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Rubriktitel 1 Jes 04 . 2012 ABGEFAHR'N! Entdeckungsreise vor der Haustür suchen. fragen. finden. Jes . Das katholische Magazin für Braunschweig Juli . August 04 . 2012 DOPPEL- AUSGABE

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Jes. Das katholische Magazin für Braunschweig

Transcript of Jes 4/2012

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Rubriktitel

1Jes 04 . 2012

abgefahr'n!entdeckungsreise vor der haustür

suchen. fragen. finden.

Jes . Das katholische Magazin für Braunschweig Juli . August 04 . 2012

Doppel-

AusgAbe

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Editorial . Inhalt

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Fratze auf der Titelseite ist ganz schön furchterregend,

finden Sie nicht? Gleichzeitig erscheint sie faszinierend,

geheimnisvoll, exotisch. Zu finden ist sie aber nicht in Über-

see, wie man vielleicht vermuten würde. Nein, wir haben sie

ganz in der Nähe entdeckt: im Kaiserdom in Königslutter.

Mehr darüber lesen Sie auf Seite 22. Sie finden dort unseren

Vorschlag für einen gelungenen Sommer-Ausflug vor Ihrer

Haustür: Schwingen Sie sich aufs Rad und erleben Sie, wie

landschaftlich schön und kulturell reizvoll unsere Region

zwischen Braunschweig und Helmstedt ist. Schon Goethe

schrieb: „Willst Du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute

liegt so nah!“

Dass auch das Schlechte nicht weit entfernt ist, daran

erinnert uns der Buchstabe A, der als Protestzeichen gegen

das marode Atommülllager Asse im Braunschweiger Land

inzwischen weitverbreitet ist. Das dokumentiert ein sehens-

werter Bildband, den Thomas Blume, Mitglied der Gemeinde

St. Aegidien, gemeinsam mit seiner Frau herausgebracht hat.

Wie es zu dem ungewöhnlichen Fotoprojekt kam, erfahren

Sie auf Seite 12.

Sie halten eine Doppel-Ausgabe für die Monate Juli und

August in den Händen. Wegen der Sommerferien erscheint

die nächste Ausgabe von Jes Anfang September.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

8

1812

Wenn sie uns schreiben wollen: Redaktion Jes,

Propsteipfarramt St. Aegidien, Spohrplatz 9, 38100 Braunschweig,

[email protected], www.Jes-braunschweig.de

Volker Röpke, Redaktion Jes

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eingesammelt Ein Gesetz verärgert die Kirchen s. 7 nah dran Lebenswunsch Staatsbürgerschaft s. 8 engagiert 10.000 Kilometer weit weg s. 11

gesprächsstoff Region im Zeichen eines Buchstabens s. 12 Leib und seele Fisch im Sommer s. 16

im fokus Wozu Kirchensteuern verwendet werden s. 18 entdeckt Per Rad zur kaiserlichen Ruhestätte s. 22 Jes Junior Was Kardinäle machen s. 26 gesehen, gelesen, gehört Der Sound der Mädchenkantorei s. 28 erlebenswert Mann über Kassels Dächern s. 29 Termine Jugendliche rocken den Berg s. 30

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4 Jes 04 . 20124 Jes 04 . 20124 Jes 04 . 2012 FOTO: ScHWEIZ TOuRISMuS

Magische OrteKirchen besitzen oft eine besondere Aura. Nicht nur, dass man in ihnen Ruhe und Einkehr fi nden kann, auch ihre Architektur hat meist etwas Anziehen-des. Diese Kirche – die San Giovanno Battista – liegt inmitten der Schweizer Alpen und stammt von dem Architekten Mario Botta. Sie fasziniert durch ungewöhnliche Eindrücke und Formen aus Marmor, Stein und Licht.

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Eingesammelt

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eine bücherei in der Kindertagesstätte Ob Bilderbücher, Hörbuch-CDs oder Brettspiele – die neue Kindergartenbücherei der Caritas-Kita St. Maximilian Kolbe in der Braunschweiger Weststadt hat eine große Auswahl. 350 Bücher und viele weitere Medien warten darauf, von den Jun-gen und Mädchen ausgeliehen zu werden: für das gemeinsame Lese-Erlebnis mit den Eltern, Geschwistern oder Großeltern. „Wir wollen die Liebe zum Lesen wecken. Das ist für die Kin-der die beste Motivation, um möglichst schnell lesen zu ler-nen und auch später gern zu lesen“, sagt Anita Röhlecke, die Sprachbildnerin der Kita. Leiterin Anne Weh hatte die Idee, eine Bücherei einzurichten. Es wäre allerdings beim Wunsch geblieben, wenn sie nicht tatkräftige Hilfe aus der Gemeinde St. Cyriakus gehabt hätte: Das Ehepaar Anne und Harald Men-ges, Heinrich Scherf, Heinrich Schubert und Ria Dutka halfen den Kita-Mitarbeitern ehrenamtlich dabei, das Angebot für die Kinder auf die Beine zu stellen. Sie suchten Buchspender, sie warben Sponsoren für das Vorhaben, sie katalogisierten den Medien-Bestand und vieles mehr. Mit Erfolg: Seit einigen Wochen können die Kinder jede Menge Lektüre ausleihen. An jedem zweiten Mittwoch von 13.30 bis 15.30 Uhr öffnet Anne Menges die Bücherei. Sie hofft, dass sich weitere Ehrenamtli-che finden, die sich für die Kita engagieren.

caritas-Kindertagesstätte St. Maximilian Kolbe, Donaustr. 11,

38120 Braunschweig, Telefon 0531 842332, www.cariTas-bs.de

Menschen besuchen in Deutschland Sonn-tag für Sonntag eine heilige Messe, das sind fast siebenmal so viele, wie am Wo-chenende in die Stadien der Fußballbundes-liga strömen. Weltweit leben 1,1 Milliarden Katholiken, in Deutschland sind es gut 24 Millionen. Diese und diverse andere Zahlen über das kirchliche Leben finden sich in der Broschüre „Katholische Kirche in Deutsch-land – Zahlen und Fakten“. Gibt es gedruckt oder zum Download. www.dbk.de

Kirchenmusik als Internet-Videoclip

3 Mio.

Sie blasen choräle auf Gießkannen oder liegen sin-gend mit dem Rücken auf Kirchenbänken: In einem neuen Patchwork-Video will der Bremer Musiker Micha Keding (36) innerhalb von drei Minuten die ganze Bandbreite evangelischer Kirchenmusik zeigen. Das im Internet veröffentlichte Video dient als Trailer zum Jahr der Kirchenmusik 2012 unter dem Motto „Gottesklang“. Das „Halleluja“ erklingt dabei an unge-wöhnlichen Orten: Ein Posaunenchor spielt im Hüh-nerstall, Tenöre singen von einem Baugerüst unter dem Kirchendach. Bei Mendelssohns Hochzeitsmarsch fährt die Kamera durch ein Spalier von Jugendlichen. Hunderte Musiker zwischen Bremerhaven und dem Harz, Osnabrück und Fleestedt bei Hamburg waren beteiligt. Keding sagt: „Ich will zeigen, wie viel Spaß Kirchenmusik machen kann.“ www.goTTeskLang.de

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Eingesammelt

» Patentrezepte für den glauben gibt es nicht.«

»wer glaubt, etwas zu sein,hat aufgehört etwas zu werden.«

Philip Rosenthal

Bundespräsident Joachim gauck (72) wünscht sich mehr christen in der Politik. „Denn die Politik braucht Menschen, die an eine Sache glauben, die größer ist als sie selbst. Sie braucht Menschen, die eine Haltung haben und dafür mutig eintreten. Sie braucht jene überzeugten und deshalb überzeugen-den Persönlichkeiten, wie sie oft und zu unserem Wohl aus kirchlicher Heimat und aus christlichem Engagement gekommen sind“, sagte Gauck wäh-rend des Katholikentages in Mannheim.

bettina Wehr (49), Leiterin der katholischen Hoch-schulgemeinde in Braunschweig, glaubt nicht an Pa-tentrezepte, wenn es darum geht, junge Menschen für den Glauben zu begeistern. „Es geht nur so, dass man unterschiedliche Angebote für unterschiedliche Lebenssituationen schafft. Wir brauchen Orte, an denen sich junge Menschen gerne aufhalten und frei gestalten können. Wenn sie dort auf Menschen treffen, mit denen es Spaß macht und die sie als erfahrene Menschen auf dem Weg des Glaubens akzeptieren können, dann kann es gelingen.“

» Politik braucht Menschen, die an eine Sache glauben, die größer ist als sie selbst«

» ich möchte nicht durch die handeines Menschen sterben.«

Ex-Bischöfin Margot Käßmann (54) hat sich ent-schieden gegen aktive Sterbehilfe ausgesprochen. „Ich möchte an der Hand eines Menschen ster-ben, nicht durch die Hand eines Menschen“, sagte Käßmann in der ARD-Sendung „hart aber fair“. „Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der gesagt wird, das ist jetzt ein lebensunwertes Leben, Arzt befördere mich ins Jenseits“, erklärte sie. Zugleich warb die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland für den Ausbau der schmerzlindernden palliativen Versor-gung und von Hospizen.

