Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 4...Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 4 Wovon man nicht sprechen kann,...

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  • Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 4Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen. Dem abschließendem Gedanken Ludwig Wittgensteins in seinem berühmten Traktat ist hinzuzufügen: und zuhören. Das Hören der letzten Sinfonie Johannes Brahms' eröffnet eine Welt eng verzweigter und zwangsläufiger musikalischer Entwicklungen, um die herum verbalsprachliche Zuordnungen nur in geringem Maße einen Erkenntnisgewinn bedeuten.

    Sicher, es kann geschrieben werden, dass das Werk 1884 in Meiningen uraufgeführt wurde, der erste Satz eine Motivik präsentiert, die bestimmte Intervalle wesenhaft gebraucht, dass der zweite Satz mit der phrygischen Tonleiter beginnt, die mit Klage und Bitte assoziiert ist. Erwähnenswert ist sicher auch, dass der dritte Satz in seinem C-Dur zwischen vorhergegangenem und folgendem Satz hervorstrahlt und der Finalsatz auf Johann Sebastian Bachs Choral „Nach dir, Herr, verlanget mich“ beruht. Ein breiter Literaturkanon vertieft dies.

    Vertiefen wir uns in einen immer wieder zu gehenden Weg, der in Brahms' 4. Sinfonie durchschritten wird und dem scheinbar Bekannten unerschöpflich neue Details hinzufügt. Ob sich die dem Finalsatz zugrundeliegende Zeile Meine Tage in den Leiden endet Gott dennoch zu Freuden mit der wohl eher anekdotisch zugeschriebenen letzten Äußerung Brahms' auf dem Sterbebett zusammendenken lässt – nach dem Reichen eines Weins soll er festgestellt haben „Oh, das schmeckt gut.Danke.“ – darüber muss man schweigen. Und zuhören.

    Lars Straehler-Pohl

    Max Reger: Der EinsiedlerGedichte von Joseph von Eichendorff (1788–1857) wurden in der Romantik überaus häufig vertont. Einige, etwa »O Täler weit, o Höhen« oder »In einem kühlen Grunde« wurden mit der Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy beziehungsweise Friedrich Glück gar zu Volksliedern.

    Das Gedicht »Komm, Trost der Welt, du stille Nacht« verbindet in drei Strophen Motive des Abendliedes und der Weltflucht, sein Schweifreim

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  • sorgt – wie auch in Matthias Claudius' »Der Mond ist aufgegangen« oder Paul Gerhardts »Nun ruhen alle Wälder« – für besondere Ruhe und formale Geschlossenheit. Das Gedicht hat bereits vor Reger zahlreiche Komponisten inspiriert: Klavierlieder von Robert Schumann und Max Bruch; eine Komposition für Orgel, Violine und Singstimme von Heinrichvon Herzogenberg; ein Chorsatz von Hugo Wolf – um nur die bekannteren Namen zu nennen. Weite Verbreitung hat auch der im 20. Jahrhundert entstandene Chorsatz von Christian Lahusen gefunden.

    Es ist kein Wunder, dass sich Max Reger in den persönlichen und politischen Wirren des Jahres 1915 diesem Text zuwendet. Ende 1914 hatte er nach vernichtender Kritik seines Freundes Karl Straube die Arbeit an einem abendfüllenden lateinischen Requiem abgebrochen, Anfang 1915 sein Amt als Hofkapellmeister im thüringischen Meiningen aufgegeben und war nach Jena gezogen. Dort schrieb er – auf dem für das Requiem vorgesehenen Papier – in nur einer Woche den »Einsiedler«.

    Reger gliedert seine Komposition nach dem Text in drei untereinander verbundene Teile. Nach einer sinfonischen Einleitung erklingt in ruhigemChorsatz die erste Gedichtstrophe, im Orchester scheinen immer wieder Melodiezitate aus »Nun ruhen alle Wälder« auf. Wie der Text sich in der zweiten Strophe zum »Ich« wendet, so wechselt Reger vom Chor zum Solo. Die Deklamation wird bewegter, im Orchestersatz findet sich Regersemotionale Deutung des Textes. In der dritten Strophe tritt der Chor zum Bariton hinzu und schließt so den Bogen zum Anfang.

    Stilistisch wendet sich Reger von seinen typischen komplexen Akkordhäufungen ab und setzt stattdessen auf große, durch kleinteilige Streicherfiguren und komplexe Rhythmus-Überlagerungen belebte Klangflächen. Überraschende und ungewöhnliche Akkordverbindungen treten dadurch noch effektvoller hervor. Zusätzlich teilt Reger alle Streicherstimmen und lässt die Hälfte der Streicher mit Dämpfer spielen, was interessante Farbwechsel im Streicherklang ermöglicht.

