Jenseits von Phänomenologie und Dialektik Das Heilige und … · 2015. 4. 10. · intentional...

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Zenon Tsikrikas Jenseits von Phänomenologie und Dialektik Das Heilige und Plötzliche bei Martin Heidegger

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  • Zenon Tsikrikas

    Jenseits von Phänomenologie und Dialektik Das Heilige und Plötzliche bei Martin Heidegger

  • Zenon Tsikrikas

    Jenseits von Phänomenologie und Dialektik

    Das Heilige und Plötzliche

    bei Martin Heidegger

    V&R unipress

  • Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar 1. Aufl. 2004 © 2004 Göttingen, V&R unipress GmbH Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany ISBN 3-89971-139-4

  • Meinen Eltern

  • 7

    Inhalt

    VORWORT ...................................................................................................... 17

    I. EINLEITUNG .................................................................................. 19

    II. DER DIREKTE UND AM DASEIN ENDENDE ANSPRUCH DES SEINS AUF EINE FEHLENDE UND NICHT ZU ENTWERFENDE WAHRHEIT BEIM FRÜHEN HEIDEGGER .......................................... 25

    1. Der Anspruch des Weltenden auf das Sein des Daseins.............. 25

    1. 1. Das In-der-Welt-sein nicht als Geworfensein in einer umfassenden Welt, sondern als Ausgesetztsein des Daseins in dieser. Das Dasein ist in sich transzendent.............................. 25

    1. 2. Das Weltende weltet die Welt. Das Weltende setzt einen Anspruch auf einen modus essentialis und ist nicht innerweltliches Sich-zeigen in kategorialer Form ....................... 28

    1. 3. Das faktische Leben er-lebt im Eigenen das weltende ansprechende Geschehen............................................................. 30

    1. 4. Das Dasein ist linguistisches Haben und Er-Leben und nicht optisches Anschauen ................................................................... 31

    1. 5. Es geht nicht um den Vorrang in der Subjekt-Objekt-Beziehung, sondern um das Ausgesetztsein des Daseins im geschehenden Welten der Welt .................................................. 32

    2. Die Transzendenz vor der Intentionalität Kein intentionales Erlebnis und Akt des Bewußtseins, sondern Lebenshorizonte des angesprochenen Daseins .............. 34

    2. 1. Nicht einfacher Bezug von Subjekt und Objekt und deren Abstand, sondern das Dasein in der Transzendenz...................... 34

    2. 2. Die Transzendenz ist Voraussetzung der Intentionalität. Das Sein des Gegenstandes wird nicht als absolute Position intentional angetroffen, sondern leibhaftig als Sein überhaupt im Dasein ermöglicht. Die Differenz zwischen Sein und Seiendem ..................................................................................... 35

    2. 3. Die Transzendenz ist Voraussetzung für Intentionalität. ............. 36

    2. 4. Die Transzendenz ist nicht bloßer Abstand und ein Nicht-Bezug, sondern das Geworfensein und unvermitteltes, konstitutives Existenzial des Daseins ......................................... 39

  • Inhalt

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    2. 5. Die Transzendenz ist nicht Raum für das Sich-zeigen des Daseins, sondern dieses »mißt«, und erleidet jene ...................... 41

    2. 6. Das Dasein ist in sich transzendent, nicht weil es eine Gegenständlichkeit konstituiert, sondern weil es selbst Transzendenz und modus essentialis für den weltenden Anspruch des Weltenden ist ........................................................ 42

    3. Die Wahrheit des Weltenden ist ein ruhender Anspruch und kein Sich-zeigen .......................................................................... 45

    3. 1. Ziel der Phänomenologie Heideggers sind nicht die Sachen selbst als letzte Elemente der Welt, sondern das geschehend Weltende...................................................................................... 45

    3. 2. Das Bedeutsame bedeutet sich selbst und weltet so. Die Welt ist weder ein Worinnen für das Sich-zeigen noch das Ganze von Beziehungen ......................................................................... 48

    3. 3. Die Phänomenologie ist strenges An-eignen des Weltenden und nicht dialektische Methode................................................... 49

    3. 4. Die Wahrheit des Weltenden zielt nicht auf ein weiteres Sich-zeigen, sondern versammelt sich im direkten Anspruch am Dasein. Welten als Ruhen. Das Wi(e)derkehren der Frage in den Ursprung des ansprechenden Weltenden ................ 51

    3. 5. Im direkten Anspruch des Weltenden wird am Dasein etwas Inadäquates verlangt, das nicht innerweltlich gezeigt werden kann ............................................................................................. 53

    3. 6. In der Sorge geht es um das verantwortliche Sein des Daseins als Endes und Ortes des ruhenden Anspruchs der Wahrheit ...................................................................................... 54

    4. Der Anspruch und der Fehl des Seins und der Logos der Phänomenologie .......................................................................... 57

    4. 1. Wozu der Anspruch der Sachen? Buchstabieren der Wirklichkeit oder etwas mehr? Was kann das Dasein dem weltenden Anspruch anbieten?.................................................... 57

    4. 2. Sein und Wahrheit ist radikales Verlangen von Sein des Daseins und kein einfaches Sich-zeigen oder Disponiert-werden ......................................................................................... 59

    5. Der Zirkel des Verstehens als Direktheit des ruhenden Anspruchs am Dasein läßt die methodische Wiederholung der Seinsfrage aus........................................................................ 65

  • Inhalt

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    5. 1. Die Phänomenologie Heideggers ist keine Methode, die einem vorausgesetzten Ende dient. Der weltende Anspruch des Seins am Dasein auf Wahrheit hat kein weiteres Wohin....... 65

    5. 2. In welchem Sinne ist der Mensch fundamentum inconcussum veritatis?................................................................. 68

    5. 3. Der Zirkel und die Wiederholung................................................ 71

    5. 4. Die innere Motivation des Lebens. Die Immanenz des Lebens als Möglichkeit, Notwendigkeit und Freiheit.................. 75

    5. 5. Nur das direkt Befragte kann ins Gefragte führen, den Fehl der Wahrheit erleidend verstehen und nicht aus einer schwebenden Frageposition heraus durch eine vorhandene Antwort beantworten ................................................................... 76

    5. 6. Der Strom von Lebenskategorien. Das Denken als Gedachtes aber nicht als sich wissendes Wissen........................................... 77

    5. 7. Kein Anders-verstehen aus einer äußeren Position und kein bewußt ästhetischer Schein.......................................................... 78

    6. Die Wahrheit am Dasein als Ermöglichung auch von Unwahrheit ist keine Verwirklichung und Energie eines sich zeigenden Ontologems, sondern das Entspringen einer noch nicht existierenden Wahrheit und »Qualität« .............................. 79

    6. 1. Das ruhend Weltende und sein Verstanden-werden am Dasein selber. Kein perspektivistisches Anschauen .................... 80

    6. 2. Kein inneres Wahrnehmen, sondern An-ihm-selber-sich-selbst-zeigen als Verstehen des Fremden im Eigenen. Wahrheit und Unwahrheit im Dasein selber................................ 81

    6. 3. Die existentia als Verwirklichung und Wirklichkeit. Reaktion und nicht Ermöglichung. Der Entzug der Wahrheit und die Ermöglichung einer neuen Qualität ................................ 84

    6. 4. Die innere Grenze der d…malir letÇ k¡cou................................. 85

    7. Entfremdung wie bei Hegel? Muß die Idee erscheinen? ............. 86

    7. 1. Das Dasein ist keine Idee, welche in die Welt als Wirklichkeit fällt, sondern selbst das alles in sich ruhend übertreffende Transzendente, welches den Fehl der Wahrheit erleidet und an sich selber diese ermöglicht ................................ 87

    7. 2. Die Wirklichkeit soll nicht von einer Idee aufgehoben und bewahrheitet werden, sondern sie ist selbst das Erleiden des Fehls der Wahrheit und das am Tod Sich-übertreffen für diese............................................................................................. 89

  • Inhalt

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    8. Die Wahrheit des Dasein ohne öffentliches und allverbindliches Kriterium........................................................... 92