Kuchen nur noch gegen Spende? In der Kirche werden Freud und Leid ge-feiert, in der Kneipe begossen. Doch beide Orte haben noch mehr gemeinsam: das neue niedersächsische Gaststättengesetz – zum Ärger der Kirchen. Sie kritisieren, das Gesetz mache keinen unterschied zwischen Profit von Gaststätten und der karitativen Arbeit einer Pfarrgemeinde. Die Kirchen befürchten, dass sie Pfarrfeste künftig bei den Behörden anzeigen und Ge-bühren entrichten müssen, wenn die Kom-munen das neue Gesetz streng auslegen. Andrea Neuschl, Referentin in der Rechtsab-teilung des Bistums Hildesheim, rät Gemein-den, Würstchen und Getränke zum Selbst-kostenpreis oder Kuchen nur gegen eine freiwillige Spende anzubieten. Dann finde das Gesetz keine Anwendung. Sollte ein Überschuss herauskommen, spiele das keine Rolle. „Es gibt Bagatellgrenzen, die von einer Behörde einzuhalten sind.“ Neuschl taxiert diese Grenze auf 800 bis 1.000 Euro.

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es ist das land, in dem er geboren wurde.

Doch syrien wollte den zur kurdischen Minderheit

gehörenden ssuheib schado nicht als staatsbürger.

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GEKOMMEN, uM zu bLeibenSsuheib Schado hat einen beschwerlichen Weg zum Glück hinter sich. Er kam im Alter von 15 Jahren als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland. Heute ist er 28, deutscher Staatsbürger und angehender Arzt. Dazwischen: jahrelange Mühen für das Recht zu bleiben.

Nah dran

Manchmal hängt das Glück oder Unglück eines Menschen von einem Blatt Papier ab. Ssuheib Schado weiß das nur zu gut. Seine Geschichte ist die Geschichte eines Menschen, der mit viel Fleiß

und Beharrlichkeit für sein Glück gearbeitet hat und trotzdem kurz davor war, seinen Lebenstraum zerplatzen zu sehen.

Denn auf dem Papier gehörte er viele Jahre lang keinem Staat an, keiner Nation. Was er Schwarz auf Weiß für sein Glück benötigte, war die deutsche Staatsangehörigkeit. Doch die blieb ihm lange Zeit verwehrt. Er war geduldet, nicht willkommen.

Als Ssuheib Schado 1999 im Alter von 15 Jahren aus Syri-en in die Bundesrepublik kam, sprach er kein Wort Deutsch. Sein Vater hatte Asyl erhalten, denn Schados Familie gehört den Kurden an, einer in der syrischen Diktatur verfolgten Minderheit.

Ohne Zukunft in ihrem Heimatland, war die Familie in eine ungewisse Zukunft mitten in Europa aufgebrochen. Erst die Eltern mit den beiden jüngsten Kindern, dann die fünf weiteren Geschwister, unter ihnen Ssuheib, der älteste Sohn.

Ihr Dilemma: Sie sind Syrer, die wegen ihres kurdischen Ursprungs vom syrischen Staat nicht als Staatsbürger aner-kannt werden. Für den deutschen Staat, dem sie ihre syrische Staatsangehörigkeit nicht mit Dokumenten nachweisen können, gelten sie als staatenlos.

Das erste Zuhause der Familie in Deutschland ist ein klei-nes Dorf in Ostfriesland. Ssuheib Schado besucht dort die Hauptschule und lernt die neue Sprache. „Das war anfangs sehr schwer. Ich habe nach der Schule systematisch Deutsch-bücher durchgearbeitet, die ich von meinen Onkel hatte. Der war vor mir in einem Sprachkursus.“

Als der Teenager im zehnten Schuljahr ist, zieht die Fa-milie nach Braunschweig um. Hier schafft Ssuheib den er-weiterten Realschulabschluss, anschließend besucht er das Gymnasium. Er ist schlank und sportlich, in der Freizeit spielt er Fußball im Verein. 2006 schließt er die Schule mit

dem Abitur ab, Durchschnittsnote 1,7. Doch die Freude darü-ber trübt der Tod seines Vaters. Außerdem machen ihm Zu-kunftsängste zu schaffen: „Ich habe mich in der Schule sehr angestrengt, aber auch oft gefragt, ob das alles umsonst sein würde.“ Er hat in seiner neuen Heimat längst Freunde gefun-den, er spricht akzentfrei deutsch, er möchte hier leben, stu-dieren und arbeiten, doch er weiß nicht, ob er bleiben darf.

Die caritas hilft dem jungen Mann dabei, ein Deutscher zu werden

Um eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu haben, bräuch-te er eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung – doch seine ist nur vorübergehend. Im Falle einer Abschiebung droht ihm das Schicksal eines Verfolgten in einem unfreien Land. Also unternimmt der Abiturient zahlreiche Behördengänge, infor-miert sich, fragt: Was muss ich tun, um Deutscher zu werden?

Mehrere wesentliche Kriterien erfüllt Ssuheib Schado – er lebt schon lange in Deutschland, außerdem hat er einen gu-ten Schulabschluss. Doch das reicht nicht. Um Deutscher wer-den zu können, muss er seine Geburt in Syrien nachweisen.

Für ihn ist das nicht möglich, weil er als Flüchtling ohne Pass nach Deutschland gekommen ist. Selbst ein Vater-schaftstest, der belegt, dass er der Sohn seines syrischen Va-ters ist, hilft da nicht weiter. Er ist verzweifelt: „Ich habe mich bemüht, aber keinen Ausweg gefunden.“ Dann führt ihn der Zufall zu Ute Scupin. Die Sozialpädagogin arbeitet für den

»ich habe mich in der schule sehr

angestrengt, aber auch oft gefragt,

ob das alles umsonst sein würde.«

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Nah dran

Caritasverband Braunschweig im Jugendmigrationsdienst. Als Ssuheib Schado zu ihr kommt, möchte er wissen, ob er als Staatenloser Anspruch auf BAföG hat. Sie findet heraus, dass er Unterstützung für sein Studium erhalten kann, weil sein Vater in Deutschland gearbeitet hat. Und sie hilft dem jungen Mann, der nicht beweisen kann, wann und wo er ge-boren wurde, ein Deutscher zu werden.

Ssuheib Schado kam am 17. März 1984 in Karmischli, Sy-rien, zur Welt. Das weiß er, das weiß seine Familie. Nur der syrische Staat weiß es nicht, oder er wollte es nicht wissen. Jedenfalls existiert offenbar kein Geburtsnachweis: weder eine Registrierungsnummer noch eine Urkunde.

Bei der Suche nach einem Geburtsnachweiswird die deutsche Botschaft eingeschaltet

Das ergab eine langwierige Recherche in dem arabischen Land, angestoßen aus Braunschweig von Ute Scupin. Die Caritas-Mitarbeiterin hatte die deutsche Botschaft in Da-maskus bei der Suche nach einem Dokument, das Schados Geburt in Syrien belegen kann, um Hilfe gebeten.

Die Diplomaten schickten ihr eine Liste mit Vertrauens-anwälten in Syrien, und Scupin nahm Kontakt zu den Juris-ten auf: Sie sollten einen Geburtsnachweis recherchieren – kein leichtes Unterfangen, denn ob die syrischen Behörden sich mit einer Anfrage aus Deutschland befassen würden, war ungewiss.

„Als Caritas hat man den Vorteil, dass man international bekannt ist. Man bekommt dann auch Antworten“, sagt Scu-pin. Die Antwort im Falle Schados war: Es gibt keinen Beleg für seine Geburt in Syrien. Seine Einbürgerung rückte damit in weite Ferne. Doch Scupin gab nicht auf.

Sie legte der Ausländerbehörde ihren Schriftverkehr mit Syrien vor: „Wir haben der Behörde gezeigt, dass wir alles ge-tan haben, was möglich gewesen ist, um den Geburtsnach-weis zu erbringen.“ Was folgte, war langes, banges Warten.

Gut zwei Jahre prüften die zuständigen Beamten Schados Antrag auf Einbürgerung. Dann erfüllten sie seinen Wunsch: Seit 2010 ist er Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Gleiches gilt für seine Geschwister, ihre Einbürgerungsan-träge waren ebenfalls erfolgreich. „Auch bei ihnen mussten wir erst belegen, dass es nicht möglich war, die Geburts-nachweise aus Syrien zu erhalten“, sagt Ute Scupin.

Inzwischen ist ein solches Prozedere per Gesetz ausge-schlossen. Staatenlose Jugendliche mit einer positiven In-tegrationsperspektive können eine geregelte Aufenthalts-erlaubnis erhalten. Um Deutscher zu werden, benötigen sie seit Beginn dieses Jahres allerdings zwingend einen Ge-burtsnachweis. Die Familie Schado hatte also großes Glück.

Ssuheib Schado sagt, seine Einbürgerung habe er in erster Linie Ute Scupin zu verdanken. Doch die widerspricht: „Die Caritas konnte Ssuheib helfen, aber das Happy End beruht auf seiner Persönlichkeit, seinen Kompetenzen. Deshalb hat sich auch der Leiter der Ausländerbehörde für ihn stark gemacht.“

Mit seiner Einbürgerung endete für den jungen Mann eine lange Phase ständiger Unsicherheit. Er plädiert dafür, Ausländern, die sich ernsthaft integrieren wollen, eine fai-re Chance zu geben: „Ihnen den Weg nicht zu erschweren ist wichtig. Menschen, die seit Jahrzehnten geduldet in Deutschland leben, können aus ihrem Leben nichts machen. Du kannst dann nicht mal ein Girokonto eröffnen.“

Ihm stehen nun alle Möglichkeiten offen, die auch Men-schen haben, die hier geboren wurden. Was er mit dieser Freiheit machen möchte, hat der 28-Jährige längst entschie-den: Wenn er zum Jahresende sein Studium an der Medizini-schen Hochschule in Hannover abgeschlossen hat, möchte er in der Neurochirurgie arbeiten. Eine Assistenzarztstelle hat er schon in Aussicht.

