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–– 75 (25. JULI BIS 4. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I JGW-SchülerAkademie Papenburg I Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland in Papenburg e.V. Die Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland in Papenburg liegt inmitten eines vor mehreren hundert Jahren trockengelegten Moorgebietes im nordwestlichen Nie- dersachsen. Sie wurde im Rahmen einer Beschäftigungsinitiative für ältere Langzeitar- beitslose konzipiert und erbaut. Besonderer Wert wurde dabei auf eine Energie und Ressourcen schonende Gestal- tung gelegt, was sich auch in der ungewöhnlichen und originellen Innengestaltung zeigt. Als anerkannte Heimvolkshochschule legt sie in ihrem eigenen Programm den Schwerpunkt auf politische und Umwelt-Bildung. Fortsetzung siehe Seite XXX

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(25. JULI BIS 4. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I

JGW-SchülerAkademie Papenburg I Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland in Papenburg e.V.

Die Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland in Papenburg liegt inmitten eines vor mehreren hundert Jahren trockengelegten Moorgebietes im nordwestlichen Nie-dersachsen. Sie wurde im Rahmen einer Beschäftigungsinitiative für ältere Langzeitar-beitslose konzipiert und erbaut.

Besonderer Wert wurde dabei auf eine Energie und Ressourcen schonende Gestal-tung gelegt, was sich auch in der ungewöhnlichen und originellen Innengestaltung zeigt. Als anerkannte Heimvolkshochschule legt sie in ihrem eigenen Programm den Schwerpunkt auf politische und Umwelt-Bildung.

Fortsetzung siehe Seite XXX

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I (25. JULI BIS 4. AUGUST 2015)

Programm

JGW-1.1 Mathematik der VorhersagenJGW-1.2 Auf Messers SchneideJGW-1.3 Von Dunkelstrom und LichtbrechungJGW-1.4 »Yes we can – be homo politicus!«JGW-1.5 Antikes Recht und antike Gerechtigkeit im Spiegel der

ModerneJGW-1.6 Im Spiegel der Geschichte

Akademieleitung

Nina Dengg (Jg. 1992) studiert Ur- und Frühgeschichte und Ethnologie an der Universität Heidelberg. Im Jahr 2010 nahm sie selbst im Kurs »Tierische Lebens-gemeinschaften in der Serengeti« an der JGW-SchülerAkademie in Papenburg teil und arbeitet seitdem mit Freude im SchülerAkademie-Team mit. Die Akade-mie 2015 stellt ihre erste Akademieleitung dar, weswegen sie sich unglaublich (vor)freut. Wenn sie sich nicht gerade mit fremden und vergangenen Kulturen beschäftigt, tummelt Nina sich in multimedialen, kulinarischen oder fantasti-schen Welten.

Josephine Diallo (Jg. 1988) studierte Politikwissenschaft und Menschenrecht in Freiburg und Paris. Derzeit arbeitet sie an ihrer Promotion über die kultur-sensible Implementierung von Menschenrechten. Seitdem sie im Sommer 2012 einen Kurs auf einer SchülerAkademie in Papenburg angeboten hat, engagiert sie sich begeistert im JGW-SchülerAkademie-Team. Sie wird 2015 das erste Mal eine Akademie leiten und freut sich bereits sehr auf diese spannende Aufgabe. In ihrer freien Zeit spielt Josephine mit ihrem kleinen Sohn, entdeckt unbe-kannte Orte in Berlin und spielt Gitarre.

Jan Thorben Wilkens (Jg. 1992) studiert nach seinem Freiwilligendienst in Haifa (Israel) Judaistik sowie Geschichte und Kultur des Vorderen Orients an der Freien Universität Berlin. 2010 besuchte er im Kurs »Von Göttern, Helden und anderen Komplexen – Auseinandersetzungen mit antiken Mythen« selbst eine JGW-SchülerAkademie. Seitdem lässt ihn die Faszination für dieses Projekt nicht mehr los und er freut sich nun auf seine zweite Akademieleitung. Die Frei-zeit verbringt er am liebsten in der Natur, in ein gutes Buch vertieft oder beim Ausprobieren neuer Rezepte für allerlei Köstlichkeiten.

Leitung kursübergreifende Musik

Feodora-Johanna Mandel (Jg. 1985) beendete ihr 2005 begonnenes Diplom-studium (Hauptfach Harfe) 2008 an der Musikhochschule München und wurde daraufhin in die Meisterklasse aufgenommen, die sie 2011 erfolgreich absolvier-te. Parallel dazu begann sie, Schulmusik zu studieren. 2014 schloss sie zudem den Studiengang Elementare Musikpädagogik ab. Als Harfenistin gewann sie zahlreiche nationale und internationale Preise. Von 2008 bis 2010 spielte sie in der Semperoper/Dresden. Seit 2013 unterrichtet sie als Lehrbeauftragte an der Musikhochschule München. Neben der Musik liebt sie das Tanzen. 2015 leitet

sie zum dritten Mal die KüA Musik.

Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland Spillmannsweg 3026871 Papenburgwww.hoeb.de

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(25. JULI BIS 4. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG IKurs JGW-1.1

Mathematik der VorhersagenWelches Problem ist schwieriger: Zwei zwanzigstellige Zahlen zu multiplizieren oder einen Hund von einer Katze zu unterscheiden? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt:

Ein Mensch hat typischerweise keine Schwierigkeiten da-mit, Dinge zu klassifizieren. Sein Organismus ist darauf ausgelegt, Muster wie »Freund – Feind«, »giftig – essbar« in Sekundenbruchteilen zu erkennen. Das Rechnen mit sehr großen Zahlen bereitet ihm jedoch viel Mühe.

Ein Computer ist eine spezialisierte Rechenmaschine. Da-her wird ihm die erste Aufgabe leicht fallen, die zweite Auf-gabe erfordert aber delikate Programmierung, die im Kurs nachvollzogen wird.

Weitere Mensch-Computer-Diskri-minanten oder dabei entstehende Fragestellungen könnten sein:• Woher weiß Amazon, welche

Bücher ich mag?• Woher kennt Facebook die Ge-

sichter meiner Freunde?

• Wie funktioniert Googles selbstfah-rendes Auto?

• Wie wird die handschriftlich ver-fasste Adresse auf meinem Brief von einem Computer verarbeitet?

• Wie kann ich aus den Ergebnissen eines Glücksspiels auf die Unfair-ness des Kasinos schließen?

Die Antwort zu diesen Fragen liegt in »Intelligenten Algorithmen«. Für diese benötigt man ana-lytische und numerische Methoden zur Optimierung und fundamental neue Denkansätze zur Problemlösung, etwa die probabilistische Modellierung, Bayessche Statistik oder sogar Topologie.

Traditionelle Algorithmen sind starre, auf eine spezielle Fragestellung zugeschnittene Methoden. Intelligente Al-gorithmen hingegen lernen selbstständig und verändern sich selbst, um problemadap-tiert arbeiten zu können.

Ingo Blechschmidt ( Jg. 1988) studierte Mathematik und promoviert nun an der Universität Augsburg. Er begeistert sich neben seiner Forschung auf den Gebieten der algebraischen Geometrie und kategoriellen Logik für die Vermittlung von Mathe-matik an Studierende in Übungen und Seminaren und an Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Augsburger Matheschülerzirkels. In seiner Freizeit engagiert er sich in der Open-Source-Bewegung, geht bergsteigen, fährt Ski und isst leidenschaftlich gerne die Spätzle von Philipp.

Philipp Düren (Jg. 1991) studierte Mathematik in Augsburg und promoviert dort aktuell auf dem Gebiet partieller Differentialgleichungen. Er war und ist Tutor und betreut Lehrveranstaltungen als Übungsleiter. Als Leiter einer Schülergruppe im Rahmen des Matheschülerzirkels der Universität Augsburg versucht er, seine Begeis-terung für die Mathematik auch Schülern weiterzugeben. In seiner Freizeit spielt er E-Gitarre, lernt Sprachen und befasst sich mit Astronomie und Elektrotechnik. Er kocht leidenschaftliche gerne Spätzle mit Linsen.

