James Cook und die Vermessung des Sonnensystems · wird, war die sogenannte astronomische Einheit -...

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James Cook und die Vermessung des Sonnensystems Inhaltsverzeichnis Erster Teil 2 Einführung 2 Vorgeschichte 2 Die grossen Herausforderungen des Aufklärungszeitalters 6 Wie wurde die astronomische Einheit gemessen? 9 Venusdurchgang 1761 12 Venusdurchgang 1769 15 Zweiter Teil 18 James Cook und seine Expedition 18 Die HM Bark Endeavour 20 Das Leben auf See im 18. Jahrhundert 21 Die Beobachtung des Venusdurchgangs auf Tahiti 23 Cooks Weiterreise und Rückkehr nach England 25 Auswertung von Cooks geografischen Erkundungen 31 Dritter Teil 32 Ergebnisse des Sonnenparallaxen-Experiments 32 Das Problem der Bestimmung der geografischen Länge 35 Die Beobachtung von Jupitermondverfinsterungen 36 Die Mondabstandsmethode 37 Quellen und Literaturhinweise: 39 Bücher, Magazine, Multimedia 39 Internet Sites 39 Stichwortregister 41 Annexe 3. verbesserte Auflage Von Walter Bersinger, Der Erlös aus dem Verkauf dieser Schrift kommt dem Verein Sternwarte Rotgrueb Rümlang (VSRR) für die Anschaffung einer neuen Instrumentierung in der Sternwarte Rümlang zu.

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James Cook und die Vermessung des Sonnensystems Inhaltsverzeichnis

Erster Teil 2

Einführung 2

Vorgeschichte 2

Die grossen Herausforderungen des Aufklärungszeitalters 6

Wie wurde die astronomische Einheit gemessen? 9

Venusdurchgang 1761 12

Venusdurchgang 1769 15

Zweiter Teil 18

James Cook und seine Expedition 18

Die HM Bark Endeavour 20

Das Leben auf See im 18. Jahrhundert 21

Die Beobachtung des Venusdurchgangs auf Tahiti 23

Cooks Weiterreise und Rückkehr nach England 25

Auswertung von Cooks geografischen Erkundungen 31

Dritter Teil 32

Ergebnisse des Sonnenparallaxen-Experiments 32

Das Problem der Bestimmung der geografischen Länge 35 Die Beobachtung von Jupitermondverfinsterungen 36 Die Mondabstandsmethode 37

Quellen und Literaturhinweise: 39

Bücher, Magazine, Multimedia 39 Internet Sites 39

Stichwortregister 41

Annexe 3. verbesserte Auflage Von Walter Bersinger, Der Erlös aus dem Verkauf dieser Schrift kommt dem Verein Sternwarte Rotgrueb Rümlang (VSRR) für die Anschaffung einer neuen Instrumentierung in der Sternwarte Rümlang zu.

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Erster Teil Einführung

Die Menschheit hatte seit jeher einen engen Bezug zur Sonne. Schon immer haben die Men-schen gewusst, dass ohne die Sonne kein Leben auf der Erde möglich ist, und haben sie deshalb verehrt wie einen Gott. Auch der moderne Mensch fühlt sich der Sonne eng verbunden, lebt auf bei ihrem Erscheinen, erfreut sich an einem schönen Sonnenuntergang.

Fast jedes Schulkind kennt heute die Entfernung zwischen der Sonne und der Erde - 150 Millio-nen Kilometer. Doch die wenigsten Menschen unserer Zeit haben sich je damit befasst, wie sie ge-messen wurde. Und dabei ist gerade die Ermittlung dieser Grösse eines der spannendsten Kapitel in der Geschichte der Astronomie.

In der Wissenschaftsgeschichte haben Forscher schon immer grossen Wert gelegt auf wichtige Schlüsselzahlen, sogenannte Konstanten. Die bekanntesten Beispiele dafür sind das Atomgewicht, die Lichtgeschwindigkeit, die Schwerkraftkonstante, etc. Eine weitere, die hier eingehend behandelt wird, war die sogenannte astronomische Einheit - kurz AE -, die als mittlere Entfernung zwischen der Erde und der Sonne definiert wird. Die Astronomen erkannten schon früh, dass dieser Wert auch in der weiteren Vermessung des Kosmos eine grosse Rolle spielen würde. Einige Zahlenspielereien sollen die ungeheure Grösse dieser Entfernung veranschaulichen: • Wanderzeit bei 5 km/h: 3'400 Jahre (Schlaf- und Picknickpausen nicht eingerechnet!) • Auto auf Autobahn mit 120 km/h: 143 Jahre • Benzinverbrauch des Autos bei 7 Liter pro 100 km: 10.5 Mio. Liter, = 130 Eisenbahntankwagen

à 80'200 l ergäbe einen Eisenbahnzug von etwa 2.2 km Länge • Flugzeit einer B747: 18 Jahre • Und wie weit schafft es wohl eine Air Hostess «auf dem Weg zur Sonne»? Tritt eine Air Hos-

tess mit 22 Jahren in die Dienste einer Fluggesellschaft ein und bleibt ihrem Beruf bis zur Pen-sionierung mit 57 Jahren treu, so kommt sie während ihrer Berufszeit von 35 Jahren auf eine Flugkilometerzahl von rund 21 Mio. km, was immerhin etwa einem Siebtel der Entfernung zur Sonne entspricht.

Vorgeschichte

Seit der Antike war die Menschheit daran interessiert herauszufinden, wie gross der Kosmos ist und wie weit entfernt die Gestirne sein mochten. Es dauerte über 2000 Jahre seit dem ersten Ver-such bis ein vernünftiger Wert für die astronomische Einheit erzielt werden konnte. Nachstehend ein kurzer Überblick über die wichtigsten Arbeiten der griechischen Philosophen und Naturwis-senschaftler im Zusammenhang mit der Vermessung des Weltraums: 6. Jh. v. Chr. Anaximander spekulierte vermutlich ohne geometrische Grundlagen oder

Messungen auf die Entfernungen des Mondes und der Sonne. Für die Son-nenentfernung gab er 27 Erddurchmesser, also etwa 344'000 km, für die Mondentfernung 19 Erddurchmesser, also 242'000 km. Zu diesen Werten gelangte er möglicherweise aufgrund einer Art Zahlenmystik.

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4. Jh. v. Chr. Alle gebildeten Griechen (Aristoteles 350 v. Chr.) waren von der Kugelform der Erde überzeugt, weil sie viele offensichtliche Beweise dafür kannten, so z. B. die Form des Schattens, den die Erde bei einer Mondfinsternis auf den Mond wirft.

Ca. 280-250 v. Chr. Aristarch von Samos (310-250 v. Chr.) war vermutlich der erste, dessen

Arbeiten auf Beobachtungen, Messungen, Berechnungen und geometrisch korrekten Methoden gestützt waren. Den Positionswinkel zwischen Sonne und Mond zu einem Zeitpunkt, wenn letzterer exakt als Halbmond er-scheint, gab er mit 87° an. Demnach hätte der Winkel Mond-Sonne-Erde 3° betragen. Daraus errechnete Aristarch, dass die Sonne etwa 19 mal weiter entfernt sei als der Mond. Aufgrund der sehr ungenauen Messmethode lag dieser Faktor etwa um das Zwanzigfache neben dem wahren Wert. In Wirk-lichkeit beträgt der Winkel Mond-Sonne-Erde lediglich knapp 9 Bogenmi-nuten. Die Entfernung zur Sonne gab er mit 180 Erddurchmessern an (2,3 Mio. km). Er gelangte auch als erster zur Überzeugung, dass alle Planeten um die Sonne kreisen (heliozentrisches Weltmodell). Aristarchs eigene Ar-beit ist verlorengegangen, viele andere veröffentlichten jedoch in ihren Werken Auszüge darüber oder wiesen auf Aristarchs Aussagen hin (siehe Annex 1a).

Ca. 220 v. Chr. Eratosthenes (276-196 v. Chr.) errechnete etwa zur gleichen Zeit den Erdra-

dius. Er fand heraus, dass die Sonne bei Sommersonnenwende genau senk-recht über der südägyptischen Stadt Syene (Assuan) stand. Im viel weiter nördlich gelegenen Alexandria hingegen warf die Sonne von einem senk-rechten Stab einen kurzen Schatten. Aus der Winkeldifferenz von 7.2° schloss Eratosthenes, dass die Distanz zwischen Syene und Alexandria 1/50 des Erdumfangs ausmachen müsse. Mit dieser Methode gelang ihm eine er-staunlich exakte Bestimmung des Erdradius.

Ca. 150 v. Chr. Hipparch (190-120 v. Chr.) ermittelte durch Parallaxenmessung von ver-

schiedenen irdischen Standorten aus die Entfernung des Mondes, die er mit etwa 60 Erdradien angab. Die drei bis hierher bekannten Elemente, der Fak-tor von Aristarch (Sonne 19x weiter entfernt als Mond), Eratosthenes' Erd-radius (gut 6'300 km) und Hipparchs Mondentfernung (60 Erdradien) hätten ausmultipliziert zu einer Sonnenentfernung von gut 7 Mio. km geführt, was kaum den zwanzigsten Teil des tatsächlichen Wertes ausmachte. Allerdings gab Hipparch die Sonnenentfernung mit 1'245 Erddurchmessern an, was et-wa dem doppelten Wert oder 15.9 Mio. km ergibt (siehe Annex 1b).

Ca. 100 v. Chr. Posidonius (auch Poseidonios, 135-51 v. Chr.): Er setzte der Sonnenentfer-

nung 6'545 Erddurchmesser gleich. Mit seinen kühnen 83,5 Mio. km kam er von allen Griechen dem wahren Wert am nächsten.

Ca. 150 AD Claudius Ptolemäus (100-180 AD): Der alexandrinische Astronom gilt als

der letzte Naturwissenschaftler der Antike. Seine astronomischen Lehren dominierten bis ins 17. Jahrhundert. Er ignorierte die Arbeiten von Hipparch und bezifferte sein Endresultat für die Sonnenparallaxe auf 3 Bogenminuten bzw. die Sonnenentfernung auf 605 Erddurchmesser.

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Die Römer vollendeten die Eroberung der bekannten Welt 30 v. Chr. Die römische Kultur stand den Naturwissenschaften jedoch fern. Rom verehrte Autoritäten und das Gesetz. Die römischen Kapitäne der Galeeren interessierte die Entfernung der Sterne nicht, solange sie ihnen nachts den Weg wiesen.

Obwohl Jesus Christus von den Römern zur Hinrichtung geführt wurde, war das Christentum innerhalb von zwei Jahrhunderten römische Staatsreligion. Der Wissenschaft jedoch erging es im christlichen Rom nicht besser als im heidnischen. Den Christen bewies der Untergang Roms, wie vergeblich es ist, auf das Hier und Jetzt zu vertrauen. Ihre Sicht war vollends ins Jenseits gerichtet. Christliche Eiferer sollen angeblich die heidnischen Bücher der Bibliothek Alexandria verbrannt haben und Moslems die christlichen, aber beide Behauptungen lassen sich aufgrund der geschichtli-chen Aufzeichnungen anfechten; jedenfalls sind die Bücher und damit umfangreiches wis-senschaftliches Material in Rauch aufgegangen.

Die Gelehrten flohen aus Alexandria und Rom und suchten Zuflucht in Byzanz, und die Suche nach dem Wissen geriet unter den Einfluss des Islam. Der Koran förderte die Naturforschung, und islamische Gelehrte studierten die klassischen Werke der griechischen Naturwissenschaft und Phi-losophie, die im Westen vergessen waren. Belege für ihre astronomischen Forschungen finden sich in zahllosen Namen von Sternen. Den Arabern aber hatte es Ptolemäus angetan, sie stellten sich keinen grösseren Kosmos vor als den seinen.

Die wenigen abendländischen Gelehrten, die sich überhaupt noch mit Mathematik beschäftig-ten, hatten untereinander nur wenig Kontakt und mussten sich Mühe geben, solch elementare geo-metrische Tatsachen wie die Definition des Innenwinkels eines Dreiecks nicht zu vergessen. Die Sterne hingen tiefer: Konservative Geistliche werteten den Himmel von einer ruhmreichen Sphäre zu einem niedrigen Zeltdach hinunter. Die Planeten würden von Engeln geschoben; das erübrigte jede Notwendigkeit, ihre Bewegung mittels geometrischer oder mechanischer Modelle zu erklären. Die stolze runde Erde wurde von den Kirchenmännern platt gewalzt. Hinter dem Himmel ruhte die Ewigkeit, die nur durch den Tod zu erreichen war.

Wir verbinden das Wiedererwachen des Interesses an der Kosmologie und die Rückbesinnung auf früheres Wissen im Abendland mit der Renaissance (16. Jahrhundert); die Erforschung des Alls hat ihre Wurzeln in einem Zeitalter der Erkundung der Erde, das etwa mit den Abenteuern Marco Polos im China des 13. Jahrhunderts begann, und seinen Höhepunkt 200 Jahre später mit der Lan-dung von Christoph Kolumbus in der Neuen Welt erlebte.

Nikolaus Kopernikus (1473-1543) studierte an der Universität Krakau, als Kolumbus in Ameri-ka landete. Er war 49 Jahre alt, als Magellans Schiff seine Weltumsegelung beendet hatte. Er schickte sein geistiges Auge auf die Reise zur Sonne, und was er sah, machte die Erde zu einem Raumschiff auf einer Kreisbahn um die Sonne, die er als Mittelpunkt und Bewegungsdrehpunkt aller Planetenbahnen ansah. Er errechnete ausserdem die relativen Entfernungen der inneren Plane-ten aus den grössten Elongationen (Winkel zwischen Sonne und Planeten). Kopernikus war kein Sternengucker, aber lesehungrig. Seine Kosmologie behielt manche Merkmale der alten griechi-schen Modelle bei, so etwa die festen Kristallsphären, an denen die Himmelskörper befestigt sein sollten. Aus Angst vor der Kirchenzensur veröffentlichte er seine Theorie vom heliozentrischen Weltbild erst, als er 1543 auf dem Sterbebett lag. Unter dem Titel De Revolutionibus Orbium Coe-lestium erschien sein Werk in Nürnberg, das jedoch noch viele Jahrzehnte der allgemeinen Aner-kennung harrte, obwohl die Theorie zum ersten Mal eine einleuchtende Erklärung für die scheinba-re Rückläufigkeit der Planeten lieferte. Zwischen 1543 und 1600 gab es nur etwa zehn Anhänger des kopernikanischen Weltmodells, darunter befanden sich Galilei und Kepler, sowie Giordano Bruno, ein italienischer Renaissancephilosoph, der glaubte, dass das aus unendlich vielen Welten bestehende Universum von einer göttlichen Weltseele geeint sei. Sogar die Protestanten anerkann-ten Kopernikus' Theorie nicht.

Tycho Brahe (1546-1601) entwickelte ein Weltmodell, welches einen etwas exotisch anmuten-den Kompromiss zwischen dem ptolemäischen und dem kopernikanischen darstellte: Dabei kreisten die Planeten um die Sonne, die Sonne jedoch um die Erde.

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Bis in Keplers Zeit wurden also kaum mehr Fortschritte bezüglich der Vermessung des Welt-raums gemacht. Vor allem hatte bisher kaum jemand daran gezweifelt, dass es im Kosmos nur ein einziges Bewegungszentrum gibt, nämlich die Erde, und dass alle Himmelskörper um diesen einen Drehpunkt kreisen. Die Astronomen hielten sich an die Faustregel, dass die astronomische Einheit wie von Ptolemäus angegeben etwa dem 1200fachen des Erdradius entspreche (also gut 7 Mio. km). Dies entsprach einer sogenannten Sonnenparallaxe von 3 Bogenminuten. Diese in wis-senschaftlichen Kreisen verbreitetere Grösse ist der Winkel zwischen 2 Linien, die von der Son-nenmitte ausgehen und sich bei der Erde auf einen Erdradius weiten.

Johannes Kepler (1571-1630) leitete aus seinen Mars-Beobachtungen etwa das Dreifache des früheren Wertes ab (ca. 22 Mio. km) und lag damit immer noch um das Siebenfache vom tatsächli-chen Wert entfernt. Dieser deutsche Astronom formulierte drei Gesetze der Planetenbewegungen. 1594 setzte er die Umlaufszeiten und Sonnenentfernungen der Planeten in eine mathematische Be-ziehung, wobei er allerdings irrtümlich von Kreisbahnen ausging, später erkannte er jedoch die El-lipsenform der Bahnen. Er vermutete, dass die Sonne eine Kraft ausstrahlte, die umgekehrt propor-tional mit der Entfernung abnahm. 1609 erschien sein Werk Astronomia Nova, welches die zwei ersten Planetengesetze enthielt:

1. Die Planeten umlaufen die Sonne auf elliptischen Bahnen mit der Sonne im einen der beiden Brennpunkte.

2. Eine gedachte Linie zwischen Sonne und Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.

1619 publizierte er in seinem Werk Harmonice Mundi sein drittes Gesetz der Planetenbewegun-

gen: 3. Die Planetenentfernung im Kubik verhält sich wie das Quadrat der Umlaufszeit.

Besonders das dritte Gesetz erlangte im Hinblick auf die Vermessung des Sonnensystems eine ungeheure Bedeutung, denn es lässt die sehr genaue Bestimmung der Entfernungsverhältnisse unter den Planeten zu. Kepler veröffentlichte 1621 sein Werk Epitome Astronomiae Copernicanae, das alle seine Entdeckungen beinhaltete. War einmal irgendeine Entfernung zwischen zwei Mitgliedern des Sonnensystems bekannt, so konnte jede andere ebenfalls leicht bestimmt werden.

Galileo Galilei (1564-1642) leitete zusammen mit Kepler die wissenschaftliche Revolution ein, die in den Arbeiten von Newton aufblühte. Galilei gilt als der erste, der ein etwa zwanzigfach ver-grösserndes Fernrohr auf den Himmel richtete. Nebst vielen neuen Erkenntnissen in der Physik wa-ren seine bedeutendsten Verdienste die Entdeckung von Sonnenflecken, der Mondgebirge und -krater, der Jupitermonde und der Phasen der Venus. Ausserdem erkannte er, dass die Milchstrasse aus lauter winzigen Sternen bestand. Obwohl er sich nicht mit der Vermessung des Sonnensystems befasste, leistete er mit der Entdeckung der Jupitermonde indirekt einen Beitrag dazu, denn die dazu notwendige weltweite Zeitsynchronisation mittels der Verfinsterung von Jupitersatelliten war zwin-gende Voraussetzung für das grosse Experiment des 18. Jahrhunderts.

Besonders die Jupitermonde hatten einen ungeheuren Einfluss auf die Kosmologie. Im traditio-nellen, aristotelischen Weltbild gab es nur einen einzigen Bewegungsmittelpunkt: Die Erde. Im Kopernikanischen hingegen gab es zwei, was als Absurdität erschien; zum einen die Sonne, um die alle Planeten kreisten, und andererseits die Erde, die vom Mond umkreist wurde. Wenn nun die Erde ein Planet war, weshalb sollte sie dann der einzige sein, der einen Mond besass? Galileis Ent-deckung beantwortete diese Frage; die Erde war in der Tat nicht der einzige Planet mit Monden, und egal an welches Modell man nun glaubte, an das aristotelische oder an das kopernikanische, man kannte seit der Entdeckung der Jupitermonde mindestens zwei Bewegungszentren; die Sonne oder Erde und Jupiter, oder sogar alle drei.

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Galilei focht einen heftigen Streit mit der Kirche aus, ermahnte die Kirchenmänner, verschiede-ne Bibelstellen neu zu interpretieren. Ab 1616 schwieg er über die kopernikanische Theorie und widmete sich der Längenbestimmung auf See mit Hilfe seiner Entdeckung der Jupitermonde, sowie den Gezeiten. 1633 musste er sich vor der Inquisition in Rom wegen Ketzerei verantworten und seinen Überzeugungen abschwören. Nach dem kirchengerichtlichen Urteil von 1633 gegen Galilei verfolgten die Jesuiten die kopernikanische Theorie im Geheimen weiter.

Dank den Arbeiten von Kopernikus, Brahe, Galilei und vor allem Kepler und Newton war das heliozentrische Weltmodell bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wenigstens in England, Frankreich, Holland und Dänemark unbestritten, in anderen europäischen Ländern hielten sich die altgriechi-schen Ansichten noch mehr als ein Jahrhundert lang. Das Abendland machte sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Vorstellung vom Sonnensystem, bei der zwar die Proportionen stimmten, der Massstab aber zu klein war. Man verwendete schon damals den Begriff astronomische Einheit.

Seit Newton (1643-1727) liessen sich Keplers Planetenbewegungen schliesslich auch mathema-tisch verstehen und bestimmen. Schon Kopernikus hatte die Entfernungsverhältnisse von Sonne und Planeten auf 5 % der wahren Werte erfasst, Kepler war ihnen noch näher gekommen. Diese relati-ven Abstände wurden bereits zu jener Zeit in astronomischen Einheiten (AE) angegeben, also der Entfernung zwischen Sonne und Erde, deren genaue Grösse sich allerdings noch immer der Kennt-nis dieser Forscher entzog. Da die Entfernungsverhältnisse bereits so genau bekannt waren, hätte es also genügt, die Entfernung eines einzigen Planeten zu bestimmen, um auf die Abstände aller übri-gen Planeten schliessen zu können.

Der holländische Astronom Christiaan Huygens (1629-95) berechnete 1659 die astronomische Einheit mittels einer Schätzung des Marsdurchmessers und kam auf die heute gültigen 150 Mio. km. Doch dies ist als Zufall zu werten, denn er lag mit seiner Schätzung des absoluten Marsdurch-messers um über 10 % zu hoch, und die Messungenauigkeit des mittels Mikrometrie gewonnenen scheinbaren Marsdurchmessers musste den Schätzungsfehler durch Zufall ausgeglichen haben. Trotz der beachtlichen Fortschritte in der Instrumententechnik - man verfügte bereits über sehr prä-zise Pendeluhren, Haarmikrometer, teleskopische Visiere an den Quadranten (Zeitbestimmung) - blieb die Wahrheit den Wissenschaftlern also weiterhin verborgen. Die Mikrometrie allein schaffte das Problem nicht. Die Parallaxenmethode mit Zeitmessung, wie sie weiter unten eingehender er-klärt wird, schien das solidere Verfahren zu sein. Die grossen Herausforderungen des Aufklärungszeitalters

Das 18. Jahrhundert sah eine stetige Zunahme des Studiums der Wissenschaften. Das abstrakte Theoretisieren der griechischen Philosophen und das auf Versuch und Fehlschlag gründende Heran-treten der mittelalterlichen Alchemisten an wissenschaftliche Probleme wich nun den fundierten wissenschaftlichen Methoden. Diese beinhalteten das Testen von Theorien durch Experimente oder Beobachtungen. Auch die Astronomie erlebte dadurch im 18. Jahrhundert einen ungeheuren Auf-schwung. Sie spielte nicht zuletzt in der Navigation und Kartografie eine immer bedeutendere Rol-le.

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Die folgenden vier grossen Herausforderungen beschäftigten die Wissenschaftler des 18. Jahr-hunderts am meisten.