    Christoph Hagemann

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  • Jochen Großmann wurde in Lichtenfels / Oberfranken geboren. Schon als Zehnjähriger war er Mitglied im Windsbacher Knabenchor. In Bayreuth und Berlin studierte er Kirchenmusik. Ein zweites Studium im Fach Gesang an der Hochschule der Künste in Berlinschloss sich an, Gesang bei Prof. Anke Eggers. An der Hochschule nahm er auch an Meisterklassen von Dietrich Fischer-Dieskau und Aribert Reimann teil.

    Noch während des Studiums wurde Jochen Großmann an das Theater der Stadt Brandenburg engagiert. Dort sang er unter

    anderem den Vater in „Hänsel und Gretel“ und Schaunard in „La Boheme“ und viele weitere Rollen. Gastspiele am Potsdamer Theater und am Hebbel Theater Berlin schlossen sich an. Konzertreisen führten ihn ins In- und Ausland. Er ist ein gefragter Oratorien- und Liedsänger. 2010wurde er zum Professor an die Universität der Künste Berlin berufen.

    Warum trägt ein Orchester, das sich neben kammerorchestral besetzter Musik ebenso der großen – und groß besetzten Sinfonik – widmet, den Namen Das Kammerorchester. ? Der Name trägt dem Anspruch Rechnung, kammermusikalische Tugenden wie die sensible gegenseitige Wahrnehmung und die wechselseitige Inspiration in jedem musizierten Programm zu leben. Dies bildet den Keim für einen lebendiger Klangkörper, dessen interner Slogan von Anfang an lautete: „Wir wollen nicht fette Stücke machen - wir wollen Stücke fett machen.“ Das Kammerorchester. ist ein relativ neu formiertes Ensemble; denn auch

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  • wenn sich die Musiker bereits aus anderen Projekten kennen, existiert es in seiner jetzigen Form unter der Leitung von Lars Straehler-Pohl erst seit Ende 2015. Seitdem spielt es Konzerte, die einen thematischen Fokushaben, der rein musikalisch immanent sein kann, aber auch die Berührung mit anderen Formen künstlerischen Ausdrucks sucht und beispielsweise in der Zusammenarbeit mit Literaten findet.

    Der Chor der Zwölf-Apostel-Kirche wurde 1877 gegründet und gehörtdamit zu den ältesten gemischten Kirchenchören Berlins. Um 1900 zählteder Chor über 60 Mitglieder. Seit 2005 ist Christoph Hagemann Leiter des Chores, der in dieser Zeit von etwa zehn wieder auf über 70 Sängerinnen und Sänger angewachsen ist.

    Unser Repertoire reicht vom 17. bis ins 20. Jahrhundert und umfasst bis zu achtstimmige a-capella-Chormusik genauso wie die großen Werke für Chor und Orchester, die wir in geistlichen Konzerten, Chorvespern und Gottesdiensten aufführen. Neben den Chorproben, die mittwochs von 19.30 bis 21.30 Uhr stattfinden, bieten wir während der Proben regelmäßig individuelle, professionelle Stimmbildung an sowie bei Bedarfeinen Kurs für Chor-Neueinsteiger und einen Theorie- und Blattsingkurs für erfahrenere Chorsänger/innen. Wir freuen uns jederzeit über weitere Mitsängerinnen und Mitsänger.

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  • Lars Straehler-Pohl wurde 1981 in Norddeutschland geboren. Erfahrungen als Orchestermusiker sammelte er im RIAS Jugend-orchester unter Ingo Metzmacher und Herbert Blomstedt. Konzerttätigkeiten als Cellist führten ihn in die USA und nach China. Prägende künstlerische Impulse seiner dirigentischen

    Ausbildung erfuhr Straehler-Pohl u.a. bei Uri Rom, Symeon Ioannidis und im Dirigentenseminar bei Maestro Kurt Masur. Es folgten musikalische Begleitung am Sprechtheater, Meisterkurse, Wettbewerbe und Ausflügen ins Broadway-Fach. Mit seinem Streichquintett »Metamorphosen«, das Szenen aus dem Leben von Robert Schumann verarbeitet, belegte er 2006 den zweiten Platz beim internationalen Kompositionswettbewerb »Engelbert Humperdinck«. Daneben schloss er sein Studium der Philosophie, Psychologie und Neueren Geschichte mit einer Arbeit über Zeit als ästhetische Größe in der Musik ab. Sein besonderes Interesse gilt der Belebung vergessener Werke der Opern- undsinfonischen Literatur, sowie zeitgenössischer Musik.

