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CHECKT FÜR DETAILS DIE HOMEPAGES:http://bielefeld.fau.org/

http://aforumowl.blogsport.de/

Gewerkschaftliche Beratung und Café

Jeden Montag von 16.00 - 18.00 Uhr

Offenes Treffen des Allgemeinen Syndikats der

FAU BielefeldMontags in den ungeraden Kalenderwochen

18:30 Uhr

Treffen des ANARCHISTISCHEN FORUMs OWL

Jeden Mittwoch 18 Uhr

ANARCHISTISCHE KLASSIKER*INNENAm zweiten Mittwoch des Monats 19:30 Uhr

KÜCHE FÜR ALLEAm ersten Mittwoch des Monats 19:30 Uhr

LIBERTÄRER LESEKREISJeden ersten und dritten Freitag des Monats 19 Uhr

REGELMÄSSIGE TERMINE IM FAU-LOKALFAU-LOKAL

SCHWARZER FREITAGAm letzten Freitag des Monats 20 Uhr

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INHALT

Die conⒶction ist ein libertäres Magazin aus dem Raum OWL.Ziel dieser Publikation ist es, anarchistische Sichtweisen auf lokale

- und darüber hinausgehende - Ereignisse zu liefern.Ein weiteres Ziel ist es, das vorherrschende Bild vom Anarchismus zu widerlegen

und aufzuzeigen, dass es Alternativen zum jetzigen System gibt,die sich nicht darin erschöpfen auf eine starke Hand zu hoffen oder Teil einer

wie immer gearteten Heilslehre zu sein. Nein, die Befreiung unserer Gesellschaft besteht darin, sich jeder Knechtschaft zu verweigern.

Die Herrschaft eines Führers oder einer Elite ist die Negation von Freiheit, die Befreiung der Menschheit kann nur von unten erfolgen.

Freie Menschen in freien Vereinbarungen - dafür steht die conⒶction.Wenn du Teil dieser Idee sein möchtest melde dich bei:

[email protected] dieser Adresse kannst du dich auf den Verteiler der ABOLISTE setzen lassen,

die Treffen der Redaxion erfragen und alles Weitere.....

Trumps „America First“ in der Handelspolitik 4

Autoritärer Kommunismus 12

Die autoritäre Arbeiterbewegung 14

Warum ich gegen den Kapitalismus bin 20

Die Produktion des reinsten Tauschwertes 22

Parteisozialismus, Syndikalismus oder Anarchismus? 24

AFOWL: Warum haben wir uns föderiert? 30

Individual-Anarchismus 32

Schulkritik 34

Das FAU – Lokal 36

Liebe Freunde_innen und Genossen_innen,

wie Ihr sicher bemerkt habt, gab es die conⒶction Nr. 11 nicht als Printausgabe. Dieses Versäumnis wollen wir nicht wiederholen und Ihr findet die conⒶction Nr. 12

deshalb wie gewohnt gedruckt in verschiedenen sozialen Zentren.

In dieser Ausgabe findet Ihr Texte zur autoritären Arbeiter*innenbewegung, zum autoritären Kommunismus,zur Kapitalismuskritik, zur Kritik an Trumps Wirtschaftspolitik, zur Schulkritik und schließlich

zur anarchosyndikalistischen Bewegung in Deutschland. Daneben gibt es schöne, autoritätskritische Gedichte und einige

Hinweise zum Anarchismus vor Ort.

PS: Der Text „Killing System“ in Ausgabe Nr. 10 war nicht von Alex.

Damit die conⒶction interessante Inhalte verbreiten kann, wäre es schön, wenn Ihr Euch an dem Projekt beteiligt.

Lest, unterstützt und verbreitet die conⒶction! Wir können auch für die Finanzierung der Miete des FAU-Lokals in der Metzer Straße 20 in Bielefeld Eure Unterstützung gebrauchen.

Mit anarchistischen Grüßen, Eure

conⒶction-Redaktion

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Bereits währenddes Wahlkampfssorgte DonaldTrump, inzwischender neue Präsidentder USA, mit sei-nen Auslassungenzur US-Handels-politik für Aufse-hen. Sowohl seineGegnerschaft zum

Trans-Pacific Part-nership (TPP) (1) als

auch seine Pläne zurNeuverhandlung des

North American Free TradeAgreements (NAFTA) mitKanada und Mexikohaben weltweit für Aufre-gung gesorgt. Dazu kamseine Ankündigung,dass die USA aus derWelthandelsorganisa-tion (WTO) austrete,würde die Organisa-tion seine Handels-politik (vor allemseine Pläne fürZölle gegenüberMexiko) gefähr-den. (2)

Sollte derleiwährend sei-ner Amtszeitzur Realitätwerden,

wäredies einBruch

mit der bisherigen US-Handelspolitik nach dem ZweitenWeltkrieg. Allerdings muss sich erst noch zeigen, ob seineRegierung diese Vorschläge tatsächlich umsetzen wird. Bis-lang hat Trump keine umfassende handelspolitische Strategievorgelegt, die Nominierung seiner Kabinettsmitglieder fürHandelsfragen ist gerade erst abgeschlossen und zu so wich-tigen handelspolitischen Themen wie TTIP hat Trump nochkeine detaillierten Positionen vorgelegt. Im Folgenden sollnicht über die konkrete Handelspolitik Trumps spekuliert wer-den. Vielmehr soll anhand des bislang Gesagten geklärtwerden, warum trotz des deutlichen Richtungswechsels zurHandelspolitik seiner Vorgänger eine große Gemeinsamkeitbleibt: das Ziel, die nationale Reichtumsproduktion zu unter-stützen. Zweitens wird erklärt, in welcher Hinsicht Trump tat-sächlich von der bisherigen US-Handelspolitik abweicht undwelcher Standpunkt dahinter steckt.

Ein und derselbe Zweck wie eh und je

Für Trump ist klar: Schuld an den aktuellen wirtschaftlichenProblemen der USA sind erstens ausländische Staaten undihre Kapitale und zweitens die bisherigen US-Regierungen.Dem Ausland wirft Trump „foreign trade cheating“ (3) vor:Staaten würden dafür sorgen, dass sich ihre Kapitale keinemfairen Wettbewerb mit den USA und ihren Kapitalen stellenmüssen. Zu den von Trump angeprangerten unlauteren Mit-teln gehören u.a. staatliche Subventionen, Importquoten fürUS-Produkte in Japan und „Währungsmanipulation“ inChina. All das sind staatliche Schutzmechanismen für das jeweiligeheimische Kapital, die von der WTO bekämpft werden undbereits Gegenstand von Streitigkeiten zwischen den USA undanderen Staaten waren. Auch bisherige US-Regierungenhaben diese Schutzinstrumente mit negativen Auswirkungenauf US-amerikanische Kapitale kritisiert. So haben die USAauch in der Vergangenheit bereits mit Strafzöllen und ande-ren Importregelungen reagiert und offensiv – in Worten undTaten – ihr Interesse am amerikanischen Erfolg über das„gute Funktionieren der Weltwirtschaft“ insgesamt gestellt.

Trumps„America

First“in der Handelspolitik

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(4) Jedoch wurde in der politischen Kalkulation bislang soentschieden, dass die Politik anderer Staaten kritisiert undgemäß der eigenen Güterabwägung mit Drohungen undVersprechen konfrontiert wurde (z.T. auch weil solche Maß-nahmen indirekt und an anderer Stelle auch mal dem US-Interesse mal dienen können). Als Verhandlungsmassewurden sie im ständigen Gegeneinander genutzt, um imGegenzug Zugeständnisse von anderen Staaten zu erhal-ten. Trump wirft nun denjenigen „'Handelspartnern“ eineunfaire Handelspolitik vor, über deren Erfolg er unzufriedenist, wenn er sie im Verhältnis zu unzureichenden US-Erfol-gen betrachtet (z.B. Arbeits-platzabbau in den USA,Handels- und Leistungsbi-lanzüberschüsse exportstar-ker Nationen): Das könnenicht mit rechten Dingen zu-gegangen sein, die betriebeneigentlich keinen richtigenFreihandel; richtiger Freihan-del würde US-Kapitalen zurDurchsetzung verhelfen. Alsohätten sie „unfair“ gehan-delt. Trump denkt vom Resul-tat mangelnderKonkurrenzerfolge her. So kommt er auf Konkurrenten, diediesen Erfolg verhindert hätten – aber nicht, weil sie überle-gen gewesen wären, sondern weil sie unlautere Konkur-renzmethoden angewendet hätten. Daran wird deutlich,dass der Erfolg der USA für Trump keine Frage der Konkur-renz ist (möge der Bessere gewinnen), sondern ein nationa-les Recht. (5) Die USA sind für US-Nationalist*innen ebenvon vornherein “besser”, ihnen steht der Erfolg darum alsRecht zu, und wenn es mit rechten Dingen zuginge, würdeer sich auch einstellen.Darüber hinaus hätten es Trumps Vorgänger seiner Mei-nung nach versäumt, in derlei internationalen Handelsge-sprächen mit aller Macht auf US-Interessen zu pochen unddiese auch durchzusetzen. Sie seien an ihrer Aufgabe ge-scheitert, die USA als starke und unnachgiebige Nation zurepräsentieren. Hätten sie das getan, wären solche Zuge-ständnisse auch nicht notwendig gewesen. Analog zumeben angesprochenen Recht der USA auf Erfolg machtTrump an den Erfolgen anderer Staaten folgendes fest: Diehätten sich durchgesetzt, was aber nur sein könne, weil US-Regierungen durchsetzungsschwach gewesen seien, durchihre Politik Amerika schwach gemacht hätten und sie sichhätten ausnutzen lassen (was sich ja am Erfolg der anderenNationen zeige) – nicht für die anderen, sondern für Ame-rika gehöre Politik gemacht. Diese Kritik an den Vorgängerregierungen ist sachlich (wie

alle WTO-Runden und die Bedingungen von Freihandels-abkommen wie NAFTA oder die Verhandlungen zu TPPund TTIP zeigen) Quatsch. Der 45. Präsident kündigt nunaber etliche Güterabwägungen der vorherigen Regierun-gen auf – oder droht damit, um Zugeständnisse durchzu-setzen. So macht Trump deutlich, dass er rücksichtsloser alsseine Vorgänger auf US-Handelspartner zugehen wird. Erist der Meinung, dass die USA dank ihrer Stärke keineKompromisse eingehen bräuchten und internationale Ver-träge ganz in ihrem eigenem Interesse abschließen kön-nen. Denn seiner Ansicht nach sei das bisher nicht so

geschehen, und so seien dieaktuellen Probleme der US-Wirtschaft überhaupt erstverursacht worden: „Americabecame the world’s dominanteconomy by becoming theworld’s dominant producer.The wealth this created wasshared broadly, creating thebiggest middle class theworld had ever known. Butthen America changed its po-licy from promoting develop-ment in America, to

promoting development in other nations. We allowed fo-reign countries to subsidize their goods, devalue their cur-rencies, violate their agreements, and cheat in every wayimaginable. Trillions of our dollars and millions of our jobsflowed overseas as a result. I have visited cities and townsacross this country where a third or even half of manu-facturing jobs have been wiped out in the last 20 years.Today, we import nearly $800 billion more in goods thanwe export. This is not some natural disaster, it is politician-made disaster. It is the consequence of a leadership classthat worships globalism over Americanism.“ (7)

Trump wirft der „'politischen Klasse“ vor, nicht das Wohlder eigenen Nation im Sinn gehabt zu haben. (6) Damitliegt er falsch. Die Zwecksetzung der Handelspolitik einesjeden westlichen Staates ist es, die eigene Nationalökono-mie zu stärken. Notwendig wird dann eine Politik, die diesdurchsetzt, auch gegen den Willen und zum Nachteil deranderen Staaten, die dasselbe für ihre Ökonomie undihren Standort wollen und damit an vielen Stellen Gegen-sätzliches verfolgen. Dass US-Interessen an erster Stellestehen sollten, darin sind sich Trump als auch seine Lieb-lingsfeinde unter seinen Vorgängern, Bill Clinton und Ba-rack Obama, ausnahmsweise einig. So freute sich BillClinton bei der Unterzeichnung von NAFTA 1993: „Ame-rica is where it should be, in the lead, setting the pace“ (8)

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und Barack Obama machte 2016 mit folgenden Wor-ten Werbung für TPP: „America should write therules.“ (9) Genauso liegen aber auch KritikerInnenfalsch, die behaupten, dass Trump gar nicht zumWohle der Nation regieren wolle. So twittert bei-spielsweise die demokratische US-Senatorin ElizabethWarren: „Americans deserve to know that the Presi-dent is doing what’s best for the country – not usinghis office to do what’s best for himself.“ (10) DerStandpunkt, von dem aus Trump seine Handelspolitikplant und kalkuliert, ist ein und derselbe wie der allerbisherigen US-Präsidenten. Sie alle verfolgen ein ge-meinsames Ziel: Das nationale Kapital muss wachsen.Nur darüber, wie dieses Ziel am besten erreicht wird,herrscht Uneinigkeit. Ihre Uneinigkeit geht soweit,dass sie sich gegenseitig des Vaterlandsverrats be-schuldigen: Jede Seite meint, mit der eigenen Strate-gie die Nation voran zu bringen und bestreitet, dassihre Kontrahenten dieselbe Zielsetzung haben.

Neuer Kurs auf altes Ziel

Während in den letzten Jahrzehnten die zentraleStrategie Washingtons auf möglichst freien Handel –wenn auch zu US-amerikanischen Konditionen –durch globale bzw. in den letzten Jahren zunehmenddurch regionale Handelsverträge setzte (11), kündigtder neue US-Präsident eine Kursänderung an: Um dienationale Ökonomie zu stärken, plädiert Trump fürmehr bilaterale Verträge und mehr Protektionismus. Inder Vergangenheit gab es – grob gesprochen – zweiStrategien mit den wirtschaftlichen Problemen derUSA umzugehen: Die eine, demokratische, setzte aufdie Durchsetzung von US-Interessen durch Freihandelin möglichst großem Stil in Kombination mit einerVerbesserung der heimischen Voraussetzungen undBedingungen für das Wirtschaftswachstum (Investitio-nen in die Infrastruktur, Einwanderung von nützlichenArbeitskräften, aber auch Bildungsoffensiven, Maß-nahmen zum Erhalt der Arbeiter*innenklasse wie dieKrankenversicherung). Die andere, republikanischeStrategie setzte auf Verbesserung der Konkurrenzbe-dingungen des US-Kapitals (weniger Steuern, weni-ger Gesetze) bei gleichzeitiger „Korrektur“ desglobalen Freihandels durch bilaterale Verträge undAbkommen, die zu großen, US-dominierten Freihan-delsblöcken führen sollten. Beide Strategien wider-sprechen sich nicht wirklich, haben sich aber in denletzten Jahren häufig blockiert. Trump will nun dieKombination von beiden, ohne Migration und ohne

Verpflichtung auf das Ideal des Freihandels. Ob von seinergroß angekündigten Investitionsoffensive viel übrig bleibt,wird sich zeigen. Die neue Rücksichtslosigkeit in der Han-delspolitik zeigt sich jedenfalls schon jetzt. So stellte er nachseiner Wahl in einer ersten Videobotschaft klar, was er amersten Tag seiner Präsidentschaft vor hat: „To withdraw fromthe TPP, a potential disaster for our country. Instead, we willnegotiate fair, bilateral trade deals that bring jobs and indus-try back onto American shores.“ (12) Dieses Versprechen hater eingehalten und den Austritt der USA aus TPP erklärt. Vonseiner Alternative, Handelspolitik in bilateralen Verträgen zubetreiben, verspricht er sich, die wirtschaftliche Macht derUSA besser ausspielen und für eine im Verhandlungsergeb-nis bessere ökonomische Schaden-Nutzen-Rechnung nutzenzu können. Mit dieser Einschätzung könnte er sogar richtigliegen: Mit nur einem einzelnen Staat als Verhandlungspart-ner hat die USA als politisch wie ökonomisch überlegeneMacht wohl in der Tat bessere Chancen, da kaum ein einzel-ner Staat der Weltmacht in der internationalen Staatenkon-kurrenz das Wasser reichen kann. Trump will also sehr wohlweiterhin internationale Handelspolitik betreiben, jedochnicht länger in multi- oder plurilateralen Abkommen mitmehreren Ländern gleichzeitig, da er befürchtet, dass dieUSA dann zu große Zugeständnisse machen müssten unddamit Einschnitte in die Interessen der USA erlauben würden.Anders als seine Vorgänger, so verspricht er, würde er sodafür sorgen, dass die USA nicht mehr auf Kosten der eige-nen Interessen auf andere zugehen müsse: „The era of eco-nomic surrender will finally be over. A new era of prosperitywill finally begin. America will be independent once more.Under a Trump Presidency, the American worker will finallyhave a President who will protect them and fight for them.“(13)

Dieser „Schutz“ der Arbeiter ist der zweite große Bestandteilseiner bisherigen Handelsagenda. Sowohl Trump als auchClinton sind mit dem gern gehörten Versprechen angetreten,sich um das Wohl der Nation zu sorgen, sich um die Bedürf-nisse der amerikanischen Arbeiter*innen zu kümmern undihnen Arbeitsplätze zu verschaffen. Dabei wird verkannt,dass Lohnarbeit es in der Regel nicht hergibt, dass menschgut davon leben kann – sondern vielmehr einen objektivenSchaden davonträgt. Denn um das Wohl der Nation mittelseiner erfolgreichen Nationalökonomie zu verwirklichen,muss das nationale Kapital erfolgreich sein. Der Erfolg desKapitals beruht aber darauf, dass Lohnabeiter*innen ihrLeben lang in der abhängigen Position verbleiben, welchesie jeden Tag aufs Neue zur Arbeit für andere zwingt, um sogerade mal ihren Lebensunterhalt (und oft genug auch dasnicht) sicherstellen zu können. Dabei sollen die Lohnarbei-

