Jes 4/2013: Heimatlos - Vom Leid syrischer Flüchtlinge

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1 Jes 04 . 2013 HEIMATLOS Vom Leid syrischer Flüchtlinge suchen. fragen. finden. Jes . Das katholische Magazin für Braunschweig Mai 04 . 2013

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Jes. Das katholische Magazin für Braunschweig.

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1Jes 04 . 2013 1Jes 04 . 2013

HEIMatlosVom leid syrischer Flüchtlinge

suchen. fragen. fi nden.

Jes . Das katholische Magazin für Braunschweig Mai 04 . 2013

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Familie schaffen wir nur gemeinsam.

caritas.de/familie

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Editorial . Inhalt

liebe leserinnen, liebe leser,

können Sie sich vorstellen, von einem Augenblick auf den

nächsten nichts mehr zu haben? Keine Unterkunft mehr,

keine Arbeit, keinen Besitz, keine Heimat. Die älteren unter

Ihnen, die Elend und Vertreibung während des Zweiten Welt-

krieges erlebt haben, wissen unter Umständen ganz genau,

wie es sich anfühlt, plötzlich alles zu verlieren.

Doch die meisten Menschen in unserem Land, unter Ihnen

auch ich, haben diese Erfahrung nie machen müssen. Wie

glücklich wir uns deshalb schätzen dürfen, wird schnell klar,

wenn wir den Blick nach Syrien richten. Dort werden tausen-

de Menschen im Zuge des Bürgerkrieges von jetzt auf gleich

zu Obdachlosen, zu Vertriebenen ohne Hab und Gut.

Viele der Flüchtlinge landen in den Nachbarländern Jordanien

und Libanon. Wie es den Menschen dort ergeht, beschreibt

Heribert Schlensok in seiner Reportage auf Seite 8. Der

Pressesprecher des Caritasverbandes der Diözese Hildesheim

hatte vor Kurzem die Möglichkeit, die Arbeit der Caritas in

den arabischen Staaten direkt vor Ort zu beobachten.

Um Hilfe für Menschen hier in unserer Stadt geht es in wei-

teren Beiträgen dieser Ausgabe. Außerdem wagen wir es aus-

nahmsweise, Ihnen als Braunschweiger Bürgerinnen und Bürger

einen Frühlingsausfl ug nach Hannover ans Herz zu legen,

auf dem Sie auch Wissenswertes über die Geschichte Braun-

schweigs erfahren können.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

P.S.: In der April-Ausgabe ist uns bei der Angabe der Telefon-

nummer des Malteser Hilfsdienstes ein Fehler unterlaufen.

Wir bitten dies zu entschuldigen. Die korrekte Rufnummer

lautet 0531 2379790.

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Wenn Sie uns schreiben wollen: Redaktion Jes,

Propsteipfarramt St. Aegidien, Spohrplatz 9, 38100 Braunschweig,

[email protected], www.JEs-bRaunscHwEIG.DEFOTO

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Volker Röpke, Redaktion Jes

EingesammeltBriefmarken, die helfen 7

Gesprächsstoff Syrische Flüchtlinge in Jordanien 8

nah dranWenn Eltern nicht erziehen können 12

leib und seeleGesunde Distel 17

Im FokusWenn der Job krank macht 18

EngagiertIm Einsatz für Frauen in Not 21

EntdecktHerrenhäuser Gärten 22

ErlebenswertEinblick in den Klosteralltag 29

termineKino im Kloster 30

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Ja-Wort mit FischenDass Standesbeamte und Pfarrer im Mai besonders viel zu tun haben,verwundert nicht. Der Frühling zeigt sich in voller Pracht, die Blumenblühen, die Temperaturen sind mild. Trotzdem müssen sich Heiratswilligestets fragen: Spielt das Wetter mit? Da hat es dieses Paar leichter. Esmuss nicht befürchten, dass seine Hochzeit ins Wasser fällt. Im Ozeankann es nicht regnen. Ob die Fische wohl die Trauzeugen sind?

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: DPA

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75 Prozent setzen auf Angehörige – ihr Vertrau-en schenken die Deutschen einer aktuellen Umfrage zufolge vor allem der Familie. Dagegen ist ein Zutrauen in Politiker, Banken und die Kirchen gering. Die Untersuchung der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen hat ergeben, dass 75 Prozent der Befragten der eigenen Fami-lie, 61 Prozent ihren Freunden und 55 Prozent dem Partner vertrauen. Den Kirchen schenkt knapp jeder Zehnte (9 Prozent) sein Zutrauen. Am Ende der Glaubwürdigkeitsskala rangieren Gewerkschaften, Banken, Politiker und Partei-en. Noch weniger Vertrauen gibt es für Nutzer- und Firmenaussagen im Internet (je 3 Prozent). Für die repräsentative Studie wurden über 2.000 Personen befragt.

Eingesammelt

Porto mit Herz

Gebete fürs Smartphone

Die wichtigsten Gebete der katholischen Kirche immer und überall abrufbereit – das versprechen zwei kostenlose Smartphone-Apps. Wer ein iPhone besitzt, kann sich das Programm „Beten Mobile“ aus dem App-Store herunterladen. Dort fi nden sich neben dem Glaubensbekenntnis oder den 10 Gebo-ten auch „Worte großer Beter“, etwa von Franz von Assisi oder von Katharina von Siena. Einen großen Fundus an Gebeten bietet ebenfalls die für Android-Smartphones im Google-Play-Store verfügbare App „Laudate Nr. 1“. Sie enthält zudem den Katechismus der katholischen Kirche.

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Sie sind mehr als Briefmarken: Wer Wohlfahrtsmarken kauft, der hilft helfen. Denn der Erlös geht in soziale Projekte der Wohlfahrtsverbände. Der Caritasverband Braunschweig nimmt über diesen Weg mehrere hundert Euro pro Jahr ein, die der Kinder- und Jugendhilfe, der Altenhilfe, der Familien-hilfe oder Flüchtlingen zugutekommen.

Käufer dieser besonderen Briefmarken zahlen zum nor-malen Porto einen Zuschlag, der dem guten Zweck dient. In der mehr als 60-jährigen Geschichte der Wohlfahrtsmarken kamen so bis heute mehr als 600 Millionen Euro zusammen. Jedes Jahr erscheinen neue Motive. Aktuell schmücken blü-hende Bäume diese außergewöhnlichen Postwertzeichen: Linde (58 Cent Porto + 27 Cent Zuschlag), Vogelkirsche (90 + 40 Cent) und Weiße Rosskastanie (145 + 55 Cent).

Wer mit dem Kauf der Marken helfen möchte, kann sie beim Caritasverband Braunschweig bestellen. Sie sind so-wohl in kleinen Stückzahlen als auch in größeren Mengen erhältlich. Gemeinden und weitere kirchliche Einrichtungen können Wohlfahrtsmarken für den Weiterverkauf über die Caritas beziehen.

Information und Bestellung:Caritasverband Braunschweig, Christine Sander, Telefon 0531 3800845, E-Mail: [email protected], www.caRItas-bs.DE, www.woHlFaHRtsMaRkEn.DE

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Eingesammelt

»Es gibt viele Religionen, aber nur eine Moral.«

John Ruskin

» Der Glaube hilft mir,wenn ich verzweifelt bin.«

Italiens Fußball-Nationaltorwart Gianluigi Buffon (35) hilft der Glaube in Momenten der Verzweiflung. Das bekannte der Keeper von Juventus Turin in einem Interview. Schon als kleines Kind habe ihn seine Mutter mit in die Kirche genommen. Damals habe er dies noch nicht geschätzt. Heute ist das anders, sagt Buffon: Mittlerweile sei er ein „guter praktizierender Christ“. Auch wenn er manchmal als Gott bezeichnet werde – allmächtig fühlt sich der Weltmeister von 2006 nicht: „Der Tag, an dem du so denkst, ist dein Untergang.“

Gundula Gause (47) sucht regelmäßig Halt im Gebet. „Ich bete durchaus häufig – am Tag oder auch mal in schlaflosen Nächten“, sagte die ZDF-Nachrichtenmo-deratorin dem evangelischen Magazin „Chrismon“. „Ich weiß, dass ich mich an einen verzeihenden Gott wende, und das tröstet“. Die Protestantin, die sich für das katholische Hilfswerk missio engagiert, sagte, als gläubiger Christ müsse man den Tod nicht fürch-ten. Gleichwohl habe sie Angst vor einem Tod, der sie aus der Mitte des Lebens reißen würde – „zu einem Zeitpunkt, den man einfach für zu früh hielte“.

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» Ich bete häufig zu Gott.«

Gemeinsam Energie-kosten sparen

Einzelne Pfarrgemeinden haben eine schlechte Verhandlungsposition auf dem Energiemarkt. Daher bietet das Bistum Hil-desheim seinen Gemeinden einen „Energie-pool“ an, um im Verbund bessere Energie-verträge abzuschließen. Noch bis zum 15. Mai können sich Pfarreien bei der Immo-bilienabteilung des Bistums bewerben, um bei der kommenden Verhandlungsrunde für den Rahmenvertrag dabei zu sein.Bei Erdgas konnten durch den letzten Gemeinschaftsvertrag laut Bistum Ein-sparungen von bis zu 30 Prozent erzielt werden. Für elf Abnahmestellen wurden bestehende Verträge optimiert, in 94 Fällen konnten neue Lieferanten mit günstige-ren Konditionen gefunden werden. Durch die Belieferung mit billigerem ökostrom lagen die Kosten von 60 Abnehmern etwa zehn Prozent unter der Stromrechnung des Vorjahres.