TExT uND FOTO: VOLKER RöPKE

»das happy end beruht auf der

Persönlichkeit und den kompetenzen

von ssuheib schado.«

„Herzlich willkommen – wer immer du bist“ – das ist das Motto

der Interkulturellen Woche 2012, einer Initiative der Deutschen

bischofskonferenz, des Rates der evangelischen Kirche in

Deutschland und der griechisch-orthodoxen Metropolie. Die

Kirchen mahnen mehr schutz für Flüchtlinge an.

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Engagiert

Weitere Informationen im Internet:

www.Missionarin-auf-zeiT.de, www.weLTwaerTs.de

Mehr als 10.000 Kilometer trennen Daniela Schneider von ihrem Zuhause. Die 19 Jahre alte Wolfenbüttelerin arbeitet seit fast einem Jahr als Missionarin auf Zeit auf den Philippinen. Sie kam, um Kinder zu unterrichten. Doch sie stellte fest: Ich bin es, die lernt.

Daniela Schneider gibt Musikunterricht, sie erteilt Nachhilfe in Mathe und Englisch, sie bringt den Kindern das Blockflöte-spielen bei, sie organisiert die Ausleihe in der Schulbücherei und vieles mehr. „Ich sehe meine Aufgabe darin, für die Men-schen vor Ort da zu sein“, sagt sie.

Die Grundschule, an der sie ehrenamtlich als Assistenz-lehrerin arbeitet, ist in der Kleinstadt Montalban im Norden der philippinischen Hauptinsel Luzon. Schaut sie aus dem Schulgarten nach draußen, sieht sie eine Betonbrücke, die über einen Fluss führt.

Jeden Morgen staut es sich dort. Rostige, überfüllte Klein-busse und Laster drängeln sich, vor ihnen liegt eine fast zweistündige Fahrt über eine holprige Bergstraße und durch einen Bezirk voller Müllberge bis zur Metropole Manila. Die Schere zwischen Arm und Reich auf dem Inselstaat ist groß, und die Kinder, die Daniela Schneider unterrichtet, haben

ehrenamtlich weit weg von zu Hause

meist nicht viel. „Die Menschen hier leben am Abgrund, oft geht es ums nackte Überleben“, sagt sie.

Wie die Menschen den Widrigkeiten ihres Lebens trotzen, beeindruckt die junge Frau aus Deutschland: „Freundschaft ist die Kraft, die Filipinos entgegen aller äußeren Umstände zu zu-tiefst glücklichen Menschen macht. Wenn wir Zeit miteinander verbringen, machen wir uns gegenseitig von innen gesund.“Daniela Schneider sagt, sie habe erst in der Ferne wirklich erkannt, welch großes Geschenk es sei, die eigene Zeit mit anderen zu teilen. „Helfen heißt nicht in erster Linie, Projek-te auf die Beine zu stellen, sondern für die Menschen da zu sein, ihnen zuzuhören, mit ihnen zu reden und ihnen beizu-stehen. Dazu reicht es, Zeit miteinander zu verbringen.“

Mitte August kehrt sie nach Deutschland zurück, dann endet ihr freiwilliges Jahr, das vom Entwicklungshilfemi-nisterium gefördert wird. Im Oktober möchte sie anfangen Kirchenmusik zu studieren – so wie ihr Vater es machte, der Braunschweiger Regionalkantor Bernhard Schneider.

Daniela schneider spielt mit einer philippinischen

grundschülerin. Die 19-Jährige hat gelernt, sich auf

Tagalog zu verständigen. Diese sprache wird auf den

philippinen gesprochen.

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Gesprächsstoff

deM a AuF DER SPuR

Die Bürger aus der Umgebung des maroden Salzstocks drän-gen deshalb seit Langem darauf, dass die Behälter mit den ra-dioaktiven Substanzen endlich geborgen werden. Ein elf Me-ter hohes A in der Nähe des Eingangs zum Bergwerk verleiht dieser Forderung einen weit sichtbaren Ausdruck, es ist das mit Abstand größte der weit verbreiteten Holzzeichen.

Die meisten Exemplare sind etwa einen Meter groß und hängen an Hauswänden oder stehen auf Balkonen, die ganz kleinen baumeln an Auto-Rückspiegeln oder Fahrrädern. Ge-druckt ziert das Zeichen T-Shirts, Anstecker und Aufkleber. Egal, wo der Buchstabe steht, hängt oder klebt, die Botschaft ist stets gleich: Das gelbe A mahnt den umsichtigen Umgang mit Atommüll an.

„Wir hätten nie gedacht, dass wir unsere Aufnahmen veröffentlichen würden“

Als das Braunschweiger Ehepaar Blume per Zufall ein Asse-A auf einer Autobahnraststätte nahe Hamburg entdeckte, be-schloss es, die gelben Mahn- und Warnzeichen in ihrer Re-gion zu fotografieren. „Wir fragten uns: Wenn sogar so weit vom Endlager entfernt ein A hing, wie viel mehr mochten es dann in der Nähe der Asse sein?“ Fast ein Jahr lang ging das Paar dieser Frage nach und spürte dem A mit der Kamera hinterher. Die Sammlung, die dabei entstand, dürfte kaum vollständig sein, aber umfangreich ist sie schon: 2500 Fotos mit etwa 450 verschiedenen Objekten. Eine Auswahl daraus bietet nun ein Bildband mit dem Titel „A wie aufpASSEn“. Das

Es ist ein Fotomodell ohne Schokoladenseite, das sich Annette und Thomas Blume vor die Linse geholt ha-ben. Es räkelt sich nicht vor der Kamera, es hat keine Traummaße, und es verzichtet stets auf Make-up. Es

steht bloß stumm da, dürr und hölzern, selbst eine Schau-fensterpuppe sieht besser aus. Ein Hingucker ist dieses Foto-modell trotzdem. Schon von Weitem sieht man es, gelb und leuchtend. Das Fotomodell, das das Ehepaar viele Male abge-lichtet und nun in einem Fotoband versammelt hat, ist der Buchstabe A. Aus Holzlatten zusammengezimmert und gelb gestrichen, ist das A in den vergangenen Jahren im Braun-schweiger Land zu einem Protestsymbol geworden.

Es ist das Zeichen der Gegner des umstrittenen Atom-müll-Endlagers in dem alten Salzbergwerk Asse im Kreis Wolfenbüttel. Der Schriftzug „aufpASSEn“ prangt auf jedem A, es ist der Name des Vereins, der sich – ebenso wie mehrere weitere Organisationen und Bürgerinitiativen – zum Ziel ge-setzt hat, auf die Probleme aufmerksam zu machen, die die Lagerstätte verursacht.

Das größte Zeichen ist elf Meter hoch und stehtin der Nähe der unterirdischen Müllkippe

1978 wurden hier rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen eingelagert. Die Anlage ist ein-sturzgefährdet, zudem fließen pro Tag rund 12 Kubikmeter salzhaltiges Grundwasser in das Bergwerk ein – die Asse droht abzusaufen.

Das gelbe A steht an Straßenecken, hängt an Häusern oder lehnt an Garagentoren im Braunschweiger Land. Wie allgegenwärtig das Protest-zeichen gegen das marode Atommüll-Endlager Asse inzwischen ist, zeigt ein Bildband der Hobbyfotografen Annette und Thomas Blume.

„ein ganzer landstrich protestiert mit dem gelben A“,

sagen Annette und Thomas blume. In ihrem bildband

sind 96 objekte aus 52 orten zu sehen.

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14 Jes 04 . 2012

Buch enthält 120 Aufnahmen, die den Widerstand der Be-völkerung gegen die unterirdische Müllkippe in ihrer Nach-barschaft dokumentieren. „Eine ganze Region zeigt Protest: Landwirte, reiche Leute, Menschen, die in ganz modernen Häusern wohnen. Das sind nicht nur die Ökos, sondern auch diejenigen, die ihren Rasen vielleicht mit der Nagelschere schneiden würden“, sagt Annette Blume.

Sie ist selbstständige Homöopathin, ihr Mann, ein Mit-glied der Gemeinde St. Aegidien, arbeitet als Bibliothekar für die Stadt Braunschweig. Dass die Eheleute in ihrer Freizeit ein Buch herausbringen würden, war nicht geplant, sagt An-nette Blume: „Wir sind Laien, ambitionierte Hobbyfotogra-fen. Wir hätten nie gedacht, dass wir unsere Aufnahmen ver-öffentlichen würden.“

„Der Widerstand gegen Gorleben hat vorgemacht, worum es geht: Sichtbarmachen.“

Dass es doch so kam, ist vielen Menschen zu verdanken, die das Asse-A aufgestellt haben. Als die Blumes vor ihren Häusern und Gärten standen, um die hölzernen Aufsteller abzulichten, wurden sie von den Bewohnern ermuntert, ihre Bilder publik zu machen.

Sie haben das Buch im Selbstverlag mit einer Aufl age von 500 Exemplaren produziert. Ein befreundeter Grafi ker half mit, die Künstler Andreas Maier, Georg Oswald Cott und Ba-zon Brock schrieben Texte für den Bildband. „Alle, die zum Entstehen beitrugen, haben es umsonst gemacht“, sagt Tho-mas Blume.

Seine Frau und er wollen kein Geld mit dem Werk verdienen. Wenn ihre Kosten gedeckt sind, möchten sie die weiteren Einnahmen dem Verein „aufpASSEn“ spenden. Dieser hatte vor dem Erscheinen des Buches bereits einen Kalender mit den Asse-A-Bildern veröffentlicht.