In diesem Kurs wird tief in diese Themen ein-gestiegen. Zuerst beschäftigt sich der Kurs mit notwendigen mathematischen Ideen: Differential- und Integralrechnung, Numerik (Newton-Verfahren und Singulärwertzerle-gung), Lineare Algebra (Vektoren und Matri-zen), Stochastik (Markovketten) und Optimie-rung (Gradientenabstiegsverfahren).Parallel soll die Implementierung von Me-thoden mithilfe von Python gelernt werden,

einer Programmiersprache, die vielerlei Anwendung in physikalischen Simulationen und kommerzieller Software-Entwicklung findet.

Tiefergehende Ansätze, die im Kurs betrachtet werden, sind • Neuronale Netze, ein neurologisch motiviertes Verfah-

ren zur Erkennung von Mustern in Daten;• Regression und Klassifikation, die iterative Algorithmen

zur Strukturierung von Daten und Vorhersage von zu-künftigen Ereignissen darstellen;

• und TF-IDF, eine Textabstandsfunktion, mit der man etwa Wikipedia-Artikel automatisiert nach ihrer Thema-tik sortieren kann.

Kursleitung

Spaß an mathematisch-logischer Denkweise wird vorausgesetzt, wenn auch tatsächliche mathematische Techniken, die über die Mittelstufe hinausgehen, nicht benötigt bzw. im Kurs eingeführt werden. Praktische Erfahrung mit dem Programmieren in einer beliebigen Sprache ist hilfreich, aber nicht notwendig.

So genannte Eigenziffern eines Modells zur Zif-fernerkennung, errechnet aus dem öffentlichen

MNIST-Datensatz (selbst erstellte Grafik).

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I (25. JULI BIS 4. AUGUST 2015)Kurs JGW-1.2

Auf Messers SchneideZelluläre (Fehl)entscheidungen und ihre Folgen

Der menschliche Körper besteht aus Billionen von Zellen, die sich alle aus einer einzigen Zelle entwickelt haben. Trotz dieses gemeinsamen Ursprungs erfüllen sie hunderte ver-schiedener Aufgaben: Sie bilden spezialisierte Gewebe und tragen so auf unterschiedlichstem Wege zum Überleben des Organismus bei. Doch woher weiß die Nervenzelle, dass sie ins Gehirn gehört? Warum greift das Immunsystem keine körpereigenen Substanzen an? Und was passiert, wenn diese Entscheidungsprozesse versagen?

Um diese und weitere Fragestellungen rund um zelluläre Ent-scheidungsprozesse geht es. Die Teilnehmenden erarbeiten im Vorfeld anhand von Fachpublikationen Grundlagen der Zell- und Entwicklungsbiologie. Während des Kurses wird dann insbesondere auf Struktur und Funk-tion von Zellen und ihren Organellen eingegangen und es wird so versucht zu verstehen, was eine Zelle benötigt, um ihre jeweilige Aufgabe zu erfüllen. Davon ausgehend setzt sich der Kurs mit den Entscheidungs-prozessen auseinander, denen eine Zelle unterliegt. Wann

bewegt sich eine Zelle, wie reagiert sie auf äußere Reize und wann spezialisiert sie sich?

Im Zentrum dieser Überlegungen steht der Zell-zyklus: Er beginnt mit einer durch Teilung neu entstandenen Zelle und beschreibt die relevanten Vorgänge in der Zelle und ihrem Kern bis zur er-neuten Teilung. Mit der Teilung können sich die entstehenden Tochterzellen verändern und neue Aufgaben übernehmen. Eine solche Spezialisierung von Zellen spielt insbesondere in der Embryonalentwicklung eine ent-scheidende Rolle: Nie sonst entwickeln sich Zellen so schnell in so vielfältige Richtungen. Dieser Vorgang ist naturgemäß äußerst komplex und bedarf einer engen Kontrolle, ohne die

vielzelliges Leben nicht möglich ist.

Mit Beispielen aus Kli-nik und Grundlagen-

forschung werden die Auswirkungen von Deregulation und fehlender Kontrolle diskutiert. Die Teilnehmenden setzen sich dabei beispielsweise mit Autoimmunreaktionen und neuro-

Katharina Becker ( Jg. 1991) studiert Molekulare Biotechnologie in Heidelberg. Nach dem Abschluss ihres Bachelorstudiums verbrachte sie sechs Monate am Karolinska In-stitutet in Stockholm (Schweden), um sich mit translationaler Biomedizin zu beschäfti-gen. Anschließend kehrte sie nach Heidelberg zurück, um ihr Masterstudium mit dem Hauptfach Wirkstoffforschung abzuschließen. Neben dem Studium verbringt sie kalte Winternächte vor dem Fernseher, warme Sommertage im Freien und bereitet sich inten-siv auf die Akademie vor.

Lorenz Wüsthof (Jg. 1992) begann nach dem Abitur in Berlin das Physikstudi-um in Heidelberg. Nach Kursen und Projekten in der medizinischen Biophysik begann er, zusätzlich Medizin zu studieren. Mittlerweile hat er das Physikstudi-um mit dem Bachelorgrad abgeschlossen und befindet sich im klinischen Teil des Medizinstudiums. Außerhalb des universitären Alltags spielt er Klavier und übt sich in klassischem Gesang.

degenerativen Erkrankungen auseinander. Anhand von Fall-beispielen werden die zugehö-rigen Entstehungsmechanismen erarbeitet und deren gesundheit-liche Konsequenzen beleuchtet. Darauf aufbauend versuchen die Teilnehmenden Wege zu finden, auf molekularer Ebene in den

Krankheitsverlauf einzugreifen. Die so entwickelten Therapie-konzepte werden abschließend auf einem wissenschaftlichen Poster festgehalten und dem gesamten Kurs präsentiert.

Ziel dieses Kurses ist es, molekularbiologisches Detailwissen zu erarbeiten, ohne die medizinische Relevanz aus den Augen zu verlieren. Dabei wird sich maßgeblich an den Interessen der Teilnehmenden orientiert und der Kurs ist insbesondere auf aktive Mitgestaltung durch sie angewiesen.

Kursleitung

Voraussetzung für die Kursteilnahme ist, neben Interesse am Thema und hoher Motivation, die Bereitschaft, sich auch im Vorfeld mit englischsprachiger Fachliteratur zu beschäftigen.

Rasterelektronenmikrografie einer apostolischen HeLa-Zelle. National Institutes of Health (NIH)

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(25. JULI BIS 4. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG IKurs JGW-1.3

Von Dunkelstrom und Lichtbrechung Die Physiologie des Sehens

Wie detektiert unser Auge das Licht? Wohin werden die-se Informationen weitergeleitet, wie wird ein Bild in der Gehirnrinde verarbeitet – und wie kann unser Gehirn Formen und Farben unter-scheiden? Warum und unter welchen Umständen verändert sich die Größe der Pupillen? Und wie berechnet man eine Brille?In diesem Kurs geht es um die Frage, wie ein »Bild«, also ein optischer Sinneseindruck, von der Hornhaut über Linse, Netzhaut und Sehbahn bis in die Tiefen des Gehirns und damit das Bewusstsein vor-dringt, an welchen Stellen es verarbeitet wird und was dabei alles schief gehen kann. Dabei wird das Auge als komplexes Organ mit seinen verschie-

denen Bestandteilen (Nerven, Muskeln, Blutgefäßen etc.) und deren Zusammenspiel vorgestellt. Insbesondere wird

auf biochemische Vorgänge der Signalverarbeitung und -weiterleitung in der Netzhaut eingegangen, bei-spielsweise die Membranveränderungen von erregten lichtempfindlichen Rezeptoren. Weiterführend wird betrachtet, welche Teile des Gehirns mit der Verar-beitung visueller Reize beschäftigt sind, wie kooperie-rende Nervenzellen dort angeordnet sind und welche Antwortmuster sie erzeugen. Dadurch wird aufge-klärt, wie räumliches Sehen, Farbsehen, Formerken-nung sowie andere höhere Verarbeitungen (beispiels-weise Gesichtserkennung) möglich sind. Zusätzlich werden grundlegende Prinzipien der Lichtbrechung und ihre Auswirkungen auf das Sehvermögen an ver-schiedenen Beispielen wie Nah- und Fernsichtigkeit, Sehschärfe etc. geklärt.

Im Rahmen von Refera-ten, Experimenten und Gruppenarbeiten erler-nen die Teilnehmenden so die Funktionsweise des visuellen Systems.