• Erderkundung, besonders die Entdeckung des legendären Südkontinents, der «Terra Australis Incognita»

• Bestimmung der geografischen Länge auf See • Zeitmessung • Sonnenparallaxe, d. h. die Bestimmung der astronomischen Einheit, der Entfernung Erde-

Sonne Alle diese Probleme waren eng miteinander verflochten, das eine scheinbar so lange nicht lös-

bar, bis ein anderes gelöst war. Auf den Karten des 16. Jahrhunderts erschien die Ausdehnung des Mittelmeers mit einem Fehler von 19°, was fast 2'000 km oder einem Zwanzigstel des Erdumfangs entspricht. Weite Teile unseres Planeten gerieten selbst nach deren Erkundung durch europäische Schiffe bald wieder in Vergessenheit, weil sie äusserst fehlerhaft kartografiert waren und später entweder nicht mehr aufgefunden oder identifiziert werden konnten. Weil Expeditionen sowohl von Westen als auch von Osten her unternommen wurden, zeigten vor allem die Karten Ozeaniens ein völlig verzerrtes Bild. Auf den Karten des frühen 18. Jahrhunderts waren einige Orte erstaunlich gut kartografisch erfasst, so beispielsweise Valparaiso an der südamerikanischen Westküste, das ver-mutete Tahiti, Neuseeland, die Neuen Hebriden (Vanuatu) und der Tonga-Archipel. Demgegenüber verrückten die Seefahrer aber die Salomon-Inseln etwa 30° zu weit östlich (rund 3'000 km!), die Osterinsel 15° zu weit westlich, Samoa ebenfalls einige Grad zu weit westlich! Von Reise zu Reise trug man sie an einem anderen Ort ein, und verschiedene der eingezeichneten Inseln sind später nie mehr gefunden worden: Die Trépied-, Saint Paul- und die berühmte David-Insel. Ein englischer Geograf soll in den 1750er Jahren einmal trocken bemerkt haben, dass die pazifischen Inseln die Bezeichnung «Wandernde Inseln» verdienten.

Das Problem lag in der Bestimmung der geografischen Länge. Die Breite war schon lange durch Messung der Höhe der Mittagssonne bestimmbar gewesen. Dafür verwendete man den Jakobsstab und das Astrolabium, das vermutlich schon von Hipparch benützt wurde. Später kamen moderni-sierte Abwandlungen davon zum Einsatz, die man Quadranten, Sextanten und Oktanten nannte (Viertels-, Sechstels- bzw. Achtelskreise). Auch diese verfeinerten Geräte waren jedoch unnütz bei der Bestimmung der geografischen Länge.

Der Mensch hat auf seinem Heimatplaneten ein Zeitsystem geschaffen, das in einem direkten Zusammenhang mit der Erdrotation steht. Er hat ausserdem ein Ortungssystem, d. h. ein Koordina-tennetz entwickelt, das ebenfalls mit der Erdrotation zusammenhängt. Weil sich die Erde dreht, scheinen die Sterne mit einer Geschwindigkeit von 15° pro Stunde über den Himmel zu wandern. Wenn also die Zeit bekannt ist, sagt der Himmel, wo man sich befindet. Ist umgekehrt der Ort ge-nau bekannt, so geben einem die Sterne die Zeit an. Doch am Anfang des Zeitalters der grossen Entdeckungen fehlten den Seeleuten sowohl die Kenntnis der genauen Zeit als auch genaue Erdkar-ten. Das Problem der Ortsbestimmung wenigstens in der Ost-West-Ausrichtung lässt sich nur lösen, wenn einem die Zeit an einem bestimmten Bezugsmeridian - heutzutage gilt weltweit jener von Greenwich - sekundengenau bekannt ist. Die Ortszeit lässt sich mit Transitinstrumenten oder Win-kelmessern (z. B. Sextanten) jederzeit exakt bestimmen. Aus der Zeitdifferenz zwischen dem Be-zugs- und dem Ortsmeridian kann man sodann die geografische Länge errechnen.

Das Zeitproblem war in Wirklichkeit vor allem ein «Zeit-Transport-Problem». Von der Selbst-verständlichkeit elektronischer Uhren und moderner Telekommunikation befangen, klingt dies für uns Zeitgenossen des 20. Jahrhunderts vielleicht absurd. An Land wurde die Zeit mit Pendeluhren schon früh äusserst exakt gemessen, aber auf See störten die Schiffsbewegungen die Pendel ganz erheblich. Taschenuhren gingen im 18. Jahrhundert gewöhnlich nur bis auf 5-10 Minuten am Tag genau, was auf einer Schiffsreise von nur zehn Tagen zu einem Fehler von mehreren hundert Kilo-meter in der geografischen Länge führen konnte. Auf einen solchen Fehler ist beispielsweise die grosse Katastrophe vom 22. Oktober 1707 zurückzuführen, bei der vier von Admiral Sir Cloudisly

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Shovells fünf Schiffen mit fast 2000 Mann Besatzung an den Felsen der Scilly Islands im Südwes-ten Englands zerschellten und untergingen. Es war nur einer von vielen ähnlichen Vorfällen, die die grossen Gefahren der damaligen Seefahrt verdeutlichen.

Das Problem der Längenbestimmung war so dringend, dass die grossen Seefahrernationen hohe Preise für eine Lösung aussetzten. In England wurde 1714 die Behörde Board of Longitude gegrün-det, die jeder Person die Summe von £20'000 versprach, die eine praktikable Methode aufzeigen konnte, die die Länge auf ein halbes Grad genau anzeigte (zum Vergleich: Die Endeavour kostete £2'800, das Jahresgehalt eines Kapitäns etwa £130, das eines Kapitänsleutnants der Kriegsmarine betrug £73. In der Handelsmarine verdiente ein Kapitän £400-500, ein gewöhnlicher Matrose £12 bis £15 pro Jahr!). Man geht davon aus, dass der Preis in heutigem Wert einem mehrfachen Millio-nenbetrag entspricht.

Hunderte von Ideen wurden eingereicht, darunter beispielsweise auch eine Uhr im Vakuum. Gewiss eine der amüsantesten Ideen, die den Seelords zugestellt wurde, war wohl die von Sir Ke-nelm Digby. Er behauptete, eine Wundermedizin («powder of sympathy») erfunden zu haben, die man nicht zur Behandlung der Wunde selbst verwendete, sondern mit der man die Waffe in Berüh-rung brachte, die dem Lebewesen die Wunde zugefügt hatte. Dies lasse das verletzte Lebewesen vor Schmerz aufschreien, selbst wenn es weit entfernt sei. Digby schlug deshalb vor, jedem Schiff einen mit einem Messer verwundeten Hund mitzugeben, dann in England exakt zur Mittagszeit in Greenwich dasselbe Messer in seine Medizin einzutauchen, worauf der Hund auf dem Schiff au-genblicklich zu bellen anfangen müsste. Der Kapitän wüsste dann, dass jetzt in Greenwich genau 12 Uhr mittags sei.

«Finding the longitude» (Bestimmung der geografischen Länge) wurde in England zum Schlag-wort für etwas Unmögliches. Es sollten denn auch weitere 60 Jahre vergehen, ehe der Preis der Längenbehörde geltend gemacht wurde. John Harrison, ein Tischler (!) mit wenig Schulbildung, der später Uhrmacher geworden war, bemühte sich den grössten Teil seines Lebens um diesen Preis. Er konstruierte eine Reihe von Chronometern, von denen eines raffinierter und exotischer war als das andere. Schon sein H1 war das beste Chronometer seiner Zeit, erfüllte jedoch die Bedingungen für den verlockenden Preis noch nicht. Der H4, sein Meisterstück, war ein seetüchtiger Zeitmesser, zu dessen Herstellung er 19 Jahre gebraucht hatte. Die HMS Deptford brachte das Chronometer 1761-62 nach Jamaica, wo es überprüft wurde. Es hatte in 80 Tagen nur 5.1 Sekunden verloren. Trotzdem musste sich Harrison jahrelang bemühen, bis ihm der Preis zuerkannt wurde. Der junge englische Astronom Nevil Maskelyne machte ihm die Belohnung mit seiner Mondabstandsmethode streitig. Erst König George III erwirkte die Auszahlung als Harrison bereits 81 Jahre alt war - Harrison starb zwei Jahre danach! Der Uhrmacher Larcum Kendall führte die Entwicklung der Harrison Chrono-meter weiter, aber die Serienproduktion von Präzisions-Chronometern gelang erst Thomas Earnshaw und John Arnold etwa ab dem Jahrhundertwechsel. Der K1 von Kendall, eine exakte Kopie von Harrisons H4, begleitete James Cook auf seiner zweiten und dritten Reise und erleichterte die Bestimmung der geografischen Länge auf See ganz erheblich. Mit Ferdinand Berthoud verfügten auch die Franzosen über einen starken Mann in der Uhrmacherkunst. Berthouds Chronometer verlor auf einer exakt einjährigen Reise 1771/72 nur 1.35 Sekunden!

Erst im ausgehenden 18. Jahrhundert machten sowohl die Kartographie als auch die Chronomet-rie rasche Fortschritte. Die Schiffe wurden schneller, die Reisen kürzer, die Erderkundungen ver-vollständigten sich, Handelsrouten wurden etabliert und gut ausgestattete Niederlassungen in allen Teilen der Erde gegründet, wo die Kapitäne in Sternwarten ihre Chronometer synchronisieren konnten. So war die geografische Länge am Ende des Jahrhunderts kein Thema mehr!

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Wie wurde die astronomische Einheit gemessen?

Erneut flammte anfangs des 18. Jahrhunderts auch das Interesse an der Vermessung des Son-nensystems auf. Hinter der Ermittlung der astronomischen Einheit eröffnete sich die aufregende Aussicht, das ganze Sonnensystem, die tatsächlichen Entfernungen und Grössen der Planeten, und schliesslich sogar die Entfernung der nahen Fixsterne zu vermessen. Das Unterfangen war eine der wahren Heldentaten der Astronomie des Aufklärungszeitalters und wirkte sich auf viele andere na-turwissenschaftliche Bereiche sehr förderlich aus. Es löste auch die Massenproduktion von astro-nomischen Instrumenten aus, die auch für Amateure erschwinglich wurden. Vorher kosteten die einzeln angefertigten Teleskope, Quadranten, Transitmessgeräte, etc. kleine Vermögen. Zum Ver-gleich: Ein Teleskop von Dolland kostete £1'400, was etwa drei Jahresgehalten eines Wis-senschaftlers oder der Hälfte des Kaufpreises von James Cooks Endeavour entsprach!

Die Parallaxenmethode war schon lange als Mittel für die Entfernungsbestimmung bekannt. In ihren Grundzügen ist sie einfach zu begreifen: Halten wir unseren Daumen auf Armeslänge ausge-streckt und betrachten ihn in rascher Folge abwechselnd mit dem einen Auge, während das andere geschlossen bleibt, so scheint der Hintergrund hinter dem Daumen bzw. der Daumen vor dem Hin-tergrund hin- und herzuspringen. Die Ursache dieser Erscheinung liegt in den leicht verschiedenen Blickrichtungen, aus denen die räumliche Szene betrachtet wird. Wenn sich der Winkel zwischen diesen beiden Sichtlinien, die sich beim Daumen schneiden, bestimmen lässt und der Augenabstand bekannt ist, so lässt sich mit euklydischer Geometrie die Entfernung des Daumens bestimmen. Je näher der Schnittpunkt der Linien bei gleichbleibendem Augenabstand, umso grösser der Paralla-xenwinkel; je grösser der Parallaxenwinkel, umso genauer kann die Messung desselben erwartet werden.

Verlegen wir anstelle unseres Daumens einen Planeten und stellen uns anstelle der beiden Au-gen zwei auf der Erde weit auseinanderliegende Beobachtungsorte vor, deren Abstand uns bekannt ist, so sind die Voraussetzungen geschaffen, die Entfernung des Planeten von der Erde auszurech-nen. Der dazu erforderliche Parallaxenwinkel lässt sich aufgrund der leicht voneinander abwei-chenden Positionen am Sternenhintergrund bestimmen.

Die Schwierigkeit der Parallaxenmessung lag in der Ausführung: 1) Man musste die genaue Entfernung zwischen zwei weit entfernten Beobachtern kennen, und

das erforderte gute Erdkarten. 2) Die Beobachtungen mussten zur selben Zeit ausgeführt werden, um Fehler zu vermeiden, die

durch die Planetenbewegung und die Drehung der Erde um ihre Achse hineinkommen könn-ten; das erforderte gute Uhren und die Möglichkeit, sie weltweit zu synchronisieren.

3) Die Lage des Planeten gegenüber den Sternen musste genau aufgezeichnet werden, weil je-des Dreieck, das zwischen einem Planeten und zwei Punkten auf der Erde gezeichnet wird, ausserordentlich lang und dünn ist. Dies erforderte eine ausserordentliche Präzision der Messinstrumente.

4) Der gewählte Planet sollte so nah als möglich an die Erde herankommen. Dafür eignen sich Mars und Venus am besten (56 bzw. 42 Mio. km), jedoch nur in besonderen Stellungen, die selten vorkommen.

Um die späteren Ereignisse im 18. Jahrhundert besser verstehen zu können, ist es sinnvoll, die früheren wissenschaftlichen Bemühungen um die astronomische Einheit kurz zu wiedergeben.

Giovanni Domenico Cassini (1625-1712) und Jean Picard (1620-1682) gelang es mit Hilfe der Methode der Jupitermondverfinsterungen, den europäischen Kontinent mit einem Netz von Ver-messungsdreiecken zu überdecken und daraus den Erdumfang auf 200 km genau abzuleiten. Dabei stellte sich heraus, dass die französische Westküste auf den bisherigen Karten viel zu weit nach Westen hinausreichte. Als Sonnenkönig Louis XIV die neue Karte sah, soll er bemerkt haben, dass er mehr Land an seine Astronomen verloren habe als an seine Feinde.

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Anhand dieser verbesserten Karten gelang es den Astronomen, genauere Parallaxenwerte für den Nachbarplaneten Mars zu bestimmen, wenn dieser in Opposition stand (Konstellation, bei der sich ein Planet von der Erde aus gesehen gegenüber der Sonne befindet). Im Jahr 1672 beobachtete Jean Richer, Leiter einer internationalen Expedition, von Cayenne in Französisch Guyana an der Nordostküste Südamerikas den Planeten Mars zur Zeit seiner grössten Erdnähe (Mitte August 1672, ca. 55 Mio. km), während seine Kollegen dies gleichzeitig von Paris aus taten. Giovanni Domenico Cassini leitete daraus für die astronomische Einheit einen Wert von 138 Mio. km ab, was einer be-trächtlichen Verbesserung der früheren Ergebnisse gleichkam. Doch der Schein trog. Der Engländer John Flamsteed kam unter Miteinbezug eigener Beobachtungen auf 131 Mio. km, während Jean Picard, Cassinis Assistent, aus den französischen Daten eine astronomische Einheit von lediglich 65 Mio. km errechnete.

Während im 17. Jahrhundert Parallaxenversuche vor allem am Mars durchgeführt wurden, rich-tete sich das Augenmerk der Wissenschaftler des 18. Jahrhunderts vor allem auf die Venus, weil sie der Erde näher kommt. Doch dieser innere Nachbar gab dem Aufklärungszeitalter trotz seiner Nähe einige knifflige Probleme auf. In ihrer grössten Erdnähe geht die Venus nämlich a) im Glanz der Sonne ganz verloren, und b) ist dann mit unserem Mond vergleichbar «Neu-Venus», d. h. wir bli-cken auf die unbeleuchtete Rückseite des Planeten. Als Folge der leicht voneinander abweichenden Bahnebenen (Neigung 3° 23') wandert die Venus von der Erde aus gesehen bei den meisten soge-nannten Konjunktionen (Stellung zweier Gestirne im gleichen Längengrad) knapp oberhalb oder knapp unterhalb der Sonne vorbei.

Gelegentlich zieht sie aber in relativ kurzem Abstand von acht Jahren zweimal direkt vor der Sonnenscheibe vorüber (siehe Annex 2). Zwischen diesen Ereignispaaren liegt aber jeweils mehr als ein Jahrhundert. Wie kommt es zu diesem seltsamen Rhythmus? Aufgrund ihrer sonnennäheren Bahn benötigt die Venus bloss 224.7 Erdentage für einen Sonnenumlauf, während die Erde 365.256 Tage dafür benötigt. Diese Zahlen führen zu einer eigenartigen Zufälligkeit: 13 Venusjahre sind fast genau gleich acht Erdjahre (13 x 224.7 = 2'921.1 Tage bzw. 8 x 365.256 = 2'922.05). Alle acht Jah-re nehmen also die beiden Planeten in Beziehung zu den Fixsternen fast genau die gleichen Positio-nen zueinander ein. Weshalb tritt jetzt aber nicht alle acht Jahre ein Venusdurchgang ein. Die glei-che Frage wird oft im Zusammenhang mit Sonnenfinsternissen gestellt: Weshalb gibt es nicht jeden Monat eine Sonnenfinsternis, wenn der Neumond zwischen Sonne und Erde steht? Die Antwort auf beide Fragen ist eine ähnliche. Wie die Mondbahn so ist auch die Venusbahn gegenüber der Eklip-tik leicht geneigt. Zwar ist diese Neigung von etwas mehr als 3 Grad sehr klein, und doch schränkt sie die Ereignisse von Durchgängen stark ein.

Während solcher Passagen oder Durchgänge ist der Planet vor der leuchtenden Sonne wie eine Silhouette als schwarzer Kreis sichtbar. Die nächsten Venusdurchgänge werden sich in den Jahren 2004 und 2012 ereignen, wovon jedoch nur der erste von der Schweiz aus beobachtbar sein wird.

Kepler sagte schon 1627 voraus, dass sich am 7. Dezember 1631 ein Venusdurchgang ereignen würde, dann keiner mehr für ganze 130 Jahre. Allerdings brachte er diese Phänomene nicht mit der Möglichkeit einer Sonnensystemvermessung in Verbindung. Er starb ein Jahr vor dem vorausgesag-ten Datum. Gassendi wollte diesen Venusdurchgang beobachten, doch ein Fehler in den Kepler-schen Rudolphinischen Tafeln verhinderte dies, denn das Ereignis fand während der europäischen Nacht statt. Es war nur vom Fernen Osten aus sichtbar und scheint von keinem einzigen Menschen beobachtet worden zu sein.

Der belgische Astronom Philip van Lansberge (1561-1632) berechnete Ephemeriden, denen er selber eine höhere Präzision beimass als den keplerschen. Im Gegensatz zu den Rudolphinischen Tafeln von Kepler sagten die Lansberg'schen Daten einen Venusdurchgang schon für den 4. De-zember 1639 voraus, nicht erst 1761.

Nur wenige Jahre darauf arbeitete Jeremiah Horrocks (1618-1641), der sich diesem Wider-spruch gegenübersah, beschloss die Berechnungen beider zu überprüfen. Obwohl er in den Lans-berg-Tafeln viele Fehler entdeckte, stellte auch er fest, dass es tatsächlich schon am 24. November 1639 (= julian., am 4. Dezember nach dem Gregorianischen Kalender), also nur acht Jahre später,

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wieder zu einem Venusdurchgang kommen würde. Diesen haben wohl nur zwei Menschen gesehen, der englische Astronom (und Geistliche?) Jeremiah Horrocks selbst und sein Freund William Crabtree. Beide waren enttäuscht über die geringe Ausdehnung des Planeten vor der Sonnenschei-be. Obwohl ihm eine Bestimmung der Sonnenparallaxe nicht möglich war, schätzte er, dass sie nicht mehr als 14 Bogensekunden ausmachen konnte. Frühere Anlässe waren, da es noch keine Fernrohre gab, unbemerkt geblieben. Durch seine Werke gab Horrocks einen vagen Hinweis darauf, dass sich Parallaxenmessungen zur Bestimmung der astronomische Einheit eignen könnten. Der Gedanke wurde aber erst vom schottischen Mathematiker James Gregory veröffentlicht, der 1663 Venus- und Merkurdurchgänge als geeignetes Experiment vorschlug. Aufgrund seiner grösseren Entfernung von der Erde versprach man sich von der Merkur-Parallaxe jedoch nicht die gewünschte Präzision des Endergebnisses. Die praktische Ausführung eines solchen Experimentes wurde erst von Edmond Halley entwickelt.

Edmond Halley (1656-1742, ab 1720 zweiter königlicher Astronom zu Greenwich) hatte wäh-rend seiner Expedition nach Saint Helena am 7. November 1677 einen Merkurdurchgang beobach-tet und ersann dabei die Grundlagen für seine spätere Anweisung zur Beobachtung der Venus-durchgänge von 1761 und 1769. Aufgrund des weiter oben beschriebenen Parallaxeneffektes scheint die Venus von zwei verschiedenen Beobachtungsorten auf der Erde aus gesehen in gering-fügig voneinander abweichenden Abständen von der Sonnenmitte vorbeizuziehen. Die Länge jeder Planetenspur über die kreisförmige Sonnenscheibe ist deshalb unterschiedlich lang. Je weiter die Spur an der Sonnenmitte vorbeiführte, umso kürzer die Spur. Erwünscht war deshalb ein möglichst dezentraler Verlauf des Venusdurchgangs, denn, wäre die Venus ganz nahe an der Sonnenmitte vorbeigezogen, so wären die Planetenspuren von allen Beobachtungsorten aus gesehen praktisch gleich lang gewesen, was die Berechnung des Winkelunterschiedes zwischen den beiden Spuren verunmöglicht hätte. Ist die Länge der Spuren von beiden Beobachtungen bekannt, ist es ein Leich-tes, sie auf eine Zeichnung zu übertragen und den Winkelabstand zwischen den beiden Spuren zu messen bzw. zu errechnen. Halley ging einen Schritt weiter: Das Mass für die Spur wäre nicht das Winkelmass, sondern die Dauer des Durchganges im Zeitmass. Dabei würden die Eintritts- und Austrittszeitpunkte eine untergeordnete Rolle spielen. Voraussetzung war aber, dass sich die Beo-bachtungspunkte möglichst in einer Nord-Süd-Ausrichtung zueinander und allesamt innerhalb jener Zone der Erde befanden, von der aus der ganze Verlauf, also sowohl der Eintritt als auch der Aus-tritt der Venus beobachtet werden konnte. Dies schränkte die Wahl der Beobachtungspunkte auf der ohnehin erst lückenhaft erforschten Erde erheblich ein. Trotzdem galt sie als die sicherere Methode im Vergleich zu Delisles, die weiter unten beschrieben wird.

Da der Venusdurchgang knapp 6 Stunden dauern würde, und falls die Zeitspannen auf 1-2 Se-kunden genau ermittelt werden konnten, so hätte eine Genauigkeit von 1 : 10'000 erzielt werden können, viel genauer als mit direkter Winkelmessung mit Hilfe von Mikrometern. Vom senkrechten Abstand zwischen den zwei Bahnen liess sich sodann die Venusparallaxe errechnen.

Wie wir weiter unten noch sehen werden, lagen die Spurenlängen, wie sie von verschiedenen Orten aus gemessen wurden, um über zwanzig Minuten bzw. mehrere Prozent auseinander. Je hö-her diese Unterschiede waren, umso genauer konnte das Endresultat erwartet werden. Je randnäher eine Kreissehne, umso kürzer ist sie, je zentrumsnäher, umso länger wird sie. Sind zwei (oder auch mehr) Sehnenlängen bekannt, so genügt dies für die Berechnung ihrer Abstände untereinander - egal in welcher Masseinheit - noch nicht. Ein Sehnenpaar mit - angenommen - 7 Prozent Längenun-terschied ergäbe randnah einen kleineren Abstand als nahe dem Kreismittelpunkt. Der proportionale Abstand vom Sonnenrand gemessen am scheinbaren Sonnendurchmesser musste ebenfalls bekannt sein und deshalb gemessen werden. Obwohl dies nicht im Zeitmass ermittelt werden konnte wie die Sehnen selbst, trug der im Bogenmass erfasste Abstand zur proportionalen Darstellung der Sehnen im Kreis bei.

Ganz ohne Mikrometrie kam deshalb die Parallaxen-Methode nicht aus. Beim Experiment galt es also, mit Hilfe starker Teleskope drei kritische Momente zu erfassen (siehe Annex 3):

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1. die innere Berührung zwischen der Venusscheibe und dem Sonnenrand beim Eintritt (mit Uh-ren in Sekunden gestoppt)

2. der geringste scheinbare Abstand der Venus von der Mitte der Sonnenscheibe (mit Mikrome-tern im Winkelmass in der Mitte des zeitlichen Verlaufs gemessen) und

3. die innere Berührung zwischen der Venusscheibe und dem Sonnenrand beim Austritt (mit Uhren in Sekunden gestoppt).

