JP│KOM News-Service 5/14: Kampagnen & Integrierte Kommunikation im Healthcare Bereich
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Healthcare
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News-Service 5 | 14September 2014
Neue Stakeholder, neue Themen
Die Herausforderungen in der
Pharmabranche erfordern eine
neue Kommunikation
Kommunikations- management
Geheimnisse der integrierten
Kampagnenführung
Interview mit Matthias Reinig
„Die Kommunikation wird patienten-
orientierter“

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Drei Jahre sind seit Einführung des AMNOG ver-
gangen. Fast jeder in der Arzneimittelbranche
ist inzwischen mit dem Thema Market-Access in
Berührung gekommen. Das ganze System wurde
auf den Kopf gestellt.
Schwer zu überblickende Stakeholder-Konstel-
lationen und hoher Informationsbedarf stellen
große Anforderungen an die Kommunikations-
politik der Unternehmen. Die Hersteller müssen
nun verstärkt die Legitimität ihrer Marktaktivität
begründen: Bringt das Produkt wirklich Vortei-
le? Stehen die in einem Verhältnis zu den Kos-
ten? Gibt es Belege dafür? Die gesellschaftspoli-
tische Positionierung ist für Arzneimittelhersteller
zu einem kritischen Erfolgsfaktor geworden.
Doch bei vielen Unternehmen spielt Market-
Access immer noch eine Sonderrolle. Ganzheitli-
che Konzepte, die Unternehmens-, Produkt- und
Market-Access-Kommunikation in einer über-
greifenden Strategie integrieren, kommen nur
langsam voran.
Politische Prozesse und gesundheitsökonomische
Fragestellungen sind eben weit vom Tagesge-
schäft entfernt. Doch gerade dort liegen heute
die Inhalte für die Kommunikation! Market-
Access muss bei jeder Kommunikationsmaß-
nahme mitgedacht und in die Kommunikations-
strategie integriert werden.
Pharmaunternehmen müssen sich langfristig als
solide Partner im Gesundheitssystem aufstellen.
Mut und Ehrlichkeit zahlen sich am Ende aus.
Editorial
Mut zur integrierten Kampagne!

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Neue Stakeholder und neue Themen
Strategische Herausforderungen erfordern eine neue Kommunikationvon Hubert Kümper und Anne Tessmer
Die Funktionslogik des Arzneimittelmarkts hat sich radikal verändert. Spätestens seit Einfüh-rung des AMNOG lautet das Credo: Evidenz statt Präferenz. Es geht nicht mehr darum, Ärzte im persönlichen Gespräch von einem Präparat zu überzeugen. Das System verlangt von den Herstel-lern, einen gesellschaftlich relevanten Nutzenvorteil zu schaffen und diesen auch zu belegen. Was bedeutet das für die Kommunikation?
Auslaufende Patente, dürre Pipelines und hohe
Anforderungen an neue Arzneimittel haben den
Wettbewerb zwischen den Herstellern massiv
verschärft. Der Kampf um die Vorherrschaft in
einzelnen Indikationsbereichen ist entbrannt.
Nun schrumpfen die Margen, Marktanteile
gehen verloren. Viele Unternehmen richten ihr
Portfolio deshalb neu aus, fokussieren sich auf
ihr Kerngeschäft und stoßen Randbereiche ab.
Spezialisierung und Individualisierung prägen
die Branche.
Vom Blockbuster zum Nichebuster
Manche Hersteller fassen jetzt Nischenmärkte –
wie zum Beispiel seltene Krebserkrankungen – ins
Auge. Auf diesen Gebieten hat es häufig jahre-
lang keine Neuentwicklungen gegeben, nun ha-
ben diese Indikationen an Attraktivität gewon-
nen. Schließlich ist bei solchen Patientengruppen
über die Zeit ein enormer Versorgungsbedarf
entstanden. Der geringere Wettbewerb auf die-
sen Märkten bietet Herstellern deshalb die Chan-
ce, große Innovationspotenziale zu realisieren.
Individualisierte Medizin vs. „One size fits all“
Das Blockbuster-Prinzip „One size fits all“ hat
ausgedient. Die Hersteller fassen verstärkt auch
einzelne Patientengruppen größerer Indikatio-
nen (Subgruppen) ins Auge. Die Subgruppen-
analyse bietet die Chance, die Zielgenauigkeit

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von Therapieansätzen zu erhöhen und auf
diese Weise das Risiko einer Über-, Unter-
oder Fehlversorgung zu reduzieren. Der Ein-
satz von Biomarkern erlaubt es, künftig noch
mehr Patientengruppen anhand ihrer Gen-
expressionen oder biochemischen Parameter
(z. B. Blutwerte) einzuordnen. Die Subgrup-
penbildung auf Basis von Biomarkern geht
also weit über die einfache Unterscheidung
nach Alter und Geschlecht hinaus. In Folge
dessen werden bald Therapieregime verfüg-
bar sein, die für einzelne Patientengruppen
innerhalb einer Indikation ganz unterschiedli-
che nutzenmaximierende Lösungen bieten.