Damit die Pfarreien von dem Angebot pro-fitieren können, sollten sie die letzte Gas- und Stromrechnung, die letzte Preisände-rungsmitteilung, relevanten Schriftverkehr mit dem jeweiligen Versorger und eine unterschriebene Zustimmungserklärung an das Bistum senden:

Bischöfliches Generalvikariat Hildesheim,

Abteilung Immobilien, Martin Spatz, Domhof

18-21, 31134 Hildesheim, klimaschutzinitiative@

bistum-hildesheim.de, Fax: (05121) 307254

» Ich freue michauf das neue Gotteslob.«

Auch wenn es inzwischen 40 Jahre alt ist – Georg Betz (73) hat das Gotteslob gemocht. Trotzdem freut sich der ehrenamtliche Notenwart des Münstercho-res von St. Aegidien, dass im Dezember eine neue Fassung des Gebet- und Gesangbuches erscheint. „Ich bin ja dynamisch, flexibel, situationsbewusst und kann mich auf Neues einstellen“, sagt Betz schmunzelnd. Er hofft auch, dass sich mit dem neuen Papst Franziskus innerhalb der Kirche mehr tut. „Sein franziskanisches Ideal ist mir näher als das geistig-dogmatische seines Vorgängers.“

Agenda 26. Januar 2013

10:00–10:30 Uhr

10:30–11:00 Uhr

11:00–11:15 Uhr

11:15–12:15 Uhr

13:00 Uhr

13:30–14:30 Uhr

14:30–15:30 Uhr

Ende

KontaktMartin SpatzBischöfl iches GeneralvikariatDomhof 18–2131134 HildesheimTelefon 05121 307 [email protected]

Gemeinsam sind wir starkEnergiepool für Kirchengemeinden

EinladungGeneralvikar Dr. Werner Schreer Eröffnung und Begrüßung

Diözesanbaumeister Norbert Kesseler Energieinitiative und Energiebeschaffung

Dr. Christian Heimann, Diözesanrat Situation in den Gemeinden

Kaffeepause

Walter Heitfeld, PEC Energiebeschaffung im Bistum Hildesheim

anschl. Fragerunde

Mittagessen

Christian Dahm, EnergieAgentur.NRW Wann ist ein BHKW in Gemeinden sinnvoll

Michael Voigt, Fa. Enakon Wirtschaftliche Sicht bei PV-Anlagen

Veranstaltungsort

Bischöfl iches Generalvikariat, Saal Domhof 18–2131134 Hildesheim

Rückantwort

bitte bis zum 6. Januar 2013 mit anhängender Antwortkarte

Martin Spatz

Bischöfl iches Generalvikariat

Dom

hof 18–21

31134 Hildesheim

Absender

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blut STATT LEGOSTEINEsyrien verblutet. allein im März starben laut Medienberichten rund 6000 Menschen in dem arabischen land, unter ihnen 300 kinder. Viele fl üchten vor dem bürgerkrieg in die nachbarstaaten Jordanien und libanon. Heribert schlensok vom caritasverband für die Diözese Hildesheim hat sich dort ein bild vom leid syrischer Flüchtlinge gemacht.

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Gesprächsstoff

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blut STATT LEGOSTEINE

Wir sind so viele, dass es für eine Tanzgruppe reicht”, sagt Dala. Sie lebt mit 40 Frauen und Kindern in einerm kleinen Haus. Der 58-jähri-gen ist weder zum Lachen noch nach Tanzen.

Dala floh vor fünf Monaten aus Syrien. Ihr Dorf wurde von Rebellen überfallen, viele Männer getötet. Auch Dalas Mann. „Erschossen und anschließend mit dem Auto überfahren.“ Dalas Schwiegertochter hat vier Cousins verloren, alles junge Männer, ihr Sohn wurde durch eine Mine verletzt.

Frauen und Kinder landeten in Jordanien, leben nun in der Nähe von Madaba, eine Stunde Autofahrt südlich von Am-man. Sie sind so bedürftig, wie man es ohne Ernährer nur sein kann. Sie leben zusammen gepfercht auf engstem Raum in ei-nem Haus mit zwei Zimmern, WC und kleiner Küche.

Woher kommen Lebensmittel, Kleider, Dinge des tägli-chen Bedarfs? Die Hilfsgüter-Verteilung der Caritas ist ein Teil der Antwort. Ein Mosaikstein, bestehend aus Decken ge-gen die Kälte und einem Eimer mit Hygiene-Artikeln etwa. Für Familien mit mindestens vier Personen.

In den Rucksack passen nur wenige Habseligkeiten

Ahmad ist mit seiner Mutter gekommen, um ihr beim Tra-gen zu helfen. Jetzt hält der Achtjährige die Zahnbürsten aus dem Hygieneset für ein Foto hoch. Seine Mutter weint im In-terview, sie weiß nicht, ob ihr Mann noch lebt. Aber sie will nach Syrien zurück. Ihr Sohn ist realistischer: Er probiert, auf dem leeren Eimer zu trommeln. Musik richtet den Blick nach vorn. Die politische Situation wird möglicherweise noch Jah-re angespannt bleiben. Musik und Tanz sind Mosaiksteine der Hoffnung. 70.000 Tote, eine Million Flüchtlinge. Frauen und Kinder fliehen mit den Kleidern am Leib, ein paar Hab-

seligkeiten im Rucksack und dem letzten Geld in der Tasche. Sie fliehen, weil Familienmitglieder, Nachbarn, Freunde oder Verwandte inhaftiert oder getötet wurden. Die Flüchtlinge sind froh, dass sie ihr Leben haben. Aber sie sind erschöpft, krank oder traumatisiert, und es fehlt ihnen an allem.

Alles Spielzeug ist verschwunden, sagt ein 4-jähriges Mädchen.

Jordanien und der Libanon halten die Grenzen offen. Sie sindgastfreundlich und helfen, wo sie können. Doch wie lange geht das noch? Lebensmittel, Wasser, Kleidung und Wohn-raum werden zunehmend knapper.

Die bekannteste Unterbringung für Flüchtlinge sind Camps. Sie sind unterschiedlich groß, das bisher größte in Zaatari fasst 30.000 Menschen, einige Hilfsorganisationen nennen noch größere Zahlen. Wir sehen die riesigen Zeltlager abends in den Nachrichten, wenn UN-Botschafter und Politiker sie besuchen: Angelina Jolie oder Guido Westerwelle vor Ort. Das ist wichtig, es hilft, die Not der unzähligen Frauen und Kinder nicht zu ver-gessen. Aber die eigentlichen Helfer sind andere.

„Camps sind teuer, weil erst eine komplette Infrastruktur aufgebaut werden muss“, sagt Wael Suleiman, Leiter der Ca-ritas Jordanien. Die Mitarbeiter der Caritas Jordanien setzen stattdessen auf Unterbringung in Familien und in leeren Wohnungen. „Wir helfen auch den einheimischen Familien“, sagt Suleiman. Etwa 30 Prozent der Hilfe kommt einheimi-schen Familien zugute. Sie sind zu arm, um anderen zu hel-fen. Erst die Hilfe der Caritas setzt sie in den Stand, Flüchtlin-ge aufzunehmen.

Das Geld dafür stammt auch aus Deutschland, eine Milli-on Euro kommt beispielsweise vom Auswärtigen Amt. Doch ohne private Spenden geht es nicht.

Der Winter ist überstanden, Gummistiefel sind Luxus, Läuse nicht: Leben im Notlager.

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Gesprächsstoff

Zarqa, nach Amman die größte Stadt Jordaniens. Eine syri-sche Flüchtlingsfamilie mit vier Kindern lebt hier. Die Woh-nung im 3. Stock ist kalt, klein und kahl. Säßen nicht Eltern und Kinder vor uns, könnte man die Räume für unbewohnt halten. Möbel gibt es nicht. Wir sitzen auf dünnen Schaum-gummi-Matratzen, in der Ecke liegen ein paar Kissen. Der Fernseher ist vom Nachbarn geliehen.

Hisham (31) wurde in Daraa willkürlich verhaftet und für drei Monate inhaftiert. Ein Cousin wurde erschossen. Erregt zeigt Hisham uns zwei Fotos auf seinem Handy: Der Cousin mit Freundin und der Cousin auf der Totenbahre. 16 Jahre alt, Kopf-schuss. Einfach so. Wer würde nicht fl iehen, wenn die Gewalt unberechenbar ist? „Wir hätten nie gedacht, dass die Menschen in Syrien sich gegenseitig umbringen”, sagt Hisham. Die Kinder sind unruhig. Der Kleinste hat Hunger, Hishans Frau Samja (28) stillt ihn. Wir fragen, was die Kinder mögen. Mohammad (9) liebt Fußball. Seine Schwester Salua (7) war die beste Schülerin ihres Jahrgangs. Tareq (5) beobachtet uns stumm.