    8. 1. Das Vollziehen der Wahrheit ist nicht weltende und ruhende Wahrheit am Dasein .................................................................... 92

    8. 2. Nur das Wahre als Ermöglichung des Fremden kann ein Ganzes für alle sein. ................................................................... 93

    8. 3. Die Wahrheit einer wissenschaftlichen Gemeinschaft hat zwei Voraussetzungen: 1. Den weltenden Anspruch des Seins. 2. Die direkte Erschloßenheit der Wahrheit am Sein des Daseins. Diese Wahrheit ist selbst Wahrheit und das Spiel von Wahrheit und nicht auf eine überhistorische Wahrheit gerichtet ....................................................................... 96

    8. 4. Ist Ende und Wesen der Wahrheit ihr Vollzug von einem bzw. von jedem Subjekt? Warum kommt der Philosoph in die Höhle zurück?........................................................................ 98

    8. 5. Die ruhende Wahrheit ist nicht vollzogene Wahrheit einer Idee, sondern erlittene Wahrheit des Leibes................................ 99

    9. Das Angebot Heideggers bis zu »Sein und Zeit« ...................... 101

    III. DAS SEIN »IST« DAS SEIENDE ..................................................... 105

    1. Das Sein kann bei Heidegger keine fundamental-ontologische Bedingung des Seienden sein ............................... 105

    2. Das Sein als gefragtes Kategoriales und nicht als Ontologem beim frühen Heidegger .............................................................. 107

    2. 1. Das Sein ist kein Ontologem, sondern kategorialer Übergang des Seienden .............................................................................. 107

    2. 2. Das Sein ist für die Metaphysik Substanz und Wirklichkeit, welche in der Idee aufgehoben werden soll............................... 107

    2. 3. Das Sein ist bei Heidegger kategorialer Übergang, verbindlich mit einem Seienden verknüpft und kein vorausgehender Sinn und bzw. Bedingung der Erfahrung ........ 108

    2. 4. Das Sein entspringt aus dem Seiendem und ist so Differentes. Es ist kein Grund des Seienden. Das Sein ist kein Ontologem, keine Bekundung, keine Grenze und keine Gegenständlichkeit .................................................................... 110

    2. 5. Das Seiende und sein Absprung zum Sein. Das Seiende gehört zu seinem Differenten, und es wird von diesem gebraucht ................................................................................... 110

  • Inhalt

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    2. 6. Das Sein ist nicht intentional als leerster Sinn des Seins gegeben, sondern als geschehendes Nichtsein und Aufgabe an der Transzendenz des Daseins. Es ist Prinzip als Aufgabe. Das Dasein ist direkt vom Sein zu seinem Nichtsein entgegengeworfen...................................................................... 112

    2. 7. Das Sein wird am Seienden befragt, aber nicht als freischwebender Sinn. ............................................................... 114

    2. 8. Der Aufsatz über das Kunstwerk. Erde und Welt. Ins-Werk-setzen der Wahrheit ................................................................... 115

    3. Die Frage des Seins – sofern es kein Worinnen, kein Ontologem und keine »Wirklichkeit« ist.................................. 116

    3. 1. Sein als Position des Verhaltens. Kein dritter Inhalt. Es geht aus dem Seienden als Anzeige-Frage, nicht als Ontologem hervor ........................................................................................ 116

    3. 2. Kein Erfassen der Wirklichkeit im Ganzen ............................... 118

    3. 3. Das Sein ist nicht intentional Differentes als Anderes des Seienden, sondern der Fehl am Seienden. Inadäquatheit. Ver-fehlen am Seienden und nicht Eintreten einer bestimmten Negation .................................................................................... 118

    3. 4. Die Behandlung der ontologischen Differenz in »Die Grundprobleme der Phänomenologie« (SS 27). Der Seinssinn als das Ermöglichende und nicht als wirklicher Entwurf...................................................................................... 120

    3. 4. 1. Letztendlich soll Sein aus keinem Woher und nicht leer-intentional verstanden werden. .................................................. 120

    3. 4. 2. Das Licht als Ermöglichendes und nicht als Entwurf................ 121 3. 4. 3. Der Sinn ist nicht letzter intentionaler Horizont

    universalen Seinsverständnisses, sondern Überschlag des Seins-zu in sein Nichtsein, welches am Dasein direkt entgegengeworfen und verlangt wird. Das Sein ist der Werfer und das Dasein erhält den Auftrag ................................ 123

    3. 4. 4. Die Zeitlichkeit des Daseins als angesprochene und entgegengeworfene Transzendenz des Seins ............................. 126

    3. 4. 5. Das vorontologische Verstehen ist als Frage und Anspruch Ermöglichung des Begegnens von Seiendem und des Verstehens von Sein und nicht logische Bedingung derselben.................................................................................... 131

    3. 4. 6. Die Zeitlichkeit des Daseins in den Kant-Vorlesungen............. 132 3. 4. 7. Der vorontologische Unterschied .............................................. 136

    3. 5. Die ontologische Differenz als Unter-scheiden des Seins ......... 139 3. 5. 1 Das Sein ist nicht reaktives Mitanwesen, sondern

    entbergend-bergende Unterscheidung seiner selbst................... 139

  • Inhalt

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    3. 5. 2. Das Sein als existentia und actus purus ist nicht das Sein als Enteignis und Bewahren seiner Wahrheit im sich enteignenden Ermöglichen des Unterschiedenen innerhalb seiner selbst. Das Sein zwischen »noch-nicht« und »nicht-mehr«. Der neue Ursprung des Seins ........................................ 141

    IV. DIE DIAGNOSE DER METAPHYSIK UND DES NIHILISMUS – TOD ODER FEHL GOTTES?........................................................ 147

    1. Der Tod und der Fehl Gottes ..................................................... 147

    1. 1. Der Tod Gottes als Moment der dialektischen Aneignung und der Fehl am Dasein selbst ................................................... 147

    1. 2. Der Nihilismus schafft nicht Raum für die Überwindung der Metaphysik ................................................................................ 148

    2. Genealogie des Nihilismsus als Vollendung der Metaphysik, welche aber Geschichte der Wahrheit des Seins ist................... 152

    2. 1. Nihilismus ist Fall der obersten Werte. Enttäuschung. Der Wertcharakter der Metaphysik .................................................. 152

    2. 2. Der Gang der Vollendung der Metaphysik................................ 153

    2. 3. Der Nihilismus ist nur die vollendete Logik der Metaphysik, nicht ihre Auflösung .................................................................. 157

    2. 4. Der Nihilismus denkt nicht das Nichts ...................................... 158

    2. 5. Die Metaphysik denkt nicht das Nichts als das Sein ................. 159

    2. 6. Die anfängliche Entscheidung über das Wesen des Nihilismus ................................................................................. 161

    3. Das Wesen der Metaphysik, das nichtende Sein und das In-der-Wahrheit bzw. In-der-Unwahrheit-sein – als Existenzial des Daseins ................................................................................ 164

    3. 1. Das Nihil und der Nihilismus west nicht im Subjekt, sondern ist das Monent des Negierens eines Scheins.............................. 164

    3. 2. Die Metaphysik denkt nicht das Sein, und der Nihilismus denkt nicht das Nichts ............................................................... 164

    3. 3. Das Sein ist das Nichts als Ermöglichung des fehlenden Möglichen und seiner Wahrheit, aber auch Unwahrheit ........... 165

    3. 4. Die Wahrheit des Seins, zu der die Metaphysik auch gehört, ist Existenzial des Daseins und nicht seine Konstruktion. Das mitgeborene Nichts und der innere Schmerz des Fehls ............. 166

  • Inhalt

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    3. 5. Das Problem der Aneignung der Idee bei den Linkshegelianern ....................................................................... 172

    3. 6. Ist das Menschliche in einem circulus vitiosus deus befangen?................................................................................... 172

    4. Die Wahrheit als Erschloßenheit und Verstehen des Daseins Das Nichts als Endlichkeit des Seins und das Gehören der Unwahrheit in der Wahrheit. Die Metaphysik als Unwahrheit in der Wahrheit und die »Kehre« Heideggers als Ankunft des Un-Gedachten............................................................................ 174