Grundvoraussetzung: eine hochwer tige Diag-
nostik und sinnvoll definierte Biomarker.
Gesundheitspolitisches Dilemma: Welches Evidenzniveau ist noch zulässig?
Diese Entwicklungen führen die Gesundheits-
politik in ein Dilemma. Jahrelang verfolgte sie
das Ziel, medizinische Leistungen zu standardi-
sieren. Deshalb wurde die Arzneimittelversor-
gung durch den Ausbau des Gemeinsamen
Bundesausschusses (G-BA) und die Einführung
des AMNOG institutionell und organisatorisch
zentralisiert. Nun hat die makropolitische Steu-
erung den Markt zwar fest im Griff, doch indi-
viduelle Lösungen drohen dabei unter die
Räder zu geraten.
Denn im Hinblick auf die Evidenz wird es für
viele Hersteller eng. Die Durchführung von Stu-
dien an großen Patientenpopulationen, wie sie
bei Blockbustern möglich gewesen wären, ist
in kleinen Indikationsgebieten mit großen
Schwierigkeiten verbunden. Schließlich um-
fasst schon die Grundgesamtheit viel weniger
Patienten. Werden Studien jedoch ohne eine
adäquate Anzahl von Patienten durchgeführt,
droht ein hohes Verzerrungspotenzial auf der
Ergebnisebene. Die Aussagekraft der Studien
ist dann gering.
Unter diesen Bedingungen ist es schwierig,
einen Zusatznutzen nach den im AMNOG ge-
forderten Kriterien zu belegen. Damit rückt der
Versorgungsbedarf in den Mittelpunkt: Wird
das Medikament überhaupt gebraucht? Wer
genau braucht es?
Neue Herausforderungen an die Kommunikation
Spezialisierung und Individualisierung bieten
betriebswirtschaftlich zwar interessante Pers-
pektiven, aber sie stellen die Hersteller auch vor
neue kommunikative Herausforderungen: Die
engen Indikationen sind in der Öffentlichkeit
kaum bekannt, der Rückzug in Marktnischen ist
erklärungsbedürftig. Wenn die Unternehmen es
nicht schaffen, die neue Strategie ihren An-
spruchsgruppen schlüssig zu erläutern, droht
Reputationsverlust.
It used to be so easy …
Media Landscape 1.0
Company
Journalists
Websites, Newspapers, TV, etc.
Audience

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Erklärungsbedürftige Marktaktivitäten
Bisher haben sich viele große Arzneimittelher-
steller hauptsächlich auf kompetitiven Märkten
bewegt. Dort waren sie vor allem darauf be-
dacht, sich von der Konkurrenz abzugrenzen.
Auf Nischenmärkten steht hingegen die Legiti-
mität der Marktaktivität in Frage. Wo genau
liegt der ungedeckte Versorgungsbedarf? War-
um konzentrieren sich Hersteller gerade auf
diese Patientengruppe und nicht etwa auf
Krankheiten, von denen mehr Patienten be-
troffen sind? Warum soll die Solidargemein-
schaft die hohen Kosten individueller Therapie-
ansätze tragen, ohne dass der Nutzen in der
herkömmlichen Art und Weise klar belegbar
ist? Der Zielkonflikt zwischen individuellen
Pa tien ten bedürf nis sen und kollektiven Hand-
lungs mög lich keiten spitzt sich zu. Insbesonde-
re Public- Affairs- Abtei lungen sind nun gefragt,
der Politik die Bedeutung spezifischer Versor-
gungsbedarfe zu erklären und diese in den
relevanten gesellschaftlichen Kontext einzu-
betten.