Die äusseren Berührungen sind bedeutungslos; weil die Venusscheibe ausserhalb des Sonnen-randes unsichtbar ist, werden sie viel zu spät bemerkt. Die Ungenauigkeit, die sich durch die Ver-wendung von Mikrometern in die Berechnungen einschleichen würde, bewog Halley zur Warnung, dass ein Zeitmessfehler von nur 3 Zeitsekunden einen Parallaxenfehler von etwa 1 % ausmachen würde.

Er wusste, dass er einen Venusdurchgang nicht mehr erleben würde. In der berühmten Schrift Philosophical Transactions der Royal Society (1660 gegründete Akademie der Wissenschaften), schrieb er 1716:

«... Wir empfehlen deshalb immer wieder den neugierigen Sternenforschern, denen, wenn unser Leben vorbei ist, diese Beobachtungen anvertraut sind, dass sie, auf unseren Rat achtend, sich mit aller Entschlossenheit dem Un-ternehmen dieser Beobachtungen hingeben. Und für sie beten wir und wün-schen ihnen viel Glück, besonders dass sie nicht durch unglückliche wol-kenverhüllte Himmel dieses begehrten Spektakels beraubt werden, und dass die Unermesslichkeit der Himmelskugel, auf genauere Grenzen reduziert, letztlich ihrem ewigen Ruhme nachgeben mögen.»

Halleys Worte stiessen nicht auf taube Ohren! Diese Ohren befanden sich zwar überwiegend in

Frankreich, denn in England begann man mit den ernsthaften Vorbereitungen erst zwölf Monate vor dem ersten Venusdurchgang. Noch auf dem Sterbebett 1742 soll Halley bedauert haben, dass er den Venusdurchgang nicht mehr erleben könne.

Venusdurchgang 1761

Bis zur Zeit des Venusdurchgangs vom 6. Juni 1761 hatte sich die Astronomie zu einer wohlor-ganisierten, professionell betriebenen und von den Regierungen geförderten Naturwissenschaft entwickelt. Die Ereignisse fielen in zweifacher Hinsicht in eine günstige Zeit; das Aufklärungszeit-alter befand sich auf einem Höhepunkt, was sich für die Finanzierung der erforderlichen Expeditio-nen günstig auswirkte, und andererseits hatte man bis zu jener Zeit ungeheure Fortschritte in der Mathematik und der astronomischen Beobachtungspraxis erzielt. Man erinnerte sich an Halleys beschwörende Worte, und die Wissenschaft bereitete sich mit bis dahin unbekanntem Eifer auf die beiden Venusdurchgänge vor.

Die Intensität der Bemühungen um die Bestimmung der Sonnenparallaxe mittels Beobachtung der beiden Venusdurchgänge des 18. Jahrhunderts war enorm. Es ist denkbar, dass kein anderes wissenschaftliches Problem des Aufklärungszeitalters soviel Beachtung erhielt wie dieses, und man hielt es für angemessen, eine internationale Zusammenarbeit anzustreben - möglicherweise eine der ersten in der Geschichte der Wissenschaft. Schon beim Merkurdurchgang 1753 arbeiteten mehrere europäische Nationen zusammen, doch erwies sich das Ergebnis des Experiments wie von einigen kritischen Stimmen befürchtet als zu unsicher. Als einziger auf weiter Flur hatte der französische Astronom Nicolas Louis Lacaille schon 1750 auf die Schwierigkeiten bei der praktischen Ausfüh-rung von Planetendurchgängen hingewiesen und war skeptisch über die zu erwartenden Resultate.

Mit Joseph-Nicolas Delisle (1688-1768) als treibende Kraft übernahm Frankreich eine führende Rolle in der Koordination des Experimentes und der internationalen Beobachtungsaktivitäten beider

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Venusdurchgänge. Delisle popularisierte die Venusdurchgänge auch über die Medien und erzeugte ein grosses öffentliches Interesse. Vier Jahrzehnte vor den mit Spannung erwarteten Himmels-schauspielen knüpfte er 1724 den Kontakt zu den Engländern Edmond Halley und Isaac Newton. Er unterhielt in Paris ein Korrespondenzzentrum für weltweiten Gedankenaustausch, das dem heutigen IAU (Internationale Astronomische Union) nicht unähnlich war. Delisle war Professor am Collège de France und Astronome de la Marine. Sogar Privatkorrespondenz spielte bei den Vorbereitungen auf die Venusdurchgänge eine erstaunlich grosse Rolle, Briefe wurden teilweise ohne Kenntnis des Verfassers veröffentlicht. Die Cambridge University verfasste Instruktionen zur Beobachtung des Venusdurchganges von 1761, die sie in alle Welt, auch an Amateure versandte.

Delisle, Trébuchet und Le Gentil stellten unabhängig voneinander Neuberechnungen von Hal-leys Tafeln an, in denen sie einige Fehler entdeckten. Delisle korrigierte sie eigenhändig und veröf-fentlichte seine Berechnungen 1759, was jedoch später zu einem heftigen Streit zwischen ihm und Trébuchet führte, denn jeder erhob Anspruch darauf, die Fehler als erster entdeckt zu haben.

Delisle entwickelte im gleichen Zug auch eine eigene Methode für die Beobachtung der Venus-durchgänge, die jedoch eine Erweiterung der Halley-Methode darstellte. Bei dieser Methode genüg-te es, nur entweder den Eintritt der Venus auf die Sonnenscheibe, oder aber ihren Austritt zeitlich festzuhalten. Im Gegensatz zu Halleys Methode, die lediglich die genaue Messung der Dauer zwi-schen Ein- und Austritt vorsah, erforderte Delisles Methode die Kenntnis der exakten geografischen Position des Beobachtungsortes sowie äusserst exakte Weltzeit. Damit stellte der Franzose unge-heure Anforderungen an sein Zeitalter, denn die Ermittlung der genauen Weltzeit mit Hilfe der Ju-pitermondverfinsterungen und auch der Mondabstandsmethode barg in der Mitte des 18. Jahrhun-derts noch ein beachtliches Fehlerrisiko in sich. Und hatte nicht Halley vorausberechnet, dass 3 Zeitsekunden einen Fehler von 1 % im Endergebnis bewirken würden? Aber Delisles Methode hat-te auch ihre Vorteile; sie liess Beobachtungspunkte auch in einer Ost-West-Ausrichtung auf ähnli-cher geografischer Breite zu, so standen dem Experiment eine viel grössere Zahl von Beobach-tungsorten zur Wahl. Tatsächlich erreichte man in der Ost-West-Ausrichtung die grösstmögliche Spreizung zwischen den Beobachtungsorten, nämlich fast einen vollen Erddurchmesser. Und, weil bei dieser Methode nicht nur die reine Zeitdauer, sondern vor allem die genauen Ein- und Austritts-augenblicke zeitlich erfasst wurden, genügten schon die Messdaten von nur einem einzigen Berüh-rungspunkt (z. B. Eintritt der Venus auf die Sonnenscheibe), wenn beim anderen (z. B. Austritt) vielleicht schlechtes Wetter herrschte. Die Sonnenparallaxe liess sich dennoch rechnerisch herlei-ten, wenngleich von zwei Beobachtungsorten nur der eine oder nur der andere Berührungspunkt registriert wurde.

Der Siebenjährige Krieg (1756 bis 1763), im Jahr der ersten Venuspassage schon vier Jahre im Gang, liess zwischen den Erzfeinden Frankreich und England erstaunlicherweise noch genug Frie-den übrig, um eine wissenschaftliche Zusammenarbeit zuzulassen. Aber mehrere Expeditionen, die zu ihren Beobachtungsstätten aufbrachen, wurden durch feindliche Schiffe behindert, und wo nicht der Feind auftauchte, musste stets mit Piraten gerechnet werden. Diesen ersten Venusdurchgang beobachteten 120 Wissenschaftler von 62 verschiedenen Orten aus.

Die Franzosen rüsteten 1761 folgende drei Expeditionen aus. Interessanterweise wählte Frank-reich ausschliesslich Beobachtungsstationen, von denen aus im Sinn der Halley-Methode die ge-samte Dauer des Ereignisses beobachtet werden konnte:

• Alexandre-Gui Pingré nach Ile Rodrigue östlich von Mauritius im Indischen Ozean. Schlechtes Wetter verunmöglichte die Zeitmessung, hingegen gelang Pingré eine Mikrome-termessung des Abstandes der Venus vom Sonnenrand mit einem 5.5-m-Teleskop.

• Jean-Baptiste Chappe d'Auteroche nach Tobolsk/Sibirien, erfolgreiche Beobachtung, Chap-pe d'Auteroche berichtete vom leuchtenden Ring um die Venus.

• Guillaume Le Gentil nach Pondichery in Indien: Vor Mahé an der westindischen Malabar-Küste erfuhr Le Gentil, dass sowohl Mahé selbst als auch Pondichery von den Engländern eingenommen worden waren und Seeblockaden jede Landung verunmöglichte. Sein Schiff

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war gezwungen, Richtung Ile de France (Mauritius) umzukehren, und er konnte den Venus-durchgang bei schönstem Wetter vom Schiff aus beobachten. Allerdings erlaubte dies frei-lich keine Messungen! Der unglückliche Le Gentil beschloss, auf der Ile de France zu blei-ben und verfasste in den folgenden acht Jahren bis zum nächsten Venusdurchgang 1769 di-verse wissenschaftliche Arbeiten.

Die englische Royal Society rüstete 1761 folgende Expeditionen aus: • Charles Mason und Jeremiah Dixon sollten ursprünglich nach Bencoolen (Bengkulu auf

Sumatra). Ihre Mission wäre somit die einzige englische gewesen, für die der ganze Verlauf der Venuspassage nach der Halley-Methode sichtbar gewesen wäre, doch es sollte alles an-ders kommen. Ihr Schiff erlitt schon im Ärmelkanal durch feindlichen Beschuss grossen Schaden und musste umkehren. Die Reparaturen verzögerten ihre Abreise erheblich, und als sie schliesslich in Kapstadt eintrafen, erreichte sie erst noch die Nachricht, dass Bencoolen in der Zwischenzeit von den Franzosen gekapert worden war. Zeitknappheit zwang Mason und Dixon, ihre Reise in Kapstadt vorzeitig abzubrechen und dort ihr Observatorium aufzu-bauen. Zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs befand sich die Venus bereits vor der Sonnen-scheibe. Zwar waren die ersten 20 Minuten des Venusdurchgangs wolkenverhüllt, sie konn-ten aber doch mehrere erfolgreiche Messungen durchführen, ausserdem gelang ihnen eine sehr genaue Zeit- und Ortsbestimmung, die für das Experiment äusserst wichtig war.

• Nevil Maskelyne und Robert Waddington nach Saint Helena im Südatlantik. Auch ihre Beo-bachtungsstation lag ausserhalb des Gebietes, welches die Erfassung des gesamten Venus-durchgangs erlaubt hätte. Sie waren daher gezwungen, nach der Delisle-Methode aufzu-zeichnen. Doch das schlechte Wetter während des ganzen Monats vor dem Venusdurchgang verhinderte jede Zeitmessung und Ortsbestimmung. Das Himmelsschauspiel selbst sahen die beiden Astronomen nur gelegentlich durch Wolkenlöcher, und nur wenige Minuten vor dem entscheidenden Augenblick des zweiten inneren Kontaktes verhüllten Wolken wieder die Sonne.

Weitere Beobachter 1761: • John Winthrop von Saint Johns in Neufundland. Erfolgreiche Beobachtung, obwohl nur der

Venusaustritt beobachtet werden konnte. • Die Jesuitenpriester Maximilian Hell und Joseph Liesganig von Wien • William Hirst von Madras, Indien: Er berichtete, vor dem Eintritt des Planeten auf die Son-

nenscheibe einen hellen Ring um die Venus gesehen zu haben. Dieses Phänomen berichteten jedoch nur ganz wenige Beobachter.

• Mehrere schwedische, dänische, russische Beobachter

Mit sechs verschiedenen, selbstentwickelten Berechnungsmethoden erhielt der berühmte In-strumentenbauer James Short für die Sonnenparallaxe sechs Werte, die erstaunlich nahe beisammen lagen und deren Durchschnitt den heute bekannten Wert nur um 2.8 % verfehlte. Zwischen ihm und dem Franzosen Pingré, der mit seinem Ergebnis von 124 Mio. km von allen anderen am weitesten abwich, entflammte eine hitzige Debatte über die Glaubwürdigkeit der beiden Resultate. Alle be-rechneten Entfernungswerte schwankten im Bereich zwischen 124-159 Mio. km (entsprechend den Sonnenparallaxen von 8.28" bis 10.6"), d. h. der höchste wich etwa 28 % vom kleinsten ab (siehe Annexe 5 und 6).

Obwohl das erste Experiment von 1761 noch immer kein befriedigendes Endresultat lieferte, wuchs das öffentliche Interesse an Venusdurchgängen und damit an der Bestimmung der Sonnen-parallaxe über alle Masse und spornte die Vorbereitungen auf die Venuspassage von 1769 an. Man erhoffte sich beim zweiten Durchgang des Jahrhunderts einen etwas randnäheren Vorüberzug der

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Venus, woraus man sich ein eindeutigeres Ergebnis versprach. Nach dem Misserfolg von 1761 soll-te nichts dem Zufall überlassen werden. John Bevis schlug beispielsweise vor, die für Expeditionen auserwählten Astronomen an einem mechanischen Modell die Beobachtung von Venusdurchgängen üben zu lassen. Aus den Überlieferungen geht jedoch nicht hervor, ob dieser Vorschlag je in die Praxis umgesetzt wurde. Interessanterweise wurden schon beim ersten Venusdurchgang zwischen den Zeitmessungen der verschiedenen Beobachter Abweichungen von mehreren Sekunden festge-stellt. Doch niemand schien diesem Problem acht Jahre später genügend Beachtung geschenkt zu haben.

James Ferguson und Thomas Hornsby hielten Halleys Methode der Dauer des Venusdurchgan-ges für die zuverlässigste und schlugen deshalb die Südsee als einen der geeignetsten Beobachtung-sorte vor, weil von dort aus die gesamte Dauer des Ereignisses gemessen werden konnte. Man kramte die alten Berichte der Seefahrer des 16. und 17. Jahrhunderts hervor und suchte nach Hin-weisen auf eine geeignete Beobachtungsstätte. Hornsby schlug Saint Peter Island in der Grossen Australischen Bucht, die Mendoza-Inseln (Marquesas-Inseln), die Amsterdam und Rotterdam In-seln (heutige Tonga-Inseln) vor. Er rief die europäischen Nationen auf, Expeditionen in die Südsee zu entsenden, um die Erkundung dieser noch weitgehend unerforschten Region voranzutreiben. Obwohl der Pazifik vor allem von den Spaniern im 16. Jahrhundert sehr häufig überquert worden war, blieben bedeutende Entdeckungen aus oder wurden sehr fehlerhaft kartografiert. Mit Hornsbys Aufruf wurden die Interessen der Geografie, der Naturwissenschaften und der Navigation in einen fruchtbaren Zusammenhang gebracht.

Als Alternative nannte Thomas Hornsby auch Niederkalifornien (Baja California), und die Eng-länder ersuchten den spanischen König um die Erlaubnis, 1769 eine Expedition auf die zu Neu Spa-nien gehörende Halbinsel entsenden zu dürfen. Die Spanier misstrauten jedoch den Engländern und hielten ihr Vorhaben für einen Vorwand, sich zwecks Spionage und Unfriedenstiftung Zutritt in spanische Territorien zu verschaffen. Das Gesuch wurde kategorisch abgelehnt. Ausserdem, so die spanische Regierung, mangle es in Spanien nicht an fähigen Astronomen, die die Beobachtung auch selbst durchführen könnten. Immerhin weckte das Gesuch das eigene Interesse an den Venusdurch-gängen, und die Spanier rüsteten eine Expedition nach Niederkalifornien aus.

Die Absage der Spanier bewog die Engländer dazu, trotz der zu erwartenden Schwierigkeiten letztendlich doch eine Expedition in die Südsee zu entsenden. James Cooks erste Reise wurde auf diese Weise zur Ausweichlösung der gescheiterten Baja-Reise. Die Ablehnung der Engländer ebne-te dafür den Weg für die Franzosen, sich eine Bewilligung von den Spaniern zu erwirken. Die spa-nisch-französischen Beziehungen waren sehr gut, da Mitglieder der Bourbon-Familie auf den Thro-nen beider Königshäuser sassen. Die Franzosen stellten ein Gesuch sowohl für Niederkalifornien als auch für die spanischen Pazifikinseln, doch das letztere Projekt wurde als zu schwierig erachtet und fallengelassen. Die spanische Regierung sandte den Franzosen eine sehr freundliche Unterstüt-zungsbereitschaft und lud ein französisches Wissenschaftlerteam ein, die beiden für die astronomi-sche Beobachtung ausgewählten spanischen Marineoffiziere auf ihrer Reise nach Baja California zu begleiten. Jean-Baptiste Chappe d'Auteroche wurde zum Leiter des französischen Teams gewählt, dem noch ein Geograf, ein Maler und ein Uhrmacher angehörten. Das französische Desinteresse an einer Südsee-Expedition beraubte Chappe d'Auteroche des Ruhmes, der später James Cook zu-kommen sollte.

Venusdurchgang 1769 König George III, selbst ein eifriger Amateurastronom, beobachtete den Venusdurchgang vom

3. Juni 1769 persönlich vom neuen Observatorium im Old Deer Park in Richmond/Kew aus, das er eigens für diesen Zweck hatte errichten lassen. Zur Beobachtung wurde das Short Teleskop und Uhren von Shelton of London sowie von Benjamin Vulliamy verwendet. Für London waren die

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Beobachtungsbedingungen jedoch denkbar schlecht, denn die Sonne stand zum Zeitpunkt der ersten Berührung der Venus um 19:09 Uhr Ortszeit gerade noch 7° über dem Horizont, bei der inneren Berührung um 19:26 Uhr noch knapp 5°, und sie ging schon um 20:01 Uhr unter, als der Planet noch nicht einmal die Mitte seines Durchgangs erreicht hatte. Die vom König und seinen Astrono-men gewonnenen Messdaten fanden denn auch keine Verwendung in den Berechnungen der Son-nenparallaxe. Hingegen wurde später während einiger Zeit die offizielle Londoner Zeit in diesem Observatorium in Kew bestimmt.

Nicht weniger als 151 Expeditionen beobachteten 1769 von 77 Orten aus. Nach dem enttäuschenden Ergebnis der Beobachtungen acht Jahre zuvor setzten die Astrono-

men der englischen Royal Society nur noch auf die sicherere Methode ihres grossen Vorgängers Edmond Halley und entsandten 1769 alle ihre Wissenschaftlerteams an Orte, von denen aus die gesamte Dauer des Venusdurchgangs erfasst werden konnte:

• William Wales und Joseph Dymond nach Fort Churchill in der westlichen Hudson Bay/Ka-nada: Von diesem Punkt aus hätte das gesamte Ereignis nach der Halley-Methode beobach-tet werden können, doch während der Eintritt bei günstiger Witterung erfolgte, wurde der Austritt von Nebel verhüllt.

• William Bayley ans norwegische Nordkap und Jeremiah Dixon nach Hammer-fest/Norwegen, beides erfolgreiche Beobachtungen

• Charles Mason, nach Cavan/Strabane/Donegal in Irland, erfolgreiche Beobachtungen • James Cook, Charles Green und Daniel Solander in die Südsee: Dies war die einzige Region

der Südhemisphäre, von der aus das gesamte Ereignis nach der Halley-Methode gesehen werden konnte. Hervorragende Beobachtungsbedingungen, jedoch zweifelhafte Zeitmessun-gen.

Die Wahl der Beobachtungsorte für die französischen Expeditionen lässt erkennen, dass die

Franzosen diesmal weitgehend auf die Methode ihres Landsmannes Delisle vertrauten, denn nur gerade die erstgenannte ihrer Expeditionen konnte den gesamten Verlauf des Ereignisses nach der Halley-Methode verfolgen:

• Jean-Baptiste Chappe d'Auteroche reiste zusammen mit der spanischen Expedition (Vicente de Doz, Don Juan de Langara) nach San José in Niederkalifornien. Mit drei gut überein-stimmenden Zeitmessungen war seine Beobachtung eine der umfassendsten, die geografi-sche Länge war jedoch ungenau. Chappe und die meisten Teilnehmer seines Teams starben kurz nach dem Venusdurchgang an tropischen Krankheit (vómito negro, = Gelbsucht, evtl. Typhus?). Nur der Geograf Pauly und der Zeichner Noël überlebten die Expedition und brachten die Aufzeichnungen nach Paris zurück.

• Alexandre-Gui Pingré und Charles-Pierre Claret Fleurieu reisten nach Cap Français (Cabo Francés) auf Santo Domingo (Dominikanische Republik), konnten von dort jedoch nur den äusseren und inneren Eintritt beobachten sowie den geringsten Abstand von der Venus- zur Sonnenmitte messen. Der Venusaustritt erfolgte für sie nach Sonnenuntergang.

• Guillaume Le Gentil in Indien. Er hatte schon die Venuspassage von 1761 verpasst, als sein Schiff in einer Windstille mitten im indischen Ozean blockiert war und das Schaukeln jede Beobachtung verunmöglichte. Wie schon weiter oben erwähnt wartete er auf den Inseln des indischen Ozeans und im südostasiatischen Raum bis zur nächsten Venuspassage 1769. Weil er die Philippinen für den geeigneteren Beobachtungsort hielt, reiste er 1766 nach Manila. Doch erfuhr er dort ein Jahr später in einem Brief von der Académie, dass seine jüngste Rei-se trotz der besseren Beobachtungsbedingungen nicht günstig aufgenommen wurde. Le Gen-til verliess 1768 Manila und reiste auf einem portugiesischen Schiff nach Pondichery an der ostindischen Küste. Mit der Hilfe der zwischenzeitlich den Franzosen wieder wohlgesinnten Engländern errichtete Le Gentil eine hervorragende Beobachtungsstation mit einem 4.5-m-Teleskop. Doch diesmal ereilte ihn ein sonderbares Wetterpech: Der Himmel war den gan-

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zen Mai hindurch wunderbar klar, bewölkte sich erst am Morgen des 4. Juni 1769, dem Tag des Durchgangs, und war wieder klar, sowie der Durchgang vorüber war. Als er nach 11 Jahren nach Paris zurückkehrte, erfuhr er, dass man ihn für tot erklärt hatte und im Begriff war, seine Hinterlassenschaft unter den Erben aufzuteilen! Er hatte 50'000 Seereisekilometer zurückgelegt, bloss um eine fatale Wolke zu beobachten!

Weitere Beobachtungsorte 1769: • Die beiden ungarischen Jesuitenpriester Miksa (Maximilian) Hell und Jànos Sajnovics reis-

ten nach Vardø östlich des Nordkaps, wo sie im Oktober 1768 ankamen und ein Observato-rium bauten. Sie führten eine erfolgreiche Beobachtung durch.

• Joaquín Velázquez de León reiste in die Nähe von La Paz in Niederkalifornien, um den Ve-nusdurchgang im Auftrag des Vizekönigs von Neu Spanien (Mexiko) zu beobachten. Seine Daten trugen zur Bestimmung der Sonnenparallaxe bei.

• John Winthrop von Cambridge/Massachusetts. • Benjamin West von Providence/Pennsylvania. • 19 Beobachter, darunter auch viele Amateurastronomen, stellten in den nordamerikanischen

Kolonien Beobachtungen an, die sie in ihren privaten Tagebüchern festhielten.