    4. 1. Das Sein als Sein-zu ermöglicht seine Wahrheit, sein Nichtsein. Die Un-verborgenheit............................................... 174

    4. 2. Das Nichts gehört zum Sein. Eine höhere Wahrheit wird in der Unwahrheit verborgen intendiert und nicht im ontologisch-dialektischen Wechselspiel von Wahrheit und Unwahrheit ................................................................................ 176

    4. 3. Eine seynsgeschichtliche Phänomenologie der »unreinen Vernunft« kann »denkender« ihr Ungedachtes denken. Die Wahrheit kommt aus dem Ungedachten des Gedachten und nicht aus einem gereinigten Ich ................................................. 179

    4. 4. Der Nihilist als unbedingtes Subjekt seiner Geschichte ist selbst keine Geschichte und so braucht er eine Abbildlichkeit, einen bewußt ästhetischen Schein .................... 182

    V. DIE WAHRHEIT DES SEINS. VIER SCHRITTE BEIM VERSTEHEN VON WAHRHEIT....................................................... 187

    1. Die Maßlosigkeit der Wahrheit ................................................. 187

    1. 1. Das Dasein wird nicht zur richtigen oder besseren Erkenntnis aufgefordert, sondern es ist schuldig ohne verschuldetes Maß. Das am Dasein innerlich wesende Nichtsein des Seins.... 187

    2. Das vortheoretische Sich-verhalten des Daseins als mitgehende Weltlichkeit............................................................ 189

    2. 1. Das vortheoretische, phänomenologische Verhalten als Zusammengehören des Daseins zum weltenden Anspruch des Seins auf Wahrheit .............................................................. 189

    3. Die vier Schritte im Verstehen von Wahrheit............................ 192

    3. 1. Wahrheit als Unverborgenheit oder »mehr« als Unverborgenheit ........................................................................ 193

    3. 1. 1. Gehalt, Vollzug und das Entdeckend-sein der Sachen .............. 193

  • Inhalt

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    3. 1. 2. Die Erschloßenheit und Weltlichkeit des Daseins als Ort des weltenden Anspruchs der Wahrheit des Seins..................... 197

    3. 1. 3. Die Wahrheit ist so mehr als nur Unverborgenheit und Entdecktheit im Sinne der wiedergegebenen Originalität.......... 198

    3. 1. 4. Das Dasein ist nur als der Ort des direkten Anspruchs des Seins auf seine Wahrheit ........................................................... 200

    3. 2. Die Direktheit und Gründung der Wahrheit am Dasein ............ 202 3. 2. 1. Die Wahrheit ist nicht einfach Originalität, sondern der

    verlangende Anspruch des entzogenen Seins an einem Da und die Erfüllung eines erleidenden Fehls und nicht eines dirigierenden oder regulativen Kriteriums................................. 203

    3. 2. 2. Das Dasein ist das Gedachte und die Wahrheit des Seyns ........ 204 3. 2. 3. Die Wahrheit des Seyns ist nicht seine Verwirk-

    lichung, sondern sein Entspringen an seiner entgegen-geworfenen Grenze.................................................................... 206

    3. 2. 4. Der Zeit-Raum........................................................................... 208 3. 2. 5. Das Zögern und der neue Anfang.............................................. 209 3. 2. 6. Das Sichversagende kommt aber so nicht als der erste

    Anfang, sondern als wesende Möglichkeit und Schenkung aus einer inneren Fuge............................................................... 211

    3. 2. 7. Der Tod als exzentrische Mitte des Daseins .............................. 212 3. 2. 8. Die direkte Frage des Seyns an das Dasein und sein

    Entspringen aus dem Nichts ...................................................... 214 3. 2. 9. Das Erleiden des Fehls als Reichtum im

    »Harmonischentgegengesetzten« .............................................. 215 3. 2. 10. Keine Energie und Teleologie eines Ontologems, welche

    sich als Erfüllung des Anfangs am Ende erweist, sondern der erleidende Fehl als Wahrheit des Da ................................... 218

    3. 3. Die Zusammengehörigkeit von Wahrheit und Unwahrheit ....... 219 3. 3. 1. Der Eintritt der Unwahrheit. Das Fehlen an Erfüllung .............. 220 3. 3. 2. Die Wahrheit ist die Un-wahrheit, weil sie keine

    Verwirklichung und kein Sich-zeigen ist, sondern ihr Einwesen und Entspringen am Fremden ................................... 222

    3. 3. 3. Die Dialektik und Unbedingtheit des Nihilismus als Vollendung der Metaphysik ...................................................... 224

    3. 3. 4. Die negative Dialektik des Scheins bei Nietzsche und Adorno....................................................................................... 226

    3. 3. 5. Die Wahrheit aus der Not .......................................................... 230 3. 3. 6. Die zu sich zurückkehrende und direkte Frage sucht keine

    Antwort, sondern sie erleidet den Fehl der Wahrheit. Die Bewahrung des Gesetzes ........................................................... 231

    3. 3. 7. Die Wahrheit ist nicht, sondern sie west aus der Verbergung................................................................................ 233

    3. 4. Exkurs: Heidegger und die Theologie ....................................... 234

  • Inhalt

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    3. 4. 1. Heideggers Ausgangangspunkt ist die Theologie und nicht die Phänomenologie Husserls.................................................... 234

    3. 4. 2. Der Glauben als thlipsis, als Warten und Vollzugszusammenhang gegen jeden Gehalts- und Bezugszusammenhang............................................................... 238

    3. 4. 3. Das Christliche bei Heidegger in »Phänomenologie und Theologie«................................................................................. 244

    3. 4. 3. 1. Christentum und Christlichkeit.................................................. 244 3. 4. 3. 2. Die Christlichkeit entscheidet über das Christentum................. 245 3. 4. 3. 3. Christlichkeit ist der gläubige Glaube an den geoffenbarten

    Gott............................................................................................ 246 3. 4. 3. 4. Die Dialektik des Glaubens ....................................................... 246

    3. 4. 3. 5. Das äußerste Ende der Offenbarung und die Abgeschlossenheit der Geschichte ............................................ 249

    3. 4. 3. 6. Die Theologie ist historische Wissenschaft, weil sie keine Geschichte hat ........................................................................... 250

    3. 4. 3. 7. Die dialektische Theologie ist Vertiefung der historischen Methode. Die Theologie ist systematisch, weil sie historisch ist ............................................................................................... 251

    3. 4. 3. 8. Die radikale Freiheit des Glaubens und die formal korrektive Anzeigung der Philosophie ...................................... 252

    3. 4. 3. 9. Die Theologie des gläubigen Glaubens ist Theodizee Gottes und nicht seine Darstellung ....................................................... 253

    3. 5. Das Heilige und Plötzliche ........................................................ 257 3. 5. 1. Die Wahrheit aus der Einzigkeit. Lichtung und

    Verbergung als Eines und keine Dialektik. Der Sinn der Wahrheit im Beispiel des Heiligen und des Plötzlichen............ 257

    3. 5. 2. Das Wahre ist nicht dialektische Vermittlung des Anfangs ...... 260 3. 5. 3. Die innere und unscheinbare Fügung und die

    Phänomenologie des Unscheinbaren ......................................... 265 3. 5. 4. Der Traum und das Erwachen ................................................... 270

    3. 5. 5. Kosmogonie, Theogonie und Anthropogonie............................ 273 3. 5. 6. Jedes Da ist Ort des Entspringens. Die Rettung des

    Gewesenen................................................................................. 275

    VI. NACHWORT................................................................................. 279

    VII. BIBLIOGRAPHIE ........................................................................... 283

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    Vorwort

    Wenn Ludwig Feuerbach in »Das Wesen des Christentums« schreibt: »Die Wahrheit des Prädikats ist allein die Bürgschaft der Existenz. (...) ursprünglich macht der Mensch die Wahrheit von der Existenz, später erst die Existenz von der Wahrheit abhängig«, meint er, dass wenn eine Existenz, ein Subjekt, die Wahrheit in der Wirklichkeit vollzieht und beweist, diese als sein Eigentum aneignen und tragen kann und nicht vergegenständlichen soll.