Komplexe Informationsbedarfe
Aber nicht nur im politischen Raum entstehen
neue Informationsbedarfe. Auch die Versor-
gungspraxis ist betroffen. Damit das Produkt
seinen Weg zum Patienten findet, müssen die
Hersteller umfassend über die neuen Behand-
lungsalternativen informieren. Dabei gilt es zu
beachten: Sowohl die Ärzte als auch die Patien-
ten in den neuen Zielmärkten sind Spezialisten
auf ihrem Gebiet. Die Betroffenen sind meist
über eine lange Zeit schwer erkrankt und haben
gelernt, mit ihren Krankheiten zu leben. Sie
wissen genau Bescheid und stehen in engem
Kontakt zu den Verordnern. Das sind in der
Regel hochspezialisierte Fachärzte, die in vielen
Fällen als Meinungsbildner auf ihrem Fachge-
biet gelten. Die Vermittlung bloßer Produkt-
informationen greift deshalb zu kurz. Fragen
der Dia gnostik, einzelne Subgruppenmerkmale
und Informationen über Erstattungszusammen-
hänge müssen nun einbezogen werden. Auf
dem klassischen Weg der Breitenkommunikati-
on können diese Zielgruppen nur noch ein-
geschränkt erreicht werden. Deshalb ist es
wichtig, Ärzte und Patienten auch über neue
Zugänge zu adressieren – zum Beispiel durch
digitale Services und Kooperationsprojekte.
Integrierte Kampagnen für maximale Wirkung
Die Ausdifferenzierung der medizinischen
Versorgung hat ihre Folgen. Ganze Indika-
tionsgebiete spalten sich in Teilöffentlich-
keiten auf. Themen und Positionen, die
dort als hochrelevant wahrgenommen werden,
dringen jedoch kaum nach außen. Die An-
schlussfähigkeit dieser spezifischen Probleme
an große gesellschaftliche Issues ist häufig
unklar.
Den Akteuren fällt es deshalb immer schwerer,
sich bei der Politik Gehör zu verschaffen. Gleich-
zeitig müssen die Botschaften auch hochspezia-
lisierte Facharztgruppen und gut informierte
Patienten erreichen. Es gilt nun, das Kleine mit
dem Großen zu verbinden. Deshalb sind jetzt
integrierte Kampagnen gefragt, die Market-
Access-, Produkt- und Unternehmenskommuni-
kation sinnvoll miteinander verzahnen. Nur so
können Arzneimittelhersteller den Informati-
onsbedürfnissen der einzelnen Stakeholder
gerecht werden – und gleichzeitig die Kohärenz
ihrer Kommunikation in Bezug auf Botschaften
und Maßnahmen sichern.
JP KOM Healthcare
Integrierte KampagnenStoryline der KampagneKampagnenplanung/DramaturgieGestaltung der Kampagne (Logo/Bildwelt)Integrierte Kampagnensteuerung
Anzeigen/WerbungVeranstaltungen/EventsPR/Ö entlichkeitsarbeitPrint-Medien
Internet/Web 2.0Public A airsVideos/VodcastsErfolgskontrolle
Umfeldanalyse/StakeholdermappingStrategie/BeratungStoryline/BotschaftenNetzwerkaufbauVeranstaltungenGesprächeBegleitkommunikationIssue-Monitoring
Market AccessPublic A airs
Konzept/StrategieStoryline/BotschaftenPressekontakt/VerteilerPresseinfosExclusives/InterviewsNamensartikelPressekonferenzen/ExpertengesprächePressearbeit/KongresseJournalistenseminare
Produkt-PR
Strategie/JahresplanungStoryline/BotschaftenPressearbeitVorträge/GhostwritingVideos/VodcastsVeranstaltungen/KonferenzenPublishing/PrintInternet/Intranet, Web 2.0Krisenkommunikation
Unternehmens-kommunikation
MonitoringKrisenpotenzial-AnalyseSzenario-AnalyseKrisen-GuidelinesTraining/KrisenübungQuestions & AnswersDarksites/Stand-byMedienBeratungKrisenstab/Bereitschaft
KrisenkommunikationMarket-AccessPublic A airs Produkt-PR

1. Vor Start der Konzeptarbeit
Gütekriterien entwickeln.
Wenn die Kreativität sich Bahn bricht, kann
schon einmal schnell der Kompass verloren ge-
hen. Doch was nützen die attraktivsten Bot-
schaften und die stärksten Maßnahmen, wenn
sie nicht in die Kampagnenziele einzahlen? Und
was passiert, wenn es zu Medienbrüchen
kommt, d. h. die Medien nicht richtig zusam-
menspielen und die Kampagne zersplittert? Das
Konzeptioner- und Kreativteam für die Kampag-
ne ist gut beraten, als ersten Schritt noch vor
Start der Konzeptionsarbeit Gütekriterien fest-
zulegen, nach der die Kampagne während ihrer
Entwicklung und vor allem vor der Entscheidung
geprüft wird. Warum vor dem Start der Arbeit?
