Jörissen, B. (2011). Medienbildung.

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1 Medienbildung. Preprint, Publikationsdatum: 26. März 2011 Benjamin Jörissen , [email protected], Universität Magdeburg Eine redaktionell erheblich überarbeitete Fassung dieses Textes erscheint in: Horn, K.P./Kemnitz, H./Marotzki, W. e.a. (Hg.): Lexikon Erziehungswissenschaft. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Dieser Text darf unter der folgenden Lizenz ganz oder in Auszügen verwendet werden (offenes Dateiformat per Email erhältlich). Für wissenschaftliche Zitate wird die Verwendung der Druckfassung nachdrücklich empfohlen. Dieser OnlineText kann stillschweigenden Änderungen unterliegen bzw. depubliziert werden. „Medienbildung.“ von Benjamin Jörissen steht unter einer Creative Commons NamensnennungNichtKommerziellKeineBearbeitung 3.0 Unported Lizenz

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Preprint, Lexikonartikel.

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Medienbildung. 

Preprint, Publikationsdatum: 26. März 2011 

Benjamin Jörissen, [email protected], Universität Magdeburg 

 

Eine redaktionell erheblich überarbeitete Fassung dieses Textes erscheint in:  

Horn, K.‐P./Kemnitz, H./Marotzki, W. e.a. (Hg.): Lexikon Erziehungswissenschaft. Bad 

Heilbrunn: Klinkhardt. 

Dieser Text darf unter der folgenden Lizenz ganz oder in Auszügen verwendet werden 

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Medienbildung 

Der  Begriff  der  M.  ist  der  jüngste  in  einer  Reihe  medienbezogener  pädagogischer 

Kernkategorien  wie Medienerziehung, Medienkompetenz  und Mediensozialisation.  Er  ist 

entsprechend gegenwärtig Gegenstand einer nicht geringen diskursiven Dynamik. Während 

die Diskussion um M.  in der Erziehungswissenschaft – vor allem  in der Kunstpädagogik, der 

Medienpädagogik und der Allgemeinen Pädagogik verortet – derzeit eher noch am Anfang 

steht,  lassen  sich  bereits  verschiedene  perspektivische  Grundverständnisse  und 

entsprechende  Verwendungsweisen  dieses  Terminus  voneinander  unterscheiden  (die  im 

Folgenden in ansteigender Komplexität dargestellt werden): 

1) Aus bildungspolitischer und  ‐administrativer Perspektive verweist der Begriff der M. auf 

ein  (grundsätzlich als „Output“ definier‐ und evaluierbares) Ziel medienbezogener  formaler 

Bildung. Typischer Weise  ist dabei nicht abstrakt von M., sondern  reifiziert von der M. die 

Rede. Gemeint sind damit auf dem derzeitigen Diskussionsstand nicht mehr nur technisch‐

medienbezogene  Fähigkeiten  und  Fertigkeiten;  gefordert  wird  vielmehr  ein  Bündel 

unterschiedlicher  Kompetenzen  im  Interesse  von  Persönlichkeitsentwicklung, 

gesellschaftlicher  Partizipation  und  arbeitsweltbezogener  Qualifikation.  So  werden 

beispielsweise  in der BMBF‐Studie „Kompetenzen  in einer digital geprägten Kultur“  (BMBF 

2010)  als  Kompetenzbereiche  der  Medienbildung  medienbezogene  a) Informations‐  und 

Wissenskompetenzen,  b) soziale  Kompetenzen,  c) Selbstkompetenzen  sowie 

d) Produktionskompetenzen  im  Umgang  mit  (hier:  digitalen)  Medien  aufgeführt.  Diese 

Perspektive auf M. dokumentiert sich auch  in der Suche nach verbindlichen Standards der 

M.  (vgl.  etwa  Herzig/Grafe  2010).  In  diesem  Zusammenhang  ist  auch  in  spezifizierter 

Verwendung  des  Begriffs  von Mediengrundbildung  in  institutionellen  Kontexten  (Schule, 

Kindergarten etc.) die Rede (Moser 2010). 

2) Aus Perspektive der pädagogischen Praxis und Praxistheorie verweist M. auf das Ergebnis 

medienbezogener pädagogischer Aktivitäten, die  insofern primär auf  formales  Lernen und 

Vermittlung  von  Medienkompetenz  abzielen,  dabei  (idealiter)  jedoch  auch  nonformales 

Lernen,  informelles  Lernen  und  Mediensozialisation  (Sutter  2010)  berücksichtigen  und 

einbeziehen.  Motivation  für  den  Rekurs  auf  „Bildung“  ist  hierbei  die 

erziehungswissenschaftliche Diskussion um den Status des Kompetenzbegriffs, der vielfach 

als zu eng gefasst oder als pädagogisch zu wenig anschlussfähig wahrgenommen wurde, so 

dass  einige  Autoren  den  Begriff  der  M.  als  konzeptionelle  Weiterentwicklung  von 