Juliane Jäpel-Schael (Jg. 1988) studierte Biomedizin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Seit 2011 ist sie Doktorandin am Max-Planck-Institut für Neurobiologie und beschäftigt sich dabei mit strukturellen Mechanismen von Plas-tizität. Sie leitete bereits zweimal einen Kurs bei einer JGW-SchülerAkademie und war danach intensiv in verschiedenen Funktionen an der Vorbereitung der JGW-SchülerAkademien beteiligt, so dass sie sich jetzt sehr darauf freut, wieder einen Kurs geben zu können. In ihrer Freizeit geht sie gerne ins Kino, spielt Gesellschafts-spiele, oder liest.

Caroline Wacker (Jg. 1993) wurde in Erlangen geboren und studiert dort Humanme-dizin an der Friedrich-Alexander-Universität. 2010 war sie begeisterte Teilnehmerin im Kurs »Von kleinen Welten zu großen Netzwerken« in Papenburg und engagiert sich seitdem mit viel Freude für die JGW-SchülerAkademien. Auf der Akademie 2015 wird sie ihre erste Kursleitung übernehmen und freut sehr darauf, mit Juliane zusam-menzuarbeiten. Wenn sie ein bisschen Zeit übrig hat, liebt Caroline es, Saxofon oder Klavier zu spielen, in Konzerte zu gehen oder gute Gespräche zu führen.

Durch klinische Fallbeispiele werden in einer ausführlichen Gruppenarbeit anhand der im Kurs erarbeiteten Kenntnisse einige Krankheiten aus der Au-genheilkunde und Neurologie, zum Beispiel Rindenblindheit und Gesichtsfeldausfälle, erläutert und anschaulich ge-macht.

Kursleitung

Zeichnung der Retina von Santiago Ramon y Cajal, 1900. Quelle: Wikipedia

Spezielle Vorkenntnisse werden nicht benötigt, jedoch ist Interesse an der Auseinandersetzung mit komplexen bio-chemischen und physiologischen Zusammenhängen wich-tig. Im Vorfeld erhalten die Teilnehmenden Unterlagen, um ein Referat vorzubereiten. Teilnehmende sollten bereit sein, (zum Teil englische) Fachtexte zu erarbeiten.

Abbildung des dreidimensionalen Raums auf der Retina, modifiziert von www.dasGehirn.info – ein Projekt der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Neurowissenschaftlichen Gesellschaft e. V. in Zusammenarbeit mit

dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I (25. JULI BIS 4. AUGUST 2015)Kurs JGW-1.4

»Yes we can – be homo politicus!«Politische Psychologie von Volksidentität bis Kosmopolitismus

Wahlkämpfe, internationale Diplomatie, ideo-logische Debatten, PEGIDA-Demonstrationen – Politik wird von Menschen gemacht. Doch die Politikwissenschaft versteht das politische Subjekt eher als Element denn als Mensch. Emotionen, Identitäten und Kognition spielen eine untergeordnete Rolle. Dieser Kurs schaut sich diese Lücke genauer an und beschäftigt sich mit der Politischen Psychologie. Politische Psychologie untersucht dabei das Zusammen-spiel subjektiver Orientierungen, Motivationen, Handlungsbereitschaften und gesellschaftlicher Herrschafts- und Machtverhältnisse.

Einleitend werden mit Kurzreferaten einschlä-gige Grundbegriffe, wie Politik, Psychologie, Identität, Volk und Emotion, geklärt. Im Hauptteil des Kurses werden vier Bereiche beispielhaft durch die Brille der Politischen Psychologie bearbeitet, wobei das Thema der Identität im Zentrum steht. Im ersten Teil geht es um den Wahlkampf als politische und psychologische Methode

zur Beeinflussung der Wählermei-nung. Welche Mechanismen spie-len eine wichtige Rolle, wenn wir uns Wahlplakate anschauen oder politische Reden im Wahlkampf anhören? Was steckt hinter der »Yes we can«-Mentalität des Wahl-kampfes Obamas 2008? Gleich-zeitig wird die politische Funktion des Wahlkampfes thematisiert und der Frage nachgegangen, welchen Einfluss Parteienideologien auf die politische Identitätsbildung haben, getreu dem Motto: »Wer bin ich, und wenn ja, wen wähl‘ ich?«

Wenn es darum geht, wie sich unsere persönliche Identität entwickelt, spielen auch andere Fragen eine wichtige Rol-le. Neben entwicklungspsychologischen Faktoren haben vor allem sozio-kulturelle Einflüsse eine große Bedeutung für die Ausformung unserer Identität. In welchen Grup-pierungen und Strukturen fühlen wir uns geborgen? Wie

Annika Benz (Jg. 1992) studiert Klinische Psychologie an der TU Dresden. Nachdem sie 2010 im Kurs »Von Göttern, Helden und anderen Komplexen – Auseinanderset-zung mit antiken Mythen« selbst Papenburger Akademieluft schnuppern durfte, ist sie schon jetzt im Akademiefieber und freut sich auf ihre erste Kursleitung. Mit Michael verbindet sie nicht nur die Begeisterung für politisch-psychologische Themen, son-dern auch die Wanderlust und die Posaune. Daneben ist sie in ihrer Freizeit immer viel beschäftigt, beim Kochen mit Freunden, Lesen an der Elbe und Genießen der kulturellen Vielfalt Dresdens.

Michael Puntschuh ( Jg. 1992) studierte Internationale Beziehungen in Dresden und Moskau (Russland) und absolviert dieses Jahr diverse Praktika. Die JGW-Schü-lerAkademie 2010 und der Kurs »Erfunden, konstruiert oder naturgegeben? – Die Nation und ihre theoretischen Grundlagen« waren für ihn eine faszinierende Er-fahrung. Er freut sich nun sehr, gemeinsam mit Annika erstmals einen Kurs selbst durchzuführen und so andere ein wenig für Politische Psychologie zu begeistern. In seiner Freizeit engagiert sich Michael politisch, fährt gerne Rad, wandert und spielt Posaune.

viel Lenkung und Sicherheit von außen ist notwendig, um nach Selbstbestimmung zu streben? Solche Überlegungen zum Verhältnis des Individuums zur Herrschaft stehen im zweiten Kursteil im Mittelpunkt.

Daran anschließend beschäftigen sich die Teilnehmenden im dritten Themenblock mit der Frage der Identität bei rechtsextremen/xenophoben Gruppen. Dabei wird disku-tiert, was Rechtsextremismus politisch ist und wie psycho-logische Mechanismen, wie Identität, Nationalismus, Angst und (Fremden-)Hass, ineinander greifen.

Zum Abschluss stehen kosmopolitische Fragestellungen im Fokus. Dabei wird die aktuelle Realität der internationalen Beziehungen möglichen (psychologischen) Konzepten ei-ner globalen Identität gegenübergestellt. Kann ein Mensch sich als Weltbürger fühlen oder mehrere Identitäten paral-lel haben?

Der Kurs betrachtet und kontrastiert die politikwissen-schaftliche und die (politisch-)psychologische Sichtweise auf die verschiedenen Problematiken. Es wird damit für das Konzept der Identität multi- und interdisziplinäres Ar-beiten beispielhaft erprobt. Die Kursarbeit wird sowohl aus Kurzreferaten und gemeinsamem Lesen von Fachliteratur als auch aus Diskussionen und praktischen Modulen, wie z. B. rhetorischen Analysen, bestehen.

Kursleitung

Plakat im Wahlkampf Obamas 2008. Quelle: wikimedia.com (CC BY)

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(25. JULI BIS 4. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG IKurs JGW-1.5

Antikes Recht und antike Gerechtigkeit im Spiegel der ModerneDie »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte« aus dem Jahr 1948 als ausdrückliches Bekenntnis der Vereinten Nationen zu den Grundsätzen der Menschenrechte gilt als eines der zentralen Rechtsdokumente in der Geschichte der Menschheit.

Zwar finden sich erste Postulate der »Allgemeinen Men-schenrechte« schon im 6. Jahrhundert v. Chr. auf dem altpersischen Kyros-Zylinder oder in der Unabhängig-keitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika von 1776, doch unterschiedliche Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit verhinderten lange Zeit die Erschaffung und Verankerung derartiger universeller Rechtsdokumente wie der oben genannten Menschenrechtscharta. So existierten seit jeher in unterschiedlichen Kulturkreisen (geographisch und zeitlich) auch unterschiedliche Rechtsvorstellungen, die uns aus heutiger Sicht oftmals schwer verständlich und unzugänglich erscheinen.