Ganz einfach: Wer seine eigene Arbeit bewer-
tet, neigt zur Selbsttäuschung – d. h. die Bewer-
tungskriterien werden auf das Ergebnis ausge-
richtet. Deshalb: die Kriterien vorher gemeinsam
festlegen und schriftlich festhalten!
Kommunikationsmanagement in der Praxis
6 Geheimnisse der integrierten Kampagnenführung
von Jörg Pfannenberg
Integrierte Kommunikation bezeichnet – frei nach Bruhn – den Prozess der all umfassenden und vernetzten, strategischen und zielgerichteten
Kommu nikation. Sie umfasst die gesamte interne und externe Kommunika-tion mit dem Ziel, eine konsistente („One Voice!") und aufeinander abge-
stimmte („Dramaturgie!") Kommu nikation zu gewährleisten. So weit, so gut! Aber wie bekommt man das hin? Hier 6 Tipps aus unserem Schatzkistchen.
Matrix zur Bewertung von Kampagnen
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Alternative Leitideen für Kampagnenzuerst die Story line der Kampagne entwickeln
und die Gedanken zu den Maßnahmen erst ein-
mal vollkommen zur Seite legen. Die Storyline
sollte nutzenorientiert auf die Stakeholder aus-
ge richtet sein. Dabei helfen Tools wie das Bot-
schaften-Dreieck, das die Ressourcen/Kompe-
tenzen und die Philosophie des Unternehmens/
der Organisation, die Leistungen und Services,
die funktionalen und emotionalen Benefits und
die Kernbotschaft bzw. den Claim der Kampag-
ne in eine stakeholder-orientierte Ordnung
bringt. Oder auch die Balanced Brand Card,
die Stakeholder, Werte des Unternehmens, die
Heritage, die ausgelobten Benefits mit der
Marke und ihrem Claim, der Tonalität und der
Bildwelt in Einklang bringt. Am Schluss stehen
die Storyline und der Elevator Pitch nach dem
klassischen AIDA (Attention, Interest, Desire,
Action)-Schema.
3. Es muss EINE kommunikative Leitidee
geben, die die Kampagne bewegt.
Manche Kampagnen haben zu viele gute Ideen –
und schaffen es so nicht, ein Unternehmen/eine
Organisation oder auch deren Leistungen und
Services klar zu profilieren. Alle Maßnahmen
und die gesamte Dramaturgie der Kampagne
sollten durch eine einfache Leitidee bewegt
werden – so wie in der Hornbach-Werbung. Die
Leitidee kann auf den verschiedensten Ebenen
angesiedelt sein – hier einige Strukturmuster:
Der Held, der allein gegen alle kämpft. Die
Gleichsetzung der menschlichen Haut mit gut
befeuchteten Blättern. Die Überraschung, die
ungewöhnliche Gefühle plötzlich auslöst. Jeman-
den stolz machen, der eher skeptisch in Bezug
auf die Ziele eingestellt ist, usw.
Botschaftenpyramide
2. Erst die Story schreiben, dann
die Maßnahmen entwickeln.
Die meisten Werber und PR-Leute geraten bei
tollen Maßnahmen ins Schwärmen – da kom-
men sie ja auch oft beruflich her. Aber die Maß-
nahmen werden nicht um ihrer
selbst willen durchgeführt, sie
sollen die Botschaften trans-
portieren. Und zwar Bot-
schaften, die möglichst an die
relevanten Themen – Frage-
stellungen, Bedürfnisse,
kritische Punkte – der
Stakeholder ando-
cken (Issue Sur-
fing). Deshalb

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5. Maßnahmen über Maßnahmen
ver kaufen (Mediales Cross-Selling).
Das Perpetuum mobile ist auch für die Kommu-
nikation noch nicht erfunden worden. Aber
natürlich lässt sich der Ressourceneinsatz opti-
mieren, z. B. durch das mediale Cross-Selling:
Die Maßnahmen verweisen aufeinander und
lenken den Leser/Zuschauer/Dialogpartner mög-
lichst bruchlos von einem Medium zum ande-
ren, zur Vertiefung der Information oder zur
weiteren Emotionalisierung. Früher geschah das
mediale Cross-Selling durch schriftliche Hinwei-
se, das führte oft zu Medienbrüchen und damit
zum Abbruch der Customer Journey. Die elek-
tronischen Medien, insbesondere natürlich das
Internet mit seinen Verlinkungen, lenken die
Stakeholder komfortabel durch die Maß-
nahmen welten. Denn ein längerer Kontakt be-
deutet eine längere Beschäftigung – die Chance
auf die gewünschte Wirkung steigt.