    Martin Heidegger artikuliert Ähnliches: »Der Weg läuft gerade nicht vom Subjekt über die Kopula zum Prädikat, sondern vom vorgegebenen Ganzen zur Hebung dessen, was wir nachher Prädikat nennen, und damit erst zur eigentlichen Hebung des Subjekts« (Sophistes, Bd. 19, WS 24/25, S. 600) und »Also ist ›Heiligkeit‹ keineswegs die einem feststehenden Gott ent-liehene Eigenschaft. Das Heilige ist nicht heilig, weil es göttlich ist, sondern das Göttliche ist göttlich, weil es in seiner Weise ›heilig‹ ist (...)« (Erläu-terungen zu Hölderlin, Bd. 4, 1939, S.59) und »Erst aus der Wahrheit des Seins lässt sich das Wesen des Heiligen denken. Erst aus dem Wesen des Heiligen ist das Wesen von Gottheit zu denken. Erst im Lichte des Wesens von Gottheit kann gedacht und gesagt werden, was das Wort »Gott« nennen soll« (Brief über den Humanismus, Bd. 9, 1949, S.351). Was er damit meint, versucht die vorliegende Arbeit durch das Gesamtwerk Martin Heideggers hindurch zu verstehen.

    Die Philosophische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Wintersemester 2001-2 als Dissertation angenommen.

    Mein tiefer Dank gilt erstens meinem verehrten Lehrer Prof. Georg Wieland für seine langjährige wissenschaftliche und persönliche Unter-stützung. Prof. Anton Friedrich Koch, welcher in letzter Stunde als zweiter Gutachter eingesprungen ist, bin ich sehr dankbar. Auch Prof. Johannes Brachtendorf sei hier gedankt, der sich am Promotionskolloquium beteiligt hat. Mein herzlicher Dank wendet sich weiterhin an alle, bei denen ich studiert habe, wie Prof. Eberhard Jüngel und Prof. Rüdiger Bubner, und an die gesamte Philosophische Fakultät, in der ich mich, ein Ausländer, zu Hause fühlte.

    Auch meinem Lehrer an der Theolosichen Fakultät der Universität Athen, einem ehemaligen Tübinger, Prof. Marios Begsos möchte ich sehr danken. Dankbar zu nennen sind auch diejenigen, mit denen ich über meine Arbeit diskutieren konnte, wie K. Maras und Th. Votsos, welche auch dem stillis-tischen und formalen Vollzug der Arbeit Vieles beigebracht haben.

    Ich möchte schliesslich der Stiftung Lilian Voudouri danken, welche mein Studium in Deutschland für einige Zeit erleichterte. Zenon Tsikrikas Istiaia, im Herbst 2003

  • 19

    I. Einleitung

    Martin Heidegger hat sich im Laufe seiner langjährigen Werktätigkeit sehr gravierend fortentwickelt. Auf den ersten Blick tritt er auf der Bühne der Phänomenologie auf. Ist er aber in seinem frühen Werk Phänomenologe? Wie könnten wir andererseits sein späteres Denken der seynsgeschichtlichen Philosophie bezeichnen? Als Rückkehr in die Ontologie und Metaphysik? Ist Heidegger ein Phänomenologe, der Husserl korrigiert und dadurch übertrifft, daß er die Phänomenologie nicht im gereinigten Bewußtsein, sondern im Sein des Daseins ansetzt? Geht Heidegger also bei der Frage nach dem Sinn des Seins viel fundamentaler als Husserl vor? Zielt seine Phänomenologie auf die Wahrheit als Entdecktheit? Ist diese die aus dem Sein des Daseins resul-tierende phänomenologische Unmittelbarkeit der Sache selbst? Gelangt dann Heidegger in seinem späteren Werk aus einer existenz-fundamentalen und transzendentalen Konstituierung des Seins aus dem Sein des Daseins zu einer metaphysisch-ontologischen Setzung des Seins und seiner Geschichte?

    Diese Fragen werden in der Heidegger-Forschung – wenn auch aus unter-schiedlichen Motivationslagen heraus – zumeist positiv beantwortet. Ande-rerseits müßte aber auch die Frage erlaubt sein, ob wir das Wesen der Wahr-heit beim frühen Heidegger, ihre immanenten Voraussetzungen und ihren Sinn doch so verstehen könnten, daß Wahrheit eben nicht phänomenologi-sche Unmittelbarkeit ist, sondern sich in einheitlicher Wesensentwicklung im gesamten Werk Heideggers darstellt? Könnten wir dann diesen Sinn von Wahrheit im späteren Heidegger herausholen und nicht die Aufhebung und Vermittlung der Geschichte der Wahrheit im vorausgesetzten Sein, das sich auf der letzten und leersten Stufe einer noologischen Reflexion ergibt?

    Dann wäre aber diese Wahrheit weder phänomenologische Unmittelbar-keit noch dialektische Vermittlung in einem sich entziehenden Anfang, wel-cher sich am Ende als der erweist, der er ist. Diesen immanenten und einheit-lichen Sinn von Wahrheit bei Heidegger herauszuarbeiten, hat sich die vorliegende Arbeit als Aufgabe gesetzt. Das Wesen dieser Wahrheit ist weder unmittelbarer Anfang noch Vermittlung des unverfügbaren Anfangs in sei-nem Ende, sondern das Heilige und Plötzliche als das Letzte aus der Mitte des Weges.

    Thema der Arbeit ist nicht die sogenannte »Kehre« Heideggers, sondern der das ganze Werk Heideggers durchziehende immanente Sinn von Wahr-heit – ein Sinn, der im Spätwerk auf den Namen des Heiligen und des Plötz-lichen hört. Thema ist die Kehre insofern, als dass eine Forschung über die Kehre geradezu zwangsläufig Heideggers gesamten Gang und seine Über-gänge zu untersuchen hat. Daher kann man auch bei Beiträgen zur Kehre die

  • I. Einleitung

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    Frage nach dem anfänglichen Sinn der Wahrheit bei Heidegger, nach seiner Wesensumwandlung und seinem Vollzug formulieren und den Versuch un-ternehmen, eine immanente und alle Perioden Heideggers umfassende Ent-wicklungslinie zu erfassen, welche entweder immanent progressiv und ein-heitlich oder in eine ganz andere Periode übergehend oder zu einem anderen Ansatz umkehrend, der dann auch als Rekonstruktion des ersten Ansatzes gesehen werden kann, sein mag.

    So sehen manche Forscher, wie z.B. O. Pugliese, W. Marx, F. W. von Hermann, P. L. Coriando, in Heideggers »Kehre« das Wiederholen des nun mit der Seynsgeschichte versehenen Anfangs und daher einen Versuch, wel-cher sich wieder rekonstruktiv, phänomenologisch und transzendental im Dasein ergibt. Dagegen ist für andere1, wie C. F. Gethmann oder D. Thomä, bei Heidegger eine wirkliche Kehre hin zu einer metaphysisch-ontologischen Voraus-setzung des Seins eingetreten und die endgültige Aufgabe jeden phä-nomenologisch-transzendentalen Versuchs aus dem Sein des Daseins vollzo-gen.

    Demgegenüber fragt die vorliegende Arbeit nach dem immanenten Sinn und Wesen der Wahrheit beim frühen und späteren Heidegger, welcher so-wohl von der phänomenologischen Unmittelbarkeit und Entdecktheit als auch von der Aufhebung und Vermittlung der Geschichte der Wahrheit im Sein als einem Ende und einer Teleologie des sich entziehenden, aber eigentlichen Anfangs verschieden ist und als immanente und höhere Wahrheit des Da-Seins, als das Heilige und Plötzliche, west und aufbricht.

