungszeitraum von 16 Wochen in der Ludwigsburger Kreiszeitung annonciert. Davon waren lediglich 20 Wohnungen und damit weniger als die Hälfte für Klienten mit Sozialleistungsanspruch bezahlbar. Gleichzeitig standen diesen 56 Angeboten aber auch 77 Wohnungsgesuche gegenüber! Für uns zählt jeder Einzelne, dem wir ein „Sprungbrett“ für den Neuanfang bieten können. Siehe hierzu „Den Drogen will Herr B. für immer Adieu sagen“ – die Abschrift eines Artikels aus der Stuttgarter Zeitung im Rahmen der Aktion „Hilfe für den Nachbarn“.

Ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand, von kirchlicher und privater Seite könnten wir unsere Hilfe nicht leisten. All unseren Förderern ein herzliches Dankeschön für die Unterstützung im vergangenen Jahr. Ihr

Heinrich Knodel Geschäftsführer

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1. Fachberatungsstelle Fallzahlen und statistische Daten 2013 waren 387 Hilfesuchende (Vorjahreszahlen in Klammern/ 2012: 391) anhängig: 218 (214) Hilfesuchende wurden kurzfristig beraten und/oder mit Sozialleistungen nach

SGB II oder SGB XII versorgt. Davon wurden 189 (182) als Obdachlose oder von Obdachlosigkeit bedrohte Hilfesuchende an die zuständigen Stellen weitervermittelt.

169 (177) Hilfesuchende erhielten längerfristige Beratung nach § 67 Sozialgesetzbuch XII.

Der Anteil der hilfesuchenden Frauen ist mit 16 % (17,5 %) leicht gesunken. Insgesamt waren 19 Klienten und 2 Klientinnen älter als 60 Jahre, sechs älter als 70 Jahre.

Unterkunftssituation Am 31.12.2013 waren 78 % (88 %) der Hilfesuchenden mit einer gesicherten Unterkunft versorgt, der Anteil der Klienten in Individualwohnraum ist mit 46 % (49 %) leicht zurückgegangen. Ohne jede Unterkunft waren knapp 3 % (3 %) der Hilfesuchenden.

19%

4%

3%

12%

23%

23%

7%

3% 2%

4%

Unterkunftssituation 31.12.2013 Aufnahmehaus

bei Bekannten

bei Familie/ Partner/in

Gasthaus/ Pension

WohnraumWohnungslosenhilfeIndividualwohnraum

Notunterkunft

ohne Unterkunft

ungesicherte Ersatzunterkunft

Unterbringung imGesundheitssystem

20 18

20

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19

4

9

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7

3 1 2 2

0

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20

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30

35

von 18bis 25

von 26bis 29

von 30bis 39

von 40bis 49

von 50bis 59

von 60bis 69

ab 70

Altersverteilung der längerfristigen Klienten 2013

männlich

weiblich

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Betreuung und Vermittlung Beide in Vollzeit tätigen Sozialpädagoginnen in der Fachberatungsstelle betreuten durchschnittlich circa 41 (46) Hilfesuchende.

Betreuungsdauer im Jahr 2013

2012 2013

bis zu 3 Monaten 17 % 19 %

bis zu einem Jahr 34 % 33 %

über ein Jahr 49 % 48 %

Von den 169 Hilfesuchenden in der erweiterten Beratung waren zum 01.01.2013 bereits 52 Personen mit Wohnraum versorgt. 20 (33) Hilfesuchende konnten neu in Wohnraum vermittelt werden:

11 (10) Klienten in Wohnangebote der Wohnungslosenhilfe 9 (23) Klienten auf dem privaten Wohnungsmarkt

Die Vermittlungen in privaten Wohnraum schwanken relativ stark. 2013 war das bisher schlechteste Ergebnis, was auf den angespannten Wohnungsmarkt hinweist. Insbesondere Personen, die nicht in einem festen Arbeitsverhältnis stehen, haben sehr geringe Chancen, auf dem privaten Wohnungsmarkt; bei Immobiliengesellschaften erweisen sich häufig Schulden bzw. negative Schufa- Einträge als unüberwindliches Hindernis. Im Jahresverlauf wurden 57 (68) Hilfesuchende in Individualwohnraum nachbetreut. Im Berichtsjahr wurden 11 (15) Klienten in weiterführende Hilfeangebote vermittelt:

2 (4) Klienten absolvierten eine Suchttherapie 9 (11) Klienten wurden in stationäre oder sonstige Hilfeangebote vermittelt

Das Fallmanagement der Wohnungslosenhilfe hat in Kooperation mit der Fachberatungsstelle 29 (26) Klienten in Arbeit vermittelt:

Auf den ersten Arbeitsmarkt 18 Klienten (17 in Voll-, 1 in Teilzeit) In Arbeitsgelegenheiten 11 Klienten