6. Austausch-Plattformen für die beteiligten
Kommunikationsmanager einrichten.
An einer integrierten Kampagne wirken oft
Dutzende von Kommunikatoren an verschiede-
nen Orten und in verschiedenen Gewerken
mit. Damit integrierte Kommunikation gelingt,
muss einer/eine klar die Hauptverantwortung
tragen: die Richtung vorgeben, die Aktivitäten
koordinieren und die Kampagne durch Con-
trolling und laufende Nachjustierung auf der
Erfolgsspur halten. Doch der ver-
antwortliche Kampag-
nenmanager kann
nicht alle Projektinhalte
persönlich transportieren und jeden
Austausch selbst in Gang bringen. Ein projekt-
eigenes Informations- und Austauschportal
erleichtert ihm die Arbeit, sorgt dafür, dass die
Informationen fließen und der Austausch nicht
abreißt. Das Portal für eine geschlossene
Linkliste (Beispiel)Mashing über ein Issue („Qualität“)
4. Klare Medienhierarchien und Knoten-
punkte für das Mashing setzen.
Genauso wie eine klare kommunikative Leitidee
braucht eine Kampagne Leitmedien, in denen
sich der Kampagnenkern kristallisiert. Wenn kla-
re Medienhierarchien fehlen, kann sich der Rezi-
pient/Dialogpartner schnell in den Strukturen
verheddern, die Customer Journey findet ein
schnelles Ende. Deshalb gilt auch in Zeiten des
Social Networkings: In jeder Mediengattung
(Anzeigen, Print, Internet, Veranstaltungen,
etc.) gibt es ein zentrales Medium – die zentra-
len Medien sind die Knotenpunkte der Kommu-
nikationsmaßnahmen, über sie läuft auch das
Mashing (vgl. auch Tipp 5).
Nutzergruppe hat einen kleinen Newsbereich,
darunter gibt es Blogs und Foren, ggf. Wikis,
Projektablagen und weitere Materialien. So
lässt sich arbeiten!
Austauschportal für Kommunikationsmanager

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Interview mit Matthias Reinig, Takeda
„Die Kommunikation wird patientenorientierter“Seit Einführung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) haben sich die Regeln im Gesundheitswe-sen grundlegend geändert. Die Strategien, mit denen die Hersteller jahrelang Erfolge gefeiert haben, funktionieren nun nicht mehr. Wie haben sich die Kommunikationsabteilungen der Pharmaindustrie auf die neuen Gegebenheiten eingestellt? Matthias Reinig, Leiter Communications bei Takeda Pharma in Berlin, im Gespräch mit Hubert Kümper, Geschäftsführer Healthcare bei JP|KOM.
Herr Reinig, Sie sind Leiter der Kommunika-
tionsabteilung des japanischen Arzneimittel-
herstellers Takeda in Deutschland. Welche
Entwicklungen in der Politik und auf dem
Arzneimittelmarkt haben Takedas Arbeit in
der jüngeren Vergangenheit am meisten
beeinflusst?
Veränderte regulatorische Rahmenbedingun-
gen wie zum Beispiel das AMNOG, auslaufende
Patente und kaum neue Blockbuster haben uns
das Leben schwer gemacht. Wir sind aber nicht
die einzigen. Das Wachstum vieler innovativer
Pharmaunternehmen ist ins Stocken geraten.
Takeda hat sich deshalb im Verlauf des letzten
Jahres neu im Markt aufgestellt. Zukünftig wol-
len wir uns auf Spezialpräparate für Fachärzte
ausrichten. Durch die Fusion mit dem Schweizer
Arzneimittelhersteller Nycomed haben wir in
dieser Hinsicht viele spannende Produkte in un-
ser Portfolio aufnehmen können. Wir planen,
uns zukünftig noch enger am Versorgungsbe-
darf auszurichten. Das heißt für uns, dass nicht
nur die großen Volkskrankheiten im Mittelpunkt
stehen, sondern vor allem kleinere Indikationen.
Hier warten die Patienten teilweise schon seit
Jahren auf neue Lösungen.
Was bedeutet das für Sie als Kommunikator?
Mit welchen neuen kommunikativen Anfor-
derungen haben Sie es jetzt zu tun und an
welchen Schrauben mussten Sie drehen?