Wir sind Zeuge extremer Armut. Hisham und seine Familie haben ein Dach über dem Kopf, sie haben zu essen und befi n-den sich in relativer Sicherheit. Aber ist das Leben, Teilhabe? Salua, die vielversprechende Schülerin, braucht dringend Schreibzeug, Malstifte sowie einen Platz in der Schule. Viel Arbeit noch für eine Organisation wie die Caritas Jordanien, die mit der Erfahrung aus der Zeit vor und in der Katastro-phe auch danach helfen wird. Kindern wie Salua und ihrer Familie. Frauen wie Dala und ihrer Gruppe.

Im Fernsehen laufen jetzt Bilder von Demonstrationen, blutige Kämpfe mit schweren Waffen in Syrien. Es gibt kein Kinderspielzeug, keinen Legostein, keine Murmel in der Wohnung. Ein Bausatz von Playmobil oder Lego würde rei-chen, um die Kinder von den Bildern blutender Menschen im Fernsehen abzulenken.

Fakten

Die Caritas in Jordanien und im Libanon leistet Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien, besonders Familien. Hun-derttausende zusätzliche Bewohner verschärfen die ohnehin schon vorhandenen Probleme in den Ländern: Wasserknappheit, steigende Preise für Nahrungsmit-tel und Gas. Wohnraum wird knapp. Die Caritas kennt sich vor Ort aus. „Wir werden auch noch da sein, wenn die anderen Hilfsorganisationen weitergezogen sind“, sagt Wael Suleiman, Leiter der Caritas Jordanien. Caritas international leitet Spenden mit Stichwort „Syrien“ an Helferinnen und Helfer wie Suleiman weiter: Kontonummer 202, Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe,BLZ 660 205 00, Stichwort Nothilfe Syrien

Die Eltern haben Angst,

die Kinder auf der Straße

spielen zu lassen.

JTExT & FOTOS: HERIBERT SCHLENSOK

Unübersehbar im Büro der Caritas Jordanien:

„Caritas ist kein Job, sondern eine Mission.“

Unübersehbar im Büro der Caritas Jordanien:

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Gesprächsstoff

Der Friedhofszaun als Wäschespinne,

zum Hygieneset gehören auch Wasch-

mittel und Zahnbürsten. Die bunten

Decken wurden in Jordanien in Hand-

arbeit hergestellt. Wir wollen die

Menschen ermutigen, so etwas auch

selber zu nähen, sagen die Mitarbei-

ter der Caritas.

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Nach St. Nikolaus kommen Jungen und Mädchen, deren Eltern mit der Erziehung überfordert sind. In der Braun-schweiger Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung lernen Mütter und Väter aus schwierigen sozialen Verhältnis-sen den verantwortungsbewussten Umgang mit ihrem Nachwuchs. Den Erfolg überprüft das Jugendamt.

ZuHausE FÜR kInDERSCHULE FÜR ELTERN

Nah dran

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Nah dran

Die blauen Augen hat Deven von seiner Mutter. Sie sind weit aufgerissen, während der Säugling Diana V. anschaut, die ihn im Arm hält. Dann sagt sie ihm langsam zwei Silben vor – „Ma-Ma“ – und er lacht sie

an, seine Mama. Diana V. hat vier Kinder von drei Männern. Deven ist ihr jüngstes Kind, er wird in diesem Monat ein Jahr alt. Für ihren Sohn da zu sein und ihn verantwortungsbe-wusst zu erziehen, muss Diana V. lernen. Das hat das Jugend-amt angeordnet.

Die 30-Jährige lebt deshalb in einer 50-Quadratmeter-Wohnung des Mutter-Kind-Hauses an der Hannoverschen Straße, das zur Braunschweiger Jugendhilfeeinrichtung St. Nikolaus gehört. Insgesamt zehn Appartements gibt es im Mutter-Kind-Haus. Sie alle bestehen aus hellen, frisch renovierten Räumen: zwei Zimmer, Küche, Bad. Hier sol-len Frauen, die das aus eigener Kraft nicht schaffen, unter Anleitung und Begleitung von Fachleuten zu fürsorglichen, verlässlichen Müttern werden. „Wenn ich etwas nicht weiß, kann ich sofort jemanden fragen“, erzählt Diana.

Es ist noch nicht lange her, da wohnte sie nicht nur mit De-ven, sondern auch mit ihrer vier Jahre alten Tochter Alina im Mutter-Kind-Haus. „Sie hat aber darunter gelitten, dass ich mich nach der Geburt von Deven nicht mehr so gut um sie kümmern konnte“, sagt sie.

Vielen Eltern fehlt es an Bildung

Alina ist deshalb nicht mehr bei ihr, sondern in der Kinder-Wohngruppe von St. Nikolaus an der Elbestraße unterge-bracht. Die Einrichtung in der Weststadt leistet ambulante und stationäre Kinder- und Jugendhilfe. Wie im Fall von Diana V. gehört dazu meist auch, Mütter und Väter für ihre eigentlich ureigenste Aufgabe zu qualifi zieren.

Es sind Eltern darunter, die mitunter nicht wissen, was eine Spieluhr ist, die keine Kinderlieder kennen und denen nie aus Pippi Langstrumpf vorgelesen wurde, die keine be-hütete Kindheit erleben durften, sondern mehr Wut als Liebe erfahren haben, mehr Missachtung als Wertschätzung.

„Sie lieben ihre Kinder, wissen aber oft nicht, wie sie mit ihnen umgehen sollen“, sagt Dorothee Senger, die Leiterin

von St. Nikolaus. „Es sind Menschen von der Schattensei-te des Lebens, aus sozial schwachen Milieus, die oft schon mit der eigenen Lebensführung total überfordert sind.“ In zahlreichen Fällen führen der Missbrauch von Alkohol und Drogen dazu, dass die Eltern keine Verantwortung für ihre Kinder übernehmen können. Den Umgang mit Geld haben viele nicht gelernt. Dahinter steckt ein weiteres, zentrales Problem: das Fehlen von Bildung.

Dass die Mitarbeiter von St. Nikolaus Menschen ohne Schulabschluss in punkto Erziehung fi t machen müssen, ist keine Seltenheit. „Das kann manchmal sehr anstrengend sein“, sagt Dorothee Senger. Diese Eltern deshalb von oben herab zu behandeln, komme aber nicht in Frage, betont sie.

„Fast überall, wo sie hinkommen, gelten sie als Verlierer. Meist erleben sie bei uns zum ersten Mal, wie es ist, wert-schätzend behandelt zu werden. Wir nehmen sie so an, wie sie sind.“ Ziel sei, mit den Müttern und Vätern eng und ko-operativ zusammenzuarbeiten und mit ihnen zu trainieren, wie sie ihr Leben nach den Bedürfnissen ihrer Kinder aus-richten.

Jugendamt entscheidet, ob ein betreutes Kind zurück zu den Eltern darf

Das Unterstützungsangebot ist breit gefächert. Es reicht von den Handgriffen, um ein Kind richtig zu wickeln, über Fra-gen der kindgerechten Ernährung bis hin zu komplizierten pädagogischen Handlungs- und Verhaltensweisen, die – wie etwa der angemessene Umgang mit pubertären Jugendli-

Sie wohnen im Mutter-Kind-Haus:

Diana V. und ihr Sohn Deven.

Erzieherin Laura Salonna ist eine

von rund 80 Mitarbeitern, die sich

in St. Nikolaus um Kinder und

Jugendliche kümmern.

»Ich konnte mich nicht mehr so

gut um meine tochter kümmern.«

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Nah dran

gen und Mädchen im Alter von vier bis 15 Jahren gibt es meh-rere Wohngruppen in dem Gebäude an der Elbestraße. Jedes Kind hat ein eigenes Zimmer mit Schrank und Bett, es gibt far-benfroh gestaltete Aufenthalts- und Spielräume. An manchen Türen kleben Abbildungen von Comicfiguren. Es gibt reichlich Spielzeug: Plüschtiere, Autos, Bälle.

St. Nikolaus ist ein Zuhause auf Zeit für Kinder und Jugendliche

Die Wohngruppe für Jugendliche sieht nüchterner aus, auf-geräumter. Acht junge Menschen leben hier, deren Namen neben Postern von Musikern wie Rapper Bushido an den Zimmertüren angebracht sind.

Für die Kinder und Jugendlichen ist St. Nikolaus ein Zu-hause auf Zeit. Sie besuchen Kindergärten und Schulen in der Umgebung. Zum Netzwerk der Einrichtung gehören außerdem Ärzte und weitere Institutionen der Jugendhilfe. Doch trotz der Vielzahl an Helfern gelingt es nicht immer, die Kinder in ein zeitlich unbefristetes und behütetes Zu-hause bei ihren Eltern zu entlassen.

Ein Jugendlicher etwa, der in St. Nikolaus untergebracht ist, versuchte im Alter von 14 Jahren erfolglos die Rückkehr zu seiner Mutter. „Bei uns war immer jemand für ihn da und

Eifriger Spinatesser: der knapp zweijährige Dominic.

chen – viel Fingerspitzengefühl und Gelassenheit von den Eltern erfordern. Alle Eltern und Kinder, die in der Einrich-tung Hilfe erhalten, sind über das Jugendamt nach St. Niko-laus gekommen. Die Behörde überwacht die Entwicklungs-fortschritte und entscheidet, wann ein betreutes Kind in den elterlichen Haushalt zurückkehren darf. Erscheint dies nicht möglich, kann das Amt auch anordnen, dass es in die Obhut einer Pflegefamilie kommt.