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ter*innen zu möglichst geringen Kosten so intensiv wiemöglich genutzt werden – und werden ggf. auch durch Ma-schinen ersetzt, sollten diese in der Kosten-Nutzen-Kalkula-tion günstiger abschneiden. An der miserablen Situationder Lohnarbeiter*innen ändert also auch der so oft be-schworene Erfolg der Nation nichts – auch wenn viele Ver-sprechen nach einem Arbeiterbeglückungsprogrammklingen, was sie aber nicht sind. Ganz im Gegenteil: DerErfolg der Nationalökonomie basiert auf der Plackerei derLohnarbeiter*innen. Wenn es nun durch die Öffnung derMärkte mittels Freihandelsabkommen zu mehr Konkurrenzzwischen den Firmen kommt, werden diese – um unter die-ser verstärkten Konkurrenz überleben zu können – ihr Per-sonal noch mehr auf wachsende Leistung zu sinkendenKosten trimmen (wenn sie nicht den Produktionsstandortauch wegen geringerer Lohnkosten ins Ausland verlegen).Mehr Konkurrenz heißt also mehr Lohndruck und mehr ab-verlangte Leistung. Oft genug hilft der Staat noch nach: Vonstaatlicher Seite wird das nationale Kapital in diesem Kon-

kurrenzkampf beispielsweise durch Arbeitsmarktreformenunterstützt, die dafür sorgen, dass das nationale Lohnni-veau „international konkurrenzfähig“ wird, sprich der Lohngesenkt wird. So etwa, wenn der Staat passend zum gestei-gerten Lohndruck die Sozialleistungen senkt und damit dieArbeitskraft noch billiger macht. Genau diese gesteigerteKonkurrenz ist für kapitalistische Staaten ein wichtiger Wegzu mehr Wachstum, was sie mit einem Mehr an nationalemWohlstand gleichsetzen. Auf die Lage derLohnarbeiter*innen hat dies eher den gegenteiligen Effekt.Diese Dynamik gilt sowohl bei multi- als auch bei bilatera-len Freihandelsabkommen, in denen Staaten zu gegenseiti-gen Zugeständnissen bereit sind – egal ob von Trump,Clinton oder Obama politisch forciert. Auch durch den vonTrump propagierten Protektionismus sind eine verschärfteKonkurrenz und die für die Lohnarbeitenden unangeneh-men Folgen nicht einfach aus der Welt: Wenn Firmen mit-tels Strafzöllen auf Importe gezwungen werden, ihreProduktionsstätten in den USA zu behalten bzw. dorthin zu-

rückzuverlegen, heißt das im Zweifelsfall, dass sie aus po-litischen Gründen Abstriche an Profiten machen. Sie wür-den unter den neuen politischen Bedingungen in den USAproduzieren, was teurer wäre als früher – aber immernoch billiger, als wenn sie im Ausland zwar billiger produ-zierten, aber hohe Strafzölle zahlen müssten. Damit steigtder Druck an anderer Ecke, effizienter zu produzieren,damit steigt auch der Lohndruck und es wird den Arbei-ter*innen mehr Leistung abverlangt. Nur so können Unter-nehmen einerseits in den USA rentabel wirtschaften (undsich im heimischen Markt behaupten), andererseits aberauch weiterhin im Ausland beim Absatz der Produkte kon-kurrenzfähig sein. Nur wenn Trump tatsächlich Deals fürdie USA abschließen sollte, in denen er ausschließlich Zu-geständnisse von anderen Staaten erhält, selbst aber kei-nerlei Kompromisse eingehen müsste, ist ein steigenderKonkurrenzdruck nicht vorprogrammiert. Dazu müsste eraber eine ganze Reihe solcher Abkommen abschließen(US-Firmen konkurrieren international ja mit Unternehmenaus vielen unterschiedlichen Ländern). Ob die USA diedafür notwendige absolute Machtposition hat, ist zu be-zweifeln.

Kein reiner Protektionist

Auch wenn Trump sich für die Aushandlung anders ge-wichteter Abkommen stark macht, ist er kein reiner Protek-tionist, wie oft behauptet wird. Sein Plan ist schließlichnicht, einfach alle Freihandelsabkommen aufzukündigen.Vielmehr möchte er nur jene Handelsabkommen nachver-handeln oder aufkündigen, in denen seiner Meinung nachdie USA schlecht abschneiden. In einem Interview mitCNBC sagte er entsprechend im August 2016: „But we areabsolutely going to keep trading. I am not an isolationist.And they probably think I am. I’m not at all. I’m a free tra-der. I want free trade, but it’s got to be fair trade. It’s got tobe good deals for the United States.“ (14) Trump ist alsofür Freihandel, so lange dies US-amerikanischen Interessendient. Was er dabei allerdings verkennt: Dies ist keineneue Prämisse. Kein Präsident vor ihm hätte auch nur überein Abkommen verhandelt, wenn er nicht gedacht hätte,dass es US-Interessen dient. Um diese auch durchzusetzen,will er in bilateralen Verhandlungen dafür sorgen, dass dieUSA stärker als bisher die Spielregeln des Handelsschreibt. Diese Regeln möchte Trump nun so gestalten,dass es Freihandel gibt – aber nur so lange, wie er derUSA unmittelbar nützt; die anderen Staaten müssen sichtendenziell damit abfinden, dass ihr Nutzen nicht derMaßstab von gemeinsamen Verträgen ist. Ansonsten sollder Freihandel eingeschränkt werden: Wenn etwa zum

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Schutz US-amerikanischer Kapitale protektionistischeMaßnahmen wie z.B. Einfuhrzölle notwendig sind,möchte er diese auch einsetzen können.

Angesichts der momentanen weltweiten Wachstums-krise des Kapitals werden „alte“ handelspolitische In-strumente von vielen Seiten wieder aus denSchubladen gezogen, schließlich gilt es, das natio-nale Wirtschaftswachstum anzustoßen – und da istder Politik zuweilen jedes zur Verfügung stehendeMittel recht, selbst wenn das international zum Kon-flikt führen könnte. Dementsprechend kommen beste-hende Verträge auf den Prüfstand und es wird dieFrage neu gestellt, wie hoch der nationale Nutzen vonFreihandelsabkommen für den Staat eigentlich ist.Profitiert die eigene Ökonomie nicht von einem ge-genseitigen Arrangement, taugt ein Handelsvertragoffensichtlich nicht als Mittel in der internationalenStaatenkonkurrenz. Diese Abwägung wird keines-wegs nur in den USA und bei Trump vorgenommen:Bei den Verhandlungen zu TTIP kamen bereits vonvielen Seiten, in Deutschland vor allem von der SPD,solche Überlegungen zum Tragen. Der damaligedeutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel etwa willTTIP „nicht um jeden Preis“ und ist auch nicht bereit,„sich den Amerikanern zu unterwerfen“. (15) FürTrump scheint in dieser Kalkulation ein Mehr an ver-einbarter Kapitalfreiheit nicht per se das Mittel fürmehr Wachstum der US-Wirtschaft zu sein: Sein Slo-gan lautet vielmehr: „Buy American, hire American!“– je amerikanischer das Kapital, desto besser. Ob dieNationalität bzw. der Standort des Kapitals alleinetatsächlich das Erfolgskriterium für die US-amerikani-sche Ökonomie insgesamt sind, das wird sich nochzeigen. Trump will diesen Weg einschlagen und setztverstärkt auf die unmittelbare Förderung des nationa-len Kapitals sowie den Versuch, Produktionsstandorteausländischer Kapitale in die USA zu holen. Vor di-rekten Drohungen gegenüber heimischen Firmen wieCarrier schreckt er dabei nicht zurück. (16) Dabeisetzt Trump auf die Abhängigkeit des nationalen Ka-pitals vom eigenen Staat, die durchaus eine Grund-lage hat: Jedes international agierende Kapital ist aufseinen Staat als Garantiemacht in seinen auswärtigenGeschäften angewiesen. (17) Ein Unternehmen kanndem heimischen Markt also nicht ohne Weiteres denRücken kehren und darf es sich dementsprechendnicht mit der eigenen Regierung verscherzen. So lässtes sich dann auch leichter für nationale Zwecke ein-spannen. Aktuell warnt Trump beispielsweise US-Fir-

men wie Ford oder General Motors davor, ihre Fabriken indas Billiglohnland Mexiko zu verlegen und von dort fertigeAutos in die USA zu reimportieren. Der US-Präsident wirftihnen vor, den Vereinigten Staaten nicht treu zu sein. Sie hät-ten bislang nur ihre eigenen Interessen verfolgt, aber nunwerde er dafür sorgen, dass sie sich wieder amerikanischverhielten, also auch wieder ihre Nation im Blick hätten.Trump mischt sich damit unmittelbar in die Privatwirtschaftein. (18) Weiterhin droht er gleich ganzen Staaten wie etwaMexiko, welches zur Sicherung der eigenen Nationalökono-mie stark auf Investitionen aus dem Ausland angewiesen ist –denn es produzieren nicht nur US-Firmen Autos für den US-Markt in Mexiko, sondern auch deutsche Unternehmen wieVW und Audi. Trump hätte nun gerne, dass all diese Unter-

nehmen, egal ob aus den USA stammend oder nicht, ihreAutos in den USA herstellen und überzieht dementsprechendauch ausländische Firmen mit solchen Forderungen. (19)Trumps Drohung ist somit auch global zu verstehen: Er zeigtam Beispiel Mexiko sehr deutlich, dass in seinem Verständnissowohl US-Firmen als auch andere Staaten und ihre Kapitalesich dem Willen der USA und ihren Interessen zu unterwer-fen haben.

Die bislang verhandelten Freihandelsabkommen prangertTrump als einen Verzicht auf die angeblich unverzichtbarennationalen Mittel in der Staatenkonkurrenz an (z.B. Export-beschränkungen und Importzölle um die eigenen Kapitalevor der ausländischen Konkurrenz zu schützen). Freihandels-abkommen wie NAFTA hätten die Wirtschaft der USA ande-ren Staaten preisgegeben und von ihnen abhängig gemacht.(20) Deswegen sieht Trump – anders als die Obama-Regie-rung – in TPP auch kein Mittel, um die USA wieder zum er-folgreichen Produktionsstandort zu machen. Für ihn werdenin diesen und weiteren Handelsabkommen (z.B. NAFTA, po-tenziell auch WTO) US-Interessen untergraben – und zwaregal, wie objektiv rücksichtslos die USA bei all diesen Ver-

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handlungen in den letzten Jahrzehnten die Spielregeln dik-tiert hat. Was Trump dabei übersieht: Mit oder ohne Ab-kommen sind die USA ökonomisch von anderen Staatenabhängig, so wie auch andere Staaten von den USA ab-hängig sind (wenn auch in unterschiedlichem Maße).Schließlich bedeuten Handelsabkommen eigentlich einegegenseitige Ausnutzung, das heißt für jede Seite mussetwas Vorteilhaftes in Aussicht stehen. Trump will nun aber,dass allein die USA an der Welt verdient und dass dasamerikanische Kapital dafür alle Möglichkeiten bekommt,ohne anderen Staaten dieselben Möglichkeiten – zumindestnicht in der Allgemeinheit – zu eröffnen. Wie eine Handels-politik aussehen soll, die nun ausschließlich nach US-Inte-ressen gestaltet ist und keinerlei Zugeständnisse vonUS-Seite enthält – und wie realistisch sie in Verhandlungendurchsetzbar ist, scheint für Trump aktuell weniger relevant.Ihm geht es darum, nochmal rücksichtsloser den eigenenNutzen, und wenn‘s sein muss, auch zum Schaden der an-deren Nationen durchzusetzen: Die eigene Macht soll anmöglichst wenig relativiert werden. Jede ökonomische Nut-zen-Schaden-Rechnung – wie sie eben bei Verhandlungenzu Freihandelsabkommen ständig und von allen Seiten auf-gemacht werden – wird für Trump zur viel generellen Fragedanach, wer sich von wem überhaupt Bedingungen gefal-len lassen muss, wer wem ein Entgegenkommen und Zuge-ständnisse abringen kann. Für Trump ist deswegen bei denVerhandlungen vor allem entscheidend, dass die anderenLänder die Führungsmacht der USA und zwar ohne Abstri-che anerkennen. Aus der Sicht Trumps hat sich die USA indieser Frage bislang nicht rücksichtslos genug gegenüberdem Rest der Welt verhalten. Das soll sich nun ändern. Dieökonomische Abhängigkeit voneinander und gleichzeitigder Wettbewerb gegeneinander, die in den letzten Jahr-zehnten mittels einer berechnenden Kooperation in Formvon Handelsverträgen eine Verlaufsform gefunden hat,würde sich so mehr hin zu einem Kräftemessen gegenei-nander verschieben, das sich stärker um Über- oder Unter-ordnung dreht.

Zusammenfassung

Trumps Handelspolitik folgt der gleichen Zielsetzung wie dieUS-Handelspolitik seiner Vorgänger: Damals wie heute be-tätigen sich US-Präsidenten als Nationalisten, wollen ihreNation in der internationalen Staatenkonkurrenz nachvorne bringen. Dafür gilt es, US-Interessen in den Verhand-lungen mit anderen Staaten durchzusetzen, wobei dies not-wendigerweise zu Konflikten führt, wann immer dieInteressen der anderen Staaten dem entgegenstehen. JedeSeite versucht, für sich das Beste herauszuholen – was oft

genug einen Schaden der anderen beinhaltet. Abgeschlos-sen werden diese Verträge nichtsdestotrotz und immerdann, wenn sich beide Seiten mehr Nutzen als Schadendavon versprechen, die Nachteile des Abkommens also inder Hoffnung auf andere Vorteile in Kauf nehmen. Dabeihat Trump andere Vorstellungen als die bisherigen Regie-rungen, auf welchem Wege dieses Ziel am besten erreichtwerden kann. Über viele Jahrzehnte hinweg sahen US-Re-gierungen einen nach US-Vorstellungen gestalteten, multi-lateral organisierten, globalen Freihandel als Mittel derWahl an: Um globale Märkte für das US-Kapital zu öff-nen, war die USA bereit, selbst Zugeständnisse zu ma-chen, um die Freihandelsbedingungen im US-Interesse undweitestgehend nach US-amerikanischen Regeln durchset-zen zu können. Trump dagegen fordert nun mehr Protek-tionismus als Freihandel, so dass die Vereinigten Staatenmöglichst wenig Zugeständnisse gegenüber anderen Staa-ten machen müssen – auch wenn dies heißen könnte, dassUS-Kapitale weniger Handelserleichterung erhalten wer-den. Derzeit scheint er allerdings noch davon auszugehen,dass er im Namen einer „wieder erstarkten USA“ Verträgeverhandeln kann, die zwar Zugeständnisse anderer Staa-ten, aber kaum welche von Seiten der USA enthalten. FürTrump gilt unumstößlich, dass die Interessen der USA –und zwar ausschließlich der USA – bei allen internationa-len Verhandlungen an erster Stelle stehen müssen. DieserPrämisse haben sich seiner Meinung nach nicht nur alleanderen Staaten, sondern auch die US-amerikanischenLohnarbeiter*innen und ihre Bedürfnisse, bedingungslosunterzuordnen.

Siehe auch: Anmerkungen auf der Folgeseite!

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Anmerkungen:1) Trump hat gleich am ersten Arbeitstag seiner Präsident-schaft für den Austritt der USA aus TPP gesorgt. BevorTrump TPP aufkündigte, war es bereits fertig verhandeltund unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.2) https://www.ft.com/content/d97b97ba-51d8-11e6-9664-e0bdc13c3bef 3) Donald Trump: Disappearing middle class needs betterdeal on trade, http://usat.ly/1pq0P6D 4)An diesem Problem laborieren die US-Regierungen seitden 1970er Jahren herum: Einerseits sind die USA derpolitische Hauptgarant des weltweiten Kapitalismus, under würde ohne ihre politischen und militärischen Garan-tien und ohne ihre wirtschaftliche Potenz nicht so funktio-nieren, wie er das tut. Dennoch wollten sich die USAdeswegen nicht auf den Standpunkt eines ideellen Weltge-samtkapitalisten verpflichten lassen, sondern den An-spruch, auch Hauptprofiteur der Weltwirtschaftsordnungzu sein, einlösen.5) Trumps Logik zeigt sich gut an seinem Vorwurf, Chinahabe seine Währung nach unten hin „manipuliert“: Chinahat innerhalb des letztens Jahres seinen Devisenschatz umetwa eine Billion US-Dollar gesenkt, um seine eigeneWährung zurückzukaufen. China hat also für mehr Nach-frage nach seiner Währung gesorgt, um deren Wertverfallim Zuge schrumpfender Wachstumsraten entgegen zu wir-ken. Faktisch hat es also ungefähr das Gegenteil von demgemacht, was Trump China vorwirft. Trump macht einfacham US-Handelsbilanzdefizit und chinesischem Überschussfest, dass China unfair gehandelt haben müsse. AmerikasMisserfolg gehöre sich einfach nicht.6) Trump sieht dabei ganz von der aktuellen wirtschaftli-chen Situation der USA im Verhältnis zu anderen ökono-mischen Entwicklungen wie etwa der Automatisierung ab.7) http://www.politico.com/story/2016/06/full-tran-script-trump-job-plan-speech-224891 8) http://millercenter.org/president/speeches/speech-3927 9) https://www.washingtonpost.com/opinions/presi-dent-obama-the-tpp-would-let-america-not-china-lead-the-way-on-global-trade/2016/05/02/680540e4-0fd0-11e6-93ae-50921721165d_story.html?utm_term=.e5e4a9022f2c10) www.huffingtonpost.com/entry/elizabeth-warren-trump-conflicts_us_58728387e4b099cdb0fd884511) Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das GATT (Gene-ral Agreement on Trade and Tariffs) gegründet, welches1995 in die WTO (Welthandelsorganisation) überging.Das GATT fing mit ca. 20 Mitgliedern an, sind heute 164Staaten Mitglied der WTO. In den 1990er Jahren wurdenzunehmend zusätzliche Freihandelsabkommen zwischenzwei oder mehreren Staaten (bzw. Staatenbündnissen wiez.B. die EU oder ASEAN) geschlossen. In den 2000ernkamen hierzu zunehmend große Projekte (im Sinne von:

viel Wirtschaftskraft umfassend), wie TPP oder TTIP. 12) Donald Trump zu TPP, 22.11.2016, erste politischeRede nach der Wahl (zitiert aus der Videobotschaft),www.telegraph.co.uk/news/2016/11/21/donald-trump-will-withdraw-us-tpp-day-one-gives-major-policy/13) Trump speech,www.politico.com/story/2016/06/full-transcript-trump-job-plan-speech-22489114) www.telegraph.co.uk/business/2016/11/22/diffe-rence-ttip-tpp-does-donald-drump-want-scrapped/ 15) www.spiegel.de/politik/deutschland/ttip-sigmar-ga-briels-kuehles-kalkuel-a-1110136.html 16) Carrier ist ein Klimaanlagenhersteller aus Indiana, dergeplant hatte, Arbeitsplätze nach Mexiko zu verlagern.17) Kommt es bei Tätigkeiten im Ausland zu Streitigkeiten,kann sich das auswärtig tätige Kapital an seinen Heimat-staat wenden, um seine Interessen auf politischer Ebeneauch im Ausland in Anschlag zu bringen, z.B. durch di-plomatische Bemühungen seines Heimstaates.18) Eigentlich ist ein derartiges Einmischen der Politik indie Privatwirtschaft in den USA insbesondere bei Konser-vativen ein No go, dass als „Big Government“ beschimpftwird. Es ist aber ein gutes Beispiel dafür, dass nicht dasKapital die Fäden zieht und Politiker eh nur Marionettenim Interesse großer Unternehmen seien. Vielmehr diktierthier der Staat, nach welchen Regeln seine Unternehmenzu wirtschaften haben. Aktuell hat Ford als Reaktion aufTrumps Drohungen bereits angekündigt, doch nicht in Me-xiko herzustellen – inwieweit wirklich wegen Trumps Dro-hung oder wegen anderer Überlegungen, ist unklar.19) www.economist.com/news/business/21713899-ins-tead-it-emphasised-new-investment-and-jobs-michigan-ford-motors-courts-donald-trump 20) In seiner „Jobs plan speech“ erklärt er entsprechendsein Ziel, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der USA wie-der herzustellen, die Rede ist überschrieben mit: „Decla-ring America’s Economic Independence“,www.politico.com/story/2016/06/full-transcript-trump-job-plan-speech-224891

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Soll heißen:Bitte, bitte lieber Staat!

