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Juni 2002 Heft 4/2002 ISSN 0947-1049 Modernste Technik: Ein Instrument für Instrumente Gleichgewichtsstörungen: Schwanken auf der Waage Kirchen: Streitfall Mission Wasser: Das globale Problem Psychologie-Absolventen: Wo sind sie geblieben? Sein und Schein: Ein 1000er mit Rektor? Geowissenschaften Planet: Erde – Projekt: Erforschung journal

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Titel-H_04-02 30.05.2002 13:51 Uhr Seite 1

Probedruck

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Juni 2002 Heft 4/2002 ISSN 0947-1049

Modernste Technik:Ein Instrument für Instrumente

Gleichgewichtsstörungen:Schwanken auf der Waage

Kirchen:Streitfall Mission

Wasser:Das globale Problem

Psychologie-Absolventen:Wo sind sie geblieben?

Sein und Schein:Ein 1000er mit Rektor?

Geowissenschaften

Planet: Erde – Projekt: Erforschung

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UniVersumNachrichtenTurnfest-Workshop: „Jetzt brennt es“900 Datenbanken zugänglichNachrichtenInstrument für Instrumente

GremienSenatssitzung am 14. Mai

ForschungGleichgewichtsstörungen:Schwanken auf der WaageOxide – mehr als Rost!Wenn Pflanzen Stress haben

Fakultäten und InstituteNeubau für VeterinärmedizinKirchen: Streitfall MissionStipendien

StudiosiPlakatkampagne: Vom Bier zum BenzinNachrichtenEine Psychologie-Absolventenstudie

UniCentralWie das Wetter zur Wissenschaft wurdeDicke Luft zu Hause?Über die Luft in der hohen AtmosphäreUltrafeines als SpezialitätSaure Seen?Das globale Problem WasserErforschung des Vulkans MerapiBoden – ein schützenswertes GutErkundung für EndlagerDie chemischen Elemente

PersonaliaNeu berufen / Kurz gefasstGeburtstage / Lothar Beyers VerabschiedungGedenken an F. Rabenschlag / Festgabe

Jubiläum 20091000er mit Rektor?Die Geschichte des Kroch-Hauses

Habilitationen und PromotionenAm RandeNomenImpressum

Titelfotos und -gestaltung: Christoph Busse

EDITORIAL

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Werbung für dieWissenschaft

Inhalt

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Das Bundesministerium für Bildung und Forschung undder Stifterverband für die deutsche Wissenschaft ha-ben das Jahr 2002 zum „Jahr der Geowissenschaf-ten“ ausgerufen. Das Motto des Jahres lautet „planet-erde“. Im Rahmen dieses Jahres sind die entspre-chenden Wissenschaftsrichtungen aufgerufen, sichmit ihren Arbeiten und Ergebnissen der Öffentlichkeitvorzustellen und damit das Interesse an der Wissenschaft zu beför-dern. Die Universität Leipzig hat ihren Campus-Tag am 8. Juni also nichtumsonst ebenfalls unter dieses Motto gestellt. Denn sowohl die Uni-versität als auch andere Forschungseinrichtungen der Region habenaktuelle Ergebnisse in den Geowissenschaften zu bieten. Einige Bei-spiele finden sich in diesem Journal wieder, verständlich aufberei-tet und damit Anregungen gebend, die zu einem Austausch überdie Chancen durch die Wissenschaft führen können. Auch bietendie Forschungsprojekte zahlreiche Anknüpfungspunkte an die Inter-essen und das alltägliche Leben eines jeden Bürgers.Begonnen wurde die Reihe der Wissenschaftsjahre 2000 mit demJahr der Physik. Im Jahre 2001 folgte das Jahr der Lebenswissen-schaften und im folgenden Jahr 2003 ist das Jahr der Chemie festgeplant. Grundaufgabe der Wissenschaftsjahre ist es, für den vor-gestellten wissenschaftlichen Bereich zu werben. Diese Werbung er-weist sich zunehmend als notwendig, da die Zahl der Studierendengerade in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern seit eini-gen Jahren zu gering ist, um den erwarteten Bedarf befriedigen zukönnen. So bieten Veranstaltungen wie Campus 2002 besondersJüngeren, die ihre Berufswahl noch vor sich haben, fachlich fun-dierte Informationen an.An der Universität Leipzig sind die geowissenschaftlich orientiertenFächer in voller Breite vertreten. Als Hauptfach können Studierendeunter den Fächern Geologie, Geophysik, Geographie, Mineralogieoder Meteorologie wählen. Alle Fragen nach der zukünftigen Ge-staltung der Umweltbedingungen und damit der Bewohnbarkeit desPlaneten Erde werden wissenschaftlich von diesen Disziplinenwahrgenommen, sei es durch Untersuchungen der Festigkeit desUntergrundes, dem Beschreiben der Erdbebengefährdung, der Er-klärung der Klimaveränderungen in Vergangenheit und Gegenwart,der Warnung vor extremen Unwettern und der Sicherheit der Was-serversorgung. Durch den Bezug zu den Umweltbedingungen stel-len diese Disziplinen eine Brücke zu anderen Disziplinen her.Aber die Universität steht alles andere als allein auf weiter Flur. DieRegion ist durch eine fruchtbare Vernetzung gekennzeichnet. Zu die-ser Vernetzung gehören Forschungseinrichtungen wie das Umwelt-forschungszentrum Halle-Leipzig, das Institut für Troposphärenfor-schung, das Institut für Länderkunde. Diese Forschungsinstitute sindder Universität Leipzig eng verbunden. So haben die Studierendender Universität Leipzig der geowissenschaftlichen Fächer Möglich-keiten und Perspektiven, wie sie in vergleichbarer Weise nur an we-nigen Hochschulstandorten angetroffen werden. Diese Ausstrahlungder Leipziger Forschungslandschaft reicht auch hin zu den benach-barten Universitäten in Freiberg, Halle und Jena. Das „Jahr der Geowissenschaften“ kann all diese Forschungsinsti-tute und ihre Projekte weiter voranbringen. Vor allem ist es dazu ge-eignet, die Geowissenschaften fassbar zu machen. Dazu kann hof-fentlich auch dieses Heft beitragen.

Prof. Dr. Gerd TetzlaffDekan der Fakultät für Physik und Geowissenschaften

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In der Galerie Treppenwerk

AusstellungALUMNIBetragen: gut, Ordnung: gut, Fleiß undMitarbeit: sehr gut, Gesamtverhalten: gut.Kopfnoten erhalten die Absolventen desInstituts für Kunstpädagogik nicht, wohlaber Lob und Wertschätzung für die Ar-beitsergebnisse in diversen künstlerischenDisziplinen (Genres) im Geschwister-Scholl-Haus der Universität Leipzig.Aus Anlass des 50-jährigen Bestehens desInstitutes für Kunstpädagogik zeigt die Ga-lerie TREPPENWERK ausgewählte Ab-schlussarbeiten aus den letzten fünf Jahren,die in den Fachklassen von Prof. FrankNeubauer, Dr. Roland Meinel, Renate Her-furth, Wilfried Huy, Hans Rossmanit undTobias Rost entstanden sind. Gezeigt wer-den Examensarbeiten in den BereichenMalerei, Grafik, Handzeichnung, Foto-grafie, Video, Installation, Grafikdesign,Plastik und Objekte. Neben dem eher ver-nachlässigten Genre der Zeichnung findetder Betrachter Holz- und Linolschnitte,Radierungen und Lithografien. Arbeitenauf Papier nehmen einen großen Raumdieser Ausstellung ein. Von besonderem Interesse sind einigeKünstlerbücher, die diese Exposition vonbemerkenswerter Vielfalt bereichern. Wie funktioniert nun die künstlerischeUmsetzung der virtuellen Probleme in un-serer Wirklichkeit? Kann der Künstler denZustand der Welt diagnostizieren? Kannman die Welt abbilden? Hat der Künstler,als Selbstbeauftragter, Selbstkritiker undSelbstbelohner, das Recht auf schöne Bil-der?Der Maler Emil Schumacher antworteteauf die Frage, was Kunst sei: „Originalität,

persönliche Handschrift, in Er-staunen versetzen, angerührtsein.“Ziel des Kunstunterrichts sollnach dem Lehrplan darin beste-hen, sich in der Welt der Bilderzu orientieren und sich selbstein Bild von der Welt zu ma-chen. Können wir bei perma-nenter medialer Berieselungeine Schulung, gar eine Ver-schmelzung der Sinne errei-chen? Gerade nach Veröffent-

lichung der PISA-Studie und besondersnach den Ereignissen in Erfurt ist Nach-denken über zeitgemäßen Unterricht ange-sagt. Beim Kunsterzieher kommt zur Kunstdes Machens noch die Kunst des Ver-mittelns hinzu; Herz und Verstand (Pesta-lozzi lässt grüßen!), Nähe und Distanz,Vergangenheit und Zukunft sind Bau-steine, die ein Lehrer bei der Arbeit amGesamtkunstwerk „Mensch“ einbringt.Diese Exposition soll Anregung und Er-mutigung sein.Die Ausstellung ALUMNI findet in derRitterstraße 8–10 statt. Alle Arbeiten sind(nicht während der vorlesungsfreien Zeit)bis Anfang Oktober, Montag bis Donners-tag von 9–13 Uhr oder nach telefonischerAbsprache 9737250 zu sehen.

Renate Herfurth

Das Institut fürKunstpädagogikist 50!

Normalerweise weiß man, wann man ge-boren wurde. Jedoch genau zu sagen, wannin Leipzig die universitäre Ausbildung vonKunsterziehern an einem speziell dafür ge-schaffenen Institut begann, erweist sich alsschwierig. Wieder einmal zeigte sich, dassmanche historische Fakten aus jüngsterVergangenheit gar nicht so leicht zu re-konstruieren sind. Die ehemalige Studen-tin Katja Weber (Lehramt Kunsterziehung/Geschichte) fand nach Archivarbeiten imRahmen ihrer wissenschaftlichen Ab-schlussarbeit, dass die Gründung des „In-stitutes für Kunsterziehung“ nach Geneh-migung des damaligen Staatssekretariatsdes Ministeriums für Volksbildung zwi-schen dem 9. April und dem 30. Mai 1952erfolgt sein muss. Erster Direktor war der

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ImpressumHerausgeber: Der RektorRedakteur: Carsten HeckmannRitterstr. 26, 04109 Leipzig,Tel. 0341/ 9 73 01 54, Fax 0341/ 9 73 01 59,E-mail : [email protected]. i. S. d. P. : Volker SchulteNamentlich gekennzeichnete Beiträge geben dieMeinung der Autoren wieder.Layout : Andreas Wendt, wpunktwSatz und Lithographie: DZA Satz und BildGmbH, AltenburgDruck und Binden: Druckerei zu AltenburgGmbH, Gutenbergstraße 1, 04600 AltenburgAnzeigen: Druckerei zu Altenburg GmbH, Tel. 03447/5550Verlag: Leipziger Universitätsverlag GmbHAugustusplatz 10/11, 04109 LeipzigTel./Fax: 0341/9900440Einzelheft : 1,50 eJahresabonnement (sieben Hefte) : 13,– e

In Fragen, die den Inhalt betreffen, wenden Siesich bitte an die Redaktion, in Fragen, die denVertrieb betreffen, an den Verlag.Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Beleg-exemplare erbeten.Redaktionsschluß: 22. 5. 2002ISSN 0947-1049

Terminewww.uni-leipzig.de/veranstaltungen

Die Adresse für Veranstaltungen an derUniversität Leipzig!

Seit dem 1. Juni finden sich unter die-ser Adresse die Informationen über wis-senschaftliche Veranstaltungen, Ring-vorlesungen, Ausstellungen, Konzerteetc. Die Einrichtungen der Universitätkönnen Veranstaltungen selbstständigeintragen und aktualisieren. Umfang-reiche Recherchemöglichkeiten ermög-lichen u. a. die gezielte Suche nachInteressentenkreis, Reihenveranstal-tung oder Sachgebiet.

Ansprechpartner:Forschungskontaktstelle,Roland Krause, [email protected]

Arbeiten aus der Ausstellung ALUMNI: „Stolpertaiga“ von Franziska Gerling

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Künstler und Kunstwissenschaftler Dr.Hans Schulze, der an der staatlichen Aka-demie für Kunst und Kunstgewerbe inBreslau u. a. bei Alexander Kanoldt stu-diert hatte. Im Herbst 1950 war er an dasInstitut für praktische Pädagogik der Uni-versität Leipzig berufen worden, ein Jahrspäter wurde er zum Fachrichtungsleiterfür das Fach Kunsterziehung ernannt undmit dem Aufbau der Abteilung Kunsterzie-hung beauftragt.Das 1993 neu gegründete und seitdem vonProf. Dr. Frank Schulz geleitete Institut fürKunstpädagogik kann also in diesem Jahrsein 50-jähriges Jubiläum feiern. Das heu-tige Institut blickt auf eine wechselvolleGeschichte zurück, konnte aber sein Profilnicht zuletzt in Anknüpfung an langfristigausgeprägte Forschungs- und Ausbil-dungsschwerpunkte gewinnen. Dazu ge-hören der systematische Aufbau der Lehrein der Einheit von Praxis, Theorie, Ge-schichte und Didaktik der bildenden Kunstsowie die Verbindung von klassischen,transklassischen und neuen Medien derbildnerischen Gestaltung. Insbesonderedas lange vor der Wende von Prof. Dr.Günther Regel, Emeritus des Institutes,entwickelte, damals ausgesprochen non-konformistische Konzept der künstleri-schen Bildung mit dem Vermittlungs-schwerpunkt moderner Kunst in der didak-tischen Einheit von Produktion, Rezeptionund Reflexion kommt in einem anhalten-den Prozess weit über die Institutsgrenzenhinaus zum Tragen und konnte u. a. in einerVielzahl von Lehr- und Lernmaterialien für

den Kunstunterricht in allen Bundeslän-dern umgesetzt und fortentwickelt werden.Die Zahl der Studierenden in den ver-schiedenen Lehramtsstudiengängen ist ste-tig gewachsen und liegt im Moment bei262. Dazu trägt nicht zuletzt die Attrakti-vität des Ausbildungsortes Leipzig sowieder spezifischen Ausbildungsbedingungenim Geschwister-Scholl-Haus, dem Insti-tutsgebäude, bei. Aufgrund großer Nach-frage bemüht sich das Institut zur Zeit umdie Einrichtung eines Bakkalaureats- undMagisterstudienganges Kunstpädagogik(für Studierende, die eine außerschulischekunstpädagogische Tätigkeit anstreben).Außerdem engagiert es sich im Moment inenger Zusammenarbeit mit der Erzie-hungswissenschaftlichen Fakultät für dieproduktive Umgestaltung der Lehreraus-bildung.Die Geburtstagsfeier lässt noch einige Zeitauf sich warten: Aus Anlass des Jubiläumsfindet am 27. September 2002 eine wis-senschaftliche Tagung mit einem großenAbsolvententreffen statt; an diesem Tagsoll auch ein Freundeskreis des Institutesgegründet werden. Den Festvortrag wirdProf. Dr. Johannes Kirschenmann von derAkademie der Bildenden Künste Münchenhalten, der am Leipziger Institut promo-viert hat. Die Kustodie will ebenfalls ausgleichem Anlass in der Galerie im Hör-saalgebäude eine Ausstellung mit Werkendes Institutsgründers Hans Schulze durch-führen.

Steffen Wachter

Heft 4/2002

„Fliegendes Pferd“ von Sandy Fischer

„Der Froschkönig“von Michaela Wagner

AmRande

Es gibt einen Sonnabend, da habenSchüler frei und müssen trotzdem frühaufstehen. Ihre Eltern wollen das so.Ihre Zukunft verlangt es. Ihr Gewissenmeldet sich vielleicht auch. Ein solcherSonnabend heißt auch „Studieninfor-mationstag“. Um neun Uhr geht’s los.Das Alphabet der Universität wird ge-lehrt, von A wie Afrikanistik bis Z wieZahnmedizin, wobei sich zuletzt das Iwie Informatik besonders in den Vor-dergrund drängte. Aber es geht ummehr. Tiefe Einblicke werden vermittelt.Man könnte sie unter H wie Hörsaal-atmosphäre verbuchen. Oder unter Vwie Vorlesungsunwägbarkeiten.Die erste wichtige Erkenntnis: Die Ver-anstaltung beginnt nicht pünktlich. DerDozent wird selbstverständlich von Ar-beit aufgehalten. Außerdem: Der Hör-saal ist gut gefüllt, das ist die Regel,die Ausnahme findet höchstens um7 Uhr statt, aber auch da sollte mansich nicht allzu sicher sein. Obwohl im-mer Plätze frei bleiben. Denn: Durch-rücken ist keine Übung, die Studentengut beherrschen. Kein Wunder, dennwie beim Info-Tag zu erleben war den-ken Schüler auch nicht dran. Man istdas halt nicht gewohnt vom Klassen-raum. Als Student gewöhnt man sichdann an, früher gehen zu wollen ... Aber halt: Erst mal sollte über frühesKommen geredet werden. Das ist inAnbetracht des gut-gefüllt-Gedankensselbstverständlich. Wer mag schon aufder Treppe sitzen? Wer mag schon aufeinen gepolsterten Stuhl verzichten?Doch Vorsicht: Dass man sich überallgepolstert setzen darf, ist ein durcheine Einführungsveranstaltung im Hör-saal 19 hervorgerufener Irrglaube.Zurück zum frühen Gehen: Manchegehen noch früher als die Frühgehervon ganz außen. Das bedeutet: Auf-ruhr in der Stuhlreihe. Wo doch dieAkustik ohnehin schon nicht die besteist seit Ausfall des Mikrophons ...Auch optische Aspekte sollten beimHörsaalbesuch nicht unbedacht blei-ben. Merke: Selbst wer seine Augenfür alltagstauglich hält, sollte nicht mitihrer Folien-Tauglichkeit rechnen.Kurzum: das L kommt zu seinem gro-ßen Auftritt. Nein, nicht Leipzig. DieLösung! Sie heißt: Lektüre! Vorher,beim Warten. Nachher, beim Nach-bereiten. Aber bitte nicht mittendrin ...

Carsten Heckmann

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„Jetztbrenntes“Eine Workshop-Erfahrung beimTurnfestSport ist Mord. Übliche Warnungen wiediese habe ich in den Wind geschlagen.Fast wörtlich. Schließlich begann das„Vielseitige Gesundheitstraining“ mitBadminton. Was für eine entspannteÜbung. Bis zu den leichten Erschwernissenzumindest: zwischen den Ballwechselnden Schläger unterm Oberschenkel her-wandern lassen, abwechselnd links undrechts schlagen, mit zwei Personen nureinen Schläger benutzen. Erwärmungeben. Wie auch das anschließende Ball-und gleichzeitig Kennenlernspiel. Gut, dass es ruhige Qigong-Übungen zusphärischenKlängen gibt, dachte ich noch

– bevor Dr. Bartel (im Workshop gernWolfgang) erklärte, dass der Körper Span-nung braucht und man doch bitte gegen denWiderstand der Zähne ausatmen möge.Apropos Spannung: Die sollten wir Teil-nehmer auch beim Beckenbodentraininghalten. „Das ist so, als wenn man Stuhl-gang und Wasserlassenplötzlich unterbrechenmuss“, ruft Wolfgang.Und das soll gesund sein?„Schickt eure Gedankenin die Füße!“ Wie bitte?Oh, in die Füße. Aber mitSpannung im Rücken! Wie es wohl auf die Zu-schauer an der Plexiglas-scheibe gewirkt habenmuss, dieses Bild von 30Menschen, die völlig ge-spannt „den Baum im Wind machen“, alsoauf der Stelle pendeln? Oder auch die fol-gende Übung für die Schienbeinmuskula-tur: „Tut einfach so, als müsstet ihr einenLuftballon zwischen Zehenspitzen undSchienbein einklemmen … Jetzt brennt esschon ein wenig, oder?“ Und ob es brannte.Aber meine Mit-Turner waren begeistert,schrieben zwischendrin eifrig mit. Schließ-lich waren sie alle auf der Suche nach An-regungen für die Kurse, die sie in ihren Ver-einen leiten. Da machten sie einiges mit. Das war zu-mindest der Aussage meiner Mattennach-berin bei den Rückenübungen zu entneh-men: „Oh Gott, was habe ich schon einenMuskelkater.“ Ich hatte zu jenem Zeitpunktkeinen. Aber das sollte sich am nächstenTag ändern. Da meldeten sich all die klei-nen Muskeln, die wegen Nichtbenutzunglängst erschlafft waren.Dabei hatte die Abschlussübung Linderung

versprochen: Alle standen hintereinanderim Kreis und massierten sich gegenseitig.Dumm nur, dass meine Hinterfrau über-großen Ehrgeiz an den Tag legte, nachdemsie festgestellt hatte: „Ah, prima, ich habeeinen Mann vor mir.“Richtig gelohnt habe sich der Workshop,

„die Gestaltung war variabel,einige Übungen könnte mansogar mit Kindern machen,da nimmt man doch einigesmit“, erklärten BrigitteBreuch und Karin Wiese-mann vom MettmannerTurnverein (in der Nähe vonDüsseldorf). Sie ernteten Zu-stimmung. Auch vom einzigUntrainierten in der Gruppe.

Carsten Heckmann

Auszüge aus Ausführungendes Workshop-LeitersDr. Wolfgang Bartel VielseitigesGesundheits-training

Die wesentlichen theoretischen Grund-lagen für ein vielseitig gestaltetes Gesund-heitstraining liefert uns das Saluto-Genese-Modell von Atnonovsky (1979), in demneben den bis dahin bekannten Risikofak-toren auch die Schutzfaktoren der Gesund-heit benannt werden. Bewegung, Spiel undSport haben ihren anerkannt festen Platzals Bestandteil der Schutzfaktoren in die-

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Dr. Wolfgang Bartel in Aktion bei seinem Workshop. Foto: Heckmann

Rund 100000 Teilnehmer verzeichnetedas Deutsche Turnfest in Leipzig, dasvom 18. bis 25. Mai stattfand. 6000 da-von waren für die Turnfest-Akademie ge-meldet. In 440 Workshops und Semina-ren konnten sich die im Sport Tätigenweiterbilden, und zwar in den BereichenFitness und Aerobic, Dance, Gesund-heitssport, Kinderturnen, Didaktik sowieManagement. Renommierte Expertenaus Wissenschaft, Medizin, Sportpraxisund Wirtschaft vermittelten ihr Wissen –darunter natürlich auch einige Mitarbei-ter der Universität Leipzig.Uni-Journal-Redakteur Carsten Heck-mann nahm am Workshop 55303 teil,„Vielseitiges Gesundheitstraining“ beti-telt. Den Workshop in der Sporthalle desOlympiastützpunkts leitete Dr. WolfgangBartel. Er verantwortet das FachgebietFreizeitsport, Präventions- und Fitness-sport im Institut für Allgemeine Bewe-gungs- und Trainingswissenschaft derSportwissenschaftlichen Fakultät derUniversität Leipzig.

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sem Modell. Schutzfaktoren, die die Ge-sundheit wiederherstellen, erhalten undverbessern können, sind eine altersge-rechte Fitness, Gesundheitswissen undKompetenzen für eine gesunde Lebensfüh-rung. Eine zentrale Bedeutung im Rahmenumfassender Gesundheitswirkungen haben„soziale Einbindung“ bzw. „soziale Unter-stützung“.Das Erleben sozialer Unterstützung in unddurch die Sportgruppe hat eine Doppel-funktion: Erstens sind sie ein direkter undwichtiger Schutzfaktor der Gesundheit undzum anderen unterstützen sie indirekt überdie Vermittlung von Freude und Wohlbe-finden beim Sporttreiben das „Dabeiblei-ben“. Wer sich wohl fühlt, steigt selteneraus und kann die segnenden Wirkungenvon Bewegung, Spiel und Sport dauerhafterleben.Trainingsreize sind nicht speicherbar, unddie Gesundheit bzw. die gesundheitsorien-tierte Fitness sind kein Zustand, den maneinmal hat und dann für immer besitzt, son-dern sie stellen ein Fließgleichgewicht dar.Wer sich auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum möglichst in der Nähe der Ge-sundheit einordnen möchte, muss regelmä-ßig, also mindestens einmal wöchentlich,zu seinem Sport- und Bewegungsangebotgehen.Das „Sich-in-der-Gruppe-Wohlfühlen“,das „Dabeibleiben“ haben eine ganzheit-liche Basis. Unsere Erfahrung besagt, dassder Übungsleiter, der dieses „Sich-in-der-Gruppe-Wohlfülen“ an seine Sportgrup-penmitglieder weiter geben will, möglichstauch über „ganzheitliche“ Kompetenzenim Sinne von Fachkompetenz, Methoden-bzw. Vermittlungskompetenz und Sozial-kompetenz verfügen sollte.Befragt man Mitglieder unserer Gesund-heitssportgruppen (Rücken-Sport-, Rü-cken-Fitnessgruppen), ob sich ihre Erwar-tungen mit den angebotenen Inhalten er-füllen und wie die Sportstunde aussehenmuss, die ihnen so richtig Spaß macht,dann hört man fast einhellig diese Mei-nung: „Sie muss auf alle Fälle was bringen(gemeint ist hauptsächlich eine gespürteBauch-, Rücken-, Po- und Beinbelastung),das Üben muss in einer entspanntenGruppenatmosphäre stattfinden, die ‚auf-lockernden Erkennungsspiele‘, die wir vonZeit zu Zeit machen, sind gut. Da kommtso richtig Stimmung auf und man hat Ge-legenheit, zusätzlich miteinander zu reden.Natürlich darf unsere Entspannung amSchluss auch nicht fehlen, Federball zuBeginn sollte auch bleiben“.

Einer kontinuierlichen Bereitstellung dersich rasant entwickelnden elektronischenMedien in vielfältigen Formen wird an derUniversitätsbibliothek Leipzig (UBL) einhoher Rang zugeordnet. Zurzeit sind imIntranet der Universität Leipzig über dieWeb-Site der UBL mehr als 70 CD zu-gänglich. Darunter sind neben einer Reihebibliographischer CD wichtige Datenban-ken für die Fachinformation. Das CD-An-gebot wird zunehmend durch den Internet-zugriff auf aktuellere Web-basierte Daten-banken substituiert.Die UBL hat Verträge mit wichtigenOnline-Hosts, deren Angebote über dieInformationsvermittlungsstellen und auchdurch die Wissenschaftler selbst genutztwerden können. Auf diese Weise sind ca.900 Datenbanken aller Wissensgebiete zu-gänglich.Die wissenschaftliche Informationstätig-keit der UBL verfolgt dabei das Ziel, fürmöglichst alle Wissensgebiete Informa-tionssysteme bereitzustellen, die die Re-cherche zum jeweiligen Fachgebiet mitInformationen zur Quellenbereitstellungbzw. dem direkten Zugang zum Volltextverbinden. Diese müssen den inhaltlichenAnforderungen (Vollständigkeit, Qualität

der Erschließung) und Anforderungen andie Oberflächengestaltung (übersichtlicheBedienbarkeit, Nutzung von Standard-Clients, Schnittstellen zu anderen lokalen,regionalen und überregionalen Systemen)gerecht werden.Idealerweise sollten sie am Arbeitsplatzdes Wissenschaftlers zur Verfügung stehen.Mit diesem Ziel wird ein Prozess des Wan-dels der Aufgaben der Informationsver-mittlungsstellen der UBL aufgezeigt: Wur-den in den vergangenen Jahren im Wesent-lichen Auftragsrecherchen durchgeführt,so gilt es jetzt, die Informationsangebotezu evaluieren, Administratorfunktionen zuübernehmen und für die Beratung undSchulung zu Datenbank- und Volltextnut-zung zur Verfügung zu stehen.

FachübergreifendeDatenbanken

Unter dem WoS (Web of Science) sind dreifür Natur-, Sozial- und Geisteswissen-schaftler wichtige Datenbanken nutzbar:„Science Citation Index“, „Social ScienceCitation Index“ und „Arts & HumanitiesCitation Index“. Diese Datenbanken wer-

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900 DatenbankenzugänglichElektronische Medien derUniversitätsbibliothekVon Dr. Achim Barth

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Volltextnutzung über die Elektronische Zeitschriftenbibliothek vonSept. 2001 bis April 2002

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ten jene Zeitschriften mit dem höchstenImpact-Faktor (Zitierungshäufigkeit) aus.Sie erlauben die thematische Recherche,die Recherche nach Autor, Institution undQuelle. Für eine fachübergreifende Suchekönnen auch die Zeitschrifteninhaltsver-zeichnisse von Agenturen (Swets, EBSCO)genutzt werden. So sind unter der Swets-Navigator-Oberfläche ca. 17 500 solcherVerzeichnisse recherchierbar.Adressen:http://elib.tu-darmstadt.de/WoShttp://www.swetsnetnavigator.nl/direct/

Spezielle Datenbanken

Die Wissensgebiete Mathematik, Physikund Chemie sind durch für uns zugäng-liche DB nahezu vollständig erschlossen.Im Rahmen eines Pauschalabkommens mitdem Host STN (Scientific and TechnicalInformation Network) sind 51 Datenban-ken nutzbar, darunter die DB INSPEC(Physik, Elektrotechnik, Elektronik) undMATH (Online-Version des Zentralblattesfür Mathematik) und Patentdatenbanken.Adresse: http://opac.ub.uni-leipzig.de/stn-padb.htm

Die für den medizinischen-biologischenBereich wichtigsten Datenbanken sindMEDLINE, EMBASE, BIOSIS, derScience Citation Index, CANCERLITund TOXLINE.Die MEDLINE (entspricht Index Medicus)enthält 11 Mill. Einträge aus mehr als 4000Zeitschriften. Inhaltlich werden neben derHumanmedizin die Zahn- und Veterinär-medizin sowie die Psychologie und Teil-bereiche der Biologie erschlossen. Die Da-tenbank wird von verschiedenen Anbieternkostenfrei bereitgestellt Die Datenbanken EMBASE und BIOSISenthalten mehrere Millionen Einträge zurMedizin, Biologie und Pharmakologie. Re-cherchen in diesen Datenbanken können inden Informationsvermittlungsstellen inAuftrag gegeben werden. Weitere hier zunennende Datenbanken sind: Psyndex (ent-hält Quellen deutschsprachiger Länder)und die Datenbank der American Psycho-logical Association PsycINFO.Adressen: http://www.dimdi.de/germ/fr-rech.htmhttp://newfirstsearch.oclc.org/FSIP

Für die Sozial- und Geisteswissenschaf-ten stehen eine Reihe von CD- und online

Datenbanken zur Verfügung. Die entspre-chenden WoS-Datenbanken haben insbe-sondere für die Geisteswissenschaftengroße Bedeutung (Arts & HumanitiesCitation Index), da diese Disziplinen nichtin ausreichendem Maße durch andere Da-tenbanken erschlossen sind. Eine breitesSpektrum von Datenbanken existieren fürdie Sozialwissenschaften. Über den On-line-Zugang WISO III ist die DatenbankSOLIS des Informationszentrums Sozial-wissenschaften zugänglich Adresse:http://www.wiso-net.de/cgi-bin/intranet?wiso-net

Für die Juristen stehen das juris Online-Angebot sowie die juris CD-ROM zurVerfügung. Die UBL hat mit der jurisGmbH einen Mehrjahresvertrag abge-schlossen (Fakultäts-Lizenz). Der Zugriffauf 17 CD-ROM-Datenbanken kann durchden Online-Zugriff aktualisiert werden.Mit den juris-Datenbank steht das kom-plette Spektrum an rechtlichen Informatio-nen zur Verfügung: Rechtsprechung, Pres-semitteilungen, Literatur/Fakten, Gesetzeund Rechtsverordnungen, Bundesanzeigerund Verwaltungsvorschriften. Informationen über Urteile und biblio-graphische Nachweise enthalten die CD-ROMs NJW und KuselitAdresse:http://www.ub.uni-leipzig.de/ebiblio/ebib_cdrom992332728.htm

Wichtigster Ausgangspunkt für die wirt-schaftswissenschaftliche Informationsind die inzwischen online verfügbarenbibliografischen Datenbanken WISO Iund II, die einen umfassenden Überblicküber die in Deutschland vorhandene wirt-schaftswissenschaftliche Literatur ein-schließlich der (bis auf Artikelebene er-schlossenen) Zeitschriftenliteratur bie-ten.mMit der Bereitstellung der Zeitschriften-volltextdatenbank Business Source Pre-mier (BSP) des Anbieters EBSCOhost istes in diesem Jahr gelungen, die Lücke beider arbeitsplatznahen Informationsversor-gung mit englischsprachigen Zeitschriften-volltexten weiter zu schließen.Adressen:http://www.wiso-net.dehttp://search.epnet.com

Allgemein gibt es für den Zugriff aufElektronische Zeitschriften folgendeWege:

• Aus der Datenbankrecherche heraus (so-fern der Datenbankanbieter eine entspre-chende Verlinkung mit dem Verlag ver-traglich vereinbart hat). Für die UB Leip-zig trifft dies für die Nutzung der STN –Datenbanken, der WoS – Datenbankenund der Datenbanken des SciFinderScholar zu.