Der Aufwand, der hinter jeder Betreuungsleistung steckt, ist hoch. Rund 80 Mitarbeiter sind in der Kinder- und Ju-gendhilfeeinrichtung tätig. Es sind neben einigen Verwal-tungsangestellten überwiegend Pädagogen, Sozialarbeiter und Erzieher, außerdem zwei Krankenschwestern, eine Leh-rerin und eine Psychologin.

Sie kümmern sich stationär um 68 zum Teil schwer trau-matisierte Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern. Am-bulant werden weitere 50 Familien von ihnen unterstützt. Für die Kosten der Betreuung kommt der Staat auf, wenn die Eltern dazu nicht in der Lage sind.

Träger von St. Nikolaus ist die Stiftung Katholische Kinder- und Jugendhilfe im Bistum Hildesheim. Die Einrichtung ist die einzige in Braunschweig, die Säuglinge betreut und pflegt, de-ren Eltern dieser Aufgabe noch nicht gewachsen sind. Für Jun-

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JTExT: VOLKER RöPKEFOTOS: PETER SIERIGK

es gab drei Mahlzeiten am Tag. Das hat er zu Hause vermisst, also kam er zurück“, berichtet Dorothee Senger.

Dass ihre Kinder in einer Jugendhilfeeinrichtung oder einer Pflegefamilie besser aufgehoben sein können als bei ihnen selbst, ist eine Erkenntnis, die Eltern selten leicht fällt. Auch Diana V. hat nur schweren Herzens akzeptiert, dass Alina nicht mehr bei ihr wohnt. Trotzdem sagt sie: „Es war eine richtige Entscheidung. Sie ist gut aufgehoben.“

Dreimal pro Woche besucht Diana ihre Tochter in der Elbestraße. Ihre beiden sechs und zehn Jahre alten Söhne sieht sie etwa alle 14 Tage. Der Ältere lebt bei seiner Groß-mutter, der Jüngere bei seinem Vater. Wenn ihr jüngstes Kind, Deven, drei Jahre alt ist, möchte sie in ihren erlernten Beruf zurück. Sie hat eine Sonderschule besucht und eine Lehre zur Hauswirtschaftshelferin absolviert. Seit ihr erstes Kind zur Welt kam, hat sie nicht mehr gearbeitet. Wieder ihr eigenes Geld zu verdienen, ist ihr Ziel. Sie sagt: „Ich wün-sche es meinen Kindern, dass ich arbeiten und ihnen etwas bieten kann.“

„Wertschätzung für die Eltern ist wichtig“, sagt Dorothee

Senger, die Leiterin der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung.

Kontakt: St. Nikolaus Kinder- und Jugendhilfe, Elbestraße 34, 38120

Braunschweig, Tel. 0531 - 84 90 96, E-Mail: [email protected],

www.caRItas-nIkolaus.DE

Nah dran

Noel (7) und Lea (8) wohnen in einer der Kindergruppen von St. Nikolaus.

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Leib und Seele

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Erdbeer-Fitness-ShakePro Person

250 ml Buttermilch100 g Erdbeeren1/2 Banane1 Tel. LeinölZum Süßen:etwas Agavendicksaft oder Honig

So wird‘s gemachtErdbeeren waschen und putzen,Banane schälen und mit den restlichen Zutaten im Mixer zerkleinern und in ein Glas füllen. Zum Dekorieren eignen sich Minze- oder Zitronenmelisseblätteroder ein Spieß mit frischen Erdbeeren.

Sie können den Shake natürlich auch mit anderen Früchten zubereiten: mit Himbeeren, Blaubeeren, Aprikosen, Mango – oder zusätzlich noch Saft dazugeben, z.B. Grapefruit oder Karotte.

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Ein Regal für alle FälleSnake heißt das schlangenförmige Regal aus massivem Buchenholz. Es lässt sich sowohl waagerecht als auch senkrecht aufstellen. Die Hersteller legen Wert auf Nachhaltigkeit und verarbeiten auch Hölzer, die als Brenn holz verkauft würden.

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Duft mit ArmbandPrimavera bietet mehrere Sets an, die aus Fläschchen mit reinen ätherischen ölen oder Raumsprays und je einem handgefertigten Armband der Organi-sation Navdanya bestehen. 20 Prozent des Erlöses fl ießen an die indische Umweltschutzorganisation Navdanya, die sich für den Erhalt traditioneller Nahrungspfl anzen einsetzt.

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Leib und Seele

natürliche Hilfe für die Leber

Eine Legende besagt, dass Maria auf der Flucht vor König Herodes das Jesuskind stillte – und dabei fielen ein paar Tropfen der Mutter-milch auf die Blätter einer Distel. Die Distel fühlte sich geehrt und wollte die Zeichen der heiligen Muttermilch bewahren.

SILKE STäDING

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Seither, so heißt es, sind die Blätter von Silybum maria-num weißgrün marmoriert. Die Pflanze wurde in vie-len Ländern Maria gewidmet, im Englischen trägt sie

beispielsweise den Namen „Lady’s Milk“.Heimisch ist die Distel hauptsächlich in Südeuropa, West-

asien und Nordafrika. Man kann die bis zu eineinhalb Meter hohe Pflanze auch im eigenen Kräutergarten aussäen, aller-dings ist sie anfällig für Schneckenfraß.

In der Heilpflanzenkunde ist die Mariendistel bereits seit fast 2000 Jahren bekannt. Der griechische Arzt Dioskurides beschreibt sie schon im 1. Jahrhundert nach Christus in sei-ner Materia medica als Mittel gegen Vergiftungen.

Weite Verbreitung fand sie jedoch erst durch die Kloster-heilkunde des Mittelalters. Heute gilt sie als eine der am bes-ten wissenschaftlich untersuchten Heilpflanzen und wird vor allem bei Lebererkrankungen verordnet.

Ursel Bühring erwähnt in ihrem Buch „Alles über Heil-pflanzen“ eine Langzeitstudie, die gezeigt haben soll, dass die Überlebenszeit von Patienten mit Leberzirrhose durch die Behandlung mit Mariendistel verlängert werden konnte. Das enthaltene Silymarin stabilisiert demnach die Membra-nen der Leberzellen und kann dadurch die Regeneration der Leber anregen.

Bereits nach zwei Therapiewochen trat bei den Teilneh-mern der Studie eine Besserung des Allgemeinbefindens ein: Müdigkeit, Übelkeit und Fettintoleranz gingen zurück und die Leistungsfähigkeit nahm zu.

Weiterführende Informationen: Ursel Bühring: Alles über Heilpflanzen,

Ursel Bühring: Kuren für Körper und Seele.

Mariendistel-Genuss-KurUm die Leber bei der Entgiftungsarbeit zu unterstützen, bietet sich eine jährliche Mariendistel-Genuss-Kur an. Zu Beginn der Kur 450 g Mariendistelsamen besorgen. Das reicht für eine vierwöchige Kur. Täglich 12-15 g Samen portionsweise im Mörser zerstoßen und dem Essen hinzugeben, zum Beispiel in die Salatsoße, ins Müsli oder den Joghurt. Damit die wertvollen Inhaltsstoffe erhalten bleiben, nicht mitkochen. Die Kur kann auch länger durchgeführt werden. Nebenwirkungen sind im Allgemeinen nicht zu befürchten. In seltenen Fällen tritt eine leichte Stuhlverdünnung auf.

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FEInDE IM KOLLEGENKREISOtwin Paluch kennt die Schattenseiten der Arbeitswelt. Im Interview spricht der katholische Arbeitnehmerseel-sorger in Braunschweig darüber, wie sich Mobbing äußert, was man gegen den Psychoterror im Job tun kann und wann das Risiko eines Burnouts besonders hoch ist.

Im Fokus

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FEInDE IM KOLLEGENKREIS

Im Fokus

Otwin Paluch (60) berät seit 2001 als katholischer Arbeitnehmer-Seelsorger in Braunschweig Menschen bei der Bewältigung von Problemen am Arbeitsplatz. Der Diplom-Theologe verfügt über Zusatzqualifikationen als Berater und Supervisor. Vor seiner jetzigen Tätigkeit arbeite-te er 14 Jahre lang als Seelsorger in Justizvollzugsanstalten in Hannover und Braunschweig. Seine erste Stelle als Pastoralreferent im Bistum Hildesheim hatte er in Wolfsburg inne, dort war er von 1980 bis 1986 in der Schule und gemeindlichen Jugendarbeit tätig. Paluch ist ver-heiratet und lebt mit seiner Familie im Kreis Gifhorn.www.kas-bs.DE

Herr Paluch, wie wichtig ist für Menschen die Arbeit?Sie ist absolut zentral. Ich erlebe es immer wieder, dass Men-schen sagen, für sie sei es das Schlimmste, ihre Arbeit zu verlie-ren. Nicht nur, weil die Arbeit den Lebensunterhalt sichert, son-dern vor allem auch, weil sie ein Teil der eigenen Identität ist.