Die Fusion von Takeda und Nycomed und die
strategische Neuaufstellung waren natürlich
eine Reaktion auf das veränderte Umfeld. Nun
mussten wir unsere neue Geschäftsstrategie an
die Stakeholder kommunizieren. Uns war zu-
nächst aber gar nicht klar, wo wir stehen. Des-
halb haben wir mit einer Bestandsaufnahme
begonnen. Ganz gezielt haben wir mit ver-
schiedenen Stakeholdergruppen gesprochen
und gefragt: Wie nehmt ihr Takeda wahr?
Was erwartet ihr von Takeda in der Zukunft?
Wie kann Takeda helfen, eure Ziele zu errei-
chen? Beides, sowohl unsere neue Geschäfts-
als auch unsere Kommunikationsstrategie,
sind jetzt ganz eng an den Bedürfnissen der-
jenigen ausgerichtet, für die wir arbeiten. Das
sind die Ärzte und Kliniken, vor allem aber die
Patienten.
Die Grenzen zwischen Market-Access-,
Produkt- und Unternehmenskommunikation
verschwimmen zunehmend. Wie arbeiten
Sie mit den Kollegen aus der Market-Access-
Abteilung und den Business Units zusam-
men?
Als Abteilung mit einer Querschnittsaufgabe
versuchen wir, möglichst viele Synergien zu erzeu-
gen. Das schlägt sich auch in unserer Kommuni-
kationsstrategie nieder, vor allem in Bezug auf
die Themenplanung. Aus den Fachabteilungen
kommen viele hochrelevante Berichtsanlässe,
die wir nicht ignorieren dürfen. Wir nutzen zum
Beispiel Themen aus dem Bereich Market-Access
ganz bewusst, um uns als ein Unternehmen zu
positionieren, das einen partnerschaftlichen Bei-
trag für das Gesundheitswesen leistet – etwa
dann, wenn hochwertige Studiendaten oder
eine positive Nutzenbewertung veröffentlicht

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werden. Gleichzeitig sind unsere Mitarbeiter aus
dem Bereich Market-Access darauf angewiesen,
dass wir in der Kommunikationsabteilung lang-
fristig eine positive Wahrnehmung des Unter-
nehmens in der Öffentlichkeit schaffen und auf
diese Weise die Glaubwürdigkeit unserer Mar-
ket-Access-Botschaften sichern. In der direkten
Kommunikation mit den Stakeholdern ist das
eine ganz wichtige Ressource. Die Fachinhalte
liegen natürlich weiterhin bei den einzelnen
Business Units. Wir nutzen diese Themen aber,
um sie an übergreifenden Issues aufzuhängen
und breiter zu streuen. Zum Beispiel laufen die
Fäden für die Patienten- bzw. Laienkommuni-
kation bei uns zusammen.
Das Schlagwort vom „mündigen Patienten“
macht seit Jahren die Runde. Gemeint sind
damit die wachsende Informiertheit der Pati-
enten und ihr zunehmender Einfluss auf
konkrete Therapieentscheidungen. Welche
Konsequenzen hat diese Entwicklung für die
Kommunikationspolitik von Arzneimittelher-
stellern?
Zwangsläufig arbeiten wir auf dem Markt für
Spezialpräparate mit teilweise sehr kleinen Ziel-
gruppen, sowohl unter den Ärzten als auch bei
den Patienten. Die Ärzte sind hochqualifizierte
Spezialisten auf ihrem Gebiet. Die Patienten
leben oft jahrelang mit ihrer Krankheit und brin-
gen ein entsprechendes Vorwissen mit. Sie set-
zen sich intensiv mit ihren Symptomen aus-
einander und gestalten den Therapieverlauf aktiv
mit. Beide, Ärzte und Patienten, haben
deshalb einen sehr individuellen Informations-
bedarf. Klassische Medienarbeit bleibt zwar
weiterhin wichtig. Um aber individuelle Inhalte
zu vermitteln, müssen wir auch den Mut haben,
neue Wege zu beschreiten. Zukünftig wollen wir
deshalb verstärkt digitale Lösungen einsetzen.
Auch in diesem Bereich liegen die Inhalte klar in
den Fachabteilungen. Wir übernehmen dann die
Umsetzung und die Begleitkommunikation.
Zum Abschluss wollen wir einen Blick in die
Zukunft wagen. Was, glauben Sie, wird die
Kommunikation im Gesundheitswesen in den
kommenden Jahren maßgeblich prägen?