• Der Zugang zum Volltext erfolgt imIdealfall über eine Referenzdatenbank(s. BSP). Dieser Zugangsweg wird in Ab-hängigkeit von Angebot und Kosten vor-rangig ausgebaut.

• Möglich ist auch der Zugriff über Such-menüs der Verlage (letzteres ist in derRegel nur bei bestehendem Vertrag mitdem jeweiligen Verlag nutzbar).

• Für den Übergang zum Volltext ist nebenden o. g. vom Datenbankanbieter zuschaffenden Voraussetzungen die Frei-schaltung der jeweiligen Zeitschriften-titel für die Universität Leipzig erforder-lich. Freigeschaltet ist im Rahmen unse-rer Verträge das Campusnetz der Univer-sität.

Die ElektronischeZeitschriftenbibliothek

Um eine zusammenfassende Darstellungder für die Bibliotheken elektronisch ver-fügbaren Zeitschriften zu ermöglichen undderen aufwendige Darstellung durch dieeinzelne Bibliothek zu rationalisieren,wurde von den UniversitätsbibliothekenRegensburg und München mit der„Elektronischen Zeitschriftenbibliothek“(EZB) ein System entwickelt, das die Ko-operation von inzwischen mehr als 180 Bi-bliotheken gestattet. Die UBL beteiligt sichan der EZB.Die Bibliotheken können elektronischnutzbare Zeitschriften selbst eintragen be-ziehungsweise die Einträge anderer Biblio-theken nutzen und Kennzeichen für deneigenen Bestand vermerken. Durch diesesSystem sind generell freie Titel oder spe-ziell für die UBL freie Zeitschriften ge-kennzeichnet. Gegenwärtig sind von den12548 in der EZB erfassten Zeitschriften3687 für die UBL frei, 2395 sind zurzeitfrei zugänglich. Damit stehen für die Wis-senschaftler der Universität Leipzig 6082Zeitschriften in elektronischer Form zurVerfügung. Adresse:http://www.ub.uni-leipzig.de/ebiblio/ebib_zeit.htm

UniVersum

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Ansprechpartnerfür weitere Informationen:Hauptbibliothek: Dr. A. Barth, Tel.9730604, Mail: [email protected];Zweigstelle Wirtschaftswiss.: W.-D. Wei-nitschke, Tel.: 9730642; Mail: [email protected]; Zweigstelle Rechtswiss.: A. Knobelsdorf, Tel.: 9730650, Mail:[email protected]; Zentral-bibliothek Medizin: Dr. F. Baumann, Tel.:9714013, Mail: [email protected].

(Der Beitrag ist entstanden unter Mitarbeit vonW.-D. Weinitschke, V. Eberlein, F. Baumann undA. Knobelsdorf.)

KinderkrebsstationHand in Handfor Children

Eine neue, hochmoderne Kinderkrebssta-tion, die Hand in Hand for Children Kinder-krebsstation der Klinik und Poliklinik fürKinder und Jugendliche der UniversitätLeipzig wurde am 21. Mai übergeben. DieStation befindet sich auf dem Gelände derUniversitätskinderklinik in der Oststraße.Moderne, kind- und familiengerechte so-wie freundlich gestaltete Krankenzimmerund Funktionsräume stehen in der einzigenpädiatrisch onkologischen Station im Groß-raum Leipzig den Patienten zur Verfü-gung.mIn knapp sechs Monaten wurde die neueStation fertiggestellt und wird nun ihrenNutzern übergeben. Für den KlinikdirektorProf. Dr. Wieland Kiess ist damit ein wei-terer Meilenstein bei der Verbesserung derräumlichen Bedingungen für die Patientender Universitätskinderklinik gesetzt. In sechs Zwei- und zwei Einbettzimmernkönnen insgesamt 14 bis 18 Jahre alte Pa-tienten betreut werden. Die hellen undfreundlichen Zimmer sind wesentlich grö-ßer als bisher und bieten viel Platz fürPflege und Betreuung, aber auch zum Spie-len. Die Zimmer sind nicht in dem üblichenKrankenhausweiß gehalten, sondern pa-stellfarben gestrichen und mit blauen Mö-beln und Türen versehen. Um den Kindernund Jugendlichen den Kontakt mit ihrenFreunden und Klassenkameraden zu er-leichtern, verfügt jedes Zimmer über einenTelefon- und Internetanschluss. Die Kinder und die Krankenhausmitarbei-ter empfinden aber auch den neuen Flur alsgroßen Fortschritt. Der gleiche Flur, der

früher mit alten grauen, abgeschabten undplatzfordernden Schränken mit allen not-wendigen Utensilien vollgestellt war, istjetzt groß und übersichtlich und kann fürein schon genesendes Kind schon einmalLaufstrecke sein. Medikamente, Verband-materialien und alles andere, was für diePatientenbetreuung benötigt wird, wirdjetzt mit modernen Modulsystemen bereit-gestellt. An der Decke des Korridors be-findet sich auch ein Signalsystem, dassdem Stationspersonal genau anzeigt, woihre Hilfe gefragt ist.In die Station integriert ist auch eine soge-nannte „Sterileinheit“ für Patienten mit be-sonders hohem Ansteckungsrisiko, u. a.nach Hochdosis-Chemotherapie oderHyperthermie. Alles ist mit modernstenGeräten ausgestattet, die man aus derÜbergangsstation z. T. schon mitgebrachthat. Kinder, die ihr Bett verlassen können,finden Unterhaltung im Spielzimmer di-rekt auf Station. Für ihre Eltern wurde einRückzugsraum eingerichtet und einekleine Küche, in der sie auch das Lieb-lingsessen ihres Kindes zubereiten können.Das ist nicht zu unterschätzen, besondersfür die Kinder, die längere Zeit im Kran-kenhaus zubringen müssen.Auf der gleichen Ebene wie die Krebssta-tion, direkt gegenüber, befindet sich einFunktionstrakt mit Räumen für die Physio-therapie, ein Musik- und Sporttherapie-raum, ein Psychologenzimmer und nicht zuvergessen die Klinikschule. Der Umbau und die Einrichtung der Sta-tion haben rund 485000 e gekostet. Dabeierfuhr die Kinderkrebsstation von allenSeiten Unterstützung. 250000 e hat alleindie Organisation „Hand in Hand for Chil-dren“ mit Sitz in Köln gespendet, die essich zur Aufgabe gemacht hat, krankenKindern ein freundliches, kraftspendendesUmfeld zu schaffen; 100000 e spendetedie „Elternhilfe für krebskranke Kinder“e.V. Dr. Bärbel Adams

FußballturnierDie Wende istin SichtDas traditionelle Fußballturnier nach dergemeinsamen Sitzung der Rektorate desUniversitätsverbundes Halle-Jena-Leipzig,diesmal am 8. Mai in Jena ausgetragen, hatdie vielbeschworene Wende – zumindestaus Leipziger Sicht – zwar noch nicht voll-ends eintreten lassen, aber sowohl beim

0 : 3 gegen die Lutheraner als auch beim0 : 2 gegen die Schillerianer wurde einespielerische Steigerung nachgewiesen. Be-richte im Sinne der Oralhistory sprechensogar von Siegchancen. Turniersiegerwurde erstmals das weiter verjüngte halle-sche Team. Die Leipziger Uni-Mannschafttrat mit den Professoren Baerwald, Bigl,Busse, Drößler, Engelmann, Fritzsche,Neumeister, Stiehler, den Neulingen Prof.Einicke und Dr. Bär sowie DekanatsratStüwe an.

Schultheiß-SchenkungKustodie sagtDankeEs ist uns immer wieder eine besondereFreude und Ehre, wenn Künstler wichtigeihrer Werke den Kunstsammlungen derUniversität übereignen, sei es als allgemei-nes Zeichen ihrer Verbundenheit mit derUniversität oder als ganz spezieller Dankfür die Bemühungen der Kustodie, die un-ter ihrem ehemaligen Leiter Rainer Beh-rends allein bis zum Frühjahr diesen Jahresmehr als 100 Ausstellungen in der Galerieim Hörsaalbau und im Kroch-Haus derGegenwartskunst widmete. Auch der Leip-ziger Maler und Grafiker Arnd Schultheißhatte 1995 im Kroch-Haus eine anlässlichseines 65. Geburtstages konzipierte Perso-nalausstellung, in deren Folge die Kustodieeinen nach seinem Entwurf gewebten klei-nen Gobelin erwerben konnte. Im Frühjahrdiesen Jahres überraschte uns der Künstlermit jenen drei 1985, 1987 und 1989 edier-ten Grafikmappen, deren insgesamt 51,von Günter Rössler auf getöntem Papiergedruckte und vom Künstler selbst spar-sam kolorierte Radierungen nach „Studienaus dem Konzertsaal“ seinen Namen weit-hin bekannt gemacht haben. Die auf we-nige ausdrucksstarke Linien beschränktenZeichnungen entstanden zwischen 1981und 1988 zumeist im Probensaal des Ge-wandhauses. Ihr Gegenstand ist der Musi-ker, zumeist der Dirigent, sein Porträt, dasin der Arbeit am Musikstück und durch dieMusik selbst den Künstler in seinem We-sen offen legt. Sie sind aber auch ein ge-lungener Versuch, die vergängliche, audi-tive Musik mit ihren immer wiederkehren-den charakteristischen Bewegungsmotivenin der Sprache des Bildes überdauern undwiederaufklingen zu lassen. Und sie sind,wie Arnd Schultheiß in der Einleitung zur3. Folge der Studien zitiert wird, nicht

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zuletzt ein Dank des Musikliebhabers„gegenüber denen, die mit ihrer mensch-lichen und musikalischen Ingeniosität in sounsicherer zwielichtiger Zeit wie der heu-tigen wenigstens mein Gemüt erhellen undmeinen Geist bilden.“Als weitere Bereicherung unserer Samm-lungen schenkte uns Arnd Schultheißaußerdem das 1977 nach einer Zeichnungvon 1965 radierte Bildnis seines LeipzigerMalerkollegen Günther Thiele, von demsich ebenfalls einige Arbeiten in unsererSammlung befinden.

Cornelia Junge

BeschaffungssystemPer Intranetans MaterialSeit einigen Wochen kann an der Univer-sität Leipzig die Materialbestellungelektronisch unter Verwendung von Web-Formularen im Intranet erfolgen. Ein ent-sprechendes elektronisches Beschaffungs-system (E-Procurement-System) wurdeam Lehrstuhl Datenbanken des Instituts fürInformatik (Prof. Dr. Erhard Rahm) imRahmen einer Diplomarbeit zusammen mitdem Dezernat 1 entwickelt und eingeführt. Bisher wurde der zur Materialbestellungnötige Geschäftsverkehr zwischen dem fürdie Beschaffung verantwortlichen Dezer-nat 1 und den Fakultäten und anderen Uni-versitätseinrichtungen weitgehend papier-basiert abgewickelt. So musste die bestel-lende Person Informationen bzgl. der be-nötigten Artikel etc. manuell in einemKatalog nachschlagen. Bestellformularemussten handschriftlich oder per Schreib-maschine ausgefüllt und per Fax oderHauspost an das Dezernat geschickt wer-den. Auch der Umbuchungsvorgang wurdeüberwiegend auf Papierbasis durchgeführt.Ferner waren übergreifende Auswertungenwie z. B. „Welche Fakultät hat in welchemZeitraum von einer bestimmten Produkt-klasse wie viel bestellt?“ nur mit großemAufwand durchführbar. Das neue System bietet u. a. die folgendeFunktionalität an:• Bestellberechtigte Mitarbeiter der Fakul-

täten und anderer Einrichtungen könnendas System an ihrem Arbeitsplatzrechnerüber einen konventionellen Browser nut-zen. Nach Anmeldung im System kön-nen sie den Geschäfts- und Wirtschafts-bedarf aus dem aktuellen elektronischenMaterialverzeichnis über ein einfach

nutzbares Web-Formular auswählen. Derelektronische Katalog weist die Verfüg-barkeit der Artikel im Lager sowie dieKosten aus. Die spezifizierten Bestellun-gen werden über das Intranet an das De-zernat 1 weitergeleitet.

• Im Dezernat werden nach der Prüfungder Bestellung, der Zusammenstellungder Artikel und nach der Initiierung desVersands automatisch die entsprechen-den Aktualisierungen des Lagerbestan-des vorgenommen. Ferner werden dieentsprechenden Umbuchungsformularezur Bezahlung generiert und über dasIntranet an die bestellende Einrichtunggeschickt.

• Durch eine elektronische Archivierungaller Bestellungen und Umbuchungen ineiner Datenbank können im Sinne einesControllings vom Dezernat zudem retro-spektive quantitative Auswertungendurchgeführt werden. Auf der Basis die-ser Auswertungen können dann bedarfs-orientiert die zukünftig nötigen Mate-rialbestände bei den entsprechenden Zu-lieferern und Großhändlern geplant undbestellt werden.

Die Vorteile für die Anwender sind eineReduzierung des mühsamen manuellenFormularverkehrs, eine geringeren Anzahlvon fehlerhaften oder fehlgeleiteten Doku-menten, eine höhere Kostentransparenzsowie reduzierte Durchlaufzeiten, bis diebestellten Artikel eintreffen. Vorteile fürdas Dezernat 1 sind neben der höheren„Kunden“-Zufriedenheit vor allem die ver-besserten Möglichkeiten für Bedarfsanaly-sen und Bestandsplanungen.Das E-Procurement-System wurde auf derBasis moderner Internet- und Datenbank-technologien erstellt (z. B. Java-basierteApplication-Server, Data Warehousing).Die Wartung und Weiterentwicklung desSystems erfolgt durch die im BIC Leipzigangesiedelte Software-Firma des Diplo-manden, get AG. R. Müller

Im Neuen SenatssaalOECD-Treffen ander UniversitätAm 24. 4. 2002 empfing die UniversitätLeipzig im Neuen Senatssaal der Univer-sität Leipzig eine Delegation von OECD-Vertretern. Sie gastierten hier im Rahmeneiner Promotionstour, um die Arbeit ihrerOrganisation vorzustellen und so Interes-senten für eine derartige Tätigkeit anzu-werben. Diese werden gesucht, weilDeutschland in der OECD durch eigeneMitarbeiter zu wenig repräsentiert sei undder Bewerbungsschluß für die bald statt-findende Rekrutierungsmission kurz be-vorsteht. Die OECD (Organisation forEconomic Cooperation and Development)ist eine der bedeutendsten internationalenOrganisationen auf dem Gebiet der inter-nationalen wirtschaftspolitischen Zu-sammenarbeit mit dem Hauptsitz in Parisund Tätigkeit in 29 Ländern der Welt.An dem Treffen nahmen unter anderem Dr.Maurer, von der Vertretung Deutschlandsbei der OECD, Dr. Villarreal, Chef derOECD-Personalabteilung, Dr. Schich,ebenfalls ein Mitarbeiter der OECD, sowieVertreter des Bundesministeriums für Fi-nanzen teil. Im Auditorium saßen vor alleminteressierte Studenten der UniversitätLeipzig.Eröffnet wurde die Veranstaltung durchProf. Dr. Rautenberg, dem Dekan der Fa-kultät für Wirtschaftswissenschaften, diediese Veranstaltung organisiert hatte. An-schließend sprachen Dr. Maurer und Ver-treter des Bundesministeriums für Finan-zen über die Rolle und Bedeutung derOECD, ehe Dr. Schich über die Arbeits-weise der Organisation informierte. Aufdie Personalpolitik, Rekrutierung und Be-soldung der OECD ging Dr. Villarreal inseinem Vortrag ein. Dabei wurde schnelldeutlich, daß eine Anstellung bei derOECD sehr lukrativ ist, da sie nebensteuerfreien Gehältern (ein junger, unver-heirateter Experte verdient monatlich ca.5000 Euro) auch eine private Rente undKrankenversicherung, 30 Tage Urlaub imJahr und Zuschüsse zu den Mietkosten gar-antiert. Da verwundert es nicht, dass imJahre 2001 etwa 9500 Bewerber um insge-samt 129 freie Stellen im Höheren Dienstkonkurrierten.

Marek Mora, wiss. MitarbeiterWirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Institut für Wirtschaftspolitik

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Pilotanwenderin Andrea Hesse (Institut für Informatik) am E-Procure-ment-System Foto: R. Müller

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Das Musikinstrumenten-Museum unsererUniversität besitzt seit kurzem ein ganzund gar nicht museales Instrument. Viel-mehr ist es eine echte Novität und stehtauch nicht in der Sammlung, sondern imZimmer des Wissenschaftlers Veit Heller,der es gemeinsam mit Messtechnikern undder Werkstatt des Instituts für Experimen-telle Physik der Universität entwickelt hat.Es handelt sich um eine 3D-Laser-Mess-maschine zum Erfassen von Oberflächen-strukturen, Formen und Umrissen von Mu-sikinstrumenten und anderen Kunstgegen-ständen. Erstmals wurde die Lasertechnikin diesem Umfang für die Instrumenten-kunde nutzbar gemacht.Nach einer mehrjährigen Phase, die überden Test eines Prototyps bis zur endgülti-gen Konstruktion führte, konnten zur Ein-weihung des Gerätes am 12. April, bei derunter anderen auch der Prorektor für For-schung und wissenschaftlichen Nach-wuchs, Prof. Dr. Helmut Papp, zugegenwar, erste eindrucksvolle Ergebnisse prä-sentiert werden. Ausgangspunkt dafür, ein solches Gerät zuentwickeln, waren Fragen der Datierung,des Zuordnens von Schulen und Meistern,der Projektierung und Ausführung, desErkennens zeitlicher Veränderungen durchklimatische und statische Einwirkungenund der genauen Dokumentation, die sichVeit Heller bei der wissenschaftlichenAufarbeitung der Streichinstrumente amMusikinstrumenten-Museum stellten. „DieBeurteilung von ‚echt und falsch‘ und dasDeuten akustisch-konstruktiver Zusam-menhänge sind bei kaum einer anderenInstrumentengruppe so kompliziert wie beiden Violinen“, erklärt Veit Heller. „So be-steht von Seiten des Gegenstandes gera-dezu die Notwendigkeit, Lösungen mitstärkerem naturwissenschaftlichem bzw.technischem Ansatz einzubeziehen. Dane-ben war das Angebot, die Katalogisierungmit einer Dissertation zu verbinden, fürmich ein weiterer Anstoß, auch methodischnach neuen Möglichkeiten zu suchen.“ Das System soll neben der Messgenauig-keit und Datendichte aber auch die Anfor-derungen erfüllen, die heute aus konserva-

torischen Gesichtspunkten beim Umgangmit Kunstgegenständen gefordert werden.Die Lösung besteht in der Verbindung ei-nes mechanischen Messtisches mit der be-rührungslosen, optischen Abtastung durcheinen Laser-Sensor. Bis zu 9 Millionen Ko-ordinatenpunkte können direkt in eine Da-tei eingelesen und grafisch und rechnerischausgewertet werden. Die Anwendungsar-ten des Gerätes sind vielfältig: Es dient – um nur einige der Verwendun-gen zu nennen – der Dokumentation unddem Erfassen von Wölbungsformen beiResonanzplatten an Saiteninstrumenten,Profilen bei Schnecken und Griffbretternoder von Umrissen bei Korpusformen undPositionen von Bauteilen. All das sind fürWissenschaftler wie Instrumentenbauergleichermaßen unverzichtbare Angaben.Darüber hinaus sind die Daten mit anderenMessverfahren kombinierbar. Beispiels-weise ergeben einzelne Schnitte durch Gei-gendecken zusammen mit den Holzstärkenein Schnittbild, das dem einer Computer-tomografie ähnlich ist. Auch für die Unter-suchung von Schwingungsmoden undderen Bildern auf Resonanzplatten ist dasGerät geeignet.Das Musikinstrumenten-Museum kann fürsich in Anspruch nehmen, nicht nur eineder international bedeutendsten Sammlun-

gen zu besitzen, sondern seit der Samm-lungsgründung vor etwa 120 Jahren mitseinen wissenschaftlichen Katalogen stetsbeispielhaft und innovativ gewirkt zu ha-ben. Mit dem 3D-Laser-Messgerät wirdabermals eine neue Methode für die Mu-sikinstrumentenkunde erschlossen – mög-lich geworden durch interdisziplinäre Ar-beit und universitätsinterne Kooperation.

C. H.

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Instrument für InstrumenteModernste Technik im Museum

Vermessen einer Violinemit dem 3D-Laser-Messgerät

Wölbungsmuster eines Geigenbodens

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Initiative,Struktur,KonzilSitzung desSenats am14. Mai 2002

1. Der Senat befasste sich mit Berufungs-angelegenheiten. Er stimmte sowohl demAntrag der Fakultät für Sozialwissenschaf-ten und Philosophie zu, Frau Dr. KarolaWille zur Honorarprofessorin für „Me-dienrecht“ zu bestellen, als auch dem An-trag der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr.med. Stefan Dhein, Herzzentrum GmbH/Klinik für Herzchirurgie, das Recht zurFührung der Bezeichnung „außerplan-mäßiger Professor“ zu verleihen. An-schließend nahm der Senat Stellung zu denBerufungsvorschlägen für „Soziologie“(C4), „Biochemie/Schwerpunkt Moleku-lare Endokrinologie“ (C4), „Physiologie/Schwerpunkt Neurophysiologie“, „Dia-gnostische Radiologie/ Schwerpunkt Kin-derradiologie“ (C3), „Allgemeine Psycho-logie und Methodenlehre“ (C4). 2. Der Senat begrüßte die Initiative zurGründung eines Zentrums für Toxikologiean der Universität Leipzig; Vorstellungenhierzu wurden von Prof. Illes vorgetragen.Anliegen ist es, die breite, aber zersplittertvorliegende toxikologische Kompetenz ander Universität noch auszubauen, auchdurch Einbeziehung außeruniversitärer

Forschungseinrichtungen. Als Schwer-punkte der Forschungstätigkeit wurden ge-nannt : erstens Toxische Umweltfaktorenund Gesundheit, zweitens ToxikologischeAspekte der Lebensweise, vor allem derverschiedenen Missbrauchsformen. NachInformation der Fakultäten und dortigerBeratung wird sich der Senat mit der Grün-dung und der Ordnung des Zentrums be-fassen.3. Der Senat erklärte sich mit dem Vor-schlag des Sächsischen Staatsministeriumsfür Wissenschaft und Kunst einverstanden,für das altershalber ausscheidende Mit-glied des Kuratoriums Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Kurt Kochsiek den Sozial- undWirtschaftshistoriker Prof. em. Dr. Hart-mut Zwahr als Nachfolger zu berufen.4. Der Rektor informierte über den Standder Strukturdebatte an der UniversitätLeipzig im Zusammenhang mit dem vomLandtag beschlossenen Stellenabbau bis2004. Aus den meisten, aber nicht allen Fa-kultäten seien bisher umsetzbare Ansätzefür Strukturveränderungen vorgelegt wor-den. Aus dem Kreis der Dekane habe sicheine Reihe von Arbeitsgruppen gebildet,die weitergehende Einsparmöglichkeitenin der Zentralverwaltung und in zentralenEinrichtungen untersuchen; dabei sei zubedenken, ob dann die kostenlose Bereit-stellung von Dienstleistungen für dieFakultäten in jedem Fall noch aufrecht er-halten werden kann. Der Prorektor fürstrukturelle Entwicklung sprach sich imZusammenhang der Strukturveränderun-gen nachdrücklich für einvernehmlicheLösungen aus, weil Kampfabstimmungen,das hätten Beispiele von anderen Univer-sitäten gezeigt, oft auf Jahre hinaus dasKlima vergiften.5. Der Prorektor für Forschung und wis-senschaftlichen Nachwuchs stellte die Ver-fahrensweise für die Einstellung von Nach-wuchswissenschaftlern im Vorgriff auf dieEinführung von Juniorprofessuren im Rah-men des vom Bundesministerium für Bil-dung und Forschung geförderten Pilotpro-jektes vor. Auf einen entsprechenden An-trag hin erhielt die Universität einen Zu-wendungsbescheid für den Zeitraum 1. 6.2002 bis 31. 1. 2003 über 920325 Euro anInvestitionsmitteln für 12 Nachwuchs-wissenschaftler/Juniorprofessoren. DieseMittel stehen bereit, wenn die Stellen fürdie Nachwuchswissenschaftler nach natio-naler und internationaler Ausschreibungnoch im Jahr 2002 besetzt worden sind. DieStellenbesetzung erfolgt zunächst für 3Jahre, bei erfolgreicher Evaluierung kann

sie um weitere 3 Jahre verlängert werden.Bei fünf der 12 Nachwuchswissenschaftlerwerden die erforderlichen Stellen vonaußeruniversitären Einrichtungen einge-bracht; sieben Stellen kommen von derUniversität, überwiegend durch Verzichtauf Berufungszusagen bezüglich Mitarbei-ter. Die Ausschreibung soll im Juni erfol-gen, die Stellenbesetzung Oktober/Novem-ber 2002.6. Der Senat bestätigte Frau Prof. Dr. Ger-hild Zybatow (Philologische Fakultät) alsneues Mitglied der Findungskommissionzur Besetzung der Leibniz-Professur anStelle der nach Berlin berufenen Frau Prof.Olsen.7. Der Senat stimmte der vom Rektorats-kollegium vorgeschlagenen Zusammenset-zung der Ständigen Kommission zurUntersuchung von Vorwürfen wissen-schaftlichen Fehlverhaltens zu. Ombuds-person ist Prof. Dr. Jörg Kärger (Fak. f.Physik u. Geowiss.), stellv. OmbudspersonFrau Prof. Dr. Angelika Hoffmann-Maxis(Philol. Fak.). Weitere Mitglieder sindProf. Dr. Franz Häuser (Jur. Fak.), Prof. Dr.Rolf Hasse (Wirtschaftswiss. Fak.), Dr.Marlies Grunow (Fak. f. Biowiss., Pharm.u. Psychol.) sowie Silvio Kirsten (Jur.fak.) ;kraft Amtes: der Prorektor für Forschungund wissenschaftlichen Nachwuchs Prof.Dr. Helmut Papp und der Vertrauensdozentder DFG Prof. Dr. Franz Jacobs.8. Der Senat bestätigte die Position desRektoratskollegiums, trotz einiger zu er-wartender Einschränkungen im Zu-sammenhang mit einer rechtsradikalen De-monstration am gleichen Tage in Leipzigdie Campus-Veranstaltung in der Grim-maischen Straße wie geplant am 8. Juni2002 durchzuführen.9. Der Senat nahm zur Kenntnis, dass einestudentische Initiativgruppe einen Antragauf Einberufung eines Sonderkonzils zurBeratung eines Strukturkonzepts für dieUniversität Leipzig, das die Grundlage fürden vom Sächsischen Landtag bzw. derSächsischen Staatsregierung beschlosse-nen weiteren Stellenabbau an der Univer-sität bilden soll, eingebracht hat. Der An-trag wird von 2800 Mitgliedern der GruppeStudenten unterstützt und weist damit diefür ein Gruppenvotum nach der gültigenVerfassung der Universität Leipzig erfor-derliche Zahl von zehn Prozent aus. DasSonderkonzil wird voraussichtlich nachder Juni-Sitzung des Senats stattfinden.