24

15 13

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9 9 11

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11

0

5

10

15

20

25

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2009 2010 2011 2012 2013

privater Wohnraum

WohnraumWohnungslosenhilfe

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Ohne Pass und ohne Wohnsitz – Von Tschechien bzw. Polen über Spanien nach Deutschland: Integration wohnungsloser EU-Bürger Herr Z. kommt ursprünglich aus Tschechien. Er lebt seit 20 Jahren, die Hälfte seines bisherigen Lebens, auf der Straße. In Tschechien hatte er bereits eine Postadresse beim Rathaus der Gemeinde, in welcher er zuletzt gewohnt hatte. Herr Z. ist bereits 2004 fünf Jahre lang in Deutschland gewesen und hat in Hamburg die dortige Straßenzeitung „Hinz und Kunz“ verkauft. In dieser Zeit brachte er sich auch selbst Deutsch bei. 2009 reiste er nach Spanien weiter und blieb dort drei Jahre. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als „Straßenjongleur“. In Spanien lernte er Frau S. kennen. Frau S. ist in Polen geboren. Sie war verheiratet und hat zwei Töchter, die inzwischen beide ein in Polen abgeschlossenes Studium haben. Die Scheidung von ihrem Mann hat sie psychisch sehr mitgenommen, so dass sie ihr Zuhause aufgab und auf die Straße ging. Sie war zunächst in Polen unterwegs und kam dann nach Spanien, wo sie die Möglichkeit fand zu arbeiten und spanisch zu lernen. Herrn Z. wurden in Spanien seine ganzen persönlichen Dokumente, darunter auch sein Reisepass, gestohlen. Da Herr Z. sich nicht mehr ausweisen konnte und es in Spanien unmöglich war, einen neuen Pass zu beantragen, beschlossen beide 2012, nach Deutschland zu kommen. Über Hamburg und Stuttgart landeten sie letztes Jahr in Ludwigsburg. Aufgrund fehlender Ausweise und unklarer Rechtslage bezüglich ihrer Sozialleistungs-ansprüche erhielten Herr Z. und Frau S. in Stuttgart niederschwellige Hilfe, so dass sie dort Wäsche waschen konnten und postalisch erreichbar waren. Als sie im Juni zu uns in die Beratungsstelle kamen, konnten wir langsam ihre grundlegenden Probleme angehen. Um zu gültigen Ausweisen zu gelangen, waren mehrmalige Fahrten nach München zu beiden Konsulaten mit einem Zeugen notwendig. Übernachtung haben wir auf einem Campingplatz organisiert, der ganzjährig geöffnet hat. All dies war mit hohen Kosten verbunden, für die Herr Z. und Frau S. selbst aufkamen. Heute erhalten sie beide Arbeitslosengeld II und demnächst sind beide wieder Besitzer gültiger Ausweise. Sie haben die Möglichkeit, bei uns im Container zu übernachten. Herr Z. arbeitet jetzt in einer Arbeitsgelegenheit über das Jobcenter und Frau S. kann bald einen Deutsch-Integrationskurs über das Jobcenter besuchen. Von den Schwierigkeiten mit und ohne Rente… Die „Überalterung der Gesellschaft“ spiegelt sich auch bei den Klienten der Wohnungslosenhilfe wider. Im Jahr 2013 waren insgesamt 27 Klienten älter als 60 Jahre, davon 6 sogar älter als 70 Jahre - der höchste Anteil der vergangenen Jahre. Damit stellt sich immer öfter das Thema des Rentenantrages und weiterer damit zusammenhängender Leistungen – bei den diskontinuierlichen Lebensläufen und Berufsbiographien und häufig fehlender persönlicher Unterlagen vieler Klienten eine echte Herausforderung! Dies insbesondere dann, wenn Klienten, die das Rentenalter schon längst erreicht haben, jedoch ohne Unterstützung nicht in der Lage waren, die entsprechenden Anträge zu stellen, in großen Notlagen bei der Wohnungslosenhilfe neu vorsprechen und „Soforthilfe“ benötigen. Zum Beispiel Herr K.: Er lebte viele Jahre lang in einer günstigen Ein- Zimmer- Wohnung in Ludwigsburg und arbeitete zuletzt bei den Technischen Diensten der Stadt LB, bis er mit 65

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Jahren aus dem Arbeitsleben ausschied. Da seine Rente sehr niedrig ausfiel, blieben ihm nach Abzug der Unterkunftskosten noch ca. 250,- Euro für den Lebensunterhalt. Zudem hätte er sich freiwillig krankenversichern müssen, da er aufgrund fehlender Voraussetzungen nicht über die Krankenversicherung der Rentner automatisch versichert war. Herr K. wusste sich nicht zu helfen und scheute - teils aus Unwissenheit, teils aus Scham - den Weg zu einer Beratungsstelle oder zum Sozialamt. Auf lange Sicht geriet sein Konto immer mehr in „Schieflage“. Als er dann noch eine Mieterhöhung bekam, die er nicht mehr schultern konnte und aus Angst zuletzt gar nicht mehr auf Briefe seiner Vermieter reagierte, führten ihn seine Mietschulden schließlich mit 67 Jahren auf die Straße. So kam Herr K. zur Wohnungslosenhilfe und ins Aufnahmehaus. Die zuständige Krankenkasse erklärte sich zur Weiterversicherung von Herrn K. bereit, forderte jedoch mehrere tausend Euro für die fehlenden Beiträge. Mit der Rentenversicherung gab es große Probleme, weil diese Herrn K. zunächst fälschlicherweise als „freiwillig versicherten Rentner“ einstufte, anstatt in die „Pflichtversicherung für zuvor nicht versicherte Personen“. Dies hat Auswirkungen auf die Beiträge, die von der Rente direkt an die Krankenkasse abgeführt werden und damit auf die Rentenhöhe und wiederum auf die Höhe der aufstockenden Grundsicherung. Nach fünf Monaten gibt es nun einen ersten Zwischenstand: Herr K. erhält Rente von der Rentenversicherung und eine kleine Rente aus der Zusatzversorgungskasse. Er leistet einen Eigenbeitrag an die Krankenkasse und erhält aufstockend Grundsicherung. Die Forderung der Krankenkasse wurde aufgrund des am 01.08.2013 in Kraft getretenen „Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung“ erlassen, da Herr K. während der nichtversicherten Zeit keinerlei ärztliche Leistungen in Anspruch genommen hatte. Die gesamte Geldverwaltung läuft über das Verwahrgeldkonto bei der Wohnungslosenhilfe, da das Bankkonto von Herrn K. völlig überzogen und damit momentan unbenutzbar ist. Nachdem nun der Lebensunterhalt und die Krankenversicherung sichergestellt sind, können die nächsten Schritte mit Herrn K. geplant werden: die Sanierung seines Bankkontos, welches ihm erhalten bleiben soll, und ein neuer dauerhafter Wohnraum in Ludwigsburg. Cristina Breitling Dipl. Sozialpädagogin (FH) Annette Dietrich Dipl. Sozialpädagogin (FH) Heinrich Knodel Dipl. Sozialpädagoge (FH)/ Leiter der Fachberatungsstelle Christine Stimpfig Sozialwirtin/ Leiterin der Aufnahmehäuser