Laut Studien sind die Fehlzeiten am Arbeitsplatz wegen psychischer Erkrankungen in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Wann macht Arbeit krank?Arbeit macht krank, wenn die Arbeitsbedingungen nicht auf die Menschen ausgerichtet sind. Das kann an starkem Leistungsdruck liegen, wenn mit möglichst wenig Personal möglichst viel Arbeit bewältigt werden muss. Oder es ist die Furcht, den Arbeitsplatz zu verlieren. Vor diesem Hinter-grund kommt es auch häufig zu Konflikten. Die besonders krank machende Auswirkung davon ist Mobbing. Nach mei-ner Beobachtung sind Mobbing-Opfer am längsten krank.

Dass sich Kollegen mal nicht grün sind, kommt sicher überall vor. Wo beginnt Mobbing und wie äußert es sich?Bei einem normalen Konflikt sind die Kontrahenten in der Regel daran interessiert, ihn zu lösen. Dafür kann beispiels-weise der Betriebsrat eingeschaltet werden oder die von vielen Arbeitgebern inzwischen in Anspruch genommene Mediation, um zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln und die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Mobbing da-gegen stellt eine Situation dar, in der ein System vorhanden ist, das Konflikte nicht mehr lösen kann oder nicht willig ist, Konflikte zu lösen. Mobbing ist für denjenigen, der mobbt, selbst eine Konfliktlösungsmethode: Er versucht, seinen Kontrahenten durch Mobbing loszuwerden. Wenn das Mob-bing von Vorgesetzten kommt, ist es auch kein Konflikt auf Augenhöhe mehr, sondern ein Machtmissbrauch. Mobbing spielt sich nicht zwischen Zweien ab, sondern wird durch ein System gestützt.

Was meinen Sie damit?Allgemein sagt man: Es wird da gemobbt, wo es zugelassen wird. Ob gemobbt wird oder nicht, hängt nicht zuletzt von der Führungsebene eines Betriebes ab, die das unterbinden kann. Bei einer schwachen Leitung ist Mobbing Tür und Tor geöffnet. Ein Mitarbeiter, der mobbt, zeigt seiner Leitung: Du kannst mir gar nichts, ich habe hier nichts zu befürchten.

Sind normale Konflikte von sachlichen Differenzen geprägt, während beim Mobbing eher persönliche Abneigung eine Rolle spielt?Das kann man nicht generell sagen. Sicher kann es sein, dass die Chemie zwischen Kollegen nicht stimmt und der eine von Anfang an versucht, den anderen wieder loszuwerden. Ich habe aber auch häufig Betroffene beraten, die sagen: Es ging lange Zeit gut und plötzlich fing es an. Dahinter kann beispielsweise Konkurrenz stehen: Da wird aus einer Gruppe heraus jemand befördert und kommt auf einmal in die Position, Macht aus-üben zu können. Aber nicht jeder kann mit Macht umgehen. Es ist dabei immer entscheidend, wie der Betrieb damit umgeht. Studien belegen, dass die Gemobbten in den meisten Fällen die Konsequenzen spüren, indem sie versetzt oder in Frührente geschickt werden, ihnen gekündigt wird oder sie selbst kündi-gen. In den wenigsten Fällen muss der Mobber Konsequenzen tragen. Da liegt leider vieles sehr im Argen.

Wie äußert sich Mobbing konkret?Physische Gewalt ist selten. Meist geht es darum, einen Men-schen psychisch zu destabilisieren. Da kann es passieren, dass dem Gemobbten wichtige Informationen vorenthalten werden, die er für seine Arbeit benötigt. Oder es werden Ar-beitsleistungen zerstört: Wenn jemand an den Rechner des anderen geht, um Daten zu löschen, während dieser mal nicht am Platz ist. Oft wird jede sich bietende Möglichkeit genutzt, dem Opfer zu schaden. Das geht mitunter sogar vom Chef aus, wenn dieser etwa seine Mitarbeiter anweist, mit der gemobbten Person nicht mehr zu kommunizieren. Es sind harte Attacken, die zuweilen subtil, immer aber sys-tematisch vorgetragen werden. Juristen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, bezeichnen Mobbing nicht umsonst als systematische psychosoziale Misshandlung.

Was kann ich als Betroffener machen gegen Psychoterror am Arbeitsplatz?Wenn es einen Betriebsrat gibt, sollte man sich an den wenden, um Hilfe zu erhalten. Leider Gottes funktioniert dieser Weg nicht immer. Dann sollte unbedingt eine externe Mobbing-Beratung aufgesucht werden. Manchmal kann es sinnvoll sein, einen Arbeitsrechtler hinzuzuziehen. Man sollte sich auch nicht scheuen, einen Arzt aufzusuchen: Mobbing kann krank machen, dann sollte man sich auch krankschreiben lassen.

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Im Fokus

J INTERVIEW: VOLKER RöPKE

Mobbing-Hotline

Die telefonische Beratung wird vom Caritasverband Braunschweig, der katholischen Arbeitnehmerseelsorge Braunschweig-Salzgitter und dem Deutschen Gewerk-schaftsbund, Region Südostniedersachsen, betrieben. Sie versteht sich als erste Anlaufstelle für Menschen, die von Mobbing betroffen sind.

Wer anruft, kann anonym und vertraulich über den Konflikt am Arbeitsplatz sprechen und sich über weitere Hilfsangebote informieren. Die Mitgliedschaft in einer Kir-che oder Gewerkschaft ist nicht erforderlich. Die Hotline lautet 01805 6622464 (14 Cent/Minute aus dem Festnetz der deutschen Telekom), sie ist jeweils donnerstags von 17.00 bis 20.00 Uhr erreichbar.

Am Telefon sitzen ehrenamtliche Mitarbeiter aus unter-schiedlichen Berufsfeldern, die für ihren Einsatz quali-fiziert worden sind. Wer sich für die Hotline engagieren möchte, erhält weitere Informationen bei Otwin Paluch (Telefon 0531 3800827, E-Mail: [email protected]).

Wie klappt die Genesung?Das ist eine schwierige Sache. Viele Betroffene, die ich berate, sagen mir: Wenn ich gesund werden will, kann ich nicht in meinen Betrieb zurück. Die haben für sich schon entschie-den, dass ihnen nur ein Arbeitsplatzwechsel helfen kann. Ist jemand noch unentschieden, frage ich häufig: Können Sie sich vorstellen, auf Ihrer jetzigen Stelle irgendwann in Rente zu gehen? Oft kommt als Antwort: Nein. In seltenen Fällen haben Betroffene die Möglichkeit, sich betriebsintern zu verändern. Meist müssen sich Mobbing-Opfer eine neue Arbeitsstelle suchen, um gesund zu werden.

Nicht nur Mobbing kann im Job zur Schwierigkeit werden, sondern auch ein Burnout. Ist das eine Modekrankheit, wie oft behauptet wird, oder ein echtes Problem?Burnout ist ein unscharfer Begriff. Er wird zum Beispiel gern angeführt, wenn es eigentlich um eine echte Depressi-on geht, weil Bournout als gesellschaftsfähiger gilt und fast schon einen positiven Anklang besitzt: Man hat sich für den Betrieb aufgeopfert und ist nun eben ausgebrannt. Dagegen ist es immer noch mit einem Makel behaftet, unter einer Depression zu leiden. Oft hängt dieses Ausgebranntsein zu-sammen mit schwierigen Verhältnissen am Arbeitsplatz. In unserer Arbeitswelt muss Hochleistung gebracht werden. In der Produktion, aber auch in pflegerischen und sozialen Be-rufen ist der Druck oft immens.

Was sind die Folgen?Dort, wo nur noch die Leistung eingefordert wird, ohne Rück-sicht zu nehmen, ob der Mensch sie überhaupt bewältigen kann, ist das Risiko hoch, dass Arbeitnehmer an Leiden wie etwa einem Bornout erkranken. Besonders fatal ist es, wenn sich kranke Menschen keine Erholungsphasen mehr gönnen, wenn sie zum Beispiel aus Angst vor dem Arbeitsplatzverlust darauf verzichten, sich krankschreiben zu lassen. So ein Ver-halten verstärkt den Krankheitszustand.

Stellen Sie häufig fest, dass Unternehmen nicht auf ein gesundes Arbeitsklima achten? Krankheitsausfälle verursachen schließlich hohe Kosten.Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass viele Betriebe daran interessiert sind, ihre Mitarbeiter so gesund wie mög-lich zu halten, weil sich das für sie viel mehr auszahlt. Das lässt sich besonders dort beobachten, wo es eine starke Mit-arbeitervertretung gibt. Das ist oft in großen Firmen der Fall. Volkswagen beispielsweise hat eine Betriebsvereinbarung, die Mobbing entgegenwirken soll. In Betrieben dagegen, die sich weigern, eine Mitarbeitervertretung überhaupt zu-zulassen, ist es um die Arbeitsbedingungen meist deutlich schlechter bestellt. Da geht es vor allem darum, die Mitar-beiter gegenüber der Betriebsleitung klein und abhängig zu halten. So eine Haltung trägt nicht zu einer guten Betriebs-kultur bei.