Prof. Dr. V. Bigl V. SchulteRektor Pressesprecher

Gremien

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Stellen Sie sich mit geschlossenen Füßenhin, strecken Sie die Arme vor und kehrendie Handflächen nach oben. Dann schlie-ßen Sie die Augen. Eine Minute lang.Schon nach wenigen Sekunden werden Siemerken, dass Sie ins Schwanken kommen.Diese Haltung gilt als besonders empfäng-lich für Gleichgewichtsstörungen und istbereits vor einiger Zeit entwickelt wor-den.mWenn Sie einen schlechten Gleichge-wichtssinn haben, schwanken Sie mehr,haben Sie einen guten, schwanken Sie we-niger. Bauarbeiter, Bergsteiger, Piloten,Monteure, Dachdecker, kurz alle, die sichin großen Höhen bewegen, haben in derRegel einen guten Gleichgewichtssinn.Dieser wird in arbeitsmedizinischen Unter-suchungen regelmäßig getestet. Bisher gabes dafür keine objektiven praktikablenMessmethoden; subjektive Eindrücke desBetroffenen und des Arztes waren aus-schlaggebend für die Einschätzung.Mehr oder weniger einem Zufall ist es zuverdanken, dass am Institut für Arbeits-und Sozialmedizin der Universität Leipzigein rechnergestütztes Screeningverfahrenzur quantitativen Bewertung der Gleich-gewichtsregulation entwickelt werdenkonnte, nach dem man schon lange, undnicht nur in Leipzig, suchte. Dr. rer. nat.Bernhard Hüber kam die ausschlagge-bende Idee angesichts der neuen digitalenPersonenwaage seiner Frau. Die bestandaus einer Messplattform, deren vier FüßeSensoren enthalten, die das Gewicht einerPerson erfassen und an einen Gewichtsan-zeiger weitergeben. Für den Forscher stellte sich die Frage, obdie Sensoren empfindlich genug sind, auchleichte Schwankungen der auf der Mess-plattform mit vorgestreckten Armen undnach oben gekehrten Handflächen stehen-den Person aufzunehmen. Und siehe da,das war der Fall. Entsprechend verstärktund gefiltert ließen sich die durch dieSchwankungen hervorgerufenen Druck-veränderungen erfassen und mit Hilfe ei-nes speziell dafür entwickelten Computer-programms in sichtbare Messpunkte um-

wandeln. Angeordnet um den Mittelpunkteines Koordinatensystems ließ sich nun aufdem Bildschirm leicht und objektiv fest-stellen, wie groß die Gleichgewichts-schwankungen sind. Befinden sich die Messpunkte dicht amKreuz, haben die Probanden einen gutenGleichgewichtssinn. Je weiter die Punktevom Mittelpunkt entfernt sind, destoschlechter der Gleichgewichtssinn. „Wirdeine bestimmte Grenze überschritten,sollte der Arzt auf die Suche nach den Ur-sachen gehen“, erläutert Prof. Schreinicke,Leiter der Leipziger Arbeitsgruppe und Di-rektor des Instituts für Arbeitsmedizin undSozialmedizin. Für den Betroffenen kanndas unter Umständen bedeuten, dass er sei-nen Beruf nicht mehr ausüben kann, wenndie Schwankungen z. B. Ausdruck einerneurologischen Erkrankung sind. AuchAlkoholismus oder z. B. eine Funktions-störung des Innenohres können Ursachefür die Schwankungen sein.Nachdem das technische Problem gelöstwar, wurde über viele Tests die wissen-schaftliche Haltbarkeit der Idee geprüft.Weitere Einflussfaktoren auf das Schwan-kungsverhalten wie Gewicht und Größekonnten nachgewiesen werden. Außerdemstellte sich heraus, dass in großen Höhenarbeitende Personen mit zunehmendemAlter weniger an Gleichgewichtsstörun-gen leiden als Normalbürger. Das täglicheTraining wirkt offenbar altersbedingt ab-nehmendem Gleichgewichtssinn entge-gen. Die Bundeswehr wurde über Veröffent-lichungen auf die Ergebnisse der LeipzigerArbeitsgruppe aufmerksam. Für die Aus-bildung ihrer Heeresflieger werden hoch-moderne Simulatoren genutzt, die denAuszubildenden realitätsnah die Flugsitua-tion nachempfinden lassen. Dabei kommtes vermehrt zu Gleichgewichtsstörungender Flieger, deren Gleichgewichtssinn nor-malerweise natürlich sehr gut sein muss.Mit Hilfe des Leipziger Verfahrens sahendie Verantwortlichen in der Bundeswehreine einfach zu handhabende Möglichkeit,objektiv festzustellen, wie lange die Flie-

ger brauchen, bis sich ihr Gleichgewichts-sinn wieder erholt hat. Für Prof. Schrei-nicke ist dies ein gutes Beispiel für ange-wandte Wissenschaft. Jetzt geht es den Leipziger Forschern da-rum, das bisherige Verfahren zu standardi-sieren, damit es allgemein von Arbeitsme-dizinern eingesetzt werden kann. Im Mo-ment läuft eine groß angelegte Studie überdrei Jahre, die die bisherigen Ergebnisseverifizieren soll und eventuell neue Er-kenntnisse liefert.

NOMENNamenforscher Prof. Jürgen Udolphzur Herkunft des Familiennamens„Schreinicke“

Die Telefonnummern Deutschlands zei-gen, dass der Familienname Schreinicke inDeutschland nur 11mal belegt ist. Das er-schwert eine Deutung, zumal der Nameeinen slavischen Eindruck macht. Fami-liennamenvarianten zeigen aber, dass derName aus dem Niederdeutschen zu erklä-ren ist. Wesentlich häufiger ist nämlichSchreinecke (48mal), dessen Schwerpunktbei Braunschweig und Wolfsburg in nicht-slavischem Gebiet liegt. Man darf bei derDeutung einem Vorschlag von R. Zoder,Familiennamen in Ostfalen, folgen, der aneinen Zusammenhang mit mittelnieder-deutsch schrîn (= hdt. Schrein), verklei-nernd schrineken, „Kiste, Lade, Schrein,Sarg, Reliquienschrein“, gedacht hat, undwird daher von einem alten Berufsnamenausgehen dürfen, etwa „Tischler, Schrei-ner“. Bei den Varianten Schreinicke undSchreinecke ist interessant, dass sie sich inder Verbreitung gegenseitig ausschließen.Westlich der Elbe gilt Schreinecke, östlichder Elbe Schreinicke. Daher darf man ver-muten, dass die Form Schreinicke unterden östlich der Elbe stärker auftretendenEinfluss slavischer Vor- und Familien-namen wie Babicke, Junicke, Nowick u. a.geraten ist.

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Forschung

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Schwanken auf der WaageGleichgewichtsstörungen im VisierVon Dr. Bärbel Adams

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Oxide –mehr alsRost!Der Weg zuHightech-MaterialienVon Prof. Dr. Marius GrundmannDirektor des Instituts für ExperimentellePhysik II

Oxide – Verbindungen, die Sauerstoff ent-halten – zeigen eine große Vielfalt von Ma-terialeigenschaften. Sie können unter an-derem leitend, halbleitend, supraleitend,magnetisch oder ferroelektrisch sein. AmInstitut für Experimentelle Physik II derFakultät für Physik und Geowissenschaftenwerden Oxide mit den oben genanntenEigenschaften als Dünnschichten undHeterostrukturen hergestellt und bezüglichihrer physikalischen Eigenschaften undAnwendungen untersucht. Mit diesen mo-dernen Hightech-Materialien war die Uni-versität Leipzig auch auf der diesjährigenHannover-Messe vertreten.

Halbleiter mit Durchblick

Materialien, die elektrischen Strom leiten(Metalle), sind undurchsichtig. Stoffe, diefür Licht transparent sind (Glas), sind Iso-latoren. Dieser Alltagserfahrung wider-sprechend gibt es jedoch auch Materialien,die sowohl durchsichtig als auch leitfähigsind. Diese haben vielfältige Anwendun-gen, z. B. als transparenter Frontkontakt inSolarzellen und Displays, als Photodetek-tor für ultraviolette Strahlung, der gegen-über sichtbarem Licht unempfindlich ist(sogenannter solar blind detector) oder alsLaser mit Emission im Ultraviolett. Zink-oxid (ZnO) und seine Mischverbindungenmit einem Anteil von Magnesium oderCadmium stellen ein solches Material dar(siehe Abb. 1) und werden an der Univer-sität Leipzig intensiv untersucht.Im Rahmen des vom BMBF gefördertenWachstumskerns INNOCIS werden unterFederführung des Leipziger Start-up-Unternehmens Solarion GmbH von meh-reren Gruppen an der Universität LeipzigForschungs- und Entwicklungsarbeiten zuneuartigen Solarzellen auf flexibler Poly-merfolie durchgeführt. Hierbei spielt dieUntersuchung und Optimierung des ZnO-Frontkontaktes in den ArbeitsgruppenHalbleiterphysik (Prof. M. Grundmann),Festkörperoptik (Dr. M. Schubert) und Nu-kleare Festkörperphysik (Prof. T. Butz)eine wichtige Rolle. Die am Lehrstuhl Halbleiterphysik unterder Leitung von Frau Dr. H. Schmidtdurchgeführten theoretischen Berechnun-gen der Eigenschaften der beteiligten Ma-terialien und die nanoskopische elektrischeCharakterisierung werden seit Kurzem im Rahmen eines neu eingerichtetenSchwerpunktprogramms der DeutschenForschungsgemeinschaft (Substitutions-effekte in ionischen Festkörpern) geför-dert. Die Erkenntnisse, zusammen mitFortschritten bei der Herstellung entspre-chender Schichten, sollen schließlich zu

Leuchtdioden und Lasern mit ultravioletterEmission führen. Diese wären eine wich-tige Anregungsquelle für biophotonischeAnwendungen und ermöglichen z. B.durch die kurze Wellenlänge eine Erhö-hung der Speicherdichte optischer Spei-chermedien wie der DVD.

UMTS – Widerstand zwecklos

Supraleiter verlieren ihren elektrischenWiderstand vollständig unterhalb der soge-nannten Sprungtemperatur. Leider liegtdiese bisher immer weit unterhalb derRaumtemperatur, so dass die physikali-schen Effekte nur mit großem Aufwand anKühlung genutzt werden können. Oxid-Hochtemperatur-Supraleiter (HTSL) vomTyp YBa2Cu3O7 werden am LehrstuhlHalbleiterphysik unter Leitung von HerrnDr. M. Lorenz in Zusammenarbeit mit derBosch GmbH in einem BMBF Leitprojektuntersucht. Das BMBF hat seine umfang-reiche Förderung von Projekten zur Supra-leitung größtenteils eingestellt und erhältdiese nur für wenige Projekte mit hoherAnwendungsrelevanz aufrecht. Wegen ihres geringen elektrischen Ober-flächenwiderstandes eignen sich Supra-leiter für extrem trennscharfe Mikrowel-lenfilter. Da die UMTS-Lizenzen für dieneuen Mobilfunknetze so teuer waren,müssen die beteiligten Firmen so vieleÜbertragungskanäle wie möglich in die zu-gewiesenen Frequenzintervalle „packen“.Hier lohnt sich dann die Nutzung vonHTSL-basierten Filtern, die von immer ro-buster und billiger werdenden Kühlaggre-gaten in Mobilfunk-Basisstationen dannbei etwa –200°C gehalten werden.Die Herstellung der Schichten erfolgt mitder Plasma-Laserdeposition (PLD). DiesesVerfahren wurde an der Universität Leip-zig für die homogene Abscheidung auf gro-ßen Substratflächen weiterentwickelt. Einleistungsstarker, gepulster Laser trifft aufein Target und trägt mit jedem „Schuß“ et-was Material ab, das dann in einer Plas-makeule auf das Substrat trifft (Abb. 2) undzum Schichtwachstum beiträgt.Auf der grundlagenphysikalischen Seitewerden die thermischen Eigenschaften vonHTSL in der Arbeitsgruppe Supraleitungund Magnetismus (Prof. P. Esquinazi)untersucht. Die über hochempfindlicheMessungen der Wärmeleitfähigkeit ge-wonnen Erkenntnisse helfen, den bisherunverstandenen physikalischen Mecha-nismus der Supraleitung in den Oxid-HTSL zu enträtseln.

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Abb. 1. Transparente, leitende ZnO-Schicht (auf Safir) mit Goldkontaktenauf den Ecken. Foto: M. Grundmann

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Gute Stimmung mitFerroelektrika

Ferroelektrika, z. B. das Oxid Bariumtita-nat (BaTiO3), zeigen eine starke Variationihrer dielektrischen Konstante mit ange-legtem elektrischen Feld. Das heißt, dassdie Kapazität des Ferroelektrikums mit derangelegten Spannung variiert werden kann.Dies lässt sich zur Abstimmung (tuning)von Mikrowellenschaltkreisen nutzen, diez. B. im Richtfunk eingesetzt werden. Ent-sprechende Arbeiten werden am LehrstuhlHalbleiterphysik zusammen mit der Mar-coni GmbH durchgeführt.Ferroelektrika haben weitere, vielfältigeAnwendungen als chemische oder pyroe-lektrische Sensoren, in mikromechani-schen Bauelementen, in der nichtlinearenOptik und der Speichertechnologie. In derArbeitsgruppe Physik Dielektrischer Fest-körper (Prof. D. Michel) werden von Prof.R. Böttcher nanokristalline ferroelektri-sche Pulver untersucht, deren Eigenschaf-ten dann zudem von der Kristallitgröße ab-hängig sind.

Spintronik – Nur wer richtigspinnt darf weiter

Herkömmliche elektronische Bauelementebauen auf dem Prinzip auf, geladene Teil-chen (Elektronen) in elektrischen Feldern,die von an das Bauelement angelegtenelektrischen Spannungen erzeugt werden,zu bewegen. In Computern wird Informa-tion zur Zeit durch die Menge der Elektro-nen (Ladung) kodiert (Bit 1: viele Elektro-nen, zur Zeit etwa 10000, Bit 0: keineElektronen).Ein Freiheitsgrad, der bisher vernachlässigtwurde, ist der Spin der Elektronen. Der

Spin ist ein innerer Drehimpuls, der mitmagnetischen Feldern wechselwirkt undsich entweder parallel zur Feldrichtung(spin up) oder entgegengesetzt zur Feld-richtung (spin down) einstellen kann. Hier-mit lässt sich eine Information kodieren(Bit 1: spin up, Bit 0: spin down). Dieserneue Zweig der Elektronik wird mit demKunstwort „Spintronik“ bezeichnet, einerAbkürzung für Spin-Elektronik.In magnetischen Materialien kann manspinpolarisierte Ensembles von Elektronenerzeugen, in denen es mehr Elektronen mitspin up als mit spin down gibt. Geeignete„Ventile“, die auf magnetischer Wechsel-wirkung beruhen, lassen z. B. nur spin upElektronen durch und blockieren spindown Elektronen. Damit hängt der elek-trische Widerstand von der Spinpolari-sation ab. Entsprechende Bauelemente aufder Basis des sogenannten „gigantischenMagnetowiderstands“, der 1988 entdecktwurde, werden bereits seit Ende 1997 inden Leseköpfen von Computer-Festplatteneingesetzt und erlauben eine starke Erhö-hung der Speicherdichte.In der Gruppe Supraleitung und Magne-tismus (Prof. P. Esquinazi) wird der Trans-port von spinpolarisierten Elektronen überdie Grenzflächen in dünnen Schichtsyste-men (Heterostrukturen) von Ferromagne-tika und Supraleitern untersucht. DiesesProjekt wird im Rahmen der Forscher-gruppe „Oxidische Grenzflächen“, an derGruppen der Universität Halle, dem MPIHalle und der Universität Leipzig beteiligtsind, von der Deutschen Forschungsge-meinschaft gefördert. Die Heterostruktu-ren werden mit gepulster Laserdepositionhergestellt. Das Ziel ist die Herstellungneuartiger Heterostrukturen, das Verständ-nis der physikalischen Transportprozesseund die Entdeckung neuer, nutzbarer Ef-fekte für Anwendungen wie magnetischeSensoren, magnetische Speicher oderKomponenten für die Spintronik.Die von der Grundlagenforschung zu oxi-dischen Materialien bis zu ihrer industriel-len Anwendung reichenden Arbeiten desInstituts leisten den immer wieder gefor-derten Spagat zwischen Spitzenforschungund Industrienähe. Die aktuelle Thematikund das spannende Arbeitsklima sind ins-besondere für Studenten sehr attraktiv. Zu-dem sind die hochqualifizierten Absolven-ten auf dem Arbeitsmarkt sehr willkom-men.

Informationen im Internet:http://www.uni-leipzig.de/~exph2

WennPflanzenStresshabenScreening-Ver-fahren entwickeltDie Biotechnologie ist aus unserem Alltagnicht mehr wegzudenken. Neben vielenEinsatzmöglichkeiten, wie z. B. in der Me-dizin, wird sie auch in der Pflanzenzüch-tung eingesetzt. Im Vordergrund der Be-strebungen steht hier die Erzeugung vonPflanzen mit definierten Eigenschaften. Sobemühen sich die Züchter z. B. darum, Ba-nanen mit einer besonders langen Haltbar-keit oder Früchte mit einem hohen Vita-mingehalt zu erzeugen. Mit Hilfe derpflanzlichen Biotechnologie ist man heutein der Lage, auf sehr zeitsparende Weiseidentische Pflanzen herzustellen. Hat maneine Pflanze gefunden, die sich durch diegewünschten Merkmale auszeichnet, istman in der Lage, mit Hilfe des Klonens be-liebig viele Pflanzen mit denselben Eigen-schaften zu erzeugen. Neben den gewünschten Charakteristikakann aber nicht ausgeschlossen werden,dass auch unerwünschte und für diePflanze mitunter schädliche Merkmalemitgezüchtet wurden. Wichtig für diePflanzenzüchter ist der Widerstand derKulturpflanzen gegen bestimmte Stress-faktoren wie UV-Strahlung, Herbizidbe-lastung und Ozon.Da unter Sommer-Smog-BedingungenOzon eines der stärksten Pflanzenschad-gase in Bodennähe ist, muss auf die Züch-tung von Pflanzenvarietäten Wert gelegtwerden, die weitestgehend resistent gegendiese erhöhten Ozonkonzentrationen sind.Auf der anderen Seite schützt die Ozon-schicht hoch oben in der Stratosphäre dieBiosphäre in Bodennähe vor schädlicherUV-Strahlung. So können sich lokaleOzonlöcher, wie sie z. B. vor zwei Jahrenin Thüringen durch die erhöhte UV-Belas-tung auftraten, verheerend auf die Fichten-bestände oder Nutzpflanzen dieses Gebiets

Heft 4/2002

Forschung

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Abb. 2. Plasmakeule (rechts oben) und geheiztes Substrat (links) wäh-rend der gepulsten Laserdeposition.

Foto: M. Lorenz

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auswirken. Wichtig ist auch hier die Züch-tung von resistenten Pflanzenvarietäten.Ob Pflanzen gegen einen Schadstoff be-sonders empfindlich sind, muss durchScreening-Untersuchungen getestet wer-den. Das traditionelle Screening, d. h. dasDurchmustern der Pflanzen auf ein be-stimmtes Merkmal, erfolgt über mehrereStufen: Anlegen von Versuchspflanzungen,Belasten der Pflanzen mit dem Schadstoff,das Ernten der Pflanzen nach einem be-stimmten Zeitraum und die Auswertung,bei der Größe, Gewicht und Aussehen derPflanzen ermittelt werden. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten,sind mindestens zehn Pflanzen erforder-lich. Die Testpflanzen müssen außerdemnoch mit Pflanzen verglichen werden, dieohne den Schadstoff, aber unter ansonstengleichen Bedingungen aufgewachsen sind.Dieser Vorgang ist insgesamt sehr zeit- undpersonalaufwändig und deshalb auch kos-tenintensiv.Um diese Nachteile zu reduzieren, hat Pro-fessor Dr. Christian Wilhelm vom Institutfür Allgemeine Botanik der UniversitätLeipzig gemeinsam mit Dr. Matthias Gil-bert ein neues Screening-Verfahren ent-wickelt, das erlaubt, den Einfluss der dreiStressfaktoren auf die Pflanze zu unter-suchen. Wichtig ist dabei, dass genau

angegeben werden kann, welcher der dreigenannten Stressfaktoren in welchem Um-fang auf die Pflanze gewirkt hat. Es ist alsoeine „Differentialdiagnose“ zu stellen. Diebeiden Leipziger Forscher nutzen dabeiden Vorgang der Thermolumineszenz aus.Voraussetzung für dieses Verfahren ist dieFähigkeit bestimmter Pigmente, wie sie beiPflanzen vorkommen, Licht verschiedenerWellenlängen zu absorbieren. Als lichtabsorbierendes Pigment derPflanze dient das Chlorophyll. Mit dessenHilfe wandeln die Pflanzen bei der Photo-synthese Wasser und das Kohlendioxid derLuft in Biomasse und Sauerstoff um. Beidem neuen Verfahren werden nun unterLaborbedingungen Blätter – in diesem Fallvon Tomaten und Gerste – normalemTageslicht ausgesetzt und gleichzeitig auf0 bis 3°C heruntergekühlt. Das Licht wirdunter diesen Bedingungen zwar vom Chlo-rophyll aufgenommen, aber die Photosyn-these läuft stark verlangsamt ab. Danacherfolgt unter Ausschluss von Licht das Er-hitzen der Blätter auf 70 bis 80°C. Das auf-genommene Licht wird dabei in bestimm-ten Wellenlängen wieder abgegeben. Die-ser als Thermolumineszenz bezeichneteVorgang kann mit speziellen Geräten ge-messen werden. Es entstehen so genannteGlühkurven. Die Leipziger Forscher konn-

ten nachweisen, dass sich die Glühkurvenfür Ozon, UV-Licht und Herbizidbelastungstark unterschieden, sodass eindeutig fest-zustellen war, welcher Stressfaktor auf diePflanze gewirkt hat.Wichtige Nutzungsmöglichkeiten sind mitdieser neuen Untersuchungsmethodedenkbar. So wird den Pflanzenzüchtern inKürze ein Gerät zur Verfügung gestelltwerden können, mit dessen Hilfe der Ein-fluss z. B. von UV-Licht auf die spätereEntwicklung der Pflanzen schnell undsicher bestimmt werden kann. Ein weitererVorteil des Verfahren ist, dass die Unter-suchungen mit sehr wenig Pflanzenmate-rial – es wird etwa ein QuadratzentimeterBlattfläche benötigt – und mit wenig Per-sonal durchgeführt werden können. Alsweitere Einsatzmöglichkeit ist die Über-prüfung des Einflusses von Schadstoffenauf Ökosysteme, wie z. B. den Wald, zunennen. Das Projekt, das in Zusammenarbeit mitdem GSF-Forschungszentrum für Umweltund Gesundheit in Neuherberg bei Mün-chen, der Humboldt-Universität zu Berlinund der Leipziger Firma Fischer Analysendurchgeführt wird, wird vom Bundesmini-sterium für Forschung mit rund 550 000 egefördert. Die Forschungen laufen noch bisMitte 2003. H. T.

Forschung | Fakultäten und Institute

journal

Auf dem Gelände der Veterinärmedizini-schen Fakultät wurde am 13. Mai 2002nach zweijähriger Bauzeit ein neues Insti-tutsgebäude übergeben. Da die Studentenan diesem Tage auch ihr Bergfest feierten,erklangen zu den offiziellen Reden auchrustikale Lieder mit selbstgemachten Tex-ten. Der dreigeschossige, rund 12 Millio-nen Euro teure Neubau beherbergt das In-stitut für Lebensmittelhygiene, das Veteri-när-Physiologisch-Chemische Institut so-wie das Institut für Tierhygiene und

öffentliches Veterinärwesen. Auf seinen2500 qm Hauptnutzfläche bietet er hoch-moderne Labor-, Praktikums-, Biblio-theks- und Büroräume. JahrzehntelangeBeengtheit und vielfältige Provisorien ha-ben nun ein Ende. Die Attraktivität derFakultät ist damit weiter gewachsen.Wie Prof. Dr. Karsten Fehlhaber, Direktordes Instituts für Lebensmittelhygiene,sagte, hat sich die Nutzfläche für sein In-stitut fast verdoppelt, was die Einrichtungvon Arbeitsplätzen für Doktoranden und

ausländische Hospitantensowie die Vergrößerungder Institutsbibliothek er-möglicht. Ein mit mod-ernster Technik ausge-statteter Kursussaal trägtdazu bei, dass die Ausbil-dung verstärkt in kleinenGruppen vollzogen wer-den kann. Im neuenSchlachthaus sind nunauch die Voraussetzungen

dafür gegeben, dass eine hygienisch ein-wandfreie Schlachtung und Verarbeitungvon Fleisch für Lehrzwecke vorgenommenwerden kann. Zur Verfügung steht jetzt ne-ben einer Reihe neuer wissenschaftlicherGroßgeräte, z. B. für molekularbiologischeUntersuchungen, auch ein Labor mit höch-ster Sicherheitsstufe, das die Arbeit mithochinfektionösem Material zulässt.Über ein eigenes molekularbiologischesSicherheitslabor verfügt nun auch das Ve-terinär-Physiologisch-Chemische Institut.Auch ist es jetzt möglich, die für die For-schungsvorhaben unerlässliche Zellkulturselbst zu betreiben. Und das Institut fürTierhygiene und Öffentliches Veterinärwe-sen nutzt ebenfalls im Neubau einigeRäume, insbesondere für die Arbeit aufdem Gebiet der analytischen Chemie. Voreinem halben Jahr bereits war das Institutaus einem Interim in sein komplett sanier-tes angestammtes Gebäude zurückgezo-gen, in dem auch ein modernes gentechni-sches Labor untergebracht wurde. V. S.

Neubau für die Veterinärmedizin

Blick auf den Neubau vom Innenhof her.Foto: Dietmar Fischer

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StreitfallMissionKirchen wollenwieder wachsenVon Michael Böhme

Wenn zwei „Mission“ sagen, meinen sienoch lange nicht dasselbe. Diese saloppeAussage beschreibt eine altbekannte Er-fahrung. Die Frage der „Mission“ beschäf-tigt die Kirchen in Deutschland zurzeitüberdurchschnittlich stark. Zum einenschwinden die Mitgliederzahlen. Zumanderen ist es aber das Kernanliegen vonKirche, das Evangelium weiterzusagen anMenschen in ihrem jeweiligen kulturellenKontext – in anderen Ländern wie imeigenen Land. Dass Kirche nicht nur „Mit-gliederpflege“ betreiben soll, steht nahezuaußer Frage. Streit kommt aber auf, wennes um die Art und Weise geht. Und im Zir-kelschluss muss dann auch über den Be-griff „Mission“ nachgedacht werden. Un-abhängig von werbewirksamen Aktionenund strategischen Bemühungen der Kir-chen um Gemeindewachstum ist es dieAufgabe der Praktischen Theologie,Grundfragen und Bedingungen von Mis-sion heute zu reflektieren.Kann man heute noch „Mission treiben“,und wenn ja, was wäre eine angemesseneArt und Weise von Mission? Da falleneinem sehr schnell die letzten Zeilen desMatthäusevangeliums ein: „… gehet hinund machet zu Jüngern …“. Die Über-schrift „Missionsbefehl“ kam erst später zu

den Worten Jesu hinzu. Und ähnlich impe-rativisch ging es dann auch in der Ge-schichte der Kirche und gelegentlich auchnoch heute zu. Dabei stehen im Urtextkeine zwei Imperative. Das eine Wort ist ein Partizip (hingehend,unterwegs seiend). Das andere ist zwar einImperativ, ob aber damit einer „Machbar-keit“ das Wort geredet ist, darf bezweifeltwerden. Kirche unterwegs?! Damit wirddie innere Haltung angesprochen. Christensind dort, wo sie sind und hinkommen,unterwegs: zu aller erst beobachtend, teil-nehmend, sensibel. Es geht bei Mission janicht um ein Produkt, das es zu „vermark-ten“ gilt, sondern um die Begegnung vonMenschen, freilich von Menschen mitunterschiedlicher Weltdeutung. Ein Referent sagte es bei der Leipziger Ta-gung zugespitzt: „Wir haben und besitzendas Evangelium nicht.“ Vielmehr wird der„Inhalt“ der Mission von Menschen „ge-lebt“ und wird in der Begegnung zwischenMenschen weitergegeben. Mission ent-zieht sich im Grunde jeder Instrumentali-sierung. Man darf kritisch sein, wann undwo immer ein strategisches Vokabular imZusammenhang mit Mission auftaucht.Hilfreicher ist ein anderes Wort Jesu ausder Bergpredigt, das diese Sicht von Mis-sion positiv ausdrückt: „Ihr seid das Salzder Erde … Ihr seid das Licht der Welt.“ Damit ist ein teilnehmendes Zusammen-leben in den Blick genommen, das von Re-spekt, Freiheit und kultureller Sensibilität,aber natürlich auch Engagement und einemRingen um Wahrheit gekennzeichnet ist.Dieser Auftrag, um Wahrheit zu ringen,bleibt bestehen. Das Ringen schließtgegenseitige Zu-Mutungen nicht aus. Den-noch kann es nur dialogisch und lebensnahsein. Kann man also das Wort „Mission“noch benutzen? Man kann, um allen Mach-barkeitsvorstellungen etwas entgegenzu-setzen und Sensibilität zu fördern.Mission stellt Fragen an Kirche als Orga-nisation. Dabei geht es um die „Ränder derOrganisation“, um Öffnungs- und Schlie-ßungsprozesse, um Chancen und Gefah-ren. Als Gefahr muss sicher jede Form vonExklusion angesehen werden, wo durchinterne Sprachcodes, Insider-Verhaltenoder bürokratische Reglungen Menschenungewollt ausgeschlossen werden. EineOrganisation kann auch „blind“ sein fürdas, was sich außerhalb ereignet, bzw. einverzerrtes Bild von „den anderen“ haben.Allein diese Frage nach Schließungsproz-essen dürfte Stoff genug bieten für eineSelbstreflexion der Organisation Kirche.

Ist aber Mission gleich „Inklusion“? Die-ser systemtheoretische Begriff kann nichtohne Einschränkung auf die OrganisationKirche angewandt werden. Er kann voneinem unfruchtbaren Entweder-Oder be-freien und zwingt zur Differenzierung. Allzu oft gibt es ja so eine Vorstellung, manmüsse beim christlichen Glauben immergleich „das ganze Paket nehmen“. DieKonsequenz ist häufig, dass Menschensich ganz zurückziehen. Dabei sind vieleLebensfragen elementar religiöse Fragen.Eine Kommunikation wäre in wechselsei-tiger Hinsicht wünschenswert.Was kann das alles nun praktisch heißen?Ein Referent erinnerte an Bobby McFer-rins Ave-Maria-Performance auf dem Leip-ziger Marktplatz vor zwei Jahren. „Wirkönnen nicht mehr nur über Religion re-den, sondern es geht um Formen … ge- underlebter Religion, die die Reflexion imProzess mit beinhaltet.“ Solche performa-tiven Formen können „Probeaufenthalte inreligiösen Welten“ sein, ohne zu verein-nahmen. Distanz ist dabei erlaubt, einselbstverantworteter Ausstieg in Freiheitmöglich. So können gerade biblischeGeschichten mit allen Mitteln der Kunstdargestellt und „aufgeführt“ werden, weilin der Bibel menschliches Leben in sei-ner Widersprüchlichkeit zur Darstellungkommt. Menschen können ihre eigenenGeschichten mit diesen biblischen Ge-schichten wahrnehmen. Ein anderer Referent mahnte in Leipzig einneues Bewusstsein für die „subjektiveGebundenheit“ des Glaubens an eine spe-zifische Situation, eine persönliche Ge-schichte und einen sozialen Kontext an.Mission sollte es nicht um „Rückerobe-rung“ einer verloren gegangenen christ-lichen Gesellschaft gehen, sondern umeine Offenheit im Dialog, wo vorrangig dieMenschen, nicht die „Funktionäre“ derKirche zu Wort kommen. Er verdeutlichtediese Position am Beispiel der katholischenKirche in Frankreich. Mit dem Leitsatz„Den Glauben vorschlagen“ wird versucht,sich von ökonomischen Paradigmen imBlick auf den Glauben (flächendeckendeVersorgung, Angebot und Nachfrage) zulösen. Vielmehr soll der Dialog mit denMenschen gesucht werden, damit Kircheneu und anders wahrnehmen lernt. Was dasfür die Sozialgestalt von Kirche, gar derKirche in Deutschland hieße? Darüberdürfte es noch einigen Streit geben. Eswäre aber wünschenswert, dass eine fort-geführte Diskussion nicht Fronten verhär-tet, sondern zu neuen Antworten führt.