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2. Aufnahmehäuser 2.1 Aufnahmehaus Männer Im Wohnbereich (17 Plätze) stieg die Belegung von 95,5 % (2012) auf 98,3 % (2013), in der Notübernachtung (4 Plätze) sank sie mit 25,2 % (Vorjahreszahlen in Klammern/ 2012: 26,2 %) leicht.

Im Berichtsjahr wurden 48 (48) Personen betreut. Es gab 30 (38) Neuaufnahmen. Zum Jahresende hatten 32 (32) Personen das Haus wieder verlassen.

Verweildauer Aufnahmehaus Männer

2012 2012 2013 2013

0 -30 Tage 1 2 % 4 8 %

31 - 90 Tage 19 38 % 10 21 %

91 - 360 Tage 28 56 % 28 58 %

> 360 Tage 2 4 % 6 13 %

50 100 % 48 100 %

Die durchschnittliche Verweildauer ist mit 5,9 Monaten im Vergleich zum Vorjahr (4,9 Monate) gestiegen. Im langfristigen Bereich über 360 Tage erhöhte sich der Anteil von 4 auf 13 %. Bei 32 Auszügen konnten 20 Personen (15) mit Wohnraum versorgt werden:

9 Personen auf dem privaten Wohnungsmarkt (10)

2 Personen in unbefristetem Wohnraum der Wohnungslosenhilfe (1)

9 Personen im Ambulant Betreuten Wohnen der Wohnungslosenhilfe (4)

Qualifiziert weitervermittelt wurden zudem 1 Person in Suchttherapie (2) und 2 Personen in stationäre Angebote (2).

25,9 26,2 25,2

98,8 95,5 98,3

84,9 82,3 84,2

0

20

40

60

80

100

120

2011 2012 2013

Notübernachtung

Wohnbereich

Gesamt

7

Zusätzlich gab es 1 Inhaftierung, 1 Kündigung von unserer Seite und 1 Beendigung wegen längerem Krankenhausaufenthalt. 6 Personen brachen den Aufenthalt selbst ab. 2013 gab es bei der Altersverteilung die deutlichsten Veränderungen in folgenden Bereichen: Der Anteil der 18- 25- Jährigen nahm deutlich von 30 auf 23 % ab, der Anteil der 26 – 29- Jährigen stieg von 4 auf 12 %. Der Anteil der über 60- Jährigen stieg von 6 auf 10 %.

2.2 Aufnahmehaus Frauen Das Aufnahmehaus für Frauen (drei Plätze) war nahezu durchgängig voll belegt. Zwei Frauen waren ganzjährig untergebracht, drei weitere Frauen jeweils fünf, vier und zwei Monate. Es gab nur zwei Auszüge. Die Jugend der Katholischen Kirchengemeinde zur heiligsten Dreieinigkeit hat uns im Rahmen der „72-Stunden-Aktion“ im Juni 2013 den Hof des Aufnahmehauses für Frauen neu gepflastert und angelegt. Ein herzliches Dankeschön!

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6

10 9

7

4

1

0

2

4

6

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von 18 bis25

von 26 bis29

von 30 bis39

von 40 bis49

von 50 bis59

von 60 bis69

ab 70

Altersverteilung Aufnahmehaus Männer 2013

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2.3 Nach 16 Jahren in der Tagesstätte: Neustart als Hausleiterin der Aufnahmehäuser Sechzehn Jahre Arbeit in der Tagesstätte: Viele Besucher kamen zum Duschen, Wäsche waschen oder auch nur zum Mittagessen – ein bewusst niederschwelliges Angebot. Wie viele Besucher mit welchen Anliegen kamen, war nicht vorhersehbar. Oft reichte ein „offenes Ohr“, die Tür stand immer offen. Im Vergleich dazu ist die Zielsetzung im Aufnahmehaus eine andere. Die Aufnahmehäuser bieten eine erste qualifizierte Unterkunft zur Klärung der Bedarfslage. Der Aufenthalt ist befristet und es geht um die Frage, „Was kommt danach?“ Ziel der Hilfe sind erste Schritte in Richtung Resozialisierung. Mein Wechsel von der Tagesstätte in das Aufnahmehaus im Sommer 2013 war daher eine große Herausforderung, galt es sich doch in ganz andere Aufgaben einzuarbeiten: In enger Zusammenarbeit mit den Kolleginnen der Fachberatungsstelle muss zunächst geklärt werden, ob und wann ein neuer Bewohner im Aufnahmehaus aufgenommen werden kann und in welche Wohngruppe er passt. Viele Formalitäten müssen erledigt werden, Bewohner an- oder abgemeldet werden, Zielvereinbarungen geschrieben, Krisengespräche mit Bewohnern geführt werden, Einsätze der Mitarbeiter und ehrenamtlichen Mitarbeitern koordiniert werden. Wer kann die Notübernachtung reinigen, Zimmer räumen, stehen genug Mitarbeiter zur Verfügung, um den Pfortendienst abzudecken? Die erste Überraschung erlebte ich gleich zu Beginn: Montagmorgen, Hausdurchgang, die Zimmertüre eines Bewohners war völlig demoliert: ein riesiges Loch in der Türe. Ein Polizeieinsatz mit Gefahr im Verzug war der Grund. Doch was tun? Unser Hausmeister war im Urlaub, keine Ersatztüre passte. Für 500 € hätte ein Handwerker die Türe ersetzt – nein, das war zu teuer, es musste auch anders gehen. Unter Mithilfe eines Bewohners und eines geringfügig Beschäftigten wurde eine neue Türe aus dem Baumarkt besorgt. Dem ausgesprochen handwerklich geschickten Bewohner war es zu verdanken, dass die Türe passgenau zurechtgeschliffen am Nachmittag wieder eingesetzt werden konnte – für 20 €! Die wohl größte Herausforderung ist der tägliche Spagat zwischen den Aufgaben als Hausleitung und der persönlichen Betreuung der Bewohner: Einerseits einem Bewohner wegen Störung des Hausfriedens eine Sanktion zu erteilen und dann beim nächsten Beratungstermin mit ihm gemeinsam Perspektiven für seine Zukunft zu entwickeln. Nach defekten Heizungen und nicht einsatzfähigen Fahrzeugen zu schauen und gleichzeitig die Bewohner und ihre Anliegen im Blick zu haben. Haben die Bewohner im Aufnahmehaus erst mal wieder ein Dach über dem Kopf, müssen die meisten zunächst einmal zur Ruhe kommen. Schaffen sie es dann, gemeinsam mit unserer Unterstützung sich (wieder) um ihre Gesundheit, ihren „Papierkram“ oder ihre berufliche Situation zu kümmern, ist oft eine Entwicklung möglich, die mir immer wieder auf‘ s Neue Kraft für meine Arbeit gibt. Christine Stimpfig Sozialwirtin/ Leiterin der Aufnahmehäuser