    Im ersten Teil wird der Sinn des Stehens des Daseins in der Welt und in der Wahrheit erörtert. Es wird untersucht, wie das Weltende, das die Welt darstellende und weltende Sein der Dinge der Welt, nicht ein innerweltliches Sich-zeigen eines ersten Wesenselements für die Phänomenologie ist, son-dern ein einen radikalen Anspruch direkt an das Sein des Daseins stellendes und so einen modus essentialis verlangendes Weltendes ist. Der Anspruch des die Welt Weltenden als seine eigene Wahrheit ist Anspruch an das welthafte Sein des Daseins und nicht ein innerweltliches adäquates Sich-zeigen. Was das Weltende aus dem Dasein verlangt, kann nicht innerweltlich und kategorial gezeigt werden, sondern stellt die Frage einer welterschlie-ßenden Darstellung dieses Anspruchs. Das Dasein ist weiterhin nicht einfach transzendental in einer vorliegenden Trennung zwischen dem Subjekt und der Welt der Objekte, sondern vielmehr in sich transzendent und selbst die entgegengeworfene Transzendenz des weltenden Anspruchs auf Wahrheit. Das Dasein erhält einen direkten und auf das Dasein gerichteten und enden- 1 In der Heidegger-Forschung hat sich die Auffassung etabliert, Heidegger habe eine

    wirkliche »Kehre« vollzogen. In den meisten Beiträgen lassen sich diesbezügliche Argumentationen finden. In anderen wird die »Kehre« als gültig vorausgesetzt. Hier werden nur Autoren und Werke erwähnt, welche die »Kehre« Heideggers eingehend untersuchen.

  • I. Einleitung

    21

    den Anspruch des Weltenden und vermittelt nicht bloß die Aufgabe für das originäre und rein-phänomenologische Entdecken der Sache selbst. Der An-spruch auf Wahrheit wird auf das Dasein entgegengeworfen, in diesem ver-sammelt er sich und schließt seine Bewegung ab.

    In diesem Sinne ist der Logos der Phänomenologie nicht der Vermittler für das Sich-zeigen des Seins, sondern steht im direkten und vorontologi-schen Anspruch des Seins auf eine nicht adäquate und nicht eine »Idee« ent-werfende Wahrheit. Dieser Anspruch spricht aus einem Fehl her an, welchen das direkt angesprochene Dasein erleidet und nicht vorstellend und entwer-fend erfüllen kann. Das Dasein selbst ist der Ort der Wahrheit, und zwar ihres Fehls, und befindet sich schon in der Wahrheit oder auch Unwahrheit des Seins, die beide ein Existenzial des Daseins sind und niemals eine äußere Leistung des Daseins, eine Konstruktion, ein Schein, welcher kritisch-dialektisch destruiert oder aufgehoben werden könnte. Die Wahrheit wird am Ort des Daseins erlangt und ist keinesfalls die Verwirklichung oder das Er-scheinen einer Idee. Sie entsteht und ist be-wahrende Erfüllung und Darstel-lung im und aus dem Ort ihres Anspruchs und des Erleidens ihres Fehls und ist nicht die erscheinende Bewährung einer Idee oder eines Subjekts.

    Im zweiten Teil wird der Bezug zwischen Sein und Seiendem und die Stelle des Daseins in diesem untersucht. Beim frühen Heidegger – bis 1927 – ist das Sein keinesfalls fundamentalontologische Bedingung oder transzen-dentallogische Intentionalität für das Begegnen des Seienden, sondern Frage, Postulat, Sinn vom Sein aus dem Seienden. Das Sein ist kein Ontologem für das Seiende; es ist weder transzendentallogische Bedingung und Gattung noch seine Essenz oder seine Grenze, sondern Motivation und gestimmtes Postulat aus dem Seienden. Seit der Vorlesung des SS 27 und den Kantvorle-sungen wird das Sein nicht nur als Frage aus dem Seienden, sondern auch als vorontologisches Ermöglichendes verstanden. Es ist nicht transzendentallogi-sche Bedingung, sondern das Sich-am-Seienden-Unter-scheidende und am-Seienden-neu-Gefragte und -Entspringende. Das Sein und die Zeit sind nicht intentionale Bedingung und letzter leerster Horizont für das Haben des Sei-enden, sondern das Ermöglichende, der Auftraggeber, der am Ort Seienden direkt gestellte Anspruch an das Dasein. Das Seiende ist nicht existentia des Seins als Realität und Wirklichkeit und wird auch nicht im Sein aufgehoben, sondern ist der Ort des neuen Ursprungs des sich Unter-scheidenden und innerhalb seiner selbst das Seiende als Fremdes ermöglichenden Seins.

    Im dritten Teil wird unter Anwendung von Heideggers Verständnis und dessen Konsequenzen für die dieser Arbeit zugrundeliegende Interpretation die Geschichte der Metaphysik als Geschichte der Wahrheit des Seins her-ausgearbeitet. Die Geschichte der Metaphysik erweist sich bei Heidegger als eine Genealogie des Nihilismus. Es ergibt sich ein dialektischer Prozeß des Negierens der äußeren Bedingungen, welcher als Unbedingtheit des eigentli-chen Subjekts vollzogen wird. Der Tod Gottes ist daher das Moment der

  • I. Einleitung

    22

    Negation in der Methode, im Gang der Aufhebung, und niemals ein im Sein und im Subjekt wesendes Nichts. Daher unterscheiden sich Tod und Fehl Gottes radikal voneinander. Während das Dasein selbst Ort der Wahrheit, aber auch der Unwahrheit ist, ist das Subjekt ein reines und punktuelles Ich oder das eigentliche dialektische wahre Subjekt, welches den unwahren Gott außerhalb seiner und in seinen Leistungen und in seinem Schein tötet. Der Fehl Gottes ist dagegen der tote Gott innerhalb des Daseins. Aus dem Er-leiden eines solchen Fehls fängt nach dessen Verenden nicht wieder ein cir-culus vitiosus deus an, sondern der letzte Gott kann auferstehen und entsprin-gen. In diesem Zusammenhang erweist sich das Projekt des Nihilismus und der Säkularisierung als unvollständig. Auf dasselbe weist auch der Linkshe-gelianer M. Stirner mit seiner Kritik an die Vertreter des posthegelianischen Aneignens und Aufhebens der Idee im eigentlichen menschlichen Subjekt hin. In diesem Sinne steht der letzte Gott als der tote und gekreuzigte Gott, welcher aus dem Tod, der Unwahrheit und dem Erleiden des Fehls an Wahr-heit aus einem Dasein entspringt und aufersteht, einem immer wieder anfan-genden circulus vitiosus deus und Dionysos, welcher den Tod als einen Mo-ment aufhebt, entgegen.

    Im vierten Teil schließlich nähern wir uns in vier Schritten dem Sinn und dem Wesen der Wahrheit, wie sie sich uns im Gesamtwerk Heideggers of-fenbaren, an. Die Wahrheit ist erstens Entdecktheit und Unverborgenheit, aber nicht nur das. Sie ist zudem Erschlossenheit des Daseins, welches schon vorontologisch in der Wahrheit oder Unwahrheit ist. Die Wahrheit entsteht am direkten Anspruch des Seins auf das Dasein. Der Anspruch des Seins erhält einen Gegenstoß, einen Ort des Ruhens und der Zögerung und wird nicht weiter und innerweltlich entworfen. So ist zweitens die Wahrheit in einem entgegengeworfenen und vom Sein direkt beauftragten Dasein ge-gründet, verwickelt und versammelt. Solcher ist schon der logos der Phäno-menologie. Dieser ist der Ort des Erleidens eines Fehls an Wahrheit, welcher kein adäquates Entwerfen auf ein weiteres Wohin sein kann. Das Dasein als Ort der Gründung der Wahrheit des Seins ist drittens Ort der Zusammenge-hörigkeit von Wahrheit und Unwahrheit, welche keine negative Dialektik des Scheins wie bei Nietzsche und Adorno annehmen kann – es ist demgegen-über das Wesen einer immanenten, fehlenden und erleideten Wahrheit.