Im Vorwort des Bildbandes setzt der preisgekrönte Schriftsteller Andreas Maier das hiesige Protestsymbol mit den gelben, x-förmigen Anti-Atom-Zeichen in Beziehung, die im Wendland an unzähligen Orten zu fi nden sind: „Der Widerstand gegen das geplante Endlager Gorleben hat vor-gemacht, worum es geht: Sichtbarmachen. Was sichtbar ist, wird endlich wahrgenommen.“

Wahrgenommen hat das gelbe Asse-A auch Peter Altmai-er. Als der neue Bundesumweltminister kürzlich das Berg-werk besuchte, überreichte ihm Heike Wiegel vom Verein „aufpASSEn“ einen Gutschein für ein A aus Holz.

Die Einlösung ist an Bedingungen geknüpft, die auf dem Gutschein vermerkt sind, sagt Heike Wiegel. Um das A zu er-halten, müsse der Minister erst „gute Taten vollbracht“ und „endlich ein Gesamtkonzept“ für die Räumung des Endla-gers vorgelegt haben.

TExT: VOLKER RöPKEFOTOS: ANNETTE uND THOMAS BLuME

protestaktionen gegen das Atommülllager

Asse in braunschweig: auf dem Kohlmarkt

und vor dem schloss.

J

Gesprächsstoff

Annette und Thomas Blume: A wie aufpASSEn. Braunschweig,

2012. 15,00 Euro. Weitere Informationen und Bezugsmöglich-

keiten unter www.a-wie-aufPassen.de iM inTerneT.

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15Jes 04 . 2012

schaumkraut wenn der sommerwind durch dieschaumkrautwiesen fl ießt kann der Verstandihm nicht folgen. windstärkenkann er messen aber weiß erwas sommerwind ist?schaumkraut kann er bestimmen abereine schaumkrautwiese berechnen?hilfl os erstarrt er wennin natur und kunst beides zusammenfl ießtdu glaubst zu verstehn? dann glaubja nicht das sei von interesse. niemandist am wesen der dinge interessiertund der wind jagt dem Verstand in langen sätzen davon. ulla hahn

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Leib und Seele

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Der Sommerurlaub lockt, und zahlreiche Menschen ma-chen sich auf den Weg. Gastlichkeit und Gastfreundschaft werden jetzt großgeschrieben. Der heilige Christophorus gilt als Patron der Reisenden – und zum Grab des heiligen Jakobus nach Santiago de Compostela pilgern alljährlich ungezählte Menschen. Auch Jesus war häufig Gast – so kehr-te er bei den beiden frommen Schwestern Marta und Maria in Betanien ein. Während Maria ihm zu Füßen saß und zu-hörte, sorgte sich Marta um sein leibliches Wohl. Die Kirche erhob sie dafür später zur Patronin der Köchinnen Was mag sie wohl gekocht haben? Vielleicht ein leichtes Fischgericht.

GuIDO FucHS

so wird´s gemacht

Martas Fischfilet mit scharfem linsensalat

150 g berglinsen oder puy-linsen1 Zucchini, 1 Möhre1 bund Frühlingszwiebeln100 g kernlose Weintrauben2 el Zitronensaft2 el olivenöl½ Tl Chilipulver1 Tl gem. Kreuzkümmel (Cumin)2 el Honig, salz1 Apfel

4 Fischfilets à 200 gsalz1 el Zitronensaft2 eier4 el Mehl4 el semmelbrösel4 el olivenöl

Die Linsen ohne Salz in reichlich Wasser ca. 30 Minuten kochen, abgießen, kalt abspülen und abtropfen lassen. Zucchini waschen und putzen, Möhre waschen und schälen, beide in sehr feine Scheiben schneiden. Die Frühlingszwie-beln putzen, waschen und in schmale Ringe schneiden. Die Trauben waschen und halbieren oder vierteln. Zitronensaft und Olivenöl mit den Gewürzen und Honig vermischen und mit Salz abschmecken. Den Apfel waschen, vom Kerngehäuse befreien und in schmale Spalten schneiden. Alle Salatzutaten vorsichtig vermischen, durchziehen lassen und nochmals mit Salz abschmecken. Die Fischfilets mit Salz und Zitronensaft würzen. Eier verquirlen. Fischfilets nacheinander erst in Mehl, in den Eiern und dann in den Semmelbröseln wenden. Olivenöl erhitzen, den Fisch darin bei mittlerer Hitze braun braten. Fisch auf Küchenpapier abtropfen lassen und mit dem Zwiebel-Linsen-Salat servieren.

Jesus zu Gast

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Leib und Seele

Bei einem Besuch des Gartens im ehemaligen Zisterzienser-kloster Riddagshausen in Braunschweig (siehe auch Seite 23) wird man selten allein sein. Dennoch ist es kein lauter Ort. Die einen wandeln zwischen den akkurat angelegten Beeten, schnuppern an Kräutern, entdecken alte Gemüsesorten wie die Melde. Die anderen lassen einfach die Schönheit dieses Fleckchens Erde auf sich wirken. Unwillkürlich fragt man sich, woher die Faszination der Klostergärten kommt und warum sie bis heute wirkt. Der klassische Klostergarten – wie man ihn auch in Riddagshausen fi ndet – geht zurück auf den Mönch Haito von der Klosterinsel Reichenau im Bodensee. Um 820 zeichnet er für das befreundete Kloster St. Gallen den später weltberühmten St. Galler Klosterplan. Es entsteht ein neuer Kloster-Prototyp mit Klausur, Kirche, Werkstätten, Landwirtschaft, Stallungen, Schule, Krankenzimmer, Arzt-wohnung, Brauerei, mehreren Küchen, Bäckerei – und einem Garten, in dem sogar die einzelnen Beete idealtypisch ange-ordnet sind. Auf dieser Basis entsteht eine Gartenkultur, die nie stehen bleibt, sondern sich bis in die Gegenwart weiter-entwickelt. Viele Klöster, wie beispielsweise die Benediktin-nerinenabtei in Fulda, widmen sich heute intensiv dem bio-

kLostergärten Orte der Ruhe und der HeilungZwischen alten Mauern duften Kräuter, Sommerblumen zeigen sich in ihrer Pracht, Gemüsesorten wachsen und gedeihen – Klostergärten faszinieren durch ihre Vielfalt und eine Gartenkultur, die nie stehen bleibt.

frischespender

duftsäckchen gefüllt mit Laven-delblüten aus dem klostergarten als frischer duftspender für den wäscheschrank. handgenäht aus baumwollstoff , 3,60 €.www.abTei-fuLda.de

stärkungsmittel

das ursprünglich als kompostbeschleuniger entwickel-te Mittel „humofi x“ aus der benediktinerinnenabtei in fulda ist gleichzeitig ein sehr wirksames stärkungs-mittel für zimmer-, balkon und gartenpfl anzen. das Pulver besteht aus 5 heilkräutern, eichenrinde, Milch-zucker und honig. die kräuter stammen überwiegend aus dem klostergarten. 1 Päckchen 2,80 €.www.abTei-fuLda.de

Weiterführende Informationen:

Regula Freuler/Peter Seewald: Die Gärten der Mönche

christa Weinrich OSB: Geheimnisse aus dem Klostergarten

www.kLosTerkirche-riddagshausen.de, www.abTei-fuLda.de

»weise gehen in den garten.« rabindranath Tagore

4 Fischfi lets à 200 gsalz1 el Zitronensaft2 eier4 el Mehl4 el semmelbrösel4 el olivenöl

logischen Gärtnern und geben ihre Erkenntnisse in Büchern und Seminaren weiter. Doch neben der Gartenpraxis fi nden wir in Klostergärten noch etwas anderes, was Regula Freuler folgendermaßen umschreibt: „In diesen Anlagen liegt nicht nur der Duft von Kräutern und Rosen in der Luft. Der Hauch mehr, der sie durchfl ießt, jener besondere Funke – ist der Geist des Göttlichen … die im Kleinen so großen Wunder der Schöpfung, die wir leicht übersehen.

SILKE STÄDING

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Im Fokus

biLdung

besondereProJekTe

seeLsorge

driTTe weLT

Die katholische Kirche in Deutschland fi nanziert sich ganz

überwiegend aus der Kirchensteuer. In kleinerem umfang tragen

Vermögenserträge und staatsleistungen, also fi nanzielle Zuwen-

dungen des staates an die Kirche, zu den Kirchenfi nanzen bei. Die

Auswahl auf dieser seite zeigt, wofür die bistümer die Früchte

der Kirchensteuer im Wesentlichen verwenden.

PersonaL-kosTen

gebÄude

soziaLediensTe

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das kreuz MIT DEM GELDDie Kirchensteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Kirche. Der Braun-schweiger propst Reinhard Heine gehört zu denen, die über die Verwendung des Geldes im Bistum Hildesheim entscheiden. Im Interview sagt er, warum verlässliche Einnahmen für die Kirche wichtig sind und was passieren muss, wenn die Kirchensteuerzahler in Zukunft weniger werden.

Im Fokus

Wozu braucht die Kirche in Deutschland die Kirchensteuer?Damit die Kirche ihren Auftrag erfüllen kann, benötigt sie eh-renamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter. Personal kostet Geld. Jeder weiß, dass er in seine eigene Wohnung oder sein Haus investieren muss, damit es nicht zerfällt. Das muss die Kirche auch tun, um Kirchen und Gemeindezentren zu erhal-ten. Außerdem unterhält die Kirche aus gutem Grund Ein-richtungen wie Schulen oder Kindertagesstätten. All das ist nur möglich, wenn es verlässliche Einnahmen gibt.