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3. Tagesstätte Interimsunterkunft Myliusstrasse 7: eingeschränkte Versorgungsangebote Das gesamte Berichtsjahr verbrachten wir in der Myliusstrasse 7. In dieser Zeit mussten wir Ersatzlösungen für die wegfallenden Versorgungsangebote finden. Mit Unterstützung des Aufnahmehauses konnten wir Angebote zur Körper- und Kleiderhygiene machen. In der Myliusstrasse richteten wir im Wartezimmer eine kleine Kleiderkammer ein. Durch eine großzügige Spende der Venue Church, vermittelt durch unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin, Frau Gudrun Hofmann, konnten unsere Klienten im Februar und März 2013 kostenlos in der „Vesperkirche“ zu Mittag essen und somit wenigstens in dieser Zeit ein warmes Mittagessen bekommen. Unser ehrenamtlicher Mitarbeiter, Herr Jürgen Hahn, half mit, einen chronisch alkoholkranken Klienten nach einem Krankenhaus-Aufenthalt durch regelmäßiges Essen wieder „aufzupäppeln“. Er holte ihn mit dem Auto von zu Hause ab, brachte ihn zum Mittagessen in die Vesperkirche und danach wieder nach Hause. Unterwegs wurden dann noch Lebensmittel eingekauft. Frau Cornelia Kraut übernahm dann den Besuchsdienst und das gemeinsame Einkaufen mit Herrn W. im Rahmen eines Ehrenamtlichen-Projekts für abgebaute chronisch Alkoholkranke. Zwei Studentinnen der EH Ludwigsburg machten im Rahmen eines Freizeitprojekts verschiedene Angebote, wie Planetarium-, Kino-, und Weihnachtsmarkt-Besuche. Die Angebote innerhalb der Einrichtung, wie ein gemeinsames Frühstück an den Auszahlungstagen des Monatswechsels, wurden besonders gut angenommen. Trotz eingeschränkter Versorgungsangebote suchten 34 Klienten die Tagesstätte regelmäßig auf. 4 Klienten hatten nur eine Postadresse zur Erreichbarkeit vor allem für das Jobcenter Ludwigsburg. Für 3 Klienten war die Tagesstätte Ausgabestelle der Straßenzeitung „Trott-war“. 28 Klienten wurden im Rahmen der Einzelfallhilfe betreut, wir waren Ansprechpartner und gaben Unterstützung vor allem bei der Antragstellung von Sozialleistungen und bei der Geldverwaltung. 26 Klienten hatten ein sog. Verwahrgeld-Konto in der Tagesstätte, über das Miet- und Nebenkostenzahlungen und monatliche Raten an verschiedene Gläubiger erfolgten. „Früher habe ich gezittert, wenn so ein Brief kam, bevor ich ihn aufgemacht habe. Es ist gut, dass Sie da sind.“ So ähnliche Sätze hörten wir häufig. Manche Klienten schienen die Ruhe und die Zeit für ein Gespräch in der Interimsunterkunft regelrecht zu genießen und dankten uns für unsere Unterstützung durch große Zuverlässigkeit und Selbstreflexion. Es kam zu keinerlei Beschwerden von Hausmitbewohnern oder aus der Nachbarschaft. Allerdings waren die vielen Treppenstufen ohne Aufzug für viele Besucher ein starkes Hindernis. Wir freuen uns daher für unsere Klienten, wenn wir ihnen nach unserem Rückzug in den renovierten Altbau in der Friedrichstrasse 23 wieder regelmäßig ein warmes Mittagessen und in den neuen erweiterten Räumlichkeiten u.a. mit zusätzlichen Duschmöglichkeiten deutliche verbesserte Rahmenbedingungen anbieten können.