Auch die als »Wiege der Kultur« bezeichnete griechisch-römische Antike, die uns in vielen Dingen zum Vorbild

gereicht, unterscheidet sich im Bereich von Recht und Gerechtigkeit an vielen Stellen elementar von unseren heutigen Vorstellungen.

Die kritische Auseinandersetzung mit diesem Spannungsfeld steht nun im Zentrum des Kurses. Dabei werden die Gemeinsamkeiten, besonders aber die Unterschiede zu unserem heutigen Rechts- und Gerechtigkeitsverständnis aufgezeigt und kritisch betrachtet bzw. hinterfragt. Wieso gab es und wie wurden unterschiedliche Rechts-vorstellungen gerechtfertigt (z.B. über die Stellung von Männern, Frauen, Sklaven)? Wie entwi-ckelten sich antike und moderne Rechtsvorstel-lungen? In welchen historischen Kontexten entstanden die Rechtsvorstellungen? Welche Rechtsvorstellungen wurden in der Moderne übernommen, welche nicht? Wie geht man mit anderen Rechtsvorstellungen um?

Der Kurs vermittelt nicht nur einen grundlegenden Über-blick über das Recht in griechisch-römischer Zeit, sondern regt auch zu einer kritischen Auseinandersetzung mit antiken Rechtsvorstellungen an. Grundlegende Fragen des

Martin Seiferth (Jg. 1981) studierte nach einer Berufsausbildung und einem Meisterab-schluss Rechtswissenschaften und Internationales Recht in Jena, Gießen, Athen (Grie-chenland), Suwon (Südkorea) und Marburg. Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Justus-Liebig-Universität Gießen tätig und promoviert seit 2014 an der Leibniz Universität Hannover. Im Moment befindet er sich zwecks Master of Laws an der University of Wisconsin in Madison und ist dort zugleich als Research Assistent angestellt. In seiner Freizeit besucht er David in Trier oder reist durch die Weltgeschichte.

David Weidgenannt ( Jg. 1987) studierte Klassische Archäologie, Geschichte und Klassische Philologie an den Universitäten Trier, Athen (Griechenland) und Cambridge (Großbritannien). Seit 2014 ist er Lehrbeauftragter (Geschichte und Latein) und wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Trier. Neben der Ar-beit an seiner Dissertation hört er gerne zeitgenössische Musik, übt sich im Ko-chen und besucht gerne Kunstausstellungen. Er freut sich sehr, auf der Akademie mit engagierten Leuten interdisziplinär zu arbeiten und ihnen die Vielfalt seines Faches zu zeigen.

gesellschaftlichen Zusammenlebens werden ebenso thema-tisiert, wie die Frage nach dem Umgang mit dem »Ande-

ren«. Dies schließt einen reflektierenden Zugang zur heutigen Zeit ein. Am Kursziel orientiert sich auch die Gliederung des Kurses. Die Teilnehmenden erhalten neben Grundlagenwissen zum antiken Recht und seiner Genese einen Einblick in die antike Gesellschaftsstruktur und Ge-schichte. . Ergänzend hinzu kommen dem Kursziel dienende Informationen über Rechtsphilosophie und Rechtstheorie als Grundlagendiziplinen der Rechtswissen-schaft. In einem zweiten Schritt werden selbständig ausgewählte antike und mo-derne Rechtsquellen in unterschiedlichen

Arbeits- und Sozialformen bearbeitet und diskutiert. Im Zentrum steht diesbezüglich die diskursive Auseinander-setzung mit Recht und Gerechtigkeit.

Die Teilnehmenden müssen keine spezifischen Vorkennt-nisse mitbringen. Latein- und/oder Griechischkenntnisse sind von Vorteil aber für die Teilnahme am Kurs nicht vorausgesetzt.

Kursleitung

Münze des Probus (276–282) mit der Darstellung der Dikaiosyne

(Milne 4522). Quelle: http://tinyurl.com/kskrbee

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG I (25. JULI BIS 4. AUGUST 2015)Kurs JGW-1.6

Im Spiegel der GeschichteDas 14. Jahrhundert in Italien

Themen des Kurses sind Entwicklungslinien des Huma-nismus (lat. humanitas »das Menschengemäße«) in der Ideengeschichte, Kunst und Kultur des 14. Jahrhunderts in Italien. In dieser Zeitspanne wird der Mensch neuartig wahrgenommen, wovon die Werke von Giotto und Pisa-no, Dante und Petrarca Zeugnis geben. Auch gewinnt die fiktionale Wiedergabe von Natur und Raum an Bedeutung, in einer Hinwendung zum Menschen werden Erzählung, Subjektivität und emotionaler Ausdruck in neuartiger, re-alistischer Weise thematisiert. Zugleich spielt im Trecento der Gedanke einer Schwellenzeit zwischen Vergangenheit und Gegenwart eine besondere Rolle. Durch die Auseinan-dersetzung mit antiken Texten begreift sich der Mensch nun stärker als handelndes Subjekt der Geschichte. Hier entsteht erstmals der Begriff des »Mittelalters« als Ab-grenzungsfläche zu einer als neu empfundenen Zeit, die sich bewusst und direkt auf die Antike als normbildende Vergangenheit bezog. »Authentizität« wurde besonders wichtig und führte zu einer steigenden Beschäftigung mit erhaltenem antiken Schrifttum. Um die geistesgeschicht-lichen Entwicklungen und die sich verändernde Vorstel-lung von Individualität nachvollziehen zu können, ist auch

eine Auseinandersetzung mit philosophischen Strömungen und Ideen nötig. Im Gegensatz zur mittelalterlichen Welt verschob sich das ideelle Bezugssystem von der Religion in Richtung Antike und ihrer Schriften; die für die mittel-alterliche Scholastik bedeutsame Betonung der Logik und Metaphysik wich einer stärkeren Hinwendung zu Fragen von Ethik und Tugend.

Untersucht wird im Kurs aus der Fachperspektive der Ge-schichte und Kunstgeschichte, welche Rolle die Wahrneh-mung der eigenen Geschichtlichkeit bei der Herausbildung des modernen Individuums spielte, wie aus dem Rückgriff auf die Vergangenheit überhaupt etwas Neues entstehen konnte und auf welche Weise geschichtlicher Wandel wahrgenommen werden kann.

Methodisch wird sich diesem Themenfeld auf verschiedene Weise angenähert: Über künstlerische Zeugnisse, litera-rische Werke, die Auseinandersetzung mit philosophischen Ideen und historiographischen Ansätzen – so soll sich ein lebendiges und dichtes Bild dieser Zeit ergeben. Dazu werden Einblicke in historisches/kunsthistorisches Arbei-ten, Stilcharakteristika und geschichtswissenschaftliche Theorien ebenso gegeben wie ein ereignisgeschichtlicher

Isabella Augart (Jg. 1983) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstgeschicht-lichen Seminar der Universität Hamburg und forscht zur Nachahmung von Na-turmaterialien in der italienischen Renaissance. Sie studierte Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in Berlin, Rom (Italien) und Oxford (Großbritannien) und promovierte 2014. In ihrer Freizeit begeistert sie sich für Kunst und Natur, macht Rucksackreisen in Lateinamerika und Asien und kocht gerne mit guten Freunden. Sie freut sich darauf, nach 2013 zum zweiten Mal einen Kurs gemeinsam mit Nadi-ne zu leiten.

Nadine Holzmeier ( Jg. 1979) ist Doktorandin im Fach Mittelalterliche Geschichte und beschäftigt sich mit spätmittelalterlicher Weltchronistik des 13. und 14. Jh. For-schungsschwerpunkte sind vormoderne Vorstellungswelten von Zeit und Geschicht-lichkeit sowie Formen des Umgangs mit (religiöser) Fremdheit. Sie studierte Kultur-wissenschaften, Geschichte der Europäischen Moderne sowie Medieval Studies in Hagen und York (Großbritannien). Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit Familie, Freunden, Sport und Musik. Und sehr gerne wieder gemeinsam mit Isabella auf einer SchülerAkademie.