    Aus dieser Verbergung im entgegengeworfenen Da, aus dem Erleiden des Fehls der Wahrheit am Ort ihres Anspruchs und nicht als Bewährung und Verwirklichung einer Idee wird viertens diese verborgene und fehlende Wah-reit als das Heilige und Plötzliche entspringen. Vor dieser Behandlung liegt ein Exkurs über den fünffachen theologischen Ansatz Heideggers: 1. Deu-tung der Transzendenz als Bezogenseins des existenten Anspruchs zweier Weltender und nicht als Abstands punktueller Sachen. 2. Der Vollzug der Welt aus der Not und der Trübsal und nicht durch eine reaktive und inner-weltliche Dialektik. 3. Phänomenologie und Theologie. 4. Die Metaphysik

  • I. Einleitung

    23

    als Onto-theo-logik (wie sie aber in Teil III erörtert wird). 5. Die sogenannte »seynsgeschichtliche Theologie«, welche in diesem Teil thematisiert wird.

    Letztlich ist das Wesen der Wahrheit als das Heilige und Plötzliche das Entspringen und Sich-Darstellen der Wahrheit aus der Verbergung in einem angesprochenen und sie erleidenden Da und nicht die Verwirklichung und Bewährung einer erscheinenden Idee. Das Sein ist nicht absolute Position, summum ens, Subjekt, Ich, das nur prädiziert und nicht dargestellt werden kann, sondern es ist Darstellung, reales Prädikat, inhaltliche Erfüllung und Konstituierung der Welt. Gott ist nicht das Heilige, sondern das Heilige ist Gott. Es geht um die Umkehrung des Satzes und der Ordnung und der Bewe-gung zwischen Subjekt und Prädikat.2 Besonders in den Hölderlin-Vorlesungen entspringt der Strom aus dem Meer und ist nicht am Anfang zu Hause. Der letzte Gott entspringt aus der Unwahrheit und ihrem Erleiden der Wahrheit, aus dem Tod als Ge-birg der Wahrheit und ist nicht der Gott des Anfangs, welcher seinen Tod und seine Unwahrheit als Momente in diesem eigentlichen Anfang aufheben könnte. Das Letzte, das Heilige und Plötzliche ist nicht das Ende, die Teleologie des Anfangs, sondern es entspringt aus der Mitte des Holzwegs, aus dem Fehl innerhalb des Seins und ist niemals seine Energie (actualitas). Das Wesen der Wahrheit bei Heidegger als das Heilige und Plötzliche liegt sowohl außerhalb einer phänomenologischen Unmittel-barkeit als auch einer dialektischen Vermittlung.

    Der Verfasser hat letztendlich das Gefühl, dass seine Interpretation »mög-licherweise« zu einem besseren Verständnis Heideggers beiträgt. Inwieweit dieses Gefühl gerechtfertigt ist, kann nur der Leser entscheiden. Zuweilen benötigt man jedoch einen gewagten Interpretationsversuch, welcher mittel-bar das Verständnis Heideggers fördert, auch wenn er eventuell nicht das einzig Richtige feststellt.

    2 Allerdings nicht wie bei L. Feuerbach im Sinne der dialektischen Aneignung des

    menschlichen Subjekt als eines vom göttlichen Subjekt abgerissenen Prädikats.

  • 25

    II. Der direkte und am Dasein endende Anspruch des Seins auf eine fehlende und nicht zu entwerfende

    Wahrheit beim frühen Heidegger

    1. Der Anspruch des Weltenden auf das Sein des Daseins

    1. 1. Das In-der-Welt-sein nicht als Geworfensein in einer umfassenden Welt, sondern als Ausgesetztsein des Daseins in dieser. Das Dasein ist in sich transzendent.

    Die Beziehung zwischen »Dasein« und »Welt« ist sowohl im Werk Heideg-gers selbst als auch für sein Verständnis grundlegend. Das Dasein befindet sich in der Welt, und seine eventuelle setzende Absolutheit, aber auch seine Geschlossenheit in sich sind abgebrochen. Das Dasein ist kein endliches Ich, welches die Dinge setzt und deren Gehalt mit seinen Vorstellungskategorien vereinigt.3 Das Dasein kann bei Heidegger kein endliches Ich mit kritischem und apriori geltendem Vermögen sein. Es ist der Welt ausgesetzt und so von der Ichheit im kritisch-idealistischen Sinne abgebrochen. Seine Endlichkeit bedeutet allerdings das Abgebrochensein jeder Aprioriotät und kritischer Wesensumgrenzung im eigenen, gereinigten verbindenden Ich-Raum. Inso-fern bedeutet Endlichkeit Abgebrochensein des Ich, zugleich aber – und das ist wichtig – Ausgesetztheit des Daseins in der weiten Offenheit der Welt: Un-endlichkeit.

    Der Abbruch des Daseins ist ein Ausgesetztsein, eine Herausforderung, ein Verfallensein an die abbrechende Welt. Vom Abbrechenden mitgenom-men, steht das Dasein diesem zugleich gegenüber. Das Abgebrochensein führt nicht zu einer kritischen Umgrenzung4 des Ich, sondern entläßt das Dasein in die Welt, von und zu den Dingen. Der Abbruch entsetzt das Dasein

    3 »(...), nämlich eine Materie zur Erkenntnis aus den Sinnen, und eine gewisse Form,

    sie aus dem inneren Quell des reinen Anschauens und Denkens. (...)« (I. Kant, Kri-tik der reinen Vernunft I, Suhrkamp, Frankfurt a.M., 1988, S. 127

    4 Aus einer kritisch-subjektiven und weltgeschichtlichen Position sieht K. Axelos, daß das Dasein wie der Kommunismus die Wirklichkeit nie auflösen und aufheben kann, und daher es nur eine ewige (weltbildende und spielende) Bewegung des un-endlichen Aufhebens des jeweiligen Zustands gibt. Das jeweilige »Ich« oder Da-sein soll der welt-spielenden Objektivität gewachsen sein und diese immerfort in einem offenen Prozeß aufheben (K. Axelos, Einführung in ein künftiges Denken, Tübingen 1966, S. 13 ff., 31 ff.).

  • II. Der direkte und am Dasein endende Anspruch des Seins

    26

    aus sich und setzt es inmitten dieses Bruches. »Dasein ist nie «zunächst« ein gleichsam in-sein-freies Seiendes, das zuweilen die Laune hat, eine «Bezie-hung» zur Welt aufzunehmen. Solches Aufnehmen von Beziehungen zur Welt ist nur möglich, weil Dasein als In-der-Welt-sein ist, wie es ist« (S. u. Z., S. 57). Das Dasein ist, sofern es zu den Gegenständen ist, sofern es sich diesen zeigt. »Die Art und Weise, in der das Selbst im faktischen Dasein sich selbst enthüllt ist, kann man dennoch zutreffend Reflexion nennen, nur darf man hierunter nicht das verstehen, was man mit diesem Ausdruck ver-steht: eine auf das Ich zurückgebogene Selbstbegaffung, sondern einen Zu-sammenhang, wie ihn die optische Bedeutung des Ausdrucks ›Reflexion‹ kundgibt. Reflektieren heißt hier: sich an etwas brechen, von da zurückstrah-len, d.h. von etwas her im Widerschein sich zeigen« (Grundprobl. der Phän., Bd. 24, SS 27, S. 226).

    Das Dasein ist aber solcherweise nicht inmitten des Seienden als ein wei-teres Seiendes zu verstehen. Diesen Abbruch und dieses Gefallensein kann das Dasein nicht als ein vorhandenes Seiendes zwischen anderen unter der-selben Lage so einfach durchgeführt und überstanden haben, sondern es soll gerade diesen Abbruch in seiner Existenz aufnehmen und austragen. Das In-der-Welt-sein deutet keineswegs auf einen Wechsel vom Idealismus zum Realismus und Existenzialismus5 hin. »Gewiß, aber die so gefaßte Intentiona-lität macht doch nicht begreiflich, inwiefern wir uns in den Dingen wieder-finden. Das Dasein ›transponiert‹ sich doch nicht an die Stelle der Dinge und versetzt sich doch nicht als ein Seiendes ihrer Art an ihre Gesellschaft, um sich als dort vorhanden nachträglich zu konstatieren. Allerdings nicht. Aber nur aufgrund einer vorgängigen ›Transposition‹ können wir doch von den Dingen her auf uns selbst zurückkommen. Die Frage ist nur, wie diese ›Transposition‹ zu verstehen und wie sie aus der ontologischen Verfassung des Daseins möglich ist« (Grundprobl. der Phän., SS 27, S. 229). Deswegen: »Was aber ursprünglich transzendent ist, d.h. transzendiert, sind nicht die Dinge gegenüber dem Dasein, sondern das Transzendente im strengen Sinne ist das Dasein selbst. Die Transzendenz ist eine Grundbestimmung der onto-logischen Struktur des Daseins. Sie gehört zur Existenzialität der Existenz. Transzendenz ist ein existenzialer Begriff« (a.a.O., 230).