Heft 4/2002

Fakultäten und Institute

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Mit einer Tagung „Streitfall Mission“des Instituts für Praktische Theologieam 26. und 27. April 2002 hat die The-ologische Fakultät zugleich ihrem bis-herigen Haus in der Emil-Fuchs-Str. 1adieu gesagt. Bis zu 60 Personen bevöl-kerten die Räume am Rosental. Nun istdie Theologische Fakultät vis-a-vis derThomaskirche in der Otto-Schill-Str. 2zu finden.Nähere Informationen zur Tagungim Internet unter:www.uni-leipzig.de/~prtheol/mission

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StipendienDie Graduiertenkommission der Univer-sität Leipzig hat zum Sommersemester2002 Promotionsstipendien aus Landes-mitteln an folgende Bewerber vergeben:

JuristenfakultätG. Nicole Brückner Thema: Rechtskrafterstreckung der Klä-geraufrechnung im Prozess

Fakultät für Geschichte, Kunst- undOrientwissenschaftenThomas GlückThema: Ägyptenrezeption in der erstenHälfte des 18. JahrhundertsIkonographische und ikonologische Stu-dien zum Werk Johann Melchior Dinglin-gers

Philologische FakultätIouri Istiaguine Thema: Kulturgeprägte Konnotationen iminterkulturellen sprachlichen Handeln (amBeispiel der Personenbezeichnungen)

Fakultät für Sozialwissenschaften undPhilosophieWolfram Gobsch Thema: Wahrnehmung und empirischerGehalt – Wie sind synthetische Urteile aposteriori möglich?

Sportwissenschaftliche FakultätThomas MühlbauerThema: Motorisches Lernen und neuro-muskuläre Koordination

Fakultät für Mathematik undInformatikSebastian BognerThema: Beiträge zur Theorie von pxq-Schurfunktionen

Fakultät für Biowissenschaften,Pharmazie und PsychologieAlexander BänschThema: Palliativstationen und Hospize inDeutschland Belastungen, Bewältigungspotential Reli-giosität der Pflegenden

Fakultät für Chemie und MineralogieUlrike HelmstedtThema: Mercaptocarbonsäuren als Brü-ckenliganden bei der Synthese heterobi-metallischer Komplexe

Sachsens Studenten warben im Mai fürsich selbst – und gegen ihr schlechtesImage. Mit vier Plakatmotiven wagten siesich in den öffentlichen Raum. Ihre Bot-schaft: Studenten sitzen zwar oft in Knei-pen und machen sich auch sonst ein schö-nes Leben, aber das ist nur die halbe Wahr-heit. Die andere Hälfte: Sie arbeiten undentwickeln „Ideen für morgen“, wie es aufden Plakaten hieß. 1375 Stück wurden da-von gedruckt, sie hingen im öffentlichenRaum, nicht aber an Straßenbahnhaltestel-len, das hätte den Finanzrahmen gesprengt.

Die Aktion kostete immerhin 10000 Euro.Organisiert wurde sie von der KonferenzSächsischer Studierendenschaften, vorge-stellt gemeinsam mit dem Leipziger Stu-dentInnen-Rat im Ziegenledersaal amAugustusplatz. Übrigens: StuRa-Sprecherin Maria Hetzerwar auf einem der Plakate zu sehen, voreinem qualmenden Backofen. Sie verkör-perte „Politikstudentin Hannah F.“, die „in12 Jahren die Rentenreform gebacken“kriegt (siehe Abbildung links oben).

C. H.

Fakultäten und Institute | Studiosi

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Vom Bier zum Benzin

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Künftige Studiosi zu GastMöglichkeitenund GrenzenIm April besuchte eine Schülergruppe ausHalberstadt die Institute für Linguistik undGermanistik. Die sechs 18-Jährigen vomGymnasium Martineum wollten ihreKenntnisse über das Wesen der Sprache er-weitern – und Erkenntnisse zum Universi-tätsleben gewinnen. Dazu besuchten diepotenziellen zukünftigen Studenten Lehr-veranstaltungen, u. a. zu „Sprache und Mu-sik“, Traditionen der Sprachwissenschaft,Stilistik, Textlinguistik sowie dem System-und Zeichencharakter der Sprache.Die Gruppe zeigte sich begeistert über dieherzliche Aufnahme durch die Professorenund Mitarbeiter der Institute und freutesich, Universitätsluft schnuppern zu dür-fen. Auch lauschten die Schüler interessiertden Ausführungen zur Sprache, was be-sonders ihre zwei begleitenden Lehrerin-nen freute. Denn die „beobachten am Mar-tineum schon seit längerer Zeit den Verlustvon Sprachkompetenz bei Schülern“, soDr. Christine Neumann, eine der Lehrerin-nen. Sie stellte nach dem Besuch zudemzufrieden fest, dass die Schüler „Möglich-keiten und Grenzen ihrer geistigen Arbeitvor Augen geführt bekamen“.Und die Grenzen der universitären Kapa-zitäten. Eine Schülerin bemängelte diestark überfüllten Hörsäle und Seminar-räume. Sie meinte, dass man beim hartenKampf um die Stühle die Energie verbrau-che, die man eigentlich für das Verfolgender Vorlesungen benötige. Dass derzeitüberall gespart werden muss sei unter die-sen Umständen erschreckend.Die Gäste besuchten auch die Universitäts-bibliothek und eine Vorstellung des Kaba-retts Pfeffermühle. Ihre Projektfahrt werte-ten sie anschließend im Deutschunterrichtaus.

Carsten Heckmann(unter Mitarbeit der Schüler

des Martineums)

StudienreiseGeschichtein GhanaIm Februar–März 2002 nahmen zehn Stu-dentinnen und ein Student des Instituts fürAfrikanistik an einer Exkursion nach Süd-Ghana unter der Leitung von Prof. Dr.Adam Jones und Prof. Dr. Anne-SophieArnold teil. Die Exkursion wurde größten-teils selbstfinanziert, erhielt aber auchUnterstützung von DAAD, der Fakultät fürGeschichte, Kunst- und Orientwissen-schaften sowie dem Akademischen Aus-landsamt.Die Reise sollte die in vier vorbereitendenHauptseminaren vermittelten Kenntnisseüber die Geschichte und Kulturen Ghanasdurch praktische Erfahrungen vertiefen.Nach drei Tagen an der University ofGhana (Legon), in denen wir Unterricht inzwei ghanaischen Sprachen erhielten unddie Hauptstadt Accra kennen lernten,machte die Gruppe eine zehntägige Rund-reise nach Cape Coast, Elmina, Kumasi,Abetifi und schließlich zurück nach Accra.Auf dem Wege besuchten wir sieben Mu-seen, zwei Archive, einen Schrein undmehrere Kirchen und führten Gesprächemit acht Wissenschaftlern, zwei Geist-lichen und einem hohen Würdenträger desAsante-Hofes. Noch wichtiger als das for-male Besichtigungs- und Gesprächspro-gramm waren die vielen Gelegenheiten,die sich nebenbei ergaben, private Kon-takte – etwa mit ghanaischen Studenten –

zu knüpfen und individuelle Eindrücke zusammeln.Die Studierenden hatten anschließend 6Wochen Zeit, um sich in vorwiegend klei-nen Orten über „Gender, Religion und Lo-kalpolitik seit 1800“ durch Befragung undBeobachtung zu informieren. Zu den un-tersuchten Einzelaspekten gehörten z. B.– vorhistorische Kultstätten– „traditionelle“ afrikanische Religionen

in der modernen Welt– deutsche Missionen der Kolonialzeit– muslimische Viertel in nicht-muslimi-

schen Kleinstädten– afroamerikanische Touristen auf den

Spuren ihrer Herkunft– Übergangsrituale von Frauen im Wandel

der Zeit.Zu diesen und anderen Themen will dieGruppe bis zum Herbst eine Ausstellungvorbereiten. Adam Jones,

Institut für Afrikanistik

Heft 4/2002 17

Durch eine großzügige Spende der Kern-technischen Gesellschaft e.V. (KTG) ist esmöglich geworden, zwei Studenten derUniversität Leipzig einen Forschungsauf-enthalt an der Florida State University zuermöglichen. Die knapp 600 Jahre alteLeipziger Universität, die eng mit Namenwie dem von Werner Heisenberg verbun-den ist, besitzt eine ausgezeichnete Ausbil-dung in Chemie und Geologie, aber aucheines der ältesten Isotopentrainingskursefür Studenten in Deutschland.Die beiden Studenten mit starkem Inter-esse auf dem Gebiet der Georadiochemiewerden in diesem Sommer am Departmentof Chemistry, Department of Oceanogra-

phy, Department of Geology und demInstitute for International Cooperative En-vironmental Research der Florida StateUniversity für 4 bzw. 10 Wochen zu Gastsein. Hier sollen sie neben der aktuellenForschung zur geochemischen Modellie-rung mit natürlichen Radiotracern auch dieEntwicklungen der USA zur Endlagerungradioaktiver Abfälle in Yucca Mountainund Carlsbad kennenlernen.Da die Spende eigentlich nur die Reise-und Lebenshaltungskosten für einen Be-werber deckt, haben sich beide Studentendafür ausgesprochen, das Geld zu teilenund damit einen höheren Eigenanteil bei-zusteuern.

ForschungsaufenthaltDurch Spende nach Florida

Die Reisegruppe in Ghana.

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Es stellt sich so dar: man/frau stu-diert einige Jahre, hält Referate,schreibt Klausuren, wird geprüftund lernt Freunde kennen. Dann istdas Studium zu Ende und die Mit-streiter verstreuen sich wieder inalle Winde. Doch was ist aus ihnengeworden, wo arbeiten sie jetzt?Diese Frage wird nicht nur aus per-sönlichem Interesse gestellt, wennes darum geht mit zeitlichem Ab-stand das ehedem absolvierte Stu-dium gemeinsam Revue passierenzu lassen. Nein, auch die Wissen-schaft beschäftigt damit. Grundhierfür ist die Klärung der Frage,welche Zusammenhänge zwischendem Studium und der späteren Be-rufsausübung bestehen. Aus diesem Grund wurde im Rah-men einer Diplomarbeit in der Pro-fessur für Arbeits- und Organisa-tionspsychologie am Institut fürAngewandte Psychologie eine Ab-solventenstudie durchgeführt. Sierichtete sich an die Absolventendes Diplomstudiengangs Psychologie derUniversität Leipzig. Untersucht wurde, wiesich bei diesem Personenkreis der Über-gang in das Berufsleben gestaltet hat.Vor dem Hintergrund gesellschaftlicherVeränderungsprozesse und dem Wandel inder Arbeitswelt, der einhergeht mit sichwandelnden Qualifikationsanforderungenfür den Einzelnen, wurde schließlich auchuntersucht, welche Rolle in diesem Zu-sammenhang die Einschätzungen der eige-nen beruflichen Kompetenz spielen.Die Untersuchung wurde durch die Ver-sendung eines Fragebogens als postalischeBefragung im Oktober und November2001 realisiert. Ausgangsstichprobe derDiplomarbeit waren 364 reguläre Absol-venten des Diplomstudiengangs Psycholo-gie im Zeitraum zwischen 1993 und 2000.Für die Diplomarbeit wurden die Datenvon 86 Personen, die den Fragebogen zu-rück gesandt hatten, verwendet. Aus derAnzahl der auswertbar zurück erhaltenenFragebögen und der Anzahl versendeter

Fragebögen ergibt sich eine Rücklaufquotevon 37%. Dies entspricht einer üblichenRücklaufquote im Rahmen von Absolven-tenuntersuchungen. Problematisch könnenin diesem Zusammenhang Verzerrungender Repräsentativität der Ergebnisse durchdie Stichprobenzusammensetzung sein. Esbesteht die Möglichkeit, dass v. a. erfolg-reiche Absolventen sich an der Frage-bogenerhebung beteiligten, und somit einzu „rosiges“ Bild der Situation der Absol-venten gezeichnet wird.

Aus den vielfältigen Daten sollen nuneinige wenige herausgegriffen und vorge-stellt werden. Bei den 86 Personen dauertedas Psychologiestudium im Mittel etwa elfSemester. Dieser Wert bestätigt die Ergeb-nisse des Wissenschaftsrats, wonach dieLeipziger Psychologieabsolventen dieschnellsten im deutschlandweiten Ver-gleich sind. Die durchschnittliche Ab-schlussnote lag bei 1,53.Befragt zur Qualität verschiedener Aspekte

des Psychologiestudiums in Leipzig wur-den das Studienumfeld (kulturelles undFreizeitangebot) und die Wohnmöglichkei-ten in Leipzig sehr positiv bewertet. Infra-strukturelle Studiumsmerkmale wie „Stu-dierbarkeit im Hinblick auf die Regelstu-dienzeit“, der „Zugang zu erforderlichenLehrveranstaltungen“ sowie „Kontakte zuden Lehrenden“ wurden durchweg positivbewertet. Negativ bewertet werden das „Angebot be-rufsorientierender Veranstaltungen“ sowiedie „Begleitung der Praktika“. Insgesamtwird die Zusammenstellung der Studienin-halte im Diplomstudiengang Psychologiean der Universität Leipzig als dem aktuel-len Stand der Wissenschaft entsprechendbewertet. Eher negativ wird die Qualitätder Ausbildung in den Bereichen „Vortragund Präsentation“, „Moderation und Dis-kussionsleitung“, „Führungsqualitäten“sowie aber auch in „Wirtschafts-, Rechts-sowie Fremdsprachenkenntnissen“ einge-schätzt.

Studiosi

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Wo sind sie geblieben?Ergebnisse einer Psychologie-AbsolventenstudieVon Dipl.-Psych. Gregor Weißflog

Auf in den Berufsalltag … Karikatur in: DIE ZEIT, 31. Januar 2002

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Aus den vorliegenden Einschätzungen derAbsolventen lassen sich Vorschläge für zu-künftige Gestaltung des Psychologiestu-diums in Leipzig ableiten. Wünschenswertwäre eine stärkere Begleitung der Berufs-praktika. Dies könnte mit einer Erweite-rung des Angebots berufsorientierenderVeranstaltungen und eine Intensivierungder Berufs- und Studienberatung im Hin-blick auf spätere potentielle Tätigkeitsfel-der einhergehen.Bezüglich der Kennzeichen des Übergangsvom Studium in das Berufsleben könnenfolgende Aussagen getroffen werden: Zwi-schen dem Ende des Studiums und demBeginn der ersten Berufstätigkeit lagen imDurchschnitt elf Wochen. Der Großteil derStichprobe (42%) hat sich lediglich einmalfür eine Stelle bewerben müssen. Weitere25% haben sich zwei, drei bzw. vier malum eine Stelle beworben. Das restlicheDrittel hat fünf und mehr Bewerbungen be-nötigt, um eine Stelle zu erhalten. Erwar-tungsgemäß stellte der informelle Weg derBewerbung, d.h. die Nutzung persönlicherKontakte, den erfolgversprechendsten Wegin den Beruf dar.Von den 86 Personen der Stichprobe sindzur Zeit 79 erwerbstätig. Deren wöchent-liche Arbeitszeit beträgt durchschnittlichetwa 36 Stunden. Die Diplompsychologenverdienen durchschnittlich etwa 2338 e imMonat.Über die Hälfte (51%) der erwerbstätigenDiplompsychologen der Stichprobe arbei-ten im Öffentlichen Dienst. In der Privat-wirtschaft sind 38% und im Non-Profit-Bereich 11% tätig. Mehr als _ der Stich-probe sind im Bereich „Gesundheitswesen/soziale Dienstleistungen“ tätig. Was denregionalen Verbleib der Absolventen be-trifft, so kann zusammengefasst gesagtwerden, dass 83% der Absolventen derStichprobe ihren Arbeitsort in den öst-lichen Bundesländern (Berlin eingeschlos-sen) haben.Neben der Bereitstellung einer großenMenge an beschreibenden Daten zu Stu-dium und Beruf wurden drei konkrete For-schungshypothesen geprüft. Eine ersteHypothese prüfte, ob sich die Gliederungder beruflicher Kompetenz in die Dimen-sionen Fachkompetenz, Methodenkompe-tenz, Sozialkompetenz und PersonaleKompetenz an der Stichprobe der Diplom-psychologen replizieren lässt.Während Fachkompetenz sich auf fachlicheKenntnisse und Fertigkeiten bezieht, gehö-ren zur Sozialkompetenz kommunikativeund kooperative Fertigkeiten. Die Metho-

denkompetenz bezieht sich auf kognitiveFähigkeiten zur Bewältigung verschiedenerAufgaben. Als Personale Kompetenz sindFähigkeiten und Fertigkeiten zu verstehen,die es ermöglichen, eigenes Handeln moti-vational und emotional zu steuern. In der Stichprobe der Psychologieabsol-venten ließen sich ebenso vier Dimensio-nen beruflicher Kompetenz nachweisen,die jedoch in Abhängigkeit von der spezi-fischen Stichprobe bestimmte Schwer-punkte aufweisen. Eine erste Dimensionwar die Personale Kompetenz. Zwei wei-tere Dimensionen betonten einzelne Be-standteile der Methoden- bzw. Sozialkom-petenz. Für die Methodenkompetenz istdieser empirisch wichtige Einzelbausteindie Kreativität: Psychologen müssen mitihrem spezifischen Wissen immer wiederaufs Neue kreative Problemlösungen ent-wickeln. Der wichtige Einzelbaustein ausdem Bereich der Sozialkompetenz ist dieKooperation. Nicht verwunderlich ist, dasseine vierte empirische Dimension als „Ge-meinsames Problemlösen“ bezeichnet wer-den kann.In einer zweiten Hypothese sollte der Vor-hersagewert verschiedener Prädiktoren(= aussagekräftige Variablen für eine Pro-gnose) hinsichtlich beruflichem Erfolguntersucht werden. Hierfür wurde ein In-dex für das Kriterium beruflicher Erfolggebildet. Bestandteile dieses Kriteriumswaren objektive Indikatoren beruflichenErfolgs (Einkommen und berufliche Stel-lung) und subjektive Indikatoren beruf-lichen Erfolgs (berufliche Zielverwirk-lichung in Vergangenheit und Zukunft, Ar-beitszufriedenheit).Der aus diesen Einzelindikatoren erstellteAd-hoc-Index für beruflichen Erfolg er-brachte gute statistische Kennwerte undgelangte somit als Kriterium zur Einschät-zung des Prognosewerts verschiedener Prä-diktoren zum Einsatz.Im Rahmen der Untersuchung des Vorher-sagewerts verschiedener Prädiktoren konn-ten die Personale Kompetenz und die So-ziale Kompetenz als signifikante Prädikto-ren für beruflichen Erfolg ermittelt wer-den. Für die Personale Kompetenz gilthierbei: Je höher sie ist, desto höher ist derberufliche Erfolg. Zwischen beruflichemErfolg und Sozialkompetenz bestand hin-gegen ein negativer Zusammenhang, d. h.je geringer die Selbsteinschätzungen dereigenen Sozialkompetenz waren, desto hö-her war der berufliche Erfolg.Die dritte Hypothese prüfte, ob sich dieEinschätzungen der eigenen beruflichen

Kompetenz in Abhängigkeit vom Berufsal-ter, d. h. der Zeit, in der man im Berufgearbeitet hat, verändern. Hier konnte keinZusammenhang nachgewiesen werden. Realisiert werden konnte die Untersuchungnur durch die enge Zusammenarbeit mitder Geschäftsstelle Evaluation der Univer-sität Leipzig, welche die finanziellenMittel sowie die Software für die Erstel-lung und Auswertung des Fragebogens zurVerfügung stellte. Ausgangspunkt für dieZusammenarbeit war dabei die themati-sche Nähe der Diplomarbeit zur Funktionder Geschäftsstelle.Neben der Beantwortung von Forschungs-fragen wurde die Untersuchung ebensozum Zweck des systematischen Ausbausder Alumniarbeit an den Instituten fürPsychologie der Universität Leipzig ge-nutzt. Hierfür erhielten die Absolventen einAdressformular, welches sie unabhängigvon der Teilnahme an der Untersuchung se-parat an die Institute für Psychologie zu-rück schicken konnten (und dies auch ta-ten). Abschließend ist anzumerken, dass dievorgestellte Untersuchung den Beginn wei-terer Forschungsvorhaben mit den Leipzi-ger Absolventen markiert. Hierfür wurdebereits die Stichprobe mit Mitteln des Eva-luationsverbundes Halle-Leipzig-Jenaauch auf diejenigen Personen erweitert, dieihr Studium nicht abgeschlossen bzw. dieUniversität oder Fachrichtung gewechselthaben. Mit dieser vergrößerten Stichprobekönnen die vorliegenden Ergebnisse aufihre Repräsentativität hin überprüft wer-den. Ebenso besteht die Möglichkeit, wei-tere Fragestellungen zu beleuchten, dienicht expliziter Bestandteil der vorliegen-den Untersuchung waren. Denkbar sindhier z. B.: Welche Diskrepanzen zwischenStudium und Praxis werden erlebt? Ist dasAusmaß erlebter Diskrepanz relevant fürden Berufserfolg? Welche speziellenMerkmale des Studiums sind bedeutsamfür den Berufserfolg? Erkennbar wird, dass der Fragen noch nichtgenug gestellt sind. Aus diesem Grundwird die Absolventenforschung in der Pro-fessur für Arbeits- und Organisationspsy-chologie fortgesetzt.

Mehr Informationen zur Arbeit der Ge-schäftsstelle Evaluation im Internet:www.uni-leipzig.de/~eval/Mehr Informationen zum Fortgang derAbsolventenforschung per E-Mail bei:[email protected]

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Seit jeher mussten sich die Menschen aufdas Wetter einstellen. Sie beobachteten esdaher genau und bemühten sich, typischeWitterungsverläufe zu erkennen, um soeine Vorhersage des zukünftigen Wettersmachen zu können. Gelegentlich versuch-ten sie, durch Opfergaben an die „Wetter-macher“, den Wetterverlauf günstig zu be-einflussen.Wie auf vielen Gebieten menschlichenWissens waren es Gelehrte der Antike, diedie Wetterkunde auf eine wissenschaftlicheGrundlage stellten. Hervorzuheben ist Ari-stoteles (384–322 v. Chr.), der einerstes Lehrbuch der Meteorologieschrieb. Aristoteles und seine Nach-folger verstanden allerdings unterMeteorologie die Lehre von denPhänomenen, die sich zwischenHimmel und Erde befinden, alsoauch von Sternschnuppen und Ko-meten.Aus dem Mittelalter sind uns un-zählige Wetter- oder Bauernregelnüberliefert. Sie stammen zum größ-ten Teil schon aus dem Altertum.Die Bauernregeln versuchen, vomWetter eines besonderen Tages(Lostag) oder von der Witterung ei-nes bestimmten Monats auf dieWitterung der kommenden Zeitbzw. auf die zu erwartende Ernte zuschließen. Da sich viele dieser Re-geln auf langjährige Beobachtun-gen gründen, kommt ihnen ein ge-wisser Wahrheitswert zu.Diese Aussage gilt nicht für Versuche, denWetterverlauf aus dem Gang der Gestirneabzuleiten. So ging Moritz (Mauritius)Knauer (1613–1664), Abt des Zisterzien-serklosters Langheim in Mainfranken, da-von aus, dass das Wetter eines jeden Jahresvon einem sogenannten Jahresregenten(Sonne, Mond oder einer der damals be-kannten Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Ve-nus und Merkur) bestimmt wird. Deshalbmüsse man einmal das Wetter über siebenJahre genau notieren und hätte dann eineGrundlage für die Wetterprognose. Knauerverwirklichte diese Absicht und führte

von 1652 bis 1658 ein Wettertagebuch.Diese Aufzeichnungen fielen später in dieHände des Arztes Christoph Hellwig(1663–1721), der daraus den berühmt-berüchtigten Hundertjährigen Kalendermachte.Zu dieser Zeit hatten sich schon längst neueEntwicklungen abgezeichnet: 1597 wurdedas Thermoskop, 1643 das Baroskop er-funden, aus denen sich bald durch Ergän-zung mit einer Messskala das Thermome-ter bzw. das Barometer entwickelten. Da-mit waren neben verbalen Beschreibungen

des Wetters, zu denen die genannten Auf-zeichnungen von Knauer gehörten, nunauch Messungen der Wetterelemente Tem-peratur, Luftdruck usw. möglich. Bei derEntwicklung der Messtechnik darf einMann nicht vergessen werden: Otto vonGuericke (1602–1686). Mit Hilfe einesvon ihm gebauten Wasserbarometers ge-lang ihm eine der frühesten Wettervorher-sagen, als er aus einer außergewöhnlichenVertiefung des Luftdruckes richtig auf dasNahen eines Sturmwindes schloss.Aufgrund unterschiedlicher Instrumenteund verschiedener Beobachtungszeitenwar oft keine Vergleichbarkeit der Ergeb-

nisse früher instrumenteller Messungengegeben. Es gab deshalb mehrere Ver-suche, Messnetze zu organisieren. Dasbedeutendste der zeitigen Beobachtungs-netze entstand unter Kurfürst Karl Theodorvon der Pfalz (1724–1799). Er gründete1780 in Mannheim die Pfälzer Meteorolo-gische Gesellschaft, die ab 1781 ein inter-nationales Beobachtungsnetz mit knapp 40über ganz Europa verteilten Messpunktenbetrieb.Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts warnoch kein Gelehrter auf die Idee gekom-

men, das Material von verschiede-nen Orten eines bestimmten Zeit-punkts zu betrachten („Synopsis“).Die ungewöhnliche Witterung desJahres 1816 (bekannt als „Jahr ohneSommer“) veranlasste indes denMathematikprofessor an der Univer-sität Breslau, Heinrich WilhelmBrandes (1777–1834), zu der Über-legung, einmal „Charten von Europafür alle 365 Tage des Jahres nach derWitterung [zu] illuminieren“. AlsBrandes 1826 zur Besetzung derPhysikprofessur an die UniversitätLeipzig berufen wurde, legte er inseiner Dissertation die ersten Wet-terkarten vor.Freilich brauchte es noch einigeJahrzehnte, bis Wetterkarten Be-standteil der wetterdienstlichen Pra-xis wurden. Dazu war zum einen dieschnelle Übermittlung der Wetterda-

ten erforderlich und zum anderen musstegenerell die Notwendigkeit eingesehenwerden. Das erste geschah durch die Er-findung des Telegrafen; das zweite trat ein,als während des Krimkrieges 1853/56 einfranzösisches Schiff während eines Stur-mes sank und hinterher erkannt wurde,dass man mittels synoptischer Arbeits-weise vor dem Unwetter hätte warnen kön-nen. In der Folgezeit begann nach und nachdie Einrichtung staatlicher Wetterdienste(in Sachsen 1863) und bald darauf dieZeichnung von Wetterkarten.Nachdem in vielen Ländern Wetterdiensteentstanden waren, musste eine Organisa-

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Der Post der DDR war das Jubiläum der LeipzigerMeteorologenkonferenz 1972 wichtig genug, gleichdrei Briefmarkenblocks herauszugeben. Hintergrundder hier gezeigten Marke bildet eine Wetterkarte derHamburger Seewetterwarte aus dem Jahr 1876.Bearbeiter dieser frühen Karten war WladimirKöppen (1846–1940), der heute als Begründer dermaritimen Meteorologie gilt.

Bauern und BarometerWie das Wetter zur Wissenschaft wurdeVon Dr. Michael Börngen

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tionsform gefunden werden, die internatio-nale Verabredungen ermöglichte. Im Au-gust 1872 trafen sich in Leipzig rund 50Meteorologen verschiedener Länder, umüber wichtige Fragen der praktischen Me-teorologie zu diskutieren. Diese Meteoro-logenkonferenz diente der Vorbereitungder Gründungsversammlung der Interna-tionalen Meteorologischen Organisation(IMO) ein Jahr später in Wien. Sie lebtheute als WMO weiter.Wissenschaftlich machte die Wetterkundejedoch gegen Ende des 19. Jahrhundertskeine rechte Fortschritte. Ein Bonmot die-ser Zeit lautete: „Die Astrologie hat sichlängst zur Astronomie entwickelt, aber dieMeteorologie ist Meteorologie geblieben“.Dies änderte sich, als 1904 der norwegi-sche Physiker und theoretische Meteoro-loge Vilhelm Bjerknes (1862–1951) einenneuen Weg der Wettervorhersage vor-schlug. Gegenüber der früher üblichenstatistischen Arbeitsweise sollte nun dieAufgabe mitHilfe der theore-tischen Thermo-und Hydrodyna-mik gelöst wer-den („Dynami-sche Meteorolo-gie“). Die Leipzi-ger Universität schuf mit der Gründung desGeophysikalischen Institutes 1913 und derBerufung Bjerknes’ die Möglichkeit, dasserste wichtige Schritte zur Verwirklichungdieser Ideen in Leipzig gegangen werdenkonnten.War im 19. Jahrhundert die Telegraphie einunentbehrliches Hilfsmittel des Meteoro-logen, waren im 20. Jahrhundert Satelliten-und Rechentechnik unabdingbare Voraus-setzung des wissenschaftliche Fortschritts.1950 begann die Entwicklung der rechner-gestützten Wettervorhersage. Hochleis-tungscomputer sowie großzügig angelegteinternationale Experimente haben seitdemdie Wettervorhersage zuverlässiger ge-macht. Die dennoch hin und wieder auftre-tenden Fehlprognosen zeigen, dass weitergroßer Forschungsbedarf auf dem Gebietder Meteorologie besteht.

Dicke Luftzu Hause? Allergien und derTatort InnenraumVon Doris Böhme

Allergisch bedingte Erkrankungen nehmenin ihrer Häufigkeit zu. Immer mehr Men-schen klagen über Heuschnupfen, Neuro-dermitis oder Asthma. Oft beginnen dieseKrankheiten schon im Kindesalter und ver-ursachen über Jahrzehnte oder ein ganzesLeben lang Beschwerden. So versteht mandie drängenden Fragen vieler Menschennach Ursachen und neuen Therapien oder

gar Möglichkei-ten, Allergien zuvermeiden.Um Ängste ab-bauen und Ziele,die sowohl vonBetroffenen alsauch Entschei-

dungsträgern akzeptiert werden, definierenzu können, muss vermehrt geforscht undWissen vermittelt werden. Auch Wissen-schaftler des UFZ-Umweltforschungszen-trums Leipzig-Halle (Sektion Expositions-forschung und Expositionsforschung) undder Universität Leipzig suchen unter demDach des Umweltmedizinischen Zentrums(UMZ) nach Antworten auf Fragen wie:Warum nehmen Allergien zu? WelcheRolle spielt dabei die Umwelt? Welche

Umweltschadstoffe begünstigen Aller-gien? Sind Allergien auch eine Frage desLebensstils? Was macht ein Allergen zumAllergen? Warum reagiert der eine aller-gisch und der andere nicht?Jeder Mensch lebt ja mehr oder weniger inder gleichen Umwelt. Er ist Pollen, Haus-staub, Chemikalien, … ausgesetzt. Abernicht alle entwickeln daraus eine Allergie.Und genau das ist das Rätsel. Diese Veran-lagung ist bei einer großen Zahl von Men-schen in ihren Genen verankert. Aber diekonkreten Bedingungen seines Lebensmüssen nicht so gestaltet sein, dass es letz-tendlich tatsächlich zu einer Allergiekommt. Zusätzliche Faktoren sind hierganz entscheidend: In welcher Umgebunglebt er? Welchen Einflüssen – Umweltbe-lastungen und Innenraumbelastungen – ister ausgesetzt?Zu den Aufgaben des Umweltmedizini-schen Zentrums gehört es deshalb zumeinen, die Schadstoffbelastungen, denenBetroffene ausgesetzt sind, zu untersuchenund zu bewerten. Die Wissenschaftler ent-wickeln und verbessern geeignete Mess-verfahren, sie gehen Zusammenhängenzwischen Erkrankungen und der Umweltmit epidemiologischen Studien – Auswer-tung von Krankenstatistiken, Fragebogen-aktionen, medizinischen Untersuchungen– auf den Grund. So erhalten sie Daten überden Einfluss von Gesundheitsbelastungenoder zur genetischen bzw. familiären Vor-belastung. Werden Risikofaktoren aufge-deckt oder Risikogruppen gefunden, kön-nen daraus eventuell Vermeidungsstrate-gien – Prävention – aufgebaut werden.