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Projekt „Fußfit“ Initiiert und finanziert vom Rotary Club Bietigheim/Vaihingen finden in der Tagesstätte unter Leitung von Herrn Dr. Vögele monatlich ambulante ärztliche Sprechstunden und Fußpflege statt. Ziel ist die Verbesserung der Fußgesundheit auch für mittellose Menschen. In der ambulanten Sprechstunde wird durch einen Facharzt festgestellt, welche weiteren Maßnahmen notwendig sind. In Zusammenarbeit mit den Orthopädie-Technik-Firmen Pudel und Ortema werden Einlagen und orthopädische Schuhe zur Verfügung gestellt. Die Fußpflegerin Ulrike Dill kümmert sich um das Schneiden der Fußnägel und legt als gelernte Krankenschwester auch im Einzelfall Wundverbände an. In der Regel nahmen 4-6 Klienten am jeweiligen Termin teil. Sie waren überaus dankbar und angerührt von so großzügiger und fürsorglicher Hilfe.

Familienzusammenführung bei Trauerfeiern und am Grab der Wohnungslosenhilfe „Manchmal frage ich mich, würde mich jemand vermissen, wenn ich jetzt sterbe. Würde jemand wegen mir weinen?“ Die Aussage eines langjährigen Besuchers der Tagesstätte, der nach einer Reihe von Enttäuschungen den Kontakt zu seiner Familie verloren hat. Nach dem Tod eines ihrer „Kumpel“ werden wir immer gefragt: „Er / Sie wird aber doch nicht anonym beerdigt?“ Denen, die zurückbleiben, ist es wichtig, dass jeder Verstorbene von ihnen eine würdevolle Beerdigung bekommt, auch wenn sie selbst schon über viele Jahre keinen Kontakt mehr zur Kirche haben und schon lange am Rande der Gesellschaft leben. Auch im Berichtsjahr haben wir wieder für zwei langjährige Besucher der Tagesstätte die Beisetzung im Urnengrab der Wohnungslosenhilfe und eine Trauerfeier organisiert. Frau K. starb im Alter von 43 Jahren an den Folgen ihrer chronischen Alkoholkrankheit. Für Frau K. organisierten wir die Trauerfeier in der Methodistischen Kirche Ludwigsburg. Dadurch konnten ihre Freunde aus Ludwigsburg, ihre Schwester und ihre 12-jährige Tochter, die in einer Pflegefamilie lebt, an der Trauerfeier teilnehmen. Frau K. hatte zu Lebzeiten den Kontakt zur Schwester hinausgeschoben, weil sie nicht wusste, ob sie ihr vertrauen kann.

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Den persönlichen Kontakt zur Tochter wollte sie nicht, weil sie sich für ihr Aussehen schämte – nach einem Nasenbeinbruch und verschiedenen gewalttätigen Auseinandersetzungen war ihr Gesicht entstellt. Nur mit unserer Unterstützung hatte es Frau K. geschafft, den Briefkontakt zu ihrer Tochter zu halten. Kurz vor ihrem Tod wurde Frau K. von ihrer Tochter in einem Brief eindringlich um ein Treffen gebeten. Die Tochter äußerte über Pflegemutter und Jugendamt die Befürchtung, die Mutter nur noch tot zu sehen. Leider war das dann tatsächlich der Fall. Beide Familienangehörige, die Frau K. zuvor nicht treffen konnten, mussten sich nun bei der Trauerfeier von ihr endgültig verabschieden. Mit Unterstützung von Herrn Pastor Brombach und unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern, Frau Gudrun Hofmann, Frau Ursula Andersen und Herrn Jürgen Hahn gelang es uns, die sehr emotionale Situation während der Trauerfeier und Urnenbeisetzung aufzufangen. Herr D. starb mit 67 Jahren an einer Tumorerkrankung, die er nicht behandeln lassen wollte. Für Herrn D. organisierten wir die Trauerfeier am Urnengrab der Wohnungslosenhilfe. Unser Kollege, Sozialdiakon Hermann Weckauff, leitete die Trauerfeier. Herr D. war psychisch krank und obdachlos. Die Vermittlung einer Unterkunft scheiterte am Misstrauen von Herrn D. Er hielt sich daher häufig am Bahnhof Ludwigsburg auf. Nach seinem Tod sammelte der Kioskbesitzer am Bahnhof für ein Grabgesteck, stellte ein Foto von Herrn D. und eine Kerze für Herrn D. auf. Eine Reihe von Menschen, die Herrn D. immer am Bahnhof getroffen hatten, konnten am Grab der Wohnungslosenhilfe von ihm Abschied nehmen. Familien-angehörige aus Italien reisten zur Urnenbeisetzung an. Ein Bruder aus Bietigheim, der seit über 20 Jahren keinen Kontakt zu Herrn D. hatte, kam mit seiner Frau zum Grab. Die Frage, warum sie so lange keinen Kontakt zueinander hatten, blieb letztlich unbeantwortet. Weihnachtsfeier mit Petrus Ceelen Von der Methodistischen Kirchengemeinde wurde uns der große Gemeindesaal mit Küche für unsere Weihnachtsfeier zur Verfügung gestellt. Für Mitarbeiter und Klienten inzwischen ein vertrauter Ort! Ca. 60 Besucher nahmen an der Feier teil. Wir begannen mit einem Brezelfrühstück. Der ehemalige Aids-Seelsorger Petrus Ceelen leitete dann anhand von Dias zu dem Thema „Licht – Hoffnung in der Dunkelheit“ die Feier und wurde dabei von ehrenamtlichen Mitarbeitern durch Gitarrenspiel, u.a. unterstützt. Frau Manuela Weiland bereitete mit einem Kreis von befreundeten Helferinnen ehrenamtlich das Mittagessen zu. Es gab Fleischküchle, Rotkraut, Nudeln und ein Dessert – es war so reichlich gekocht worden, dass viele Besucher sich noch etwas einpacken konnten. “Winteressen” in Ludwigsburger Kirchengemeinden Auch weil die Tagesstätte längere Zeit kein warmes Mittagessen und nur eingeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit anbieten konnte, waren die „Winteressen“ in den Ludwigsburger Kirchengemeinden besonders wichtig. Die Resonanz auf die „Winteressen“ ist weiterhin durchweg positiv. Nahezu an allen Sonntagen von November bis Anfang April findet in einer Kirchengemeinde ein „Winteressen“ statt. Die Besucherzahl liegt zwischen 70-110 Personen. Teilweise mussten in den Kirchengemeinden noch Tische nachgestellt oder bei der Essensausgabe anders portioniert werden, damit auch jeder Besucher etwas zum Essen bekommt. Die Stimmung ist durchweg gut, und das Engagement der Kirchengemeinden einfach phänomenal.