Was kann ein Unternehmen tun, um die Leistungen und das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu verbessern?Unternehmen sollten in Mitarbeitern nicht nur Kostenfak-toren sehen, sondern ihnen vermitteln: Es ist wichtig, dass es dich gibt in unserem Betrieb. Wer seine Mitarbeiter wirk-lich wertschätzt, hat in der Regel sehr engagierte, leistungs-bereite Mitarbeiter.

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Engagiert

kämpferin für unterdrückte FrauenSie sind unfrei in einem freien Land: junge Frauen, die in Deutschland zwangsverheiratet werden sollen oder von Menschenhändlern hierher verschleppt und in die Prostitution getrieben wurden. Eine katholische Ordensschwester hilft ihnen.

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Die Vinzentinerin Paula Fiebag leitet die Braunschweiger Beratungsstelle des Vereins Solwodi. Der Name steht für „Solidarity with Women in Distress“ – Solidarität

mit Frauen in Not. Der Verein wurde 1985 von Schwester Lea Ackermann in Mombasa für kenianische Frauen gegründet, die sich wegen ihrer Armut prostituierten.

Seit 1987 ist die Hilfsorganisation in Deutschland aktiv und unterhält mehrere Beratungsstellen und Schutzwoh-nungen für in Not geratene ausländische Frauen und Mäd-chen. Unter den Klientinnen von Solwodi sind auch Deut-sche, deren Eltern in die Bundesrepublik eingewandert sind.

Wer sich an Paula Fiebag und ihre Kolleginnen wendet, erhält Unterstützung in vielerlei Hinsicht: Frauen können Schutz durch eine sichere Unterbringung erhalten, zudem medizinische Hilfe, juristische Beratung und Begleitung zu Ärzten, Ämtern, Anwälten und zur Polizei. Gleichzeitig küm-mert sich Solwodi um die psychosoziale Betreuung der Opfer.

„Wir erschrecken immer wieder aufs Neue, wie es mög-lich ist, dass vor unseren Augen so viel Gewalt und Unfreiheit herrschen kann“, sagt Paula Fiebag. Besonders Frauen, die un-ter falschen Versprechungen aus osteuropäischen Staaten ins Land gelockt und als Prostituierte unzählige Male misshandelt wurden, seien oft schwer traumatisiert. „Manche unserer Klien-tinnen sind selbst nach zehn Jahren noch nicht therapiefähig.“

Zum Kreis der von Paula Fiebag Betreuten gehören seit einigen Jahren zunehmend Frauen aus der Türkei und arabi-schen Ländern, deren Väter glauben, das Vermählungsrecht für ihre Töchter zu besitzen. Ob diese den vorgesehenen Part-ner, der etwa zu einer befreundeten Familie gehört, heiraten möchten, spielt keine Rolle. Weigern sie sich und fliehen vor der Zwangsheirat, müssen sie im Extremfall mit Gewalt bis hin zur Ermordung rechnen.

„Die größten Gefährder der Frauen sind oft die eigenen Brüder, die vom Vater für die Familienehre verantwortlich gemacht werden und sehr intensiv nach ihren Schwestern suchen. Dabei wollen diese jungen Frauen nichts Schlechtes für ihre Familie, sie suchen nur ihr eigene Freiheit“, sagt Paula Fiebag.

Die Ordensschwester versucht ein Rettungsanker zu sein für Frauen, die sich nach einem selbstbestimmten, freien Le-ben sehnen. Unterstützt werden sie und ihre drei hauptamt-lichen Mitarbeiterinnen von einem Kreis ehrenamtlicher Helfer, der laut Paula Fiebag gern größer werden darf: „Wir sind froh, wenn sich Menschen aus dem medizinischen, ju-ristischen oder psychologischen Bereich bei uns engagieren möchten.“

Kontakt: Die Beratungsstelle in Braunschweig befindet sich in der Bernerstraße 2. Telefonisch ist sie unter 05 31 473 81 12, per E-Mail unter [email protected] zu erreichen, www.solwoDI.DE

Ansprechpartnerin

für Frauen in Not:

die Braunschweiger

Ordensschwester

Paula Fiebag (56).

VOLKER RöPKE

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22 Jes 04 . 2013

Entdeckt

Das historisches Ensemble der Herren-häuser Gärten ist wieder komplett: Das im Krieg zerstörte Sommerschloss der Welfen wurde in einer originalgetreuen Rekonstruktion neu errichtet und schließt die Lücke am Großen Garten, einem der beliebtesten Ausfl ugsziele in Hannover. Doch hinter der klassizistischen Fassade verbergen sich modernste Tagungs-Tech-nik und ein Museum, das von Fürsten-macht und Gartenpracht erzählt.

sPaZIEREn WO DIEWELFEN REGIERTEN

Von der Großen Fontäne im Großen Garten aus be-trachtet, ist die Illusion perfekt. Durch die im Früh-jahr noch spärlich belaubten Bäume leuchtet in hellem Gelb ein langgestrecktes Gebäude mit einer

geschwungenen zweifl ügligen Freitreppe, wie Georg Friedrich Laves es um 1820 geplant hat. Der Hofbaumeister hatte den ursprünglich barocken Schlossbau für die Herrscherfamilie im klassizistischen Stil als Sommerresidenz umgestaltet.

Hinter der historisierenden Fassade des wiedererrich-teten Schlosses geben aber nicht mehr die Welfen, sondern Wirtschaft und Wissenschaft den Ton an. Nachdem das

Schloss 1943 im Bombenhagel zerstört und nach dem Krieg samt zugehörigem Grundstück vom Welfenhaus an die Stadt Hannover verkauft worden war, dauerte es 70 Jahre, bis die Lücke zwischen der Grotte der Niki de Saint Phalle und den Großen Kaskaden mit einer Rekonstruktion des Laves-Baus geschlossen wurde.

Dass es dazu kam, ist der Volkswagenstiftung zu verdan-ken, die 2007 der Stadt Hannover den Vorschlag unterbrei-tete, das klassizistische Schloss als modernes Kongress-Zent-rum wieder auferstehen zu lassen. Im Januar dieses Jahres wurde schließlich medienwirksam und in Anwesenheit zwei-er britischer Prinzessinnen die Eröffnung des Tagungszent-rums gefeiert.

Im Hauptgebäude rufen großzügige helle Räume, eine ge-schwungene Treppe und der Blick durch die hohen Fenster auf einen der schönsten Barock-Gärten Europas die könig-liche Vergangenheit ins Gedächtnis. Über zwei Stockwerke sind ein Festsaal, ein Auditorium und Seminarräume für wissenschaftliche Kongresse, Verbands- und Firmenveran-staltungen eingerichtet worden.

Eine Betreibergesellschaft, die die gesamte Planung und Organisation übernimmt, rechnet mit 17.000 Gästen im Jahr 2013. Wer den „Tag der offenen Tür“ am Ostersonntag ver-passt hat, kann das Tagungszentrum allerdings nur noch von außen betrachten: Die Räume sind nur für Teilnehmer von Veranstaltungen zugänglich.

Geöffnet werden aber am 15. Mai die Pforten des Muse-ums Schloss Herrenhausen, das zum Auftakt die Ausstellung

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Entdeckt

Er zählt zu den

schönsten Barock-

anlagen Europas:

der Große Garten

in Herrenhausen.

Königliche Pracht: das goldene Tor und

die goldene Statue im Gartentheater.

„Schlösser und Gärten in Herrenhausen – Vom Barock bis zur Moderne“ präsentiert. Das neue Museum befindet sich in den Seitenflügeln und einem unterirdischen Verbindungsgang.

Auf einer etwa 900 Quadratmeter großen Ausstellungs-fläche werden in drei Bereichen um die 500 Exponate aus-gestellt. In „Barocke Welten“ können ein aufwendig bemalter Holz-Schlitten, Geschirr und Silber aus dem Besitz der Wel-fen und eine Sänfte bewundert werden.

Hier haben Könige gewohnt

Von den Dächern der Museumsflügel aus werden Besucher auch die Blütenpracht des Großen Gartens genießen. „Hier haben Könige gewohnt“, sagt Museumsdirektor Thomas Schwark nicht ohne Stolz. Von hier aus haben vor gut 300 Jahren Herzog Ernst August und seine Gemahlin Sophie mit ihrem Hofstaat den Blick über die Beete schweifen lassen.

Bereits im vergangenen Herbst wurden über 150.000 Frühjahrsblüher ausgebracht. Nach den Entwürfen von Dr. Anke Seegert dominieren im Fürstlichen Blumengarten die Farben Weiß, Rosa und Violett. Einen romantisch-ver-spielten Blütenteppich hatte die Gartenplanerin im Sinn und setzte in die Schmuckbeete neue Tulpensorten wie „Purple Flag“ und die zartrosa „Huis von Bosch“ zwischen 11.000 vi-olette Krokusse, zusammen mit gefüllten weißen Narzissen, Goldlack, Hyazinthen und Stiefmütterchen.

Der etwa 50 Hektar große Garten ist seit dem 17. Jahrhun-dert fast unverändert erhalten geblieben. Die welfischen Kur-fürsten ließen zunächst in der Nähe der Residenzstadt einen

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landwirtschaftlichen Betrieb zur Versorgung des hannover-schen Hofes einrichten. Doch bald wurde das Dorf Hörin-gehusen in Herrenhausen umbenannt, ein Sommerschloss gebaut und ein Lustgarten angelegt.