In den meisten ländern der Welt gibt es keine Kirchen-steuer. Warum ist sie bei uns unerlässlich?Das Kirchensteuer-System in Deutschland hat bei uns sei-ne Geschichte. Das heißt nicht, dass es nicht auch anders ginge. Grundsätzlich gilt in jedem Land, dass die Kirche auf die finanzielle Leistung und Unterstützung ihrer Mitglieder angewiesen ist. Die Frage ist nur, wie das Geld eingezogen wird. In Polen etwa gibt es die Stol-Gebühren, die beispiels-weise fällig werden bei Beerdigungen oder Trauungen. Eine andere Variante wäre ein monatliches Kirchengeld, ähnlich einem Vereinsbeitrag. Ich befürchte allerdings, dass wir dem Geld dann sehr hinterherlaufen müssten, weil es viele nicht zahlen würden. Ich bin froh über jeden, der Kirchensteuer zahlt, weil es doch sehr viel mehr möglich macht. Natürlich muss die Kirche mit diesem Geld verantwortungsvoll umge-hen. Ich nehme diese Verantwortung wahr, indem ich Mit-glied von Gremien bin, die darüber mitentscheiden, wofür die Kirchensteuer eingesetzt wird.

sie meinen den Vermögensverwaltungsrat und den Kirchensteuerrat des bistums Hildesheim.Genau. In diesen Gremien sind auch Laien engagiert. Frauen und Männer aus den Gemeinden, die dort verantwortungs-

voll mitwirken und mit im Blick haben, wofür die Mittel ver-wendet werden.

Macht die Kirche den genügend transparent, wofür sie die Kirchensteuermittel einsetzt?Es gibt genügend Möglichkeiten, sich darüber zu informie-ren, wofür die Mittel eingesetzt werden. Man kann beispiels-weise im Internet nachschauen oder im Geschäftsbericht des Bistums, auch in den Kirchen liegen diese Informatio-nen aus. Aber ich befürchte, dass zu wenige Menschen wahr-nehmen, dass es diese Informationsmöglichkeiten gibt.

Warum zieht der staat die Kirchensteuer ein?Das ist einerseits historisch gewachsen. Andererseits steckt dahinter aber auch eine handfeste finanzielle Motivation. Die Kirchen haben Gebühren dafür zu entrichten, dass der Staat die Kirchensteuer einzieht. Sie liegen zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens. Der Staat verdient also an der Kirchensteuer.

Die Konjunktur brummt, die gehälter steigen – das kommt nicht nur dem staat zugute, sondern auch den Kirchen. Was passiert mit den Mehreinnahmen?Die Kirche hat in den vergangenen Jahren von der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland profitiert. Es gab mehr Kirchensteuer-Einnahmen, als man erwartet hatte. Diese Mehreinnahmen haben es dem Bistum Hildesheim er-laubt, Rücklagen aufzubauen, die in den Jahren davor sehr ab-geschmolzen waren. Außerdem konnte die Kirche auch Neues in Angriff nehmen. Es wurden Projektstellen geschaffen und Menschen eingestellt. In Wolfenbüttel beispielsweise ist eine neue Mitarbeiterin dafür zuständig, eine engere Vernetzung zwischen Kirche und Wohnquartier in den Blick zu nehmen.

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Im Fokus

Kirchliche beratungseinrichtungen helfen

jungen Müttern, wenn es um die

Vereinbarkeit von Familie und beruf geht.

Die pflege alter Menschen und

die Hilfe für Menschen mit

behinderung sind zwei wichtige

Felder, auf denen sich die Kirche

engagiert.

sie haben das stichwort Rücklagen bereits genannt. Auf den Konten des bistums Hildesheim gibt es Rücklagen von über 150 Millionen euro. Warum muss das bistum eine solch große summe auf die hohe Kante legen?Gott sei Dank sind Rücklagen aufgebaut und vergrößert worden. Sie haben unterschiedliche Zwecke. Ein großer Pos-ten dient den Pensionsrückstellungen für Priester und für kirchliche Beamte, die im Bereich der Schule tätig sind. Das Bistum hat einen großen Gebäudebestand, der eine große finanzielle Vorsorge erfordert. Hinzukommt, dass bei uns auch Kirchensteuer landet, die uns nicht gehört. Mit einem Clearing-System wird festgestellt, welche Gelder in welches Bistum gehören. Das Bistum Hildesheim legt deshalb zwei-stellige Millionenbeträge für den Fall zurück, dass es Gelder wieder abgeben muss.

Aufgrund von Kirchenaustritten und der demografischen entwicklung werden die Kirchensteuer-Zahler in Zukunft voraussichtlich deutlich weniger werden. Welche finanziellen Konsequenzen ergeben sich daraus für die Kirche?Wenn es weniger Geld gibt, heißt das, dass die Ausgaben mit noch mehr Augenmaß als bisher getätigt werden müssen. Da stellt sich zum Beispiel die Frage, wie viel Personal die Kirche einstellen und beschäftigen kann. Im Bistum wird außerdem geklärt, welche Gebäude wir langfristig in den Gemeinden be-nötigen. Kirchen sind im Bistum bereits aufgegeben worden, nun werden andere Gebäude angeguckt. Schließlich sind gi-gantische Summen nötig, um die Gebäude zu erhalten. Auch müssen wir im kirchlichen Engagement Prioritäten setzen und schauen, welche Aufgaben dringlicher sind als andere.

Welche Aufgaben der Kirche sind denn besonders dringlich?Unser Bischof Norbert Trelle legt zum Beispiel großen Wert darauf, dass die Kirche Trägerin von Schulen bleibt. Wie kön-nen wir das sicherstellen und was müssen wir sein lassen?

Welche Prioritäten die Kirche in ihrem Engagement setzen sollte, das sind schwer zu beantwortende Fragen. Eine Dis-kussion darüber steht an.

Was entgegnen sie gläubigen, die sagen: Warum soll ich für die sanierung einer Kirche oder eines gemeindehauses extra spenden, wenn ich doch Kirchensteuer zahle?Die Kirchensteuer reicht nicht aus, um alles zu finanzieren. Die Sanierung von Gebäuden zum Beispiel kann so nie rest-los finanziert werden. Im laufenden Haushalt einer Gemein-de ist das Budget für größere Sanierungsvorhaben in der Regel begrenzt. Was aber, wenn eine Kirchenfassade heute saniert werden muss und nicht erst in zehn Jahren? Die Be-standserhaltung historischer Gebäude ist sehr teuer, und die Energiekosten sind ebenfalls hoch. Auch soziale Hilfen, um die wir gebeten werden, kosten Geld. Zum Beispiel klingeln Leute an der Pfarrhaustüre: Mal bitten sie um eine Scheibe Brot, manchmal ist es Geld für eine Fahrkarte oder die Miet-kaution. Das sind alles Dinge, für die wir auch zusätzlich Un-terstützung brauchen.

Die grünen möchten das system der Kirchensteuer refor-mieren und fordern eine Kulturabgabe nach italienischem Vorbild. Kirchenmitglieder müssten dann nicht mehr zwangsläufig ihre Kirche unterstützen, sondern könnten eine Initiative oder organisation des gemeinnützigen sek-tors ihrer Wahl fördern ...Ich bin froh, dass wir unser System haben, weil es es uns ei-nigermaßen verlässliche Einnahmen sichert. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern ist die Kirche in Deutschland ja auch Arbeitgeber für viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Daraus entstehen Verpflichtungen, die mit unserem Kirchen-steuer-System abgesichert sind. Außerdem schafft unser System Gerechtigkeit. Aus meiner Studienzeit kenne ich die Situation in Irland, dort gibt es reiche und arme Gemeinden.

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Im Fokus

um das Weltkulturerbe

Hildesheimer Dom zu

sanieren, bittet die Kirche

um spenden. Die gesamt-

kosten der sanierung

belaufen sich auf rund

30 Millionen euro. Davon

kommen 7,3 Millionen euro

aus Kirchensteuermitteln.Rund 8000 schüler lernen an katholischen

Hauptschulen, Realschulen und

gymnasien in Niedersachsen.

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Reinhard Heine, 1955 in Hannover geboren, studierte nach dem Abitur zunächst katholische Religion und Latein, um Gymnasiallehrer zu werden. 1977 entschied er sich aber für den Priesterberuf. Nach Freisemes-tern in Irland und dem Abschluss des Studiums in Münster wurde er 1984 in Hildesheim zum Priester ge-weiht. Die Krankenhausseelsorge weckte sein Interesse an der Frage des umgangs mit sogenannten psy-chisch Kranken, sodass er von 1989 bis 1992 noch einmal studierte und an der uni Freiburg ein Lizentiat in Theologie mit dem Schwerpunkt caritaswissenschaften ablegte. Anschließend wirkte Heine vier Jahre als Pfarrer in Königslutter und betreute als Seelsorger das dortige Landeskrankenhaus. Von 1996 bis 2002 war Heine caritasdirektor der Diözese Hildesheim. Zum 1. März 2002 wurde er zum Propst an St. Aegidien in Braunschweig und zum Dechanten des Dekanats und der Region Braunschweig berufen. Seit Februar vorigen Jahres gehört er als Domkapitular zum engsten Beratergremium von Bischof Nobert Trelle. Er ist Mitglied des Vermögensverwaltungsrates und des Kirchensteuerrates des Bistums Hildesheim.