Die für alle Expeditionen typische Ausrüstung bestand aus folgenden Instrumenten: • Teleskop (30 cm bis 5.5 m lange Spiegel- bzw. Linsenteleskope) • Rauchglasfilter gegen das grelle Sonnenlicht • Quadrant, auf englisch auch equal altitude instrument genannt (Instrument zur Messung

gleicher Gestirnshöhen zur Bestimmung des Gleichlaufs der Uhren sowie der Weltzeit und damit auch der geografischen Länge)

• Mikrometer (Messung des geringsten Abstandes zwischen Venus- und Sonnenmitte) • Pendeluhr (Ermittlung der Zeitpunkte der inneren Berührungen bzw. der Gesamtdauer des

Venusdurchgangs) • Thermometer, Barometer, Azimut- und Inklinationskompass (für ergänzende Aufzeichnun-

gen)

Die sämtlich einzeln angefertigten Geräte waren zu jener Zeit derart teuer, dass die Engländer 1769 dieselben Instrumente verwendeten, die schon acht Jahre zuvor im Einsatz gestanden hatten. Sogar die Franzosen benützten zum Teil Instrumente englischer Herkunft. Wie die Beobachtungen vorgenommen wurden, ist im zweiten Teil im Kapitel «Die Beobachtung des Venusdurchgangs auf Tahiti» ausführlich beschrieben.

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Zweiter Teil James Cook und seine Expedition

James Cook wurde in Marton/Yorkshire an der nordenglischen Ostküste am 27. Oktober 1728 als Sohn eines schottischen Tagelöhners in einer Zweizimmerlehmhütte geboren. Kaum 8 Jahre alt, half der kleine James schon seinem Vater bei den schweren Landarbeiten auf dem Gut Airy-Holme bei Ayton. Seine Gewandtheit und Arbeitslust erregten die Aufmerksamkeit des Gutsbesitzers, der ihn lesen lernen liess. Mit 13 Jahren kam er in die Lehre zum Krämer W. Sanderson in Staithes. Dem jungen Cook gefiel es jedoch nicht im mindesten, und er nutzte jede freie Stunde, um mit den Seeleuten im Hafen zu plaudern. Als er 17 Jahre alt war, trat er bei John und Henry Walker, Schiffseignern in Whitby, in eine Lehre ein und verbrachte zehn Jahre damit, auf Kohlenschiffen der Handelsmarine der Ostküste Englands entlang und über die Nordsee ins Baltikum zu segeln. Von seiner Unterkunft im Dachstock des Hauses Walker konnte er auf die Fishburn Werft auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Esk blicken, auf der Jahre später jenes Schiff gebaut wurde, das er dereinst befehligen würde.

Weshalb er sich im Alter von 28 Jahren von der Royal Navy anheuern liess ist nicht gewiss. Die Zeit zeigte jedoch, dass Cook ein ehrgeiziger Mann war, und mit England auf Kriegsfuss mit den Franzosen, mochten ihn Beförderung und gute Besoldung gelockt haben. Am 17. Juni 1755 begann seine Karriere in der Navy an Bord der HMS Eagle als einfacher Matrose. Mit seiner zehnjährigen Erfahrung aus der Handelsmarine stieg er jedoch rasch auf und bestand zwei Jahre darauf die Se-gelmeister-Prüfung. Cook wurde auf die HMS Pembroke eingeteilt, welche den Franzosen die Stadt Quebec in Kanada zu entringen hatte. Nachdem dies gelungen war, blieb Cook in Neufundland, um die Küsten zu kartografieren. Seine Karten waren gut genug, um 100 Jahre lang Verwendung zu finden! 1762 kehrte er nach England zurück und heiratete. Die folgenden sechs Jahre über betätigte sich Cook im Sommer mit weiteren Vermessungsarbeiten in Kanada und kehrte jeweils für das Winterhalbjahr zu seiner Familie nach England zurück.

Schon im August 1766 wurde von der englischen Admiralität der Beschluss gefasst, den Pas-sageverlauf des Venusdurchganges von der Südsee aus beobachten zu lassen. Wie wir bereits gese-hen haben, gründete dieser Beschluss auf der spanischen Absage, den Engländern eine Expedition nach Niederkalifornien zu bewilligen. Zu dieser Zeit war James Cook auf Neufundland und beende-te bezeichnenderweise gerade die Auswertung eines anderen astronomischen Phänomens, der ring-förmigen Sonnenfinsternis vom 5. August 1766. Doch die Astronomie sollte nicht der einzige Beweggrund für die geplante Pazifik-Expedition sein.

Ein Jahrzehnt vor Cooks Reise hatte der schottische Hydrograf Alexander Dalrymple aus dem Ungleichgewicht der bis dahin bekannten Landmassen von etwa 8 : 1 zwischen der Nord- und Süd-halbkugel unserer Erde geschlossen, dass es im südlichen Pazifik eine ungeheure Landmasse als Gegengewicht zu Asien geben musste:

«Der unbekannte Raum vom Wendekreis des Steinbocks bis hin zu 50° süd-licher Breite muss nahezu zur Gänze aus Land bestehen.»

Auch der ägyptische Geograf Ptolemäus glaubte an einen solchen Südkontinent, der bis zum 18.

Jahrhundert zu einem europäischen Mythos geworden war. Die «Terra Australis Incognita» harrte noch immer ihrer Entdeckung und die reichen Seefahrtsnationen erträumten sich grosse Reichtümer auf diesem unentdeckten Land zu finden.

Erst Mitte November 1767, wurden in einer Sitzung des inzwischen gebildeten «Transit Com-mittee» der Royal Society erstmals Vorschläge für die Übernahme des Kommandos der Expedition behandelt. Der Name James Cook stand hier nicht zur Debatte. John Campbell, der aus dem bisher

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benutzten Quadranten im Jahr 1757 den handlicheren Sextanten entwickelt hatte, lehnte selbst ab. Die Nominierung anderer Bewerber scheiterte an deren Besoldungsvorstellungen. Weiter stand der bereits erwähnte Alexander Dalrymple zur Diskussion, ein Fanatiker, dessen unerschütterlicher Glaube an den legendären Südkontinent ihn zu eigenen Taten antrieb. Über ein Vierteljahr schien Dalrymple der erklärte Kandidat der Royal Society für das Kommando der Südseefahrt gewesen zu sein. Als die Gesellschaft jedoch Mitte Februar 1768 den König um Bereitstellung eines Schiffes und um finanzielle Unterstützung bitten musste, war abzusehen, dass sie nun Personalfragen nicht mehr allein würde bestimmen können. Im Frühling 1768 schienen das passende Schiff und der pas-sende Captain für die Fahrt gefunden zu sein. Dalrymple lehnte es ab, die Reise als wis-senschaftlicher Begleiter mitzumachen, ohne selbst das Kommando an Bord zu haben. Cooks Er-fahrung als Seemann und in Astronomie wurde von den Lords der Admiralität der Welterfahrung von Dalrymple vorgezogen, der ausserdem auch Zivilist war und nicht der Navy angehörte. Am 15. April 1768 wurde James Cook von der Admiralität zum Leutnant befördert und erhielt das Kom-mando über die HM Bark Endeavour. Als Astronom konnte Charles Green gewonnen werden, ein Assistent am Royal Observatory in Greenwich, der sogar selbst einige Zeit als möglicher Expediti-onsleiter gegolten, jedoch unannehmbar hohe Gehaltsforderungen gestellt hatte. Leutnant Cook gab sich mit einem Drittel von Greens Forderung zufrieden.

Gerade zur rechten Zeit, um auf die Reise noch Einfluss nehmen zu können, war die zweite Rei-se der Dolphin unter Capt. Samuel Wallis zu Ende gegangen. Am 20. Mai 1768, nur drei Monate vor Cooks Abreise, ankerte Wallis in der Themsemündung und brachte die Nachricht von seiner Entdeckung Tahitis mit. Die Bewohner von Tahiti nannte er mild und gastfreundlich, die Frauen schön und freigebig in den Dingen der Liebe. Nun hatte man auch für das Cook-Unternehmen ein Ziel. Aus den Überlieferungen geht interessanterweise nicht hervor, welches Ziel die Admiralität für Cook sonst vorgesehen hatte.

Gänzlich überzeugt vom sicheren Erfolg des Unternehmens wurden sie allerdings durch eine ganz andere Mitteilung von Capt. Wallis; mehrere Leute an Bord der Dolphin hätten südlich von Tahiti deutlich eine grössere Landmasse wahrgenommen. Er selbst allerdings war zu diesem Zeit-punkt krank gewesen und könnte daher diese Beobachtung nicht bestätigen. Das war ohne Zweifel der Südkontinent!

Mehrere Leute kamen von der eben zurückgekehrten Dolphin auf die Endeavour und brachten ihre Tahiti-Erfahrungen in die neue Expedition ein. Die ursprünglich geplante Mannschaftsstärke von 70 wurde schliesslich auf 85 erhöht, unter Einschluss von einem Dutzend Marinesoldaten samt Trommlern. Cooks Offiziere hiessen Zachary Hicks (2nd lieutenant) und John Gore (3rd lieute-nant), der bereits auf der Dolphin mitgereist war. Ebenfalls von der Dolphin stiessen der Segelmeis-ter Robert Molyneux (master) und sein Geselle Richard Pickersgill (master's mate) hinzu. Als zwei-ter Segelmeistersgeselle diente Charles Clerke (second master's mate), der Cook auch auf seinen zwei weiteren Reisen begleitete. Als Schiffsarzt reiste William Brougham Munkhouse mit.

Einige Privatleute reisten ebenfalls mit: Der Astronom Green mit einem Diener, Joseph Banks, ein junger Edelmann, Mitglied der Royal Society, der auf eigene Kosten in Begleitung eines Stabes von Mitarbeitern an der Reise teilnahm, weiter der schwedische Botaniker Dr. Daniel Carl Solan-der, der Schwede Herman Diedrich Spöring als Sekretär, sowie die Zeichner und Grafiker Sydney Parkinson und Alexander Buchan.

Banks war vermögend, und das bildete wohl den Hauptgrund dafür, dass sich die Royal Society äusserst nachdrücklich bei der Admiralität um seine Teilnahme bemüht hatte. Die Admiralität ent-schied reichlich spät, eigentlich als die Platzaufteilung und Verstauung der Ausrüstung bereits so gut wie abgeschlossen war. Die Invasion durch Banks' Schmetterlingsnetze, Sammelkisten, zwei elektrischen Maschinen, Alben und Zeichenmappen führte dazu, dass die ganze Mannschaft auf engeren Raum zusammenzurücken hatte.

Nun, da alles an Bord war, verstärkte sich der Eindruck von der Endeavour als einer Arche No-ah des Aufklärungszeitalters. Die Instruktionen der Admiralität für Cook bestanden aus zwei Tei-len, von denen der zweite geheim war. Zuerst sollte von Tahiti aus die Venuspassage beobachtet

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werden, schliesslich sollte die Endeavour in südlicher Richtung bis zum 40. Breitengrad segeln und dann in einer Toleranzbreite bis 35° südlicher Breite auf westliche Kurse gehen, immer vorausge-setzt, sie stiesse nicht vorher schon auf die Küste des Südkontinents oder fände sichere Anzeichen seiner Nähe. Wäre dies der Fall, so hätte das Land in unzweideutiger Weise für den König von Grossbritannien in Besitz genommen zu werden. Erkundungen sollten angestellt und Aufzeichnun-gen über das neuentdeckte Land angefertigt werden. Gäbe es den Südkontinent jedoch nicht, stiesse die Endeavour bei ihrer Fahrt nirgends auf die Küste des Südlandes, so hatte sie längs des 40. Brei-tengrades bis zur Ostküste jenes Landes zu segeln, das 1642 vom holländischen Seefahrer Abel Tasman entdeckt worden war (Neuseeland). Trotz strengster Geheimhaltung der Befehle schien die Presse bestens unterrichtet gewesen zu sein!

Ob Cook auf der Endeavour ein Schiffschronometer mitgeführt hat, darüber gibt es wider-sprüchliche Angaben. Den meisten historischen Quellen zufolge wurde ihm erst auf seiner zweiten und dritten Reise ein eigentliches Marinechronometer zur Verfügung gestellt, hingegen kann als sicher angenommen werden, dass er auf der Endeavour eine persönliche Taschenuhr bei sich trug. Ganz allgemein ist von Cooks erster Reise nicht mit Sicherheit bekannt, welche Instrumente er verwendet hat. In den Schiffahrtsmuseen werden lediglich Instrumente mit dem Hinweis ausge-stellt, dass ein «solches oder ähnliches» Gerät mitgeführt wurde. Zur Bestimmung der Weltzeit dienten ihm die vom königlichen Astronomen Nevil Maskelyne unlängst veröffentlichten Mondta-bellen. Cooks Beitrag zum Längenproblem seiner Zeit beruhte zum grossen Teil auf den Leistungen der Astronomen und der Uhrmacher, ihm selbst gebührt jedoch der Ruhm für eine minutiöse An-wendung der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Methoden und für seine hervorragen-den Kartenwerke, die er auf seinen Reisen schuf.

Die HM Bark Endeavour

Die Mitwirkung Cooks bei der Wahl des Schiffes bleibt umstritten. Jedoch fällt auf, dass ihm die Admiralität denjenigen Schiffstyp besorgte, mit dem Cook zehn Jahre lang hervorragende Er-fahrungen gemacht hatte. Die sogenannten Whitby cats oder colliers waren ausserordentlich robuste und geräumige Schüttguttransporter mit enger Verspantung. Das Wort cat stammt vom norwegi-schen Wort für Schiff. Dieser Schiffstyp wurde in den Werften von Yorkshire den norwegischen Vorbildern nachgebaut. Die cats waren zwar langsam, eigneten sich aber dank des geringen Tief-ganges ausgezeichnet für die Erforschung unbekannter Gewässer. Die Earl of Pembroke wurde 1764 von Messrs Fishburn in Whitby für £2'800 als Kohlenbark gebaut. Nach ihrer Umrüstung, die weitere £2'294 kostete, erhielt die Bark den neuen Namen Endeavour («Bemühung, Bestreben, An-strengung»).

Das Schiff von 368 Tonnen mass in der Gesamtlänge ca. 47 m, wovon die reine Decklänge etwa 33 m ausmachte. Die Breite betrug 8.9 m. Stellt man sich zwei Tennisplätze hintereinander ange-ordnet vor, so fände die Endeavour in der Länge und Breite darauf Platz. Sie besass drei Masten, von denen der Hauptmast in der Mitte 39 m über das Deck hochragte. Die Segelfläche von insge-samt 926 m2 würde genügen, um fünf Tennisplätze zu überdecken. Das Schiff besass drei Decks: Das sogenannte weather deck oder Wetterdeck, darunter das mess deck oder das Deck der Man-schaftsmesse, wo die Matrosen speisten und schliefen, sowie der hold, das Vorratsdeck. Bei der Endeavour wurde jedoch ein Zwischendeck über die halbe Schiffslänge im hinteren Teil eingebaut, auf welchem die Offizierskabinen und der grosse Aufenthaltsraum im Schiffsheck eingerichtet wurden. Auch direkt unter diesem Zwischendeck waren mehrere Offizierskabinen eingebaut, in denen jedoch ein aufrechtes Stehen nicht möglich war.

Die typische Reisegeschwindigkeit bei günstigen Winden war 4-5 kn, d. h. etwa 7½ -9½ Stun-denkilometer. In einem Bericht an die Admiralität schrieb Cook, dass die Endeavour unter idealen Bedingungen 7-8 kn machte (13-15 km/h). Die maximale Geschwindigkeit dürfte 12 kn oder

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22 km/h nicht überschritten haben. Allerdings kam die Endeavour, rechnet man die Aufenthalte ab, über die gesamte Reise nur auf knapp 3 Knoten oder etwa 5½ km/h, also gute Gehgeschwindigkeit!

Am 26. August 1768 verliess die Endeavour den Hafen von Plymouth und stach in See. Nach kurzen Zwischenhalten in Madeira und Rio de Janeiro nahm Cook Kurs auf die Le Maire Strasse östlich der Südspitze von Südamerika. Der Astronom Charles Green, stets zu Schabernack aufge-legt und erfreut, andere an seinem Wissen teilhaben zu lassen, unterwies Cook und seine Offiziere in der erst vor kurzem perfektionierten, jedoch sehr aufwendigen Mondabstandsmethode zur Be-stimmung der geografischen Länge (siehe separates Kapitel). Die Methode der Jupitermondverfins-terungen liess ihn zumindest in der Zeit von Mitte September bis Ende November im Stich, da Jupi-ter am 26. Oktober in Konjunktion mit der Sonne stand und deshalb nicht beobachtet werden konn-te. Weil diese Methode jedoch starke Fernrohrvergrösserungen erforderte und deshalb nur bei Landaufenthalten angewandt werden konnte, stellte dies für Cook keine Einschränkung dar.

Am 17. Januar ankerte die Endeavour in der Bay of Good Success auf Feuerland und bunkerte Holz und Trinkwasser. Cook hielt die Feuerländer für das elendste Volk, das er je gesehen hatte. Sie waren harmlos, erstaunlicherweise fast nackt bei der Kälte auf dem 55. Breitengrad. Europäi-sche Kleider wiesen sie jedoch entschieden zurück. Bei einem Landgang verlor Banks seine zwei schwarzen Diener, die sich in den Wäldern verirrten und gezwungen waren, die Nacht im Freien zu verbringen. Mangels ausreichender Ausrüstung erfroren sie.

Cook umrundete bei unüblich milden Verhältnissen das berüchtigte Kap Hoorn am 27. Januar 1769. Das Kap Hoorn (vom holländischen Kapitän Willem Cornelis Schouten nach seinem Ge-burtsort Hoorn benannt) ist der südlichste Punkt des südamerikanischen Kontinents und gehört zum Archipel von Feuerland. Ein Arm des von Westen her kommenden Humboldtstromes zweigt vor der südamerikanischen Küste nach Südosten ab und zwängt sich am Kap Hoorn vorbei, um dort in den Falkland- und den Benguelenstrom zu münden. Den von Osten kommenden Seefahrern bot das Kap mit der Gegenströmung und der Westwinddrift ein oft unüberwindliches Hindernis. Viele Schiffe gingen in den häufig auftretenden schweren Stürmen verloren oder mussten umkehren und ihr Ziel auf dem langen Umweg durch den Südatlantik und den Indischen Ozean aufsuchen. Viele Seefahrer gaben der Magellan-Strasse den Vorzug. Die Wetter- und Seeverhältnisse sind dort ruhi-ger, allerdings bedeutete sie aufwendigere Segelmanöver, und ein Schiff benötigte bis zu drei Mo-nate, um sie zu passieren.

Auf der Fahrt nach Tahiti vermerkte Cook Anfang März 1769 im Logbuch, dass er bereits auf dem von Dalrymple vermuteten Südkontinent segelte, und dass er keine Meeresströmungen feststel-len konnte, die auf eine grössere Landmasse im Westen oder Südwesten hindeuteten.

Das Leben auf See im 18. Jahrhundert

In der englischen Kriegsmarine (Royal Navy) jener Zeit war der Tag in drei Wachen eingeteilt, die zwei vierstündige Einsätze zu leisten hatten. Beide Einsätze fielen auf die gleichen Vor- und Nachmittagsstunden. Beispielsweise war ein Offizier oder Matrose von 8 bis 12 Uhr vormittags, dann wieder 20 bis 24 Uhr im Dienst, oder von 24 bis 4 Uhr und wieder von 12 bis 16 Uhr. Nur bei besonderen Manövern oder Gefahren wurden «Alle Mann an Deck!» befohlen.

Abwechslung auf dem Speisezettel von Schiffsbesatzungen war ein frommer Wunsch: Getrock-netes und Pökelfleisch, Schiffszwieback, Butter, Käse und Hülsenfrüchte wie Erbsen und Linsen. Dazu reichte man Bier, Wein und Grog (Rum und Wasser im Verhältnis 1 : 4). Unterwegs konnte die Verpflegung vor allem bei Landaufenthalten durch frisches Gemüse, Frischfleisch und Obst ergänzt werden. Ab und zu lieferte der Ozean auch frischen Fisch als Bereicherung der Tafel. Ob-wohl die Lebensmittel auf längeren Reisen oft faulig und wurmstichig genossen werden mussten, konnten sich die Angehörigen der Marine mit dieser Kost gegenüber ihren Kriegskameraden an Land glücklich schätzen, denen meist ein viel üblerer Frass vorgesetzt wurde. Beim legendären

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Schiffszwieback beispielsweise (ship's biscuits) mussten die Seeleute auf den Tischkanten zuerst die Maden ausklopfen.

Auf dem wöchentlichen Speiseplan unterschied man nach sogenannten beef days (4 Fleischtage) und banyan days (3 «Feigentage» - fleischlose Kost). Zum Frühstück gab es porridge, einen Wei-zenbrei, der auch von den Gentlemen sehr geschätzt wurde. Das Pökelfleisch wurde durch Einlegen in eine Salzlösung haltbar gemacht. Es war damals nicht ungewöhnlich, die nicht aufgebrauchten Vorräte an Pökelfleisch von einer längeren Seereise einer nächsten Expedition mitzugeben. So war das Fleisch oft zwei- oder dreijährig. Es wurde dabei so hart, dass die Seeleute aus den Resten Schnitzereien anfertigen konnten.

Skorbut (Scharbock) war bis in Cooks Zeiten eine gefürchtete Krankheit auf See und wurde durch ungeeignete Ernährung hervorgerufen. Durch den Mangel an Frischobst und Frischgemüse wurde auf längeren Reisen Vitamin C in ungenügenden Mengen eingenommen. Die Krankheit wur-de teilweise auch mangelhafter und schmutziger Kleidung zugeschrieben und ausserdem durch den reichlichen Genuss von gesalzenem Fleisch und zu kleinen Wasserrationen begünstigt. Die Sym-ptome treten bei Erwachsenen nach etwa sechs Monaten ohne Vitamin-C-Aufnahme auf und äus-sern sich zunächst als allgemeine körperliche Schwäche, weiter an Zahnfleischschwellungen und -entzündungen bis zu Zahnausfall, geschwollenen Gelenken, Muskelschmerzen und -steifheit.

Vitamin-C-Mangel reduziert die Produktion von Collagen, jener Substanz, die die Zellstruktur festigt und Zellen verbindet. Hält die Collagenproduktion inne, so werden die Blutgefässe spröd, Gewebeblutungen durch gerissene Blutgefässe erzeugen rote Flecken an den Gliedern, die Armhöh-len färben sich schwarz, und die dadurch erzeugte Blutarmut im Kreislauf ist schliesslich die unmit-telbare Todesursache. Medikamente gab es nicht, Skorbut konnte nur durch Frischnahrung geheilt werden. In der Not griff man bisweilen auch zu heissen Kräuterumschlägen.

In der Medizin suchte man fieberhaft nach geeigneten Nahrungsmitteln, die haltbar gemacht und auf lange Seereisen mitgenommen werden konnten. Schon in den 1750er Jahren hatte der schotti-sche Arzt James Lind die Abgabe von portable soup («tragbare Suppe»!) empfohlen, eingedickte Kraftbrühe, die auf den Schiffen an den Feigentagen zusammen mit Brot, Butter und Käse serviert wurde. Lind wusste auch, dass die Holländer Zitrusfrüchte schon seit Ende des 16. Jahrhunderts als antiskorbutisches Mittel kannten. Aber erst ab 1795 wurde den britischen Seeleuten auf seinen Rat hin regelmässig Zitronensaft abgegeben.

In der Literatur wird häufig die Abgabe von Sauerkraut als Bestandteil der Mannschaftsverpfle-gung James Cook zugesprochen. Inwieweit er überhaupt auf die Verproviantierung seiner Schiffe Einfluss nehmen konnte, ist nicht ganz klar. Tatsächlich enthält der für das Sauerkraut verwendete Kohl viel Vitamin C, allerdings geht beim langen Garkochen viel davon verloren. David MacBride schrieb in einer Abhandlung über den Skorbut, dass die Krankheit auch ohne frisches Gemüse ver-mieden werden kann. Auf seinen Rat liess die Admiralität etwa 1'400 l Malzextrakt (eingedickter Saft der Bierwürze), Gerste und Weizen, Kraftbrühe, jedoch nur einige wenige Flaschen Zitronen-saft auf Cooks Schiff bringen. Das Malzextrakt und der Zitronensaft wurden jedoch nur bei den ersten Anzeichen von Skorbut abgegeben.