Die großzügige Weiterentwicklung des Großen Gartens und seine eindrucksvolle Ausgestaltung mit Skulpturen und Wasserspielen ist Kurfürstin Sophie von Hannover zu ver-danken. Mit ihrem Gartendirektor Ernst August Charbonnier plante und realisierte sie mit Leidenschaft und Sachkenntnis die barocke Gartenanlage.

Lebendige Gartenkunst

Prächtige Gärten waren nicht nur Ausdruck barocker Sin-nesfreude, sondern sie demonstrierten augenfällig die Bedeutung des Herrscherhauses. „Fürstenmacht und Gar-tenpracht“ ist deshalb im Museum der erste Ausstellungs-teil benannt. Hier wird dargestellt, warum im Fürstentum Braunschweig-Lüneburg die regierenden Welfenherzöge ihre Sommerresidenz zur repräsentativen Anlage ausbauen ließen oder wichtige Persönlichkeiten wie den Universalge-lehrten Gottfried Wilhelm Leibniz an den Hof holten.

Die Vielzahl der Gärten in Herrenhausen macht für Tho-mas Schwark den Reiz des dritten Ausstellungsteils „Leben-dige Gartenkunst“ aus. Wie sich das Ensemble aus Großem Garten, Berggarten, Georgengarten und Welfengarten von der Aufklärung bis zur Gegenwart entwickelt hat, ist zugleich ein Stück Geschichte der Großstadt Hannover. Als roter Fa-den zieht sich durch diese Abteilung eine veränderte Nut-zung der Gärten. Die exklusiven Anlagen in fürstlichem Be-sitz wurden für das Volk geöffnet und zum Erholungsraum für die Stadtbevölkerung. ILONA SOURELL

Infos zur Geschichte

Sophie von der Pfalz (1630–1714) war die Tochter von Elisabeth Stuart (1596–1662), die als Tochter König Jakobs I./ VI. von England und Schottland Erbansprü-che auf die britische Krone hatte. Sophie heiratete 1658 Welfen-Herzog Ernst August zu Braunschweig-Lüneburg (1629–1698).

Sophie wurde 1701 aufgrund ihrer protestantischen Konfession und weil sie mütterlicherseits von den Stuarts abstammte, zur britischen Thronerbin erklärt. Sie starb wenige Wochen vor Eintritt des Erbfalls, sodass 1714 ihr Sohn, Kurfürst Georg Ludwig (1660–1727), als Georg I. den britischen Thron bestieg und die 123-jährige Personalunion zwischen Großbri-tannien und Kurhannover begründete.

Am 20. Oktober 1714 wurde mit der Krönung des han-noverschen Kurfürsten zum König von Großbritannien in Westminster Abbey die Personalunion rechtskräftig. Auch Georgs legitime Erben, die Könige Georg II. bis Georg IV. und Wilhelm IV., wurden zu Königen von Großbritannien gekrönt.

Die niedersächsische Landesausstellung „Als die Roy-als nach Hannover kamen“ feiert im Jahr 2014 das 300-jährige Jubiläum der Personalunion.

Weitere Informationen zu Schloss, Museum und Gärten sowie

Veranstaltungen unter www.HERREnHausEn.DE

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Beten kennt viele Formen:

in der Stille, mit Perlen oder

sogar im Tanz.

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Beten ist das Reden mit Gott. Christen falten dafür die Hände. Doch auch wer seufzt, singt, tanzt oder pilgert, kann mit Gott in Kontakt treten.

Wie geht Beten?

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Was ist Beten?

Beten ist das ehrliche Sprechen vor Gott. Beten kommt von bitten. Wer betet, kann Gott um Hilfe und Schutz bitten, ihm danken oder ihm seine Freuden und Sorgen mitteilen. Alle Religionen kennen Beten als Kommuni-kation des Menschen mit Gott.Nicht jeder spricht beim Beten. Auch in der Stille, im Schweigen kann man sich von der Hektik des Alltags frei machen und mit Gott in Kontakt treten. Dieser Dialog kann sich in verschiedenen Handlungen und Formen ausdrücken.

Welches sind die wichtigsten Gebete?

Es gibt viele Formen des Betens. Eine von ihnen ist das Sprechen von Gebe-ten. Das kürzeste ist das Kreuzzeichen. Dabei bekreuzigen sich die Gläubigen und sprechen die Worte „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Mit dem Kreuzzei-chen werden meist auch andere Gebete begonnen und beendet.

Das im Christentum am weitesten ver-breitete Gebet ist das Vaterunser, das Jesus seinen Jüngern beigebracht hat. Jesus selbst ermuntert die Christen, zu Gott als ihrem Vater zu sprechen. Ein

weiteres sehr wichtiges Gebet ist das Glaubensbekenntnis, in dem der Inhalt des christlichen Glaubens zusammen-gefasst ist und in dem Christen Ja zu Gott sagen.

Oft werden auch heilige Frauen und Männer im Gebet angerufen. Weil die Heiligen ein frommes und menschen-freundliches Leben geführt haben, hoffen die Gläubigen, dass diese einen guten Draht zu Gott haben.

Welche Formen des Betens gibt es?

Während des Gottesdienstes beten die Menschen meist kniend oder stehend. Traditionelle Gebetshaltungen sind das Falten der Hände und das Verschränken der Arme vor der Brust. Auch wer die Arme nach oben streckt und dabei die Händen öffnet, betet.

Das Beten mit gesprochenen Worten ist am häufigsten. Aber auch das Singen ist eine sehr gebräuchliche Form des Gebets. Sehr berühmt ist der „Sonnen-gesang“ des heiligen Franziskus, der in diesem Lied die Schönheit der Natur als Gottes gute Schöpfung lobt. Auch mit Bewegungen ist das Beten möglich. So kann man tanzen, was übrigens schon das Volk Israel getan hat, um Gott zu

preisen. Im Alten Testament der Bibel wird vom Tanz um die Bundeslade berichtet.

Darüber hinaus kann die körperliche Anstrengung beim Pilgern Ausdruck eines Gebets sein. Und dann gibt es noch die Stoßgebete: spontane, kurze äußerungen, in denen Gott um Hilfe und Beistand gebeten wird. Manchmal besteht ein Stoßgebet nur aus einem Seufzer, einem tiefen Atemzug, bei dem man ganz intensiv an Gott denkt.

Wie geht beten?„Katholisch für Anfänger“ erklärt einfach und humorvoll zentrale Begriffe aus Kirche und Christentum.www.katHolIscH.DE ➝ Video ➝ Wissen

J EDMUND DEPPE

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Gesehen, gelesen, gehört

Richard Louv Das Prinzip naturDer amerikanische Umweltaktivist und Journalist Richard Louv fragt: „Wie würde unser Leben aussehen, wenn unsere Tage und Nächte ähnlich von der Natur geprägt wären, wie sie es von der Technologie sind? Wie kann jeder von uns dazu beitragen, eine solche lebensfördernde Welt für unsere Familien und für uns selbst zu schaffen – und zwar hier und jetzt?“ Die Antwort darauf gibt er mit vielen Beispielen aus seiner Bekanntschaft, aus alter und neuer Literatur und Forschung und mit seinen naturphilosophischen Überlegungen. Wer die spannend und anschaulich geschriebe-nen persönlichen Berichte und Erzählungen, die Beispiele aus der neurobiologischen und ökopsy-chologischen Forschung und der städtebaulichen Literatur sowie manche hoffnungsvollen Ideen, Projekte und Fantasien hier gelesen hat, wird in sich eine neue Hoffnung auf naturverbundene Le-bensgemeinschaften wachsen spüren. Ein anregendes (wenn auch nicht leicht zu lesendes) Buch.2012, Beltz, 19,95 €

Barbara Frischmuth woher wir kommenDie Künstlerin Ada verbringt den Sommer bei ihrer Mutter Martha in deren Haus im Salzkam-mergut. Hier hofft sie nach dem Tod ihres Partners auf einen Neuanfang. Unverhofft begegnet sie dort ihrer Jugendliebe Jonas, der aus den USA zurückgekehrt ist. Ada beginnt mit Jonas eine leidenschaftliche Affäre. In Rückblenden erfährt man, dass Ada als Neunjährige mit ihrem Zwil-lingsbruder und ihrer Mutter aus Istanbul in das Haus am See zog, das damals noch ihre Großtan-te Lilofee bewirtschaftete. Der zweite Teil des Romans, in dessen Mittelpunkt Martha steht, führt nach Istanbul. Wie jedes Jahr seit zwanzig Jahren besucht sie ihre türkische Freundin Lale, um den Todestag ihrer Männer zu begehen, die unter ungeklärten Umständen am Ararat verschollen sind. Im dritten Teil wird Lilofees Geschichte erzählt, die während des Zweiten Weltkriegs einen entflohenen russischen Kriegsgefangenen versteckte, von dem sie ein Kind erwartete. Ihr Vater lieferte ihn der SS aus und zwang sie zur Abtreibung. Während Lilofee und Martha nie mehr fähig waren, eine Bindung zu einem Mann einzugehen, bleibt Ada noch die Hoffnung auf umfassendes Lebensglück. Ein lebenskluges, lesenswertes Werk der Österreicherin Barbara Frischmuth.2012, Aufbau-Verlag, 22,99 €