Überblick zum 14. Jahrhundert in dieser Region. Die Teil-nehmenden werden in Kurzreferaten, Diskussionen und Gruppenprojekten die Inhalte erarbeiten und vertiefen. Ergän-zend dazu werden wissenschaftliche Fachtexte gelesen, die einen Einblick in die Fragehorizonte und Arbeitsmetho-den der historischen Kulturwissenschaften ermöglichen.

Der Kurs lebt vom Spaß und Interesse an historischen Fragestellungen und der Neugier auf neue Perspektiven. Es sind keine besonderen Voraussetzungen oder Sprach-kenntnisse nötig.

Kursleitung

Giotto, Allegorie der Prudentia, 1306, Padua, Cappella Scrovegni. Bildnachweis: Prometheus

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(5. BIS 15. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG II

(Fortsetzung von Seite XXX)

Das Areal ist harmonisch in die Landschaft eingebettet. Von der Straße ist es durch einen sanften Hügelwall getrennt, auf dessen Innenseite sich Haupthaus und zahlrei-che kleinere Gebäude befinden. Fast alle Häuser haben eigene Wintergärten, in denen es neben den landesüblichen Pflanzen auch zahlreiche exotische Gewächse wie Aloe vera, Kumquats und Palmen gibt. Die Flure im Haupthaus öffnen sich allesamt auf den großen Wintergarten, der wiederum auf den vorgelagerten See blickt. Dieser wird aus einem über das Gelände der Bildungsstätte verlaufenden Bach gespeist und lädt zu Fahrten mit dem Boot ein. Das komplette Haus steht für die Akademie zur Verfü-gung.

Fortsetzung siehe Seite XXX …

JGW-SchülerAkademie Papenburg II Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland in Papenburg e.V.

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG II (5. BIS 15. AUGUST 2015)

Programm

JGW-2.1 Dem Computer Augen gebenJGW-2.2 Konstruktionsmethodik JGW-2.3 Mikro-Evolution im KörperJGW-2.4 Umwelt-BewusstseinJGW-2.5 BegabungJGW-2.6 Musik und Gender

Leitung kursübergreifende Musik

Benjamin Wankmüller (Jg. 1990) nahm 2008 selbst an einer JGW-Schüler-Akademie im Seminarkurs über die Physik der Musik teil. Im Anschluss an das Abitur absolvierte er ein Freiwilliges Ökologisches Jahr am Bodensee. Nach ei-nem einjährigen Studienaufenthalt in Stockholm (Schweden) setzt er nun sein Musikstudium im Lehramt mit Hauptfach Violoncello sowie im Bachelor mit Musiktheorie/Gehörbildung in Mannheim fort. Neben seiner Begeisterung für Musik, vor allem für Chormusik und Musiktheorie, interessiert er sich für Öko-logie und treibt leidenschaftlich jegliche Arten von Sport.

Historisch-Ökologische Bildungsstätte Emsland Spillmannsweg 3026871 Papenburgwww.hoeb.de

Akademieleitung

Clara Hillebrecht ( Jg. 1992) nahm 2010 an einem politikwissenschaftlich-historischen Kurs einer JGW-SchülerAkademie in Papenburg teil. Seit Winter 2011 ist sie im JGW-Sponsoring-Team und freut sich nun auf ihre erste Akade-mieleitung in Papenburg. Sie studiert Geschichte und Anglistik an der Univer-sität Freiburg i. Br. und wenn ihr daneben noch Freizeit bleibt, spielt sie Cello, liest und reist gern.

Myriam Koch (Jg. 1984) studierte Elektrotechnik an der RWTH Aachen. Mo-mentan promoviert sie am Institut für Hochspannungstechnik an der ETH Zü-rich (Schweiz) über die Modellierung von Gasdurchschlägen. Bei ihren Experi-menten kann es dabei auch mal laut knallen. Wenn die Zeit es erlaubt, macht sie gern Musik, treibt Sport oder reist durch die Gegend. Ein gutes Buch kann sie aber durchaus mal von allem anderen abhalten. Nachdem sie in den letzten drei Jahren interessante Kurse geleitet hat, freut sie sich in diesem Jahr auf die Premiere als Akademieleiterin.

Philipp Möller (Jg. 1992) kommt aus Burgdorf bei Hannover. Seit seinem Ab-itur studiert er Mathematik an der Georg-August-Universität in Göttingen und beschäftigt sich vornehmlich mit stochastischen Prozessen. In seiner Freizeit macht er gern Sport jeder Art, liest Romane, geht Tanzen oder kocht mit Freun-den. 2010 nahm er am Kurs »Von kleinen Welten zu großen Netzwerken« in Papenburg teil. Seitdem war er in verschiedenen Funktionen an der Vorberei-tung von JGW-SchülerAkademien beteiligt und freut sich nun auf seine zweite Akademieleitung.

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(5. BIS 15. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG IIKurs JGW-2.1

Dem Computer Augen geben Digitale Bildanalyse für interaktive Steuerungen

Vor 20 Jahren konnten Computer nur jeweils einen Einga-bepunkt erkennen und verstehen: den Mauszeiger. Heute erweitern Wii, Kinect und Webcams die Interaktion mit Computern über den Bildschirm hinaus in den physischen Raum. Hierdurch werden wesentlich komplexere, aber auch intuitivere Mensch-Computer-Interaktionen möglich. Damit Computer mit der gestiegenen Bandbreite an Einga-bekanälen umgehen können, sind effiziente Algorithmen zur Datenverarbeitung nötig. Besonders in den letzten Jah-ren ist die computergestützte Bildanalyse zu einem wich-tigen Feld in der Forschung und der Industrie geworden, zum Beispiel bei Fahrerassistenzsystemen oder der automa-tisierten Qualitätskontrolle.

Inhalt des Kurses ist, auf welche Weise Computer die großen Eingabeströme aus Bildquellen verstehen und wie ein solches System kon-struiert werden kann.

Zu Beginn werden die Datenformate untersucht, in denen die Bildinformationen einer Webcam vorlie-gen. Anhand dieser Analyse werden auch theoretische Grundlagen diskutiert. Im Verlauf des Kurses werden Algorithmen entwickelt, die diese Bildinformationen schrittweise transformieren und interpretieren. Im Rahmen von Gruppenarbeiten und Vorträgen werden sowohl Techniken wie Bild-Konvolutionen, Integralbilder und Thresholding zur Vorverarbeitung der Daten als auch darauf aufbauende Entscheidungen mittels Feature Ex-traction und Ereignisklassifikation erarbeitet. Damit eine nutzerfreundliche und ruckelfreie Interaktion überhaupt möglich wird, spielt die Effizienz eine wichtige Rolle.

Die praxisnahe Arbeit an Programmierprojekten bildet einen besonderen Schwerpunkt im Kurs. Die besprochenen Techniken und Theorien werden da-bei Schritt für Schritt nach-

vollzogen und greifbar gemacht. Am Ende werden diese gelernten Algorithmen und Herangehensweisen in einem

Norman Rzepka (Jg. 1991) wurde in Dresden geboren und studiert jetzt IT-Systems Engineering am Hasso-Plattner-Institut (HPI) Potsdam. Neben dem Studium gründete er mit Kommilitonen das Softwareunternehmen scalable minds. 2008 war er begeisterter Teilnehmer der JGW-SchülerAkademie in Pa-penburg. Seit 2010 engagiert er sich im Vorstand von JGW und bei den Stu-dentenklubs am HPI. In seiner Freizeit reist er gern mit Freunden um die Welt und spielt Ultimate Frisbee.

Christoph Sterz (Jg. 1990) ist Masterstudent für IT Systems Engineering am Hasso-Platt-ner-Institut Potsdam. Er betreute Veranstaltungen im Bereich Mensch-Maschine-Schnitt-stellen und verfasste als Mitautor mehrere Publikationen, die er auf internationalen Kon-ferenzen vorstellte. Im Studium vertieft Christoph die Themen Computervision, Musterer-kennung und Robotik. Er interessiert sich für alle Bereiche der Naturwissenschaften, wes-halb er in einem Sommerpraktikum am CERN arbeitete. Seine Freizeit verbringt Christoph in der Küche, am Klavier und ehrenamtlich in Programmierkursen für Kinder.

Projekt – beispielsweise einer gestenbasierten Computersteuerung – zu-sammengesetzt.