Wo die Menschen nicht so einkommensstark sind, hat auch die Kirche nicht so viel Geld, um sich in sozialen Feldern zu engagieren. Da geht vieles nicht, was bei uns möglich ist, weil es einen fi nanziellen Ausgleich gibt. Dank der Kirchensteuer-Mittel kann die Kirche sich Menschen zuwenden, die sonst nur sehr schwer Unterstützung erhalten würden und deren Nöte oft nicht im Blickfeld der Öffentlichkeit sind.

Der bekannte Journalist und Katholik Matthias Matussek sagt, es sei eine moderne Form des Ablasshandels, dass nur derjenige die sakramente erhält, der Kirchensteuer zahlt. ohne die Abgabe geht glauben besser, behauptet er und nennt gemeinden in New York und Rio, die fröhlicher und vitaler seien, weil sie ihre Kirche mit freiwilligen spenden stützen müssten. Wie sehen sie das? Wäre eine Kirche mit weniger geld lebendiger?Es stimmt nicht, dass nur derjenige die Sakramente erhält, der Kirchensteuer zahlt. So heiraten viele Paare in unseren Kirchen, bei denen nur einer der Partner Mitglied der Kirche ist. Ich denke auch nicht, dass weniger Geld automatisch zu

mehr Lebendigkeit führt. Wenn das Geld nicht so selbstver-ständlich käme, müsste die Kirche vielleicht kreativer sein bei der Beschaffung von Geld und sich um mehr „Kunden-orientierung“ bemühen. An diesem Punkt wird es schwierig, weil ich mich dann auch ein Stück weit verkaufen muss oder bestimmten Leuten nach dem Mund rede. Ich frage mich, warum die Kirche in den USA sich nicht deutlicher gegen die Todesstrafe ausspricht. Vielleicht wird sie ausgebremst, weil sie zu sehr fi nanziell abhängig ist von ihren Spendern.Ich bin in Rio gewesen und in Afrika, in Ländern, in denen es keine Kirchensteuer gibt und in denen die Kirche sehr leben-dig ist. Diese Kirchen haben bestimmte Ausgaben nicht, die wir haben. Außerdem sind die Kirchen in Ländern ohne Kir-chensteuer dankbar für die fi nanzielle Unterstützung, die sie aus dem reichen Europa oder aus Nordamerika erhalten.

VOLKER RöPKE

Weitere Informationen: Geschäftsbericht des Bistums Hildesheim

www.bisTuM-hiLdesheiM.de

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22 Jes 04 . 201222 Jes 04 . 2012

Die Tierwelt im Blick:

Aussichtsplattform im

Naturschutzgebiet.

Rauf auf den sattel und ab geht´s! Die rund

45 Kilometer lange strecke bietet reichlich

Abwechslung und ist – bis auf wenige kurze

Abschnitte – bequem zu fahren.

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Entdeckt

Wer sich gern aufs Rad schwingt, kann zwischen Braunschweig und Helmstedt viel entdecken. Alles, was Sie dafür mitbringen müssen: etwas Kondition und vor allem off ene Augen und wache Ohren.

naTur Pur, KuLTuR SATT

Der Stadtteil Riddagshausen ist kaum drei Kilometer von der Braunschweiger Innenstadt entfernt und doch fühlt man sich in eine andere Welt versetzt: Vom Hauptbahnhof kommend, tut sich links der

Ebertallee ein weites Naturschutzgebiet mit Teichen, Wiesen und Wäldern auf, rechts eine Klosteranlage der Zisterzienser aus dem 12. Jahrhundert.

Dass Kloster und Teiche heute durch eine Hauptstraße ge-trennt sind, ist der Moderne geschuldet. Einst gehörte beides zusammen. Vor rund 900 Jahren legten Mönche die Teiche an und ließen aus einer Bruchlandschaft Äcker werden. Heu-te sind die Flächen Naturschutzgebiet und bieten Raum für bedrohte Tier- und Pfl anzenarten. Rohrdrommeln, Wasser-rallen und Löffelenten lassen sich hier von Aussichtsplatt-formen beobachten. Mit etwas Geduld erspäht man auch Hasen und Füchse. Das Naturschutzgebiet Riddagshausen ist ein wichtiger Rastplatz für durchziehende Vogelarten. Schon 1962 erhielt es das Prädikat „Europareservat“. Wer kein Exper-te in Sachen Flora und Fauna ist, lässt einfach die großartige Landschaft auf sich wirken – hier zu radeln, macht Spaß.

Bevor wir uns allerdings für längere Zeit in den Sattel schwingen, steht ein Besuch des Klosters Riddagshausen auf dem Programm. Nicht nur die ehemalige Klosterkir-che, sondern die gesamte Anlage vermittelt das Bild einer

längst vergangenen Zeit: Fachwerkbauten, Torbogen, dicke Mauern, Kopfsteinpfl aster, tief herunterhängende Äste al-ter Bäume. Eine eigene, ganz ruhige Atmosphäre lässt sich erspüren, und der Besucher kann sich vorstellen, wie es hier vor vielen hundert Jahren zugegangen ist. Wer darüber und über die Geschichte des Klosters und der Zisterzienser noch mehr erfahren möchte, ist im Zisterziensermuseum richtig. Auch ein Besuch des Klostergartens lohnt (siehe Seite 17).

Ruhestätte für einen Kaiser

Nach diesen Eindrücken heißt es nun erst mal in die Pedale treten. Die nächste Etappe fordert den Radfahrer. Das Ziel Kö-nigslutter ist gut 20 Kilometer oder eineinhalb Stunden ent-fernt, am Ende gibt es den einzigen nennenswerten Anstieg der Tour. Der Weg führt durch Wald und Feld, immer wieder werden kleine, oft romantische Ortschaften durchfahren.

Hauptattraktion in Königslutter ist die Stiftskirche St. Pe-ter und Paul, die allgemein nur als Kaiserdom bekannt ist. Kaiserdom heißt das Gotteshaus, weil hier Kaiser Lothar be-graben liegt. Lothar wurde 1075 im nur wenige Kilometer ent-fernten Süpplingenburg geboren, der nächsten Station der Tour. Der Mann hat es weit gebracht: 1125 wurde er in Aachen zum König gekrönt, 1133 in Rom zum Kaiser. In Italien unter-warf er die oberitalienischen Städte und eilte Papst Innozenz II.

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Idylle am Stadtran

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die Klosteranl

age

in Riddagshausen.

Schöne Lichtspiele: der Kreuzgang im Kaiserdom.FOTO

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Man fühlt sich nach Übersee versetzt und ist doch mitten im bodenständigen Niedersachsen: Diesen mittelalterlichen

Fratzen begegnet man auf Kapitellen im Kaiserdom in Königslutter. Ihre bedeutung ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

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zur Hilfe, der in Apulien von Normannen bedrängt wurde. Als Lothar 1137 in Breitenwang am Lech starb, wurden seine Gebeine – wegen des langen Transportweges – zuvor gekocht und vom Fleisch getrennt – nach Königslutter gebracht. In der noch nicht fertigen Kirche wurden sie beigesetzt.

Der in den letzten Jahren völlig restaurierte Kaiserdom hat aber noch wesentlich mehr zu bieten, als die Knochen ei-nes vor bald 900 Jahren verstorbenen Fürsten, zum Beispiel einen sehr eindrucksvollen Kreuzgang und eine bemerkens-werte, äußerst farbenfrohe Ausmalung – die stammt aller-dings erst aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. An Kapitellen werden Elemente und Jahreszeiten dargestellt, an anderen gucken einem grimmig dreinblickende Fratzen entgegen.

Klaviermusik von Geisterhand

Wer den Kaiserdom verlässt, stolpert fast von selbst in das Museum für mechanische Musikinstrumente. Hier trifft man auf Spieluhren und Grammophone, auf Musikschränke des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die ganze Orchester ersetzten, und auf Klaviere, die wie von Geister-hand spielen. Das Schöne: Bei einer Führung darf man viele Ausstellungsstücke anfassen und selbst in Bewegung setzen.

So, jetzt wieder aufsatteln. Das nächste Ziel heißt Süpplin-genburg. Der Ort zählt heute weniger als 700 Einwohner – und doch wurde hier einst Geschichte geschrieben. Schon im 10. Jahrhundert gründete hier Otto III. eine Sumpfburg an dem kleinen Fluss Schunter. Um 1150 war diese Burg Stamm-sitz des bereits erwähnten Lothars von Süpplingenburg, des späteren Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Die Burg überstand Stürme und Feuersbrünste und

blieb auch im 30-jährigen Krieg unversehrt. Doch im Laufe der Jahrhunderte nagte auch an ihr der Zahn der Zeit. Im 19. Jahrhundert wurden die Gebäude der Komturei abge-rissen und die Burggräben zugeschüttet.

Treffpunkt der Tempelritter

Von der einstigen Herrlichkeit des Ortes zeugt heute nur noch die St.-Johannis-Kirche, die seit dem 12. Jahrhundert ein Stützpunkt der Templer und später der Johanniter war. Noch immer finden in dem Gotteshaus Treffen von Tempel-rittern statt. Leider ist der Bau, der mächtig über dem klei-nen Ort thront, nur nach Absprache zu besichtigen. Doch dem, der sich rechtzeitig anmeldet, öffnet sich ein herrlicher romanischer Kirchbau.