Literatur

Michel Hazanavicius the artistFür einen Stummfilm-Star bedeutet die Umstellung der Hollywood-Industrie auf die „Talkies“ Ende der 1920er-Jahre das Ende seiner Karriere und ein persönliches Desaster. Ein Starlet, das ihn liebt und das mit der Veränderung des Mediums groß herauskommt, versucht, ihn zu retten. Als Hommage auf die Erzählkunst des frü-hen Kinos verzichtet der Film auf Farbe, Geräusche und Sprache und zündet ein Feuerwerk an Inszenierungseinfällen, um die ureigensten Ausdrucksmittel des fil-mischen Mediums hochleben zu lassen. Trotz der dramatischen Handlung eine ge-nussvolle, elegante Beschwörung der Zeitlosigkeit und Magie des Kinos. Das über-aus sehenswerte Werk des französischen Regisseurs Michel Hazanavicius erhielt zahlreiche internationale Filmpreise. Bei der Oscar-Verleihung im vorigen Jahr räumte „The Artist“ gleich in fünf Kategorien ab, darunter waren die Trophäen für den besten Film, die beste Regie und den besten Hauptdarsteller (Jean Dujardin).Frankreich/USA 2011, als DVD im Handel erhältlich, 19,99 €

Film

Roman

sachbuch

Der Borromäusverein e.V. aus Bonn unterstützt uns bei der Bücherempfehlung.

Weitere Informationen: www.boRRoMaEusVEREIn.DE

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Erlebenswert

Ausstellung

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Rosenkränze und seelengärten Einblick in den Klosteralltag

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KARIN DZIONARA

Frauenklöster waren im Mittelalter wegweisende Bildungs-einrichtungen. Notizen, Kommentare, Lesezeichen, reich verzierte Miniaturen und Andachtsbilder mit persönlichen Anmerkungen – im Bücherfundus der historischen Kloster-bibliotheken Niedersachsens gibt es reichlich Hinweise auf einen vertrauten Umgang mit Literatur. Denn in den Klos-terschulen lernten Mädchen Lesen und Schreiben, Rechnen, Latein und Musik – für den Gottesdienst und für die übri-gen Aufgaben im Kloster, sei es im Skriptorium oder in der Küche. Nicht alle Schülerinnen wurden Nonnen, einige be-reiteten sich im Kloster auf die christliche Ehe vor. Mit der Ausstellung mittelalterlicher Handschriften, früher Drucke, kostbarer Bucheinbände sowie kunstvoller Perlenstickereien und anderer, teils äußerst anrührender Zeugnisse weiblicher Frömmigkeit gibt die Herzog August Bibliothek in Wolfen-büttel Einblicke in den Klosteralltag und dokumentiert zu-gleich den engen Zusammenhang zwischen Glauben und Gelehrsamkeit.

Praktisch war sicher das sogenannte „Beutelbuch“, das sich mit einem speziellen Lederriemen an den Gürtel binden ließ – und so stets griffbereit blieb. Ein Rosenkranz mit ei-

„Rosenkränze und Seelengärten – Bildung und Frömmigkeit in nieder-

sächsischen Frauenklöstern“ ist bis 25. August 2013 in der Herzog August

Bibliothek in Wolfenbüttel zu sehen (Di. bis So. 10.00 bis 17.00 Uhr).

nem angehängten Totenkopf wiederum erinnert daran, dass der Tod, im Gegensatz zu unserer modernen Welt, nicht ver-drängt wurde, sondern damals allgegenwärtig war.

Frauenklöster stellte man sich im Mittelalter wie einen „um-schlossenen Garten“ vor – die Idee vom „hortus conclusus“ als Ort des inneren Wachstums prägte auch die Gartenmetaphorik der mittelalterlichen Glaubenspoesie. Ein Erbauungsbuch mit dem Titel „Seelengärtlein“ gehörte zu den frühen „Bestsellern“ des Buchdrucks, das ausgestellte Exemplar zeigt deutliche Ge-brauchsspuren auf den Seiten mit den Rosenkranzgebeten.Den Heiligen ordnete man in jener Zeit nach einem komplexen System symbolische Farben und Blüten der Natur zu. So wurde die Rose zum Sinnbild für die Gottesmutter Maria. Und weil die Gläubigen auch ihre Gebete als Rosenblüten bezeichneten, entwickelte sich aus dieser Pfanzenallegorie das geistlich-po-etische Bild vom Rosenkranz, vermutet Ausstellungskurato-rin Britta-Juliane Kruse. „Man hat die Gebete zu einem Kranz geflochten und Maria zum Geschenk gemacht“. Eine Form der Frömmigkeit, die bis heute erhalten geblieben ist.

Rosenkranz mit ange-

hängtem Totenkopf als

Zeichen der Vergäng-

lichkeit des Lebens.

Seltenes Exemplar aus

dem Kloster Wien-

hausen (1450−1500).

Elisabeth von Bortfeld,

Äbtissin des Klosters

Wöltingerode (1463−1489),

schrieb ihre Initialen

(E.BOR) in eine Hand-

schrift. Die Initiale zeigt

das innige Verhältnis

zwischen Christus und

allen Seelen.

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Termine

30 Jes 04 . 2013

ImpressumJes . Das katholische Magazin für Braunschweig

Verlag Bernward Medien GmbH, Domhof 24, 31134 HildesheimVerantwortlich für den Inhalt: Matthias Bode, Domhof 24, 31134 Hildesheim

Redaktion Volker Röpke, Propsteipfarramt St. Aegidien, Spohrplatz 9, 38100 Braunschweig, Telefon 0531 24490-25, [email protected], www.jes-braunschweig.deMitarbeiter dieser Ausgabe: Karin Dzionara, Silke Städing, Ilona Sourell, Edmund Deppe, Heribert SchlensokGestaltung Bettina Höhne, Bernward Medien GmbHAnzeigen Mirco Weiss (verantwortlich), Domhof 24, 31134 Hildesheim, Telefon 05121 307-858Druck Westermann Druck GmbH, Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig

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kino im kloster2. Mai, 20.00 UhrDas koreanische Drama „Samaria“ erzählt die Geschichte der Schülerinnen Jae-young und Yeo-jin, die davon träumen, nach Europa zu reisen. Um die Reise zu fi nanzieren, geht die minderjährige Jae-young anschaff en, während Yeo-jin als ihre Managerin agiert. Doch während einer Razzia kommt Jae-young ums Leben. Als Prozess der Sühne beschließt Yeo-jin, mit allen Freiern ihrer Freundin zu schlafen und ihnen danach das Geld zurückzugeben. Doch Yeo-jins Vater will sich an den Männern rächen. Kim Ki-duk gewann mit „Samaria“ auf der Berlinale 2004 den Silbernen Bären für die beste Regie. Zu sehen ist der Film im Braunschweiger Dominikanerkloster St. Albertus Magnus, Brucknerstraße 6.www.DoMInIkanER-bRaunscHwEIG.DE

Erziehungstipps für ElternAb 28. Mai 2012Erziehen auf die kesse Tour – praktische Anregungen für den Erziehungsalltag erhalten Eltern während des Seminars Kess-Erziehen. Veranstaltet wird es von der katholischen Erwachsenenbildung sowie der katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung. Die Abkürzung Kess steht für die Begriff e kooperativ, ermutigend, sozial und situationsorientiert. Der Kursus richtet sich an Eltern von Kindern im ersten bis dritten Lebensjahr und wird an fünf Dienstagen von 20.00 bis 22.15 Uhr ausgerichtet. Beginn ist der 28. Mai. Die Kosten pro Elternpaar betragen 80 Euro. Veranstaltungsort: Katholische Erwachsenenbildung, Spohrplatz 8, 38100 Braunschweig, Weitere Infos unter Telefon 0531 42092 und im Internet.www.EHEbERatunG-bRaunscHwEIG.DE

Feuerwehr in der kirche5. Mai, 17.00 UhrMehrere hundert Feuerwehrleute aus Braunschweig wer-den zum ersten ökumenischen Florianstag in der evange-lischen Kirche St. Magni erwartet. Der Tag soll gemäß dem Feuerwehrmotto „Gott zur Ehr', dem Nächsten zur Wehr“ der Begegnung zwischen den Kirchen und den Brandschüt-zern dienen. Nach einer kurzen Andacht spricht der Not-fallseelsorger Matthias Gottschlich über das Verarbeiten schwieriger Rettungseinsätze. Anschließend gibt es eine off ene Gesprächsrunde mit Imbiss auf dem Kirchvorplatz.www.MaGnI-kIRcHE.DE

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Für mehr als mich

Ich bin ein sucherEines weges.Zu allem was mehr istalsstoff wechselblutkreislaufnahrungsaufnahmeZellenzerfall.

Ich bin ein sucherEines wegesDer breiter istals ich.

nicht zu schmal.kein Ein-Mann-weg:aber auch keinestaubige, tausendmalÜberlaufene bahn.

Ich bin ein sucherEines weges.sucher eines wegesFür mehrals mich.

Günter kunert

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