Die Kommunikation wird patientenorientierter
werden. Das liegt zum einen am zunehmenden
Angebot individueller maßgeschneiderter Lö-
sungen für ungedeckte Versorgungsbedarfe
und zum anderen an der sozialen Situation der
Patienten. Das Leben von Patienten mit chroni-
schen Erkrankungen, wie zum Beispiel Morbus
Crohn oder Colitis ulcerosa, findet oft am Rande
der Gesellschaft statt. Die Informationsüberga-
be zwischen den verschiedenen Leistungser-
bringern funktioniert häufig nicht. Pharmaun-
ternehmen sind deshalb in Zukunft noch mehr
gefordert, wenn es darum geht, in Dialog mit
den Patienten zu treten. Die Digitalisierung des
Gesundheitswesens bietet uns in diesem Be-
reich vollkommen neue Möglichkeiten. Takeda
ist an diesen Themen dran. Schon bald werden
wir unser Angebot an innovativen Arzneimitteln
um digitale Serviceleistungen ergänzen, die
mehr sind als ein Gimmick und echten Mehr-
wert bieten.
Flip-Cam Talk mit Matthias Reinig
Ausrichtung auf Spezialprodukte: „Best in Class“ statt Big Player im Big Market
1. Der klassische, aber nach wie vor beliebte Weg der Patienten-kommunikation: die Informationsbroschüre.
2. Titelstory im Berliner Wirtschaftsmagazin „Köpfe“: Takeda Deutschland CEO Jean-Luc Delay.
3. Unternehmensthemen an die Mitarbeiter kommunizieren: das Takeda Mitarbeitermagazin „LIVE“.
4. Takeda als Arbeitgeber: Die Employer Branding Broschüre zeigt, warum es sich lohnt, für ein Pharmaunternehmen wie Takeda zu arbeiten.
5. Die Takeda Story intern kommunizieren: Die Mitarbeiter lernen die Strategie von Takeda über das Präsentationsprogramm Prezi kennen.
1. 2. 3. 4. 5.

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Patientenkommunikation im Aufwind
Herr M. fühlt sich komisch. Schon länger hat er
Probleme beim Atmen, und manchmal, wenn
er sich beim Rasieren an den Hals fasst, spürt er
einen Knoten. Herr M. ist eigentlich ganz ge-
sund, aber seine Frau findet, er könne doch das
Angebot der Krankenkasse zum Gesundheits-
Check-up nutzen. Schließlich ist er vergangenen
Sommer 45 geworden – möglicherweise Zeit
für eine Inspektion.
Google statt ArztbesuchZum Arzt ist Herr M. bis jetzt trotzdem nicht ge-
gangen. Stattdessen tut er, was heute fast alle
Menschen machen, die Beschwerden haben: Er
googelt. Laut der MSL-Gesundheitsstudie von
2012 googeln 74 % aller Patienten vor dem
Arztbesuch ihre Symptome. Und sie konsul-
tieren nicht nur das Internet, sondern auch
die vielen Gesundheits-Magazine, wie Focus
Gesund heit, Spiegel Gesundheit oder die
Gesundheitsseiten der Tageszeitungen.
Facharzt in eigener SacheFinden Patienten im Internet etwas Beunruhigen-
des („Krebs“, „Chronisch-obstruktive Lungener-
krankung“), speichern sie die Informationen
oder drucken sie aus. Und suchen weiter, offline
und online. Oft finden sie dann auch gleich
die „passenden“ Therapieansätze und Medika-
mente.
Mit umfassenden Informationen gewappnet
sucht der mündige Patient endlich eine Arzt-
praxis auf. Dort begegnet er dem ausgebildeten
Mediziner als „Facharzt in eigener Sache“. Er ist
sicher, dass sich sein Verdacht bestätigt:
„Krebs.“
Herr M. weiß es zu schätzen, dass die Medien
so viele Informationen bieten. Ärzte finden es
manchmal lästig, wenn ihre Patienten glauben,
selbst am besten zu wissen, was sie haben –
und vor allem: was ihnen helfen könnte. Immer
mehr Patienten fragen beim Facharzt gezielt be-
stimmte Arzneimittel nach. Und die Pharmain-
dustrie? Welche Rolle spielt sie in diesem Spiel?
Herr M. will‘s wissen. Aber wer antwortet ihm?von Nina Jungcurt
Wenn sie krank werden, informieren sich immer mehr Menschen im Internet und in der einschlägigen Publikumspresse. Der mündige Patient stellt die Pharmahersteller vor neue Herausforderungen. Aber es bieten sich auch neue Chancen.

IMPRESSUM
Verantwortlich: Hubert Kümper
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10117 Berlin
Tel: +49 30 726263-220
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Finanz-, B2B- und Healthcare-
Kommunikation in Deutschland.