Medienkompetenz  vorschlugen  (Baacke  1996;  Aufenanger  2000;  Pietraß  2002).  Im 

fachinternen  Diskurs,  insbesondere  auch  im medienpädagogischen  Praxisdiskurs  hat  dies 

jedoch teilweise zur Begriffsverwirrung bzw. zu einem bloßen Austausch der Bezeichnungen 

geführt  (bei Fortführung der kompetenztheoretischen Grundausrichtung). Dies provozierte 

teilweise seitens der Vertreter des Medienkompetenz‐Paradigmas eine entsprechende Kritik 

(vgl.  Hugger  2008,  93ff.),  die  schließlich  in  eine  Diskussion    um  medienpädagogische 

Kernkategorien  mündete  (vgl.  Schorb  2010;  Spanhel  2010b;  Tulodziecki  2010; 

Fromme/Jörissen 2010). 

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3)  Im  Anschluss  an  Perspektiven  der  erziehungswissenschaftlichen  Bildungstheorie 

schließlich  verweist  der  Terminus M. weder  auf  standardisierbare  Bildungsziele  noch  auf 

Ergebnisse  pädagogischer  Handlungspraxen  (im  Sinne  für  sich  genommen  statischer 

Resultate),  sondern  vielmehr  auf  Prozesse  der  Transformation  von  Selbst‐  und 

Weltverhältnissen  im  Kontext  von  Medialität.  Medienbildungstheorie  und  ‐forschung  in 

diesem Sinne fragt im Rahmen einer kulturtheoretisch, mediumtheoretisch, anthropologisch 

und  zeitdiagnostisch  fundierten  Ausrichtung  nach  den  Potenzialen  komplexer  medialer 

Architekturen  im  Hinblick  auf  Bildungs‐  und  Subjektwerdungsprozesse.  Dabei  wird  ein 

konstitutiver  (oder zumindest co‐konstitutiver) Zusammenhang von Medialität und Bildung 

konstatiert:  Medien  werden  nicht  etwa  in  alltagsweltlich‐naiver  Einstellung  als 

gegenständlich‐dinghafte Objekte betrachtet, die einem  vorgängig  „vorhandenen“  Subjekt 

sowie grundsätzlich medienunabhängig gedachten Lern‐ und Bildungsmodellen klar getrennt 

gegenüberstünden; vielmehr wird Medialität als als kulturell  tiefenstrukturelles Phänomen 

betrachtet, das  sowohl die Form des Subjekts  (etwa: die Art der Selbstverhältnisse,  in die 

Individuen eintreten) als auch Lernen und Bildung selbst grundlegend  tangiert. Veränderte 

Medienlandschaften und Medienkulturen sind aus dieser Perspektive auf ihre Implikationen 

hinsichtlich  neuer  oder  veränderter  Formen  von  Sozialisation,  Lernen  und  Bildung  zu 

befragen.  

Gemeinsam  ist den bildungstheoretisch motivierten Konzepten von M. daher vor allem das 

Bestreben,  a) ein  theoretisch  anspruchsvolles  Verständnis  von  Medialität  in  seinen 

bildungstheoretischen  Bezügen    zu  erarbeiten  (grundlagentheoretischer  Aspekt), 

b) erziehungswissenschaftliche  Medienforschung  als  ein  methodologisch  stringent 

begründetes Feld der qualitativen Bildungsforschung  zu begründen und weiterzuentwickeln 

(methodisch‐methodologischer  Aspekt),  sowie  c) im  Rahmen  der  damit    begründeten 

theoretischen/empirischen  Forschungsdesigns  die  Bildungspotenziale  unterschiedlicher 

medialer  Architekturen  herauszuarbeiten  und    sie  somit  pädagogisch  einschätzbar  und 

gestaltbar zu machen (pädagogisch‐praktischer Aspekt). 

Perspektivenunterschiede der verschiedenen vorliegenden Ansätze ergeben sich folglich vor 

allem  anhand  der  unterschiedlichen  in  Anschlag  gebrachten  Medium‐,  Subjekt‐  und 

Bildungstheorien (und ihres Verhältnisses zueinander). Unterschieden werden können dabei 

beispielsweise mediologische  (Meyer 2002, 2008), aisthetisch‐semiologische  (Meder 2007), 

kritisch‐techniktheoretische (Sesink 2008), struktural‐wissenstheoretische (Jörissen/Marotzki 

2009),  kulturästhetische  (Bachmair  2009;  Zacharias  2010),  systemtheoretische  (Spanhel 

2010a), und interaktionistische (Pietraß 2011) Zugänge. 

 

Literatur 

Aufenanger,  Stefan  (2000):  Medien‐Visionen  und  die  Zukunft  der  Medienpädagogik. 