Lass uns doch bitte eine Revolution machen!Du wirst es auch bestimmt nicht bereuen: wir bauen einen

prima neuen Staat auf. Mit all den feinen Sachen wie Gulag, Schießbefehl und, und, und...

SCHERZKEKSE:

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Theorie des autoritären Kommunismus

Laut der autoritär kommunistischen Theorie soll dieMacht im Staat vom Proletariat – also der arbeitendenBevölkerung – mittels der Kommunistischen Partei er-langt werden. Durch diese „Diktatur des Proletariats“soll eine neue Gesellschaft entstehen, in der die Men-schen auf den endgültigen Status der Revolution vor-bereitet bzw. getrimmt werden. Nach dem Motto „DiePartei hat immer Recht“ wird jegliche Kritik an denEntscheidungen der führenden Organisation als kon-terrevolutionär deklariert und kriminalisiert. Dadurch,dass bereits vor der „Revolution“ in den Organisatio-nen eine kleine Anzahl von Parteikadern Entscheidun-gen trifft und die Basis nicht in Entscheidungsprozessemit einbezogen wird und die autoritär kommunisti-schen Organisationen in der Gesellschaft eine Min-derheit sind wird nach der Machtergreifung derKommunisten diese Politik über die Köpfe der Men-schen fortgesetzt. Wie sollen durch Zwang freie Men-schen, wie durch Herrschaft eine herrschaftsloseGesellschaft und wie durch hierarchische Struktureneine klassenlose Gesellschaft entstehen? Der Zweckheiligt nicht die Mittel. Der Weg muss sich nach demZiel richten. Nach den Theorien des autoritären Kommunismus sollder neue Staat nach unbestimmter Zeit automatischmit all seinen Machtstrukturen absterben und schließ-lich eine klassenlose Gesellschaft entstehen lassen.Ähnliches lassen auch kapitalistische Theoretiker ver-lauten, welche behaupten der Markt würde sich selbstregulieren. Bis heute haben autoritäre Kommunistenkeine überzeugenden Argumente geliefert wieso dieneuen Herrscher der kommunistischen Partei ihre Pri-vilegien und ihre Herrschaft einfach so abgeben wür-den. Jeder, der sich auch nur ansatzweise mit demThema Herrschaft auseinandergesetzt hat wird spätes-tens an dieser Stelle merken, dass der Kommunismusmithilfe der Diktatur der Kommunistischen Partei alleinwegen dieser Tatsache unmöglich bleibt. Dies beweistdie Geschichte, worauf wir später noch eingehen. Viele Faktoren, die uns im heutigen System Freiheitenrauben, gibt es auch nach einer kommunistischenÜbernahme des Staates: Polizei/Gerichte/Gefäng-nisse/Geheimdienste, Verwertung fürs Zwangskollek-tiv, Pädagogik, Zentralisierung, Geld. Alle diese

Zustände bleiben laut autoritär kommunistischer Theorie zu-nächst bestehen. Alle diese Zustände haben Herrschaft undKontrolle als Ziel und können deshalb gar nicht zu einerklassenlosen Gesellschaft beitragen.Wir könnten noch sehr lange die Missstände der kommunis-tischen Theorie analysieren, letztendlich ist der alles entschei-dende Punkt und Fehler der autoritär KommunistischenTheorie die Herrschaft und der Zwang zur „Freiheit“.

Praxis des autoritären Kommunismus

Sowjetunion, Rumänien, China, Nordkorea, Kuba, Vietnam,Kambodscha, Jugoslawien, Venezuela, DDR, Albanien. Alldiese Staaten sprechen für das Scheitern des autoritärenKommunismus. Autoritäre Kommunisten versuchen dieseStaaten oft zu verteidigen, indem sie sagen, dort gäbe es nur„Sozialismus“ und keinen wirklichen Kommunismus. Das istzwar nach kommunistischer Theorie richtig, aber gerade dieTatsache dass diese autoritär kommunistischen Gesellschafts-versuche nur bis zum „Sozialismus“ kamen/kommen, zeigtdie gescheiterte Theorie des autoritären Kommunismus in derPraxis. Das Beispiel Sowjetunion zeigt wohl am besten denkategorischen Ablauf des autoritären Kommunismus. Als amAnfang der „Revolution“ Räte gebildet wurden konntemensch noch die Hoffnung haben, dass eine freie Gesell-schaft entstehen könne. Denn vielerorts entstanden sogarfreiheitliche Strukturen, wie das bekannte Beispiel der Kron-städter Matrosen zeigt. Als sich dann jedoch die Bolschewis-ten begannen durchzusetzen und ihren rotenultrabürokratischen Staat errichteten passierte genau das,was die heutigen autoritären Kommunisten nicht wahrhabenwollen. Die Eigendynamik der Macht zerstörte den letztenrevolutionären Willen eines jeden Sowjets. Viele Genossenließen ihr Leben für eine Illusion; vom Gemetzel in Kronstadtüber die Gulags und Hungersnöte im ganzen Land starben

A U T O RKOMMU

Die verschiedenen autoritär kommunistischen Parteien und Organisationen bezeichnen sich alle als emanzipa-torisch. Wir wollen in diesem Beitrag analysieren, ob dies wirklich zutrifft. Uns ist bewusst das es außerparla-mentarische Gruppen gibt welche den Begriff Kommunismus für sich benutzen, deren Theorie und Praxis nichtAutoritär ist, diese Gruppen werden im folgenden Text nicht angesprochen.

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bis zum Ende der Sowjetunion viele Millionen Menschen.Nichts kann solch einen Massenmord rechtfertigen, ge-nauso wenig wie alle anderen Opfer des autoritären Kom-munismus. Allein das Beispiel Sowjetunion reicht aus umdas praktische Scheitern der autoritär kommunistischenTheorie zu beweisen. Auch das heutige Kuba untermauertdies. Gewerkschaften wurden zerschlagen, Homosexuellein Arbeitslager gesteckt und die Presse zensiert. Die Lebens-bedingungen unter denen die Menschen in Kuba leidenmüssen drücken sich in den hunderttausenden von Flüchtlin-gen aus. Autoritäre Kommunisten argumentieren, dass dieLebensbedingungen Folge des Boykotts der kapitalistischenLänder wären. Allerdings konnte aufgrund der marxisti-schen Planwirtschaft die autoritär kommunistische Regie-rung weiterhin nicht einmal die eigene Bevölkerungausreichend versorgen. Vor allem aber spielt auch hier derZwang eine große Rolle und die oben genannten Punktesprechen nicht für das System Kubas. Es gab vor der „Revo-lution“ der autoritären Kommunisten eine relativ große so-zialrevolutionäre/anarchistische Bewegung, welche durchdie Herrschaftsansprüche der autoritären Kommunisten ver-drängt wurde und somit eine umfassende Revolution inallen Bereichen nicht mehr möglich machte.

Heutige autoritär Kommunistische Organisation

Viele sich als kommunistisch definierende Organisationenund vorallem Parteien sind hierarchisch strukturiert. DieStruktur dieser Organisationen hat sich seit Jahrzehnten sogut wie gar nicht verändert. In manchen gibt es sogar Zen-tralkomitees, die die Aktivitäten der verschiedenen kleinenlokalen Gruppen steuern. Auch Machtkämpfe in den heuti-gen autoritär kommunistischen Organisationen sind üblich.Weiterhin gibt es das dogmatische Festhalten an schondurch die Geschichte widerlegten Strukturen. Eine Strategieder autoritären Kommunisten war schon immer die Unter-wanderung sozialer Bewegungen und Widerstandsgrup-pen. Um diese Gruppen übernehmen zu können, spielensich geschulte Kader gegenseitig die Bälle zu, um Machtpo-

sitionen zu besetzen. Besonders gut gelingt das beispiels-weise in der „Antifa-Bewegung“ oder in der Friedensbe-wegung wo vor allem junge Menschen mit wenigpolitischem Bewusstsein oder linke Mitläufer leicht gekö-dert werden können. Auch heute noch ist der Führerkult inder autoritär kommunistischen Szene zu dubiosen Massen-mördern weit verbreitet. Anstatt an eigenen Ideen zu ar-beiten halten sich viele an den Theorien und Namen vonfrüheren Diktatoren fest. Der Führerkult ist ein wichtigerFaktor weshalb die autoritär kommunistische Szene so zer-stritten und gespalten ist. Der Hass zwischen den verschie-denen autoritär kommunistischen Lagern setzt sich auchheute noch nahtlos fort. Die oft erlogene „Einheitsfront“scheitert also schon bei den autoritären Kommunistenselbst.

FazitWir stellen also fest, dass weder Theorie noch Praxis desautoritären Kommunismus heute wie damals eine freie Ge-sellschaft möglich machen können, da der Weg dorthinvon Herrschaft und Unterdrückung bestimmt ist. In vielenPunkten ähnelt der autoritäre Kommunismus mit seinemFührerkult, hierarchischen Strukturen und nicht greifbarenweit entfernten Illusionen sogar einer Religion. „Das Kapi-tal“ ist für viele autoritäre Kommunisten so wertvoll und un-antastbar wie die Bibel für Christen. Der Anspruch auf dieabsolute Wahrheit und unkritisierbare Dogmen findetmensch in jeder totalitären Weltanschauung. Nicht erst andiesem Punkt zeigt sich die Unvereinbarkeit der autoritärkommunistischen Ideologie mit der Idee des Anarchismus.Anarchisten propagieren kein Paradies in ferner Zukunft,sondern treten für eine Veränderung im Hier und Jetzt ein,die jeder Mensch auch im Kleinen schon leben kann. DesWeiteren geht es nicht um das zwanghafte Erreichen derFreiheit, sondern um die Emanzipation jedes Individuums.Die anarchistische Bewegung ist bunt, vielfältig, dezentralund widersprüchlich so wie die Freiheit selbst, denn Frei-heit ist nicht uniform! *Organisationen/Parteien die sichvon unserem Text angesprochen fühlen dürfen(kleine Aus-wahl, aus dem Deutschsprachigem Raum): Deutsche Kom-munistische Partei, Kommunistische Partei Deutschlands,Sozialistische Alternative Voran, Rebell, Marxistisch-Lenni-nistische Partei Deutschlands, Sozialistische Deutsche Ar-beiter Jugend, Kommunistische Initiative, Freie DeutscheJugend, diverse “Rote Antifa” Gruppen, 3A RevolutionäresBündnis, Die Linkspartei, Linksjugend Solid (nicht kom-plett), Young Struggel, Zusammen Kämpfen….

QUELLE: http://afunke.blogsport.de/theorie/kommunis-mus/

I T Ä R E RUNISMUS

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Aus: "Anarchismus – Was ist das?" Broschüre, 1978

Die autoritäre Arbeiterbewegung inDeutschland, der Marxismus und die SPD

Um zu sehen, wie die anarchistische Bewegungin Deutschland entstanden ist,ist es notwendig,die Entwicklung der deutschen Arbeiterbewe-gung etwas genauer zu betrachten. Der bedeu-tende anarchosyndikalistische TheoretikerRudolf Rocker - auf dessen Schriften sich meinefolgenden Ausführungen im Wesentlichen stüt-zen - hat die deutsche Arbeiterbewegung wieich meine sehr treffend beschrieben:"Ohne Zweifel lag der ganzen sozialistischenBewegung in Deutschland von Anfang an einstreng autoritärer Zug zugrunde, welcher ihrespätere Entwicklung in hohem Grade begüns-tigte" (S. 43) In Deutschland gab es keinestarke, aus dem Kampf mit dem Absolutismushervorgegangene liberale Bewegung wie inFrankreich. "Was sich in Deutschland liberalund demokratisch nannte, war eine buntge-mischte Gesellschaft, die sich immer wieder vonden Sachwaltern des Absolutismus breitschlagenließ und jeder ernsten politischen Entscheidungängstlich aus dem Hege ging" (S. 44).So kam es, daß die deutsche Sozialdemokratienach dem Fall des Sozialistengesetzes allmäh-lich auch zum großen Sammelbecken einer Mengebürgerlicher Gruppen wurde, die für die eigentlichenBestrebungen des Sozialismus wenig oder gar nichtsübrig hatten und sich der Bewegung nur deshalb an-schlossen, weil ihnen die alten Parteien nicht mehr ge-nügten oder weil sie in dem neuen Lager bessereGelegenheit fanden‚ihren persönlichen Ehrgeiz zu be-friedigen.Je mehr die sozialistische Bewegung in die Breitewuchs, je größere Wahlsiege sie zu verzeichnenhatte, desto maßgebender wurde der Einfluß dieserSchicht. Diese aus dem Lager des deutschen Bürger-tums abgewanderte Kaste, die auf Grund ihrer Ab-stammung eine bessere Ausbildung genossen hatte,als die große Mehrheit der Arbeiter und sich infolge-dessen für die Vertretung in den Parlamenten und an-dere wichtige Posten, welche die Partei zu vergebenhatte, besser eignete, fand besonders in dem Beam-tentum der Gewerkschaften, dessen Bestrebungenausschließlich auf die Kleinarbeit des Tages eingestelltwaren, eine Stütze.

Mutlose Millionen"Es ist bezeichnend, daß eine Partei, deren Anhänger imVolke nach Millionen zählten und die im Laufe der Jahre eineOrganisation aufgebaut hatte, wie sie vielleicht nie in derGeschichte einer anderen Bewegung zur Verfügung stand, inder ganzen Zeit ihres Bestehens sich nie dazu entschließenkonnte, einen ernsten Versuch zu wagen, die schmählichenpolitischen Zustände im Reiche umzugestalten und einer,wenn auch nur bürgerlichen, Demokratie den Weg zu bah-nen. Wenn man erwägt, was viel kleinere Bewegungen inden meisten Ländern Westeuropas auf diesem Gebiete zu-stande brachten, so wirkt diese Tatsache geradezu beschä-mend.Sogar so verrottete und schmachvolle politische Einrichtun-gen wie das DreiklassenWahlrecht in Preußen, das einem

Die autoritäre Arbeiterbew

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Bordellbesitzer auf Grund der Einkommenssteuer eine Ver-tretung gewährte, die sie dem schlechter bezahlten Arbeiterverweigerte, und die berüchtigte preußische Gesindeord-nung, welche Dienstboten und Feldarbeiter noch immer alsHörige behandelte und unter das Joch eines in allen ande-ren Ländern längst überwundenen Feudalrechts zwang, er-hielten sich im größten deutschen Staate bis zum Ende des1. Weltkrieges" (S. 47)."Eherne Gesetze" des Marxismus führen zur PassivitätRocker weist nach, daß eine bedeutende Ursache des Nie-derganges der deutschen Arbeiterbewegung in der Hin-wendung zum Marxismus bestand:Bei dem internationalen Sozialistenkongress in Brüsses imJahr 1891 z. B. wurde besonders die Frage, wie man derGefahr eines herannahenden Weltkrieges begegnenkönnte, erörtert. Die Marxisten haben bei diesem Kongess

einen Antrag eingebracht, der hervorhob, daß derMilitarismus eine unvermeidliche Folge des kapita-listischen Ausbeutungssystems sei. Deswegen seieinzig und allein eine sozialistische Gesellschafts-ordnung imstande, den Krieg abzuwenden. Demzu-folge müssten sich alle, die den Krieg ablehnen,dereinzigen und grundsätzlichen Friedenspartei an-schließen: der SPD. Zum Schluß erklärte die Resolu-tion, daß die Verantwortung für die Katastropheeines Weltkrieges vor der Menschheit und vor derGeschichte allein den herrschenden Klassen zufalle.Rocker dazu:"Im Grunde sagte diese Entschließung überhauptnichts, was zu einem praktischen Versuch der Ar-beiterklasse zur Verhinderung des Krieges Bezughatte. Ihr fatalistischer Gedankeninhalt konnte nurdazu beitragen, daß sich die Arbeiter mit demfurchtbaren Übel als mit einer unvermeidlichen Tatsa-che abfanden und die Beseitigung des Krieges dersozialistischen Gesellschaft der Zukunft überließen.Kein Wort, das die Arbeiter daran erinnerte, daßohne ihre Mitwirkung als produzierende Klasse derKrieg unmöglich war. Es kam den Verfassern jenerEntschließung überhaupt nicht zu Bewußtsein, daßsie mit ihrer Stellung jede praktische Bedeutung derArbeiterbewegung für die notwendigen Aufgabender Gegenwart in Abrede stellten. Denn schließlichkonnte man Jedes soziale Gebrechen auf die Exis-tenz der kapitalistischen Gesellschaft zurückführen.

Maulheldentum und Rechthaberei"Mit Schlagwörtern, die nichts besagten, täuschte man an-deren eine revolutionäre Gesinnung vor, wo nur Philister-dumpfheit und Unfehlbarkeitsdünkel zu Hause waren. Siehaben Haare gespalten und Mücken geseit, anstatt imVolke das Gefühl der menschlichen Würde und den leben-digen Glauben an die eigene Kraft zu erwecken, die ge-rade in Deutschland, wo es an revolutionärenÜberlieferungen fehlte, nötig waren. (...)Die Deutsche Sozialdemokratie hat nichts getan, um dasVolk zum Handeln anzuregen, seine Zuversicht zu stärkenund ihm den Mut zur Tat einzuflößen. Sie begnügte sichsich mit Redensarten und Wahlerfolgen, mit denen mankeinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken konnte. In Bel-gien und Schweden brachte die sozialistische Arbeiter-schaft immerhin den Mut auf, zum Mittel des politischenMassenstreiks zu greifen, um die Regierung zur Einführungdes allgemeinen Wahlrechts zu nötigen. In Preußen abersträubte sich die große Mehrheit der sozialistischen Füh-rerschaft zum gleichen Mittel zu greifen. Sie unterstützte

wegung

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die belgische Arbeiterschaft in ihrem Kampfe mit gro-ßen Summen; sie selbst aber wagte nicht, im eigenenLande dieselben Wege zu beschreiten. (...)