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Die Kleiderausgaben werden von den Besuchern sehr gern angenommen. Drei Kirchengemeinden, die etwas weiter weg liegen, organisieren einen Fahrdienst mit eigenem Fahrzeug, zusätzlich zum Bus unseres Aufnahmehauses. Die Kirchengemeinde Ditzingen bezahlt einen speziellen Linienbus für das „Winteressen“ dort. Alles klappt reibungslos. Bei Gemeinden, die man gut mit dem öffentlichen Bus oder zu Fuß erreichen kann, ist die Besucherzahl trotz des Wegfall des Fahrdienstes konstant geblieben. Die Terminkoordination erfolgt weiterhin über Frau Zimmermann von der Wohnungslosen-hilfe. Durch die große Nachfrage der Kirchengemeinden ist der Plan 2014/15 schon fast fertig gestellt und nur noch wenige Termine frei. Auf diesem Wege nochmals ein herzliches Dankeschön an alle Kirchengemeinden für Ihre überaus große Hilfe und Engagement. Personelles Nach 16 Jahren Tätigkeit in der Tagesstätte, einer Weiterbildung und der Kündigung von Frau Kopf wechselte Frau Stimpfig im Juni des Berichtsjahrs als Hausleiterin in das Aufnahmehaus der Wohnungslosenhilfe. Während ihrer Tätigkeit als pflegerische Fachkraft in der Tagesstätte hat Frau Stimpfig einen guten Kontakt zu niedergelassenen Ärzten, dem Krankenhaus und anderen Einrichtungen im Gesundheitsbereich aufgebaut. Auf diese Kontakte kann inzwischen die gesamte Wohnungslosenhilfe zurückgreifen. Wir sagen Frau Stimpfig für ihr Engagement ein großes „Danke-schön!“ Konzeptionelles In einer konzeptionellen Neuausrichtung der Tagesstätte möchten wir gesundheitlich abgebauten Besuchern, die vorwiegend in trägereigenem Wohnraum untergebracht sind, adäquatere Hilfen vermitteln. Langjähriger chronischer Alkoholismus führt bei vielen Klienten der Tagesstätte zu massiver Verwahrlosung. Die Körper- und Kleiderhygiene wird vernachlässigt; die Wäsche wird nicht mehr gewaschen; die Wohnung wird nicht mehr geputzt; Müll wird nicht mehr entsorgt. Notfall-Krankenhauseinweisungen und oft eigenmächtige „Entlassungen“ nach Hause wechseln sich in immer kürzeren Abständen ab. Eine adäquate stationäre Unterbringung in Facheinrichtungen wird abgelehnt. Die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers gegen den Willen des Betroffenen ist bei chronisch Alkoholkranken äußerst schwierig. Die neue pflegerische Fachkraft soll zukünftig auch verstärkt Hausbesuche machen, um notwendige Hilfen zu organisieren. Agnes Laib, Sozialarbeiterin (BA), Leiterin der Tagesstätte, Marita Zimmermann, Allround-Kraft

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4. Ambulant Betreutes Wohnen 4.1. Maßnahmen des Ambulant Betreuten Wohnens Die Wohnungslosenhilfe gGmbH (WlHi) verfügt über 9 Plätze im Ambulant Betreuten Wohnen, davon allein 8 Plätze im Haus Uferstraße 27 in Ludwigsburg-Hoheneck. 2013 wurden insgesamt 16 Personen (2 Frauen und 14 Männer) betreut.

Klienten im Betreuten Wohnen 2013

Übernahme aus 2012 8

Abgänge/Abschluss des BeWo 4

Wechsel in die Nachbetreuung 2

Neuzugänge 8

Stand 31.12.2013 10

Gesamtzahl 2013 16

Ein Betreuter wurde in eine stationäre Suchttherapie mit anschließender Adaptionsphase speziell für substituierte Patienten vermittelt. Mit dem Titel: „Den Drogen will Herr B. für immer Adieu sagen.“ beschreibt er in einer Reportage von der Aktion „Hilfe für den Nachbarn“ in der Stuttgarter Zeitung vom 11.12.2013 seine Erfahrungen und Ziele. Wir danken der Stuttgarter Zeitung und Frau Neth für die Genehmigung des Abdrucks. „Den Drogen will Herr B. für immer Adieu sagen.“ Richtig Mist habe er in den zurückliegenden Jahren gebaut, gesteht der junge Mann Mitte zwanzig. Mit 13 begann er zu kiffen, mit 16 spritzte er sich Heroin. „ Aber ich habe die Realschule sehr diszipliniert gemacht und nie geschwänzt.“ Darauf ist er stolz. Auch darauf, dass er anschließend eine anspruchsvolle technische Ausbildung geschafft hat, trotz der Drogensucht. Nach der bestandenen Gesellenprüfung habe ihn der Meister zur Seite genommen und ihm geraten, eine Therapie zu machen – danach könne er wieder im Betrieb einsteigen. „Der hatte das die ganze Zeit gewusst, was mit mir los war, aber nie etwas gesagt“, kombiniert Herr B. heute. Doch aus der Therapie wurde nichts, weil er sich nicht an die Auflagen hielt, wurde er aus der Einrichtung rausgeworfen. Es gibt wahrscheinlich keine Droge, die er nicht ausprobiert habe, erzählt B. Mal hat er selbst gedealt, mal hat er gestohlen und betrogen, um seine Sucht zu finanzieren. Dafür saß er eine längere Haftstrafe ab. „Dadurch wurde alles noch schlimmer“, erzählt er. Als er 15 Jahre war, hatte ihn der Vater rausgeworfen. „Ich war halt nicht so, wie er es sich gewünscht hat“, sagt B. nachdenklich. Er ist dann bei seiner damaligen Freundin untergekommen. Der Konflikt mit dem Vater durchzieht das Leben von B. Ein unentwirrbares Knäuel von Demütigungen des Sohnes und Enttäuschungen für den Vater steht bis heute zwischen ihnen. Nur zu seiner Mutter hat B. heute wieder Kontakt. „Die hält zu mir“, sagt er. Nach der verbüßten Haftstrafe hatte er für kurze Zeit einen Job. Dann fing er wieder an, Drogen zu konsumieren, und lebte zeitweise in einer Obdachlosenunterkunft. Erst ein