Auf zur letzten Etappe, dem knapp zehn Kilometer ent-fernten Helmstedt. Die ehemalige Universitäts- und Grenz-stadt ist eigens einen Besuch wert. Nach einer Tagestour auf dem Sattel überfordert sie den Gast beinah. Wir beschränken uns daher auf das Ludgeri-Kloster (heute eine Bildungs- und Begegnungsstätte) und dessen Doppelkapelle. Der untere Teil der Kapelle wurde Anfang des 9. Jahrhunderts begon-nen, der obere Teil kam 1050 dazu – damit besichtigen wir das älteste Bauwerk des Braunschweiger Landes.

Nach so viel Natur, Kultur und Zufriedenheit über die er-brachte Tretleistung sind wir wieder in der Gegenwart ange-kommen und genehmigen uns in der Altstadt einen Kaffee, ein Eis oder – was würde besser passen? – ein Radler.

MATTHIAS BODE

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2525Jes 04 . 2012

öff nungszeiten

Riddagshausen

öff nungszeiten Klosterkirche: täglich außer montags

10.00 bis 16.00 uhr; Führungen im Gemeindebüro anfragen

unter 0531 372900, öff nungszeiten Zisterziensermuseum:

samstags und sonntags 12.00 bis 17.00 uhr.

www.kirche-riddagshausen.de

Kaiserdom Königslutter

Der Dom ist von 9.00 bis 18.00 uhr geöff net, Führungen

nach Anfrage über die Homepage. Domandachten: Von Mai

bis Oktober an jedem Sonnabend um 17.00 uhr 30 Minuten

Besinnung bei Wort und Musik.

www.koenigsLuTTer-kaiserdoM.de

Museum Mechanischer Musikinstrumente

öff nungszeiten: dienstags bis sonntags 11.00 bis 17.00 uhr,

Führungen: freitags um 15.00 uhr sowie samstags und

sonntags jeweils um 11.30 und 15.00 uhr

www.Museen-koenigsLuTTer.de

süpplingenburg, st. Johannis

Gottesdienste: sonntags 10.30 uhr; Besichtigung nach

Absprache unter 05355-342.

Kloster st. ludgeri Helmstedt

Besichtigungen werktags zwischen 9.00 und 17.00 uhr,

Führungen sind über die Touristeninformation der Stadt

zu vereinbaren, Telefon 05351 399095.

www.kLosTerLudgerus.de

www.sTadT-heLMsTedT.de

Die Tour

Die Radtour beginnt am Hauptbahnhof in Braunschweig und endet am Bahnhof in Helmstedt. Von dort aus geht es mit dem Zug in einer knappen halben Stunde zurück zum Ausgangsort, Abfahrt alle 60 Minuten (www.bahn.de). Die Tour führt über Riddagshausen, Weddel, Schandelah, Gardessen, Bornum am Elm, Königslutter und Süpplingen-burg. Man radelt zumeist auf Feld-, Wald- und Wirt-schaftswegen, dort wo es an Straßen entlanggeht, gibt es fast immer eigene Fahrradwege. Der untergrund ist mal asphaltiert, mal geschottert, aber immer gut befahr-bar. Die Strecke ist recht ordentlich ausgeschildert. Eine Fahrradkarte kann dennoch manchmal nützlich sein. Wer sich weder auf die Beschilderung noch auf eine Karte verlassen will, kann auch auf moderne Hilfsmittel zurück-greifen: Das kostenlose Fahrrad-Navigationssystem Naviki lässt sich auf jedes Smartphone installieren (www.naviki.org) und lotst Sie zuverlässig zum Ziel. Steigungen halten sich auf der gesamten Route in Grenzen, nur die Auff ahrt zum Kaiserdom in Königslutter kann für weniger geübte Radler kleine Probleme bereiten: 10 Prozent beträgt die Steigung hier. Dann heißt es absteigen und einige hundert Meter schieben. Die Strecke hat mit kleinen umwegen zu den Sehenswürdigkeiten und einigen Runden durch die Ortschaften eine Länge von rund 45 Kilometern. Gut drei Stunden reine Fahrzeit sollte man einkalkulieren. Wer sich Zeit für Entdeckungen nimmt, ist gut und gerne den ganzen Tag unterwegs.

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Entdeckt

Zeugnis großer Vergangenheit: die ehemalige Universität Helmstedt.Große

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26 Jes 04 . 2012

Rubriktitel

Pfarrer, dechant, bischof, kardinal – wer steigt da

noch durch? Jes klärt auf, wer in der kirche welche

aufgaben und zuständigkeiten hat.

Wer macht was in der Kirche?

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27Jes 04 . 2012

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der PapstDer Papst steht an der Spitze der Kirche und ist gleichzeitig Oberhaupt des Vatikanstaates. Er bestimmt über die Ordnung und Lehre der Kirche und ernennt Kardinäle und Bischöfe. Der Papst gilt als Nachfolger des Apostels Petrus. Ein großes Missverständnis ist die Unfehlbarkeit des Papstes. Die gibt es zwar, bezieht sich aber ausschließlich auf wenige Grundsatz-entscheidungen in Glauben und Lehre. Im Alltag ist auch der Papst ein fehlbarer Mensch wie jeder andere. Seit rund 500 Jahren ist Benedikt XVI. der erste Deutsche in diesem Amt. die kardinäleSie sind die wichtigsten Berater des Papstes: Die Kardinäle. Ein Kardinal ist meist Bischof eines großen Bistums oder hat im Vatikan eine wichtige Funktion. Die Kardinäle wäh-len nach dem Tod des Papstes in einer abgeschlossenen Versammlung (Konklave) ein neues Kirchenoberhaupt. Mit-wählen dürfen allerdings nur diejenigen, die noch nicht 80 Jahre alt sind. Davon gibt es weltweit rund 120. In der Zeit zwischen Papsttod und Papstwahl fällt dem Kardinalskolle-gium die Leitung der Kirche zu. die bischöfeEin Bischof steht in der Nachfolge der Apostel und ist Leiter eines Bistums, zu dem oft mehrere hundert Pfarrgemeinden gehören. Bischöfe können Priester oder andere Bischöfe wei-hen, sie bestimmen in ihrem Bistum über den Einsatz der Priester. Ihr Erkennungszeichen: ein Bischofskreuz und bei liturgischen Anlässen Stab und Mitra (Bischofsmütze). Weih-

bischöfe unterstützen den Bischof bei seiner Arbeit, haben aber keine eigene Entscheidungsgewalt. Ihr Aufgaben- und Verantwortungsbereich wird ihnen vom jeweiligen Ortsbi-schof übertragen. Ein Erzbischof steht einer Kirchenprovinz vor, die aus mehreren Bistümern besteht. die PriesterPriester ist ein Sammelbegriff für alle Männer, die die Pries-terweihe empfangen haben und dadurch in der Lage sind, die Sakramente zu spenden, das heißt zu taufen, Messe zu feiern, Beichte zu hören usw. Zumeist sind Priester heute Leiter einer Gemeinde und werden dann Pfarrer genannt. Ein Pfarrer kann durch einen jüngeren Priester (Kaplan) unterstützt werden oder Verantwortung als Leiter eines Dekanates (Verwaltungs-einheit, besteht aus mehreren Gemeinden) übernehmen, dann nennt man ihn Dechant. Ein Priester, der einem Orden angehört, wird Pater genannt. Priester können auch in ande-ren Funktionen eingesetzt werden, zum Beispiel in der Kran-kenhausseelsorge oder als Leiter einer kirchlichen Einrich-tung. Voraussetzung für die Priesterweihe ist die Ehelosigkeit.

die diakoneDie Weihe zum Diakon ist die Voraussetzung für die Priester-weihe, lange Zeit war das Diakonat nur eine Durchlaufstati-on zum Priestertum. Heute gibt es darüber hinaus Ständige Diakone. Sie können verheiratet sein und übernehmen in ihren Pfarrgemeinden Aufgaben, häufig im sozialen Bereich. Ein Diakon kann Kinder taufen, bei Trauungen assistieren oder Beerdigungen leiten.

Kopfbedeckung für Würdenträger:

Der papst trägt den pileolus (lat.

pileus: Hut, Mütze) in Weiß, Kardinäle

in rot, bischöfe in Violett. Auf seite 26

ist das gewand eines Kardinals zu sehen.

ein pfarrer segnet ein

Kind während eines

gottesdienstes für

schulanfänger.

Kardinäle beim Konsistorium. Die Voll-

versammlung der papst-berater wird

vom papst einberufen und geleitet.

