Journalismus und PR einerlei? - SwissMediaForum · 2014-08-04 · Journalismus & PR – Einleitung...
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Einführung
Journalismus und PR – einerlei?
Podiumsgespräch
Swiss Media Forum, Luzern
8. Mai 2014
• Daniel Binswanger
• Andreas Hugi
• Stephanie Grubenmann
• Philip Kübler
Medienkritik Schweiz
Warum Kritik? Verstanden als Nörgeln ist Kritik unbeliebt. Als konstruktive Auseinandersetzung hingegen ist sie willkommen – so wird das gerne gesagt. Politik und Journalismus nehmen Auseinandersetzungen in der Regel an und sind sich Debatten gewohnt. Man ist sich bewusst , dass man systematisch Einfluss auf die Öffentlichkeit ausübt. Ob Medienkritik stattfindet, lässt sich in drei Dimensionen beobachten: • Empfangen und ertragen die Medien
(Unternehmen und Medienschaffende) Kritik? • Üben die Medien Kritik (also gegenseitig und
Selbstkritik)? • Wie gelingt es (welchen) Dritten, von
ausserhalb Kritik an den Medien zu üben? Besonders die dritte Frage berührt das Mediensystem. Die rechtlichen, beruflichen und unternehmerischen Normen, Strukturen und Abläufe sind bestimmend dafür, ob die Kritik im Journalismus eine Chance hat und ihren Beitrag zur Medienqualität leisten kann. Das Ob und Wie der Kritik ist wichtig, im Interesse des Publikums, der Medienlandschaft Schweiz und letztlich der Kultur in unserem Staat, in unserer Gesellschaft.
Wer ist der Verein Medienkritik Schweiz? Anlass unserer Gründung vor vier Jahren war die verbreitete Wahrnehmung, die Medienkritik in der Schweiz sei schwach. Medienkritische Organisationen kämpften ums Überleben, die Erkenntnisse der Medienwissenschaften fänden selten den Weg in die Öffentlichkeit, und in den Medien selbst wird die Auseinandersetzung um Medienfragen ausgerechnet in einer Zeit des Umbruchs der Branche immer weniger geführt. Dieser Befund gilt – mit Nuancen – immer noch. Er ist bei „schönem Wetter“ erträglich, solange man sich auf einen hohen gesellschaftlichen Konsens und auf stabile Institutionen verlassen kann. Im Fall einer politischen Krise aber würde eine geschwächte Medienkritik zum Risiko. Es fehlten Stimmen, welche die Beteiligung der Medien am Geschehen bewusst machen. In dieser Situation haben sich Persönlichkeiten aus dem Medienumfeld über Branchen- und Berufs-grenzen und Interessenlagen hinweg zu «Medienkritik Schweiz» zusammengeschlossen. Im Zentrum sollen Tagungen, Gespräche und Publikationen stehen: nicht primär als Leistungskritik der Medien, sondern als Auseinandersetzung mit dem Mediensystem.
Journalismus & PR – Einleitung
Reputation und Kontrollbedürfnisse Eine gewachsene Wertschätzung des Gutes «Reputation» hat neue unternehmerische Funktionen und Stäbe ins Leben gerufen: Corporate Social Responsibility, Nachhaltigkeits-management, Public Affairs. Auch die Tätigkeit etablierter Funktionsbereiche schielt nicht mehr nur, sondern sie schaut direkt auf die Reputation des Unternehmens und seiner Spitzenvertreter: Risk Management, Rechtsabteilung, IT- und Sicherheitsmanagement, Strategieentwicklung, Finanzberichterstattung, Finanz- und Personal-abteilung. Nur auf den ersten Blick weniger prägnant ist die Entwicklung in den staatlichen Behörden und Institutionen. • Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf das
Verhalten und Verhältnis von Journalismus und PR (Public Relations, Öffentlichkeitsarbeit)?
• Wie ergeht es den Mediennutzern, den Leserinnen und Zuschauern?
• Gibt es Probleme, die man besser lösen könnte?
Diesen drei Fragen gehen wir in unserer Session am Swiss Media Forum nach.
Öffentlichkeitsarbeit im Zeitalter des Internets Das Internet bereichert und zersplittert das Kommunikationsverhalten und die Mediennutzung der Menschen. Die Grenzen des traditionellen Journalismus verschieben sich. Zwar erreichen die Massenmedien noch immer ein breites Publikum. Die Chance der Leit- und Qualitätsmedien, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, sind intakt – mit einer wachsenden Unsicherheit darüber, wie sich ihre Leistung finanzieren lässt. Während ausgebildete Journalistinnen und Redakteure in gestrafften Teams den Medienwandel durchschreiten, haben die Behörden und Unternehmen das Management ihrer Aussenpolitik aufgerüstet. Interne Kommunikationsabteilungen senden Informationen und Botschaften über eine Vielzahl direkter Kanäle in die Welt und bewirtschaften gezielt die öffentliche Wahrnehmung. Berater und Experten stellen sich in den Dienst solcher Aufklärung und Imagepflege. Deren Massnahmen gehen weit über das Verfassen und Verbreiten von Medienmitteilungen hinaus: Sie verfolgen gezielte persönliche Interessen ihrer Klienten und peilen gesellschaftliche Ziele an. Die Mittel dafür scheinen manchmal unbegrenzt zu sein.