    Die Transzendenz ist Existenzial6 des Daseins, weil dieses endlich ist und zu den Dingen in der Welt geworfen ist, und nicht weil es als Absolutes jede

    5 Über das Mißverständnis, Heideggers S.u.Z. als Subjektphilosophie zu halten,

    siehe: G. Figal, Martin Heidegger, Phänomenologie der Freiheit, Frankfurt a. M. 1988, S. 18 ff., und H. Mörchen, Adorno und Heidegger: Untersuchung e. philos. Kommunikationsverweigerung, Stuttgart 1981.

    6 K. O. Apel wirft Heidegger Reflexionslosigkeit vor. «..., daß Heidegger sich schon bei der Analyse der ›Vorstruktur‹ des verstehenden ›In-der-Welt-seins‹ in Sein und Zeit keine transzendentalreflexive Rechenschaft von dem unaufgebbaren universa-len Gültigkeitsanspruch und den Präsuppositionen seiner eigenen philosophischen

  • 1. Der Anspruch des Weltenden auf das Sein des Daseins

    27

    Grenze überschreitet oder demgegenüber im eigenen transzendentalen Er-kenntnisvermögen kritisch verbleibt. Folglich ist es das ganz Andere der kantischen Endlichkeit. Nur das Endliche kann absolut sein. So heißt es bei-spielweise in einer Kant-Vorlesung: »Angewiesen auf das Seiende, das er nicht ist, ist er zugleich des Seienden, das er je selbst ist, im Grunde nicht mächtig. (...) Existenz ist als Seinsart in sich Endlichkeit und als diese nur möglich auf dem Grunde des Seinsverständnisses« (Kant und das Problem der Metaphysik, Bd. 3, SS 28, 228). Das Dasein ist seiner selbst nicht mäch-tig und trotzdem dem Seinsverständnis ausgesetzt und überantwortet. Es ist geworfen und dem Bruch und der Transzendenz überantwortet. Es regelt und mißt nicht aus seinen Grenzen eine vorhandene und perfekte Form der Welt, sondern es ist selbst das endliche, geworfene ungeformte Maß der Welt.

    »Aber der Mensch ist nie unendlich und absolut im Schaffen des Seienden selbst, sondern er ist unendlich im Sinne des Verstehens des Seins. Sofern aber, wie Kant sagt, das ontologische Verständnis des Seins nur möglich ist in der inneren Erfahrung des Seienden, ist diese Unendlichkeit des Ontologi-schen wesensmäßig gebunden an die ontische Erfahrung, so daß man umge-kehrt sagen muß: Diese Unendlichkeit, die in der Einbildungskraft heraus-bricht, ist gerade das schärfste Argument für die Endlichkeit. Denn Ontologie ist ein Index der Endlichkeit. Gott hat sie nicht. Und daß der Mensch die exhibitio hat, ist das schärfste Argument seiner Endlichkeit« (a.a.O. S. 280).

    Heidegger sieht im Auslassen der Einbildungskraft als der eigentlichen Wurzel der beiden Erkenntnisvermögen in der zweiten Ausgabe der »Kritik der reinen Vernunft« ein Versäumnis.7 Demgegenüber konzipiert er selbst das Dasein zeitlich, räumlich und weltlich als geworfenes und zugleich kon-stituierendes Maß der Welt und nicht als ein transzendentales Ich innerhalb

    Analyse der (existenzialontologischen) Strukturen des In-der-Welt-seins gegeben hat. Statt dessen ›verfiel‹ gewissermaßen seine Analyse unmittelbar auf die – frei-lich bis dahin kaum bemerkten – kontigentgeschichtlich bedingten Strukturen der ›Faktizität‹ des ›je schon‹ verstehenden In-der-Welt-seins als eines ›geworfenen Entwurfs‹ ...«, K. O. Apel, Sinnkonstitution und Geltungsrechtfertigung, in: M. Heidegger: Innen- und Außenansichten, hrsg. vom Forum für Philosophie Bad Homburg, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1989, S. 168. Das Dasein ist aber keine abgebrochene Vorhandenheit in der Welt. Die Transzendenz des In-der-Welt-seins ist sein Existenzial. Es reflektiert sich nicht als ein autonomes und in sich ge-schlossenes Ich. Es ist aber höchst reflektiert in der Welt als geworfener Entwurf. Seine »Reflektiertheit« erreicht das höchste »Niveau« des Seins zu Tode und des Schuldig-seins. Das In-der-Welt-sein ist nicht ein nachträgliches Moment eines re-flektionlosen Ich, sondern die Existenz des Daseins und deswegen Durchsichtig-keit und Übernahme der Position des Daseins, welche aber keine ich-geschlossene ist, sondern der Transzendenz ausgesetzt und schuldig als Existenzial des Daseins. Das Dasein ist nicht einfach in sich reflektiert, sondern vielmehr überantwortet und hat sein Sein aus dem Nichts entschieden zu sein.

    7 Hierzu siehe auch K. O. Apel in a.a.O., S. 144 ff.

  • II. Der direkte und am Dasein endende Anspruch des Seins

    28

    der absoluten und undarstellbaren Form einer geometrischen Welt. Das Aus-gesetztsein des Daseins an die Welt – seine Endlichkeit – ist selbst sein Transzendieren8 im Ganzen.

    Das Dasein ist nicht ein kritisch-idealistisches Subjekt in der Transzen-denz der Welt, sondern erhält und enthält die werfende und geschehende Transzendenz der sich am Dasein darstellenden Welt.

    1. 2. Das Weltende weltet die Welt. Das Weltende setzt einen Anspruch auf einen modus essentialis und ist nicht innerweltliches Sich-zeigen in kategorialer Form

    Das In-der-Welt-sein ist keine reflexiv-endliche Blickposition innerhalb eines allumfassenden Ganzen, sondern ein Welten der Welt. Die Welt weltet; sie ist nicht das Ganze von Bezugszusammenhängen oder die Realität und erste Substanz wie die res extensa bei Descartes. Die Welt ist Welten und das heißt Geschehen, Sich-darstellen und neues Qualifizieren der Welt in jedem Da.

    »Dieses Umweltliche (Katheder, Buch, ...) sind nicht Sachen mit einem bestimmten Bedeutungscharakter, Gegenstände, und dazu noch aufgefaßt als das und das bedeutend, sondern das Bedeutsame ist das Primäre, gibt sich mir unmittelbar, ohne jeden gedanklichen Umweg über ein Sacherfassen. In einer Umwelt lebend, bedeutet es mir überall und immer, es ist alles welthaft, «es weltet«, (...)« (Zur Bestimmung der Philos., 1919, S. 72 f.).

    Dieses Welten der Welt kann nicht versachlicht und theoretisiert werden. Es stellt alles seinem geschehenden Anspruch9 und seinem weltenden Auf-reißen unter. Das weltende Umweltliche braucht nicht einen depotenzierten und abbildenden Status seines Anspruchs, sondern als weltendes Geschehen einen modus essentialis, das Sein des Angesprochenen selbst. Was weiterhin das Weltende aus dem Dasein verlangt, kann nicht innerweltlich gezeigt werden, sondern stellt die Frage der welterschließenden Darstellung seines

    8 In dieser Hinsicht könnten wir beim späten Heidegger die »Gelassenheit« verste-

    hen. Das Dasein hat nicht eine innerweltliche Perspektive aus der Welt, sondern es ist dieser ausgesetzt und hat in sich dieses Fallen und Gefallensein übernommen. Deswegen will es nicht aus der Welt reaktiv herauskommen, sondern es läßt die Welt an ihm selber welten. Über die Gelassenheit siehe: U. Guzonni, Das Denken der Gelassenheit und der Bezug des Seins zum Menschenwesen (In: U. Guzonni (Hrsg.), Wege im Denken. Versuche mit und ohne Heidegger, München-Freiburg 1990, S. 203 ff.).