Plädoyer für Medienbildung in der Wissensgesellschaft. In: Medien Praktisch  24 (2000) 1, S. 

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Baacke, Dieter (1996): Medienkompetenz – Begrifflichkeit und sozialer Wandel. In: von Rein, 

Antje (Hrsg.): Medienkompetenz als Schlüsselbegriff. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 112‐124.  

Bachmair,  Ben  (2009):  Medienwissen  für  Pädagogen.  Medienbildung  in  riskanten 

Erlebniswelten. VS‐Verlag. 

BMBF  (2010):  Kompetenzen  in  einer  digital  geprägten  Kultur.  Bericht  der 

Expertenkommission des BMBF zur Medienbildung. Bonn. 

Fromme,  Johannes/Jörissen,  Benjamin  (2010):  Medienbildung  und  Medienkompetenz: 

Berührungspunkte  und  Differenzen  zweier  nicht  ineinander  überführbarer 

Konzepte. In: merz 54 (2010) 5, S. 46‐54. 

Herzig, Bardo/Grafe, Silke (2010): Entwicklung von Bildungsstandards für die Medienbildung 

–  Grundlagen  und  Beispiele.  In:  Herzig,  B./Meister,  D./Moser,  H./Hiesyto,  H.  (Hrsg.): 

Jahrbuch Medienpädagogik  8. Medienkompetenz  und Web  2.0. Wiesbaden:  VS‐Verlag,  S. 

103‐120. 

Hugger, Kai‐Uwe (2008). Medienkompetenz.In: Sander, U./Hugger, K.‐U./von Gross, F. (Hg.): 

Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden 2008, S. 93‐99. 

Jörissen,  Benjamin/Marotzki,  Winfried  (2009):  Medienbildung  –  eine  Einführung.  Bad 

Heilbrunn: Klinkhardt.  

Meder,  Norbert  (2007):  Theorie  der Medienbildung.  In:  Sesink, W./Kerres, M./Moser,  H. 

(Hrsg.):  Jahrbuch  Medienpädagogik  6:  Medienpädagogik  ‐  Standortbestimmung  einer 

erziehungswissenschaftlichen Disziplin. Wiesbaden: VS‐Verlag, S. 55‐73.  

Meyer,  Torsten  (2002):  Interfaces,  Medien,  Bildung.  Paradigmen  einer  pädagogischen 

Medientheorie. Bielefeld: transcript. 

Meyer,  Torsten  (2008):  Zwischen  Kanal  und  Lebens‐Mittel:  pädagogisches  Medium  und 

mediologisches Milieu.  In:  Fromme,  J./Sesink/W.:  Pädagogische Medientheorie.  VS‐Verlag 

2008, S. 71‐94. 

Moser,  Heinz  (2010):  Die  Medienkompetenz  und  die  'neue'  erziehungswissenschaftliche 

Kompetenzdiskussion.  In:  Herzig,  B./Meister,  D./Moser,  H./Hiesyto,  H.  (Hrsg.):  Jahrbuch 

Medienpädagogik 8. Medienkompetenz und Web 2.0. Wiesbaden: VS‐Verlag, S. 59‐79.  

Pietraß,  Manuela  (2002):  Medienbildung.  In:  Tippelt,  Rudolf  (Hrsg.):  Handbuch 

Bildungsforschung. Opladen: Leske + Budrich, S. 393‐408.  

Pietraß, Manuela  (2011): Medienkompetenz  und Medienbildung  –  zwei  unterschiedliche 

theoretische Positionen und ihre Deutungskraft. (im Druck) 

Schorb, Bernd (2010): Gebildet und kompetent. Medienbildung statt Medienkompetenz? In: 

merz 5/09. 

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Spanhel, Dieter (2010a): Bildung in der Mediengesellschaft. Medienbildung als Grundbegriff 

der  Medienpädagogik.  In:  Bachmair,  B.  (Hrsg.):  Medienbildung  in  neuen  Kulturräumen. 

Wiesbaden: VS‐Verlag, S. 45‐58 

Spanhel, Dieter  (2010b): Medienbildung  statt Medienkompetenz?  Zum  Beitrag  von  Bernd 

Schorb (merz 5/09). In: merz 1/2010. 

Sutter, Tilmann  (2010): Medienkompetenz und Selbstsozialisation  im Kontext Web 2.0.  In: 

Herzig,  B./Meister,  D./Moser,  H./Hiesyto,  H.  (Hrsg.):  Jahrbuch  Medienpädagogik  8. 

Medienkompetenz und Web 2.0. Wiesbaden: VS‐Verlag, S. 41‐58. 

Tulodziecki, Gerhard  (2010): Medienkompetenz und/oder Medienbildung?  In:   In: merz 54 

(2010) 3, S. 49‐53. 

Zacharias, Wolfgang  (2010): Kulturell‐ästhetische Medienbildung 2.0. Sinne. Künste. Cyber. 

München: kopaed 2010.