Beispiele
Problem
So what?
Agenda
Beispiele Schweiz am Sonntag
Hanspeter Bürgin, Schweiz am Sonntag, 02.09.2012
Schweiz am Sonntag Beispiele
Christof Moser, Schweiz am Sonntag, 26.01.2013
Infosperber Beispiele
Infosperber Beispiele
Jürg Lehmann, Infosperber, 29.10.2013
Medienwoche Beispiele
Nick Lüthi, Medienwoche, 25.10.2013
Medienwoche Beispiele
Ronnie Grob, Medienwoche, 05.11.2013
Südostschweiz Beispiele
David Sieber, Schweiz am Sonntag, 10.11.2013
Medienwoche Beispiele
Ronnie Grob, Medienwoche, 27.03.2014
Studie Beispiele
Marvin Oppong, 13.01.2014
Tages-Anzeiger Beispiele
Peter M. Wettler, Tages-Anzeiger, 31.03.2014
EDITO+Klartext Beispiele
Bettina Büsser, EDITO+Klartext, 01.04.2014
Medienwoche Beispiele
Nick Lüthi, Medienwoche, 08.04.2014
Studie Beispiele
Studie Beispiele
Colin Porlezza, Gefährdete journalistische Unabhängigkeit, 2014
Beispiele
Problem
So what?
Agenda
3x3 Aspekte Entwicklung
Struktur
❶ Volkswirtschaftliche Bedeutung Die wirtschaftliche Kraft des Journalismus sinkt; Staat und Wirtschaft bleiben stark.
❷ Stärke der Kommunikationsprofis Weniger journalistisch tätigen Medienschaffenden stehen mehr PR-Profis gegenüber.
❸ Finanzielle Abhängigkeit Schrumpfender Nutzer- und Werbemarkt für Journalismus, wachsende PR-Branche.
Prozesse
❹ Kommunikationskanäle Die Medien sind nicht mehr Gatekeeper; die Deutungsmacht der Journalisten nimmt ab.
❺ Zugang und Recherche Der Informationszugang in die Organisationen wird formalisiert und kontrolliert.
❻ Zusammenwirken Absprachen, Werbeinteressen, Kooperationen und Rücksichten nehmen zu.
Kultur
❼ Vereinbarungen und Regeln Offene Regelwerke; kaum Überwachung und Transparenz in der Durchsetzung.
❽ Ausbildung und Handwerk Das Wissen und Können der Journalisten wächst, doch die Berufsrealität weicht ab.
❾ Werte und Problembewusstsein Die unterschiedlichen Rollen werden erkannt; die gesellschaftliche Diskussion ist noch klein.
Philip Kübler, Medienkritik Schweiz, 2014
Problem Einordnung
Die grosse Machtverschiebung von Journalismus zu PR ?
Struktur
❶ Unabhängiger redaktioneller Content ist nicht (mehr) King.
❷ Es gibt mehr PR-Profis und weniger Journalisten.
❸ Sowohl das Bezahlmodell als auch das Werbemodell leidet.
Prozesse
❹ Organisationskommunikation umgeht die Massenmedien.
❺ Akteure kontrollieren und formalisieren, was öffentlich wird.
❻ Abhängigkeiten zügeln Verlage und Journalisten.
Kultur
❼ Branchenregeln sind schwach oder kaum überwacht.
❽ Fähigkeiten ausgebildeter Journalisten liegen brach.
❾ Die Rollen von PR und Journalismus werden wenig diskutiert.
Philip Kübler, Medienkritik Schweiz, 2014
Problem Zuspitzung
Stephanie Grubenmann, Universität St. Gallen, 2014
Problem
Ind
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Un
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me
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Ge
sells
chaf
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Journalismus PR
Intereffikation – Gegenseitige Ermöglichung
Personalisierung der Kommunikation
• Ressourcenreduktion
• Komplexitätssteigerung
•Traffic und Verweildauer steigern
Informationsflut, kostenlose Nachrichtenangebote, kurze
Aufmerksamkeitsspannen
• Ausdifferenzierung
• Standardisierung, Formalisierung
• Gesteigerte , kontrollierte Kommunikation
Offene, digitale, interaktive (Massen-)
Kommunikationskanäle
Grenzen zwischen den Berufsfeldern
verwischen
Verändertes Informations-verhalten und veränderte
Nutzererwartungen insb. bei jungen Nutzern
Transparenzdruck
Hohe Attraktivität Kommunikationsberufe,
sinkende Attraktivität Journalismus
Schwache Akzeptanz digitaler Werbeformen,
insb. bei jungen Zielgruppen
Native Advertising
Content Marketing
Beispiele
Problem
So what?
Agenda
So what?
Presserat mit Zähnen versehen? Code of Conduct verbindlich umsetzen?
Einen PR-Rat analog Presserat und Lauterkeitskommission etablieren?
Herzlichen Dank !
Hinweise sind willkommen an: [email protected] Zur Tätigkeit des unabhängigen Vereins Medienkritik Schweiz: www.medienkritik-schweiz.ch Folgen Sie uns auf Twitter @MedienkritikCH