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Allergene lauern überall. Pollen,Hausstaub und Schimmelpilzsporen(Foto) in der Atemluft machen demAllergiker zu schaffen. Foto: UFZ

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Die Luft

Wussten Sie, das Luft unser Hauptnah-rungsmittel ist? Der Mensch in Mittel-europa hält sich überwiegend, d. h. zu 85bis über 90% seiner Zeit, in Innenräumenauf. Während jeder Einzelne die Möglich-keit hat, sich seine Nahrungsmittel selberauszusuchen, muss er die Luft atmen, dieihm „angeboten“ wird. Deshalb ist es fürGesundheit und Wohlbefinden wesentlichzu wissen, welche Inhaltsstoffe die Atem-luft, insbesondere die Innenraumluft hat. Inder Luft enthalten sind z. B. verschiedeneanorganische und organische Gase, feinsteTeilchen aus Verbrennungsprozessen undandere Partikel, insbesondere solche biolo-gischen Ursprungs. Dabei weicht die Zu-sammensetzung der Innenraumluft wesent-lich von der der Außenluft ab.Zum Nachweis der Stoffe in der Innen-raumluft und im Staub, der sich aus derLuft abgesetzt hat, werden unterschied-lichste, zum Teil aufwändige, chemische,physikalische und biologische Methodeneingesetzt. Die Wirkung solcher Stoffekann mit Zellexperimenten im Labor nach-gewiesen werden. Man erkennt die Beein-trächtigungen aber auch am Menschen:z. B. im Blut oder indem große Betroffe-nengruppen nach Krankheitssymptomenbefragt werden.Ob Innenraumluft in manchen Fällen un-sere Gesundheit und unser Wohlbefindenverschlechtert – zu den Risiken gehörenvor allem Atemwegserkrankungen undAllergien –, hängt von der Größe der Be-lastung und der individuellen Veranlagungab. Auch das Alter spielt eine Rolle; dabeikönnen unterschiedliche Belastungstypenin verschiedenen Lebensaltern eine unter-schiedliche Wirkung haben.Die Grundregeln, sich vor zu großer Be-lastung zu schützen, sind sehr einfach: Re-gelmäßiges Lüften; Schadstoffquellen inInnenräumen wie Rauchen oder Lösungs-mittel aus Reinigern, Farben, Klebern oder„feuchte“ Wohnung vermeiden bzw. redu-zieren.Wenn Gesundheit und Wohlbefinden nach-haltig gestört sind und man das mit Innen-raumbelastungen in Verbindung bringt, dienicht genauer erkennbar oder zu beseitigensind, sollten der Hausarzt oder Mitarbeiterdes Gesundheitsamtes befragt, und ggf.eine umweltmedizinische Sprechstundeaufgesucht werden.

Das UFZIm Dezember 1991 gründeten die Bundes-regierung, der Freistaat Sachsen und dasBundesland Sachsen-Anhalt das Umwelt-forschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ).Es wird zu 90 Prozent vom Bundesfor-schungsministerium und zu jeweils fünfProzent von den beiden beteiligten Län-dern finanziert. Das UFZ beschäftigt zur-zeit rund 650 Mitarbeiter an den dreiStandorten Leipzig, Magdeburg und Halle.Mit seinen Forschungsaufgaben über-nimmt das Helmholtz-ForschungszentrumVerantwortung für die Umwelt – Verant-wortung längst nicht mehr nur für die Sa-nierung, Renaturierung und Neugestaltungvon gestressten Landschaften, sondern zu-nehmend auch für die vorsorgende Um-weltforschung, die Gefahren und Risikenfür Mensch und Natur von vornherein min-dert bzw. vermeidet. Das Leitmotiv desUFZ lautet: „Forschung zur NachhaltigenLandnutzung und Sicherung von Lebens-qualität in der Kulturlandschaft“.

Internet: www.ufz.de

DerWestwindganzobenÜber die Luftin der hohenAtmosphäre

Von Prof. Dr. Christoph Jacobi,Institut für Meteorologie

Nachdem in den letzten Jahren die Fragenach anthropogener und natürlicher Kli-mavariabilität immer mehr in den Vorder-grund gerückt ist, bleibt es weiterhinAufgabe der Wissenschaft, Klimaschwan-kungen und Klimaänderungen durch Mes-sungen zu erfassen und nachzuweisen.Untersuchungen der hohen Atmosphärebieten sich dazu an, da kleinräumigeUnterschiede, die Langzeitmessungen inder bodennahen Atmosphäre sehr aufwen-dig machen, nicht vorkommen. Die hoheAtmosphäre steht wiederum in dynami-scher Wechselwirkung mit den darunterliegenden Luftschichten, so auch mit derTroposphäre, in der wir leben. Bei Kennt-nis der Koppelungsprozesse ist es dahermöglich, Änderungen auch der bodenna-hen Atmosphäre in hochatmosphärischenMessungen zu identifizieren.

Das Prinzip der dynamischen Koppelungzwischen unterer und oberer Atmosphäreist in der Abbildung dargestellt. Soge-nannte planetare Wellen, das sind langsamnach Westen wandernde großräumigeUnterschiede meteorologischer Parameterauf Längenskalen bis hin zum Erdumfang,werden durch die Land-Meer-Unter-schiede sowie die Tief- und Hochdruckge-biete angeregt. Sie breiten sich im Winterauch nach oben hin aus. In den hohenSchichten der Atmosphäre bremsen Sieden dort vorherrschenden Westwind ab.Auf diese Weise sind das Auftreten groß-räumiger Störungen in der unteren Atmo-

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Das Umweltforschungszentrum.Foto: UFZ

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sphäre und der vorherrschende Wind in derhohen Atmosphäre verknüpft.

Zur Untersuchung der hohen Atmosphärewird am Institut für Meteorologie der Uni-versität Leipzig ein numerisches Zirkula-tionsmodell betrieben und weiter ent-wickelt. Mit solch einem Modell ist man inder Lage, die Änderungen meteorologi-scher Variablen auch in den oberen Berei-chen der Atmosphäre bei Änderungen be-stimmter Randbedingungen zu studieren.Zu diesen Randbedingungen gehören z. B.eine erhöhte oder verringe Aktivität plane-tarer Wellen oder eine Zunahme des Koh-lendioxidgehalts der Atmosphäre. MitHilfe dieses Modells konnte die in derAbbildung skizzierte Reaktion der hohenAtmosphäre auf das Auftreten planetarerWellen bestätigt werden.

An der Außenstelle Collm der UniversitätLeipzig, auf dem Collmberg bei Oschatz,wird seit den 1960er Jahren kontinuierlichder Wind in der hohen Atmosphäre gemes-sen. Dabei wird der Höhenbereich von85–105 km, die sogenannte Mesopausen-region, abgedeckt. Das Messverfahrenverwendet in der unteren Ionosphäre, alsoim interessierenden Höhenbereich reflek-tierte Radiowellen kommerzieller Rund-funksender. Dabei werden Feldstärke-schwankungen der Empfangssignale und

die Zeitdifferenz ihrer Registrierung aufverschiedenen Empfängern im Abstandvon mehreren hundert Metern gemessen.Diese können als Auswirkungen der hori-zontalen Drift ionosphärischer Störungenund damit des Windes in der hohen Atmo-sphäre interpretiert werden.

Auswertungen der inzwischen vorliegen-den langen Zeitreihe des Windes im Me-sopausenbereich zeigen, dass deutlicheUnterschiede von Jahr zu Jahr auftreten,welche mit den Verhältnissen der bodenna-hen Atmosphäre verknüpft sind. Der Nord-atlantische Oszillations-Index (NAO) be-schreibt die Luftdruckdifferenz zwischenIsland und den Azoren und ist damit einMaß für die großräumige bodennahe Zir-kulation über einem großen Teil der Nord-hemisphäre. Da er auch die Strömungsrichtung überdem Atlantik beschreibt – positive Wertebedeuten eher west-ost-gerichtete, negativeWerte eher nord-süd-gerichtete Strömung– ist er auch ein Maß für das Auftretengroßskaliger Störungen und damit planeta-rer Wellen. Positive Werte sind mit gerin-ger, negative Werte mit hoher Wellenakti-vität verbunden. Die positive Korrelationmit dem Hochatmosphärenwind im Winterbestätigt damit die Ergebnisse aus numeri-schen und konzeptionellen Modellen.Ebenfalls in Übereinstimmung mit der

Theorie, nach welcher im Sommer durchdie Bedingungen in der mittleren Atmo-sphäre keine Wellenausbreitung nach obenerfolgen kann, zeigen die Messungen amCollm keinen Zusammenhang zwischenNAO-Index und hochatmosphärischemWind. Dies zeigen die Korrelationskoeffi-zienten für jeden einzelnen Monat.Schwankungen der atmosphärischen Zir-kulation der Nordhemisphäre, welche sichdurch den NAO-Index darstellen lassen,treten auf Zeitskalen von mehreren Jahrenauf. Mit Hilfe der Hochatmosphärenwind-messungen am Collm lassen sich aber auchmögliche Auswirkungen globaler Klima-änderungen auf die Hochatmosphäre ver-folgen, da diese Änderungen in der hohenAtmosphäre zum Teil sehr deutlich sind.

Die Zunahme von Treibhausgasen in derAtmosphäre führt zu einer Erwärmung derunteren Atmosphäre, da diese Gase einenzunehmenden Teil der von der Erde in denWeltraum ausgesandten Infrarotstrahlungzunächst absorbieren und zum Teil zur Erd-oberfläche zurückstrahlen. Gleichzeitig istdamit eine Abkühlung der mittleren undhohen Schichten der Atmosphäre verbun-den, da die Treibhausgase in der oberenAtmosphäre stärker infrarote Strahlung inden Weltraum emittieren. Dies wurde mitMessungen und mit Hilfe von Zirkula-tionsmodellen nachgewiesen.

Weitere Untersuchungen mit Hilfe derMessungen am Collm und der numeri-schen Simulationen betreffen die Auswir-kungen des stratosphärischen Ozonabbausoder solarer Variabilität auf die hohe Atmo-sphäre, deren Kenntnis für das Verständnisder Atmosphäre als Ganzes ebenfalls not-wendig ist. Zusammenfassend lässt sichsagen, dass durch die Kombination vonhochatmosphärischen Windmessungenund numerischer Simulation, wie sie amMeteorologischen Institut der UniversitätLeipzig betrieben wird, die Kenntnis derAtmosphäre als Lebensraum des Men-schen und die Prognose ihrer möglichenVeränderungen auch durch menschlicheEinflüsse merkbar verbessert wird.

Eine ausführliche Beschreibung derMessungen, ausgewählte Ergebnisseund Messdaten der zonalen (west-ost-gerichteten) und meridionalen (nord-süd-gerichteten) Windkomponenten so-wie ihrer täglichen Schwankungen sindim Internet verfügbar unter:www.uni-leipzig.de/~jacobi/collm/

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Prinzip der Ausbreitung von planetaren Wellen und ihrer Beeinflussung desmittleren Grundstromes in der mittleren und hohen Atmosphäre.

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Die Luft ist ein Aerosol; sie besteht aus ei-nem Gasgemisch mit darin suspendiertenflüssigen oder festen mikroskopischen Par-tikeln. Diese Partikel können nanometer-groß oder auch bis zu Millimeter imDurchmesser sein. Im letzteren Fall sindsie aber sicher als Regentropfen auf demWege nach unten. Der Regen, und damitalle Wolkenbildungsprozesse, sind un-trennbar mit Aerosolpartikeln verbunden,da die Tropfenbildung in der Atmosphärevon der Wirkung mikroskopischer Aero-solpartikel als Kondensationskerne ab-hängt. Diese Verbindung zeigt schon eine der bei-den Hauptgründe, warum die Meteorologiedas atmosphärische Aerosol verstehen undvorhersagen können muss. Der andereGrund liegt in der Wirkung des Aerosolsauf die Energiebilanz des Erdsystemsdadurch, dass die suspendierten PartikelSonnenstrahlung streuen und absorbieren.Letzteres gilt auch für die thermische Aus-strahlung wegen des Wassergehalts hygro-skopischer Partikel und wegen der Infra-rotabsorption von Staubpartikeln.Das Leibniz-Institut für Troposphärenfor-schung (IfT) hat sich daher seit etwa zehnJahren das Verständnis und die Vorhersageatmosphärischer Aerosol und Wolken inden ersten etwa 10 km Höhe der Atmo-sphäre als Hauptaufgabe gewählt. DieseAufgabe wird auf drei komplementärenWegen verfolgt. Mit einer Vielzahl physi-kalischer Messverfahren werden die physi-

kalischen Eigenschaften von Aerosolenund Wolken im Labor und in der Atmo-sphäre bestimmt. Letzteres geschieht amBoden, mit Fesselballonen bis in etwa ei-nem Kilometer Höhe und mit Fernmess-verfahren und Flugzeugen bis in etwa 20km Höhe. Mit diesem Instrumentariumkonnten zum Beispiel in der Rauchfahnedes Indischen Subkontinents die Aufwär-mung der verschmutzten Luftschicht bis in3 bis 4 km Höhe gezeigt werden. Wichtige,in der Atmosphäre nicht klar voneinanderzu trennende Aerosolprozesse, wie die Par-tikelnukleation und die Wolkenbildung,werden darüber hinaus im Labor simuliert.Chemische Eigenschaften und Prozesseatmosphärischer Mehrphasensysteme wer-den in einer zweiten Arbeitsrichtung unter-sucht. Auch hier werden neben Feldunter-suchungen einzelne Prozesse und chemi-sche Reaktionen des atmosphärischenAerosols im Labor simuliert. Spezielle chemische Analyseverfahrenwerden entwickelt, um die sehr kleinenAbsolutmengen im atmosphärischen Aero-sol zu quantifizieren und um die großeAnzahl organischer Komponenten zu iden-tifizieren. Die chemische Charakterisie-rung des Aerosols ist essentiell, um fest-legen zu können, welcher Anteil aus na-türlichen Quellen stammt und welchermenschlichen Aktivitäten zuzuschreibenist. Nur damit lässt sich entscheiden, inwelchem Maß der Mensch zu aerosolbe-dingten Klimaänderungen beiträgt.

Die beiden erstenArbeitsrichtungen lie-fern Ausgangsdatenund Prozessbeschrei-bungen für das kom-plizierte atmosphäri-sche Mehrphasen-system Aerosol, mitdenen die dritte Ab-teilung des Institutsnumerische Chemie-Transportmodelle an-treibt, die Ausbrei-tung, Umwandlungund Wirkung von

Aerosolen und Wolken auf Zeit- undRaumskalen simulieren. Mit diesen numerischen Modellen ist eszum Beispiel möglich, die Wirkungen ge-planter emissionsmindernder Maßnahmenim Vorfeld auf ihre Sinnhaftigkeit zu über-prüfen oder die maximale Schadstoffbela-stung unter gewissen meteorologischenVerhältnissen abzuschätzen. Neben denklassischen meteorologischen Parametern,die den Zustand und die Dynamik derAtmosphäre charakterisieren, müssendiese Modelle eine große Anzahl von Spu-renstoffparametern und Mehrphasenproz-essen mitführen, was den Rechenaufwandsehr stark erhöht.Gegründet wurde das Institut für Tropos-phärenforschung, um die hochbelasteteAtmosphäre über den neuen Bundeslän-dern zu untersuchen. Diese Situation hatsich glücklicherweise sehr positiv verän-dert, sodass das Aerosol, Wolken undNiederschlag sich heute über den östlichenBundesländern kaum noch von denenWesteuropas unterscheiden. Dies bedeutetaber nicht, dass das IfT arbeitslos gewor-den ist. Neue Erkenntnisse zum Gesund-heitseinfluss sogenannter ultrafeiner Parti-kel, einer Spezialität des Hauses, und dieEinführung neuer EU-Richtlinien überGrenzwerte der Aerosolbelastung erfor-dern gesundheitsbezogene urbane Aeroso-luntersuchungen.Zudem wird die Kompetenz des IfT seiteiniger Zeit in den Abluftfahnen der globalstärksten regionalen Emissionsgebiete ein-gesetzt, um das Aerosol zu charakterisierenund in seinen Klimawirkungen abzuschät-zen. Neben diesen außereuropäischenAktivitäten wird das Institut sich zukünftigvor allem der realitätsnahen Simulationvon Wolken im Labor widmen, um denmenschlichen Einfluss auf Wolken zu ver-stehen, für den zwar eine zunehmende Zahlvon Indizien sprechen, der aber noch nichtquantifiziert werden kann. Hierzu wird inden nächsten Jahren ein neues Großgerät ineinem eigenen Laborgebäude aufgebaut,das sich hoffentlich zu einem Zentrum derWolkenforschung entwickeln wird.

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Ultrafeines als Spezialität Die Arbeit des Instituts für TroposphärenforschungVon Prof. Dr. Jost Heintzenberg

Das Leibniz-Institut fürTroposphärenforschung.Foto: IfT

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SaureSeen?Das Lebens-elixier WasserVon Susanne Hufe

Ob als Oberflächenwasser in Meeren, Flüs-sen und Seen oder als Grundwasser – Was-ser ist eine überlebenswichtige Ressourcefür Pflanze, Tier und Mensch. Trinkwasserwird weltweit knapper und ist häufig ge-sundheitlich bedenklich. Allein fünf Mil-lionen Menschen sterben jährlich durchverunreinigtes Trinkwasser!Weltweit steht die Wissenschaft vor dergroßen Herausforderung, moderne Sanie-rungs- und Managementkonzepte zu ent-wickeln, die naturnah, nachhaltig, über-tragbar und vor allem zu bezahlen seinmüssen. Probleme bereiten dabei mehr undmehr diffuse Stoffeinträge sowie nichtsichtbare extrem toxische und hormonellwirksame Spurenstoffe.Wissenschaftler des Umweltforschungs-zentrums (UFZ) Leipzig-Halle erarbeitensolche Konzepte in europa- oder weltweitvernetzten Wissenschaftlerteams – oft aus-gehend von den regionalen Beispielen Ost-deutschlands – jedoch stets mit dem An-spruch der internationalen Übertragbarkeitauf ähnliche Problemfälle.

Beispiel Tagebauseen

In den Tagebaulandschaften des mittel-und ostdeutschen Raumes entsteht zurzeiteine Seenlandschaft mit etwa 120 neuenSeen, einige davon werden zu den 10 größ-ten deutschen Seen gehören. Die Problemebei der Flutung der Tagebaue können viel-fältig sein: Neben Eutrophierung und Ver-salzung ist eines der gravierendsten die po-tenzielle Versauerung etwa der Hälfte die-ser Seen. Bei pH-Werten von 2 bis 3 wärensie weder wirtschaftlich noch für die Frei-zeitgestaltung nutzbar. Das UFZ erarbeitetdeshalb Konzepte, die einerseits die Ver-sauerung schon während des Flutungspro-zesses – im Sinne der Vorsorge – verhin-dern und andererseits an Lösungen fürbereits existierende stark saure Seen. ImUnterschied zu herkömmlichen Sanie-

rungsverfahren durch chemische Neutrali-sierung, setzen die Wissenschaftler auf einkostengünstiges, einfach zu handhabendesund naturnahes „sanftes“ Verfahren. Dabeiwerden solche natürlichen, säureverbrau-chenden Prozesse im See angeregt, die aufder Leistung von natürlich vorkommendenMikroorganismen basieren.

Beispiel Flusslandschaft

In den vergangenen Jahren ist die Wasser-qualität vieler deutscher Flüsse aufgrundgroßer Anstrengungen bei der Verminde-rung siedlungsbedingter Einträge sichtbarbesser geworden; nach wie vor bestehenjedoch zu hohe diffuse Belastungen insbe-sondere aus dem Bereich der Landwirt-schaft. Großen Handlungs- und For-schungsbedarf gibt es zudem in Bezug aufdie nicht sichtbaren, „okkulten“ Ver-schmutzungen. Ökotoxikologen des UFZbeschäftigen sich bspw. mit der Frage, wieextrem toxische oder hormonell wirksameSpurenstoffe, Bakterien oder Viren elimi-niert werden können, ein Thema, das mitdem 11. September 2001 eine zusätzlicheDringlichkeit bekommen hat und von po-tenzieller Sicherheitsrelevanz für vieleStaaten der Erde ist.Seit 1998 verfügt das UFZ über ein eige-nes Flussforschungsschiff, die ALBIS. Esist mit allem ausgestattet, was zur Ent-nahme und schnellen Vor-Ort-Analyse vonProben notwendig ist und ermöglicht denUFZ-Wissenschaftlern neue Einblicke indie physikalischen, chemischen und biolo-gischen Verhältnisse und Prozesse in Flüs-sen.

Beispiel Grundwasser

Keiner sieht es, niemand hört es – viel-leicht ging man deshalb lange Zeit wenig

sorgsam um mit diesem riesigen Wasser-reservoir, das für Natur und Mensch so le-bensnotwendig ist. Seit einigen Jahren nunbeschäftigt man sich intensiver als je zuvormit seinem Schutz und kämpft an vielenOrten der Welt gegen die Sünden vergan-gener Jahrzehnte.Beispiel Bitterfeld. 200 Millionen Kubik-meter stark verunreinigtes Grundwasserbefinden sich unter der ehemaligen Che-miestadt. Die Ursache sind Altlasten undSchadensfälle, viele davon schon entstan-den bevor man die DDR kannte! Ein Fallfür das UFZ und Wissenschaftlerteams ausganz Europa. Gesucht wird eine innovativeSanierungstechnologie, die direkt imGrundwasser – in situ – ansetzt und überden Modellstandort Bitterfeld hinaus an-wendbar ist. In dieser Dimension ist dasProjekt absolutes Forschungsneuland.

Beispiel Biotechnologie

Die am UFZ für viele Schadensfälle ent-wickelten sanften, naturnahen Sanierungs-verfahren, setzen auf die Aktivierung desnatürlichen Selbstreinigungspotenzials.Werden für die Mikroorganismen, dieüberall in Böden und Gewässern vorhan-den sind, geeignete Bedingungen geschaf-fen, so sind sie in der Lage, fast alle Schad-stoffe abzubauen. UFZ-Wissenschaftleruntersuchen in diesem Zusammenhangauch neue Aspekte des Einsatzes vonPflanzenkläranlagen, insbesondere imHinblick auf ihr keimminderndes Potenzialund die Fähigkeit, Schwermetalle aus be-lastetem Abwasser zu beseitigen. Die Ver-fahren werden insbesondere auf ihren Ein-satz in Entwicklungs- und Schwellenlän-dern geprüft und z. T. mit ihnen gemeinsamentwickelt.

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Für das Flussforschungsschiff des UFZ, die ALBIS, sind geringe Wassertiefen undProbenahmen in Buhnenfeldern von Elbe und Saale kein Problem. Foto: UFZ

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Die Erde ist der blaue Planet. Fast drei-viertel der Erdoberfläche sind mit Wasserbedeckt. Für die Nutzung des Wassersdurch die ständig wachsende menschlicheGesellschaft bleibt aber davon nicht vielübrig. Der überwiegende Teil ist Salzwas-ser der Ozeane. Wir brauchen aber Süß-wasser und das gibt es nur auf dem Fest-land. Aber auch hier wieder eine Ein-schränkung, ja eine Kette von Einschrän-kungen: Fast 70% des Süßwassers sind imPolareis, in Hochgebirgsgletschern und inden Dauerfrostböden des zirkumpolarenBereiches gebunden. Ca. 30% des Süß-wassers der Festländer ist Grundwasser.Dies klingt zunächst recht gut. Wissen wirdoch, dass unser Trinkwasser in hohemMaße aus dem Grundwasser stammt. DieWasserförderung von Grundwasser ist abersehr kostspielig. Nicht überall auf der Erdekann man sich deshalb die Nutzung vonGrundwasser leisten.Wer die soeben genannten Zahlen über dieSüßwasservorräte auf der Erde gründlichbetrachtet hat, stellt fest, dass eigentlichfast kein Wasser für den problemfreien Zu-griff durch den Menschen übrig ist. Tat-sächlich macht das oberirdische Süßwasserin flüssiger Form nur 0,3% des Süßwassersaus. Das ist jenes Wasser, das wir in Seenoder Flüssen finden.Im Gegensatz zu anderen natürlichenRessourcen ist ein großer Teil des oberir-dischen und auch des unterirdischen Süß-wassers im Rahmen des Wasserkreislaufeserneuerbar und noch dazu in einer Ge-schwindigkeit, die für den Nutzungszugriffdurch die Gesellschaft von Bedeutung ist.

Niederschlag und Verdunstung sind die be-stimmenden Glieder des durch die Son-nenenergie getrieben Wasserkreislaufes. Inungefähr neun Tagen, d.h. 40 mal im Jahrentleert die Atmosphäre ihren Wasservor-rat in Form der Niederschläge.Fragen wir weiter: Wenn das alles optimalfunktioniert, dann müssen wir für die Was-serversorgung der globalen menschlichenGesellschaft keine Sorge haben? Antwort:Ein klares Nein. Wir haben nämlich bei un-serer bilanzierenden globalen Betrachtungdie Hauptakteure, die Menschen, außerAcht gelassen: Die Gesellschaft vermehrtsich in hoher Geschwindigkeit. Demnachstehen für jeden Menschen immer wenigerWasserressourcen zur Verfügung. Aberauch dieser Umstand ist aus der Sicht glo-baler Bilanzen verkraftbar und berührtnicht das Kernproblem. Von fundamentaler Bedeutung für die Was-sernutzung ist die Tatsache, dass viele Sied-lungsgebiete in Wassermangelregionen lie-gen und dass wir heute dort sehr hoheWachstumsraten der Bevölkerung haben.Erinnern wir hier nur an Afrika nördlichund südlich der Sahara, den Trockenbe-reich, der von Arabien ostwärts bis nachIndien und China reicht. Aufgrund derAridität, also des Umstandes, dass die Ver-dunstung höher als die Niederschläge ist,entstehen hier ohnehin basierend auf natür-licher Grundlage, Wassermangelgebiete.Das können im günstigsten Fall jahreszeit-liche Engpässe sein, bei noch größererTrockenheit mehrjährige Regenausfälle,die zur Aufgabe von Ansiedlungen führenmüssen. Für eine permanent gesicherte

Wasserversorgung in Trockengebieten istdie Grundwassernutzung eine ganzjährigesichere Quelle. Grundwasser ist aber nichtüberall vorhanden. Wo wir es finden,stammt es zumeist aus der regenreichengeologischen Vergangenheit und ist wieandere fossile Lagerstätten erschöpfbar.Welches arme Land hat aber die Finanz-und Energievorräte um aus großer Tiefegefördertes Grundwasser zu bezahlen?Der in Trockengebieten überwiegend na-türlichen bedingte Wassermangel wirddurch die Gesellschaft noch verstärkt. Eswird nicht nur Wasser genutzt, es wird auchWasser verunreinigt und Abwasser er-zeugt. Dieses Wasser, wenn nicht ausrei-chend gereinigt, und dies ist in armen Län-dern häufig der Fall, stellt für die Nutzun-gen ein hohes Risiko dar. Erkrankungs-und Todesstatistiken aus solchen Ländernsprechen eine eindeutige Sprache. In den bisherigen Ausführungen wurde le-diglich auf Trinkwasser orientiert. Wasserist aber nicht nur Lebensmittel für Menschund Tier, es besitzt zahlreiche Funktionenfür die Formung und Dynamik von Land-schaften und Ökosystemen. Diese bedeu-tenden Fragen werden in diesem Aufsatznicht behandelt.Betrachten wir im Gegensatz zu den Tro-ckengebieten die humiden Gebiete derErde, wie z. B. Mitteleuropa. In Mittel-europa sind die Niederschläge größer alsdie Verdunstung. Haben wir demzufolgegenug Wasser und keine Wasserprobleme?Weit gefehlt, wir haben welche aber über-wiegend andere als die bisher dargestell-ten.

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Das globale Problem WasserIst das wichtigste Lebensmittel ein Mangelprodukt?Von Prof. Dr. Hans Neumeister, Institut für Geographie

Üppig anmutende Landschaft Mitteldeutschlands, in derWasser in ausreichendem Maße zur Verfügung steht.

In Trockengebieten führt Überweidungund Holznutzung zum völligen

Vegetationsverlust.Fotos: Neumeister

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Das humide Mitteleuropa

Aufgrund seiner vielfältigen Funktionenim Stoff- und Energiehaushalt von Land-schaften gilt das Wasser in Mitteleuropanicht nur aus der Sicht des Naturschutzesals Schutzgut. Überall ist es in unserenmeist intensiv genutzten Landschaften mitNutzungs- und Schutzmaßnahmen verbun-den. Forschungsbedarf ist angezeigt.In der Abteilung Physische Geographie desInstitutes für Geographie werden geoöko-logische Forschungen durchgeführt, diesich mit Eigenschaften des Wassers inhydrologischen Einzugsgebieten befassen.Beispielhaft für solche Untersuchungensollen zwei Projekte vorgestellt werden.

1. Der Einfluss der erdoberflächenna-hen Gesteins- und Bodeneigenschaften,der Vegetation und des Mikroreliefs inForsten und Mooren auf die Abflussbil-dung und die Wassereigenschaften imEinzugsgebiet von Trinkwassertalsper-ren des westlichen Erzgebirges und desOberen Voigtlandes.