Klassenkampf-PhrasenIn keinem Lande wurde so viel und bis zum Überdrußvon Klassenkampf und Klassenbewußtsein gesprochen,wie gerade in Deutschland. Und doch ging man nir-gends jeder ernsthaften Entscheidung so behutsam ausdem Wege wie hier. Nur so läßt es sich erklären, daßin einem Lande, das über fünf Millionen politisch undgewerkschaftlich organisierter Arbeiter zählte, und wonoch kurz vor dem Siege des Faschismus rund zwölfMillionen sozialistische und kommunistische Stimmenabgegeben wurden, ein Hitler die Macht an sich reißenund im Handumdrehen die gesammte Arbeiterbewe-gung zertrümmern konnte, ohne daß sich auch nur einFinger dagegen rührte. In Italien brauchte Mussolini im-merhin zwei volle Jahre, bis er mit der Arbeiterbewe-gung fertig wurde. (...)Die ganze Art unseres Denkens war noch zu sehr indem feinen Geäste toter Begriffsbildungen verstrickt, diefür die sozialistische Gedankenwelt in Deutschland sobezeichnend waren. Wir sahen alle Dinge in einem be-sonderen Lichte und waren für Jede andere Anschau-ung einfach farbenblind ..." (S. 51).Die Entstehung des Anarchismus in DeutschlandEs gab natürlich auch viele Menschen, die dem Zentra-lismus, dem Parlamentarismus und dem autoritärenMarxismus skeptisch gegenüberstanden. 1897 wurdedie "Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften"(auch Lokalisten genannt) gegründet. Sie hatte vor Aus-bruch des Krieges 8.000 Mitglieder. Die Lokalisten hat-ten sozialdemokratische Anschauungen, dochunterschieden sie sich durch den föderalistischen Cha-rakter ihrer Organisation von den großen gewerk-schaftlichen Zentralverbänden.Die Führer der gewerkschaftlichen Zentralverbände, diein der SPD einen immer größeren Einfluß bekamen,setzten durch, daß sich die Lokalisten innerhalb einesJahres den Zentralverbänden anzuschließen hätten. An-dernfalls würden sie aus der SPD ausgeschlossen. EinTeil ging in die Zentralverbände‚ ein anderer Teilmachte als "Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaf-ten" weiter und entwickelte sich immer mehr zum Syndi-kalismus.Nach dem 1. Weltkrieg gründete diese Organisation ‚zusammen mit anderen kleinen Gruppen die "Freie Ar-

beiter Union Deutschlands" (FAUD) und erreichte einenMitgliederbestand von 120.000. In den Arbeiterbörsen,dem Herz der anarchosyndikalistischen Bewegung,spielte sich neben der Diskussion um Gewerkschaftsauf-gaben das kulturelle, kommunikative und teilweise dasfamiliäre Leben der in der FAUD organisierten ab.1922 hatte die FAUD 410 Ortsvereine (kleinste Einheitder Organisation). Außerdem gab es folgende Industrie-föderationen: Bergarbeiter, Bauarbeiter‚ Metallarbeiter,Holzarbeiter, Arbeiter im Bekleidungs- und Verkehrsge-werbe. Die FAUD entwickelte sich schnell weiter undhatte auf dem Höhepunkt ihrer Organisationsgeschichte200.000 Mitglieder. Neben der Verbandszeitung "DerSyndikalist" gab es noch folgende Publikationen: "Dieschaffende Frau" (monatlich), "Der Arbeitslose" (14-tägig) , "Proletarisches Kinderland" (14-tägig), "JungeAnarchisten" (anarchosyndikalistische Jugend), die "In-ternationale" (ab 1927 für theoretische Fragen). Die ein-zelnen Industrieförderationen hatten ihre eigenen Blätter;verschiedene Kulturzeitungen gab es auch noch.Die FAUD war Mitglied der Internationalen Arbeiter-As-soziation (IAA). Die IAA war der internationale Zusam-menschluß der Anarchosyndikalisten und nicht eineVereinigung von politischen Pareien. 1922/23 hattendie Landesverbände der IAA folgenden Mitgliederbe-stand (Auszug): Argentinien 200.000, Italien 500.000‚Portugal 150.000, Schweden 22.000‚ Spanien1.000.000, Frankreich 100.000, Norwegen 3.000,Holland 22.500, Chile 20.000. 1933 wurde die FAUDvon Faschismus zerschlagen.

AnmerkungenDie von mir im Selbstverlag 1978 herausgegebenezwölfseitige kleine Broschüre "Anarchismus – Was istdas?" hatte eine Auflage von 500 Exemplaren. "Die au-toritäre Arbeiterbewegung" ist ein Kapitel aus diesemHeft. Die längeren Zitate von Rudolf Rocker entstammenfolgendem Buch:Rudolf Rocker: "Aus den Memoiren eines deutschenAnarchisten", Suhrkamp Verlag, 1974, 400 SeitenEs ist durchaus erstaunlich, wie wenig sich im Laufe derJahrzehnte, ja der Jahrhunderte, geändert hat.QUELLE: http://www.machtvonunten.de/linkspartei-spd/191-die-autoritaere-arbeiterbewegung.html

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https://www.lilabi.net/

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AUTO – RITÄTGaspedal in D-Land immer rechts,da weiß MANN wo hinzutreten ist.An der Ampel bei ROT schnell durch.Puh, geschafft.

Wenn der Starenkasten strahlt:Bremse in der Mitte!Bitte: nur leicht an tippen,nicht so heftig wie der Fuß auf dem Gaspedal…

...drückt, das wäre ja verrückt.

Gekuppelt wird LINKS unddarüber hinaus geknüppelt was das Zeug hält.In Richtung geradeaus wo die Sonne nicht mehr scheint,verfolgt von sich langsam lichtendem (Auspuff-)Nebel.

Am Nerv der Zeit wird Benzin & Diesel geschluckt.SUPER„Blei-mit-ohne“, NORMAL ist das alles nicht,sondern SUPER PLUS.

In der „AUTOSAUNA“ wird gewedelt,geschruppt und auch gefeudelt.MÄNNER „wachsen“ über sich hinaus…„Glänzende“ Aussichten für Autos:

...und für die, die AUTOS lieben.

…….……..

Tempolimit ist grün, stinkt nach BIO und zu langen Halbwertszeiten von Atommüll;nach Käse stinkende Füße wollen weiter auf Gaspedale treten!Obacht „TEMPO 30 ZONEN“, Aufgepasst in SPIELSTRASSEN:AUTOS haben immer Vorfahrt, vor allem wenn erfolgreiche deutsche Männer darin sitzen.

MaWi, 14.04.17 geschrieben am CAR-Freitag

AUTORITÄT

Anleiten, anleinen, anschreien.Führung an der Nase, am Verstand herum.Vormund, „Unmund“ , Unmündigkeit.Befehlen & Gedanken stehlen.Gesagt bekommen wo es lang geht.Imperatives Substrat.Fordern, auffordern & „aufborden“.Ein Wille weicht Befehl.Vorbild bildet Bildungslücken.Richtung weisen & den Verstand abspeisen.Verpflichtet sein.Dienend & kniend.Gehorsam für den Brosam`.Sich beugen und guten Willen bezeugen.Obrigkeit gleich Heiligkeit.Macht macht mobil.Legitimation trotz Irritation.Akzeptanz schafft trüben Glanz.Herrschaft idolisieren.

Sein Selbst idiotisieren…

MaWi*, 23.03.2017

*Fachautorität

- RESPEKTIER` MEINE AUTORITÄT!

* warum sollte ich das tun?

- WEIL ES IN STEIN GEMEISSELT IST!

* steine werden zu kieseln, zu sand und schließlich

vom wind fortgeweht.

- WEIL ES AUF PAPIER GESCHRIEBEN STEHT!

* papier ist geduldig und zerfällt zu staub.

- WEIL DAS GESETZ ES SO VERLANGT!

* die gesetze sind von dir gemacht.

- WEIL ICH DEN RICHTIGEN WEG KENNE!

* ein weg, der nicht der meine ist.

- WEIL ES SCHON IMMER SO WAR!

* …..

MaWi, 30.04.17, des Antwortens müde...

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Bessere Welt

Ich träume von einer besseren Welt.Einer Welt ohne Terror, Hass und Gewalt,einer Welt der Liebe, Freiheit und Solidarität.Einer Welt der Hoffnung und Zuversicht.einer Welt ohne Grenzen und Herrschaft,in der wir alle gleich sind, egal woher wir kommen.Es ist ein Traum, aus dem ich nicht mehr aufwachen will.Ich lächle und bin zufrieden, halte deine Hand,als könnte unser Glück für immer sein.Solange diese bessere Welt nur ein Traum ist,müssen wir vereint dafür zusammen stehen !

Alex / 20.12.2016

Keine Revolution ohne Liebe

Einmal in der Woche treffen sich die Anarchist*innen in ihrem Zentrum, um die gesellschaftliche Revolution voranzutreiben. Es werden Pläne für neue Aktionen geschmiedet: Vorträge, Küfa, Konzerte, etc. Sie sitzenkonzentriert zusammen, vermeiden jede Art von Ablenkung. Es geht schliesslich um die gemeinsameSache. Das grosse Ziel. Sie legt ihre Hand unter dem Tisch auf seinen Oberschenkel. Er nimmt sie sofort vondort wieder weg, ohne seine Gefährtin dabei anzu-schauen. „Nicht jetzt, nicht hier. Was sollen denn bloss die Anderen denken ? Später vielleicht „ , denkt er. Beleidigt schaut sie kurz zur Seite. „Warum nicht jetzt ?Warum nicht hier ? Wir sind doch alle frei und selbstbe-stimmt; so steht es hier auf dem Papier.“, fragt sie sich. Sie versucht sich auf den TOP zu konzentrieren, aber ihre Gedanken kreisen. Sie würde ihn jetzt so gerne küssen. „Schon 1 Stunde. Kann mensch denn keine Pausezwischendurch machen ? Liebe für alle ! Das sollte in unseren Grundsätzen stehen. Liebe überall und zu jederZeit. Das war doch schon das Motto unserer Eltern. Dass wir heute hier sitzen, haben wir ihnen zu verdanken.Sie sind damals für ihre Rechte auf die Strasse gegangen.Für die sexuelle Freiheit ! Die waren damals nicht soprüde. Ich lasse ihn lieber jetzt in Ruhe, ich möchte ihnnicht vor seinen Freunden blamieren. Gleich ist das Plenum bestimmt zu Ende. Dann werde ich mal mit ihmdarüber reden. Ich liebe ihn so sehr ! Wo sind wir gerade? Kapitalismuskritik ? Wie unsexy. Letzter TOP. Ein Glück !Wenn wir den Kapitalismus durch Liebe ersetzen, ist dieWelt für immer gerettet. Warum schauen mich plötzlichAlle an ?

Ups, habe ich das gerade etwa laut gesagt ?!“

Alex / 15.01.2017

Mein tierischer Freund

Neulich war ich mit einem Kumpel in der Kneipe. Wir suchten uns einen Tisch aus und setzten uns gegenüber in die Bänke. Neben uns waren nochPlätze frei, auf die sich gerne auch noch jemenschhätte setzen können. Wir unterhielten uns über Gottund die Welt. Plötzlich kam ein Hund zu unserem Tisch und setzte sich neben mich auf die Bank. MeinKumpel und ich waren sehr überrascht. Es war einsehr schöner Hund mit glänzendem, dunkelbraunenFell. Er (es war ein er !) wollte anscheinend mit mir kuscheln; er schmiegte sich ganz eng an mich undsteckte seine Schnauze unter meinem Arm her, so dass ich ihn umarmte. Sein Herrchen sass an der Theke, sagte aber nichts zum Verhalten seines Gefährten. Mir machte es nichts aus, ganz im Gegenteil, ich habe die Nähe des Hundes genossen. Ich habe ihn gefragt, ob er etwas trinkenwolle, aber leider keine Antwort darauf erhalten. Der Hund blieb noch ein bisschen bei uns sitzen. Irgendwann schienen wir ihm zu langweilig gewordenzu sein, vielleicht auch, weil wir keine gemeinsamenGesprächsthemen hatten und er ging zu seinem Besitzer zurück. Jetzt weiss ich zumindest, warum viele Menschen so ein enges Verhältnis zu ihren tierischen Freunden haben.

Alex

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Ralf Burnicki

Im Kapitalismus bzw. in einer kapitalistischen Gesellschaftgeht es zentral um die Schaffung von Profit. Ein sol-ches Gesellschaftssystem ist ökonomiezentrisch undprivilegiert ökonomische Ziele gegenüber anderen In-teressen, z.B. dem menschlichen Interesse an Freund-schaft, Gemeinschaft, Kultur, Kunst usw.. In einemkapitalistischen Gesellschaftssystem wird versucht,sämtliche Interessensbereiche auf ökonomische Defini-tionen hin auszurichten und der Ökonomie - also Pro-fitinteressen - unterzuordnen.

So wird verstehbar, dass sogar Kunst noch einen Wert er-hält im Sinne von Geld und Verkaufswert.Der Kapitalismus lebt davon, sozialeAusdrucksformen in Waren zu ver-wandeln. Ein kapitalistisches Ge-sellschaftssystem bedeutetfolgerichtig, dass Menschen sichin ein gegenseitiges Verhältnisbringen, das einem Warenver-hältnis entspricht, also voneinan-der profitieren lernen undFreundschaften als Zweck-Mittelrelationund Beziehungen als rationale Nutzverhältnisse verste-hen sollen. Kapitalistische Werte werden verinnerlicht,dazu gehören die Aufwertung des Konkurrenzgedankensund des Wettbewerbs, des Leistungsstrebens, das Einteilenvon Menschen in angebliche „Sieger“ und „Verlierer“, diegeistige Hochstellung materiellen Besitzes, die Umwand-lung subjektiver und dem System geschuldeter Unzufrie-denheit in eine gesellschaftskonforme Strategie derSelbstbelohnung, also in Konsum und Eigentumsvermeh-rung. Menschen lernen früh, kapitalistische Werte zu verinnerli-chen und nicht zu hinterfragen, lernen sich als Konkur-rent*innen im Kampf um Ressourcen zu begreifen, lernen,sich stets zu vergleichen, beispielsweise bei Leistungsmes-sungen in der Schule über Notensysteme und durch Lobdort, wo es im Unterricht in Wahrheit um Anpassung vonMenschen an fremdbestimmte Situationen geht unddarum, bedürfnisferne Kompetenzen zu entwickeln, umspäter für die Wirtschaft und ihre Zwecke verwertbar zusein. Erreicht ein junger Mensch dann das Ziel, einenguten Abschluss zu erhalten, geht es mit hoher Geschwin-digkeit weiter, denn die Arbeitsgesellschaft verlangt nachSubjekten, die jung und dynamisch sind, stets in Bewe-gung, denn Stillstand verhindert wirtschaftliches Wachs-tum. Die kapitalistische Moderne mit ihrem Appell anhohe Geschwindigkeiten hat dabei zur Konsequenz, dass

der Mensch verschwindet, weil er zum Partikel verkommt,das in den gesellschaftlichen Strom geworfen wird, sichzum Leistungsfaktor entmenschlicht und wir dies auchnoch mit dem Begriff der „Individualität“ und „Freiheit“verherrlichen. Als Lohn für seine herrschaftskompatible Individualitätsteht der kapitalistische Konsumbereich bereit mit vielfälti-gen Produkten, die keiner wirklich braucht, die aber dasGefühl vermitteln, durch ihren Kauf ein besondererMensch zu sein. Auf diese Weise erklärt sich der Marken-hype, oder dass wir Uhren kaufen, wasserdicht bis hun-dert Meter, obwohl wir keine Taucher sind, oder

Geländewagen, mit denen man durch eine Wild-nis fahren könnte, mit denen wir als urbane

Wesen allerdings im nächsten Stau ste-cken bleiben. Hierbei bringt sich daskapitalistische System in Schwung. Sozitieren die ArbeitsphilosophenSchnack und Gesterkamp in ihremBuch „Hauptsache Arbeit“ den Phi-losophen André Gorz:

„Die Individuen davon zu überzeu-gen, dass die ihnen angebotenen Kon-

sumgüter die während der Arbeitszeiterforderlichen Opfer bei weitem ausgleichen unddass sie eine Nische privaten Glücks darstellen, diedem allgemeinen Schicksal zu entfliehen erlaubt –das ist die klassische Aufgabe der Werbung“ (Reinbek1996, S. 49). Die Verheißung lautet: Wenn du schon nicht glücklich wer-den kannst, dann kauf dir Ersatz. Kauf dir „happiness“.„Doch die „Konsumgesellschaft, die zur Erlebnisge-sellschaft geworden ist, verabreicht ihren vergnü-gungshungrigen Mitgliedern immer stärkere Dosen.Mitten im Überfluss entsteht so stets aufs Neue dasGefühl von Knappheit. Die meisten Menschen reagie-ren darauf mit Hilfe der Ideologie, die sie im Laufeder letzten 150 Jahre tief verinnerlicht haben: Arbeit,Arbeit, Arbeit“ (Schnack/Gesterkamp, S. 58). Die Philosophen der Kritischen Theorie Theo W. Adornound Max Horkheimer schrieben es nicht anders: „Die Ge-walt der Industriegesellschaft wirkt in den Menschenein für allemal. Die Produkte der Kulturindustrie kön-nen darauf rechnen, selbst im Zustand der Zerstreu-ung (schnell) konsumiert zu werden. Aber ein jeg-liches ist ein Modell der ökonomischen Riesenmaschi-nerie, die alle von Anfang an, bei der Arbeit und derihr ähnlichen Erholung, in Atem hält...“(Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, Frank-furt/M. 1971, S. 114). Und so bleiben wir in einem ewi-

Warum ich gegen den Kapitalismus bin...

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gen Kreislauf menschlicher Sackgassen, rennen weiterund weiter, passen uns und andere an, währendMenschlichkeit durch das ökonomische System jedenTag unterlaufen wird. Was uns angesichts dessen bleibt, ist der Versuch, nichtden kapitalistischen Verheißungen nachzurennen undeine kritische Distanz zu kapitalistischen Werten. Setzenwir statt auf Konkurrenz auf Solidarität, dazu gehörtSolidarität mit jenen, denen es nicht gut geht, Solidari-tät mit Benachteiligten, die Solidarität mit den Armenhier und in der Welt, die Solidarität mit Geflüchteten,bauen wir auf Freundschaft statt auf Nutzbeziehungen,

setzen wir auf Entfaltung unserer wirtschaftsfernen Fähig-keiten, machen wir uns nicht zur Ware. Setzten wir aufLangsamkeit statt Eile, auf Selbstentfaltung und Muße stattauf Leistungsstreben, setzen wir auf Phantasie statt Karrie-replan, auf Selbstbestimmung statt Gehorsamkeit, machenwir uns als Menschen zum Selbstzweck und nicht zum Mit-tel für materiellen Profit, und hören wir auf, so zu tun, alswäre mit Konsummöglichkeiten die Aussicht auf Glück be-reitgestellt. Hören wir auf mit dem kapitalistischen Lebenals Gesamtfließband. Es gibt kein richtiges Leben im Fal-schen, sagte der Philosoph Adorno, hören wir also mitdem Falschen auf.