Weil ein gutes Compu-terprogramm nicht nur

vom Computer, sondern auch vom Teamkollegen verstan-den werden muss, wird auch auf die Software-Projektent-wicklung näher eingegangen: von verteilter Quellcodever-waltung über grundlegende Architekturkonzepte bis hin zu Konventionen, die Codes lesbarer machen. Fortlaufend werden wichtige Abwägungen diskutiert, sodass eine erste Intuition für Entscheidungen in der Softwaretechnik entwi-ckelt wird.

Technologieentwicklung ist immer auch ein Strukturver-stärker – durch den Einsatz von automatisierter Bild- und Datenanalyse im großen Stil können immer mehr Faktoren in computergesteuerte Entscheidungsprozesse einfließen. Neben den technischen Fragestellungen werden im Kurs auch die Implikationen auf die Gesellschaft und Privat-sphäre diskutiert.

Kursleitung

Webcambild nach Konvolution

In Vorbereitung auf den Kurs werden die nötigen mathematischen Grundlagen anhand des zur Verfügung gestellten Materials er-arbeitet. Erste Erfahrungen mit der Programmierung werden erwartet. Spezifische Kenntnisse von Programmiersprachen oder Technologien sind aber nicht notwendig.

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG II (5. BIS 15. AUGUST 2015)Kurs JGW-2.2

Konstruktionsmethodik Von der Idee zum Produkt

Erfinden und konstruieren können wie Daniel Düsentrieb ist der Traum vieler. Doch wie diese tollkühnen Konstruk-tionen in der Regel enden, ist den meisten auch bekannt. Allzu verrückte Funktionen, die ohne genauere Planung umgesetzt werden und keine Kontrolle durch andere Ex-perten erfahren, führen meist dazu, dass sich die Maschine nach einem kurzen Probelauf wieder in ihre Einzelteile zer-legt oder gar dem Erfinder und anderen gefährlich wird – und solche Szenarien sind bei dem Genie aus Entenhausen bekanntermaßen leider an der Tagesordnung.

In diesem Kurs wird thematisiert, wie man durch syste-matisches Konstruieren im Team solche Katastrophen ver-meiden kann. Denn Genialität alleine führt meist nicht ans Ziel. Erst wenn man geordnet die Expertise vieler bündelt, erzielt man die besten Ergebnisse.

Im Kurs wird der Konstruktionsprozess mit der Ideenfin-dung begonnen, die sich aufgliedert in das Finden und Sammeln von Ideen. Den nächsten Schritt wird das Ord-nen und Sortieren derselben darstellen – was ein wichtiger Schritt für das weitere systematische Vorgehen ist und den

Unterschied zu Daniel Düsentriebs Arbeits-weise ausmacht.

Danach werden Entwurfstechniken erlernt, um Ideen für einzelne Funk-tionen kombinieren zu können. Da das Entwickelte schlussendlich auch anderen Personen ohne Missverständnisse vermittelt werden soll, wird die Beschäf-tigung mit der Zeichnungserstellung folgen.

Um einen stetigen Ideenaustausch sicherzustellen und ein produktives Arbeitsumfeld zu schaffen, wird das Arbeiten im Team mit all seinen Herausforderungen praktiziert. Grundlegende Fertigkeiten von Kreativitätstechniken, dem Verständnis und der Anwendung von Grundelementen der Konstruktion bis hin zur Zeichnungserstellung werden in Gruppen erarbeitet und gemeinsam umgesetzt.

Julian von Lautz (Jg. 1986) hat Maschinenbau mit Vertiefung Materialwis-senschaften in Braunschweig, Linköping (Schweden) und Waterloo (Kanada) studiert. Zurzeit promoviert er am Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik in Freiburg über dünne Diamantschichten. In seiner Freizeit kocht er gern, streitet im Debattierclub und engagiert sich in der politischen Jugendbildung bei DMUN (Deutsche Model United Nations e.V.). 2004 nahm er in Roßleben selbst an einer DSA (Deutschen SchülerAkademie) teil und ist seitdem begeis-tert im Ehemaligenverein aktiv, wo er auch Sophie kennenlernte.

Sophie Schackert ( Jg.1991), die sich bereits in ihrer Kindheit mit der Konstruktion von Maschinen aus Papier und Klebefilm beschäftigte (dabei jedoch ein ähnliches Vorgehen wie Daniel Düsentrieb an den Tag legte), führte diese Leidenschaft nach dem Abitur fort und studierte am Karlsruher Institut für Technologie Maschinenbau mit Vertiefung Material-wissenschaften. 2005 durfte sie an der JuniorAkademie Rheinland-Pfalz teilnehmen und leitete 2013 das erste Mal einen Kurs bei einer SchülerAkademie. Ihre Freizeit nutzt sie zum Reisen, Basteln, Lesen, Kochen oder am liebsten für ihre große Passion: die Fliegerei.

Abgerundet wird die Methode durch eine Einführung in CAD (computer-aided de-sign), die die grundle-genden Funktionen und Potenziale der compu-terunterstützten Kon-struktion aufzeigt.

Nachdem die fundamentalen Arbeitstechniken erarbeitet wurden, setzen sich die Teilnehmenden selbstständig mit einem Projekt auseinander und konstruieren in Gruppen eine Maschine. Dabei wird die zuvor gelernte systematische Vorgehensweise angewendet. Das Ziel ist, dass am Ende des Kurses jede Gruppe eine funktionsfähige Maschine ent-worfen hat und diese vielleicht sogar (zumindest in Teilen) baulich umsetzen konnte. Wenn Daniel Düsentrieb diesen Kurs besuchen würde, könnte er seine Genialität systematisch bündeln und so sichere und (fast) immer funktionierende Erfindungen machen.

Kursleitung

Explosionszeichnung einer Fahrradschaltung

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(5. BIS 15. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG IIKurs JGW-2.3

Mikro-Evolution im KörperDas Immunsystem

Ein winziger Schnitt in die Haut: Bakterien und Viren gelangen in unseren Körper. Ohne ein funktionierendes Abwehrsystem könnte so eine Verletzung tödlich enden. Unser Immunsystem schafft es jedoch, den Großteil aller Eindringlinge zu eliminieren. Wie funktioniert das?

Die Grundlage einer funktionierenden Abwehr ist das gezielte Erkennen der Eindringlinge bei gleichzeitigem Schutz des körpereigenen Gewebes. Dies erfordert äußerst spezialisierte Zellen, die über eine gezielte Selektion dafür ausgebildet werden. Hierfür benötigt der Körper ein hoch-präzises Zusammenspiel verschiedenster Zelltypen mit un-terschiedlichen Funktionen – ein Thema für die Kursarbeit. Dafür werden zunächst evolutionär sehr alte Immunme-chanismen betrachtet, die von Bakterien bis zum Menschen als sogenanntes unspezifisches System eine essenzielle Rolle spielen. Ist »unspezifisch« aber auch wirklich so unspezifisch? Darauf aufbauend wird das Orchester der spezifischen Immunabwehr mit B- und T-Zellen studiert und Interaktionspunkte zwischen und innerhalb dieser beiden Systeme gesucht. Hierbei wird die Frage disku-

tiert, wie Angepasstheit entstehen kann. Wie werden passende und unpassende Zellen se-lektioniert? Was triggert die Mikro-Evolution im Körper?

Doch was passiert, wenn das Immunsystem verrückt spielt? Basie-rend auf den zellbiolo-gischen Mechanismen wird damit die Frage nach den Konsequenzen einer unzureichenden oder überschüssigen Immunantwort gestellt: Warum sind HI- oder Ebola-Viren so schädlich? Wodurch entstehen Autoimmunkrankheiten wie zum Beispiel »systemischer Lupus erythematodes« oder »Atherosklerose«? Wo kann man präventiv, diagnostisch oder therapeutisch ansetzen?

Uta Hardt (Jg. 1990) ist gebürtige Düsseldorferin, neugierig und aufgeschlossen. Der-zeit studiert sie im zweiten Masterjahr Biomedizin am Karolinska Institut in Stock-holm (Schweden). Schon seit ihrem Bachelorstudium der Molekularen Medizin in Erlangen, wo sie auch Florian kennenlernte, hat sie sich für die Immunbiologie be-geistert: Ihr Steckenpferd ist die B-Zell Antwort in der Impfstoffentwicklung. Wenn sie nicht im Labor experimentiert, tanzt sie gern Standard, wird in der Küche oder auf dem Zeichenblock kreativ oder beschäftigt sich mit Sprache und Kultur.