Problem:In den Mittelgebirgen Südsachsens und anihrem Nordrand finden wir aufgrund derhistorischen Entwicklung von Bergbau, In-dustrie, Handwerk und Handel eine relativhohe Bevölkerungsdichte. Trink- undBrauchwasser mussten seit Jahrhundertenbereitgestellt werden. Da in den Festgestei-nen des Gebirges Grundwasser fehlt, ist dieBewirtschaftung von Oberflächenwasserüberall zur Notwendigkeit geworden. Hi-storische und aktuelle Wasserbauten bele-gen dies. Selbstverständlich gab und gibt eszwischen den einzelnen Nutzungszielen inder Landschaft Konkurrenzsituationen, sodass sich die Wasserqualität durch die Nut-zungswirkungen von Industrie, Landwirt-schaft, Transport und Siedlungswesen ne-gativ veränderte. Besonders in den letzten100 Jahren wurden in den sächsischenMittelgebirgen zahlreiche unterschiedlichgroße Trinkwassertalsperren angelegt, wel-che nicht nur das Mittelgebirge, sondernauch dessen dicht besiedeltes nördlichesVorland mir Trinkwasser versorgen.Die Wasserqualität des Rohwassers in denTrinkwassertalsperren wird durch zahl-reiche natürliche Eigenschaften des jewei-ligen hydrologischen Einzugsgebieten be-stimmt. Die Einflüsse der Landnutzungverändern und überlagern diese natürlicheEigenschaften maßgeblich.Einige Talsperren liegen in Einzugsgebie-

ten, die von Fichtenforsten und Hochmoo-ren bedeckt sind. Insbesondere die Mooregarantieren bei den relativ hohen Nieder-schlägen und der vergleichsweise geringenVerdunstung einen gleichmäßigen Wasser-eintrag in die Talsperre über das ganze Jahr.Die pH-Werte des aus den Fichtenforstenund Mooren in die Talsperren eingetrage-nen Wassers sind relativ niedrig und liegenim sauren Bereich. Huminstoffreiche Wäs-ser in Verbindung mit niedrigen pH-Wertenbewirken eine Mobilisierung von Stoffen,die den Aufwand für die Herstellung hoch-wertigen Trinkwassers beeinflussen. Ge-löster organischer Kohlenstoff, Alumi-nium, Eisen, Mangan, Phosphor, Stick-stoff, Schwefel und deren Verbindungensind solche Stoffe, deren Konzentrationund Bindungsformen bei unterschiedlicherVegetation und deren Abbauprozessen(Humifizierung) sich verändern.

Forschung:Wenn heute eine Vermehrung der Mooregegenüber den Fichtenforsten angestrebtwird, so ist zu fragen, ob damit auch eineVerbesserung der Wasserqualität erzieltwird. Vermindert sich der technische undfinanzielle Aufwand für die Produktionvon Trinkwasser? Bewirkt der Anbau derBuche anstelle der Fichte langfristig eineErhöhung der pH-Werte im Talsperrenwas-ser? Eine Verbesserung der Pufferkraft derÖkosysteme wäre die Folge.• Mit Hilfe welcher Parameter kann die

stoffliche Zusammensetzung der Moor-wässer derzeit quantifiziert und bewertetwerden?

• Wie beeinflussen die Renaturierungs-maßnahmen von Mooren Prozesse derMineralisierung/Humifizierung in denTorfen?

• Welche Aussagen können nach Renatu-rierungsmaßnahmen bezüglich der lang-fristigen Veränderung des Stoffhaushal-tes getroffen werden?

• Finden Prozesse des Austrages von trink-wasserrelevanten Stoffen nach Wieder-anstau statt?

• Aufklärung der Beziehungen zwischenReliefformen, Mooreigenschaften undEntwässerung

• Untersuchung der durch Grabenanstauausgelösten Veränderungen in der Was-sergüte

• Räumliche Beziehungen zwischenWuchseigenschaften in den Fichtenfor-sten und in den Mooren in Beziehung zuMaßnahmen der Entwässerung oder desWasserrückhalts

• Aufklärung der Beziehungen zwischenReliefformen, Entwässerungsmaßnah-men, Bodenbedeckung, Boden- undMooreigenschaften (Wassergehalt,Mächtigkeit, pH-Werte, Anteile an C/N)und Eigenschaften des DOC (Minerali-sierung, Humifizierung, Stoffbindung)

2. Die Wassereigenschaften der Tal-sperre Kelbra bei Nordhausen als Funk-tion der Wasser- und Stoffeinträge desüberwiegend agrarisch genutzten Ein-zugsgebietes und interner Stoffumsätze

Problem:Der Bau der Talsperre Kelbra bei Nord-hausen hatte das Ziel im Helmetal eineHochwasserschutz zu erzielen, welcherauch positive Auswirkungen auf die wei-ten Niederungen des Unstrutgebietes hat.Weiterhin sollte ein Naherholungsgebietentstehen. Fischzucht und die Entwickluneines umfangreichen Vogelschutzgebieteswaren ebenfalls Ziele für die Anlage derTalsperre.Bedingt durch den Eintrag von abge-schwemmtem Bodenmaterial aus den über-wiegend agrarisch genutzten Einzugsge-bieten und den darin enthaltenen Nährstof-fen sowie den Eintrag von Abwässern ausSiedlungen und der Tierzucht entwickeltesich im Talsperrenwasser eine biologischeAktivität, die in einer enormen Algenent-wicklung gipfelte. Der Badebetrieb wurdestark beeinträchtigt, bei besonders intensi-ver Algenentwicklung unmöglich.

Forschung:Aus dieser Problematik wurden folgendeForschungsaufgaben abgeleitet:• In welchem Maße wird durch den Ein-

trag von Bodenmaterial der Talsperren-grund erhöht und der Stauraum vermin-dert?

• Welche Nährstoffe bedingen das Algen-wachstum? Werden sie aus dem Ein-zugsgebiet immer wieder eingetragenoder reproduzieren sie sich durch dasjährlich abgelagerte Talsperrensedi-ment?

• Welche Maßnahmen in den einzelnenTeilen des Einzugsgebietes können eineVerminderung der Einträge bewirken?

• Vergleich von Zeitschnitten der achtzigerund neunziger Jahre zur Schätzung desSedimenteintrages mit Hilfe statistischenMaterials über landwirtschaftliche Nut-zung, Siedlungswesen und topographi-sche Eigenschaften, Fokussierung auf dieParameter Stickstoff und Phosphor.

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Das Element Feuer beschäftigt zum Bei-spiel die Vulkanforscher, die es zum Bei-spiel an der Universität Leipzig gibt, wo siebesonders mit einem Beispiel befasst sind:dem Vulkan Merapi. Dazu befragte dasJournal Ulrich Serfling, einen wissen-schaftlichen Mitarbeiter am Institut fürGeophysik und Geologie.

Herr Serfling, erzählen Sie doch mal einbisschen über „ihren“ Vulkan.Der Vulkan Merapi liegt in Indonesien imzentralen Teil der Hauptinsel Java, 25 Ki-lometer nördlich der Stadt Yogyakarta. DerMerapi ist ungefähr 2950 Meter hoch undeiner der gefährlichsten Vulkane in Indo-nesein. Er bedroht direkt 80000 Menschen,die in der ersten Risikozone (so genannte

„verbotene Zone“) leben und mehrere hun-derttausend im weiteren Bereich. Mit denMethoden der Geophysik versuchen wir,die Voraussage vulkanischer Ereignisse zuverbessern.

Was sind das für vulkanische Ereignisse?Im Gipfelbereich des Merapi wölbt sich einsogenannter Magmendom auf. Dieser be-steht aus zähflüssiger Lava. Der Magmen-dom kollabiert nur durch gravitative Wir-kung. Der Kollaps des Doms kann drei Ar-ten von vulkanischen Ereignissen hervor-bringen: Abgang von Felslawinen ausglühendem Gesteinsschutt, sowie Glutwol-ken, die durch Explosion entstehen undsolche, die durch den Einsturz des Domsohne vorherige Explosion entstehen.

Mit welchen Methoden wird der Merapierforscht?Am Merapi sind nahezu alle Methoden derGeowissenschaften vertreten. Zu allererstist sicherlich die Seismologie zu nennen,die mit einem Netz von Seismometernselbst kleinste Erschütterungen im Merapierfassen kann. Aus den Daten kann nacheiner Klassifizierung der unterschied-lichen Bebentypen auf das Innere desVulkangebäudes geschlossen werden.Außerdem wurden und werden Neigungs-messungen, Dichtebestimmungen, Gas-analysen, magnetische Messungen undRadarmessungen durchgeführt. Die For-schung findet auf internationaler Ebenestatt. Besonders Frankreich, Japan und na-türlich Indonesien sind in der Vulkanfor-schung sehr aktiv.

Womit sind Sie vertreten?Unsere Forschungsgruppe macht geoelek-trische Messungen. Wir machen uns dabeizu Nutze, dass jedes Gestein elektrischeEigenschaften, insbesondere einen spezifi-sche elektrischen Widerstand, hat. In frü-heren Expeditionen haben wir aktive Ex-perimente durchgeführt. Das heißt, wir ha-ben Stromsignale in den Boden eingespeistund am Vulkan verteilt Spannungssignaleerfasst.Aus den Messdaten konnte dann ein Mo-dell des Untergrundes der Vulkanflankenerstellt werden. Zur Zeit führen wir passiveMessungen durch: Wir erfassen dabei dienatürlichen elektrischen Signale des Me-rapi. Unsere Monitoringstation steht seitAugust 2000 kurz unterhalb des Gipfels ineiner aktiven Solfatarenregion, in der heißeSchwefeldämpfe aus dem Boden austreten.Die Daten werden in unserer Station abge-

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Das Feuer in derverbotenen ZoneErforschung des Vulkans Merapi

Der Vulkan Merapi Foto: G. Michel, GeoForschungszentrum Potsdam

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speichert und per Funk nach Yogyakarta indas „Merapi Volcano Observatory“ kurzMVO übertragen, wo wir während unsererExpeditionen unsere Ausrüstung lagernund Laborarbeiten durchführen. Die indo-nesischen Mitarbeiter vor Ort sind dabeiimmer sehr hilfsbereit.

Wie entstehen diese natürlichen elektri-schen Signale, von denen Sie sprachen?Beispielhaft seien hier drei Effekte ge-nannt, die zu den elektrischen Eigenpoten-tialen führen, die wir messen können. Zumeinen elektrochemische Effekte, der durchUnterschiede in der Konzentration und derBewegungsfreiheit von Ionen verursachtwird. Zum anderen thermoelektrische Ef-fekte, bei denen eine Temperaturdifferenzzu einer messbaren Spannung führt. Dieelektrokinetischen Effekte werden durchdas Strömen von Ionen durch die Poren derGesteine hervorgerufen.

Wie sehen Vorbereitung und Durchfüh-rung der Messungen aus?Die Messeinsätze am Merapi haben immerExpeditionscharakter. Wir müssen bei denVorbereitungen jede Eventualität denken,denn oftmals ist man bei solchen Einsätzenauf sich allein gestellt. Indonesien ist zwartechnisch weit entwickelt, es gibt ein rela-tiv gutes Telefonnetz und auch Internet,aber das nützt einem alles nicht, wenn manim Gelände ist und beispielsweise das drin-gend benötigte Spezialwerkzeug oderMessgerät liegt in Leipzig auf demSchreibtisch. Wenn so ein Fall eintritt, hilftnur noch Improvisation. Zum Beispiel warletztes Jahr ein Laderegler, der das Ladender Akkus unserer Solaranlage an unsererStation steuert, defekt. Solartechnik ist inder Stadt Yogyakarta sehr wenig bekanntund dementsprechend konnten wir keinenLaderegler auftreiben. Mit einem Schalt-plan sind wir dann in die einschlägigenElektronikgeschäfte gegangen, um Bau-teile für einen Nachbau zu erstehen. Dasnahm sich auf indonesisch alles rechtschwierig aus. Zum Glück haben wir dannim MVO in den Kisten eines Kollegen nochein paar Laderegler gefunden.

Wann ist der nächste Messeinsatz?Im August diesen Jahres werden wir wie-der am Merapi sein. Dort werden wir dieHauptkomponenten unserer Station aus-tauschen und die Station erweitern. Zu-sätzlich werden wir noch Messungen anden Vulkanflanken machen.

Interview: Carsten Rücker

Die oberste Schicht der Erdkruste wirdwissenschaftlich als Boden bezeichnet.Boden besteht aus organischem Material,d. h. zersetzten Pflanzen- und Tierrück-ständen und gesteinsbürtigen minerali-schen Bestandteilen. In Abhängigkeit vomKlima, von den anstehenden Gesteinen,der Vegetation, den Tieren, der Zeit undinsbesondere auch menschlichen Einflüs-sen hat sich auf der Landoberfläche derErde ein Bodenmosaik aus verschieden-sten Bodentypen entwickelt.Bodentypen weisen unterschiedliche phy-sikalische und chemische Eigenschaftenauf. Daraus resultieren regional sehr unter-schiedliche Nutzungspotenziale für dieLand- und Forstwirtschaft, oder auch dieGrundwasserneubildung.Im Fach Bodengeographie, einem Schwer-punkt der Physischen Geographie an derUniversität Leipzig, werden Verbreitungs-muster, landschaftsgenetische Ursachenund geoökologisch wichtige Eigenschaftenund Funktionen der Böden untersucht.Dies erfolgt mit umfassenden feld- undlaboranalytischen Methoden. RegionaleForschungsschwerpunkte sind zur Zeit diegemäßigten Mittelbreiten und wechsel-feuchten Tropen (Kuba, Westafrika).Von großem Interesse ist die Analysemenschlicher Einflüsse und der damit ver-

bundenen funktionalen Veränderungen desNaturkörpers Boden. Denn die Boden-decke auf der Erde ist sehr dünn undSchäden durch unangepasste, d. h. ,nichtnachhaltige‘ Nutzungsformen entstehenschnell. Diese führen – zumindest doch inHinblick auf menschlich überschaubareZeiträume – zu irreversiblen Bodendegra-dationen.Umfangreiche Kenntnisse über den Ein-fluss des Menschen auf klimazonaltypi-sche Degradationsprozesse verpflichtenglobal zu Bodenschutzmaßnahmen. Diesgilt für die mitteleuropäische Kulturland-schaft ebenso wie z. B. für viele von star-ken Abtragungsprozessen betroffene Ent-wicklungsländer in den Tropen.Leider lassen sich häufig die notwendigenBodenschutzmaßnahmen in den jeweiligenRegionen aus finanziellen Gründen nichtumsetzen. Folgen sind eine weitverbreitete„schleichende“ Bodenerosion in Mittel-europa mit hohen Belastungen für dieGewässer (Eutrophierung der Flüsse) aberauch Landschaftszerstörungen in agrarischgenutzten Gebieten der tropischen Klima-zone (vgl. Foto).Während in den Industrieländern die Fol-gen der Bodenzerstörung durch andereWirtschaftszweige leichter kompensiertwerden können, wird in weiten Teilen der

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Ein verletzlicherNaturkörperBoden – ein schützenswertes GutVon Prof. Dr. Jürgen Heinrich, Institut für Geographie

Fortgeschrittene Bodenzerstörung durch Erosionsprozesse in der westafrikanischen Savanne

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Tropen durch Erosion der Böden die Le-bensgrundlage großer Bevölkerungsgrup-pen zerstört. Landflucht, Abwanderungenin die Städte und Verelendungen sind be-kannte Folgen.Eine fortschreitende Zerstörung der Bödenund damit der essentiellen natürlichen Le-bensgrundlage der Bevölkerung führt dortletztlich zur Desertifikation ganzer Land-striche, einem geoökologischen Prozess-gefüge, das sich gegenwärtig in vielenLandschaften der Erde beobachten lässt. In der Regel wirken bei dieser Wüstwer-dung einer Landschaft mehrere Prozessezusammen. Die Untersuchung der Ur-sachen ist physisch geographisches Metier.Zunächst erfolgt eine Vegetationszerstö-rung durch Übernutzung, anschließendwird der nun ungeschützte Boden durchheftige Regenfälle sehr leicht abgespült.Damit verändern sich wichtige Standort-eigenschaften, wie z. B. der Geländewas-serhaushalt negativ. Das Niederschlags-wasser kann nicht mehr in den Boden ver-sickern und darüber dem Grundwasserzugeführt werden. Es fließt rasch ober-flächlich aus dem Einzugsgebiet der Flüsseab. Die Folge ist eine Austrocknung ganzerLandstriche (edaphische Aridifizierung).In unseren Breiten treten Desertifikations-prozesse klimatisch bedingt nicht auf. Ne-ben der Analyse von Formen und Ursachender hier verbreiteten und bereits sehr guterforschten historischen Bodenerosion giltes aktuell wirksame Bodendegradations-prozesse zu erfassen und zu bewerten. Sokommt es primär durch Versiegelungsmaß-nahmen zu großen, unwiederbringlichenBodenverlusten. Daneben gibt es zahlrei-che weniger auffällige Prozesse, die abernicht übersehen werden dürfen. Dazu ge-hören z. B. Bodenüberdüngungen in derLandwirtschaft, Bodenversauerungen inder Forstwirtschaft und andere Bodenkon-taminationen mit ihren bekannten negati-ven Folgen für die Weiternutzung derStandorte oder des Grundwassers aus sol-chen Regionen. Diese wenigen Beispielebelegen bereits den Bedarf umfassenderBodenschutzmaßnahmen. Für Deutsch-land existiert mittlerweile ein Bundesbo-denschutzgesetz für präventive Schutz-maßnahmen.Am Geoelement Boden lässt sich anschau-lich ein Bewusstsein und Verständnis fürdas „System Erde“ und die veränderndenEinwirkungen des Menschen wecken. Ver-änderungen am Boden werden im Rahmeneiner geographischen Umweltbildunggegenständlich und begreifbar gemacht.

Barrierenim Berg-werkDie Erkundungfür EndlagerEhemalige Bergwerke, insbesondere Salz-bergwerke mit ihren großen Abbaukam-mern und Schächten im bis zu 800 m mäch-tigen Hauptsalz des Zechsteins, werdengenutzt, um chemisch-toxische oder radio-aktive Abfälle in Endlagern oder Unter-tagedeponien (UTD) zu verwahren. EinMultibarrieresystem aus technischer (z. B.Castor-Behälter), geo-technischer (Ver-satzmaterial) sowie geologischer Barriere(Gestein) muss hierbei die Kontaminationder Umgebung verhindern. Um die Sicher-heit der geologischen Barriere einer UTDbeurteilen zu können, ist ihre zerstörungs-freie Untersuchung und räumliche Erkun-dung zwingend notwendig und vom Ge-setzgeber vorgeschrieben.Hierfür sind fast ausschließlich geophysi-kalische Methoden geeignet, weil die Bar-riere nicht durch weiteren Streckenvortrieboder Bohrungen beschädigt werden darf.Aber auch im normalen Bergwerksbetriebist die Nutzung geophysikalischer Metho-den (auch in Ergänzung zu Bohrungen) zurErkundung vorteilhaft, weil Bohrungennur punktuelle Informationen liefern undgerade sicherheitsrelevante Bereiche ver-fehlen können. Geophysikalische Verfah-ren liefern nicht nur punktuelle Informa-tionen, sondern erlauben es, ein vorgege-benes Erkundungsvolumen räumlich zu er-fassen.Allerdings sind die Bedingungen für dieAnwendung geophysikalischer Methodenuntertage im Salzgestein nicht günstig:• Durch den Streckenverlauf der Schächte

sind bestimmte Messanordnungen vor-gegeben.

• Die Messanordnung befindet sich im so-genannten Vollraum, dadurch ergibt sicheine größere Mehrdeutigkeit der Mess-signale als übertage (Halbraum: über derErdoberfläche befindet sich nur Luft),und die Interpretation ist erschwert (Ein-flüsse aus allen drei Raumrichtungen).

• Untertage herrschen schwierige Umge-bungsbedingungen.

In Zusammenarbeit mit • dem Institut für Geowissenschaftliche

Gemeinschaftsaufgaben (GGA) Hanno-ver,

• den Firmen Geophysik GGD Leipzigund K-UTEC Sondershausen,

• der Fraunhofer-Einrichtung für Akusti-sche Diagnostik und Qualitätssicherung(EADQ) Dresden,

• dem Spezialisten für Salz-Geologie Dr.Arnold Schwandt, Erfurt

als Projektpartnern wurde unter Leitungdes Instituts für Geophysik und Geologieder Universität Leipzig (Geoelektrik) imRahmen eines vom BMBF, ProjektträgerWassertechnologie und Entsorgung, geför-derten Forschungsprojektes ein komplexesMess- und Auswerteinstrumentarium fürdie untertägige Erkundung von Problem-zonen der geologischen Barriere von End-lagern und UTD im Salinar entwickelt. Ge-rade in solchen Problemzonen des Salinars(Störungszonen, laugenführende Zonenund lithologische Problembereiche) versa-gen konventionelle Methoden häufig. Ziel des Projektes war es, auch in ungüns-tigen geologischen Situationen mit Hilfeder Kombination leistungsstarker geophy-sikalischer Methoden den Informations-gehalt der vielfältigen Messdaten besserauszunutzen und dadurch die Aussage-sicherheit gegenüber den Einzelverfahrenwesentlich zu verbessern.In einem ehemaligen Kali-Bergwerk (Süd-harz-Revier) konnte eine bisher unbe-kannte laugenführende Störungszone imHangenden einer Abbaustrecke mit einerKombination der Verfahren Seismik, Geo-elektrik, Georadar, Elektromagnetik undSonar detektiert und mit Bezug auf diebergbauliche Sicherheit bewertet wer-den.mIm Liegenden der Strecke zeigen Geora-dar-Reflektoren und niedrige Widerständeaus der Geoelektrik eine tiefreichendeDurchfeuchtung durch die Bewetterung imBergbau. Die Geoelektrik liefert außerdemHinweise auf die Fortsetzung der Stö-rungszone im Liegenden.Gegenwärtig werden in einem Nachfolge-projekt die an diesem Standort gewonne-nen methodischen Entwicklungen und Er-fahrungen von denselben Projektpartnernweitergeführt und in einem noch in Betriebbefindlichen Bergwerk bei Hannover an-gewendet.

A. Just, Y. Krause

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„Die Ordnung ist die Tochterder Überlegung“

G. Ch. Lichtenberg (1742–1799)

Der Weg zu unserem heutigen Verständnisdes Begriffs „Element“ (von elementos =Baustein) ist lang und beginnt schon in derAntike. Obwohl einige Elemente auf unse-rer Erde, zum Beispiel Silber, Gold, Sauer-stoff, Stickstoff, Schwefel und Kohlenstoffseit jeher als reine Elemente und nicht alschemische Verbindungen vorkamen, ver-band man zunächst etwas anderes mit demElementbegriff. DEMOKRIT (460–371 v.Chr.) postulierte als Urkomponenten derWelt den leeren Raum und Atome, aus de-ren Verbindung alle Körper hervorgingen.THALES v. Milet (585–545 v. Chr.) sahdas Wasser, HERAKLID (540–480 v.Chr.)das Feuer als das ‚Elementare‘ an. EMPE-DOKLES (483–423 v. Chr.) ersann eineTriade aus Wasser, Luft und Feuer undfügte die Erde als vierte gleichberechtigtesElement dazu. Diese Lehre wurde vonARISTOTELES (384–322 v. Chr) aufge-nommen und um die Zuordnung von je-weils zwei der Qualitäten „warm“, „alt“,„nass“ und „trocken“ erweitert und die„Elemente“ damit voneinander abgegrenztoder miteinander verbunden. Diese Lehrehielt sich bis ins Mittelalter, wo ROGERBACON (1214–1294) Schwefel undQuecksilber als „Vater und Mutter allerMetalle“ bezeichnete. Bis in 18. Jahrhun-dert hinein wurde von Alchimisten ver-sucht, die wirklichen Elemente ineinanderumzuwandeln, um so zum Beispiel ausQuecksilber Gold herzustellen. SelbstISAAC NEWTON (1643–1727) führtenoch solche astrologisch-hermeneutischenExperimente durch. Auch wenn die Suche nach dem „Stein derWeisen“, der die Goldherstellung aus an-deren Metallen ermöglichen sollte, fehl-schlug, wurden doch bei den alchimisti-schen Experimenten enorme Erfahrungengesammelt, die am Ende den Begriff desElements ableiten lassen, wie wir ihn heutekennen. So kam es, dass ROBERT BOYLE(1627–1691) eine realitätsbezogene Defi-

nition des Begriffs Element prägte und von„ursprünglichen, einfachen und gänzlichungemischten Körpern“ sprach. Damit saher die Elemente als Ansammlung von Ato-men ein und derselben Art und schloss denKreis zu den Ansichten DEMOKRITS. Nachdem man nun Klarheit über den Ele-mentbegriff erlangt hatte und die Anzahlder gefundenen Elemente ständig zunahm,wurde es immer notwendiger, die Elementezu ordnen. Der französische Gelehrte undMitbegründer der modernen ChemieANTOINE-LAURENT de LAVOISIER(1743–1794) stellte als erster eine „Ta-bleau des Substances simples“ auf, in er die ihm bekannten oder von ihm vermu-teten chemischen Substanzen ordnete. Da-bei legte er die auch heute noch gültige„Grenze der chemischen Zerlegbarkeit“ alsZuordnungshilfe zu Grunde. HUMPHREY DAVY (1778–1829) konntedurch den Einsatz der VOLTAschen Säuleals erste Batterie mithilfe des elektrischenStroms weitere Elemente, zum BeispielNatrium, Kalium, Magnesium, Calciumund Barium gewinnen. Die Zahl der ent-deckten Elemente stieg besonders im19. Jahrhundert steil an, sodass eine Klas-sifikation und Ordnung immer dringlicherwurde. Mit der Fülle neuer Elemente stelltesich jedoch auch heraus, dass viele Ele-mente ähnliche Eigenschaften hatten.Solche „Verwandtschaften“ fand man zumBeispiel bei den Elementen Calcium,Strontium und Barium, bei Schwefel, Se-len und Tellur und bei Chlor, Brom und Iod.Der schwedische Chemiker JÖNS JACOBBERZELIUS (1797–1848) führt eine nochheute gültige chemische Formelspracheein, indem er beispielsweise für Wasser„H2O“ schrieb. Dabei verwendete er Ele-mentsymbole, welche sich aus den lateini-schen Elementnamen ableiten lassen. Der Engländer JOHN NEWLANDS(1837–1898) ordnete die Elemente mitähnlichen Eigenschaften in Dreiergruppen,den Triaden (z. B. Aluminium, Gallium,Indium). Den entscheidenden Schritt beider Ordnung der chemischen Elementegingen jedoch unabhängig voneinander der

deutsche Wissenschaftler JULIUS LO-THAR MEYER (1830–1895) und der rus-sische Wissenschaftler DIMITRI IWANO-WITSCH MENDELEYEW (1834–1907).MENDELEJEW ordnete 1869 die damalsbekannten 61 chemischen Elemente nachsteigenden Atomgewichten und ihrer che-mischen Verwandtschaft in so genannte Pe-rioden ein. Dabei bekam jedes Elementeine Ordnungszahl, die ihm seinen Platz imSystem zuwies. MENDELEJEW mussteeinige Lücken lassen, die später mit bisdahin noch nicht entdeckten Elementengefüllt wurden. In heutigen, modernen Pe-riodensystemen sind alle bekannten che-mischen Elemente, von denen über 80%Metalle darstellen, bis zur Ordnungszahl114 in sieben Horizontalreihen (Perioden)und 18 Vertikalreihen (Haupt- und Neben-gruppen) eingeordnet. Im folgenden sollenausgewählte chemische Elemente mit ihrenEigenschaften, Verwendungen und Vor-kommen steckbriefartig vorgestellt wer-den.

Ausgewählte chemischeElementeIn Nachtsichtgeräten:Germanium (Ge)

In Freiberg/Sachsen wurde 1886 ein neues,silberhaltiges Mineral, das Argyrodit ent-deckt. Als der deutsche Chemiker und Pro-fessor C. WINKLER die Analyse desneuen Minerals vornahm stellte er fest,

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Die chemischen ElementeEin Streifzug durch das PeriodensystemVon Michael Kampf und Prof. Dr. Reinhard Kirmse, Institut für Anorganische Chemie

Germanium-Einkristall

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dass die Summe der bekannten Elementeim Argyrodit nur ein Ergebnis von 93% er-gab. Daraus schloss Winkler, dass das Mi-neral ein bis dahin unbekanntes Elemententhalten müsse. Innerhalb der nächstenMonate konnte dann das Element selbstund einige Verbindungen hergestellt wer-den. Winkler gab dem Element zu Ehrenseines deutschen Vaterlands den NamenGermanium.Germanium ist ein silber-graues Halbme-tall mit einem leichten Grünstich. SeinSchmelzpunkt liegt bei 938°C. Es ist hart,spröde, siedet bei 2833°C und hat eineDichte von 5,32 g/cm–3. Es leitet den elek-trischen Strom und dehnt sich ähnlich wieWasser beim Erstarren aus. Bei gewöhn-licher Temperatur verhält sich das Metallan der Luft unverändert. Bis 1948 war Germanium nur wenigenSpezialisten bekannt. Mit der Erfindungdes Transistors, der einen kleinen Germa-niumkristall enthielt, konnte man elektri-sche Signale bei niedriger Spannung undmit geringen Aufwand verstärken. DieseErfindung revolutionierte die gesamteElektronik. Nach einer kurzen Blütezeitwurde das Germanium vom billigeren Si-lizium verdrängt. Pro Jahr werden nur 1 bis2 Tonnen Germanium für elektronischeZwecke verwendet, während es beim Sili-zium 4000 bis 5000 Tonnen sind.Eine weit wichtigere Verwendung hat Ger-manium zum Beispiel in Infrarot-Nacht-sichtgeräten. Seine Durchlässigkeit für dievon allen Objekten abgegebenen Wärme-strahlung etwa vergleichbar mit der desGlases für sichtbares Licht.

Im Waschmittel: Silicium (Si)

Während Kohlenstoff der Träger des „or-ganischen Lebens“ ist, kann das HomologeSilicium als Träger des „anorganischen Le-bens“ bezeichnet werden. Im Gegensatzzum sich selbst bindenden Kohlenstoff(Ketten-, Ringbildung) bevorzugt das Sili-cium den Sauerstoff als Bindungspartner.mSilicium ist nach Sauerstoff mit ca. 26,3Gew.-Prozent das zweithäufigste Elementder Erdkruste. Im Gegensatz zu C kommtSi niemals gediegen vor und findet sich be-vorzugt mit O2 gebunden in Silicaten.Diese oft harten Mineralien sind auch imPflanzen- und Tierreich zu finden und ver-ursachen zum Beispiel die Stabilität vonGräsern und Halmen.Der Name resultiert vom lateinischen Na-men silex bzw. silicis (= Kieselsteine).

Erstmals hergestellt wurde Si 1824 durchJ. J. BERZELIUS. Reines Silicium ist eine ungiftiges, dun-kelgraues, hartes und sprödes Nichtmetall,welches bei 1410°C schmilzt. Es ist einHalbleiter. Essentiell ist es für Mineralisa-tionsprozesse in Organismen. Der Menschenthält ca. 20 mg/kg Silicate.Siliciumdioxid ist ein Hauptbestandteil derBaumaterialien Sand, Zement und Beton.Silicone finden heute als Schmiermitteleine vielseitige Verwendung. So genannteAlumosilikate sind wichtige Trägerstoffefür Katalysatoren, Zeolithe werden heutezum Beispiel in Waschmitteln zur Wasser-enthärtung eingesetzt. Hochreines, dotier-tes Silicium benötigt man in der Chip-In-dustrie, zur Herstellung von Solarzellen,Transistoren und Gleichrichtern.