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Schon Marx erkannte, dass man Arbeit in „nützli-che“ und „unnütze“ Arbeit unterscheiden kann.Die nützliche Arbeit ist jene, die vollbracht wird,um ein Produkt aus dem Naturzustand in einendem Menschen nützlichen Zustand zu bringen. Un-nütze Arbeit ist die Beschaffung von Tauschwerten.Wenn eine Person nun etwas herstellt, was ihrnicht nützt und sie nicht braucht, sie es aber trotz-dem macht um einen Wert zu erzeugen, den siegegen etwas tauschen kann, das sie braucht, so istdies die Erschaffung von Tauschwerten. Sei es nundie Arbeit für Geld, um es zu tauschen, oder fürNaturalien (Weizen, Milch, usw.), so wird hier dieLinie gezogen und die Erschaffung eines reinenTauschwertes kritisiert. „Wo ihn das Kleidungsbedürfnis zwang, hat derMensch jahrtausendelang geschneidert, bevor auseinem Menschen ein Schneider ward“, schrieb Marx(MEW, Band 23, 24. Auflage, S. 57). Fernab desTauschwertes wird hier nun die gesellschaftliche Ver-zweigung angesprochen. So wie der/die Bäuer*indas Korn geerntet, damit die Tiere gefüttert undspäter Ressourcen von diesen Tieren erhalten hat, sohat man auch selber gewebt, genäht, gegerbt undProdukte für sich erschaffen. Was dann über warwurde zum Tausch freigegeben, jedoch wurdenichts rein für den Tausch produziert. Die industrielle Gesellschaft hingegen trennt Arbei-ten auf, sodass der Mensch nur noch einen be-grenzten Wissensschatz hat, was man produzierenkann. Der Mensch ist gezwungen zu tauschen, weiler nicht mehr alles Lebensnotwendige selber fertigenkann, zeitlich gesehen sowie von den Fertigkeitenaus. Das Anbauen und Ernten machen Fachkräfte,und speziell ausgebildete Arbeiter*innen schwei-ßen, schrauben oder stellen etwas anderes her. DieArbeit, die in einem Produkt steckt wird nun zerlegt.Tätigkeiten, die selbst in der Industrialisierung alsAlltägliches betrachtet wurden, werden nun teil-weise vom Individuum outgesourct wie die Alten-pflege, das Kochen oder die Kleinkindbetreuung.

Was diese Berufe gemeinsam haben ist der Weg vom Be-dürfnis hin zum Beruf. Das Kleidungsbedürfnis war da, ge-nauso der Hunger oder das Bedürfnis nach einem Dach überden Kopf. Nur war die Industrie zu Marx' Zeiten nicht sofortgeschritten wie heute. Die Werbung steckte noch in denKinderschuhen, und man bewarb sein Produkt lediglich inKonkurrenz zu anderen. Jedoch war es ein und das selbeProdukt, wenn man konkurrierte. Was überzeugt den Käufer das eigene Produkt zu kaufenund nicht das der Konkurrenz? Es sind Abstraktionen bzw.Ideologismen. So kann das eine Auto „Reichtum“ suggerie-ren, das andere signalisiert „Freiheit“. Die Entfremdung desProduktes, die bisher darin lag, dass man nicht mehr einenStuhl für sich selbst herstellte, sondern etwas, das sich gegeneinen Stuhl eintauschen lässt, geht nun weiter und benenntnicht mehr das Produkt oder den Tauschwert sondern dasGefühl, das man mit einem Kauf erwirbt. Man kauft keinenTeller mehr, sondern Schmidts Edelkeramik Besteck unddamit erwirbt man den Anschein wohlhabend zu sein. Mankauft nicht mehr den Gebrauchswert an sich, sondern denWert, der dem Produkt anhängt. Diese Denkweise, etwas zu

Pascal Tücke

Die Produktion des reinsten Tauschwertes

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verkaufen, indem man es mit etwas verknüpft, das zwarauch ein menschliches Bedürfnis ist, jedoch nicht materiellbefriedigt, lässt die Produktion erblühen.Man denkt sich nun ein Produkt aus und erschafft dafürdann die Nachfrage. Sei es nun ein Smartphone, das fürmenschliche Vernetzung steht, eine Packung Chips , die Ge-selligkeit suggeriert oder ein Kredit, der Freiheit verspricht,es wird hauptsächlich Vernetzung, Geselligkeit und Freiheitverkauft. Durch die Werbung wird das Verlangen danacherschaffen und es werden die Metawerte über das Produktgestellt. Wer möchte keine Vernetzung? Keine Geselligkeit?Keine Freiheit? Diese Fragen schwingen mit diesem Produktmit und die Möglichkeit, diese Bedürfnisse anders als durchdiese Produkte zu befriedigen, wird ausgeblendet, wennnicht gar verteufelt. Wo zu Beginn das Bedürfnis des Menschen zur Bildungeiner Produktion und eines Berufes beitrug, ist es nun umge-kehrt und Produktion bzw. Beruf erschaffen das Bedürfnis.Der reine Blick auf die Schaffung eines Tauschwertes führtnun dazu, dass Produkte erschaffen werden, die wenig Ge-brauchswert innehaben. Es werden also Arbeitsmittel dafürverwendet, etwas zu schaffen, von dem dieKonsument*innen noch überzeugt werden müssen, dass siees brauchen. Aber nicht immer ist etwas voll und ganz unnütz, was be-worben wurde. Nimmt man Mikrowellenöfen, Waschma-schinen oder anderes elektrisches Arbeitsgerät, so wurdedarin die Nützlichkeit, die Zeit- und/oder Kraftersparnis imAlltag gesehen und gesellschaftlich angenommen. Durch

die Werbung wurde der Artikelverbreitet. Später, da die Argu-mente auf dem Tisch liegen, diedafür sprechen diese Produkte zukaufen, müssten sie eigentlichnicht beworben werden. Sie sindverbreitet genug und haben Nütz-lichkeit inne, von der der Menschnicht überzeugt werden muss. Schlussendlich kann man sagen,dass Produkte, die mit Abstraktio-nen bzw. Ideologismen beworbenwerden müssen, die Schaffungeines reinen Tauschwertes bedeu-ten und dass diese Produkte, fürdie ein Bedürfnis erschaffen wer-den muss, damit sie gekauft wer-den, wahrlich unnütz sind undeine neue Stufe des Unnützen er-öffnen.

Wahl - Gedicht

ich soll wieder kreuze machen,dabei werde ich älter, bin betroffenvon voranschreitendem sehschärfeverlust,von zunehmender orientierungsosigkeit,

wen wähle ich das nächste mal?die, die sozial sind?die, die unsere umwelt retten?die, die wissen, was gut für uns ist?

sollen doch die auch mal ran,an die fleischtöpfe,sollen die, die sich für uns krumm legen,sich mal so richtig satt essen.

wir stellen uns da gerne an,in die Schlange vor den fleischtöpfen.seh ich da nicht richtig,wieder mal desorientiert?

was will ich als vegetarier,fast veganer gar,bei diesen fleischtöpfen?mal einen blick riskieren?

da steht was auf dem grund des leeren topfes,das erkenne ich,selbst ohne brille:made by sozialdemokratie

@rti

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Ralf Burnicki

Parteisozialismus,Syndikalismus oderAnarchismus?Ein Ausschnitt aus der Geschichte des Anarchosyndikalismus(1919-1922)Im folgenden Beitrag wird exemplarisch (begrenztauf die Zeit unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg)dargestellt, was die Menschen einst zum Anarcho-syndikalismus brachte und inwiefern er heuteebenso sinnvoll ist.

Bevor Ende des 19. Jahrhunderts der Zentralisie-rungsprozess der deutschen Gewerkschaftsbewegungeinsetzte, war gewerkschaftlicher Lokalismus durchausselbstverständlich. Im 19. Jahrhundert vereinigten sichdie Arbeiter*nnen zu lokalen Berufsorganisationenohne »durchstrukturierte Führungsinstanzen« (Rübner1994, S. 24), stattdessen über direkte Delegationsfor-men und basisdemokratische Entscheidungsfindungmit dem Ziel der genossenschaftlichen Produktion.Hier lagen (unter anderem) auch die pragmatischenAnsätze des Syndikalismus (Syndikat = Gewerkschaft)mit seinen lokalistischen Organisationsbestrebungen. Bis dahin jedoch waren viele Arbeiter*innen eher so-zialdemokratisch orientiert. 1878 bis 1890 bedrohtedas »Sozialistengesetz« jegliche politische Tätigkeitvon Arbeiter*innen-Vereinigungen. Dies hatte zurFolge, dass überregionale Kooperationen – da illega-lisiert - durch ein Vertrauensleutesystem organisiertwerden mussten. Durch diese Organisationsform wur-den die lokalen Arbeiter*innen-Organisationen undlokal orientierten Gewerkschaftsteile gestärkt, ihnenfiel eine »entscheidende Funktion für den Fortbe-stand der informellen Organisationsstruktur derArbeiterbewegung zu, was nicht unwesentlich zurStärkung ihrer Selbstständigkeit« gegenübereiner ‚sozialistischen’ Parteiführung - namentlichder damaligen SPD - beitrug« (vgl. Rübner 25). An-fang des 20. Jahrhunderts radikalisierte sich der Streitum den politischen Weg der Arbeiter*innenbewe-gung(en): Sollte eine sozialistische Gesellschaft übereinen zentralistischen (mit einer Partei als politischer

Spitze) oder einen gewerkschaftlichen Weg herbeigeführtwerden? Die damalige »Freie Vereinigung deutscher Ge-werkschaften« (FVdG) war selbst in dieser Frage gespalten.Zwar hätten - so vertrat z.B. Arnold Roller eine typisch syndi-kalistische Position - »die Gewerkschaften ... die Auf-gabe, in der Zukunft die Produktion zu übernehmen«und sie seien daher das Embryo der Produktion undNeuorganisation nach Beseitigung des Kapitalismus«(Roller in Rübner 29), aber sozialrevolutionäre Tendenzenblieben in der Minderheitenposition (Rübner 30), und auchder lokalistische Ansatz wurde von SPD-nahen Mitgliedernder FVdG nicht geteilt. Eine lokalistisch-revolutionäre Aus-richtung fand sich hingegen beim organisierten Anarchis-mus, bei der »Anarchistische(n) Föderation Deutschlands«(AFD). Beide Organisationen, die FVdG und die AFD, grobsinnbildlich für Syndikalismus und Anarchismus, konnten sichaufgrund »beiderseitiger Meinungsverschiedenheiten inGrundsatzfragen« (Rübner ebd.) nicht zusammenschließen,beide Organisationen beharrten überdies auf einer Politikder organisatorischen Selbstständigkeit. Tatsächlich verfolgte nur eine Minderheit der Arbeiter*innen-schaft die Idee, gewerkschaftliche Organisationsform, lokaleSelbstorganisation und sozialrevolutionäre Ziele zu verbin-den. Dabei hatte sich eine solche Verquickung als zweckmä-ßig erwiesen in Zeiten staatlicher Repression, weil lokale unddezentrale Organisationsformen der Arbeiterschaft von einerRegierung schwerer zu handhaben und zu kontrollieren sindals eine zentralistische Führung mit ihren von oben nachunten zunehmenden Abhängigkeiten. Solche Abhängigkei-ten lassen sich kaum prägnanter ausdrücken als in einer For-mulierung des Bielefelder Kommunisten und AntifaschistenWilhelm Gertz im Rückblick auf die nationalsozialistischeMachtübernahme: »Wir waren bereit zum bewaffneten Wi-derstand. Wir warteten auf eine Anweisung der Partei. Siekam nicht. So blieben wir zu Haus« (mündlich gegenüberdem Verfasser).

Anarchosyndikalismus

Die gegen das Kaisertum und den staatlichen Autoritarismusgerichtete Revolution von 1918 sorgte in ihren rätesozialisti-schen Ansätzen jedoch für einen Aufschwung syndikalisti-scher und lokalistisch-dezentralistischer Ideen. Im Dezember1919 und unter Mitwirkung von Rudolf Rocker gründete sichdie FAUD(S), die »Freie Arbeiter-Union« mit anarchosyndi-kalistischer Zielsetzung. Ziel war ein (an der politischen Philo-sophie Peter Kropotkins angelehnter) Anarchokommunismus,der eine Selbstorganisation der Arbeiter*innenschaft wieauch der Bevölkerung in dezentral organisierten Förderatio-nen vorsah. Der Anarchokommunismus lehnt jegliche Regie-rung als illegitim ab und sieht im Gegensatz zum Marxismus

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(dessen »Diktatur des Proletariats« sowohl als Ökonomie-zentrismus wie auch als Herrschaftsform abgelehnt wurde)die Selbstbestimmung aller Einzelnen und Kollektive vor, diesich durch freie Vereinbarung kooperieren und deren Pro-duktion in Güterverteilung mündet (d.i. Abschaffung derGeldwirtschaft, Ausrichtung an Bedürfnisproduktion). Eineanarchistische Gewerkschaft war ins Leben gerufen wordenmit über einhundertelftausend Mitgliedern (Rübner 36).Viele Mitglieder waren geleitet von der Vorstellung, dass inder nachrevolutionären (nichtstaatlichen) Gesellschaft den'syndikalistischen Gewerkschaften' die Rolle zufiele, dieÖkonomie zu organisieren und zwar über Arbeiter*innen-Räte, die von den jeweiligen Belegschaften der Betriebeselbst bestimmt werden. Dieses Rätesystem verkörpert dieSelbstbestimmung der Arbeiter*innenschaft. Der föderativeAufbau der Gewerkschaft(en) sollte die Basis für eine breit-flächige Existenzsicherung der Gesellschaft bilden und diesozialen Funktionen des Staates ersetzen.

Das Hauptprinzip des Anarchosyndikalismus ist der »Ge-danke des freiwilligen gleichberechtigten Zusammenschlus-ses«: Der Föderalismus im Sinne von Arbeiter*innen- undKommunenassoziationen. Diese Idee beinhaltet im Umkehr-schluss die völlige Ablehnung zentralistischer (und somitauch staatlicher) Gesellschaftsorganisationen (Klan/Nelles1986, S. 29) und strebt einen »herrschaftslose(n) Sozialis-mus« an (R. Rocker in Klan/Nelles, 30). Die Vorstellungeines sozialistischen Staatsmodells wird somit zurückgewie-sen. Zur Regelung überregionaler Belange werden im Rah-

men der angestrebten dezentralistischen Organisations-form überlokale Informationsstellen gebildet, die jedochkeine Entscheidungsmacht auf sich vereinigen sollen undrotieren. Diese Organisationsidee wurde zur Zeit der Wei-marer Republik praktiziert: »Ausgehend vom lokalen Zu-sammenschluss der Arbeiter der jeweiligen Berufsbranche("Industrieföderationen") bildeten sich auf örtlicher Kreis-.Bezirks- und Provinzebene sogenannte "Arbeiterbörsen",lockere Verbindungen der autonomen Föderationen. Diesebesaßen keine Leitungen mit Weisungsrecht nach unten,sondern lediglich sogenannte "Informationsstellen" zumZweck der Koordination, des Meinungs- und Informations-austausches. Das galt ebenso für den Zusammenschlussder Arbeiterbörsen bis zur nationalen und internationalenEbene. So hatte etwa die von der Reichskonferenz ge-wählte "Geschäftskommission" in Berlin bis zur nächstenKonferenz lediglich informierenden und beratenden Cha-rakter, und die Bezirksinformationsstellen wechselten ausPrinzip immer zu anderen Arbeiterbörsen, um längerdau-ernde Informationsmonopole und Machtbildung zu verhin-dern« (Klan/Nelles 31). Bei dieser Organisationsform ging man vom anarcho-ge-werkschaftlichen Standpunkt aus: Aus den anarchosyndi-kalistischen Gewerkschaften sollte sich eine neue ökono-mische - basissozialistische - Ordnung bilden ohne Staatund auf Grundlage von Herrschaftsfreiheit und Partizipa-tion der Arbeiter*innen an der Gesamtorganisation inallen Fragen, die sie betreffen.