An den Standorten Düsseldorf,
Frankfurt am Main und Berlin
beschäftigt JP | KOM derzeit 39
feste Mitarbeiter. JP | KOM hat als
Mitglied des International PR
Network (IPRN) weltweit mehr als
40 Kooperations partner.
Abbildungen: JP | KOM, Takeda
Titel © Lonely/Shutterstock;
S. 3 – 5 © macknimal/Shutterstock;
S. 6 – 8 © jorgen mcleman,
FXQuadro, Liewluck, Ollyy/
Shutter stock; S. 11–12 © Kubko/
Shutterstock
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Machtzuwachs für die Patienten – auch beim Market-AccessMit Einführung des Arzneimittelmarktneuord-
nungsgesetzes (AMNOG) im Jahr 2011 hat sich
die Relevanz der Stakeholder im Gesundheits-
markt verschoben. Im Nutzenbewertungsver-
fahren spielt die Patientenperspektive nun eine
wesentliche Rolle: Die Patienten sind durch
Organisationen wie den Deutschen Behin-
dertenrat, die Bundesarbeitsgemeinschaft der
PatientInnenstellen, die Deutsche Arbeits-
gemeinschaft Selbsthilfegruppen und der Ver-
braucherzentrale Bundesverbands im Gemein-
samen Bundesausschusses (G-BA) vertreten.
Sie besitzen dort zwar kein Stimmrecht, aber die
unparteiischen Mitglieder müssen bei der
Beschlussfassung das Patientenvotum berück-
sichtigen. Und die Patientenvertreter sind
gleichberechtigte Partner bei der Arbeit in den
Unterausschüssen des G-BA. Ihr Einfluss auf die
Bewertung des Zusatznutzens und damit ihre
Einwirkung auf das Umsatzpotenzial eines
Arzneimittels sind also signifikant.
Dies liegt auch daran, dass die Kriterien für
einen Zusatznutzen stark patientenorientiert
sind. So kann ein Zusatznutzen nicht ausschließ-
lich durch die Senkung der Sterblichkeitsrate
(Mortalität) oder die Verlängerung des Überle-
bens begründet werden, es geht auch darum,
wie diese „gewonnene Zeit“ sich für den Patien-
ten anfühlt: Es geht um die Lebensqualität.
Patienten als Zielgruppe der Pharmakommunikation immer wichtigerDas Gewicht des Patientenvotums im G-BA in
Verbindung mit dem „mündigen Patienten“ wie
Herrn M. hat die Patienten zu einer wichtigen
Zielgruppe für die Kommunikation von Pharma-
herstellern gemacht. Je früher und gezielter sie
den Patienten auf allen Kommunikationskanä-
len Informationen zukommen lassen und den
Dialog aufnehmen – egal, ob zu Indikationen,
neuen Wirkstoffen oder Behandlungsprozessen
–, desto mehr gewinnen sie an Reputation bei
den Patienten.
Findet Herr M. auf der Website des Unternehmens
Informationen, die sich mit gängigen Ge-
sund heits-Informationsportalen wie onmeda.de
oder Wikipedia-Einträgen decken und darüber
hinausgehend fachlich kompetent und ver-
ständlich aufbereitet sind, zahlt das auf die
Reputation des Unternehmens ein.
Darauf fußen weitere Maßnahmen der Patien-
tenkommunikation:
� Patientenportale im Internet
� Ansprechend gestaltete Patienten -
bro schüren
� Mobile Apps mit indikationsbezogenen
Anwendungen (z.B. Therapietagebuch,
Facharztsuche, Fitness Tracker, Foren zur
Vernetzung mit anderen Patienten, etc.)
� Beiträge zur Indikation in der Publi-
kumspresse und Testimonial-Stories
� Sponsoring von Informationsveran-
staltungen
� Begleitende Presse- und Medienarbeit
Patienten als „Markenbotschafter“Wenn Herr M. sich auf den Weg macht, seine
Symptome ärztlich überprüfen zu lassen, hat
er den Namen des Unternehmens im Kopf, mit-
unter auch schon den Wirkstoff. Beides ist posi-
tiv besetzt: „Wer so etwas entwickelt und
so viele Informationen bereitstellen kann, muss
kompetent sein.“ So hat sich Herr M., ohne es
zu merken, zum wichtigen Multiplikator für
die Botschaften des Unternehmens entwickelt
– selbst beim Arzt. Das wirkt sich auf die Nach-
frage aus, mittelfristig vielleicht sogar auf das
Bewertungsverfahren.
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