    9 Der Anspruch des Weltenden schließt in sich Nähe und Ferne ein. Der Anspruch am Dasein liegt so nah, aber das Weltende wird nicht anderswoher thematisiert und so kommen und gehen sein Anspruch und es selbst in die Ferne – es weltet im Ganzen. Über Ferne und Nähe als Bezug und Unverfügbarkeit beim späten Hei-degger siehe: U. Guzonni, Das Denken der Gelassenheit, a.a.O., S. 223 ff. Daher ist das einzelne Ding nicht in sich geschlossen, sondern quasi bedingt im Ganzen (S. 206, 212).

  • 1. Der Anspruch des Weltenden auf das Sein des Daseins

    29

    Anspruchs. Das Dasein erlebt in seinem Sein dieses ansprechende weltende Bedeutsame.

    »(...), es ist ein Erlebnis eigens für mich, und so sehe ich es auch; es ist aber kein Vorgang, sondern ein Ereignis (nicht Vorgang, im Frageerlebnis ein Rest von Ereignis). Das Er-leben geht nicht vor mir vorbei, wie eine Sa-che, die ich hinstelle, als Objekt, sondern ich selbst er-eigne es mir, und es er-eignet sich seinem Wesen nach. Und verstehe ich es darauf hinblickend so, dann verstehe ich es nicht als Vor-gang, als Sache, Objekt, sondern als ganz Neuartiges, ein Ereignis. (...) Er-eignis besagt auch nicht, als würde ich mir das Er-lebnis von außen oder irgendwoher an-eignen; ›außen‹ und ›innen‹ haben hier sowenig Sinn wie ›physisch‹ und ›psychisch‹. Die Erlebnisse sind Er-eignisse, insofern sie aus dem Eigenen leben und Leben nur so lebt. (Er-eignischarakter hiermit noch nicht voll bestimmt.)« (a.a.O., S. 75).

    Ein Ereignis des Weltens ist kein Vorgang vor dem Dasein, sondern ein Er-leben aus und in seinem »Eigenen«, welches das Weltende aus dem Da-sein braucht und er-eignet! Es ist noch zu früh, aber die Intention, die nach 1927 zur vollen Entfaltung kommt, zeichnet sich schon hier, im Frühwerk Heideggers ab. Das Dasein wird von der Wahrheit gebraucht und bietet sich aus und in seinem »eigenen« Leben an, es er-lebt die Wahrheit, welche ein Er-eignis des Daseins ist. Das Leben hat die Möglichkeit, das weltende Ge-schehen in einem modus essentialis sich ereignen zu lassen. Das Erleben ist darstellende Erschließung des weltenden ansprechenden Geschehens und nicht Depotenzierung in einem erklärenden und die Welt abbildenden inner-weltlichen Modus. »Versuche ich, die Welt theoretisch zu erklären, dann fällt sie in sich zusammen. Es bedeutet keine Steigerung des Erlebnisses, kein Besser-Erkennen der Umwelt, (...)« (a.a.O., S. 87). Das Aneignen und Er-eignen der Sache selbst, wie es Heidegger in dieser Periode fordert (wie hier oder in Phän. 19/20, S. 68, 110, 119), bedeutet in erster Linie nicht das Haben einer Sache in ihrer eigenen Klarheit und Originalität, sondern vielmehr das Aneignen der Sache im und aus dem Eigenen des Daseins und somit das geschehende Welten des Weltenden im modus essentialis des Daseins. Das Aneignen bedeutet das Gebrauchtwerden des Daseins beim weltenden Ge-schehen der Welt und nicht ein subjektives Erfassen des Objekts. So bezeich-net das Leben ebensowenig das Vitale, Unzurückführbare, Lebendige oder Immanente der Lebensphilosophie, wie darin das Erlebnis im Sinne des Ha-bens einer Sache in fundamentalen Motiven ausgedrückt ist. Vielmehr läßt es sich als das Anbieten des Seins des Daseins und dessen Gebrauchtwerden beim weltenden Geschehen der Wahrheit der Welt auffassen. Insofern ist das Leben das Aus-sich- und In-sich-welten-lassen des Anspruchs des Weltenden auf seine welterschließende und nicht innerweltliche Darstellung und Wahr-heit.

  • II. Der direkte und am Dasein endende Anspruch des Seins

    30

    1. 3. Das faktische Leben er-lebt im Eigenen das weltende ansprechende Geschehen

    Heidegger kommt in der im WS 21/22 gehaltenen Vorlesung »Phänomenolo-gische Interpretation zu Aristoteles« sehr oft auf die Verbindung des fakti-schen Lebens mit dem Gegenstand der Philosophie zu sprechen. Wir würden sagen, daß das faktische Leben, welches – sich selbst verbrauchend – in ei-nem Verhältnis zur Seinsfrage steht, nicht einfach das Kontigente ist, sondern das Tragen der Ver-antwortung aus und in seinem eigenen Da.

    »(...) auf den Menschen selbst im Wie seines Seins (sc. hier fragt sich H., ob im Wie des Menschen auch sein Schein gehört, d.V.), (...) daß sich ein Gegenstand und ein Seinssinn eines Gegenstandes vom Charakter des fakti-schen Lebens nur erschließt im Zugang zu ihm, bzw. in einem faktischen Zugangsversuch und Wagnis; (...) kein beliebiges, frei für sich laufendes Kenntnisnehmen von Möglichkeiten, sondern faktisches Verstehen im Ange-sicht der faktischen Sorgens- und Bekümmerungszusammenhänge des eige-nen Lebens und seiner Vergangenheit und seines Kommenden; eine Bereit-schaftsbildung und Voraneignung der Vorgriffe, die jeden Schritt eines zu vollziehenden Philosophierens sollen vollzugsmäßig bestimmen können;« (Phän. Interpr. zu Aristot., Bd. 61, S. 167-169).

    Das In-der-Welt-sein des Daseins ist für das weltende Geschehen der Wahrheit jedes Umweltlichen ein Leben als modus essentialis. Das schritt-weise Wachsen der phänomenologischen Methode von einem Anfang zu einem Ende weist auf keine methodische Echtheit hin, sondern ist das aus dem eigenen Sein des Da-seins hervorgehende Er-leben des Weltenden. Das Primäre, was sich phänomenologisch ergibt, sind nicht radikal theoretisierte und entlebte Wesenselemente wie bei Husserl (Zur Bestimmung der Philos., SS. 19, S. 109-117), sondern das Weltende und Er-lebbare. Das Originäre ist nicht ein innerweltliches Wesenselement als radikales Etwas der Theorie, sondern das ansprechende Weltende, das die Welt überhaupt darstellende und qualifizierende Geschehen. Sein Er-leben am Dasein weist eine innere strö-mende Einheit auf und ist rück-, vorgreifend und weltdarstellend und nicht punktuell innerweltlich und analytisch verbindbar. Das originäre Phänomen ergibt sich im Er-leben und Behalten des die Welt ansprechenden Weltenden. »Das bemächtigende, sich selbst mitnehmende Erleben des Erlebens ist die verstehende, die hermeneutische Intuition, originäre phänomenologische Rück- und Vorgriffsbildung, aus der jede theoretisch-objektivierende, ja transzendente Setzung herausfällt. Allgemeinheit der Wortbedeutungen be-sagt primär etwas Originäres: Welthaftigkeit des erlebten Erlebens« (Zur Best. der Philos., SS. 19, S. 117).

    Das phänomenologisch Primäre ist das Weltende, welches das Er-leben des Daseins direkt anspricht. Das Er-leben behält das die Welt darstellende Weltende und stellt ihm in dessen Anspruch einen modus essentialis zur Verfügung – das Sein des Daseins -, statt es theoretisch zu erklären und auf