Die Kraftbrühe wurde an den fleischlosen Feigentagen, das Sauerkraut an den Fleischtagen ge-reicht. Cook schreibt darüber in seinem Bericht: «... Viele meiner Mannschaft, Offiziere wie Matro-sen, verabscheuten es, dass Sellerie, Löffelkraut, etc. mit den Erbsen und dem Weizen gekocht wurde und einige verweigerten diese Gerichte. Doch da dies nicht den geringsten Einfluss auf mei-ne Haltung hatte, begann dieses hartnäckige Vorurteil allmählich abzuklingen, und sie begannen an den Gerichten Geschmack zu finden wie die andern».

Körperpflege dürfte auf den damaligen Schiffen ein Fremdwort gewesen sein. Sie beschränkte sich, sofern es die Wetter- und Seeverhältnisse zuliessen, auf ein gelegentliches allgemeines Antre-ten auf Deck im Adamskostüm, wobei sich die Männer gegenseitig mit Seewasser übergossen. Toi-letten gab es auf jenen Schiffen nicht, und alle «Geschäfte» mussten über die Reling abgewickelt werden.

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Cook legte grossen Wert auf ein sauberes Schiff, saubere und warme Kleidung und auf die re-gelmässige Lüftung der Schiffskabinen. Mit seinen strikten Anweisungen erzielte er den grossen Erfolg, bis zum Schluss seiner Reise keinen einzigen Mann wegen Skorbut verloren zu haben.

Die Beobachtung des Venusdurchgangs auf Tahiti

Am 13. April 1769 ankerte die Endeavour vor der Insel Otaheite (wie Tahiti damals genannt und geschrieben wurde). Während der achtmonatigen Reise hatte die Expedition fünf Mann verlo-ren, vier durch Unfälle und einen durch Selbstmord.

Die Tahitier bereiteten den Engländern einen überwältigenden Empfang, der lediglich von den krankhaften Diebereien der Eingeborenen getrübt wurde. Schon in den ersten Tagen entwendeten sie alles, was ihnen unter die Finger geriet. Einem Eingeborenen gelang es, einem Engländer eine Muskete zu entreissen, was der Tahitier allerdings mit seinem Leben büsste. Cook erhielt von den Insulanern die Bewilligung, auf der flachen Landspitze im Norden Tahitis ein Observatorium zu bauen. Die Arbeiten begannen am 1. Mai. Das Fort Venus, wie James Cook es nannte, musste den Tahitiern wie der Bau eines Heiligtums vorgekommen sein.

Cook verhängte strikte Regeln bezüglich Tauschhandel mit Schiffsgegenständen. Dies betraf vor allem Nägel, die bei den Insulanern hoch im Kurs standen und gegen Liebesdienste der hüb-schen Inseltöchter eingehandelt wurden. Sie wurden so zu einem gängigen Zahlungsmittel und wurden von den Tahitiern zur Herstellung von Fischhaken verwendet. Zwei Jahre zuvor wurde auf Wallis' Schiff Dolphin von den Matrosen Raubbau mit Schiffsnägeln betrieben, bis das Schiff fast auseinanderfiel.

Am 2. Mai 1769 wurde das Verschwinden eines Quadranten entdeckt. Quadranten benützte man zur Zeitbestimmung und waren für astronomische Beobachtungen unerlässlich. Cook nahm die Kö-nigin Oberea als Geisel fest, und nach einer Suchaktion wurde das Messgerät lädiert wiedergefun-den.

Das kurz bevorstehende astronomische Experiment erforderte äusserst exakte Uhrzeit und einen perfekten Gang der Uhren. Jedes Beobachterteam musste deshalb in den Wochen vor dem Venus-durchgang sowohl den Gleichlauf der mitgeführten Uhren regulieren als auch genaue Weltzeit er-mitteln. Mit Hilfe eines Quadranten wurde an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Höhe eines Gestirns gemessen und die verstrichene Zeit mit der Uhr verglichen. Für die Synchronisation der Pendeluhren auf Weltzeit wurde vermutlich eine Kombination aus der Mondabstands- und der Jupi-termondverfinsterungsmethode angewandt. Jupiter stand allerdings am 9. Mai 1769 in Opposition, und geeignete Verfinsterungsereignisse waren deshalb erst etwa zwei oder drei Wochen später, also sehr knapp vor dem grossen Tag zu beobachten. Cooks Logbüchern ist für die zwei Wochen vor dem Venusdurchgang jedoch sehr schlechtes Wetter mit bedecktem Himmel und täglichen schwe-ren Regenschauern zu entnehmen. Der Gang der Uhren wurde sicherheitshalber sogar über das Er-eignis hinaus weiterverfolgt. Dazu bot sich auch die Beobachtung der totalen Mondfinsternis am Abend des 18. Juni 1769. Den Überlieferungen ist jedoch nicht zu entnehmen, ob Cook oder der Astronom Charles Green diese mit Erfolg beobachtete. Mit dem Quadranten wurde schliesslich auch die Ortszeit am Meridian von Point Venus gemessen.

Cook beschrieb das Observatoriumszelt im umfriedeten Fort Venus, in welchem er und Dr. So-lander den Astronomen Charles Green bei der Beobachtung des Venusdurchgangs unterstützten, wie folgt: «Die astronomische Uhr, hergestellt von Shelton und mit einem Gitterpendel ausgestattet, wurde in der Mitte der Seite eines grossen Zeltes aufgestellt, in einem eigens für diesen Zweck in Greenwich hergestellten Holzrahmen, fixiert und so tief im Boden versenkt wie die Türe des Uh-renkastens es zuliess... Das Pendel wurde exakt auf die gleiche Länge eingestellt wie in Green-wich... 12 Fuss entfernt stand das Observatorium, in welchem die journeyman Uhr [Pendeluhr, die im Sekundentakt schwang und laut tickte] und der astronomische Quadrant aufgestellt waren, letz-

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a 19 Minuten war das Spektakel mit der äusseren Ber

terer, von Mr. Bird hergestellt mit 1 Fuss Radius, stand auf einem grossen, im Boden fixierten und mit schwerem feuchten Sand gefüllten Fass... Die im Observatorium benützten Teleskope waren: Zwei Reflektoren von je 2 Fuss Brennweite, hergestellt vom verstorbenen Mr. James Short, von denen der eine mit einem Glasmikrometer ausgerüstet war...»

Für den Fall, dass Fort Venus am Tag des Venusdurchganges aus Witterungsgründen nicht für Beobachtungen benützbar sein sollte, wurden Ausweichmannschaften zur Beobachtung des Ereig-nisses an andere Orte geschickt. Leutnant Hicks, die Segelmeistersgesellen Charles Clerke und Ri-chard Pickersgill ruderten mit einem der Beiboote auf die kleine Insel Puaru im Osten (vermutlich das heutige Motu Puuru zwischen Mahaena und Hitiaa, ca. 23 km von Pointe Venus), Leutnant Go-re, Schreiber Herman Spöring, der Arzt Munkhouse, und Banks beobachteten von der Nachbarinsel Moorea aus.

Die dem Beobachtungstag vorhergehende Nacht liess befürchten, dass die Witterung sich un-günstig gestalten könne, an jenem Samstag, 3. Juni leuchtete aber die Sonne in hellstem Glanz. Die Beobachtung war für die Astronomen im höchsten Grade anstrengend, denn sie fiel in die Zeit der drückendsten Hitze. Das Thermometer zeigte trotz des südlichen Winters bis zu 48°C!

Die Aufregung musste gross gewesen sein, als um 9:25:42 Uhr (Cook's Angabe) die schwarze Venusscheibe den Sonnenrand berührte und sich langsam eine Scharte in den Sonnenkreis nagte. Wissenschaftler in anderen Erdteilen wollten schon jetzt einen Lichtsaum um den Planeten gesehen haben, der auf eine Lufthülle schliessen liess. Auch Cook selbst machte eine solche Andeutung: «Erst um 9 Uhr erkannten alle, die ihre Augen am Teleskop hatten, dass, wie immer das Wetter über dem Pazifik sein mochte, die Verhältnis auf der Oberfläche der 67 Mio. Meilen [?, diese rund 108 Mio. Kilometer hätten eher der Entfernung Sonne-Venus entsprochen] entfernten Venus nicht so gut waren, denn dort war der Planetenrand verdunkelt. Wir sahen sehr deutlich eine Atmosphäre oder dämmrigen Schatten um den Planetenkörper, welche die Kontaktzeit[messung]en besonders der beiden inneren sehr stark beeinträchtigten». 19 Minuten später stieg die Spannung, denn nun kam der entscheidende Moment der inneren Berührung, der genau gemessen werden musste (siehe Annex 3). Obwohl das Phänomen des sogenannten Lichtfadens, eigentlich eine schwarze Verbindungslinie zwischen der Venus und dem Sonnenrand, seit dem Venusdurchgang von 1761 bekannt war und erwartet wurde, gestaltete sich die Bestimmung des richtigen Zeitpunktes auch diesmal wieder schwierig und war von Zweifeln begleitet. Nachdem sich das schwarze Venus-scheibchen wie ein zähflüssiger schwarzer Tropfen vom Sonnenrand gelöst hatte (siehe Annex 4), wanderte es mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Eigendurchmesser in 13 Minuten über die Sonnenscheibe. Der Durchmesser des Planeten betrug knapp eine Bogenminute, also etwa einen Dreissigstel des scheinbaren Sonnendurchmessers. Die Venus nahm jedoch nicht Kurs auf die Sonnenmitte, sondern glitt entlang einer Sehne, die etwa einen Sechstel des Sonnendurchmessers vom äusseren Rand entfernt lag. Kurz nach der Mittagszeit war der Zeitpunkt des geringsten Abstandes zwischen Venus- und Sonnenmitte gekommen und damit die Hälfte der Sehnenstrecke zurückgelegt. Im Gegensatz zum Venusdurchgang von 1761 zog der Planet diesmal nördlich an der Sonnenmitte vorbei. Entgegen den Hoffnungen der Wissenschaftler war der Abstand jedoch mit knapp 10 Bogenminuten fast genau gleich gross wie acht Jahre zuvor. Um die Kreis-sehnenberechnung zu ermöglichen, musste dieser Abstand mittels Mikrometer gemessen werden. Von nun an näherte sich die Venus wieder langsam dem Sonnenrand, und etwa um 15:09 Uhr erfolgte die innere Berührung beim Austritt. Wieder erschwerte der trügerische Schwarztropfeneffekt die genaue Bestimmung des Berührungszeitpunktes. Das Scheibchen überschritt nun den Sonnenrand, und nach etw

ührung vorbei. Cook vermerkte zum 3. Juni 1769 in seinem Tagebuch: «Dieser Tag zeigte sich unserem Zweck so günstig, wie wir es nur wünschen konnten. Während des ganzen Tages war keine Wolke zu se-hen und die Luft war so klar, dass wir jeden Vorteil hatten, den wir uns nur wünschen konnten, um das gesamte Geschehen auf der Sonnenscheibe während des Vorüberziehens des Planeten Venus beobachten zu können. Sehr deutlich sahen wir eine Atmosphäre oder doch einen dunklen Schatten um den eigentlichen Planetenkörper, was einer genauen Bestimmung der Berührungszeiten mit dem

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Sonnenrand sehr hinderlich war, vor allem bei den beiden Messungen des Zeitpunktes für die inne-ren Berührungen. Die Herren Solander und Green stellten weitere, von mir und untereinander un-abhängige Beobachtungen an, und die Ergebnisse unterschieden sich bei der Bestimmung der Be-rührungszeiten weit mehr voneinander, als erwartet werden durfte.» Die Abweichung betrug 20 Sekunden!

Am Abend trafen alle Beobachterteams wieder im Fort Venus zusammen und feierten den Tag mit einem guten Mahl und stiessen auf den Erfolg des Unternehmens an.

Damit man sich ein Bild machen kann, in welchen Grössenordnungen sich die Messdaten ver-schiedener Beobachtungsorte zueinander verhielten, nachfolgend einige angenäherte Werte aus modernen PC-Programmen. In Tahiti betrug die Dauer des Vorüberzuges (innere Berührungen) etwa 5 Stunden und 28 Minuten. Von Hammerfest aus mass Jeremiah Dixon eine Dauer von etwa 5 Stunden und 51 Minuten, also eine rund 23 Minuten oder etwa 7 Prozent längere Transitzeit.

Cooks Weiterreise und Rückkehr nach England

Bevor Cook die Weiterreise antrat, wollte er den Gesamtumfang der Insel Tahiti bestimmen. Bei dieser Fahrt machte er mit den Häuptlingen der verschiedenen Distrikte Bekanntschaft und sammel-te reiche Erfahrungen über die Sitten und Gebräuche der Eingeborenen.

Am 13. Juli 1769 lichtete man Anker, und die Endeavour segelte nach Huahine, Raiatea und Bora Bora, die Cook alle zusammen mit Tahiti unter dem Namen «Gesellschaftsinseln» zu Ehren der Royal Society für England in Besitz nahm.

Priester Tupaia und sein junger Begleiter Taiata aus Tahiti reisten auf der Endeavour mit und leisteten besonders auf der Fahrt durch die polynesische Inselwelt gute Dolmetscherdienste. Tupaia gab Cook etwa 70 Inseln mit ungewisser Lage bekannt, von einem grossen Südkontinent wusste auch der tahitische Priester nichts. Schon auf Tahiti äusserte Cook die Vermutung, dass es keinen Südkontinent geben konnte, da eine starke Dünung aus Südwesten auf die Insel Tahiti traf.

Anfangs August 1769 verliess die Expedition die Gesellschaftsinseln endgültig und steuerte Richtung Süden auf der Suche nach dem legendären Südkontinent. Cook stiess seinen Instruktionen gehorchend bis zum 40. Breitengrad Süd vor. Auf der Endeavour schien das Südlandfieber während dieses Abschnitts der Fahrt weitverbreitet gewesen zu sein. Die Expedition fand aber kein Land, und der Seegang deutete auf keine grössere Landmasse in der Nähe hin. Das Ziel der Reise bildete jetzt jene Küste, die Abel Tasman 1642 von Westen her erreicht und Staaten Landt genannt hatte (Neuseeland). Tasman hatte einen Zusammenhang mit der gleichnamigen Insel östlich von Feuer-land nicht von vornherein ausschliessen wollen und seiner Neuentdeckung deshalb den gleichen Namen gegeben.

Am 6. Oktober 1769 kam Land in Sicht. Nach dem zwölfjährigen Schiffsjungen Nicolas Young, der aus dem Topp als erster die Küste gesichtet und gemeldet hatte, nannte Cook das Kap Young Nick's Head. Noch heute zeugen die originellen Ortsnamen auf beiden neuseeländischen Inseln vom Humor und vom Einfallsreichtum jenes Mannes aus Yorkshire. Bei der Landung und der Kon-taktnahme mit den Maori kam es dort am 10. Oktober nach einem versuchten Diebstahl eines Boo-tes zu Schüssen aus den englischen Gewehren. Tupaia verhandelte mit den Maori und wurde ver-standen! Die Maori gaben zu verstehen, dass sie keine Freunde der Eindringlinge seien. Die übli-chen Entdeckergeschenke - Glasperlen und eiserne Gerätschaften sowie Nägel - machten wenig Eindruck auf die Eingeborenen. Sie wollten vielmehr die Waffen der Weissen eintauschen. Ein Ma-ori entriss dem Astronomen Green sein Schwert und stürmte davon. Eine erste Schrottsalve verfehl-te ihre Wirkung. Die Engländer wurden mit Steinen beworfen, worauf erneut auf die Eingeborenen geschossen wurde, dabei mussten zwei oder drei von ihnen ihr Leben lassen. Cook bedauerte diese Zwischenfälle und schrieb ins Journal: «Mit nichts ist mein Verhalten zu rechtfertigen, habe ich

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doch die Leute in diesem Boot angegriffen und getötet, ohne dass sie mir die geringste Rechtferti-gung für ein solches Verhalten geliefert hätten...»

Cook nannte diese Bucht zunächst «Endeavour Bay». Da er in dieser Bucht weder ausreichend Wasser noch Brennholz fand, verliess er sie und gab ihr jetzt den Namen Poverty Bay (Bucht der Armut), den sie bis heute behalten hat.

Cook verliess am 11. Oktober die Hawke Bay Richtung Süden. Am südlichen Ende dieser Bucht versuchten Einheimische, einen Schiffsjungen der Endeavour zu entführen. Der Junge sass im Kanu der Maori, und Cooks Leute erschossen zwei oder drei der Eingeborenen, worauf der Junge über Bord springen und sich schwimmend auf die Endeavour retten konnte. Cook nannte den Ort des-halb Cape Kidnappers und setzte die Fahrt südwärts fort. Da das rauhe Südwinterwetter noch an-hielt, entschloss er sich am 17. Oktober zur Wende in der Nähe des Kaps, das er Cape Turnagain nannte, und segelte zuerst wieder nach Norden. Dies gab Cook die Gelegenheit, Hawke Bay zwei-mal und daher sehr genau zu kartografieren.

Vom 23.-29. Oktober 1769 bunkerte die Endeavour in der Tolaga Bay Holz und ausgezeichne-tes Wasser, und Daniel Solander sammelte Pflanzen. Die Eingeborenen zeigten hier ein freundli-cheres Entgegenkommen. Scharfsinnig vermutete Cook bereits beim Umfahren des Ostkaps der Nordinsel, dass dies der östlichste Punkt dieses Landes war und nannte es East Cape, obwohl er erst einen kleinen Teil seiner Küsten befahren hatte. Etwas später kam er an einer Bucht vorbei, die er nach seinem Offizier Zachariah Hicks Hicks Bay benannte. Als die Endeavour am 31. Oktober an einem Kap am östlichen Ende der Bay of Plenty vorbeifuhr, kamen dem Schiff fünf von Maori-Kriegern bemannte Kanus entgegen. Doch Cook, der zu diesem Zeitpunkt unter Deck sehr beschäf-tigt war und keine Zeit fand, sich mit den Eingeborenen abzugeben, befahl, im Fall von Auseinan-dersetzungen mit Schrott Warnschüsse über ihre Köpfe hinwegzufeuern. Zu Tode erschreckt pad-delten die Maori wie die Furien ans Land zurück, was Cook veranlasste, dieses Kap Cape Runaway zu nennen.

Am 10. November 1769 wurde in einer Bucht in der Nähe von Whitianga auf der Coromandel-Halbinsel bei einer Streitigkeit über einen Kleiderhandel wieder ein Maori erschossen, vermutlich eine höhere Persönlichkeit. Am gleichen Tag ereignete sich ein bedeutendes astronomisches Phä-nomen, das sogar von vereinzelten Wissenschaftlern auch schon für die Ermittlung der Sonnenpar-allaxe in Erwägung gezogen worden war. Vom Land aus beobachteten Cook und der Astronom Green einen Merkurdurchgang vor der Sonnenscheibe. Die genaue zeitliche Beobachtung dieses Vorgangs (ca. 07:30 bis 12:10 Uhr Lokalzeit) gestattete es vor allem, die geografische Länge des Beobachtungsortes zu bestimmen und dadurch eine Bezugsgrösse für weitere Anschlussmessungen während der Reise in die Hand zu bekommen. Cook nannte die Bucht deshalb Mercury Bay.

Am 15. November setzte die Endeavour ihren Weg nach Norden fort. In der Nähe von Tha-mes/Hauraki berichtete Cook am 21. November von riesengrossen Bäumen, von denen er mit einem Quadranten die Höhe mass. Sechs Tage später kam die Endeavour in der Bay of Islands an. Hier wurden drei Matrosen mit je zwölf Hieben bestraft, weil sie auf Maori-Land Kartoffeln ausgegra-ben hatten. Dieses Beispiel zeigt, wie korrekt und fair sich Cook den Eingeborenen gegenüber ver-hielt.

Mitte Dezember umsegelte Cook das Nordkap, dem Tasman den Namen Kap Maria van Diemen gegeben hatte. Beim Umfahren der Nordspitze Neuseelands herrschte schwerer Sturm, der bis Ende Dezember anhielt. Hier wäre es beinahe zu einem Zusammentreffen mit dem französischen Segler Saint Jean Baptiste unter Jean François de Surville gekommen, der mit seiner kränklichen Crew einen Landgang beabsichtigte. Die beiden Schiffe befanden sich am 16. Dezember nur etwa 50 Seemeilen weit auseinander. Von hier an südwärts gab es für Cook nichts Neues zu entdecken, denn Abel Tasman segelte über hundert Jahre vor ihm dieser Küste entlang, allerdings ohne ein einziges Mal an Land zu gehen.

Am 14. Januar 1770 umfuhr die Endeavour einen 2518 m hohen Vulkan, den Cook nach dem Ersten Lord der Admiralität Mount Egmont nannte. Kaum hatte man diesen hinter sich zurückgelas-sen, erkannte man, dass sich die Küste in einem weiten Bogen nach Osten zurückzog. Das Südende

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der riesigen Bucht schien durch mehrere kleine Landspitzen mehrfach geteilt. In einem dieser klei-nen Einschnitte, die Cook Ship Cove nannte, liess er am 17. Januar Anker werfen und das Schiff versorgen und ausbessern. Bei dieser Gelegenheit fragte er die Eingeborenen, ob sie jemals ein ähn-liches Fahrzeug wie die Endeavour gesehen hätten, überzeugte sich aber, dass man hier von Tas-man nicht das Geringste wusste. In einem Korb der Neuseeländer entdeckten die Engländer zwei abgenagte Menschenknochen. Die Maori gaben ohne Scheu die Antwort, dass sie ihre Feinde meist zu verzehren pflegten. In der Nähe fand Cook auch Gelegenheit einen Pah, ein mit Palisaden befes-tigtes Dorf zu besichtigen. Bei einem Ausflug bestieg Cook einen Hügel und konnte von diesem den ganzen Sund überblicken, den er Queen Charlotte Sound nannte. Er erkannte auch, dass das von ihm bisher umsegelte Land im Südosten endete und durch eine Meeresstrasse von einem südli-chen Land, auf dem er sich nun befand, getrennt war. Abel Tasman war diese Meerenge, die heute Cook-Strasse genannt wird, entgangen.

Auf der Insel Motuara nordöstlich von der Ship Cove hisste er den Union Jack (englische Flag-ge) und nahm das Land für die englische Krone in Besitz. Die Stelle war weniger als 50 Meilen von Tasmans Murderer's Bay entfernt, aber Cook konnte von den dortigen Eingeborenen keine Einzel-heiten zu den Zwischenfällen in Erfahrung bringen, die Tasman dort erlebte. Von einem alten Mann erfuhr er, dass Neuseeland aus zwei Inseln bestehe, die in wenigen Tagen umfahren werden könn-ten.

Am 6. Februar segelte er in die Cook-Strasse hinaus und erlitt an den Felsen The Brothers bei-nahe Schiffbruch, nachdem eine starke Strömung das Schiff erfasste und auf die Felsen zuzutreiben drohte. Selbst das sofort eingeleitete Ankermanöver hätte die Endeavour wohl kaum gerettet, hätte die Strömung nicht plötzlich die Richtung geändert.

Einige Offiziere glaubten noch immer an eine Landverbindung zum Südkontinent. Um den end-gültigen Beweis beizubringen, vollendete Cook am 9. Februar 1770 die Umrundung der Nordinsel bis Cape Turnagain. Es war nicht der Südkontinent, nicht die vielgerühmte Terra Australis Incogni-ta. Aber war es nicht möglich, dass diese Insel ein Vorgebirge jenes verheissungsvollen Kontinents darstellte? Was auch immer sich südlich des Queen Charlotte Sound finden mochte - in jedem Fall lag dort das nächste Tätigkeitsfeld für die Expedition.