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Gesehen, gelesen, gehört

Stewart O'Nan emily, alleinDie 80-jährige Emily wohnt allein mit ihrem Hund in einer US-amerikanischen Kleinstadt. Nur schwer kann sie sich von dem trennen, was sie an ihren verstorbenen Mann erinnert, doch nach und nach räumt sie das Haus auf. Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Nähe und dem Bedürfnis nach Distanz zu ihren Kindern und dem Behalten und Abgeben von materiellen Dingen ist auch ihr Leben vom Bleiben und Gehen geprägt: Einerseits bereitet sie sich selbst und ihre Kinder auf ihren Tod vor, andererseits genießt sie noch ihr Leben. – Stewart O'Nan be-schreibt beeindruckend einfühlsam und in einer klaren Sprache das Leben einer alten Frau, die sich durch die Aufgaben, die sie sich selbst täglich stellt, davor schützt, in Lethargie zu verfallen. Realistischer kann ein Roman kaum erzählt werden. Sehr zu empfehlen.2012, Rowohlt, 19,95 €

Susan cain stillSind stille Menschen schüchtern? In der heutigen lauten Zeit werden introvertierte Menschen pathologisiert. Teamwork, Geselligkeit, Kontaktfreudigkeit verweisen Menschen, die gerne allein arbeiten, die sich von Gesellschaft erholen müssen und lieber zuhören als laut ihre Meinung ein-zubringen, ins krankhaft Anomale. – Die Autorin geht auf den Unterschied zwischen Persönlich-keitskultur und Charakterkultur ein und streift biologische Grundlagen, um dann einen großen Teil des Buches dem Thema zu widmen, wie ein introvertierter Mensch kommunizieren kann und seinen Platz in der Gesellschaft findet, ohne sich zu sehr anzupassen. Die Autorin lässt viele Fall-beispiele einfließen, wodurch ihre theoretischen Ausführungen anschaulich werden und dadurch beim Leser haften bleiben. Sehr interessant und empfehlenswert.2011, Riemann, 19,95 €

Literatur

Mädchen machen MelodienEine Stunde mit fröhlichen Mädchenstimmen bietet die CD „I was glad“ der Hil-desheimer Mädchenkantorei. Bei den 18 Chorstücken aus dem 19. und 20. Jahrhun-dert zeigt die Kantorei unter der Leitung von Domkantor Stefan Mahr ihr ganzes Können. Erstes Stück ist das Werk „I was glad“ des zeitgenössischen Komponis-ten Douglas Coombes. Es hat dem ganzen Unternehmen seinen Namen gegeben. Auch weitere noch lebende Komponisten kommen zu Gehör, etwa Gwyn Arch mit seinem „Children go, where I sent thee“ oder Karl Jenkins‘ „Pie Jesu“. Dane-ben hat der Chor einige moderne Klassiker im Repertoire, wie etwa Charles-Marie Widor, der gleich mit drei Stücken vertreten ist. Unterstützt werden die jungen Sängerinnen von Helmut Langenbruch an der Orgel und Monika Meynecke am Klavier. Michaela Rams brilliert bei zwei Stücken als Solistin. Zur CD gehört ein kleines, buntes Büchlein, das nicht nur die Texte zu den Stücken liefert, sondern auch die Geschichte der Mädchenkantorei erzählt. Das Werk kostet 10,00 €, der Erlös fließt in die Sanierung des Hildesheimer Doms.

Erhältlich ist die cD unter www.doMsanierung-shoP.de

Musik

Der Borromäusverein e.V. aus Bonn unterstützt uns bei der Bücherempfehlung.

Weitere Informationen: www.borroMaeusVerein.de

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sachbuch

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Erlebenswert

Ausstellung

Die Kasseler documenta 13 hatte ihren „Aufreger“ bereits vor ihrer Eröffnung. Mit so viel Aufmerksamkeit hatte weder der Bildhauer Stephan Balkenhol gerechnet noch sein Gastgeber, die katholische St.-Elisabethkirche in Sichtweite zum Zent-rum der Weltkunstschau – dem historischen Fridericianum, der documenta-Halle und der Neuen Galerie. Schuld daran ist ein Mann aus Holz, der in der offenen Kirchturmspitze mit ausgebreiteten Armen auf einer goldenen Kugel balanciert. Die Skulptur schwebt symbolträchtig zwischen Himmel und Erde – und ist Teil der Kunstschau, die die Kirche parallel zur documenta zeigt. Zum dritten Mal beteiligt sich das Bistum Fulda am Diskurs über zeitgenössische Kunst. Bislang mit Er-folg. Der Auftakt 2002 mit eindrucksvollen Außenskulpturen des Bildhauers Thomas Virnich unter dem Motto „Mensch – Himmelwärts“ stieß dabei auf ebenso großes Interesse wie die ambitionierte Lichtinstallation „com/Passion“ der Künst-ler Katarina Veldhues und Gottfried Schumacher 2007. Weil Kunst und Kirche sich gegenseitig brauchen, so das Credo der Veranstalter in Kassels katholischer Kirche.

Das sieht die documenta-Leitung der 13. Weltkunstschau anders und beansprucht offenbar die Deutungshoheit allein für sich. Documenta-Chefin Carolyn Christov-Bakargiev je-denfalls fühlte sich zunächst sogar „bedroht“ von Balkenhols Mann im Turm. Doch die Ausstellungskuratoren von St. Eli-sabeth blieben standhaft. Vermutlich wird der balancieren-de Türmer eine Art Wahrzeichen der diesjährigen 100-Tage-Schau in Kassel. Zeigt die Spulptur doch, wie emotional die Debatten um die Freiheit der Kunst nicht nur in der Kirche, sondern auch in der säkularen Gesellschaft geführt werden.

Für Aufregung bei der documenta-leitung sorgte

der Mann aus Holz über den Dächern Kassels.

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Der international bekannte Bildhauer Stephan Balkenhol lässt sich hier bewusst auf die Ruhe und Konzentration des Gotteshauses ein. Mit seinen großformatigen, teils grob be-arbeiteten Holzreliefs nimmt er auch existentielle Themen wie Liebe, Leid und Tod auf. Der Gastgeber, Dechant Harald Fischer, freut sich über den aktuellen Dialog zwischen Kirche und Gegenwartskunst: „Wir wollen mit dem von Stephan Bal-kenhol gestalteten Kirchenraum inmitten des documenta-Geschehens einen weiten Raum öffen. Einen Raum für Wahr-nehmen, einen Raum für Begegnung, einen Raum für Stille.“

K A R I N D Z I O N A R A

Kirche & Kunstwerke von stefan balkenhol in der kasseler st.-elisabeth-kirche

Als Begleitausstellung zur Kasseler documenta 13 zeigt die

katholische Kirche Sankt Elisabeth am Friedrichsplatz bis zum

18. September Werke des international bekannten Bildhauers

Stephan Balkenhol. öffnungszeiten: Mo. bis Sa., 11.00 bis 20.00 uhr,

So. 12.00 bis 20.00 uhr. Eintritt frei.

Im Rahmen der Ausstellung lädt das Bistum Fulda in der Kasseler

St.-Elisabeth-Kirche zu einer Vortragsreihe mit Theologen, Religi-

onswissenschaftlern und Kunsthistorikern ein: Am 15. Juli, 16.30

uhr, spricht Jesuiten-Pater Friedhelm Mennekes, der Gründer der

Kunst-Station St. Peter in Köln, über „Räume – sakrale Räume. Ihre

Kraft und ihre Funktion“. und am 9. September, 16.30 uhr, ist der

Bruder des Künstlers, der Kunstdidaktiker Bernhard Balkenhol, mit

dem Vortrag „Auge und Hand – was kann Kunst?“ zu Gast. Mehr zum

Programm unter: www.kaThoLische-kirche-kasseL.de

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30 Jes 04 . 2012

Termine

ImpressumJes . Das katholische Magazin für Braunschweig

Verlag Bernward Medien GmbH, Domhof 24, 31134 HildesheimVerantwortlich für den Inhalt: Matthias Bode, Domhof 24, 31134 Hildesheim

Redaktion Volker Röpke, Propsteipfarramt St. Aegidien, Spohrplatz 9, 38100 Braunschweig, Telefon 0531 24490-25, [email protected], www.jes-braunschweig.deFreie Mitarbeiter dieser Ausgabe: Guido Fuchs, Karin Dzionara, Silke Städinggestaltung Bettina Höhne, Bernward Medien GmbHAnzeigen Mirco Weiss (verantwortlich), Domhof 24, 31134 Hildesheim, Telefon 05121 307-858Druck Westermann Druck GmbH, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig

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rock den berg6. bis 8. JuliDer Berg ruft: Hunderte Jugendliche aus dem ganzen Bistum Hildesheim werden zum dreitägigen Jugendfestival „Rock den Berg“ am Wohldenberg in Holle erwartet. Tags-über gibt es Spiele, Workshops, Gottesdienste – und abends wird gefeiert, getanzt, gerockt. Junge Pop-und-Rock-Bands aus Niedersachsen lassen es während der Konzertaben-de richtig krachen – mit dabei sind auch die Rocker von „Kroner Kroner“ aus Braunschweig. Veranstaltet wird das Festival vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend und vom Fachbereich Jugendpastoral des Bistums. www.rock-den-berg.de

fair frühstücken13. Juli, 10.00 bis 12.00 uhrFair gehandelte Frühstückswaren, Kaff ee, Brötchen vom Biobäcker und vieles mehr – „Braunschweig frühstückt fair“ heißt eine Aktion der evangelischen Landeskirche. Privatper-sonen, Firmenbelegschaften und Schulklassen sind einge-laden, am fairen Frühstück auf der Skaterbahn hinter der Jugendkirche im Prinz-Albrecht-Park teilzunehmen. Koope-rationspartner informieren an Ständen über die Anliegen des fairen Handels. Nach 1.800 Menschen auf 500 Metern Tafel-länge wollen die Veranstalter in diesem Jahr die Grenze von 2.000 Besuchern knacken. Das Frühstück ist kostenlos, um eine Spende wird gebeten. Anmeldungen per E-Mail bitte an Pfarrer Lars Dedekind: [email protected]

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Besinnlich

schaumkraut wenn der sommerwind durch die schaumkrautwiesen fließt, kann der Verstand ihm nicht folgen. windstärken kann er messen, aber weiß er, was sommerwind ist? schaumkraut kann er bestimmen, aber eine schaumkrautwiese berechnen? hilflos erstarrt er, wenn in natur und kunst beides zusammenfließt, du glaubst zu verstehn? dann glaub ja nicht, das sei von interesse. niemand ist am wesen der dinge interessiert, und der wind jagt dem Verstand in langen sätzen davon. ulla hahn

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