Auf der Salami: Titan (Ti)

1791 erhielt der eng-lische Amateurche-miker W. GREGORbei der Behandlungeines in Cornwallgefundenen schwar-zen Sandes mit Säu-ren ein weißes Pul-ver, indem er einneues Element ver-mutete. Unabhängigdavon untersuchteder Berliner Apothe-ker M. H. KLAP-ROTH 1795 ein Mi-neral, das heute alsRutil oder TiO2 be-kannt ist. Er gewann

daraus das gleiche weiße Pulver wie GRE-GOR. Auch er ging davon aus, dass diesesPulver ein neues Element enthalten müsseund gab ihm den aus der griechischen My-thologie entlehnten Namen Titan. DurchReduktion mit Natrium gelang 20 Jahrespäter J. J. BERZELIUS die Gewinnungdes reinen Elements Titan.Die chemischen und physikalischen Ei-genschaften des silber-weißen Metalls sindbemerkenswert: Obwohl Titan mit einerDichte von 4,54 g/cm–3 nur 1,5mal schwe-rer als Aluminium ist hat es eine Festigkeit,die sechsmal höher als die des Aluminiumsist. Bei Temperaturen oberhalb 400°C gehtdiese Eigenschaft jedoch verloren. DerSchmelzpunkt des Metalls liegt bei1668°C, der Siedepunkt bei 3287°C. DieHärte des Titans ist 12mal höher als die desAluminiums und vier mal höher als die desEisens und des Kupfers. Aufgrund seiner herausragenden Eigen-schaften hat Ti hauptsächlich als Legie-rungsbestandteil ein große Bedeutung. Nurder hohe Preis steht einem noch größeremAnwendungsspektrum entgegen. Titan-stähle zeichnen sich durch eine hoheWiderstandsfähigkeit gegen Schläge undStöße aus und werden zur Herstellung vonEisenbahnrädern und Turbinenteilen ver-wendet. Aber auch als Werkstoff bei Über-schallflugzeugen, Raketen- und Reaktor-technik und in chemischen Industriean-lagen hat Titan eine große Bedeutung. Diewichtigste Titanverbindung ist TiO2. Dieservöllig ungiftige, weiße Stoff wird zum Bei-spiel als Malerfarbe, in Cremes und Zahn-pasta verwendet. Auch die weiße Masse aufder Salamihaut ist Titandioxid.

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Im Vakuumlichtbogen erzeugter Titan-Schmelzblock

Silicium-Einkristall

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AthanassiosGiannisist gebürtiger Grieche. Seine Heimatstadt:Drama. Alles andere als ein Drama ist seineBerufung zum Professor für OrganischeChemie und Naturstoffchemie an der Uni-versität Leipzig. Seit Mai ist er nun da, undsein Ehrgeiz ist groß: „Internationale Spit-zenforschung“ will er hier betreiben. Die Voraussetzungen dafür seien gegeben,mit seinen Kollegen am Institut für Orga-nische Chemie, dem Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrum sowie mit wei-teren Kollegen aus der Medizin, der Bio-chemie, der Biologie und überhaupt mit derWissenschaftskonzentration im RaumLeipzig. Prof. Giannis will dabei nacheigenen Worten „Brücken zwischen denDisziplinen bauen“, damit „das Gebiet derLebenswissenschaften an der UniversitätLeipzig besser etabliert werden kann“.Ein weiteres Ziel: „Bei meinen Studentenmöchte ich das Interesse für die Bioorga-nische Chemie und Naturstoffchemie ver-stärken. Ich meine, dass dies besser er-reicht werden kann, wenn den Studentenim Rahmen meiner Vorlesung und den da-zugehörigen Praktika das Tor zur Biome-dizin ein Stück weiter aufgemacht werdenkann. Kurz gesagt: Ich möchte mich dafürstark machen, dass Studenten und wissen-schaftliche Mitarbeiter moderne Organi-sche Chemie zur Untersuchung biochemi-scher und biologischer Vorgänge einsetzenlernen.“Athanassios Giannis kam gleich nach demAbitur 1972 nach Deutschland, um in Bonnzunächst Chemie und dann auch Medizinzu studieren. Später (1992 bis 1997) war erdort als Privatdozent tätig, bevor er inKarlsruhe seine erste Professorenstelle be-setzte, von 1998 bis April 2002. In seine Heimat kehrt Giannis immer wie-der gern zurück – zum Schwimmen,Schnorcheln und Fischen an der griechi-schen Ägäis. Weitere Interessen des 48-Jährigen liegen in den Bereichen Philoso-phie, Geschichte und Literatur. C. H.

HaraldKrautscheidist seit April Professor für AnorganischeChemie mit Schwerpunkt Festkörperche-mie/Materialwissenschaft an der Univer-sität Leipzig. Er kann nicht nur etwas an-fangen mit Themen, die manchen Men-schen wie Mitteilungen von fernen Plane-ten vorkommen mögen, er steuert seinenTeil bei. Ein Beispiel: eine Publikation zuseiner Promotionsarbeit mit dem Titel „Einneuer Kupferselenidcluster mit PPh3 als Li-gand: [Cu146Se73(PPh3)30]“.Prof. Dr. Krautscheid ist in Pforzheim gebo-ren. In Karlsruhe hat er Chemie studiert.1991/92 verlebte er einen Postdoc-Aufent-halt an der University of Illinois in denUSA. Seit 1992 war der heute 38-Jährigeneben seinen Forschungsaktivitäten an derUniversität Karlsruhe in der Lehre sowohlin Vorlesungen und Seminaren als auch inder praktischen Ausbildung in Anorgani-scher Chemie aktiv. Über sein Spezialgebietäußert er sich so: „Die derzeitige Forschungbefasst sich mit der Untersuchung vonmehrkernigen Komplexen, die als Zwi-schenglieder im Übergang von einkernigenKomplexen zu den entsprechenden Fest-körperphasen betrachtet werden können.Zur Zeit liegt der Schwerpunkt unserer Ar-beiten in der Synthese und Charakterisie-rung (vor allem durch Kristallstrukturana-lyse) dieser Zwischenglieder, da von ihrenStrukturen und Clustergrößen die physika-lischen Eigenschaften abhängig sind.“Auf seine künftige Arbeit freut sich Kraut-scheid sehr, besonders auf das „Aufbaueneiner eigenen Forschungsgruppe“. Und er-kündigt an: „Die wichtigsten Publikatio-nen kommen erst noch.“Neben den beruflichen Interessen sollenaber auch die privaten zum Zuge kommen:klassische Musik und Aktivitäten in derNatur. Allerdings dürfte die Freizeit knappbemessen sein, nicht nur wegen der uni-versitären Aufgaben: Krautscheid ist Vatervon zwei Kindern, vier und sechs Jahre alt.

C. H.

Kurz gefasstProf. Dr. Douglas Morris Ruthven ausden USA ist einer der diesjährigen For-schungspreisträger der Humboldt-Stiftungund wird im Zuge dessen bei Prof. Dr. JörgKrämer an der Fakultät für Physik undGeowissenschaften forschen. Der Hum-boldt-Forschungspreis ermöglicht es seit30 Jahren, international anerkannte auslän-dische Wissenschaftler für ihre heraus-ragenden Leistungen zu ehren und sie zueinem selbstgewählten Forschungsvorha-ben nach Deutschland einzuladen.

Prof. Dr. H. Ekkehard Wolff, Institut fürAfrikanistik, wurde als Experte für die Ver-mittlung außereuropäischer Sprachen undKulturen vom Rektor der Universität Hel-sinki in ein internationales Gutachterkolle-gium zur Evaluierung der Lehre an derPhilosophischen Fakultät in den philologi-schen und sprachwissenschaftlichen Fä-chern berufen. Als Experte für Curricular-entwicklung und Forschungsmanagementan tertiären Bildungseinrichtungen inAfrika wurde Wolff zudem von der Gesell-schaft für Technische Zusammenarbeit(GTZ) zum Leiter einer Gutachterkommis-sion in Äthiopien berufen.

Auf Einladung von Sprachwissenschaft-lern an den Universitäten von Bergen, Oslound Kristiansand (Norwegen) hat Prof. Dr.Frans Hinskens (Abteilung Niederlan-distik, Institut für Germanistik) vom30. April bis 3. Mai im GraduiertenkollegSprachwissenschaft des Agder UniversityCollege in Kristiansand einen Doktoran-denkurs über Querverbindungen formaleSprachtheorie-Soziolinguistik geleitet.

Prof. Dr. Klaus Bochmann, Institut fürRomanistik, wurde am 12. April zum or-dentlichen Mitglied der Sächsischen Aka-demie der Wissenschaften berufen.

Am 15. April verstarb im Alter von 80 Jah-ren Gottfried Nuschke, langjähriger Do-zent für Latein und Griechisch am Theolo-gischen Seminar, der späteren KirchlichenHochschule. Fast 30 Jahre hat er die Arbeitdieser Ausbildungsstätte entscheidend ge-prägt, lange Jahre als Stellvertreter desRektors. Ein besonderes Anliegen war ihmeine fundierte humanistische Ausbildungkünftiger Pfarrer. Die Theologische Fakul-tät gedenkt in großer Anerkennung des Le-benswerkes von Nuschke.

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Personalia

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Neuberufen :

Neuberufen :

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Prof. Dr. Elmar Brähler, Leiter der Selb-ständigen Abteilung für MedizinischePsychologie und Medizinische Soziologiean der Klinik und Poliklinik für Psycho-therapie und Psychosomatische Medizin,erhielt von der Otto Brenner Stiftung eineFörderung in Höhe von 20000 Euro fürsein Projekt „Arbeitslosigkeit und Gesund-heit“. Die gleiche Summe erhält Prof.Brähler auch 2003 und 2004.Das BMBF bewilligte Prof. Brähler500000 Euro für eine Verbundstudie zuethischen Problemen der Reproduktions-medizin.

Prof. Dr. Ulla Fix, Institut für Germani-stik, wurde vom Minister für Wissenschaft,Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Prof. Dr. Peter Franken-berg, mit Wirkung vom 1. April 2002 fürvier Jahre in den Wissenschaftlichen Bei-rat des Instituts für Deutsche Sprache inMannheim berufen.

Geburtstage

Medizinische Fakultät80. GeburtstagProf. Dr. Justus Claus, ehemals Direktorfür Medizinische Betreuung, am 9. Juni

Fakultät für Chemie und Mineralogie65. GeburtstagProf. Dr. Horst Hennig, Institut für Anor-ganische Chemie, am 6. Juni

Philologische Fakultät60. GeburtstagProf. Dr. Hartmut Keil, Institut für Ame-rikanistik, am 18. Juni

Theologische Fakultät75. GeburtstagProf. Dr. Ernst-Heinz Amberg, ehemalsInstitut für Systematische Theologie, am11. Juni

Fakultät für Mathematik undInformatik75. GeburtstagProf. Dr. Hans-Joachim Roßberg, ehe-mals Mathematisches Institut, am 5. Juni

Der Rektor der Universität Leipzig und dieDekane der einzelnen Fakultäten gratulie-ren herzlich.

Dass die Leipziger Chemiker ihre Feste zufeiern verstehen, mit universitärer Würde,aber auch mit akademischer Geselligkeit,und dabei wie eine große Familie erschei-nen, war wieder einmal bei der Verab-schiedung von Prof. Dr. Dr. h. c. Lothar Be-yer vom Institut für Anorganische Chemiein den Ruhestand zu erleben. Der großeHörsaal im Neubau der Fakultät war vollgefüllt, Gäste aus nah und fern waren ge-kommen, und gleich zwei Rektoren – Vol-ker Bigl von der Universität Leipzig undKlaus Steinbock von der Hochschule fürTechnik, Wirtschaft und Kultur Leipzig –traten ans Rednerpult. Verwundern konntedas im Falle Lothar Beyers ohnehin nicht,da sich hier ein leidenschaftlicher Natur-wissenschaftler, ein integrer Zeitgenosseund ein liebenswürdiger, auf Ausgleich be-dachter Mensch in einer Person vereinigen.So war es die Stunde, ob nun in den Be-grüßungs- und Grußworten von Prof. Dr.Joachim Reinhold und den beiden Rekto-ren oder im Vortrag von Prof. em. Dr. Eber-hard Hoyer, der zur anorganischen Chemiein Leipzig sprach, immer wieder das ver-dienstvolle Wirken Lothar Beyers an derTH bzw. HTWK (1982 bis 1993) und ander Universität Leipzig (1962 bis 1982 und1993 bis 2002), sei es im Hörsaal, im La-bor wie in den akademischen Gremien, an-zusprechen und zu würdigen. Der Dankgalt dem Hochschullehrer für die indivi-duelle Betreuung seiner Diplomanden undDoktoranden ebenso wie dem Wissen-schaftler, der rund 300 Publikationen unddrei Lehrbücher verfasste, darunter einesin spanischer Sprache, und 31 Patente an-meldete. Seine Forschungsgebiete sind mitden Stichworten Koordinations- und Kom-

plexchemie organischer und anorganischerVerbindungen sowie ausgewählten elektro-chemischen Fragestellungen und Anwen-dungen spektroskopischer Methoden um-rissen – und neuerdings auch mit Chemie-und Kunstgeschichte. So hat er jüngst einePublikation über die Nobelpreisträger fürChemie an der Universität Leipzig vorge-legt, und in Kürze erscheint ein zusammenmit dem langjährigen Kustos Rainer Beh-rends verfasster Band über Chemiker derAlma mater Lipsiensis in der bildendenKunst.Dass sein außergewöhnliches Engagementin der akademischen Selbstverwaltung, dassich vor allem in den Jahren des Umbruchsund der Erneuerung von unschätzbaremWert erwies – sei es als Mitglied des Grün-dungssenats der HTWK, sei es als Prode-kan der Fakultät, als Institutsdirektor, Vor-stand der Arbeitsgruppe Lateinamerika ander Universität oder als Mitglied mehrererDAAD-Kommissionen –, mit seinem Aus-scheiden aus der Universität nicht zu Endegegangen ist, zeigt sich darin, dass erjüngst zum Stellvertretenden Direktor desLateinamerikazentrums bestellt und zumSprecher des neugegründeten Freundes-kreises der Fakultät für Chemie und Mine-ralogie gewählt wurde.Der Kreis dieser Veranstaltung am26. April und gewissermaßen auch desakademischen Berufslebens schloss sich,als ihm mit Prof. Hoyer jener Mann nocheinmal den Doktorhut aufsetzte, der ihmeinst vor Beginn seines Leipziger Chemie-studiums in einer Eignungsprüfung die„chemische Tauglichkeit“ bescheinigt undspäter als Doktorvater zur Seite gestandenhatte. V. S.

Personalia

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Prof. Lothar Beyer (Mitte) mit Gattin bei seiner Verabschiedung durch RektorVolker Bigl. Foto: Kühne

ChemieLothar Beyers Verabschiedung

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Am 2. Juli dieses Jahres würde Prof. D.Friedrich Rabenschlag 100 Jahre alt. Mitzahlreichen Veranstaltungen gedenken dieUniversität Leipzig, die Universitätsge-meinde, der Leipziger Universitätschorsowie der Förderkreis Leipziger Universi-tätschor e.V. ihres ehemaligen Kantors ander Universitätskirche St. Pauli. Der imJahre 1902 in Herford/Westfalen geboreneRabenschlag studierte an denUniversitäten Tübingen, Leip-zig und Köln Germanistik,Kunstgeschichte, Musikwissen-schaft und Philosophie. Diepraktischen Musikfächer be-legte er am Landeskonservato-rium in Leipzig. Die nach dem1. Weltkrieg aus der Jugendbe-wegung hervorgegangene Sing-bewegung bildete die Grund-lage für die am 17. Juni 1926durch Rabenschlag erfolgteGründung des „MadrigalkreisesLeipziger Studenten“ aus singbegeistertenStudenten der Universität und des Konser-vatoriums.m1933 wurde Rabenschlag zum Kantor ander Universitätskirche St. Pauli in derNachfolge von Prof. Hans Hofmann(gleichzeitig mit Prof. Friedrich Högner alsOrganist) berufen. „… Hier war es zu einerschöpferischen Synthese der besten Erfah-rungen der Singbewegung mit jenem Um-bruch im Gesamtverständnis der Musikgekommen, für den die Abkehr vom Sub-jektivismus der romantischen Geschichts-auffassung und die Wiederentdeckung derPolyphonie und der Vokalmusik charakte-ristisch war.“ (Prof. D. Dr. Dedo Müller in„Der Sonntag“ vom 14. 04. 1963)1937 erhielt Rabenschlag einen Lehrauf-trag für Liturgisches Singen. Die Zu-sammenlegung der Heinrich-Schütz-Kan-torei (vormals Universitätskantorei) unddes Madrigalkreises führte 1938 zur Grün-dung unseres heutigen Universitätschores.Am 01. 04. 1939 erfolgte die Ernennungzum Universitätsmusikdirektor in derNachfolge Prof. Hermann Grabners.Neben der ständigen Pflege der Bachschen

Oratorien erschloss Rabenschlag eineFülle von Meisterwerken geistlicher Musikdes Mittelalters neu, und in einer Zeit desStilwandels kommt es in einem begeistern-den, schöpferischen Aufbruch zu Auffüh-rungen großartiger, vergessener Komposi-tionen, zu einer geistigen und stilistischen„Erneuerung der Kirchenmusik“, und Zeit-genössisches kommt hinzu: Die Beschäfti-

gung mit dem Werk Ernst Pep-pings und weiterer damaligerAvantgardisten.Während seiner Wehrdienstzeit,die er in Leipzig ableistete,führte er unter schwierigstenBedingungen die Chorarbeitfort. 1945 erfolgte die Entlas-sung aus den Diensten der Uni-versität wegen Mitgliedschaft inder NSDAP. Am 05. 06. 1946wurde Rabenschlag rehabilitiertund erlassene Auftrittsverbotewurden aufgehoben. Erst am

01. 07. 1949 erfolgte in allen Ehren dieWiedereinsetzung in die Ämter als UMDund Kantor an der Universitätskirche. Inden folgenden Jahren führten zahlreicheKonzertreisen und Funkaufnahmen auchund besonders in den Westteil Deutsch-lands. 1954 wurde Friedrich Rabenschlagzum Professor ernannt und die Theologi-sche Fakultät verlieh ihm am 05. 05. 1963die Ehrendoktorwürde.Am 7. August 1973 verstarb Rabenschlagin Leipzig, nachdem er die Sprengung „sei-ner“ Universitätskirche 1968 miterlebenmusste. Wolfgang Unger

Universitätsmusikdirektor

Zu den Gedenkveranstaltungen zählen eineKranzniederlegung am 22. 6. um 11 Uhrauf dem Friedhof Leipzig-Leutzsch, eineUniversitätsvesper am 3. 7. um 18 Uhr inder Thomaskirche sowie als Höhepunkt ein Konzert im Gewandhaus am 6. 7. um20 Uhr, das u. a. von den Universitätschö-ren Leipzig und Ulm bestritten wird (Pro-gramm: Carl Orffs „Carmina burana“ undBéla Bartóks „Sonate für 2 Klaviere undSchlagzeug“).

Festgabe zum 70. Geburts-tag von Helmar JunghansLuthers Lehre

Anlässlich des 70. Geburtstages von Prof.Dr. theol. Dr. phil. h. c. Helmar JunghansDD erschien jetzt in der Evangelischen Ver-lagsanstalt Leipzig eine Sammlung vonausgewählten, teilweise bisher ungedruck-ten Aufsätzen und Vorträgen des emeritier-ten Kirchenhistorikers der Leipziger Uni-versität. Der mit einer Bibliographie ausge-stattete Band „Spätmittelalter, Luthers Re-formation, Kirche in Sachsen“ erlaubt einenschnellen Zugang zum Werk des überregio-nal anerkannten Lutherforschers.Junghans hatte seine wissenschaftlicheLaufbahn mit einer forschungsgeschicht-lichen Dissertation über Wilhelm Ockhambegonnen und sich anschließend mit demin der Forschung kontrovers diskutiertenThema „Humanismus und Reformation“befasst. Beides ermöglichte ihm, den heutezum wissenschaftlichen Gemeingut zäh-lenden, komplexen Transformationspro-zess „Spätmittelalter und Reformation“ re-lativ frühzeitig zu erfassen und für die spe-ziellere Lutherforschung fruchtbar zu ma-chen. So konnte er etwa mit dem Aufsatz„Das mittelalterliche Vorbild für LuthersLehre von beiden Reichen“ spätmittel-alterliche Impulse aufzeigen. Junghans’Beschäftigung mit der humanistischen Be-wegung („Der junge Luther und die Hu-manisten“, Berlin; Göttingen 1984) doku-mentiert der Sammelband mit einer Studieüber den „nationalen Humanismus“ beiUlrich von Hutten und Luther.„Luthers Reformation“ wurde im Titelnicht von ungefähr ins Zentrum gerückt:Studien wie „Die Mitte der Theologie Lu-thers“, „Luther und die Kultur“, zu LuthersTischreden, der Persönlichkeit des Refor-mators, seinem letzten Lebensabschnitt,seinem Verhältnis zu den Juden und nichtzuletzt der Akademievortrag „Luther unddie Rhetorik“ zeugen von der Fähigkeit desVerfassers, sein kirchenhistorisches Haupt-thema im Sinne wissenschaftlicher, gesell-schaftlicher und kirchlicher Relevanz ein-zubringen.Schließlich verweisen Beiträge zur sächsi-schen Kirchen- und Universitätsgeschichteauf die enge Bindung des langjährigenVorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft fürSächsische Kirchengeschichte zu seiner lu-therischen Landeskirche und zu seinerLeipziger Universität. Michael Beyer

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Personalia

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Ein Mann desAufbruchsGedenken an F. Rabenschlag

FriedrichRabenschlag(1902–1973)

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HabilitationenPhilologische FakultätDr. Pascal Nicklas (1/02):Die Beständigkeit des Wandels. Metamorphosen inLiteratur und WissenschaftDr. Stefan Welz (1/02):Abreast of the Age. Arbeit und Technologie im WerkRudyard Kiplings.

Fakultät für Mathematik und InformatikDr. Georg Dolzmann (1/02):Variational methods for crystalline microstructure –analysis and computation

Fakultät für Sozialwissenschaften und PhilosophieDr. Ulla Wessels (1/02):Die gute Samariterin. Prolegomena zu einer jedenkünftigen Theorie der Supererogation

Fakultät für Geschichte, Kunst- undOrientwissenschaftenDr. Tom Güldemann (1/02):Quotativkonstruktionen in afrikanischen Sprachen:Ein synchroner und diachroner ÜberblickDr. Joachim Bahlcke (1/02):Ungarischer Episkopat und Österreichische Monar-chie. Von einer Partnerschaft zur Konfrontation(1686–1790)

PromotionenPhilologische Fakultätjeweils 1/02:Nicole Dehé:Syntactic and Phonological Aspects of Particle Verbsin EnglishAnnegret Thiem:Repräsentationsformen von Subjektivität und Iden-tität in zeitgenössischen Texten lateinamerikanischerAutorinnen: Postmoderne und postkoloniale Strate-gienTatjana Zybatow:Grammatische Determinatoren von Zeit- und Sach-verhaltsverlauf im Deutschenjeweils 2/02:Silke Horstkotte:Androgyne Autorschaft : Poetik und Geschlecht imProsawerk Clemens BrentanosValja Janewa:Generative syntaktische Beschreibung der Objekt-klitika im BulgarischenGrit Mehlhorn:Kontrastierte Konstituenten im Russischen. Experi-mentelle Untersuchungen zur InformationsstrukturBirgit Spychala:Spracheinstellungen und Sprachverhalten der Ein-wohner der ostsächsischen Kleinstadt Zittau – ein so-ziolinguistischer Beitrag zur neueren Ortssprachen-forschung

Fakultät für Physik und Geowissenschaftenjeweils 1/02:Sang-Bin Kim:Transformationsprozesse in den ehemaligen inner-deutschen Grenzräumen zwischen Sachsen undBayern – Allgemeine Entwicklungen und Verände-rungen der Textil- und Bekleidungsindustrie in denBeispielräumen Plauen und Hof (sächsisches undbayerisches Vogtland)

Andreas Maßling:Hygroscopic Properties of Atmospheric Particles overthe Atlantic and Indian OceansHolger Siebert:Tethered-Balloon Borne Turbulence Measurements inthe Cloudy Boundary LayerMichael Schmachtl:Messverfahren zur Bestimmung der Wachstumsge-schwindigkeit bei gerichteter Erstarrung von Metal-len mit geführten Schallwellenjeweils 2/02:Lutz Trettin:Abfallwirtschaft und informeller Sektor in der City ofCalcutta – Struktur, Funktionsweise und Verwund-barkeit des Entsorgungssystems einer südasiatischenMetropoleMartin Simmel:Ein Modul zur spektralen Beschreibung von Wolkenund Niederschlag in einem Mesoskalenmodell zurVerwendung auf ParallelrechnernHeike Wex:Closure and Sensitivity Studies on Physical Parame-ters of Rural Continental AerosolsHolger Skupin:Zeitaufgelöste Fourier-Transform-Infrarotspektro-skopie an ferroelektrischen flüssigkristallinen Poly-meren und ElastomerenUte Wiegand:Hydro- und geochemische Prozesse in oberflächen-nahen Kippensedimenten des BraunkohlentagebausZwenkauTillmann Roth:Die Bestimmung von geotechnischen Kennwerten mitseismischen MessungenMartin Gerhardt (3/02):Einsatz alternativer Gruppe-V-Quellen in der metall-organischen Gasphasenepitaxie im Materialsystem(GaIn) (AsP) / InPjeweils 4/02:Alexander Strohmaier:Properties of Vacuum States in Quantum Field Theoryon Curved SpacetimesAndrea Riede:Optische und elektrische Eigenschaften von Polyani-lindispersionen und PolyanilinfilmenKerstin Polozek:Die Schwermineralverteilung känozoischer Sedi-mente des McMurdo-Sunds, Ross-Meer, Antarktis:Rekonstruktion von Liefergebieten und Eisschild-fluktuationenBerko Sierau (5/02):A size-segregated method for the rapid physical andchemical characterization of submicrometer aerosolparticles

Fakultät für Chemie und MineralogieFrank Jürgen Schumer (2/02):Spektroelektrochemische Charakterisierung von Elek-tronenübertragungsprozessen an 1,2-Dithiinen undanderen ModellverbindungenThomas Wilhelm (3/02):Erzeugung lateral mikrostrukturierter biochemischerFunktionsschichten und ihre Untersuchung mit demelektrochemischen Rastermikroskop (SECM)

Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophiejeweils 1/02:Johannes Bruns:Struktur und Strategie – die Bedeutung gouverne-mentaler Strukturen und der politischen Strategie fürdie sozioökonomische Modernisierung altindustriel-ler Regionen

Brigitte Rieger:Die Vergemeinschaftung von Politik: Soziale Siche-rungssysteme als Strukturelement für politische Pro-zesse am Beispiel des LibanonSusanne Lippert:Politisches Engagement – noch immer eine Frage desGeschlechts? Geschlechtsspezifische Aspekte politi-scher Partizipation unter besonderer Berücksichti-gung politischer ProtesteManuel Schramm (4/02):Konsum und regionale Identität in Sachsen 1880 bis2000. Die Regionalisierung von Konsumgütern imSpannungsfeld von Nationalisierung und Globalisie-rung

Fakultät für Mathematik und InformatikGregor Peltri (1/02):Beiträge und Beispiele zur Bures-GeometrieElmar Wagner (1/02):Hilbert Space Representations of some QuantumAlgebras

Fakultät für Geschichte, Kunst- undOrientwissenschaftenJürgen Christoph Endres (11/01):Wirtschaftliches Handeln im Krieg. Zur Persistenzdes Milizsystems im Libanon (1975–1990)Thoralf Hanstein (11/01):Islamisches Recht und Nationales Recht : Eine Unter-suchung zum Einfluss des Islamischen Rechts auf dieEntwicklung des modernen Familienrechts am Bei-spiel IndonesiensOlf Jürgen Lehmann (12/01):Zur moralmetaphysischen Grundlegung einer konfu-zianischen Moderne. ‚Philosophierung‘ der Traditionund ‚Konfuzianisierung‘ der Aufklärung bei MouZongsanjeweils 1/02:Annedoris Baumann:Madrigal und Chanson auf Tasteninstrumenten. Überpoetisch-musikalische Bearbeitungen von Peter Phi-lipsJu Lie Ra:Die Klavierfuge Bachscher Tradition in der erstenHälfte des 20. JahrhundertsUte Rietdorf:Minderheiten und ihre Bedeutung für endogene Ent-wicklungen in Afrika. Das Beispiel TansaniaBenedikt Stegemann:Ausdruck und Gedanke. Arnold Schönbergs klang-liche und tonale Innovationen: Techniken und inhalt-liche MotiveChristine Stelzig:Afrika am Museum für Völkerkunde zu Berlin 1873bis 1919. Aneignung, Darstellung und Konstruktioneines KontinentsCornelia Till :Die republikanischen Grundlagen der Ehrungen undder Selbstdarstellung Caesars

JuristenfakultätBettina Scholze (5/01):Otto Stobbe (1831–1887) Ein Leben für die Rechts-germanistikjeweils 1/02:Franz Markus Franzten:Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Abfin-dungszahlungen bei VertragsauflösungStefan Haack:Widersprüchliche Regelungskonzeptionen im Bun-desstaat

Habilitationen und Promotionen

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Ulf Kreienbrock:Die Effektivität und Zulässigkeit des wissenschaft-lichen Versuchs der staatlich kontrollierten Heroin-vergabeFrank Rutschmann:Der europäische VermittlungsausschussAlbert Roger Njoume Ekango (2/02):Innerstaatliche bewaffnete Konflikte und Drittstaaten

Erziehungswissenschaftliche FakultätUta Dietze-Münnich (1/02):Pädagogische Führung und Erziehung – Selbsttätig-keit und Selbsterziehung. Zur Diskussion pädagogi-scher Grundkategorien, insbesondere in der Pädago-gik der DDR.Jörn Schützenmeister (4/02):Professionalisierung und Polyvalenz in der Lehrer-bildung