Die Umschiffung der südlichen Insel Neuseelands erbrachte geografisch keine Sensation. Die seltenen Landgänge erklären die spärliche Berichterstattung in dieser Zeit. Die Vermessung wurde mit hinreichender Genauigkeit fortgesetzt, sooft wie irgend möglich durch Messungen von Lander-hebungen ergänzt. Der Ostküste entlang stiess er nach Süden vor, jedoch stark behindert durch zahl-reiche Unwetter, die ihn viermal aufs offene Meer hinaus zwangen. Dies bewirkte offenbar auch seine falsche Darstellung der Banks-Insel, die in Wirklichkeit eine Halbinsel ist. Vom Osten her drang er ein Stück weit in die Passage zwischen dem Südende der Südinsel und Stewart Island vor, erkannte aber die Inselnatur nicht und drehte vorzeitig um und nach Süden ab. Cooks Karte zeigt Stewart Island als Südkap der Südinsel, das er am 9. März 1770 umrundete. Die Endeavour stiess grosszügig über Stewart Island hinaus ins Unbekannte vor, um jedes Vorhandensein weiteren Lan-des in dieser Richtung einwandfrei auszuschliessen.

Etwa Mitte März steuerte die Endeavour nach Norden. Banks und diejenigen, die an die Exis-tenz des Südkontinents glaubten, gaben zu, dass Neuseeland nicht das gesuchte Land war.

An der Südwestflanke der Südinsel wünschte Banks in einen der schmalen, tiefen Fjorde einlau-fen zu können, um Naturforschung zu betreiben. Cook erkannte jedoch die Gefahren, die der Expe-dition durch den Westwind auflauerten, die beständig in diese Fjorde bliesen und ein Auslaufen ins offene Meer nahezu verunmöglichten. Seinen eigenen Logeinträgen entnahm Cook, dass ein geeig-neter Wind aus der Gegenrichtung nur etwa einmal im Monat wehte. Die Bucht schien ausserdem für Schiffswenden zu schmal und das Wasser zum Ankern zu tief. Die Auseinandersetzungen zwi-schen Banks und Cooks sollen zu einem dauerhaften Zwist beigetragen haben. Cook nannte die Bucht Doubtfull Harbour (heute Doubtful Sound) und segelte an ihr vorbei. Bei dem von Tasman entdeckten Kap Clyppygen Hoeck (Rocky Point) hatte Cook widrige Winde und nannte es deshalb Cape Foulwind.

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Cook lief nochmals in den sicheren Hafen Ship Cove im Queen Charlotte Sound ein, um sich auf die Weiterreise vorzubereiten. Folgende vier Optionen diskutierte er mit seinen Offizieren:

1) Südlich von Neuholland (Australien) nach Westen und ums Kap der Guten Hoffnung. Dies würde praktisch jede weitere Neuentdeckung ausschliessen, ausserdem erlaubte dies der Zu-stand des Schiffes nicht.

2) Nach Osten über den Pazifik und ums Kap Hoorn. Cook mag diese Variante bevorzugt ha-ben, weil sie ihm eine weitere Chance für die Südkontinentensuche gegeben hätte, doch der Südsommer neigte sich dem Ende zu und das Schiff hätte die stürmischen Verhältnisse in den Vierzigerbreiten nicht überstanden.

3) Auf dem direktesten Weg nach Ostindien, um die Endeavour zu versorgen und zu überholen 4) Nach Westen bis Neu Holland (Australien), dann nach Norden der Küste entlang und ir-

gendwie nach Ostindien. Eventuell etwas nach Osten, um die von Quirós entdeckten Inseln zu erreichen.

Die Offiziere entschieden sich einstimmig für die 4. Variante. Nach den Venusbeobachtungen auf Tahiti war mit der Umsegelung Neuseelands ein zweiter

wichtiger Programmpunkt erfüllt. Hinsichtlich der dritten Position seiner Aufgabenstellung konnte Cook bereits zu diesem Zeitpunkt folgende Aussage treffen: «Und was den Südkontinent betrifft, so kann ich nicht glauben, dass so etwas existiert.» Die hohen, polnahen Breiten nahm er von diesem Schluss allerdings ausdrücklich aus. Der Kapitän machte auch bereits hier Anspielungen auf eine mögliche Besiedlung Neuseelands durch Engländer und empfahl für diesen Zweck die Bay of Is-lands auf Nordland und Thames auf der Coromandel-Halbinsel. Widerstand seitens der Eingebore-nen befürchtete er kaum, denn er hielt die Maori für viel zu gespalten und zerstritten untereinander.

Cook schrieb in sein Schiffsjournal: «Nach dem Verlassen dieser Küste [Neuseeland] westwärts steuern, bis wir auf die Ostküste von Neu Holland [Australien] stossen, dann der Richtung dieses Ufers nordwärts folgen - oder wohin immer es sich wenden mag -, bis wir seinen nördlichsten Punkt erreichen. Sollte sich dies als unmöglich erweisen, sollte versucht werden, die Länder oder Inseln zu erreichen, die Quirós entdeckt hat.» Damit wurde ein Kurs festgelegt, der mit weit grös-serer Sicherheit Neues aufzufinden versprach als eine aus lauter Verzweiflung weitergeführte Jagd nach dem Südkontinent. In Erinnerung an diesen «verschwundenen» Kontinent wurde Neu Holland später in Australien umbenannt.

Bei klarem Wetter verliess die Endeavour am Nachmittag des 31. März 1770 bei Cape Farewell die Gestade Neuseelands. Cook wollte Van Diemen's Land (heute Tasmanien) erreichen, doch kam er in einem schweren Sturm vom Kurs ab und stiess am 19. April zu weit nördlich bei Cape Everard auf die australische Ostküste. Cook richtete seine Aufmerksamkeit sofort auf die in nördlicher Rich-tung fortlaufende Küste. Er begann sie von See her aufzunehmen. Bateman's Bay und Jervis Bay schienen ihm für eine Landung jedoch als zu wenig geschützt.

Am 28. April 1770 gelang eine Landung in der Bucht, die Cook zunächst Sting Ray Bay (Stech-rochenbucht), später aber wegen der artenreichen Pflanzenwelt Botany Bay nannte. Die Engländer trafen hier zwei Aboriginees, mit denen es jedoch zu keiner freundschaftlichen Einigung kam, sie warfen Steine auf die Eindringlinge und schleuderten Lanzen. Tupaia verstand die Sprache der Australier nicht mehr. Die Geschenke der Engländer rührten sie kaum an, und auch die Endeavour, die ihnen gigantisch vorkommen musste, weckte in ihnen nicht die geringste Neugier. Die Englän-der konnten sich keinen Reim darauf machen. Die Ureinwohner lebten hier in einer Art selbstge-nügsamer Einsamkeit. Trotz des Zusammenstosses konnte die Expedition hier endlich ihre Brenn-holz- und Trinkwasservorräte auffrischen. Auf den Rat von Joseph Banks hin entsandte die engli-sche Regierung siebzehn Jahre später die Erste Flotte mit Sträflingen und Siedlern nach Australien.

Am 6. Mai verliess Cook frühmorgens die Botany Bay und sichtete schon am Mittag eine grosse Bucht, die er Port Jackson nannte. Auf seiner Fahrt Richtung Norden benannte er Orte wie Stradbroke, Morton Island, Mor(e)ton Bay, Glass House Mountains, Double Island Point, Hervey

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Bay, Great Sandy Island (Fraser Island), die ausser der letztgenannten alle noch heute unter diesen Namen bekannt sind.

Am 23. Mai erfolgte ein weiterer Landgang in Bustard Bay (nach dem Vogel Trappe benannt). Die Eingeborenen hier waren scheu und liefen bei Annäherung davon. Zwei Tage später wurde der südliche Wendekreis überfahren bei Cape Capricorn.

Was nicht zu sehen war, und was Cook auch nicht ahnen konnte, war das Grosse Barriereriff, ein im Nordosten Australiens der Küste weit vorgelagertes heimtückisches Korallenhindernis ge-fährlichen Ausmasses. Cook wollte am 10. Juni 1770 die leichte Brise und das helle Mondlicht nut-zen und befahl die Weiterfahrt mit verminderter Segelfläche. Lotmessungen sprangen innert kürzes-ter Zeit von 14 auf 21, dann plötzlich auf 12, 10, ja sogar 8 Faden. Kurz vor 22 Uhr wurden dann doch wieder 20 Faden und mehr Wassertiefe gemessen. Es war ein Nachtsegelwetter wie es im Bu-che steht. Wenige Minuten vor elf Uhr dann die nächste Messung: 25 Faden, 17 Faden... und ehe der Mann am Lot erneut das Blei werfen konnte, gab es einen scharfen Ruck. Die Endeavour war auf ein Korallenriff aufgelaufen. Und das bei Flut! Nun wurde mit Booten ringsum die Tiefe gemes-sen. Cook liess Anker ausbringen, um das Schiff festzulegen und Beschädigungen soweit wie mög-lich auszuschliessen. Trotzdem war aus dem Kielraum ein schauriges Scharren zu hören. Alle Segel wurden geborgen, sechs Kanonen, aller Ballast ging über Bord, insgesamt etwa 50 Tonnen, aber alles half nichts. Glücklicherweise war die See ruhig, dennoch drang Wasser in den Kielraum. Drei Pumpen wurden unaufhörlich betätigt, jeder Mann an Bord kam eine Viertelstunde lang dran, auch die Gentlemen - es ging ums Überleben aller! Nach 23 bangen Stunden war die Bark wieder flott. Das Leck konnte mit einer Packung aus Wolle, Hanf und Schafsmist notdürftig abgedichtet werden.

Erst am 16. Juni 1770 konnte ein günstiger Landungsplatz gefunden werden, um die Reparatur auszuführen. Hier, im Mündungsgebiet des Endeavour River (Cooktown), wurde das Känguruh entdeckt, dessen Fleisch eine willkommene Abwechslung auf dem Speisezettel der Endeavour dar-stellte. Auch andere Arten der australischen Tierwelt wurden hier erstmals gezeichnet, präpariert und dokumentiert: Dingos, Flughunde, buntschillernde Vögel. In dieser Zwangspause beobachtete Cook zur möglichst exakten Bestimmung der geografischen Länge den Austritt des Jupitermondes Io aus dem Planetenschatten. Hier tauchten freundliche Aboriginees auf, doch auch sie zeigten nicht das geringste Interesse an den Gegenständen der Europäer.

Anfangs August konnte die Endeavour weiterfahren, allerdings kam sie in diesem Irrgarten von Riffen und Untiefen bei verkleinerter Segelfläche und widrigen Winden, mit zwei Booten voraus im Wasser, die unablässig die Tiefe loteten, nur äusserst schleppend voran. Endlich fand man einen Ausweg ins offene Meer hinaus. Es musste Cook in diesen Tagen zum Bewusstsein gekommen sein, dass es zu gefährlich ist, eine solche Reise ins Unbekannte mit nur einem einzigen Schiff an-zutreten (für seine zwei späteren Reisen erhielt er denn auch zwei Schiffe). Weil Cook nun vom Land wegsteuerte, konnte er dafür die Küste nicht mehr vermessen. Auf seinen Karten vermerkte er ab Endeavour Reef bis zum nördlichen Ende des Kontinents die Bezeichnung «Labyrinth».

Am 21. August 1770 sah er nach Westen freies Fahrwasser vor sich, hielt auf das nördlichste mit Neu Holland verbundene Land zu und nannte es zu Ehren des verstorbenen Duke of York Cape York. Er ankerte am Nachmittag vor einer kleinen Insel vor der Küste. Es gab nach Norden hin kein Festland mehr. Bei Sonnenuntergang nahm Cook mit einer letzten Flaggenhissung an dieser Küste den gesamten Landstrich bis auf 38°S, wo er von Neuseeland her zuerst auf das australische Ostufer gestossen war, für seinen König in Besitz und nannte ihn Neusüdwales. Der Name wird heute nur noch auf den südlicheren der beiden ostaustralischen Bundesstaaten angewandt, der nördliche er-hielt in der Zwischenzeit den Namen Queensland.

Cook realisierte, dass die Gewässer zwischen Australien und Batavia ausreichend kartografiert worden waren und stellte selbst keine Landvermessungen an: «An der Westseite Neu Hollands kann ich keine weiteren Entdeckungen machen; der Ruhm gebührt bereits den holländischen Seefah-rern.» Mit der Passage durch Endeavour Straits am 23. August war Cook eine weitere grosse navi-gatorische Tat gelungen. Am gleichen Tag notiert er ins Log: «Ich zweifle nicht daran, dass wir nun westlich der nördlichsten Extremität von Neu Holland waren, was mir die Befriedigung gab, ... zu

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beweisen, dass Neu Holland und Neu Guinea getrennte Landmassen sind.» Er steuerte nun nach Neu Guinea, dann westwärts und der Südküste von Java (Indonesien) entlang.

Der nun folgende Reiseabschnitt ist deutlich als Heimfahrt erkennbar, Cook musste jedoch in Batavia dringend eine umfassende Reparatur an der Endeavour vornehmen lassen. Am 1. Oktober kam Java in Sicht. Batavia - das heutige Jakarta, Drehscheibe des südostasiatischen Handels wurde am 10. Oktober erreicht. Gebaut nach dem Vorbild Amsterdams mit Grachten und Kanälen, galt die Stadt als die «Perle der östlichen Meere». Diese Wassergräben waren Brutstätten unzähliger Insek-ten und verbreiteten darüber hinaus einen fürchterlichen Gestank, denn in der tropischen Hitze faul-ten in ihrem stehenden Wasser Abfall und Unrat. Batavia war weithin gefürchtet wegen der dort grassierenden Tropenkrankheiten.

Als die Endeavour den Hafen erreichte, konnte Cook mit Recht stolz darauf sein, bisher keinen einzigen Mann durch Skorbut und andere Plagen längerer Seereisen verloren zu haben. Nun aber schlug das tropische Fieber zu: Unter den ersten Kranken waren Banks, Solander und der Schiffs-arzt Munkhouse und die beiden Polynesier. Der Arzt Munkhouse starb als erster, Tupaia und sein Diener folgten ihm bald ins Grab. Der 75-jährige Segelmacher Ravenhill schien ein wirksames Ge-genmittel gefunden zu haben: Cook schrieb über ihn, er sei während des ganzen Aufenthaltes in Batavia nie nüchtern genug gewesen, um von sich sagen zu können, er habe das Sumpffieber oder er habe es nicht. Während dem Aufenthalt in Batavia starben sieben von Cooks Leuten, holländi-sche Kapitäne wunderten sich hingegen, dass er nicht mindestens die Hälfte seiner Besatzung ver-lor.

Als man den Rumpf der Endeavour untersuchte, wunderte man sich, wie sich das Schiff noch hatte über Wasser halten können. Ein Grossteil der Verschalung war verlorengegangen, eine grosse Anzahl Planken waren entzwei, stellenweise fast ganz durchgescheuert und massen nicht mehr als 3 mm Dicke.

Um ein vorzeitiges Bekanntwerden der bisherigen Forschungsergebnisse zu verhindern, sam-melte Cook alle Tagebücher der Offiziere ein und verpflichtete jedermann zum Stillschweigen. Ausgerechnet einem holländischen Kapitän vertraute er aber eine Kopie seines Schiffstagebuches an, adressiert an die Admiralität in London, dazu Karten der Südsee, Neuseelands und Australiens, sowie Greens astronomischen Bericht über den zeitlichen Ablauf der Venuspassage.

Am 26. Dezember 1770 segelte das «Hospitalschiff» Endeavour, wie Cook es bezeichnete, von Batavia los. Nach einem Zwischenhalt auf der Insel Panaitan, wo erneut Früchte, Wasser und fri-sches Fleisch übernommen wurden, ging es hinaus auf den Indischen Ozean mit Kurs auf das Kap der Guten Hoffnung. Die Ruhr breitete sich aus, und zeitweilig reduzierte sich die Deckwache auf vier Mann. Glücklicherweise war das Wetter günstig und verlangte der Mannschaft nicht viel Kraft ab. Trotzdem verlor Cook auf diesem Reiseabschnitt 30 Mann, darunter den Astronomen Green und den Segelmacher Ravenhill, dem der Schnaps in Batavia offenbar nicht wirklich geholfen hatte, sowie den Zeichner Parkinson.

Etwa Anfang März soll Cook an der afrikanischen Küste ein schwerer Navigationsfehler unter-laufen sein, durch welchen das Schiff beinahe auf Grund lief. Am Kap der Guten Hoffnung ver-stärkte Cook seine Mannschaft durch portugiesische Seeleute. Über die Insel St. Helena erreichte die Endeavour England und warf am 12. Juli 1771 Anker in den Downs in der Themsemündung an der Küste von Kent.

Als die Aufzeichnungen des Astronomen Charles Green über die Venuspassage der Royal So-ciety übergeben wurden, erachtete man sie als ungeordnet und unvollständig. Der königliche Astro-nom Nevil Maskelyne kritisierte den verstorbenen Green in aller Öffentlichkeit, doch Cook vertei-digte den jungen Astronomen im Bewusstsein seines wertvollen Beitrags zur Navigation der En-deavour. Der breiten Öffentlichkeit stellte sich die Expedition vor allem als Erfolg des reisenden Naturforschers Joseph Banks dar. Von dessen Erfolgen berichteten die Zeitungen in grosser Auf-machung, von Entdeckungen, die ihm allein zugeschrieben wurden. Die Admiralität betraute den Journalisten John Hawkesworth mit dem Verfassen eines Reiseberichtes. Hawkesworth standen dafür die privaten Tagebücher aller Reiseteilnehmer, Cooks Schiffsjournal, das Logbuch sowie

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Banks' Aufzeichnungen zur Verfügung. Cook war darüber verärgert, dass ein Mann die Reise be-schreiben sollte, der sie gar nicht miterlebt hatte.

Obwohl es auch noch zum Bruch zwischen Banks und Cook kam, hatte sich der Earl of Sand-wich, eigentlich ein enger Freund von Banks, bereits durch eigene Anschauungen von der Tüchtig-keit Cooks überzeugt, sodass aus dem Zerwürfnis kein Anlass für ein Ende von Cooks Karriere wurde.

Auswertung von Cooks geografischen Erkundungen

Eigentlich war die Expedition insgesamt von mässigem Erfolg gekrönt, für damalige Verhältnis-se jedoch aufsehenerregend. Es war wohl das erste Mal, dass europäische Nationen Reisen solchen Ausmasses im Dienst der Astronomie durchgeführt haben.

Cook selbst umschrieb den Erfolg seiner Expedition mit den Worten: «..., dass Banks und So-lander eine grosse Anzahl wertvoller Entdeckungen machten und beladen mit dem grössten Schatz an naturwissenschaftlichem Wissen heimkehrten, der jemals allein von zwei Personen zum selben Zeitpunkt in ein einzelnes Land gebracht wurde.»

James Cooks Errungenschaften im Bereich der Erderkundung können ohne ein solides Ver-ständnis der Forschungsmethoden und des damaligen Standes der Wissenschaft nicht gebührend eingeschätzt werden. Cook erstattete nicht als Reisender, sondern als Wissenschaftler, als Geograf und als Ethnograf Bericht. Seine technische und naturwissenschaftliche Kompetenz unter extrems-ten Bedingungen wird an verschiedenen Stellen seiner Aufzeichnungen deutlich. Bedeutende Rech-nungsfehler, allgemein als das Unvermeidliche unter Navigatoren akzeptiert, wurden mit ihm zur Ausnahme.

• Er hat den Südkontinent nicht entdeckt, aber seine Nichtexistenz bewiesen • Er hat Tahiti nicht entdeckt, aber er war der Erste, der dieser Insel eine abgerundete Existenz

gab • Er hat Neuseeland nicht entdeckt, aber er hatte sie glänzend auf die wahren Dimensionen re-

duziert (im Gegensatz zu Tasman, der in diesem Land die andere Extremität eines mächtigen Südkontinents vermutete!)

• Er hat Neu Holland nicht entdeckt, aber er hat bewiesen, dass seine Ostküste kein Archipel war

• Er war der zweite, nicht der erste Kapitän, der zwischen Neu Holland und Neu Guinea hin-durch segelte, aber seine Tat hatte die Kraft und Wirkung einer neuen Entdeckung.

Mögen auch seine eigentlichen Neuentdeckungen im herkömmlichen Sinn eher dürftig ausgefal-len sein, so darf ihm eine bis dahin unerreichte Vermessungsarbeit zugesprochen werden, die sich in Kartenwerken offenbarte, welche zum Teil hundert Jahre lang im Gebrauch blieben. Obwohl ihn seine grossen Leistungen berühmt machten, blieb er stets bescheiden.

Mit der Nichtentdeckung des Südkontinents hat Cook auch einen würdigen Beitrag zum Zeit-geist der Aufklärung geleistet. Das Experiment und sein exaktes Ergebnis waren zur alleinigen Me-thode bei der Beantwortung schwieriger Fragen geworden - in der Geografie und in den Naturwis-senschaften. Man fragte nicht mehr: Was sagten die alten Griechen zu dieser oder jener Frage? Vielmehr hatte man seit Galilei und Newton gelernt, sich die Antworten in der Natur selbst zu ho-len.

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Dritter Teil Ergebnisse des Sonnenparallaxen-Experiments

Die Messdaten sämtlicher Expeditionen wurden weltweit veröffentlicht und ausgetauscht. Nur

die Verbindung mindestens zweier Beobachtungsorte liessen Rückschlüsse auf die Sonnenparallaxe und die Sonnenentfernung zu. Die Aufgabe der Berechnungen war gewaltig, die deutschen Resulta-te liessen 20 Jahre auf sich warten, die amerikanischen wurden gar nie veröffentlicht.

Ging der Traum der massstäblichen Erfassung der gegenständlichen Welt in Erfüllung? Trauri-gerweise lautet die Antwort wenigstens für das 18. Jahrhundert nein, obwohl die Neuberechnungen derselben Daten im Verlauf des folgenden Jahrhunderts die Ungewissheit beträchtlich eingrenzten. Der Erfolg des weltweiten, für damalige Begriffe gigantischen Experimentes wird jedoch von ver-schiedenen Quellen widersprüchlich gewertet. Von manchen wird das Unternehmen als Fehlschlag bezeichnet, mit der Begründung, dass die damaligen Instrumente nicht genau genug waren. Andere wiederum sprachen ihm gerade wegen der beschränkten Hilfsmittel einen beachtlichen Erfolg zu. Tatsächlich liessen die Resultate zu wünschen übrig. Als alle Ergebnisse der Parallaxenbestimmung zusammengekommen waren, lagen die höchsten und tiefsten um mehrere Prozent auseinander (sie-he Annexe 5 und 6). Dabei fällt auf, dass Thomas Hornsby, der sich für seine Berechnungen allein auf Halleys Methode der reinen Zeitdauer des Venustransits verlassen hatte, mit seinen 149.9 Mio. km (8.78") einen der besten Werte erzielte, obwohl er bei dieser Methode auf die Tahiti-Daten angewiesen war. Von diesen später oft in Zweifel gezogenen, da untereinander stark abweichenden Zeitwerte von Cook, Green und Solander hat Hornsby einfach den Durchschnitt ausgerechnet. Die frühen französischen Veröffentlichungen lassen erkennen, dass der Verlass auf die Delisle-Methode, bei welcher Kombinationen von Ein- und Austrittsdaten von verschiedenen Orten aus in die Berechnungen einfliessen, zu sehr grossen Abweichungen führten. Pingré beispielsweise revi-dierte seine ersten Berechnungen zweimal, und auch Lalande korrigierte seinen anfänglich zu ho-hen Wert (154.8 Mio. km bzw. 8.5") nach Einbezug der englischen Daten nach unten (152.5 Mio. km bzw. 8.63").