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Aktionen während der Märzrevolution 1920

Als sich während der Revolution 1918 in etlichenStädten „Arbeiter- und Soldatenräte“ bildeten, stelltesich schnell heraus, dass viele Räte der SPD nahestanden und das vorderste Ziel war, eine parlamenta-rische Ordnung zu installieren, anstatt die Ökonomieim basissozialistischen Sinne oder im Sinne eines Rä-tesystems - das den Arbeiter*innen mehr Partizipati-onschancen einräumen kann - umzugestalten. Diebürgerlichen Gewerkschaften hatten ebenso wie dieSPD keinerlei Interesse an einem Rätesystem(Klan/Nelles 60). Umgestaltung der Politik in Rich-tung auf einen Parlamentarismus, nicht aber Demo-kratisierung der Betriebe, so lautete die Devise. In denGewerkschaften trat eine Minderheit gegen diesenMissgriff auf, welche der Gewerkschaftsführung vor-hielt, auf systemverändernde Maßnahmen zu verzich-ten. Insbesondere bei Bergarbeitern kam es zumassenhaften Austritten aus den zentralistischen Ge-werkschaften und zur Hinwendung zu syndikalisti-schen Organisationsformen (Klan/Nelles 60 f.). Sobeispielsweise in der Hamborner Bergarbeiterbewe-gung 1918/19. Dabei trennten sich die Belegschaftenvon ihrer gewerkschaftlichen Führung und traten ge-schlossen der syndikalistischen »Freien Vereinigung«bei. Sie wählten in jedem Schacht Delegierte, die ihreInteressen vertreten sollten und beschlossen in Vollver-sammlungen darüber, ob Entscheidungen der Vertre-ter revidiert werden (Klan/Nelles 63). Der Übertritt insyndikalistische Organisationen war jedoch nicht aufBergarbeiter beschränkt. Beim Gründungskongressder FAUD(S) 1919 waren laut Geschäftskommission109 Delegierte anwesend, die 111.675 Mitgliedervertraten. Laut Klan/Nelles, die den rheinischen An-archosyndikalismus untersuchten, vereinigte dieFAUD(S) in Hamborn zu diesem Zeitpunkt über 9500Mitglieder (Bereiche: Bergbau, Bau- und Metallar-beit), in Düsseldorf 15.800 Mitglieder (Bau-, Kommu-nal-, Verkehrs-, Metallarbeit u.a.), in Duisburg über13.000 Mitglieder (Bergarbeit u.v.a.) und z.B. inMühlheim/Ruhr immerhin noch 8000 Mitglieder ausden Sektoren Metall-, Verkehrs-, Berg- und Bauarbeit,zudem Gerberei (Klan/Nelles 73). Als in Berlin am 13. März 1920 Teile des Militärsgegen die Koalitionsregierung (SPD, Zentrum, DDP)putschten (sog. „Kapp-Putsch“), reagierten die sozia-listischen Parteien und Gewerkschaften mit einem Ge-neralstreik, der am 15. März begann. Es kam zumassiven Kämpfen zwischen Arbeiter*innen und Frei-

korps (Klan/Nelles 75), zuletzt gelang es, das verhasste Mi-litär mit Hilfe einer selbstorganisierten »Roten Armee« ausdem gesamten Ruhrgebiet zu vertreiben. Die Putschisten ka-pitulierten am 17. März. Der Aufforderung der Berliner Re-gierung, den Generalstreik nun abzubrechen, kamen dieStreikenden jedoch nicht nach, weil die Regierung diese Auf-forderung nicht mit wirtschaftlichen oder politischen Zuge-ständnissen verband. Daraufhin ging die Reichswehr -diesmal im Einverständnis mit der Regierung - gegen dieAufständischen vor und marschierte ins Ruhrgebiet ein, teil-weise mit Truppen, die vormals zu den Putschisten gehörten(Klan/Nelles 76). Die Revolution im März 1920 brach zu-sammen. Dass die Interessen der Arbeiter*innen den Wider-stand gegen die Putschisten überstiegen und linksrevolutionärwaren (indem sie eine radikale Änderung der Betriebsorga-

nisation anstrebten) lässt sich beispielhaft am Mühlheimer»Vollzugsausschuss« zeigen, der überwiegend aus Syndika-listen und Kommunisten bestand. In seiner ersten Erklärungam 24. März forderte er die Wahl »revolutionärer Betriebs-räte«, welche die »Sozialisierung der Betriebe« (Aneignungder Betriebe durch die Arbeiter*innenschaft) zu organisierenhätten als »Keimzellen zukünftiger Gestaltung«. Aus den Be-trieben heraus sollten »Kommunalvollzugsräte« gebildet wer-den, um den »reaktionären Beamtenapparat zu reorga-nisieren« (Klan/Nelles 77; zit. E. Lucas, Märzrevolution, Bd.2, Frankfurt 1974, S. 48). Es wurden Kommissionen für die

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städtischen Betriebe, für das Gesundheits- und Wohlfahrts-wesen u.a. eingerichtet. Als der Direktor der städtischen Be-triebe den neuen Betriebsrat nicht anerkannte, wurde eraugenblicklich abgesetzt, der Betrieb wurde von den Arbei-ter*innen kollektiv weitergeführt (Klan/Nelles 77). Bei Thys-sen erledigten die Betriebsräte die Betriebsorganisationdermaßen erfolgreich, dass ein Mitglied der Familie Thys-sen mutmaßte, der Aufstand müsse von langer Handgründlich vorbereitet sein (Klan/Nelles 78). Laut Klan/Nel-les entsprach die Praxis des Mühlheimer Vollzugsrates »an-archo-syndikalistischen Grundsätzen und ... den Kollek-tivierungen spanischer Anarcho-Syndikalisten während derRevolution 1936/37. Auch dort gingen die ArbeiterInnenunmittelbar nach dem Militärputsch daran, die Produktionzu kollektivieren unter Ausschaltung einer staatlichen In-stanz« (Klan/Nelles 78).

Ein Beispiel konkreter Aktion: Die Unterstützung von Erwerbslosen

Ein konkretes Beispiel für die Denkweise innerhalb des his-torischen Anarchosyndikalismus war die Unterstützung vonErwerbslosen während ihres Kampfes um Lohn und Brot. ImApril 1923 kam es im Zuge der Inflation (die der Ruhrge-bietsbesetzung durch Frankreich folgte) zu Hungerrevolten.In Mühlheim/Ruhr gab es bewaffnete Auseinandersetzun-gen zwischen Erwerbslosen, die von der Stadt als »Not-standsarbeiter« eingesetzt wurden, und der Polizei. Umeine Lohnerhöhung zu erreichen zogen die Erwerbslosenvor das Rathaus, in dem sich die Beamten verbarrikadierthatten. Da die Stadtverwaltung sich querstellte, wurde dasRathaus und anschließend ein Waffenladen gestürmt. DerAufstand wurde nach 2 Tagen niedergeschlagen. Um dieFreilassung der Verhafteten zu erwirken, beschloss dieFAUD, einen 24-stündigen Generalstreik auszurufen undverlangte die sofortige Freilassung der Verhafteten sowieZahlung der Lohnforderung. Es folgten massive Repressa-lien der Polizei und der örtlichen Bürgerwehr, das Büro derFAUD wurde zerstört, viele Mitglieder der FAUD musstenaus der Stadt fliehen, um einer Verhaftung zu entgehen.Zum Generalstreik kam es nicht. Die FAUD wurde auchdeshalb angegriffen, weil sie sich dem Nationalismus ent-zog, der allenthalben herrschte und gegen den sie sichwandte. Der Kampf der Arbeiter*innenklasse solle sich nichtgegen andere Nationen richten, sondern gegen Kapitalis-mus und Militarismus. Damit »zogen sich die Anarcho-Syn-dikalisten nicht nur den Zorn der nationalistischen Kreisezu, sondern auch den der Arbeiterorganisationen«(Klan/Nelles 95).

Rückgang der FAUD

Da es FAU'ler*innen nicht nur um gewerkschaftliche Arbeitund den Kampf um Lohn und Arbeitsverhältnisse, sondernum die Utopie der Herrschaftsfreiheit geht, nannte sich dieFAUD(S) ab 1922 FAUD(AS), also FAU-Anarchosyndika-list*innen. Als Mittel der Revolution dienten die Propagie-rung des Generalstreiks, die Direkte Aktion und die Selbst-organisation der Arbeiter*innen. In Düsseldorf beispiels-weise gelang es Anarchosyndikalist*innen, mit ihrer Forde-rung nach Generalstreik bei spontanen Erhebungen eineführende Rolle zu spielen, gleichzeitig war die FAUD je-doch nicht in der Lage, viele Mitglieder an die Organisa-tion zu binden (Klan/Nelles 122). Der Rückgang deranarchosyndikalistischen Bewegung resultierte auch ausdem Druck der Zentralgewerkschaften, die FAUD-Mitglie-der als Unorganisierte betrachteten und aus den Betriebendrängten (Klan/Nelles 122). Und da »von Entlassungenbesonders radikale Arbeiter betroffen waren und in vielenBetrieben die FAUD sich nicht an Betriebsrätewahlen betei-ligte (Anmerkung: aufgrund ihrer Ablehnung von Stellver-tretungssystemen), verlor sie in vielen Fällen ihren inner-betrieblichen Einfluss« (Klan/Nelles 122). Im Ruhrgebiethatte der FAUD unter anderem der Ruhrkampf zugesetzt,zuletzt unterlag sie dem Druck der staatskommunistischenund nationalistischen Strömungen wie auch der staatlichenSanktion (vgl. Klan/Nelles 123). Dies alles führte zu Mit-gliederrückgang. Klan/Nelles ziehen folgendes Resümee:Das » Engangement in der Organisation war für viele Mit-glieder verbunden mit der Hoffnung auf eine baldige revo-lutionäre Umgestaltung. Als in den folgenden Jahren dieseHoffnungen enttäuscht wurden, war ein Großteil der Mit-glieder nicht mehr bereit, die Entbehrungen materieller Artauf sich zu nehmen und zog sich resigniert aus dem politi-schen Leben zurück« (Klan/Nelles 124). Insofern radikale

"Familientreffen" Berliner FAUD-Mitglieder und ihrer Angehörigen(ca. zweite Hälfte der 20er Jahre)

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und nicht innerhalb der betrieblichen Betriebsrats-strukturen verankerte Kräfte am schnellsten aus Betrie-ben entlassen wurden und die FAUD als revolutionäreOrganisation weiterhin jegliche Beteiligung an Be-triebsratswahlen ablehnte (diese wurden als reformis-tisch angesehen), sahen viele Mitglieder in der FAUDwenig Chancen, innerhalb einer überschaubarenZeitspanne konkrete Besserungen der Lebensverhält-nisse durchzusetzen und zogen sich zurück.

Betriebsräte als Sprungbrett zur Revolution?

Nun hatte zwar die Revolution von 1918 eine öffentli-che Aufwertung der Idee der Arbeiterräte erbracht,wodurch die Betriebsräte schließlich gesetzlich aner-kannt wurden, Funktionen übernahmen, welche dieRechte von Unternehmer*innen beschnitten und Ar-beiter*innen ein begrenztes Mitbestimmungsrecht er-hielten (vgl. Souchy 12), der Kapitalismus als solcherblieb jedoch unangetastet. Diese Verharmlosung derRäteidee bzw. die Orientierung an sozialer Reformstatt an Revolution wurde von Augustin Souchy des-halb nicht zu Unrecht als »Knochen« bezeichnet, »dervon der herrschenden Klasse den Arbeitern hingewor-fen wurde, um sie (zu) beruhigen« (Souchy 12). Ausseiner Sicht habe eine »fünfzigjährige Erfahrung ...das revolutionäre Proletariat gelehrt, dass die sozialeGesetzgebung den Weg zur sozialen Befreiung nichtebnet, sondern ihn verbaut«. »Das Proletariat« werde»in die Illusion gewiegt, dass es vom Staate etwas er-warten dürfe« (Souchy 12). Ähnlich verhält es sichdann auch mit der Installation von Betriebsräten undinnerbetrieblicher Mitbestimmung, als könnten die Ar-beiter*innen von den Kapitalist*innen eine Durchset-zung ihrer Interessen erwarten. Souchy verglichsolche Tendenzen mit dem irrationalen Glauben anübernatürliche Kräfte. Die FAUD als politische Organisation hatte – wieoben gesagt - die Beteiligung an Betriebsräten bzw.die Unterstützung von Betriebsratswahlen abgelehnt.Dennoch hatte sie es jedem Mitglied selbst überlas-sen, sich als einzelne Person daran zu beteiligen (vgl.Souchy 12). Dies war wohl unter anderem auch einefolgerichtige Reaktion auf die Entlassungen radikalerKräfte aus den Betrieben. Diese zweiseitige Positionwird bis heute in der FAU beibehalten. Dass dieFAUD als radikale Gewerkschaft die Unterstützungvon Betriebsratswahlen ablehnte, geht unter anderemauf folgende Annahmen zurück (vgl. Souchy 12 f.): - Betriebsräte gelten als Werkzeuge des Unterneh-mer*innentums, die nicht mehr die Interessen der Ar-

beiter*innenklasse vertreten (statt rascher Abschaffung desUnternehmer*innentums verschiebt sich die Handlungsper-spektive auf eine ungewisse Zukunft - die Idee einer 'allmäh-lichen Reform'). - Betriebsräte könnten Bestechungsversuchen der Unterneh-mer*innen eher nachgeben als Teile einer Belegschaft, weiles sich bei Betriebsräten um Einzelpersonen handelt. - Betriebsräte werden gesetzlich anerkannte Funktionär-*innen ('Autoritäten') und damit Teil der herrschenden Systems. Der Syndikalist A. Souchy verwirft den Gedanken an Be-triebsräte dennoch nicht. Er schlägt »revolutionäre Betriebs-räte« im Sinne von »Vertrauensleuten« (der syndikalistischenGewerkschaft) vor, die unabhängig von den bürgerlichenGesetzen die Revolution bzw. die Übernahme der Produktiondurch die Belegschaften zugunsten einer sozialistischen Ge-sellschaftsordnung mit vorbereiten (Souchy 13). Beispiels-weise indem sich aus lokalen Betriebsräten/Vertrauensleutenüberlokale Vernetzungen entwickeln, die basisbestimmt undnicht zentralistisch fixiert sind und nach der Revolution einebasisorganisierte »Verwaltung« vorantreiben. Zu den Aufga-ben dieser »Verwaltung« gehört die Beschaffung der Rohma-terialien für die Produktion, die Aufrechterhaltung derVerkehrsmittel und die Beförderung und Verteilung der pro-duzierten Güter an die Individuen (Souchy 15).

Mit der Geschichte in die Zukunft? Anarchosyndikalistische Perspektiven in der Globalisierung

Womöglich kann Augustin Souchys Antwort zur Betriebsrats-frage - die aus dem Jahre 1924 stammt - ein interessantesSchlaglicht auf die anarchosyndikalistische Handlungsper-spektive in der heutigen Zeit der kapitalistischen Globalisie-rung werfen. Es sind nicht die offiziellen Strukturen desBetriebsratssystems, die den Kapitalismus in Frage stellenund seine Handlungsmacht einschränken. Solche Strukturengehören zum kalkulierbaren innerbetrieblichen Reformsorti-ment, das den Bedingungen der neoliberalen Globalisierungkeinen kapitalismuskritischen Ansatz entgegenstellt. Dies warder historische Preis für gesetzliche Anerkennung. Großfir-men und Konzerne sind außerdem mehr denn je in interna-tionalen Maßstäben organisiert, wobei die Belegschaftenverschiedenster Weltzonen vom Management jederzeit ge-geneinander abgewogen und ausgespielt werden können.Um Handlungsmacht zurückzugewinnen und sich nicht aus-spielen zu lassen - umso mehr um eine anarchosozialistischeGesellschaftsordnung zu erreichen - müssten die Belegschaf-ten international kommunizieren, Wissen um die "anderen"erwerben, sich solidarisieren und gemeinsam vorgehen.Diese Dynamik entsteht nicht mit zentralistisch organisierten

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Großgewerkschaften und über Stellvertreter*innensysteme,die der Vielzahl der verschiedensten Betroffenen nicht ge-recht werden können, sondern durch direkte Kommunika-tion der Betroffenen selbst (wo ein Treffen nicht möglich istz.B. via Mailkontakt, Telefonkontakt, Foren bilden, eine ge-meinsame Homepage gründen usw.) sowie politischeSelbstorganisation durch interne Netzwerke, die Betriebs-räte umgehen (die oft genug das Einverständnis mit der Ge-schäftsführung suchen), über den 'eigenen Tellerrand'hinausschauen und schließlich unberechenbare Überra-schungsmomente in den politisch-ökonomischen Wider-stand einbringen. Eine solche internationale Vernetzungverschiedenster lokaler Belegschaften außerhalb der gängi-gen Strukturen ist von 'Oben' schwer zu kontrollieren undkann intensive Dynamiken freisetzen. Wie zur Zeit des „So-zialistengesetzes“ (s.o.) sind auch in Zeiten der kapitalisti-schen Globalisierung autonome Formen der Kooperation'von Unten' eine überaus pragmatische Antwort auf herr-schaftliche Verhältnisse. Hierzu ist die anarchosyndikalisti-sche Organisationsform besser geeignet als zentralistischeund hierarchisch gegliederte Großgewerkschaften mit ihrenreformistischen Ansätzen und ihrem schwerfälligen und be-zahlten Funktionär*innen-Apparat.

Literatur:

Hartmut Rübner, Freiheit und Brot. Die Freie Arbeiter-UnionDeutschlands - Eine Studie zur Geschichte des Anarchosyn-dikalismus, in: Jochen Schmück (Hrsg.), Archiv für Sozial-und Kulturgeschichte, Band 5, Berlin/Köln 1994

Ulrich Klan, Dieter Nelles, Es lebt noch eine Flamme. Rhei-nische Anarcho-Syndikalisten/-innen in der Weimarer Re-publik und im Faschismus, Grafenau-Döffingen 1986

Augustin Souchy, Betriebsräte und Syndikalismus (1924), in:FAU Bremen (Hrsg.), Syndikalismus. Geschichte und Per-spektiven, Ergänzungsband 5, Bremen/Hamburg 2006, S. 11-18

Die anarcho-syndikalistischeFreie Arbeiterinnen- und

Arbeiter-Union (FAU) Bielefeld

Öffnungszeiten des Gewerkschaftslokals der FAU Bielefeld:

jeden Montag 16 – 18 Uhr

Treffen des Allgemeinen Syndikats (ASY-BI):

jeden 2.Montag, 18.30Uhr(immer in den ungeraden Wochen)

in der Metzer Str. 20, BielefeldKontakt:

Mail: [email protected] Telefon:

web: http://bielefeld.fau.org/ und www.fau.org/ortsgruppen/bielefeld

Unser Gewerkschaftslokal bietet:

• Gewerkschaftliche Beratung• Politische und literarische Informationen • ein „Bewegungsgedächtnis“ in Form

einer Bibliothek und eines umfangreichen Audio-, Video-, Zeitschriften- und Dokumentenarchivs

• fair gehandelte, ökologisch hergestellte Produkte aus Kollektivbetrieben: Kaffee, Wein, Nudeln, Olivenöl

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Seit ca. einem halben Jahr ist dasANARCHISTISCHE FORUM OWL

föderiertes Mitglied derFÖDERATION

DEUTSCHPRACHIGER ANARCHIST*INNEN:

:

Wir sind davon uberzeugt, dass vor einer Emanzipie-rung der Gesellschaft Strukturen geschaffen werdenmussen, auf die eine herrschaftsfreie Gesellschaft auf-baut. Diese Strukturen mussen im Hier und Jetzt auf-gebaut werden, auch wenn es naturlich schwierig istsich innerhalb der Zustände „einzurichten“. LetztenEndes wissen wir, dass es kein Richtig im Falschemgibt und die Freiheiten, die wir uns nehmen uns jeder-zeit durch Repressionen seitens des Staatsapparatesgenommen werden können. Wir wollen uns auchnicht damit zufrieden geben Inseln im System zuschaffen.Es geht uns nicht um schrittweise Verbesserungenoder Reförmchen, denn der radikale Umbau dervorherrschenden Hegemonie ist fur uns alternativlos.Deswegen ist ein Zusammenkommen der Strukturen,oder besser der Menschen, die daran interessiert sindein Leben auf Augenhöhe zu erreichen ein Schritt zueiner herrschaftslosen Gesellschaft.Das ANARCHISTISCHE FORUM OWL hat viele Hochsund Tiefs erlebt und auch wenn wir den Erfolg unsererArbeit eher im qualitativen denn im quantitativen Be-reich sehen, ist es oft frustrierend wenn mensch sichdas kleine Gruppchen unverbesserlicher Anarchistasanschaut und nicht wirklich einen Plan daruber hat,welchen Stellenwert die Gruppe besitzt(den Stellen-wert, welchen wir uns selbst geben mal ausgeklam-mert).Es ist immens wichtig zu wissen, dass mensch nicht al-leine ist, dass es uberall im deutschsprachigen Raumund naturlich auch daruber hinaus Menschen gibt,die den gleichen „Kampf“ gegen die so viel mächtigerwirkenden Windmuhlen fuhren. Das gibt Kraft undhilft dabei sich und seine Ideale wertzuschätzen...