Florian Schober (Jg. 1991) wurde in der Nähe von Passau in Niederbayern groß. Obwohl er sich lange Zeit für die Klimawissenschaften interessierte, begeisterte ihn ein Kurs der Deutschen SchülerAkademie über die chemische Evolution des Lebens so sehr, dass er sich anschließend der Erforschung der Zelle widmen wollte. Er stu-dierte zunächst sechs Semester Molekulare Medizin in Erlangen und ist nun zusam-men mit Uta Student der Biomedizin am Karolinska Institut in Stockholm (Schwe-den). In seiner Freizeit spielt er Klavier in Kammerensembles und wandert gern.

Anhand dieser Fragestellungen werden Methoden vorgestellt, um dem funktionellen Ungleichgewicht auf die Schliche zu kom-men. Dazu werden leistungsfähige Techniken wie Mikroskopie und Durchflusszytometrie diskutiert, mit denen es Forschern möglich wird, das Immunsystem zu begreifen. So aus-gestattet werden die Teilnehmenden schließ-lich selbst zu Wissenschaftlern und entwerfen eigene Hypothesen und Tests.

Kursleitung

Der Feind im Blick: Eine Abwehrzelle versucht, ein MRSA-Bakterium (grün) zu beseitigen. Quelle: NIAID, http://goo.gl/xpVYsX

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG II (5. BIS 15. AUGUST 2015)Kurs JGW-2.4

Umwelt-BewusstseinChancen & Risiken interdisziplinärer Kommunikation

Interdisziplinäre Konferenz in Papenburg, 5.–15. August 2015

Konferenzaufruf

Die Medien fordern es von der Wissenschaft, die Wissen-schaft von der Politik, die Politik von der Wirtschaft und sowieso jeder von jedem: mehr Umweltbewusstsein. Doch was wird da eigentlich gefordert? Wie stellen wir uns diese Umwelt vor?

Auf dieser genauso einzigartigen wie experimentierfreu-digen Konferenz werden zum ersten Mal in der Geschichte der modernen Forschung ganz verschiedene Wissen-schaften zusammen kommen, um auf genau diese Fragen viele unterschiedliche oder vielleicht auch gemeinsame Antworten zu finden. Dafür werden motivierte, junge Ver-treterinnen und Vertreter aus so unterschiedlichen Fach-richtungen wie der Mathematik, Physik, Geowissenschaft, Soziologie, Philosophie und Literaturwissenschaft gesucht.

Zu Beginn werden die Konferenzteilnehmenden sich in verschiedenen Arbeitsgruppen, in kleineren und größeren Diskussionsrunden, anhand von Texten, Bildern, Filmen, Statistiken und anderen Gegenständen des wissenschaftli-chen Alltags mit den methodischen Zugängen zur Umwelt und den damit verbundenen inhaltlichen Konzepten aus-einandersetzen. Die Erkenntnisse aus den Gruppen werden dann mit Hilfe kurzer Vorträge und Präsentationen den an-deren Konferenzteilnehmenden vorgestellt. Dabei wird jede und jeder die Herausforderungen der interdisziplinären Verständigung und der Diskussion mit den anderen Exper-tinnen und Experten erleben.

Inhaltlich wird diese Konferenz dort beginnen, wo sonst niemand beginnt: am Anfang. Welche kulturellen und hi-storischen Voraussetzungen haben dazu geführt, dass ein Bewusstsein für so etwas wie Umwelt überhaupt entstehen konnte? Wie verändert dieses Bewusstsein nicht nur die Wissenschaft, sondern auch Politik, Kultur und andere soziale Bereiche? Mit welchen fachspezifischen Methoden kann man sich diesem Phänomen Umwelt nähern? Und wie prägen diese fachspezifischen Methoden auch das in-haltliche Konzept von Umwelt, das in der jeweiligen Wis-senschaftsdisziplin eine Rolle spielt?

Charlotte Coch ( Jg. 1989) studierte in Freiburg, Köln und in Hamilton, New York (USA), Germanistik und Anglistik und ist seit Oktober 2014 Doktorandin für deutsche Literaturwissenschaft an der Universität zu Köln. Sie wildert ganz besonders gerne in fremden Gebieten und beschäftigt sich hingebungsvoll mit verrückten Soziologen, Philo-sophen, Physikern, Mathematikern und was sie eben sonst noch so in die Finger kriegt. Wenn sie gerade keine Lust auf verrückte Wissenschaftler hat, macht sie Musik, kocht, schläft, fiebert mit ihrem American Football-Team, feiert das Leben, besucht ihre Familie in Freiburg – und ja, sie liest auch mal ein »richtiges« Buch.

Vera Schemann (Jg. 1983) verbrachte ihre Schulzeit im schönen Münster, bevor es sie dann in den Norden zog: für ein Studium der Technomathematik nach Bremen und für ein Austauschjahr bis nach Norwegen. In den letzten Jahren hat sie am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg gelernt, Wolken mit anderen Augen zu sehen und ihre Rolle in Klimamodellen zu untersuchen. Seit Anfang 2015 schaut sie in den Kölner Himmel, wo sie als Wissenschaftlerin an der Uni arbeitet. Daneben versinkt sie gerne in skandinavischen Krimis oder in Diskussionen über die schönste Nebensache der Welt – den Fußball.

Ziel der Konferenz ist, die unterschiedlichen wissenschaftli-chen Zugänge sowie die verschiedenen Bilder und Modelle der Umwelt in einen spannungsreichen und konstruktiven Dialog zu bringen. Diese Zugänge finden sich in physi-kalischen Modellen und in philosophischen Traktaten, sie stecken in mathematischen Erdsystemmodellen und in Science-Fiction-Romanen, in langen Zahlenkolonnen und in filmischen Endzeitszenarien. Sie werden gemessen, gemalt, erzählt, simuliert und berechnet. In der intensiven Beschäftigung mit diesen ganz unterschiedlichen wissen-schaftlichen Gegenständen und Methoden sowie in den Diskussionsrunden werden gemeinsam Wege erprobt, mit dieser Vielfalt an Vorstellungen konstruktiv umzugehen und sich ein eigenes Umwelt-Bewusstsein zu bilden.

Darüber hinaus bieten die in der gemeinsamen Vorbe-reitung auf die Konferenz und im Dialog untereinander gewonnenen unterschiedlichen Perspektiven, die auf-kommenden Probleme und Diskussionspunkte, auch die Möglichkeit zu entdecken, wie Natur- und Geisteswissen-schaften sich ganz allgemein ihre eigene (Um-)Welt, ihre eigenen Gegenstände erschließen und »modellieren«. So lässt sich erkennen, warum es manchmal gar nicht so leicht ist, sich gegenseitig noch zu verstehen und warum es sich trotzdem lohnt, es immer wieder zu versuchen.

Bereit, sich auf das Gespräch zwischen Natur- und Geis-teswissenschaften, zwischen Mathematik und Literatur, zwischen Philosophie und Meteorologie einzulassen? Die Anmeldung ist eröffnet!

Kursleitung

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(5. BIS 15. AUGUST 2015) JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG IIKurs JGW-2.5

Begabung

Begabung ist ein schillernder Begriff. Sie wird einerseits assoziiert mit außergewöhnlichen Leistungen in Konzert-sälen, mit Nobelpreisen oder mit sportlichen Großereignis-sen, mit Mozart, Einstein, Picasso … oder Sheldon Cooper. Auch im Alltag können wir Begabungen in verschiedenen Bereichen wie Kunst/Musik (Karikaturen zeichnen), Ko-gnition (Sudoku), Motorik (Einradfahren) oder Sozialem (Empathie, Sensibilität) entdecken. Bestimmte Begabungen rücken dabei jedoch häufiger in den Fokus der Betrach-tung als andere. So wird Begabung oft auf Intelligenz redu-ziert. Und schon wird es kompliziert: Wie können wir uns den Begriffen »Begabung« und »Intelligenz« differenziert und kritisch annähern? Wie viele Intelligenzen oder Bega-bungen gibt es? Und bedeutet ein hohes Maß an Begabung automatisch auch die Erbringung guter Leistungen?