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Ob vor den Venusdurchgängen jemals eine Toleranz oder Zielsetzung genannt wurde, ist nicht ganz klar, vermutlich vertraute man voll und ganz auf die Zuverlässigkeit der angewandten Metho-den. Die hauptsächlichen Probleme, die zu den grossen Abweichungen führten, waren (ungefähr in der Reihenfolge ihrer Bedeutung):

1. Schwarztropfen-Effekt (black drop effect) (siehe Annex 4): Die Erscheinung ähnelte einem Tropfen einer zähen schwarzen Flüssigkeit, die sich nur langsam von einer Kante löst. Als Folge dieses Effektes erwies es sich als äusserst schwierig, den genauen Zeitpunkt der inne-ren Berührungen zu bestimmen. Obwohl man sich international auf ein bestimmtes Erschei-nungsbild für den zu messenden Zeitpunkt geeinigt hatte, wichen die Zeiten von Beobachter zu Beobachter am gleichen Ort bis zu 52 Sekunden voneinander ab.

Lange nahm man an, dass die Atmosphäre der Venus für die Erscheinung verantwortlich sei. Sie wirkt wie eine optische Linse hinterlässt und am Berührungspunkt einen schwarzen Fa-den, der sich mehrere Sekunden hält und dann «reisst». Neuere Studien weisen jedoch dar-auf hin, dass die Beugungserscheinungen im Fernrohr, bei Linsenfernrohren möglicherweise auch die chromatische Aberration (Zerlegung des Lichts in seine Farbanteile in der Linse und Vereinigung derselben in unterschiedlichen Brennebenen) Ursache des Phänomens war. In den historischen Überlieferungen wird meistens die Fernrohrlänge und nicht der Durchmesser angegeben. Jedoch muss, abgesehen von den bis zu 5.5 m langen Rohren von sehr kleinen Öffnungen und damit schwachen Auflösungsvermögen ausgegangen werden.

2. Qualität der Beobachtungsinstrumente (optische Güte, Lichtstreuung in der Optik, mangel-hafte Wirkung der Rauchglasfilter, dadurch Irradiation, d. h. Überstrahlung von den hellen Bildbereichen über die Konturen hinaus in die schwarzen Bereiche).

3. Die geografischen Längen der Beobachtungsorte waren nicht genau genug bekannt (Zusam-menhang mit ungenauer Weltzeit).

4. Peinlicherweise herrschte sogar einige Ungewissheit über den Unterschied der geografischen Länge zwischen London und Paris um bis zu 20 Zeitsekunden! Freilich benützten englische Expeditionen die Zeit am Londoner Meridian als Weltzeit, französische hingegen diejenige des Pariser Meridians. Dies schränkte die Verbindung englischer und französischer Messda-ten stark ein. Erst eine grossangelegte Vermessungsaktion zwischen den beiden Grossstädten in den 1780er Jahren vermochte die Ungenauigkeit auszuräumen.

5. Die damaligen Zeitsynchronisations-Methoden (Jupitermondverfinsterungen, Mondab-standsmessungen zu Fixsternen, etc.) genügten zwar für navigatorische Zwecke, jedoch kaum für dieses Experiment, bei dem ein Messfehler von 3 Zeitsekunden laut Halley etwa 1 % Ergebnisfehler verursachten.

6. Gleichlaufgenauigkeit der Uhren. 7. Astronomische Tafeln verschiedener Autoren wichen teilweise voneinander ab. 8. Atmosphärische Sichtbedingungen. 9. Atmosphärische Refraktion (Lichtbrechung in der Lufthülle der Erde) bei Beobachtungsor-

ten mit tiefem Sonnenstand. 10. Emotionalität und Zuverlässigkeit der Beobachter. Die nervliche Belastung beim Annähern

des kritischen Augenblicks war enorm, der grosse Moment erzeugte bei einigen Beobachtern Freudenausbrüche!

Der deutsche Astronom Johann Franz Encke (1791-1865) errechnete 1824 aus den Daten beider Venusdurchgänge des 18. Jahrhunderts eine Sonnenentfernung von 153.4 Mio. km (Sonnenparalla-xe von 8.5776"), und dieser Wert blieb in der Fachwelt über ein Vierteljahrhundert anerkannt. En-cke liess dabei verschiedene Beobachtungsorte ausser Betracht, deren Messdaten er für zuwenig zuverlässig hielt. So fiel auch Tahiti dem Ausschluss mit Enckes Bemerkung zum Opfer: «Die letz-teren Resultate, wenn Otaheite [Tahiti] ausgeschlossen wird, sind in allen Theilen sehr nahe mit den Werthen aus allen zusammen gleichlautend. ... Den grösstmöglichen Grad der Sicherheit für die Parallaxe würde man aus den vorhandenen Beobachtungen erhalten, wenn die Länge aller Punkte

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sicher bestimmt wäre, sodass die Zeit jedes Eintritts oder Austritts besonders zu einer Bedingungs-gleichung benutzt werden könnte.»

Die Naturwissenschaftler konnten nun mit neuem Selbstvertrauen ihre Aufmerksamkeit den Tie-fen des interstellaren Raums zuwenden und sich an die noch ehrgeizigere Aufgabe machen, die Ent-fernung zu den Sternen zu messen. Auf der Grundlage der nun als gefunden geglaubten astronomi-schen Einheit gelang Friedrich Willhelm Bessel, dem Astronomen der Sternwarte Königsberg, die erste Bestimmung einer Sternentfernung. Die Idee war jedoch nicht neu. Schon Nevil Maskelyne und Robert Waddington hätten 1761 auf ihrem Posten auf der Atlantikinsel St. Helena zur Beobach-tung der Venuspassage eine Sternparallaxenmessung durchführen wollen, aber der dazu mitge-brachte Zenitsektor wies eine Unzulänglichkeit auf. Allerdings bedurften diese viel weiter entfern-ten Himmelskörper einer wesentlich längeren Basislinie als die Venus. Bessel mass die Position des Sterns 61 Cygny im Abstand eines halben Jahres, also von zwei Punkten auf der Erdumlaufbahn um die Sonne, die 300 Millionen Kilometer (2 astronomische Einheiten) weit auseinanderlagen.

Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten der dänische Astronom Peter Andreas Hansen und der Franzose Urbain Leverrier völlig neuartige Methoden, um die astronomische Einheit zu messen. Mit seinen Beobachtungen in Paris kam Leverrier auf eine Sonnenentfernung von 147 Mio. km (8.95"). Sie benützten die Planetenbahnstörungen und die Bewegung von Sonne, Erde und Mond um den gemeinsamen Schwerpunkt als Grundlage. Diese Arbeiten liessen in der Fachwelt Zweifel an den Venusdurchgängen als Methode zur Bestimmung der Sonnenentfernung aufkommen.

Um die etwas in Verruf geratene Venus-Transit-Methode zu retten, rechnete Carl-Rudolf Po-walky in seiner Dissertation von 1864 die Sonnenparallaxe aufgrund der 1769er Daten neu aus und kam mit statistisch gewichteten Beobachtungsdaten sowie mit genauer ermittelten geografischen Koordinaten der verschiedenen Beobachtungsorte auf einen Wert von 148.5 Mio. km (8.86"). Bei Powalkys Berechnung erhielt Tahiti nur eine halbe Gewichtung.

Vermehrt wandte man sich jedoch von Venus und Mars ab und richtete sein Augenmerk auf Dutzende von Asteroiden (Planetoiden) und mass deren Parallaxe, wenn diese zuvor «nutzlosen» Felsbrocken nahe an der Erde vorbeitrieben. Trotz dieser neuen Stossrichtung wiederholten die Ast-ronomen des 19. Jahrhunderts mit weiter verfeinerten Messmethoden die Beobachtung der Venus-durchgänge von 1874 und 1882 und massen auch eine Parallaxe zum Mars, als er 1877 in Oppositi-on stand. Doch die Ergebnisse wichen - wenn auch nicht mehr so stark wie die des vorigen Jahr-hunderts - immer noch voneinander ab (siehe Annexe 5 und 6).

Obwohl Simon Newcomb seine Studie nach den Venusdurchgängen von 1874 und 1882 ausar-beitete, stützte auch er sich weitgehend auf die Daten des 18. Jahrhunderts und errechnete 1890 mit abermals verbesserten geografischen Positionsangaben der Beobachtungsplätze den bislang genau-esten Wert von 149.7 Mio. km (8.79"). Er verhalf damit den genialen Wissenschaftlern des Aufklä-rungszeitalters, die den grössten Teil ihres Lebens dieser einen Aufgabe gewidmet und sich auf ihren Expeditionen grossen Gefahren und Reisestrapazen ausgesetzt hatten, nachträglich zu grossen Ehren. Aber dennoch gerieten ihre Namen in der Geschichte der Astronomie nahezu vollständig in Vergessenheit.

Seit den Venusdurchgängen des 18. Jahrhunderts verging also mehr als ein Jahrhundert, ehe die astronomische Einheit mit einiger Zufriedenheit bestimmt war. Die Berechnungen setzten sich bis in unsere Zeit fort, um die Genauigkeit für besondere Vermessungszwecke zu erhöhen. Jedoch kann man sagen, dass für die Vorstellung der Dimension des Sonnensystems die Berechnungen des 18. Jahrhunderts durchaus genügten. Immerhin stand nun fest, dass das Sonnensystems allein fast hun-dertmal so gross ist, wie Ptolemäus das ganze Weltall schätzte.

Im Jahr 1898 entdeckte Gustav Witt den Planetoiden Eros, der sich der Erde gelegentlich auf rund 25 Mio. km nähert. Mit diesem Objekt wollte man Johann Gottfried Galles Vorschlag, für die Parallaxenmessungen statt Planeten die viel kleineren Planetoiden zu verwenden, schliesslich reali-sieren. Nicht weniger als 14 Observatorien in neun Ländern nahmen unter der Leitung des briti-schen Astronomen Harold Spencer Jones insgesamt sieben Monate lang Beobachtungen von Eros vor. Fast 3000 fotografische Aufnahmen zur exakten Positionsbestimmung von Eros wurden ge-

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macht. Abgeschlossen waren diese Arbeiten 1931. Zehn Jahre Rechenarbeit folgten, und 1941 konnte Jones den resultierenden neuen Wert für die mittlere Entfernung Sonne-Erde angeben: 149.6 Mio. km. Auf Jahrzehnte hinaus gilt dieser Wert als verbindlich.

Der Ausgang des gigantischen Venusdurchgangs-Experimentes muss im Zusammenhang mit den übrigen Errungenschaften des 18. Jahrhunderts angesehen werden, da sich verschiedene wis-senschaftliche Disziplinen gegenseitig ungeheuer anspornten und den Fortschritt beschleunigten. Ausserdem bewies die fortgesetzte Verbindung zwischen Regierungen und Akademien in verschie-denen Ländern die gegenseitige Abhängigkeit von Gesellschaft und Wissenschaft. Das Experiment zeigte auch, dass besondere Probleme nur mit internationaler Zusammenarbeit gelöst werden kön-nen und half mit, die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft zu fördern.

Erst mit Methoden des 20. Jahrhunderts wie Radar, Laser und Raumsonden liess sich die Son-nenentfernung noch genauer bestimmen.

Das Problem der Bestimmung der geografischen Länge

Seit dem Beginn des europäischen Zeitalters der grossen Entdeckungen um etwa 1400 vergin-gen über dreihundert Jahre, bis die ersten Anzeichen einer Lösung des Längenproblems in Sicht kamen. Der berühmte punto fijo, der sogenannte Fixpunkt oder wahre Schiffsort erhält man aus zwei sich schneidenden Linien; den Breiten- und Längengraden. Die Breitengrade liessen sich mit hinreichender Genauigkeit messen. Für die Bestimmung der geografischen Länge hingegen fehlten die erforderlichen Präzisionsuhren, und die Seefahrer waren auf reine sogenannte Koppelnavigation (dead reckoning) angewiesen. Dabei zeichneten sie den Reiseverlauf aus Kurs und Geschwindigkeit auf eine Seekarte ein, ohne dass sie ihn jemals durch eine zuverlässige Ortsbestimmung hätten überprüfen können. Das Koppeln führte über längere Zeit vor allem in der Länge zu einem stetig zunehmenden Fehler. Mit einer fehlenden Komponente der geografischen Ortsbestimmung waren enorme Gefahren für die Schiffahrt sowie grosse Einschränkungen bei der Landvermessung ver-bunden. Nur durch Bestimmung der Weltzeit unterwegs konnte das Problem gelöst werden. Die Länge liess sich unterwegs mit keinem anderen Mittel als der Zeitdifferenz zwischen dem «heimat-lichen» Meridian - z. B. London - und dem Meridian des Befindungsortes, dem Ortsmeridian, er-rechnen. Zwar liess sich letzterer mit einem Transitinstrument jederzeit mühelos bestimmen, doch über die Zeit am Bezugsmeridian im Ursprungsland schwebte man vollends im Ungewissen. Von den 1750er Jahren an setzte jedoch eine ungeheuer rasante Entwicklung in den Bereichen der Ast-ronomie und der Chronometrie ein, die innert weniger Jahrzehnte dieses Problem vom Tisch räum-te. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war die geografische Länge kein Thema mehr!

Wie wir bereits gesehen haben, liess sich der Ort eines Schiffes nur dann genau berechnen, wenn die Weltzeit exakt bekannt war. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts sahen sich die Seefahrer dem unüberwindbaren Problem des Zeit-«Transports» gegenüber, da es noch keine zuverlässigen Zeitmesser gab, welche genaue Zeit über weite Strecken und lange Zeiträume hinweg beibehalten konnten. Auch verfügte man auf der Erde noch über kein dichtes Netz von europäischen Niederlas-sungen, in denen Sternwarten ständig genaue Zeit bestimmten und den Seefahrern zur Verfügung stellen konnten. Der Fehler der damals üblichen Taschenuhren betrug oft mehrere Minuten am Tag. Pendeluhren waren zwar äusserst genau, vertrugen aber die Schiffsbewegungen nicht. Gefragt war also eine Zeitsynchronisationsmethode, die es erlaubte, wenigstens für eine augenblickliche Ortsbe-stimmung die Weltzeit in Erfahrung zu bringen. Etwa ab 1677 stand den Navigatoren die nachfol-gend beschriebene Jupitermond-Methode zur Verfügung, fast ein weiteres Jahrhundert verging aber, bis die Mondabstandsmethode zur Zeit- bzw. Ortsbestimmung ausgereift war.

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Die Beobachtung von Jupitermondverfinsterungen

Schon bald nach seiner Entdeckung der Jupitermonde 1610 realisierte Galileo Galilei, dass das Bewegungsspiel der Jupitermonde als eine Art Uhr dienen konnte, deren «Zifferblatt» von jedem beliebigen Punkt auf der Erde gesehen werden konnte. Zwei Jahre später machte der Franzose Ni-colas Claude Fabri de Peiresc in Aix-en-Provence erste Versuche mit Positionsbestimmungen, doch die langsame Bewegung der Monde lieferten keine zufriedenstellenden Resultate. Erst als Galilei im gleichen Jahr die erste Verfinsterung eines Jupitermondes im Planetenschatten beobachtete, war damit ein genügend genau definierter Zeitpunkt für die Synchronisierung von Zeitmessern gefun-den. Er arbeitete jahrelang an seinen Verfinsterungstabellen, aber publiziert wurden sie nie; Galilei musste an der Genauigkeit gezweifelt haben.

Galilei schlug diese Methode zuerst den Spaniern 1613 und später den Holländern vor, doch beide Nationen waren nicht begeistert davon. Sie war an Bord eines Schiffes ganz unnütz, denn jede Fernrohrvergrösserung, die die Jupitermonde aufzulösen vermochte, verstärkte gleichzeitig das Schaukeln des Schiffes so sehr, dass der Planet kaum im engen Gesichtsfeld bleiben konnte. Trotz-dem verliehen die Holländer Galilei für diese geniale Idee eine goldene Medaille mit Kette, aller-dings verbot ihm die Inquisition, diese anzunehmen!

Die ersten einigermassen genauen Tafeln über Jupitermondverfinsterungen wurden von Gio-vanni Domenico Cassini 1668 veröffentlicht. Doch auch sie wiesen eine leichte Ungenauigkeit auf, aus denen Olaeus Rømer 1676 die Erkenntnis ableitete, dass Licht nicht augenblicklich übertragen wird, sondern eine «Reisegeschwindigkeit» besitzt, was bei Vorausberechnungen für mehrere Jahre zu scheinbaren Rhythmusschwankungen in den Jupitermondumläufen führte. Er schätzte, dass das Licht von der Sonne bis zur Erde etwa 11 Minuten benötigt (tatsächlich ca. 8½ Minuten).

Obwohl die Überschreitung der Schattengrenze bei jedem Jupitersatelliten zwischen drei und zehn Minuten dauert, genügte das ziemlich augenblicklich erscheinende bzw. verschwindende Lichtpünktchen für eine Zeiterfassung. Schon die Tabellen entstanden empirisch, d. h. auf Beobach-tung mit zeitgenössischen Instrumenten beruhend. Das Beobachten der Jupitermondverfinsterungen erforderte auf jedenfall einige Übung und ausgezeichnete Sichtverhältnisse.

Diese Methode der Zeitbestimmung bot diverse Vorteile gegenüber der weiter unten beschrie-benen Mondabstandsmethode: Einerseits genügte in den meisten Fällen eine einzige gute Beobach-tung, andererseits war sie genauer und erforderte erst noch keinerlei Rechnereien. Überdies barg diese Methode keinen spürbaren Parallaxenfehler, da Jupiter weit genug von der Erde entfernt ist. Jeden Monat ereignen sich über dreissig solcher Verfinsterungen, von denen jedoch von einem be-stimmten Ort aus höchstens die Hälfte gesehen werden kann, während die übrigen stattfinden, wenn sich Jupiter unter dem Horizont befindet.

Allerdings hatte die Methode auch ihre Nachteile. Über das Jahr hinweg gibt es zwei längere Pausen, während welcher sie nicht angewendet werden kann. Steht nämlich der Planet Jupiter in Opposition, d. h. auf der von der Sonne abgekehrten Seite, so wird sein Schatten von der Erde aus gesehen exakt hinter ihm geradlinig in den Weltraum hinaus geworfen. Verfinsterungen der Jupi-termonde sind deshalb mehrere Tage vor und nach einer Opposition nicht beobachtbar. Erst wenn die Sonnenstrahlung wieder leicht seitlich auf den Jupiter fällt, tauchen die Monde schon vor Errei-chen der Planetenscheibe in dessen schräg abstehenden Schatten. Ebenso bleiben die Verfinsterun-gen je etwa einen Monat vor und nach einer Konjunktion mit der Sonne unbeobachtbar, d. h. wenn der Jupiter von der Erde aus gesehen hinter der Sonne durchläuft. Ein weiterer Nachteil der Jupi-termond-Methode bestand darin, dass die Beobachtung sehr starke teleskopische Vergrösserungen erforderte und deshalb nur von Land aus vorgenommen werden konnte. Die Methode erlangte daher in der Landvermessung eine grössere Bedeutung als in der Navigation.

Die Satelliten des Saturn und des Mars eigneten sich für diesen Zweck nicht, da die damaligen Teleskope sie kaum zu erfassen vermochten.

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Die Mondabstandsmethode

Schon Mitte des 17. Jahrhunderts versuchten Nicolas Claude Fabri de Peiresc und Pierre Gas-sendi, eine exakte Mondkarte zu erstellen, mit Hilfe derjenigen sie sich erhofften, die Zeitpunkte vorausberechnen zu können, an welchen die Schattengrenze ein bestimmtes Oberflächenmerkmal berühren würde. Die Methode ist scheinbar nie zum Einsatz gekommen. In England liess König Charles II im Jahr 1675 eigens für exaktere Mondbeobachtungen das Royal Observatory in Green-wich bauen und setzte als ersten königlichen Astronomen John Flamsteed ein. Sein Nachfolger, Edmond Halley, zeichnete ab 1721 einen 18-jährigen Mondzyklus auf, in der Hoffnung, eine Me-thode zur Längenbestimmung auf See mit Hilfe von Mondbeobachtungen zu finden. In Frankreich arbeitete Lacaille eifrig an der Entwicklung einer Mondmethode zur Bestimmung der Weltzeit. In England kamen erst 1767 mit dem British Nautical Almanac vom königlichen Astronomen Nevil Maskelyne (1732-1811) brauchbare Tabellen heraus, die in der Navigation Verwendung fanden und auf Berechnungen des Royal Observatory in Greenwich beruhten. Dank Halleys Ermutigungen ge-lang es John Harrison, eine Serie von vier Chronometern zu bauen, von denen der letzte (H4) see-tauglich war. Obwohl parallel zur Verfeinerung der Mondmethode die Chronometrie sprunghafte Fortschritte machte, zogen einige Kapitäne weiterhin die aufwendige Mondmethode vor, da sie sich damit die sündhaft teuren Chronometer sparen konnten.

Doch wie funktionierte denn überhaupt die Methode? Der Erdtrabant zieht in einer Geschwin-digkeit, die etwa seinem scheinbaren Durchmesser pro Stunde entspricht, am Fixsternenhimmel vorüber. Dabei kommt es ab und zu zu Sternbedeckungen durch den Mond, oder aber er wandert nahe an auffälligen Fixsternen vorbei. Der Winkelabstand zwischen Mond und einem hellen Stern (oder auch der Sonne) und der Zeitpunkt, zu welchem dieser Abstand erreicht wird, liessen sich genau vorausberechnen. Dabei musste man jedoch in Kauf nehmen, dass die sehr langsame Fortbe-wegung des Mondes vor dem Sternenhintergrund zu beträchtlichen Mess- bzw. Ergebnisfehlern führte, besonders wenn die Beobachtung von einem schwankenden Schiffsdeck aus vorgenommen wurde. Die Werte wurden in Intervallen von drei Stunden vorausberechnet und in Tabellen veröf-fentlicht. Monddistanzen zur Sonne wurden für etwa 15 Tage pro Monat angegeben (Winkelabstand 35-120°) und Monddistanzen zu jeweils zwei Fixsternen für die übrigen 14 Tage (je ein Stern öst-lich und westlich vom Mond). Dazu wurden immer die gleichen zehn Sterne der Grössenklassen 1 und 2 verwendet (einzige Ausnahme Beta Capricorni mit Grösse 3.3).

Unterwegs auf dem Schiff mussten in möglichst rascher Folge drei Winkel gemessen und mit einer Taschenuhr gestoppt werden; Horizont - Mond, Horizont - Fixstern (bzw. Sonne) und Mond - Fixstern (bzw. Sonne). Die beiden ersten dienten der Bestimmung der scheinbaren Ortszeit sowie einer ungefähren Ortsbestimmung, um dem Parallaxenfehler Rechnung zu tragen. Der dritte Winkel diente der eigentlichen Zeitmessung. Der Tabelle entnahm man die Weltzeit (z. B. Londoner oder Pariser Zeit). Die Methode erforderte einen Sextanten, eine gewöhnliche Taschenuhr für eine vorü-bergehende Zeitbewahrung, sowie äusserst aufwendige Mathematik. Varianten dieser Methode wa-ren die zeitliche Erfassung von Sternbedeckungen durch den Mond, Mondfinsternissen und auch die Messung des Stundenwinkels des Mondes beim Meridiandurchgang.