Daruber hinaus ist es auch cool sich Input zu holen, von denErfahrungen der anderen zu lernen, Materialien nicht immerselbst zu erstellen, sondern auf einen Fundus zugriff habenzu können usw. Kurz: Allein machen sie uns ein und unserebedingungs- und grenzenlose Solidarität kann uns nichtgenommen werden.

Aber, was ist eigentlich diese FdA?Die Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen (FdA) istein Zusammenschluss von anarchistischen Gruppen, lokalenFöderationen und Netzwerken, sowie einigen Einzelperso-nen, in deren Region keine anarchistischen Gruppen existie-ren. Zurzeit finden sich FdA-Mitglieder hauptsächlich imOsten, Westen und Sudwesten Deutschlands, sowie derdeutschsprachigen Schweiz. Generell steht die FdA allen in-teressierten Personen und Zusammenhängen im deutschspra-chigen Raum, d. h. Deutschland, Österreich und der Schweizoffen, die die Prinzipien der FdA unterstutzen.Die Föderation bietet eine Plattform fur den gemeinsamen Er-fahrungsaustausch und eine uberregionale, kontinuierlicheZusammenarbeit. Wir unterstutzen uns gegenseitig bei grö-ßeren Projekten oder Problemen, sei es durch materielle Res-sourcen, speziellem Know-How oder der Vermittlung vonKontakten. Die relativ große, geografische Verbreitung er-leichtert die Mobilisierung zu verschiedenen Themen und Ak-tionen, oder die Verteilung von Material und ermöglichtbspw. vergleichsweise problemlos die Organisation vonRundreisen, Infotouren oder anderen koordinierten Aktionen.Daruber hinaus versuchen wir unser individuelles Wissenund unsere Fähigkeiten zusammen zu tragen und weiter zugeben, etwa durch die Sammlung von Tutorials, verschiede-nen Ressourcenpools uber Referent*innen, Übersetzer*innenoder bestimmten Adressen und Anlaufstellen oder durchText-, Musik- und Bildarchive.Neben der Praxis diskutieren wir uber verschiedene Theorienund Ansätze und versuchen unser Verständnis des Anarchis-mus kontinuierlich weiter zu entwickeln und den aktuellenGegebenheiten anzupassen. Dies beinhaltet aktuelle Ereig-nisse und unsere Stellung dazu, ebenso wie langfristigePerspektiven und Ziele, oder die permanente Reflexion uberZustand und Sinn unserer Organisation.Dazu veröffentlichen wir Texte, Broschuren und Bucher undbeteiligen uns mit Artikeln oder Redebeiträgen an laufendenDebatten. Neben anderen Veröffentlichungen, wie Postern,Aufklebern oder T-Shirts ist unser größtes publizistisches Pro-jekt unsere monatliche Zeitschrift, die Gaidao.Obgleich offiziell “unsere” Zeitschrift, versteht sie sich trotz-dem als autonomes Projekt. Sie ist nicht alleiniges Organ un-serer Ideen und Ansichten, sondern vielmehr ein offenesForum, in dem uber die Gegenwart berichtet und uber dieZukunft diskutiert wird. Seit 2011 erscheint sie regelmäßig.War sie zu Beginn ein reines Online-Medium, so haben ein

Warum haben wir uns föderiert?

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vielfältiges, positives Feedback und der Wunsch einiger Re-dakteur*innen dazu gefuhrt, dass sie seit Beginn des Jahres2013 nun auch gedruckt erscheint und regulär abonnierbarist.Unser Arbeitsfeld ist, ebenso wie die Wahl unserer Mittelund Aktionsformen, unspezifisch, aber nicht beliebig. AlleMitglieder tragen Themen, mit denen sie sich aktuell be-schäftigen oder zukunftig beschäftigen wollen in die Föde-ration, woraufhin diskutiert wird, in wie weit eineBeteiligung oder Unterstutzung möglich ist.Im deutschsprachigen Raum versuchen wir uns mit verschie-denen emanzipatorischen Strukturen und Projekten zu ver-netzen, um miteinander uber verschiedene Themen zudiskutieren und gegenseitige Unterstutzung in verschiede-nen Kämpfen zu leisten. Wir unterstutzen uberregionaleMobilisierungen zu Demonstrationen und Solidaritätsaktio-nen und beteiligen uns in vielfältiger Form an Kämpfen undProtesten (nicht nur) der radikalen Linken.Wir engagieren uns mittlerweile wieder verstärkt auf inter-nationaler Ebene in der IFA und setzen die Solidaritätsak-tionen, die in diesem Rahmen initiiert werden, in unseremWirkungsgebiet um.Daneben arbeiten wir punktuell mit anarchistischen Struktu-ren aus angrenzenden Ländern zusammen und versuchendiese Zusammenarbeit weiter auszubauen und zu intensi-vieren. Neben praktischen Aktionen arbeiten wir auf dieserEbene an strukturellen Problemen der internationalenZusammenarbeit, wie verschiedenen Sprachkompetenzenoder dem Zugang zu materiellen Ressourcen und versuchenLösungsansätze zu entwickeln und zu erproben.Jede*r, der oder die Interesse daran hat, in der FdA mitzu-wirken, kann uns gerne jeder-zeit kontaktieren, entweder viaE-Mail ([email protected]) oder auch gernepersönlich, d. h. uber jedeGruppe, Netzwerk oder Föde-ration, die Teil der FdA ist.Spezielle Voraussetzungenoder Bedingungen, um bei unsmitzumachen, gibt es nicht,abgesehen davon, dass dunaturlich die Ideen des Anar-chismus und unsere Prinzi-pien, Projekte undVorstellungen gut undunterstutzenswert finden soll-test. Falls du in einerStadt/Region lebst, in der esbereits FdA-Mitglieder gibt,wurden wir dich mit diesen inKontakt bringen, falls dies

nicht sowieso schon geschehen ist. Die Menschen vor Ortwurden sich dann je nach Bedurfnis ein, oder mehrereMale ganz ungezwungen mit dir treffen, damit ihr euchgegenseitig kennenlernen könnt, du alle Fragen, die du sorund um die FdA hast, loswerden kannst und beide Seitenschlussendlich entscheiden, ob eine Mitgliedschaft fur alleSinn macht. Praktisch wurde die Mitgliedschaft in der FdAin diesem Fall uber den Eintritt in die jeweilige Gruppefunktionieren. Das hat den Hintergedanken, dass wir dieErfahrung gemacht haben, dass ein Zusammenschluss vonmehrheitlichen Einzelpersonen in dieser geografischenGröße wenig Sinn macht. Viele Menschen haben einfachnicht die Kapazitäten, um sich alleineausreichend in der FdA einzubringen, ständig auf demneuesten Stand zu sein, zu den Treffen zu fahren, an Pro-jekten mitzuarbeiten, gerade wenn sie lokal noch in ande-ren Projekten eingebunden sind, oder sowieso wenig Zeitdurch Lohnarbeit, Familie oder Ausbildung haben. Da-ruber hinaus sind Diskussionen und Entscheidungsprozesseweit zeitaufwendiger und teilweise gar nichtdurchfuhrbar, wenn sie von Dutzenden oder Hunderten In-dividuen zentral gefuhrt werden, als vorher in lokalen Zu-sammenhängen.Falls du aus einer Region kommst, in der es keine FdA-Mit-glieder gibt, oder du aus irgendwelchen Grunden nicht Teileiner lokalen Gruppe werden kannst oder willst, ist dasnaturlich kein prinzipieller Hinderungsgrund. Wenn diesauf dich zutrifft, melde dich einfach bei uns, wir findendann gemeinsam eine Lösung.

https://fda-ifa.org/

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ANARCHISMUSFÜR EINSTEIGER*INNEN

Emile Armand (eigentlich Ernest-Lucien Juin, 1872-1962),der als einer der wichtigsten Vertreter des Individualanar-chismus in Frankreich gilt, definiert den Begriff des „indi-vidualistischen Anarchismus“ in seinem Beitrag„Anarchie, anarchisme, individualisme anarchiste“ wiefolgt: „Die individualistischen Anarchisten sind die Anar-chisten, die den individualistischen Standpunkt des anar-chistischen Verständnisses vom Leben, das heißtgrundsätzlich die ganze Realisation des Anarchismusdurch die „individualistische Tat“ und die anarchistisch-menschliche Einheit, die Kern von jeder Gruppierung, Ge-meinde und anarchistischer Vereinigung sind, in Betrachtziehen“ (zitiert nach Maurice Schuhmann 2015: 86).Deutlich wird, dass das Individuum Ausgangspunkt jedergesellschaftlichen Organisation sein sollte. Armand be-trachtet den Individualanarchismus weiterhin als humanis-tisches, moralisches und soziales Ideal. Als soziales Idealbeinhaltet der Individualanarchismus, dass in einer Ge-

sellschaft, welche entsprechend individualanarchistischer Prinzi-pien organisiert wird, „die Menschen – isoliert oder assoziiert –ihr individuelles Leben in seinen intellektuellen, ethischen, wirt-schaftlichen Aspekten durch ein freies Abkommen bestimmenwürden“ (Armand 1924: 71).

Vertreter*innen des IndividualanarchismusNeben Armand zählen zu den bekannteren Vertretern des Indivi-dualanarchismus Henry David Thoreau, Benjamin R. Tucker, JohnHenry Mackay und Max Stirner. Darüber hinaus wurde die philo-sophisch-politische Strömung des Individualanarchismus von wei-teren politischen Akteur*innen und Schriftsteller*innen des 18.Und 19. Jahrhunderts beeinflusst, z. B. Thomas Jefferson (1743-1826), Herbert Spencer (1884: The Man versus the State), Pierre-Joseph Proudhon. Insgesamt stellt der Individualanarchismus eineSynthese einer europäischen Strömung um Stirner und Mackayund einer Denkströmung, die im amerikanischen und englischenLiberalismus verwurzelt ist, dar (Schuhmann 2015: 89).

Ricardo Kaufer

Individual-Anarchismus– Individuum und Staatskritik

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Theorie, Staatskritik und VorgehensweiseFür die Vertrter*innen des Individualanarchismus steht die glei-che Freiheit aller im Vordergrund und bedeutet insbesondere dieAbwesenheit von Zwang und Eingriffen in die persönlich-indivi-duelle Handlungsfreiheit. Im Eintrag zum „Individualanarchis-mus“ im DadAWeb ist formuliert: „Die Anhänger desindividualistischen Anarchismus wollen ihr Ziel, eine Gesellschaftder "gleichen Freiheit Aller", d.h. die Beseitigung des Staates alsTräger und (gewalttätigem) Beschützer von Monopolen unddamit Garant der Ungleichheit, in erster Linie mit den Mitteln derAufklärung und der Verweigerung (Steuerstreik) erreichen; Ge-walt betrachten sie als untaugliches Mittel“. Nach Benjamin R.Tucker sei Individualanarchismus die „Doktrin, dass alle mensch-lichen Angelegenheiten von Individuen oder freien Assoziationengeregelt werden, und dass der Staat abgeschafft werden sollte“(Tucker 2005: 9). Zum Staat formulierte Tucker, dass „wir mitdem Begriff „Staat“ Institutionen bezeichnen, die den Absolutis-mus in seiner extremen Form verkörpern und Institutionen, dieihn mit mehr oder weniger Liberalität mäßigen“ (Tucker 2005:22). John Henry Mackay erklärt in seinem Roman Die Anarchis-ten. Ein Sittengemälde des 19. Jahrhunderts, dass der Staat pri-vilegierte Gewalt sei und Gewalt den erhalte. Stirner definierteden Staat als „ein Gewebe und Geflecht von Abhängigkeit undAnhänglichkeit…eine Zusammengehörigkeit, ein Zusammenhal-ten, wobei die Zusammengeordneten sich ineinander schicken,kurz gegenseitig voneinander abhängen: er ist die Ordnung derAbhängigkeit“ (Stirner 2009: 227). Frei sei das Ich deshalb inkeinem Staate (ebd.: 231). Stirner unterscheidet folgerichtigauch nicht zwischen den Staatsformen, z. B. Monarchie und Re-publik, und disqualifiziert jeden Staat als „Despotie“ (Stirner2009: 201). Überzeugend ist Stirners Diktum, wonach „Staat,Kaiser, Kirche, Gott, Sittlichkeit, Ordnung usw. solche Gedankenoder Geister sind, die nur für den Geist sind“ (Stirner 2009: 82).Als Alternative bietet Stirner den „Verein von Egoisten“ (ebd.:228) an, in dem sich die Menschen frei vereinen. Dabei „besit-zen“ die Individuen die Vereine und können ihre Mitgliedschaftjederzeit kündigen, da die Vereine auf freier Übereinkunft beru-hen (Schuhmann 2015: 95). Beispielhaft verweist Stirner aufKinder, die sich spontan zu einer Spielkameradschaft zusam-menschließen und nach dem Spiel wieder auseinandergehen(Stirner 2009: 445). Der Unterschied zwischen Staat und ande-ren Institutionen sei, dass diese fix und von den Individuen nichtveränderbar seien, während die Vereine jederzeit verändertwerden könnten. Der Staat sei zudem eine von den Menschenbereits verinnerlichte Idee (Schuhmann 2015: 100), welchezudem Abhängigkeit befördere.

Probleme und StreitfragenIm Verhältnis zu kollektivistisch-kommunistischen Strömungen desAnarchismus und erst recht zu anderen kommunistischen respek-tive sozialistischen Strömungen ergeben sich zentrale theoreti-sche Differenzen:

- Verhältnis zwischen Individuum und Kollektiv - Frage des Privateigentums- Politisch-revolutionäre Strategie

Verhältnis zwischen Individuum und KollektivArmand grenzte den individualistischen Anarchismus explizitvom kommunistischen Anarchismus ab, da die Protagonist*innendes kommunistischen Anarchismus nach Armand das Individuumzu wenig berücksichtigten (Schuhmann 2015: 87). ZentraleStreitfrage ist die Stellung des Individuums. Für dieVertreter*innen des Individualanarchismus ist das Kollektiv demIndividuum unterzuordnen, worin ein Gegensatz zum kollektivis-tisch-kommunistischen Anarchismus zu sehen ist (vgl. Schuhmann2015: 88). Ausgangsbasis und Ziel sei nach Schuhmann im Indi-vidualanarchismus das Individuum (Schuhmann 2015: 101), an-hand dessen Stellung und Rolle jegliche gesellschaftlicheOrganisationsform zu bewerten sei.Frage des PrivateigentumsSchuhmann argumentiert, dass für die Vertreter*innen des Indivi-dualanarchismus das Privateigentum nicht zu verwerfen sei, daes „als Grundlage für die Entfaltung des Individuums betrachtet“(Schuhmann 2015: 88) werde. Persönlichkeitsentwicklung wirdfolglich an die Verfügung (und möglicherweise Gestaltung) überGegenstände gekoppelt. Garantieren solle den Schutz des Privat-eigentums nach Tucker lediglich die „Macht der Verteidigung“(Tucker 2005: 400).

Politisch-revolutionäre StrategieFür Individualanarchist*innen wie Thoreau und Stirner stehen alsMittel zur Erreichung ihrer Ziele individuelle Revolte, ziviler Unge-horsam (Thoreau 1849: Resistance to Civil Government (CivilDisobedience)) und Empörung im Vordergrund. Nach Stirner seidie soziale Revolution nicht emanzipatorisch, da sie keine „Erhe-bung des Einzelnen“ (Stirner 2009: 119, 319-320, zit. nachSchuhmann 2015: 88) sei. Stattdessen würden die Individuen zu„Werkzeugen dieser Idee“ (Stirner 2009: 119, 319-320, zit.nach Schuhmann 2015: 88). Insbesondere kritisieren Individua-lanarchist*innen die Revolution, da diese wiederum zu neuenfixen Ideen führen würde (Schuhmann 2015: 100).

LiteraturArmand, Emile (1924): Anarchie, anarchisme, individualisme anarchiste.In: Faure, Sebastién (Hrsg.): Encyclopédie Anarchiste. Band 1: A-D,Paris. S. 69-71.

DadAWeb (2017): Individualanarchismus. Abrufbar unter: http://dada-web.de/wiki/Individualistischer_Anarchismus

Schuhmann, Maurice (2015): Individualanarchismus – Staatskritik und al-ternative Gesellschaftsordnung. In: Seyferth, Peter (Hrsg.): Den Staat zer-schlagen! Anarchistische Staatsverständnisse. Nomos-VerlagsgesellschaftBaden-Baden

Stirner, Max (2009): Der Einzelne und sein Eigentum. Ausführlich kom-mentierte Studienausgabe. Hrsg. Von Bernd Kast. Freiburg/München.

Tucker, Benjamin R. (2005): Instead of a book. By a man too busy to writeone – a fragmentary exposition of philosophical anarchism. Port Chesten.NY.

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SCHULKRITIK:

Was läuft schief?

Millionen Jugendliche gehen täglich ihrem ge-wohntenAlltagstrott nach - fast weltweit. Nur fast, da Bil-dung heute das Vorrecht reicher Industriestaaten zu seinscheint, welche uns jenes ausgewählte Wissen durch dieSchule als Institution der Wissensvermittlung zu Teil wer-den lässt. Zweifel daran werden kaum geäußert, zu lo-gisch scheint, dass das, was man jungen Menschenvorsetzt, richtig sein muss. Dies fuhrt dazu, dass gemein-hin nicht nur die staatlich vorgegebenen Bildungsinhaltenicht in ihren Grundfesten angezweifelt werden, sonderndass auch die Schule als Institution im allgemeinen Schü-lerInnenkreis nicht zum Objekt einer wirklichen Kritikwird, die uber das typische "Schule ist Scheiße" hinaus-geht. Die eigentlichen pädagogischen Grundfesten derSchule bleiben unhinterfragt. Dabei hat eine ernstzuneh-mende Schulkritik nicht primär etwas damit zu tun, dassman der Schule eine Absage erteilt, da man entwederschlichtweg keinen Bock auf sie hat oder meint, Bildungnicht nötig zu haben. Vielmehr präsentiert sich dieSchule heute als ein Abbild der Gesellschaft, in der dieInteressen des Staates auf autoritäre Art und Weise zurAnwendung kommen, gezielt propagiert bzw. indoktri-niert und geschickt mit "wirklicher" Bildung vermengtwerden.