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Erlebnis im vergangenen Sommer öffnete ihm die Augen. Ein selbst gemixter Giftcocktail hätte ihn um ein Haar das Leben gekostet. Durch Zufall wurde er auf einer öffentlichen Toilette gefunden. Eine Woche lag er im Koma, und jetzt ist der Entschluss da: „Ich will neu anfangen. Deshalb werde ich auf keinen Fall mehr an meinen alten Wohnort zurückkehren.“ Dazu ist B. fest entschlossen. Er will auch in kein Substitutionsprogramm, sondern allen Drogen für immer Lebewohl sagen können. B. wird eine Therapie in einer Klinik beginnen. Dort startet er mit Joggen und Krafttraining in den Tag. Körperliche Anstrengung wird dort aus therapeutischen Gründen großgeschrieben. Dafür benötigt Herr B. einen Zuschuss in Höhe von 300 Euro, damit er sich Sportkleidung und Joggingschuhe kaufen kann. Die Wohnungslosenhilfe bittet um Spenden.

Der neue Anbau – Stand Oktober 2013 4.2 Ein Bericht über vier Monate Beobachtung des Wohnungsmarktes in Ludwigsburg Vom 24.08. bis 21.12.2013 wurde das Wohnungsangebot für 1-2 Zimmerwohnungen im Landkreis und der Stadt Ludwigsburg im Internetportal www.immowelt.de., in der Ludwigsburger Kreiszeitung (LKZ) und im Ludwigsburger Wochenblatt beobachtet. Diese Recherche ergab folgende Ergebnisse: Vom Internetportal www.immowelt.de gingen regelmäßig per E-Mail die Wohnungs-angebote für 1-2-Zimmerwohnungen im Preissegment bis 385,- € Kaltmiete ein. Diese Kaltmiete ist die Obergrenze, die das Jobcenter im Rahmen der Hilfe nach SGB II (Arbeitslosengeld II) maximal für einen 1-Personenhaushalt gewährt. 76 Wohnungsangebote wurden in einem Zeitraum von 17 Wochen ausgewertet. Von diesen 76 Wohnungs-angeboten waren 63 Angebote (83%) über Immobilienmakler inseriert, d.h. kamen für eine

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Wohnungsvermittlung nicht in Frage, da das Jobcenter im Regelfall keine Maklerprovisionen gewährt. Nur 13 Wohnungsangebote (17%) waren provisionsfrei. In der LKZ waren in den 16 Wochen der Recherche der Wohnungsangebote zur Vermietung von 1-2 Zimmerwohnungen folgende Angebote:

Wohnungsangebote in der LKZ 22.08. – 19.12.2013

1 Zimmerwohnungen bis zur Mietobergrenze 14

2 Zimmerwohnungen bis zur Mietobergrenze 06

Summe der Wohnungsangebote die das Jobcenter finanziert

20

1 Zimmerwohnungen über der Mietobergrenze 07

2 Zimmerwohnungen über der Mietobergrenze 29

Summe der Wohnungsangebote die für Hilfesuchende nicht in Frage kommen

36

Gesamtzahl der Wohnungsangebote 56

Wohnungsgesuche für 1-2 Zimmerwohnungen 77

Das Verhältnis von Wohnangeboten innerhalb der Mietobergrenzen zu den Wohngesuchen war im Ludwigsburger Wochenblatt noch schlechter. In 14 Wochen der Recherche gab es folgende Wohnungsangebote:

Wohnungsangebote im Ludwigsburger Wochenblatt 24.08. – 21.12.2013

1 Zimmerwohnungen bis zur Mietobergrenze 15

2 Zimmerwohnungen bis zur Mietobergrenze 05

Summe der Wohnungsangebote die das Jobcenter finanziert

20

1 Zimmerwohnungen über der Mietobergrenze 02

2 Zimmerwohnungen über der Mietobergrenze 30

Summe der Wohnungsangebote die für Hilfesuchende nicht in Frage kommen

32

Gesamtzahl der Wohnungsangebote 52

Wohnungsgesuche für 1-2 Zimmerwohnungen 118

In einem Zeitraum von ca. 4 Monaten gab es für unsere Hilfesuchende im Ludwigsburger Wochenblatt 20 Wohnungsangebote, die das Jobcenter im Rahmen der Hilfe nach SGB II übernehmen würde. Diesen Angeboten standen 118 Wohnungsgesuche gegenüber. Die Recherche belegt insgesamt sehr deutlich die geringen Chancen unseres Klientels auf dem privaten Wohnungsmarkt. Das erreichbare Angebot reduziert sich zunächst einmal deutlich (jeweils um mehr als 60%) durch die Mietobergrenzen. Über Makler inserierte Wohnungen kommen nicht in Frage, da das Jobcenter i. d. R. keine Maklerprovision übernimmt. Gleichzeitig steht diesem Angebot eine deutlich höhere (eine mehr als dreifache, bzw. fünffache) Zahl an Wohnungsgesuchen gegenüber. Hier ist davon auszugehen, dass diese Wohnungssuchenden bessere Einkommensverhältnisse und eine