Die einzigen Vorteile der Mondabstandsmethode (lunar distance) bestanden darin, dass sie auf hoher See vom Schiff aus angewendet werden konnte und sich das ganze Jahr über mit Pausen von nur wenigen Tagen um Neumond anbot. Anfänglich stiess sie allerdings bei vielen Seeleuten wegen der äusserst aufwendigen Rechenarbeit und des ungewissen Ergebnisses auf Ablehnung. Anfangs der 1760er Jahre nahm allein die Rechenarbeit einer einzigen Ortsbestimmung mit dieser Methode nicht weniger als vier Stunden in Anspruch! Mit Hilfe von Nevil Maskelynes Requisite Tables, ei-nem Begleitbuch zu seinem British Nautical Almanac mit wertvollen Hilfstabellen, reduzierte sich die Arbeit ab 1767 auf etwa eine halbe Stunde. Die Schwierigkeit lag vor allem im Ausmerzen des Parallaxenfehlers, der sich aus den Blickrichtungen verschiedener Beobachtungsorte auf der Erde ergab. Dazu hätte ausgerechnet der Standort bekannt sein müssen, der als Endergebnis gesucht war. Ein Teufelskreis, der diese umständlichen Rechnereien zur Folge hatte! Dass sie trotz all dieser

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Widrigkeiten dennoch Anwendung fand, verdeutlicht, wie verzweifelt man sich bei der Lösung des Längenproblems an jedem dünnen Zweig festzuklammern versuchte. Entwickelt wurde die Mond-abstandsmethode fast gleichzeitig in Frankreich und in England, bisweilen sogar in enger und freundschaftlicher Zusammenarbeit zwischen diesen beiden anderweitig so zerstrittenen Nationen!

An Bord der Compte d'Argenson auf seiner Reise zur Ile Rodrigue im Indischen Ozean 1761 testete der französische Astronom Alexandre-Gui Pingré zusammen mit dem Kapitän Dufresne Ma-rion die Mondabstandsmethode. Der Kommandant hielt die Methode für den durchschnittlichen Marinekapitän für unzumutbar und sprach ihr eine Genauigkeit von bloss etwa 80 französischen Meilen (rund 400 km) zu, während Pingré behauptete, der wahren Position auf etwa 12 bis 15 Mei-len (60-70 km) nahezukommen.

Im gleichen Jahr unternahm auch Nevil Maskelyne, ein eifriger Förderer dieser Methode, auf dem Heimweg von St. Helena einen Versuch mit der Mondabstandsmethode. Und wie sein franzö-sischer Kollege lag er mit seiner Messung mit einem Fehler von 1½° wesentlich weniger neben dem tatsächlichen Wert als die Seeleute, die sich um bis zu 10° täuschten (rund 150 bzw. 1'000 km). Bei Annäherung an die Scilly Islands an der Südwestspitze Englands intensivierte Maskelyne seine Mondbeobachtungen und mass am gleichen Abend mehrere Winkelabstände zwischen Mond und verschiedenen Fixsternen und stellte befriedigt fest, dass die Ergebnisse untereinander erstaunlich konsistent ausfielen. Die Ortsbestimmungen stimmten auch von Tag zu Tag verblüffend gut mit der Koppelnavigation (Aufzeichnung des Reiseverlaufs mit Hilfe der Schiffsgeschwindigkeit und des Kurses) überein. Als die Scilly Islands in Sicht kamen, stellte Maskelyne eine weitere Mondbeo-bachtung an und bestimmte den Schiffsort auf 12 nautischen Meilen (22 km) genau, für damalige Verhältnisse ein sensationeller Erfolg!

Bis 1769 war die Methode soweit perfektioniert und für die Seeleute so sehr vereinfacht, dass sie selbst bei der Erstellung von Seekarten einige Bedeutung erlangte. James Cook notierte bei-spielsweise in sein Tagebuch, dass zur Kartografierung von Neuseeland mehrere hundert Mondbe-obachtungen notwendig waren.

Mit den bis etwa Mitte der 1770er Jahre erheblich verbesserten Marinechronometer liess sich die Mondabstandsmethode auch statistisch auswerten. War nach einem mehrmonatigen Reiseab-schnitt ein Zeitfehler zu befürchten, wurde die Uhr mit Mondbeobachtungen synchronisiert, wo-durch man eine der Jupitermondmethode ebenbürtige Präzision erzielte. Dabei wurde das Chrono-meter grob justiert, schliesslich die aus den Mondbeobachtungen gewonnenen Werte aufgezeichnet, die Abweichungen gegenüber der Uhr statistisch gemittelt, und schliesslich konnte das Chronome-ter um den errechneten Mittelwert justiert werden. Aus William Blighs Aufzeichnungen beispiels-weise geht kein Hinweis auf die Beobachtung von Jupitermonden hervor. Hingegen notierte er im Reisebericht der Bounty kurz vor seiner Abreise von Tahiti am 4. April 1789: «Der Durchschnitt von fünfzig Mondbeobachtungen, die ich vom Land aus angestellt habe, ergibt für Point Venus eine geografische Länge von...» (Blighs Position lag um lediglich 3 Bogenminuten bzw. knapp 3 See-meilen neben der heute bekannten!)

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Quellen und Literaturhinweise: Bücher, Magazine, Multimedia • The Transits of Venus, by Harry Woolf, Zentralbibliothek Zürich Z FS 5415 • The 1769 Transit of Venus, von Jean-Baptiste Chappe d'Auteroche, Vicente de Doz und Joaquín

Velázquez Cárdenas de León, herausgegeben von Doyce B. Nunis, jr., 1982. Zentralbibliothek Zürich, TR 3128 46

• Nevil Maskelyne - the seaman's astronomer, von Derek Howse, Cambridge University Press 1989. Zentralbibliothek Zürich, Z GS 4855

• American Scientist, Magazin Ausgabe März/April 1997, Transits, travels and tribulations (Part 1), by Donald Fernie, (CompuServe MAGDB Reference #A19263509)

• Kinder der Milchstrasse, von Timothy Ferris, deutsche Ausgabe erschienen im Birkhäuser Ver-lag 1989, ISBN 3-7643-2210-1, Pestalozzi-Bibliothek Ubl-FER

• Harenberg Schlüsseldaten Astronomie, von Felix R. Paturi, Harenberg Lexikon Verlag, 1996 • Uitikon - Weihnachtskurier 1994, AVZ, verschiedene Autoren • Discover, Magazin Ausgabe Jan. 1986, A Sage for all Seasons, by Colin Ronan and Mayo Mohs

(CompuServe MAGDB Reference #A4081549) • Dissertation von Powalky, Karl-Rudolf (1864), Zentralbibliothek Zürich Z IV 0343 ak • Entdeckungsfahrten im Pacific, von James Cook (Erdmann) Pestalozzi Bibliothek Cdn 2 COO • James Cook - Seemann - Entdecker - Naturforscher, Biografie von Otto Emersleben, Verlag

Neues Leben, Berlin 1989, ISBN 3-355-00814-1, Pestalozzi-Bibliothek Cx-COO • Wind und Sterne, von John Hooker, Peter Yeldham, Wolfram Ströle, Pestalozzi Bibliothek Zü-

rich, HOOK 74 • Endeavour-Broschüre (vom australischen Replica) • Fragile Paradise, von Glynn Christian, Hamish Hamilton London 1982 • Die grossen Seefahrer und Entdecker, von Jules Verne, 1974 Diogenes Verlag, 1976 Ex Libris • June 8, 2004 - Venus in Transit, von Eli Maor, 2000 Princeton University Press, New Jersey • Microsoft Encarta 94 Internet Sites James Cook • http://www.nmm.ac.uk/tm/index.html (National Maritime Museum, Greenwich) • http://www.asap.unimelb.edu.au/bsparcs/biogs/P000320b.htm (Uni Melbourne, James Cook) • http://pacific.vita.org/pacific/cook/cook1.htm • http://www.southsea.com/noframes/culture/history.html (History of the South Seas) • http://pc-78-120.udac.se:8001/WWW/Nautica/Medicine/Hutchinson(1794)a.html (On the Sea

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40

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41

Stichwortregister

A

Aboriginees · 27; 28 AE · Siehe astronomische Einheit Airy-Holme · 17 Alexandria · 3; 4 Amsterdam Insel (Tonga) · 14 Anaximander · 2 Aristarch von Samos · 3 Aristoteles · 3 Arnold, John · 8 Assuan · Siehe Syene Asteroiden · 32 Astrolabium · 7 Astronomia Nova (Kepler) · 5 astronomische Einheit · 2; 5; 6; 7; 8;

9; 10; 32; 33 Astronomische Tafeln · 32 Atmosphäre der Venus · 31 Atmosphärische Refraktion · 32 Aufklärungszeitalter · 6; 9; 10; 12;

18; 30; 33 Australien · 26; 27 Ayton · 17 Azimutkompass · 16

B

Baja California · Siehe Niederkalifornien

Banks, Joseph · 18; 23; 26; 27; 28; 29 Banks-Insel · 26 Banyan Days (Feigentage) · 21 Barometer · 16 Batavia · 28; 29 Bateman's Bay · 27 Bay of Good Success · 20 Bay of Islands · 25; 27 Bay of Plenty · 25 Bayley, William · 15 Beef Days (Fleischtage) · 21 Bencoolen · 13 Bengkulu · Siehe Bencoolen Benguelenstrom · 20 Berthoud, Ferdinand · 8 Berührung, äussere · 11; 15 Berührung, innere · 11; 15; 16; 23;

31 Bessel, Friedrich Willhelm · 32 Bevis, John · 14 Bewegungszentrum · 4; 5 Bezugsmeridian · 7 Bird, John · 22 Black Drop Effect

(Schwarztropfeneffekt) · 23; 31 Bligh, William · 37 Board of Longitude · 8 Bora Bora · 24

Botany Bay · 27 Bounty · 37 Bourbon · 14 Brahe, Tycho · 4; 6 Breitengrad · 33 British Nautical Almanac · 35 Bruno, Giordano · 4 Buchan, Alexander · 18 Bustard Bay · 27 Byzanz · 4

C

Cabo Francés · Siehe Cap Français Cambridge/Massachusetts · 16 Campbell, John · 17 Cap Français · 15 Cape Capricorn · 27 Cape Everard · 27 Cape Farewell · 27 Cape Foulwind · 26 Cape Kidnappers · 24 Cape Runaway · 25 Cape Turnagain · 24 Cape York · 28 Cassini, Giovanni Domenico · 9; 34 Cavan, Irland · 15 Cayenne · 9 Chappe d'Auteroche, Jean-Baptiste ·

13; 15 Charles II König · 35 China · 4 Christen · 4 Chronometer · 8; 19; 37 Chronometrie · 8; 34 Clerke, Charles · 18; 23 Collagen · 21 Cook, James · 8; 14; 15; 17; 18; 19;

21; 23; 24; 25; 28; 29; 31 Cook-Strasse · 25; 26 Cooktown · 28 Coromandel-Halbinsel · 25; 27 Crabtree, William · 10

D

Dalrymple, Alexander · 17; 18; 20 David-Insel · 7 de Doz, Vicente · 15 de Langara, Don Juan · 15 De Revolutionibus Orbium

Coelestium (Kopernikus) · 4 Dead Reckoning · Siehe

Koppelnavigation Delisle, Joseph-Nicolas · 11; 12; 31 Delisle-Methode · 12; 13; 15 Digby, Kenelm · 8 Dixon, Jeremiah · 13; 15 Dolland · 9

Dolphin HMS · 18; 22 Dominikanische Republik · Siehe

Santo Domingo Double Island Point · 27 Doubtful Sound · 26 Downs · 29 Dymond, Joseph · 15

E

Eagle HMS · 17 Earl of Pembroke · 19 Earnshaw, Thomas · 8 East Cape · 25 elliptische Bahnen · 5 Elongation · 4 Encke, Johann Franz · 32 Endeavour · 8; 9; 18; 19; 22; 26; 27;

28; 29 Endeavour Bay · Siehe Poverty Bay Endeavour River · 28 Epitome Astronomiae Copernicanae

(Kepler) · 5 equal altitude instrument · 16 Eratosthenes · 3 Erderkundung · 7; 30 Erdkarten · 7; 9 Erdrotation · 7; 9 Eros · 33 Erste Flotte · 27 Expeditionen 1761 · 13 Expeditionen 1769 · 15

F

Falklandstrom · 20 Feigentage (banyan days) · 21 Ferguson, James · 14 Fernrohr · 5; 20 Feuerland · 20; 24 Fishburn, Whitby · 19 Fixpunkt · 33 Fixsterne · 9 Flamsteed, John · 10; 35 Fleischtage (beef days) · 21 Fleurieu, Charles-Pierre Claret · 15 Fort Churchill · 15 Fort Venus · 22; 23 Fraser Island · Siehe Great Sandy

Island Frischnahrung · 21

G

Galilei, Galileo · 4; 5; 6; 30; 34 Galle, Johann Gottfried · 33 geografische Breite · 7

42

geografische Länge · 7; 8; 15; 16; 19; 20; 25; 31; 33; 34; 35

George III, König · 15 geringster Abstand Venus-

Sonnenmitte · 11; 15; 23 Gesellschaftsinseln · 24 Glass House Mountains · 27 Gleichlauf der Uhren · 22; 32 Gore, John · 18; 23 Great Sandy Island · 27 Green, Charles · 15; 18; 20; 22; 23;

24; 25; 29; 31 Greenwich · 7; 8; 22 Gregory, James · 10 Grog · 20 Grosse Australische Bucht · 14 Grosses Barriereriff · 27 Guyana · 9

H

H1 Chronometer · 8 H4 Chronometer · 8; 35 Halley, Edmond · 10; 11; 12; 32; 35 Halley-Methode · 10; 12; 13; 14; 15;

31 Hammerfest, Norwegen · 15 Hansen, Peter Andreas · 32 Harmonice Mundi (Kepler) · 5 Harrison, John · 8; 35 Hawke Bay · 24 Hawkesworth, John · 29 heliozentrisches Weltmodell · 3; 6 Hell, Maximilian · 13; 16 Hervey Bay · 27 Hicks Bay · 25 Hicks, Zachary · 18; 23; 25 Hipparch · 3; 7 Hirst, William · 13 Hornsby, Thomas · 14; 31 Horrocks, Jeremiah · 10 Huahine · 24 Hudson Bay · 15 Humboldtstrom · 20 Huygens, Christiaan · 6

I

IAU · 12 Ile de France (Mauritius) · 13 Ile Rodrigue · 13; 36 Indien · 13; 16 Indischer Ozean · 13; 16; 20; 29; 36 Indonesien · 28 Inklinationskompass · 16 Instrumente · 9; 16; 19; 31; 35 Instrumententechnik · 6; 9 Irland · 15 Irradiation · 31 Islam · 4

J

Jakarta · 28 Jakobsstab · 7 Java · 28 Jervis Bay · 27 Jesuiten · 6 Jones, Harold Spencer · 33 Journeyman Clock · 22 Jupiter · 34; 35 Jupitermonde · 5; 34 Jupitermondverfinsterungen · 9; 12;

20; 22; 28; 32; 34; 35 Jupitersatelliten · Siehe Jupitermonde

K

K1 Chronometer · 8 Kanada · 17 Känguruh · 28 Kap Clyppygen Hoeck · 26 Kap der Guten Hoffnung · 26; 29 Kap Hoorn · 20; 26 Kap Maria van Diemen · 25 Kapstadt · 13 Kendall, Larcum · 8 Kepler, Johannes · 4; 5; 6; 10 Ketzerei · 6 Kew · 15 Kolumbus · 4 Konjunktion · 10; 20; 35 Koordinatennetz · 7 Kopernikus, Nikolaus · 4; 6 Koppelnavigation (dead reckoning) ·

33; 36 Koran · 4 Körperpflege · 21 Kosmologie · 4; 5 Kraftbrühe (portable soup) · 21 Kreissehnenberechnung · 11; 23

L

La Paz · 16 Labyrinth · 28 Lacaille, Nicolas Louis · 12; 35 Lalande, Joseph-Jérome · 31 Landvermessung · 34; 35 Längengrad · 33 Le Gentil, Guillaume · 12; 13; 16 Le Maire Strasse · 20 Leverrier, Urbain · 32 Lichtfaden · 23 Liesganig, Joseph · 13 Lind, James · 21 Louis XIV · 9 Lunar distance · Siehe

Mondabstandsmethode

M

MacBride, David · 21

Madeira · 20 Madras · 13 Magellan · 4 Magellan-Strasse · 20 Mahé/Malabar · 13 Malabar-Küste · 13 Malzextrakt · 21 Manila · 16 Maori · 24; 25; 27 Marco Polo · 4 Marion, Dufresne · 36 Marquesas-Inseln · 14 Mars · 5; 6; 9; 10; 32; 35 Mars-Parallaxe · 9; 33 Maskelyne, Nevil · 8; 13; 19; 29; 32;

35; 36 Mason, Charles · 13; 15 Mauritius · Siehe Ile de France Mendoza-Inseln · Siehe Marquesas-

Inseln Mercury Bay · 25 Meridian · 34 Merkurdurchgang · 10; 12; 25 Merkur-Parallaxe · 10 Mexiko · Siehe Neu Spanien Mikrometer · 6; 11; 16; 23 Mikrometrie · 6; 11; 13 Milchstrasse · 5 Mittelmeer · 7 Molyneux, Robert · 18 Mondabstandsmethode · 12; 20; 22;

32; 34; 35; 36 Mondfinsternis · 3; 22; 36 Mondgebirge · 5 Mondkrater · 5 Moorea · 23 Morton Bay · 27 Morton Island · 27 Moslems · 4 Motuara · 25 Mount Egmont · 25 Munkhouse, William · 18; 23; 28 Murderer's Bay · 25

N

Nautical Almanac · 35 Navigation · 14; 32; 33; 35 Neu Guinea · 28; 30 Neu Holland · 26; 27; 28; 30 Neu Spanien · 14; 16 Neue Hebriden · 7 Neufundland · 13; 17 Neuseeland · 7; 19; 24; 26; 27; 30; 37 Neusüdwales · 28 Newcomb, Simon · 33 Newton, Isaac · 5; 6; 12; 30 Niederkalifornien · 14; 15; 16; 17 Nordkap, Norwegen · 15

O

Oberea · 22 Observatoriumszelt · 22

43

Oktant · 7 Olaeus Rømer · 34 Old Deer Park · 15 Opposition · 9; 22; 33; 35 Ortsbestimmung · 7; 33; 34; 36 Ortsmeridian · 7; 22; 34 Ortungssystem · 7 Osterinsel · 7 Ostindien · 26 Otaheite · Siehe Tahiti Ozeanien · 7

P

Pah · 25 Panaitan · 29 Parallaxen · 9 Parallaxenfehler · 11; 35; 36 Parallaxenmessung · 3; 9; 10; 31; 32;

33 Parallaxenmethode · 6; 9; 10 Parallaxenwinkel · 9 Parkinson, Sydney · 18; 29 Passage · 10 Pazifik · 14; 17; 26 Peiresc, Nicolas Claude Fabri de · 34;

35 Pembroke HMS · 17 Pendeluhr · 6; 7; 16; 22 Phasen der Venus · 5 Philippinen · 16 Philosophical Transactions · 11 Picard, Jean · 9; 10 Pickersgill, Richard · 18; 23 Pingré, Alexandre-Gui · 13; 14; 15;

31; 36 Planeten · 8; 9 Planetenbewegungen · 6; 9 Planetendurchgänge · 12 Planetenentfernung · 5 Planetengesetze (Kepler) · 5 Planetoiden · 32; 33 Plymouth · 20 Point Venus · 22; 37 Pökelfleisch · 20; 21 Polo, Marco · 4 Pondichery · 13; 16 Port Jackson · 27 Portable Soup · Siehe Kraftbrühe Poseidonios · 3 Poverty Bay · 24 Powalky, Carl-Rudolf · 32 Powder of Sympathy · 8 Providence/Pennsylvania · 16 Ptolemäus · 3; 4; 5; 33 Punto Fijo · 33

Q

Quadrant · 6; 7; 9; 16; 22; 25 Quebec · 17 Queen Charlotte Sund · 25; 26 Queensland · 28 Quirós · 26; 27

R

Raiatea · 24 Rauchglasfilter · 16; 31 Ravenhill · 28; 29 Reflektor · 23 Renaissance · 4 Richer, Jean · 9 Richmond · 15 Rio de Janeiro · 20 Rocky Point · Siehe Clyppygen

Hoeck Römer · 3 Rotterdam Insel (Tonga) · 14 Royal Navy · 17; 20 Royal Observatory Greenwich · 18;

35 Royal Society · 11; 13; 15; 17; 18;

24; 29 Rückläufigkeit · 4 Rudolphinische Tafeln (Kepler) · 10

S

Saint Helena · 10; 13; 29; 32; 36 Saint Johns · 13 Saint Peter Island · 14 Saint Paul Insel · 7 Sajnovics, Jànos · 16 Salomon-Inseln · 7 Samoa · 7 San José, Niederkalifornien · 15 Sanderson · 17 Sandwich, Earl of · 29 Santo Domingo · 15 Saturn · 35 Sauerkraut · 21 Scharbock · Siehe Skorbut Schiffszwieback · 20; 21 Schouten, Willem Cornelis · 20 Schwarztropfen-Effekt (black drop

effect) · 23; 31 Scilly Islands · 7; 36 Sextant · 7; 36 Shelton · 15; 22 Ship Cove · 25; 26 Short, James · 14; 15; 23 Shovell, Cloudisly · 7 Siebenjähriger Krieg · 12 Skorbut · 21; 28 Solander, Daniel · 15; 18; 22; 23; 24;

28; 29; 31 Sonnenflecken · 5 Sonnenkönig · Siehe Louis XIV Sonnenparallaxe · 5; 7; 10; 12; 14;

15; 16; 25; 29; 31; 32 Sonnensystem · 5; 6; 8; 10; 33 Spöring, Herman Diedrich · 18; 23 Staaten Landt · 24 Siehe Neuseeland Staithes · 17 Sternbedeckung durch Mond · 35; 36 Sternparallaxe · 32 Stewart Island · 26 Sting Ray Bay · 27 Siehe Botany

Bay

Stradbroke · 27 Südkontinent · 7; 17; 18; 19; 20; 24;

26; 27; 30 Südsee · 14; 15; 17; 29 Sumatra · 13 Surville, Jean François · 25 Syene (Assuan) · 3

T

Tahiti · 7; 18; 22; 24; 30; 32 Taiata · 24 Taschenuhr · 7; 36 Tasman, Abel · 19; 24; 25; 26 Tasmanien · Siehe Van Diemen's

Land Teleskop · 9; 11; 15; 16; 22; 35 teleskopische Visiere · 6 Terra Australis Incognita · 7; 26 Thames · 25; 27 Thermometer · 16 Tobolsk · 13 Tolaga Bay · 24 Tonga · 7; 14 Transit Committee · 17 Transitinstrument · 7; 9; 34 Trébuchet · 12 Trépied Insel · 7 Tupaia · 24; 27; 28 Tycho Brahe · Siehe Brahe, Tycho

U

Ueberstrahlung · 31 Umlaufszeit · 5

V

Valparaiso · 7 Van Diemen's Land (Tasmanien) · 27 Vanuatu · 7 Vardø · 16 Velázquez de León, Joaquín · 16 Venus · 5; 9; 10; 32 Venusdurchgang · 10; 11; 12; 13; 17;

22; 29; 31; 32; 33 Venusdurchgang von 1761 · 11; 23 Venusdurchgang von 1769 · 14; 15;

22 Venusdurchgänge von 1874 und

1882 · 33 Venuspassage · Siehe

Venusdurchgang Verfinsterungstabellen · 34 Visiere · 6 Vitamin C · 21 Vulliamy, Benjamin · 15

W

Waddington, Robert · 13; 32 wahrer Schiffsort · 33

44

Wales, William · 15 Walker, John und Henry · 17 Wallis, Samuel · 18; 22 Weltbild, aristotelisches · 5 Weltbild, kopernikanisches · 5 Weltzeit · 12; 16; 19; 22; 31; 34; 36 West, Benjamin · 16 Whitby · 17; 19 Whitby Cat/Collier · 19 Whitianga · 25 Winkelmesser · 7 Winthrop, John · 13; 16

Witt, Gustav · 33

Y

Young Nick's Head · 24 Young, Nicolas · 24

Z

Zahlenmystik · 2 Zeitalter der grossen Entdeckungen ·

7; 33 Zeitbestimmung · 6; 34 Zeitmessung · 7 Zeitsynchronisation · 5; 9; 22; 32; 34;

37 Zitronensaft · 21 Zitrusfrüchte · 21