Ausgehend von verschiedenen, zum Teil widersprüch-lichen Modellen von Intelligenz und Begabung innerhalb der Psychologie werden eindimensionalen Konzepten die Idee der multiplen Intelligenzen bzw. Begabungen gegen-übergestellt und eine Klärung der Begriffe abseits der All-

tagsdefinitionen erreicht. Dafür finden u.a. aktuelle Forschungsergebnisse der Psychologie Verwendung.

Daran anknüpfend wird der Einfluss genetischer Anlagen und sozialer Um-welt auf die Entwicklung von Begabung diskutiert. Es wird der Prozess, in dem sich Begabung in Leistung manifestiert – oder eben nicht – be-trachtet, und der Einfluss von Faktoren wie (Vor-)wissen, Motivation und Persönlichkeit wird untersucht. Auf dieser Basis werden konkrete wissenschaftliche Ansätze vorge-stellt, Begabungen zu erkennen (Diagnostik) und zu för-dern (Intervention).

Die Förderung unterschiedlicher Begabungen und Talente wurde von der Bundesregierung zu einem ihrer bildungs-politischen Ziele bestimmt. Vor diesem Hintergrund erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld, in dem sich Diagnostik und Intervention bewegen. Hier ist inte-ressant, wie in der Schule, aber auch im Beruf Begabungen bestmöglich gefördert werden können. Dabei wird auch

Melanie Greß ( Jg. 1988) studierte Psychologie an den Universitäten Bamberg und Leeds (Großbritannien). Sie arbeitet für eine international tätige Human Resource Be-ratung und unterstützt Unternehmen bei der Auswahl von Führungskräften. Nachdem Melanie 2004 als Teilnehmerin einer SchülerAkademie einige ihrer Begabungen entde-cken konnte, freut sie sich nun darauf, das Thema ˃Begabung˃ im Kurs umfassend und kritisch zu beleuchten. Einen Ausgleich zu beruflichen und privaten Reisen findet Mela-nie beim Sport, guten Filmen und langen Spaziergängen.

Julia Stadler (Jg. 1988) ist nach ihrem Lehramtsstudium für Englisch und Fran-zösisch an der Universität Passau und am King’s College London (Großbritannien) jetzt Referendarin an einem bayrischen Gymnasium. Ihrem Interesse für Bega-bungen ist sie bisher in verschiedenen Schularten, Universitäten, Ehrenämtern und in der Führungskräfteentwicklung nachgegangen – auch auf der JGW-Schü-lerAkademie 2014, wo sie einen varietätenlinguistischen Kurs über Dialekte und Soziolekte im Deutschen anbot. In ihrer freien Zeit versucht sie sich gern an Yoga, singt in Chören oder probiert neue Rezepte aus.

auf kulturelle Unterschiede eingegan-gen: Wie passt Begabungsförderung zum skandinavischen Jantegesetz? Reproduzieren sich die Eliten Fran-kreichs und Großbritanniens immer noch selbst? Und welches Begabungs-verständnis spiegelt sich im chine-sischen Gao kao?

In diesem Kurs wird es nicht darum gehen, auf Intelligenz-tests vorzubereiten oder Intelligenzdiagnostik durchzufüh-ren. Vielmehr erhalten die Teilnehmenden die Chance, ein Begriffsverständnis zu erarbeiten bzw. zu erweitern und zu reflektieren, welche Begabungen Menschen besitzen und welche Verantwortungen und Möglichkeiten daraus erwachsen können.

Die Grundinhalte des Kurses werden anhand deutschspra-chiger Einführungsliteratur entwickelt, die z.T. in Vorbe-reitung auf den Kurs zu lesen ist (die Lektüre wird im Vor-feld digital zur Verfügung gestellt). Zur Vertiefung sind ggf. englischsprachige Aufsätze zu lesen. Weitere Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Kursleitung

In Zeiten, in denen selbst ein Burger als hochbegabt gelten kann ...

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JGW-SCHÜLERAKADEMIE PAPENBURG II (5. BIS 15. AUGUST 2015)Kurs JGW-2.6

Musik und GenderGeschlechterbilder im musikalischen Spiegel ihrer Zeit

Die Geschichte wimmelt von Geschlechterbildern jeder Art: Die unschuldige Jungfrau Maria, männerfressende »femmes fatales«, wie Salome und Medusa, treue Hirten, tapfere Krieger, brave Töchter, entwaffnende Boybands sowie unberechenbare androgyne Wesen wie Marilyn Man-son und David Bowie – sie und viele mehr geben uns einen Eindruck von gesellschaftlichen Konstrukten, die oft einem Wunschdenken, oft aber auch Ängsten und Verunsiche-rungen entsprechen. Sie reflektieren vorherrschende Denk-strukturen in einer Gesellschaft und unterliegen so auch einem ständigen Wandel. Durch die enge Verknüpfung von Musik und Gesellschaft finden sich diese konstruierten Geschlechterbilder auch in der Musik wieder – zum Teil in Form musikalischer Akteure (Warum musste Alma Mahler nach ihrer Heirat das Komponieren aufgeben?), zum Teil auch in Form von musikalischen Schriften und Assoziati-onen (Warum wirken Beethovens Symphonien so männ-lich?). Dieser Kurs erforscht mögliche Repräsentationen und Rollen von Frauen und Männern im Zusammenhang mit Musik und stellt diese in ihren gesellschaftlichen Kon-text. Ziel ist eine Darstellung von Geschlechterbildern im

Wandel der Zeit aus musikalischer Perspektive.

In der Praxis wird das während des Kurses fol-gendermaßen aussehen: Um ausreichend metho-dische Werkzeuge zur Hand zu haben, wird es zunächst eine Einführung in musikwissenschaft-liches Arbeiten sowie in die Disziplin der Gender Studies geben. Hiernach werden beide Bereiche zusammengeführt und an ein paar musikalischen Beispielen Diskrepanzen zwischen idealisiertem Frauenbild in der Musik und tatsächlicher Stel-lung der Frau in der Gesellschaft aufgezeigt.

Im Folgenden werden das Schicksal der Musike-rinnen und Musikergattinnen Clara Schumann und Alma Mahler-Werfel, ihr musikalischer Lebensweg und ihre Bedeutung für die Musik-geschichte besprochen und ausgewählte Werke analysiert. Dann liegt der Fokus auf der Epoche des »fin de siècle«, in der die traditionellen Ge-schlechterbilder ins Wanken gerieten und unter anderem zur Geburt der »femme fatale« führten. Hierzu werden Textdokumente der Zeit gelesen und Opern wie

Marcus Adams (Jg. 1985) studierte Kirchenmusik im Aufbaustudiengang (Kir-chenmusik A) an der Hochschule für Musik Saarbrücken. Er geht einer regen Tätigkeit als Organist nach und leitet verschiedene Chöre, unter anderem den renommierten Trierer Kammerchor Portavoci. Zuvor studierte er Angewandte Mathematik an der Universität Trier. In seiner Freizeit genießt er die Ruhe der Natur, liest ein gutes Buch, tanzt, kocht oder erkundet andere Städte. Er war bereits 2014 als Kursleiter auf der Akademie in Papenburg mit dabei.

Stefanie Denz (Jg. 1983) studiert Musikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Musikso-ziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie schreibt gerade ihre Masterarbeit über Kulturtransfer und Jazz und plant ihre Promotion zum Thema Musik und Gender. Ihren Bachelor of Music absolvierte sie an der University of Pretoria (Südafrika). In ihrer Freizeit spielt Stefanie Klavier und singt im Altenheim, sie liest und joggt viel und an Wochenen-den findet man sie meistens bei Jazzkonzerten oder in der Oper. Dies ist Stefanies erste SchülerAkademie und sie freut sich schon sehr auf die neue Erfahrung.

Carmen und Salome so-wohl inhaltlich besprochen als auch musikalisch ana-lysiert.

Der Bogen bis heute wird dann gemeinsam in Form von Referaten gespannt. in denen von Shows von Rammstein bis Gesangs-techniken von Kastrati und Madonna-Videos alles im Zusammenhang mit Geschlechterbildern in der Musikgeschichte vorgestellt werden darf.

Kursleitung

Salome von Pierre Bonnaud (1900)