    Christoph Hagemann ist Kirchenmusikerund Musikwissenschaftler in Berlin. Er leitetden traditionsreichen Zwölf-Apostel-Chor seit2005, seit 2010 ist er Kantor der evangelischenGemeinden Königin-Luise-und-Silas und ZwölfApostel. Er studierte während des Abiturs ander Landesschule Pforta bereits Kirchenmusikin Dresden; seine anschließenden Studien inBerlin und Hannover schloss er 2010 mit demDiplom Kirchenmusik A ab. 2012 wurde er zum Kreiskantor des Kirchenkreises Schöneberg gewählt, seit 2016 Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg. Sein musikalischer Schwerpunkt liegt auf der Chorsinfonik und der Orgelmusik des 19. Jahrhunderts, besonders der Wieder-entdeckung vergessener oder selten aufgeführter Werke.

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    Bild: Laurence Pauc

  • Mehr Reger? In acht Tagen, am 20. November, erklingt hier in der Zwölf-Apostel-Kirche Max Regers Choralkantate Nr. 1 »O wie selig seid ihr doch, ihr Frommen«. Um 10 Uhr im Gottesdienst am Ewigkeits-sonntag, mit dem Zwölf-Apostel-Chor, Friederike Harmsen und dem Streichquintett der Sinfonietta Berlin unter der Leitung von Kantor Christoph Hagemann.

    Mehr Singen? Singen Sie mit! Teile aus Georg Friedrich Händels »Messiah« mit nur einer Probe bei Subito!Messiah am Wochenende 3. und 4. Dezember. Subito! ist ein Chorformat von Kantor Christoph Hagemann, das keine regelmäßige Teilnahme voraussetzt und offen ist für alle Mitsänger_innen mit Chorerfahrung und der Bereitschaft zur selbstständigen Vorbereitung. Die Probe findet am Samstag von 14 bis maximal 19 Uhr statt, die Aufführung diesmal in einer Abendmusik am Sonntag um 19 Uhr. Anmeldung und weitere Infos unter www.kirchenmusik-zwoelf-apostel.de.

    Noch mehr Singen? Der Zwölf-Apostel-Chor freut sich über Ihre Mitwirkung: Einstieg am Mittwoch, dem 23. November, 7. Dezember oder ab dem 4. Januar, jeweils um 19.30 Uhr im Großen Saal, An der Apostelkirche 1. Herzlich willkommen!

    Mehr Blechbläser? Adventliche Turmmusik vom Turm der Königin-Luise-Gedächtniskirche auf dem Gustav-Müller-Platz immer dienstags um 19 Uhr, vom 29. November bis 20. Dezember.

    Noch mehr Blechbläser? Abendmusik mit festlicher Trompetenmusik am ersten Weihnachtstag, dem 25. Dezember, um 17 Uhr, ebenfalls in derKönigin-Luise-Gedächtniskirche, mit Stephan Rudolph und Ronan Moris(Trompeten) und Kreiskantor Christoph Hagemann (Orgel).

    Mehr Veranstaltungen?www.das-kammerorchester.de – www.kirchenmusik-zwoelf-apostel.de

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  • Johannes Brahms (1833–1897)Sinfonie Nr. 4 in e-Moll op. 98 (1885)

    1. Allegro non troppo2. Andante moderato3. Allegro giocoso – Poco meno presto – Tempo I4. Allegro energico e passionato – Più Allegro

    Pause

    Max Reger (1873–1916)Der Einsiedler op. 144a (1915)

    (Chor)Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!Wie steigst du von den Bergen sacht,Die Lüfte alle schlafen,Ein Schiffer nur noch, wandermüd',Singt übers Meer sein AbendliedZu Gottes Lob im Hafen.

    (Bariton)Die Jahre wie die Wolken gehenUnd lassen mich hier einsam stehn,Die Welt hat mich vergessen,Da tratst du wunderbar zu mir,Wenn ich beim Waldesrauschen hierGedankenvoll gesessen.

    (Chor und Bariton)O Trost der Welt, du stille Nacht!Der Tag hat mich so müd' gemacht,Das weite Meer schon dunkelt,Lass ausruhn mich von Lust und Not,Bis dass das ew'ge MorgenrotDen stillen Wald durchfunkelt.