Was wir kritisieren Die real existierenden Machtverhältnisse in der Schule,in der Regel Schulleitung - Schulreglement - Lehrkräfte -SchulerInnen stellen ein Abbild unserer derzeitigen Ge-sellschaft dar. Sie ist instrumentalisiert und institutionali-siert worden, um junge Menschen zu "mundigen Burgern"beziehungsweise "willigen Arbeitern" zu formen, wassich nicht widerspricht.• Durch die Schulpflicht sind alle Kinder ab dem 7. Le-bensjahr zum Gehorsam gegenuber den Lehrkräften ge-zwungen. Dadurch unterscheidet sich das heutige Schul-system um nichts von dem in einem totalitären Staat.• Über die Noten wird erstens ein stetiger Leistungsdruck

erzeugt und damit ein Konkurrenzprinzip etabliert undzweitens eine willkurlich festgelegte Skala die Schuler derWillfährigkeit der Lehrkraft aussetzt, da der Notenmass-stab durch sie angesetzt wird. Durch die verschiedenenSchultypen, wie etwa Prim oder Sek, wird ein beständigerLeistungsdruck erzeugt, besser zu sein als die Anderen,da diese schulische "Leistung" entscheidend fur spätereTätigkeit und Arbeitsverhältnisse der SchulerInnen ist. Wernicht zur Elite gehört, hat eben Pech. Dies fuhrt bereits injungen Jahren zu chronischem Stress und das Resultat dessturen Buffelns ist die Förderung von Werten wie Ignoranzund Egoismus.• Der Lehrer als Autoritätsperson stellt fur die SchulerIn-nen die Exekutive dar, durch welche die Unterrichtsinhaltefestgesetzt und die Ziele der Schule umgesetzt werden.Voraussetzung dafur ist ein kompromisslos funktionieren-des Verhältnis Lehrer-Schuler. Das gemeinsame Miteinan-der beschränkt sich auf das Ausfuhren der den Schuler-Innen zugedachten Aufgaben, nämlich zu Buffeln und dieAutorität nicht in Frage zu stellen. Es geht hier nicht umMit- oder gar Selbstbestimmung, da das heutige Schulsys-tem sonst nicht mehr reibungslos funktionieren wurde.• Die heutigen Schulerorganisationen sind bloße Ali-biubungen und genauso undemokratisch wie der Rest derSchule. Unsere rechtliche "schulische Demokratie" hat ein-zig repräsentativen Charakter, denn die VertreterInnender Klassen besitzen in Ihrer Funktion keine Macht, dadiese in den Händen des entsprechenden Autoritätsträ-gers, dem Lehrkörper, verbleibt.

Lesetipp:

Erziehung und Bildung ohne Herrschaft, Broschure der FAUAus einem Sonderheft der "Rebellion" zum SchulerInnenstreik am 1.4.2004 in Bern (Schweiz)

Originaltext:http://www.rebellion.ch/textes/gegen_den_neoliberalen.htmhttps://www.anarchismus.at/anarchistische-paedagogik/306-wasla-euftschief

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Projekte & Gruppen

Animal Liberation Front

EDITION BLACKBOX

(seit 1994) Libertäre Literatur & Anarcho-Poetry

Homepage: https://conaction.noblogs.org/edition-blackbox/

Mailkontakt: [email protected]

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Das FAU LOKAL benötigt zur Deckung der Mietkos-ten eure Solidarität. Das kann natürlich über Spen-den erfolgen, lieber sehen wir euch aber als aktiveMitgestalter*innen unseres Zentrums:

★ Braucht deine Gruppe einen Ort, an dem sie ungestört plaudern und planen kann?

★ Brauchst du einen ruhigen Ort inklusive kostenlosem Internet, um an deinem Projekt arbeiten zu können?

★ Wird ein Platz zur Erteilung von Nachhilfe gesucht?

★ Was immer dir einfällt!

Seit 2013 befindet sich das FAU LOKAL in der Met-zer Straße 20. Grund der Eröffnung war, einen festenAnlaufpunkt in Bielefeld zu schaffen, nachdem dieFAU BIELEFELD sich über die Jahre schon an Ortenwie der Bürger*innenwache, dem AJZ oder dem Um-weltzentrum getroffen hat. Mittlerweile bieten wirschon im fünften Jahr unsere gewerkschaftliche Erst-

beratung am jedem Montag zwischen 16 und 18 Uhr an.Natürlich finden auch die Treffen des allgemeinen Syndi-kat der FAU BIELEFELD immer montags in den ungera-den Kalenderwochen ab 18:30 Uhr statt.

Auch das ANARCHISTISCHES FORUM OWL nutzt dasLokal für die jeden Mittwoch ab 18 Uhr stattfindenden of-fenen Treffen.

Doch vor Ort wird nicht nur über Strategien für die Über-windung der herrschenden Zustände diskutiert, sondernauch versucht, einen herrschaftsfreien Umgang unterei-nander zu pflegen, um dadurch ein Zusammenarbeitenauf Augenhöhe zu ermöglichen. Die FAU als anarcho-syndikalistische Gewerkschaft und das AFOWL als anar-chistische Gruppe streben eine libertäre, klassenloseGesellschaft an, in der alle Menschen gemäß ihren Be-dürfnissen leben und ihre Fähigkeiten frei entfalten kön-nen. Diese Form des Zusammen-lebens kann nicht auf einen fernen Tag „nach der Revo-lution“ verschoben werden, sondern muss im Hier undJetzt erlernt und praktiziert werden, um Strukturen zuschaffen, auf die aufgebaut werden kann. Strukturen, die ein Fundament für einen radikalen Neuaufbau dergesellschaftlichen Zustände bieten.

Das FAU – Lokal bietet:

★ kostenlose Hilfe und Tipps bei Ärger oder Stress auf der Arbeit, dem Amt: zu wenig oder gar kein Geld ausge

zahlt, Urlaub verweigert, unbezahlte Überstunden

★ einen Treffpunkt, um sich mit Menschen auszutauschen, die unseren Ideen nahe stehen, die einfach mehr

wissen, einen Kaffee trinken, Zeitung oder Buch lesen, diskutieren wollen

★ einen Raum für inhaltliche Veranstaltungen, Diskussionen, Lesungen, Literatur, Filme, Kleinkunst

★ fair gehandelte, ökologisch hergestellte Produkte aus Kollektivbetrieben: Kaffee, Wein, Nudeln, Olivenöl usw.

★ ein „Bewegungsgedächtnis“ in Form einer Bibliothek mit mehreren tausend Bänden, ein umfangreiches Zeit

schriften und Dokumentenarchiv sowie eine Vielzahl audiovisueller Medien

★ eine Vernetzung mit weiteren Basisgewerkschaften und – gruppen in Bielefeld und der ganzen Welt

WIR BRAUCHEN

EURE SOLIDARITÄT, IDEEN & MITHILFE

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Die nächsten Termine

im FAU LOKAL

Jeden Montag

von 16.00 – 18.00 Uhr:Gewerkschaftliche Beratung und Café_______________________

SCHWARZER FREITAG

29.09.17_______________________TREFFEN des ANARCHISTISCHEN FORUM OWL

jeden Mittwoch um 18:00 Uhr

Alles im FAU – LOKAL,

Met zer Straße 20 (Ecke Mühlenstr.),

Bie le feld

Die FAU Bielefeld ist eine unabhängige, basisdemo-kratische und selbstorganisierte Gewerkschaft ohneFunktionäre! Sie ist bundesweit in der Gewerkschaftsfö-deration der Freien ArbeiterInnen Union (FAU) organi-siert. Diese ist eine klassenkämpferische Gewerk-schaftsföderation. Sie geht von einem grundsätzlichenInteressengegensatz zwischen Kapital und Lohnab-hängigen aus.Die FAU besteht aus Zusammenschlüssen von unab-hängigen Syndikaten. Basis der Organisierung bildendie unabhängigen Syndikate, die sich die Ziele undPrinzipien der FAU und des Anarchosyndikalismus zueigen machen. In der FAU entscheiden die Mitgliederselbst. FunktionsträgerInnen und Delegierte sind wei-sungsgebunden und lediglich ausführende Organe.

Die FAU strebt eine libertäre, klassenlose Gesellschaftan, in der alle Menschen gemäß ihren Bedürfnissenleben und ihre Fähigkeiten frei entfalten können.

FAU Bielefeld

Gewerkschaftslokal der FAU BielefeldMetzer Straße 20 | 33607 Bielefeld

faubi-kontakt[at]fau.org

Treffen der FAU BielefeldAllegemeines Syndikat (ASy) Bielefeld - für alle Berufe:

jeden 2. Montag (immer in den ungeraden Wochen),ab 18.30Uhr

http://www.fau.org

Veranstaltungen im FAU LOKAL:

Um Selbstbildung im Sinne eines hierarchiefreien Wis-senserwerbs geht es beim am letzten Freitag des Monatsstattfindenden SCHWARZEN FREITAG. Bei dieser Veran-staltung schauen wir gemeinsam Filme (z.B. MEMORIAVIVA, JE LUTTE DONC JE SUIS) oder haben einfach nureinen netten Abend bei netter Musik und noch netterenGesprächen; welche aber auch schon mal in einen lebhaf-ten Diskurs münden können und dürfen.

Des Weiteren gibt es regelmäßige Vorstellungen anarchis-tischer Ideen bei den ANARCHISTISCHENKLASSIKER*INNEN, gemeinsame Kochaktionen, Spiele-abende, Lesungen und alles, was uns sonst noch so ein-fällt.

DAS FAU LOKAL ALS SOZIALES ZENTRUM BENÖTIGTMENSCHEN DIE IHRE IDEEN EINBRINGEN. DARÜBERHINAUS KÖNNEN WIR NICHT VERSCHWEIGEN, DASSDAS FORTBESTEHEN AUCH FINANZIELLE DECKUNGBRAUCHT.

Unser Konto:

FAU Bie le feldIBAN: DE47 8306 5408 0004 7884 78

BIC: GENODEF1SLRDeut sche Skat bank*

*An mer kung: Die „Deut sche Skat bank“ ist eine Zweig nie der las sung der Volks- und Raiff ei sen bank Al ten bur ger Land e.G.

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kostenlos und in Farbe!

Alle Ausgaben zum Download auf

http://conaction.noblogs.org/

Die conAction ist ein libertäres Magazin in Ostwestfalen Lippe mit dem Ziel, anarchistische Sichtweisen

auf lokale und überregionale Ereignisse zu liefern.

Anarchismus für Einsteiger*innen • Kapitalismuskritik • Gedanken ohne Schranken

• Buchvorstellungen & Lesetipps•Anarchosyndikalistischer Infoticker und vieles mehr.

Zum Weitersagen und Mitmachen.

Kontakt: [email protected]

SOL I -ABO+++++SOL I -ABO+++++SOL I -ABO+++++++SOL I -ABOLiebe Freund*innen der conAction,

wir möchten euch die Möglichkeit geben die Druckausgabe unseres Magazin direkt nach Erscheinen aus eurem Briefkasten zu fischen.

Aus diesem Grunde bieten wir euch ab sofort die Möglichkeit ein SOLI-ABO zu schalten.

Ein Jahresabo umfasst 4 Ausgaben, kostet euch den Mindestbetrag von 15 Euro inkl Porto (oder was ihr zu geben bereit seid) und endet danach mit einer Mitteilung unsererseits.

Festzuhalten wäre hier nochmal ausdrücklich, dass es sich bei der conAction um ein NON PROFIT PROJEKT handelt;

d.h. wir sind weder gewinnorientiert noch werden wir es werden.Jeder Cent der bei uns landet, fließt zu 100% in das Projekt.

Eine Selbstverständlichkeit, die wir aber gerne noch einmal extra betonen!

Durch ein SOLI-ABO unterstützt ihr das Magazin und was daraus noch werden kann.Aber auch hier wollen wir nochmal darauf hinweisen, dass uns eure Mitarbeit noch viel wichtiger ist, als euer Geld....

Beides braucht die conAction für ihr Weiterbestehen.

Schickt das Geld per Brief an:

conActionMetzer Str. 20

Bielefeld

Oder schickt eine Mail an conaction[at]riseup.net um unsere Kontodaten zu erfragen.

Danke für eure AufmerksamkeitEure conAction Redaktion

PS. Die conAction wird es natürlich weiterhin gratis zum Download auf unserer Homepage geben!

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Das Anarchistische Forum OWList die Szenen übergreifende, offene anarchistische

Organisation für Ostwestfalen- Lippe. Wir verfolgen das Ziel vorhandene anarchistischeStrukturen in OWL zu vernetzen und Menschen zusammenzuführen die alleine in ihrem stillen

Kämmerlein von einer besseren Welt träumen undvielleicht gar nicht wissen, dass es ähnlich

denkende Menschen gibt. Fühlt euch frei zu unseren Treffen zu kommen oder uns erst mal hier

zu kontaktieren:

[email protected]

TREFFEN: JEDEN ERSTEN UND DRITTEN

MITTWOCH DES MONATS UM 18:00 UhrIm Zentrum BETTER DAYS

Metzer Straße 20 / Ecke MühlenstraßeBielefeld

I n e i g e n e r S a c h e

Die FAU Bielefeld

ist eine unabhängige, basisdemokratische undselbstorganisierte Gewerkschaft ohne Funktionäre!Sie ist bundesweit in der Gewerkschaftsföderationder Freien ArbeiterInnen Union (FAU) organisiert.

Wir Anarcho-SyndikalistInnen haben die herr-schaftslose, ausbeutungsfreie, auf Selbstverwaltung

begründete Gesellschaft zum Ziel.Die Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen ist

die grundlegende Idee des Anarcho-Syndikalismus.Daher lehnen wir die Organisation unserer Interes-

sen in zentralistisch aufgebauten Organisationen ab,da diese stets Machtkonzentrationen und Hierarchie

bedeuten.Weder soll, noch kann mensch mit

Stellvertreter*innen-Politik wie sie zum Beispiel vonreformistischen Gewerkschaften, Parteien und Kir-

chen betrieben wird, unsere Interessen durchsetzen.

Alle Menschen, die in diesem Sinne mit uns zusam-menarbeiten wollen, sind uns willkommen.

Deshalb tretet bei, bringt euch ein, werdet aktiv.

TREFFEN: Jeden 2. Montag

GEWERKSCHAFTSLOKAL DER FAU/Metzer Straße 20 /Ecke Mühlenstraße

33607 Bielefeldbielefeld.fau.org

Die conⒶctionversteht sich als offenes Projekt und lebt von

einer regen Beteiligung möglichst vieler. Unsere Themen sind dabei so vielfältig wie wirselbst. Also ganz gleich ob aktuelle Berichte, historische oder theoretische Abhandlungen,

Gedichte, vegane Koch-Rezepte oder Handwerk-tipps, wenn du denkst, dass etwas in eine anarchistische Zeitschrift wie diese passt,

melde dich doch einfach mal!Besonders freuen wir uns natürlich über

Menschen, die längere Zeit an der conⒶctionmitarbeiten wollen, egal ob in der Redaktion,

oder „nur“ an einem speziellen Thema.

[email protected]

wer wir sind und was wir wollen

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Wofür wir stehen★★

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Wir stehen für eine Gesellschaft, die allen Menschen, ungeachtet ihrerHerkunft, ihrer Geschlechtsidentität, ihres Alters oder anderer Eigen-schaften ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit ermöglicht, in freierAssoziation mit anderen Menschen.

Wir stehen für Selbstorganisation und Selbstverwaltung in allen Le-bensbereichen, in der Politik, in der Güterproduktion und -Verteilung,in der Bildung, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenle-bens. Freie Menschen in freien Vereinbarungen!

Wir stehen für einen Anarchismus der Vielfalt, der sich nicht auf eineRichtung oder eine Szene beschränkt. Bei uns sind alle Konzepte, Akti-onsformen und Lebensentwürfe willkommen, die sich mit anarchisti-schen Prinzipien in Einklang bringen lassen.

Wir stehen für den Aufbau einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung,an der alle Menschen gleichberechtigt teilhaben können. Da die heu-tige Gesellschaftsordnung grundlegend von den zentralen Unterdrü-ckungsmechanismen Sexismus, Kapitalismus und Rassismus geprägtist, ist ihre revolutionäre Überwindung für uns eine Notwendigkeit. Daauch wir ein Teil dieser Gesellschaft sind, ist es ebenfalls notwendig,allen Erscheinungsformen des Autoritarismus wie bspw. elitären, do-minanten oder patriarchalen Verhaltensweisen auch in unseren Zu-sammenhängen entschieden entgegen zu treten.

Wir stehen für eine Gesellschaftsordnung, die nicht nur von kapitalisti-schen, sondern auch von sexistischen und patriarchalen Unterdrü-ckungsverhältnissen befreit ist. Wir bekämpfen dieseUnterdrückungsverhältnisse nicht nur gesamtgesellschaftlich, sondernstreben auch in unseren eigenen Zusammenhängen eine Kultur an,die frei von sexistischer und patriarchaler Unterdrückung, Homopho-bie und Transphobie ist.

Wir stehen für eine Gesellschaft, die auch frei von rassistischer Unter-drückung und Diskriminierung ist. Die Bekämpfung aller Formen vonRassismus und Antisemitismus ist unser Ziel. Wir stehen für eine Ge-sellschaft frei von materieller Not, in der alle Menschen ihre Bedürf-nisse, materiell wie immateriell, gleichberechtigt befriedigen können.

Wir stehen für den Aufbau einer Ökonomie, die die Befriedigungmenschlicher Bedürfnisse bei gleichzeitigem Schutz der Natur ermög-

licht. Zu diesem Zwecke befürworten wir die selbstbestimmte Nutzungvon Technik unter Beachtung des ökologischen Gleichgewichts. Die ka-pitalistische Ausbeutung von Mensch und Natur lehnen wir ebenso abwie die Menschen- und Technikfeindlichkeit.

Wir stehen für den Aufbau einer basisdemokratischen Wirtschaftsord-nung, die die kapitalistischen Eigentums- und Unterdrückungsverhält-nisse überwindet und eine selbstverwaltete, bedürfnisorientierteProduktion und Verteilung von Gütern sicherstellt. Die Kontrolle überdie Produktion kann nur von den Produzierenden selbst ausgeübt wer-den!

Wir stehen für den Aufbau eines Bildungswesens, das allen Menschenein selbstbestimmtes Lernen zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit,ihrer Fähigkeiten und Neigungen ermöglicht; ein Bildungswesen freivon Zwang, Konformitätsdruck und kapitalistischer Zurichtung. Gesell-schaftliches Wissen muss allen Menschen gleichermaßen zugänglichsein!

Wir stehen für die Verknüpfung lokaler und globaler Kämpfe. AllenMenschen weltweit, die um ihre Freiheit und Würde kämpfen, gilt un-sere tatkräftige Solidarität. Gleichzeitig sind wir kontinuierlich vor Ortpolitisch tätig, um eine freiheitliche Gesellschaftsordnung aufzubauen.

Für eine Gesellschaft der Freiheit, des Friedens

und der Gerechtigkeit!

Für die Anarchie!

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