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stabilere Lebenslage als unsere Klienten vorweisen können. In dieser Konkurrenz hat unser Klientel eher das Nachsehen. Dass der private Wohnungsmarkt für unsere Hilfesuchenden eher verschlossen ist, belegen auch unsere Vermittlungszahlen seit 2009:

Vermittlungen in Wohnraum vom Betreuten Wohnen in der Uferstrasse 27

2009 2010 2011 2012 2013 Summe

In Privatwohnraum 1 0 0 2 1 4

In Wohnraum der Wohnbau Ludwigsburg GmbH

3 3 3 0 2 11

In Wohnraum anderer Wohnbaugesellschaft 2 0 0 0 0 2

In Wohnraum der Wohnungslosenhilfe 1 1 1 3 1 7

Gesamtzahl 7 4 4 5 4 24

Für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft stellt die Vermittlung in eine „normale“ Wohnung mit unbefristetem Mietvertrag einen entscheidenden Baustein dar. Die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt verhindert diese Zielerreichung und bedingt, dass die Hilfesuchenden länger im Wohnraum der Institution leben.

4.3 Nachbetreuung in Wohnraum Im Berichtsjahr 2013 wurden 32 Personen (2 Frauen und 30 Männer) nach dem Auslaufen der Maßnahme ABW in Wohnraum nachbetreut.

Klienten in der Nachbetreuung 2013

Übernahme aus 2012 30

Abgänge 3

Neuzugänge 2

Verstorben 1

Stand 31.12.2013 28

Gesamtzahl 2013 32

Von den 28 Personen am 31.12.2013 lebten 14 Personen in Wohnraum oder in angemietetem Wohnraum der Wohnungslosenhilfe gGmbH, 13 Personen in Wohnraum der Wohnungsbau Ludwigsburg GmbH und 1 Person in Privatwohnraum. Hermann Weckauff Diakon und Sozialarbeiter

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Die Wohnungslosenhilfe im Landkreis Ludwigsburg gGmbH

Gesellschafter: Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. ( vertreten durch die Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz), Evangelischer Kirchenbezirk Ludwigsburg, Katholisches Dekanat Ludwigsburg, Stiftung Karlshöhe Ludwigsburg; Vorsitzender der Gesellschafterversammlung: Dekan Winfried Speck (Ev. Kirchenbezirk), Stellvertreter Hendrik Rook (Caritas); Geschäftsführung: Dipl. Sozialpäd. Heinrich Knodel; Dachverband: Diakonisches Werk Württemberg e.V.

Fachberatungsstelle - erste Anlaufstelle für alleinstehende Wohnungslose im Landkreis LB

Materielle Existenzsicherung / u.a. Vorleistung von Arbeitslosengeld II

Beratung / Begleitung bei: Behördengängen, Schuldenregulierung, (Arbeits- und) Wohnungssuche, Vermittlung in Suchttherapie

Fallzahlen (Stichtag 27.09.2013): 91 Personen (einschl. Aufnahmehäuser)

Personal (Beratung/Leitung): 2 Sozialpädagoginnen mit 100%, zusätzl. 1 Sozialpäd. für Beratung/Leitung der Aufnahmehäuser und 1 Geschäftsführer für die Gesamteinrichtung mit je 100%

Aufnahmehäuser - erst einmal ein Dach über dem Kopf

Aufnahmehaus für Männer

Die Notübernachtung: 4 Plätze in zwei Doppelzimmern, kurzfristige Übernachtungsmöglichkeit

Der Wohnbereich: 17 Plätze in fünf Wohngruppen (Die Bewohner versorgen sich selber. Der Aufenthalt ist zunächst auf drei Monate befristet, kann aber verlängert werden.)

Aufnahmehaus für Frauen

Wohnbereich mit 3 Plätzen

Personal (Beratung/Leitung): Siehe Fachberatungsstelle Tagesstätte – offen für bedürftige Menschen mit und ohne Wohnung

Geschützter Aufenthalt und eine Mindestversorgung: Eine warme Mahlzeit täglich, Die Möglichkeit zum Duschen und Wäschewaschen, Kleiderkammer, Vermittlung von Hilfe bei gesundheitlichen Problemen, Gewährleistung der postalischen Erreichbarkeit, Container-Notunterkünfte (3 Plätze)

Beratung / Begleitung bei chronischen körperlichen und/oder psychischen Beeinträchtigungen

Einzelfallhilfe und Nachbetreuung in Wohnraum

Fallzahlen (Stichtag 27.09.2013): 34 Personen

Personal (Beratung/Leitung): 1 Sozialpädagogin mit 77%, eine pädagogisch-pflegerische Fachkraft mit 50% Betreutes Wohnen – Sprungbrett in die Normalität

53 Wohnplätze:

35 Plätze in Wohngemeinschaften

18 Plätze in Einzelappartements in zwei vereinseigenen Gebäuden und einem Haus der Strenger-Stiftung

Beratung / Begleitung zum Erhalt der Wohnung und der Vermeidung von erneutem Wohnungsverlust

Personal (Beratung): 1 Sozialpädagoge mit 64%. Fallzahlen am Stichtag 27.09.2013: 38 Personen. (Die übrigen Plätze werden von den Fachkräften der Fachberatungsstelle oder der Tagestätte betreut.) Fallmanagement - Hilfen beim Wiedereinstieg in das Arbeitsleben

Personal (Beratung): 1 sozialpädagogische Fachkraft mit 75%