Medizinische Fakultätjeweils 10/01:Heike Weißpflug:Topographische und altersabhängige Unterschiedevon Muskelfasereigenschaften. Eine morphome-trisch-zytophotometrische AnalyseBernd Wilke:Magnetresonanztomographische Untersuchung derHände bei früher Rheumatoider Arthritis unter be-sonderer Berücksichtigung des Signalintensitätsver-haltens der Synovialmembran als prognostischer Pa-rameterAbdul Nasser Hachem:Vergleich der Miniplatten- und Zugschraubenosteo-synthese bei der Behandlung von Frakturen des Col-lum mandibulaeThomas Alexander Hirsch:Beurteilung des Durchbruchalters der Eckzähne undPrämolaren des Ober- und Unterkiefers in Abhängig-keit klinisch relevanter Eruptionssequenzen unter Zu-grundelegung eines sächsischen ProbandengutesBrigita Seidler:Oraler Gesundheitszustand bei sechs- und zwölfjäh-rigen Kindern in Litauenjeweils 11/01:Cornelia Becker:Das Wachstumsverhalten von gesunden und leukämi-schen hämatopoetischen Progenitorzellen nach Be-handlung mit Hyperthermie und Etoposid – Ein Bei-trag zum in vitro PurgingPetra Berger:Ethanol-induzierte neuronale Schädigung in der hip-pocampalen Formation der Ratte. Eine quantitativ-morphologische UntersuchungYvonne Anne Carola Haaben:Anwendung von RFLP und SSCP in der molekular-genetischen Diagnostik der Glycogenese Typ V. Ge-notypische Charakterisierung einer Familie mit enzy-matisch gesichertem IndexpatientenRobert Herrschelmann:Der Wandel der Operationen am KniegelenkKristin Hoyer:Periodische Schwankungen der auditiven Sensibilitätdes Menschen im Zusammenhang mit Oszillationender Herzfrequenz und der AufmerksamkeitAlexander Leicht:Frühverläufe und -komplikationen in der Knieendo-prothetik – eine Analyse von 585 OperationenAndrea Reich:Isoformen des pankreatitis-assoziierten Proteins beiakuter und chronischer PankreatitisPeter Reichardt:Immunotoxizität durch proteinreaktive Xenobiotika –

Untersuchungen zur in-vitro-Adduktbildung mit Pep-tiden und Vergleich mit der Zelltoxizität auf die hu-mane T-Zellinie D10.G4.1 und auf humane mono-nukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMC)Martin Schäfer:Elektrophysiologische Untersuchungen von Hypoxie-effekten auf Pyramidenzellen im somatosensorischenCortex von RattenBarbara Telle:Die nukleäre Chromatindekondensation von Human-spermien und ihre Assoziation zur SpermaqualitätKatja Kuhlmann:Der peri- und postoperative Verschluss von Lippen-und Gaumenspalten an der Universität LeipzigSusan Kuntze:Untersuchungen zu Einfluss von psychischen Belas-tungen und einer Reihe damit direkt und indirekt inBeziehung stehender Faktoren im ersten Trimenon derSchwangerschaft auf die Entstehung von Lippen-,Kiefer-, Gaumenspalten – Eine retrospektive Studiejeweils 12/01:Ina Bösel:Etablierung eines Bioassays mit CHO-Zellen für dieRoutinebestimmung von stimulierenden und blockie-renden Autoantikörpern gegen den TSH-RezeptorDaniel Clark:Komplikations- und Rezidivraten von Leistenher-nienoperationen nach Bassini – versus Shouldice-Methode aus den Jahren 1990 bis 1994Monic Dawel:Retrospektive Analyse der Bestrahlung von Tumorender Sellaregion – Vergleich zweier Bestrahlungstech-niken auf Tumoransprechen und radiogen induziertezerebrale, ophthalmologische und endokrinologischeNebenwirkungenJörg Döhnert:S-100B bei der aneurysmatischen Subarachnoidal-blutungAnnegret Dörre:Untersuchungen zu Therapie und Spätfolgen bei Pa-tienten mit MittelgesichtfrakturenClaudia Duck:Körperliches Training bei chronischer Herzinsuffi-zienz – Intervall- und Dauertraining im VergleichInes Engel:Untersuchungen zur altersabhängigen Fettgewebs-vermehrung in menschlichen Zungendrüsen mit Hilfeautomatischer MikroskopbildanalyseBirk Engmann:Die Therapieergebnisse supaglottischer Kehlkopfkar-zinome an der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik der Uni-versität Leipzig in den Jahren 1970 bis 1991 sowieUntersuchungen zur Anwendbarkeit des histologi-schen Gradings von supraglottischen Kehlkopfkarzi-nomen zu Aussagen über Krankheitsverlauf und The-rapieGunnar Etzrodt:Hepatitis-Infektionsraten langzeitsubstituierter Hä-mophiler im Leipziger Hämophilie-Zentrum und Er-gebnisse einer modifizierten Interferon-Therapie beichronischer Hepatitis CSimone Freitag:Wandel der Indikation zur Elmslie-OperationKai Hecksteden:Prüfung der Wirksamkeit bestehender Therapiekon-zepte anhand von outcome-Ergebnissen in der Be-handlung von BeckenringfrakturenHenrik Henze:Seitenvergleich der uterinen sowie tuboovariellen Per-fusion in der Frühschwangerschaft – Einfluss undBedeutung des Corpus luteum und des Schwanger-schaftsalters

Yvette Henze-Kupfer:Der Einsatz der Dopplersonographie in der Repro-duktionsmedizin – sinnvolle Ergänzung der Luteal-phasendiagnostik und -therapie?Andrea Hinterholzer:Der LDL-Rezeptor-Test – Erstellung von Referenz-werten und erste klinische ErgebnisseSusann Kietzmann:Ergebnisse der chirurgischen Therapie der chroni-schen PankreatitisSusan Klingberg:Verlaufsbeurteilung von Patienten mit Sprue unter be-sonderer Berücksichtigung der Antigliadin- und Anti-endomysiumantikörper und histologischer Schleim-hautveränderungen im DünndarmSabine Klos:Einfluss der Triglyceridselbstkontrolle auf Parameterdes Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels bei nichtin-sulinpflichtigem Typ-2-DiabetesMatthias Knöringer:Kernspintomografische Veränderungen der Lenden-wirbelkörper und deren Korrelation zur klinischenSymptomatik bei Patienten mit DiskopathieBert Kohlweyer:Topographie, Morphologie und Zytochemie magno-zellulärer Neuronen im Basalen Vorderhirn des Rhe-susaffen (Macaca mulatta)Markus Gerhart Krüger:Analyse von Strukturen des Innenohres und Klein-hirn-Brücken-Winkels mit der CISS-SequenzJörg Langer:Zentralvenöse Katheder – eine Gefahrenquelle in derIntensivmedizin?Mathis Mahn:Der Stellenwert der Stressechokardiographie in derambulanten Praxis im Vergleich zur Myokardszinti-graphie und Koronarangiographie bei Patienten mitkoronarer HerzkrankheitKerstin Müller:Die akute Polyneuritis – Klinischer Verlauf und The-rapieergebnisse bei der kombinierten Anwendung vonPlasmapherese und Kortikosteroiden im Vergleich zurKortikosteroidmonotherapieSabine Nyström:Korrelate kognitiver Beeinträchtigung alter Men-schen in der Magnetresonanztomographie: Assozia-tin mit temporaler Hirnatrophie und vaskulär verur-sachten HirnläsionenMathias W. R. Pletz:Apoptose als Ursache des durch das Rötelnvirus in-duzierten zytopathischen EffektesUte Quaaßdorff :Diagnostik verschiedener DNA- und RNA-Virenmittels nested PCR und nestes RT-PCR aus der Myo-kardbiopsie von Patienten mit Verdacht auf Myokar-ditis und Dilatative KardiomyopathieAnke Röser:Infrarotthermographische Diagnostik peripher-akra-ler Wiedererwärmungsstörungen mittels farbcodier-ter Darstellung von Relaxationsgeschwindigkeitennach standardisiertem KaltwasserprovokationstestRuna Stiegler-Giec:Untersuchungen zur differentialdiagnostischen Wer-tigkeit der Feinnadelaspirationszytologie periphererLymphknoten bei benignen Läsionen, Lymphomenund LymphknotenmetastasenSergej Teplow:Nachuntersuchungen von operativ versorgten Kreuz-bandrupturen im Zeitraum von 1992 bis 1997 desPatientengutes des Zentrums für Traumatologie mitBrandverletztenzentrum am Städtischen Klinikum„St. Georg“ Leipzig

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Habilitationen und Promotionen

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Wemding, erstmals im Jahre 793 als Sied-lungsstätte erwähnt, ist eine malerischeKleinstadt am Nordrand des NördlingerRieses in Bayern. Sie beeindruckt den Be-sucher durch einen prächtigen mittelalter-lichen Stadtkern, kreisrund von einer im-posanten Befestigungsanlage aus der er-sten Hälfte des 14. Jahrhunderts und zahl-reichen Toren und Türmen begrenzt, sowiedie Wallfahrtbasilika Maria Brünnlein imBarockstil mit dem Quellaltar und dieFreundlichkeit ihrer Bürger. Beachtenswert ist auch das restaurierteHaus Wallfahrtstraße 25, direkt am Amer-bacher Tor gelegen. Auf gelber Fassade fin-det such eine steinerne Tafel mit der ein-gemeißelten Inschrift: HIER WURDE 1454JOHANN SCHEYRING DR. THEOL.REKTOR DER UNIVERSITÄT IN LEIP-ZIG GEBOREN. DOMHERR IN MAGDE-BURG, DORT AM 16. 7. 1516 GESTOR-BEN.Johannes Scheyring (1454–1516) war inder Geschichte der Alma mater Lipsiensisihr 162. Rektor. Über ihn ist bis jetzt hierwenig bekannt. Im Midibuch Alma materLipsiensis Rectores magnifici (Leipzig,1989) ist angegeben, dass er im Sommer-semester 1490 das Rektorenamt mit demakademischen Grad eines bacc. theol. alsNachfolger von Johannes Reynhart aus Zö-bigker bekleidete – als 36-Jähriger. Auf ihnfolgte dann im Amt ebenfalls ein Theologenamens Melchior Ludwig aus Freistadt.Doch eigentlich ist Scheyring eine Be-rühmtheit. Als was sonst sollte man einenMann bezeichnen, dessen Konterfei einen1000-DM-Schein zierte. Obwohl: Erstenswar der Tausender wohl schon immer ehereine Rarität in deutschen Portemonnaies,und zweitens war es vielleicht gar nichtScheyring, der darauf zu sehen war.

Aber der Reihe nach: Am 2. Januar 1960wurde von der Deutschen Bundesbank dieerste Serie eines 1000-DM-Scheins ausge-geben, auf dessen Rückseite der Dom zuLimburg zu sehen war. Das Format: 90 mal180 Millimeter. Die Farben: schwarzbraun,braun und rotbraun. All das ist unumstrit-ten. Nicht endgültig klären lässt sich aberdie Frage, ob das Portrait auf der Vorder-seite tatsächlich den ehemaligen Rektorder Universität Leipzig zeigt.Die Bundesbank hat 1964 eine Beschrei-bung des Scheins herausgegeben, in der esheißt: „Das große, nach einem Gemäldevon Lucas Cranach d.Ä. in Stahl gesto-chene Kopfbild stellt vermutlich denNürnberger Astronomen und GeographenDr. Johann Schöner dar, obwohl das Origi-nal links oben die Inschrift JohannesScheyring Dr. trägt. Das Originalgemäldebefindet sich in den Königlich-BelgischenMuseen der Schönen Künste in Brüssel.“mDoch diese Beschreibung ist nicht ohneWiderspruch geblieben. In der Zeitschrift„Genealogie“ publizierte Rudolf Grunowim Mai 1966 (Bd. 8, 15. Jahrgang, Heft 5)eine Abhandlung unter dem Titel „Das Por-trait auf der 1000-DM-Note“. Darin äußertsich Grunow wie folgt: „Hier ist zunächstrichtigzustellen, daß der Name in der Auf-schrift des Bildes nicht Scheyring, sondernScheuring lautet.“ Diese Abweichung seijedoch nicht wesentlich, da „die Angehöri-gen der gleichen Familie bald Scheuring,bald Scheyring, Scheiring oder auch Zcy-ring, Syring, Schering oder ähnlich ge-nannt wurden“.Grunow schreibt weiter: „Die Vermutung,daß das Brüsseler Cranach-Portrait nicht,wie die Aufschrift besagt, einen Dr. Johan-nes Scheuring darstelle, sondern den inKarlstadt am Main geborenen AstronomenJohann Schöner, der übrigens weder Dok-tor noch Magister gewesen ist, geht zurückauf das Cranach-Werk von Friedländer undRosenberg vom Jahre 1932. Die Verfasserhatten aus dem Vergleich mit einem ande-ren Cranach-Portrait den Schluß gezogen,dass der Magdeburger Jurist Dr. JohannesScheyring (1505 – 1555) auf dem Brüsse-ler Portrait nicht dargestellt sein könne [...].

Die Verfasser glaubten eine Ähnlichkeitdes Brüsseler Portraits mit einem Holz-schnittportrait des Astronomen JohannSchöner vom Jahre 1562 annehmen zukönnen, obwohl ein Ölbild desselbenAstronomen vom Jahre 1528 [...] ein we-sentlich anderes Gesicht zeigt als das Brüs-seler Portrait.“Hjalmar Sander habe, so Grunow, nachge-wiesen, dass das Brüsseler Portrait wederden Astronomen Schöner noch den JuristenScheyring wiedergebe. Sanders Erklärung:Abgebildet sei mutmaßlich der Oheim desJuristen, der Magdeburger Domherr (undEx-Rektor der Universität Leipzig) Johan-nes Scheyring, auch wenn dieser 1516, also13 Jahre vor der Entstehung des Portraits,gestorben sei. Diese Tatsache „ist alsGegenbeweis nicht ausschlaggebend“,meint auch Grunow. Scheyring sei ein Wegbereiter der Refor-mation gewesen, habe eine hohe Wert-schätzung genossen und sich durch Fröm-migkeit und Fürsorge ausgezeichnet –„eine Persönlichkeit gerade von der Art,wie sie Lukas Cranach in seinem BrüsselerPortrait dargestellt hat“. Auch das Bildselbst liefere entscheidende Hinweise:„Während Lukas Cranach den Neffen Dr.jur. Scheyring [in einem] Portrait von 1534,um seinen Wohlstand auszudrücken, mitmehreren Ringen an der Hand gemalt hat,zeigt das Brüsseler Bild von 1529 beideHände unberingt, wie es sich für einenGeistlichen gehörte.“ Der Dargestelltewerde zudem mit einem „eigenartigenPelzmantel mit Ärmelschlitzen und Besatzvon Marderfell“ gezeigt, der damals inMode gewesen sei und auch im Testamentdes Theologen Scheyring erwähnt werde.Außerdem habe der Neffe seinen Onkelsehr verehrt und habe Lukas Cranach gutgekannt – „so ist es mehr als wahrschein-lich, daß er in seiner Verehrung für den On-kel, dessen Testament ihn selbst auch reich-lich bedacht hatte, im Jahre 1529 das Bildhat malen lassen.“ Mehr als wahrscheinlich – aber einen Be-weis gibt es wohl nicht. Eines aber dürftegewiss sein: der hohe Sammlerwert derBanknote mit dem umstrittenen Bildnis.

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1000ermitRektor?J. Scheyring –Sein und ScheinVon Prof. Dr. Dr. h.c. Lothar Beyerund Carsten Heckmann

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Das Areal zwischen der stadtzugewandtenRitterstraße und der späteren, anstelle deszugeschütteten Stadtgrabens verlaufendenGoethestraße gehörte von Alters her mitseinen Kollegiengebäuden und Bursen derUniversität. Wo heute die Theaterpassagein die Ritterstraße mündet, brannte im16. Jahrhundert die zum Großen Fürsten-kolleg gehörende Bursa saxonica nieder. Den an der Ritterstraße befindlichen Teildes Baugrundes erwarb 1611 der Professorder Theologie Vincentius Schmuck, umsich ein Wohnhaus zu bauen, doch behieltsich das Kolleg wie bei allen späteren Be-sitzwechseln stets das Recht des Rücker-werbs vor. Zu Beginn des 18. Jahrhundertsließ der eng mit der Familie Schwenden-dörffer verbundene Franz Born das Hausumbauen und auf dem hinzuerworbenenöstlichen Teil des Grundstückes einen bisan die Stadtmauer reichenden Anbau er-richten. 1812 kaufte die Universität die in-zwischen „Haus zur Melone“ genanntenGebäude zurück.1

Mit dem 1864 auf dem Terrain desSchneckenberges begonnenen Bau desNeuen Theaters erhielt der sich seit 1831mit der Errichtung der Universität heraus-bildende Augustusplatz seinen nördlichenAbschluss, was die Gebäude an der inzwi-schen zur Goethestraße umbenanntenParkstraße aufzuwerten versprach. So sa-hen es auch die Brüder Flinsch, die am24. 10. 1868, im Jahr der Fertigstellung desTheaters, dem Rat der Stadt Leipzig mit-teilten, dass sie in ihrem „an der GötheStrasse No. 2. gelegenen … Grundstück“für die Zukunft entscheidende Umbautenplanten: „Anstelle des vor dem Grundstückbefindlichen Vorgartens soll behufs Ein-richtung größerer Geschäftsstelle und Her-stellung eines Durchganges nach der Rit-terstraße ein massiver Vorbau bis zur erstenEta(ge) durchgeführt werden.“ Die Passage selbst nahm 1872 Gestalt an.„Zur Fortsetzung der bereits ausgeführtenGewölbebauten in unserem GrundstückGöthestraße No. 2 beabsichtigen wir imDurchgange nach der Ritterstraße zu bei-den Seiten der Hoffronten durch theilweiseHerausnehmen der Frontmauern an derenStelle eiserne Stützen und eiserne Trägerkommen, sowie durch Anbringung vonVorbauten, Verkaufsbuden einzurichtenund die Hof-Passage selbst mit einemGlasdach zu überdecken.“2

Passage mit Glasdach

Mit hochgewölbtem Glasdach über einemgusseisernen Stützensystem brachte dieTheaterpassage den modernen Typus derPariser Passagen in das Leipziger Stadtbildein. Als schließlich „zur würdigen Gestal-tung des Gantzen“ 1882 die Fassadenumge-staltung des Kopfbaues an der Goethestraßeerfolgte, hatte das Haus ein Gesicht erhal-ten, dessen spätklassizistischer Stil sich be-stens in das Umfeld des Platzes einfügte.Eine Generation später jedoch erschien dasHaus zurückgedrängt und eingekeilt zwi-schen die weit über die Firstlinie des Hau-ses Goethestraße 2 hinaufragenden Brand-mauern der jeweils mehrere Grundstücke

unter einem gemeinsamen Dach vereinen-den Monumentalbauten der DresdenerBank (1910–1911) und des Königsbaus(1912). Zu Beginn der 20iger Jahre galt dieBausubstanz des Hauses als völlig über-altert, stark reparaturbedürftig und nahezubaufällig3. Dem Universitätsrentamt kam daher dasInteresse des Bankhauses Kroch jr. KGa. A. sehr entgegen, sich am Augustusplatzeine repräsentative Präsenz zu schaffen.Am 10. 12. 1924 schloss die Universität da-her mit dem Inhaber der Bank Hans Krocheinen zunächst auf 20 Jahre4 befristetenNutzungsvertrag über das GrundstückGoethestraße 2/Ritterstraße 6, die das Hausan der Goethestraße für einen fünfge-schossigen Neubau mit 2 Kellergeschossenund ausgebautem Dachgeschoss zum Ab-bruch freigab und die Sanierung der Pas-sagenseitenflügel forderte.

„Neue Schauseite“

Hinsichtlich der Fassadengestaltung legteder Vertrag lediglich fest, dass „die neueSchauseite sich in guter, nicht aufdring-licher Weise zwischen die Nachbarhäusereinzufügen (hat).“5 Doch entschloss sichKroch im Frühjahr 1925 zum Bau einesTurmhauses6. Gemeinsam mit dem Rat derStadt Leipzig wurde im Januar 1926 ein„Wettbewerb zur Erlangung von Ent-würfen“ ausgelobt. Zu den vom Stadt-erweiterungssamt zur Verfügung gestelltenWettbewerbsunterlagen gehörten unter an-derem die maßstäblichen Aufrisse derPlatzwände und ein Lageplan des Augus-tusplatzes, der vor dem Augusteum eine U-Bahn-Station enthielt. Die noch bis zum 29. Juni im Kroch-Hausin einer umfangreichen Schau mit ur-sprünglichen Entwürfen und Bauzeichnun-gen, Archivalien und historischen Fotogra-fien präsentierten Blätter fanden sich voreinigen Jahren unverhofft in einem großenHolzkoffer im Heizungskeller des Kroch-Hauses. Als man im Frühjahr 1926 über die 69 ein-gegangenen Vorschläge befunden wurde,

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Das Glockenspiel versöhnteDie Geschichte des Kroch-HausesVon Cornelia Junge

Doppeltür in der Schalterhalle mit denzerstörten Füllhornträgern. Originalaufnahme um 1929 von KarlKolb, Nürnberg.

Kunstbesitz der Universität Leipzig

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konnte man sich auf keinen ersten Platzeinigen. Einen der beiden zweiten Plätzeerhielt der schließlich mit der Bauausfüh-rung beauftragte Münchener ArchitektGerman Bestelmeyer (1874–1942) für seinModell „Orion“ zuerkannt, ein die Nach-bargebäude dreigeschossig überragendes,zinnenbekränztes Turmhaus mit einer gro-ßen Turmuhr, dessen Firsthöhe sich amGiebel der Paulinerkirche orientierte. Biszum Frühjahr 1927 nahmen BestelmeyersVorstellungen für die Gestaltung der Fas-sade die uns heute vertrauten Formen an.

Erhitzte Gemüter

Der strenge, mit seiner additiven Ge-schossreihung über einer engen, von gro-ßen Schaufenstern flankierten Torsituationetwas eintönig wirkende Baukörper desModells „Orion“, wurde durch die glie-dernde Einbeziehung von Bauschmuckdeutlich akzentuiert. Zwar hatte sich dieStadt bereits mit dem Wettbewerb hinterKrochs Idee von einem Turmhaus gestellt,doch die Frage, welche Höhe dieses ersteHochhaus der Stadt schließlich erreichendürfe, bewegte nahezu während der ge-samten Bauzeit heftig die Gemüter. Im Juni 1927 wurde der Vorgängerbau ab-gebrochen und Anfang August begannendie Ausschachtungsarbeiten. Doch erst imOktober 1927 wurde eine vorläufige Bau-genehmigung für ein zehnstöckiges Ge-bäude mit einer Höhe von lediglich35,50 m erteilt, während Bestelmeyer, dereine Höhe von 43 m favorisiert hatte, imKompromiss auf 39,50 m bestand. Die Er-richtung einer Baumaske zu Demonstra-tionszwecken bestärkte schließlich nichtnur Bestelmeyer in seiner Überzeugung,dass 43,20 m bei zwölf Geschossen die ide-ale Bauhöhe darstellten. Doch erst am16. 12. 1927 wurde die Genehmigung er-teilt. Am 20. Juli 1928 wurden die drei vonder Glockengießerei Schilling und Söhnein Apolda gegossenen Glocken aufge-zogen, wenige Tage darauf verkündigteKroch die Eröffnung des Hauses zum1. August 1928.

Stahltüren in Granitgewänden

Im Erdgeschoss, das unter dem Zeichendes zur Reise rüstenden Merkurs durcheine messingbeschlagene Flügeltür undeine Drehtür über eine breite Marmor-treppe betreten wird, befand sich die Schal-terhalle des 1877 von Martin SamuelKroch gegründeten Kroch-Bank. Der Ver-

lauf der Banktresen ist noch heute im Fuß-boden am Übergang der Marmorfliesenzum Linoleumbelag ablesbar. Vom Bank-raum führt eine gewendelte Seitentreppehinab zu den beiden Tresoretagen, derenmächtige Stahltüren von tief gestaffeltenGranitgewänden eingefasst sind. In der Bankhalle schmücken Reliefs mitden Allegorien von vier, nach historischemVerständnis zugleich die Himmelrichtun-gen der Welt symbolisierenden Erdteilendie hohen Spiegelkehlen der Oberlicht-decke. Über der von einem reich profilier-ten und verzierten Terrakottarahmen7 um-fangenen Doppelflügeltür zum Lichthofversprachen einst die die Uhr flankieren-den Genien Füllhörner leerend Reichtum8.Auch die Fassadenreliefs stehen in deut-lichem Bezug zu den Aktivitäten des Bank-hauses, verkörpern sie doch Landwirt-schaft, Handel und Handwerk. Und dasFassadenmotto unter dem Glockenspiel„Omnia vincit labor“ („Alles bezwingt dieArbeit“) bezeichnet die Quelle wirtschaft-lichen Erfolges.Zu den Wettbewerbsforderungen gehörtees auch, die enge Verbindung des Direktorsmit seinen Kunden in der Verknüpfung derRaumbereiche zu veranschaulichen. Soführt eine geteilte Treppe zum oberenFoyer. Im Hintergrund des Foyers lagenhinter den beiden mit Terrakotta verkleide-ten Pfeilern nach dem Augustusplatz zudas Büro des Bankdirektors und ein Kon-ferenzzimmer. Zwischen deren großen Doppelflügetürentröpfelt leise ein schöner, gleichfalls in Ter-raktotta gefasster Wandbrunnen mit bron-zener Muschelschale und der Statuette9

eines Neptuns.

Namen getilgt

Bei aller Kritik, die die Leipziger an demstilistisch wie baulich ungewöhnlichenNeubau entgegenbrachten, versöhnte siedoch bald schon das Glockenspiel mit denbeiden 3,30 m großen wilden Männern,deren Hämmer die auf einem Stempel in-einandergestellten Glocken schlagen. Ihreimposante Größe10 war im vergangenenHerbst zu bewundern, als im Rahmen derAußensanierung des Kroch-Hauses dieGlocken erstmals zu Sicherungsmaßnah-men heruntergenommen wurden. Damalswurden zum erstenmal auch die Inschriftenaller drei Glocken sichtbar. Sie alle sind derKroch-Bank gewidmet11. Auf der großen Glocke wurden die Namender jüdischen Bankinhaber ebenso getilgt,

wie 1938 der Name Kroch-Bank ver-schwunden ist. Doch die Texte der kleine-ren Glocken blieben unerreichbar und be-wahren bis heute zusammen mit dem Hausdie Erinnerung an das Wirken der jüdi-schen Mitbürger, ohne die Leipzigs wirt-schaftlicher Aufschwung in den Jahrzehn-ten um 1900 nicht denkbar gewesenwäre.m1939 befand sich das Bankhaus Kroch „imStadium der Arisierung“ und wurdeschließlich von der Industrie- und Han-delsbank AG übernommen. Hans Krochwar nach der Pogromnacht verhaftet und inBuchenwald, später in Sachsenhausen in-haftiert worden. Nachdem er im Namenaller Familienmitglieder eine Verzichtser-klärung auf das Gesellschaftsvermögen derBank geleistet hatte, wurde er freigelassenund konnte emigrieren. Er starb 1970 inJesrusalem.Das Haus, welches im 2. Weltkrieg imGegensatz zu dem westlichen Teil der The-aterpassage und den angrenzenden Gebäu-den nur relativ wenig Schaden genommenhatte, wurde in den Nachkriegsjahren vonverschiedensten Einrichtungen genutzt.Auch die Universität war seit 1953 Mieterin ihren eigenen Räumen. 1982 beschloss das Rektorat, die Rekon-struktion der denkmalgeschützten Räumein Angriff zu nehmen, in denen bereits1984 die erste große Ausstellung derKustodie stattfinden konnte. Inzwischenist die Fassade dank großzügiger Unter-stützung seitens der Stadt einschließlichder Fenster und des Glockenspiels grund-legend restauriert worden. Unser Besitz anOriginalzeichnungen und historischen Fo-tografien ermöglichte es, den Oberlicht-saal im Dachgeschoss und die Vorhalle mitihrer Spiegeldecke und ihren schönen altenSchaufenstern und Türen wieder in einendem Original angenäherten Zustand zuversetzen.

Anmerkungen:11) Leipziger Universitätsbauten. Die Neubauten der

Karl-Marx-Universität seit 1945 und die Ge-schichte der Universitätsgebäude. (LeipzigerStadtgeschichtliche Forschungen Bd. 6, hrsg. vonDr. Heinz Füßler). Leipzig (VEB Bibliographi-sches Institut) 1961, S. 168f.

12) Bauaktenarchiv der Stadt Leipzig: Antrag vonEduard Flinsch an den Rat der Stadt Leipzig, vom6. Mai 1872

13) UAL, RA 2014, Bd. 2, Bl. 1814) Der Nutzungsvertrag wurde unter Berücksichti-

gung der Wirtschaftslage mehrfach verlängert underlosch schließlich erst 1968. Nach der Wende er-folgte die Rückübertragung des Gebäudes ausstädtischem Besitz an die Universität.

15) UAL, Rep. I/XI/129, Bd. 8, Bl. 35-38)

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16) UAL, Rentamt 2014, Bd. 2: Darstellung des En-gagements Hochhaus Goethestraße 2 in Leipzig,Bl. 19f.

17) Die Terrakottaarbeiten führte die bauplastischeAbteilung der Nymphenburger Manufaktur inMünchen aus.

18) Sie gingen in Folge des Krieges verloren und wur-den durch Abgüsse der Löwen vom Fries des Kon-ferenzraumes der Direktorium ersetzt.

19) Sie war ursprünglich nicht vergoldet.10) Die Stundenglocke hat einen Durchmesser von

2,10 m und wiegt 5,5 t.11) Widmungsinschrift der großen Glocke: „GE-

GRÜNDET [VON MARTIN SAMUEL KROCH]IM JAHRE 1877. GEWACHSEN UND ER-STARKT MIT DEM AUFBLÜHENDEN JUN-

GEN REICH ERRICHTETE DIE FIRMA[H.KROCH jr. ??] IM FÜNFZIGSTEN JAHRIHRES BESTEHENS 1927–1928 DIESESBANKHAUS EINEN TURMALS SINNBILDUNGEBROCHENER DEUTSCHER KRAFT“,auf der mittleren Glocke: „KROCH jr. KOM-MANDITGESELLSCHAFT AUF AKTIEN:LEIPZIG – 1928 – GESCHÄFTSINHABER:HANS KROCH. AUFSICHTSRAT: DR. CURTKROCH. DR. ING. BERTHOLD MONASCH,FRITZ KROCH –“, auf der kleinen Glocke:„MARTIN SAMUEL KROCH GRÜNDER DERFIRMA KROCH jr. – LEIPZIG – GEBOREN„28. NOVEMBER 1853 – GESTORBEN 25.OKTOBER 1926 –“).

Oben:Die Theaterpassage in Richtung auf denAugustusplatz.

Historische Postkarte von 1907Privatbesitz

Links :Richard Ziegler (1891–?): Blick überden Augustusplatz vom Museum derbildenden Künste zum Kroch-Haus, um 1930, Gouache.

Kunstbesitz der Universität Leipzig

Unten:Die um 1885 gedruckte Postkarte mitdem Blick über die Goethestraße unddie Ritterstraße zeigt das Konglomeratder historischen Bauten im Bereich derKollegiengebäude. Das zurückgesetzteHaus mit der von einem Balkon über-bauten Vorhalle ist die Goethestraße 2.

Privatbesitz