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53 JAZZTHETIK 01+02.14 Thomas Scherer Von Peter Steinfadt Der Audiophile sucht den idealen Klang für die eigenen vier Wände. Um diesem hehren Ziel möglichst nahe zu kommen, gibt es idealty- pisch zwei Strategien. Die erste orientiert sich an der Maxime »schneller, höher, weiter«, spielt also die komplexe und kostenin- tensive Technologiekarte aus. Die zweite ist der genaue Gegenent- wurf: die Konzentration auf das Wesentliche frei nach dem Motto »weniger ist mehr«. Thomas Sche- rer, der Schöpfer der kleinen Breit- bandlautsprecher namens Elation, ist ein Verfechter der Einfachheit und Klarheit. Im Regallautsprecher des in Bochum ansässigen Unterneh- mens Scherer Audio Engineering goutiert das Auge schon auf den ersten Blick den Minimalismus der Konstruktion. Wie, keine Bänd- chenhochtöner, keine separaten Treiber für den Bass-, Mitten- und Hochtontransport? Und das soll funktionieren? Die Antwort ist ein- fach wie das Gesamtkonzept: Ja, und wie! Frei im Raum aufgestellt, mit vielleicht ein wenig Abstand zu den Rück- und Seitenwänden, ist die Elation in der Lage, den Hörer mit einer äußerst glaubhaften Dar- stellung der Musik zu verzaubern. Doch bevor wir uns der Musik widmen, noch ein wenig Techno- Talk. Das geschlossene Gehäuse mit einem Gesamtvolumen von nur 10 Litern ist aus skandinavi- schem Birkenmultiplexholz. Das Material wird verbunden mit einer steinähnlichen Oberfläche namens GetaCore, einem acrylgebundenen Mineralwerkstoff. Das sieht nicht nur unglaublich schick aus, son- dern hat auch handfeste konstruk- tive Gründe: Das Gehäuse mini- miert Eigenresonanzen, schaukelt sich also nicht selbst auf. Das Ergebnis des mit einem Wirkungsgrad von 90dB/5W/2m angegebenen Produkts ist eine sehr neutrale, »richtige« Darstel- lung der Musik. Den berühmt-be- rüchtigten Verfärbungen von Breitbandlautsprechern wird von Scherer konstruktiv der Garaus ge- macht. Da der kleine Lautspre- cher-Kerl Schwerstarbeit leistet – er muss ja alle Musiksignale ganz auf sich allein gestellt in Schallwel- len umwandeln -, hat Thomas Scherer ihm als unverzichtbares Arbeitswerkzeug eine ausgeklügel- te passive Entzerrung vor die Membran gesetzt. Die präzise ge- wickelten Spulen und Kondensato- ren ermöglichen einen sehr ausge- wogenen Frequenzgang. Ein Fakt, den das Ohr dankbar aufnimmt. In der live eingespielten Auf- nahme Night And the City von Charlie Haden und Kenny Barron (Verve, 1998) zeigt sich die größte Stärke der Elation: die unglaubli- che Räumlichkeit hinsichtlich Tie- fe und Weite und die völlige Ge- löstheit der Musik von den Lautsprechern. Hier klebt kein Ton am Boxenholz, ja, man ist fast geneigt zu behaupten, man könne um Charlies sparsam gezupften Bass herumwandern und die per- lenden Pianotupfer von Kenny Barron förmlich mit den Händen wie Seifenblasen auffangen. Auch die wunderbar eingefangene Club- atmosphäre inklusive leisem, aber deutlich vernehmbarem Gläser- und Geschirrgeklapper stellt die Elation glaubhaft in den Raum. Spielt da Musik aus der Konserve? Oder doch live dabei inmitten ei- nes intimen Jazzkonzerts? Die Ela- tion ist auch ein Illusionsinstru- ment und lädt ein, die Augen beim Genuss von Musik zu verschlie- ßen. Die Veröffentlichung Isle of Magic der italienischen Band Mop Mop (Agogo Records, 2013), si- cher eine der interessantesten Ver- öffentlichungen des laufenden Jah- res, ist von einem ganz anderen Kaliber. Das nach vorne abge- mischte Vibrafon überzeugt mit Wärme im Grundton, der musika- lische Teppich aus diversen Per- cussion-Instrumenten erklingt über die Elation nie anämisch dünn. Ein Lautsprecher mit hohen Auflösungsqualitäten und körper- hafter Darstellung. Der gepflegte Voodoo-Jazz, aber auch Soul und Afrobeat aus dem Mop-Mop-Uni- versum grooven lässig funky und hypnotisch aus den Boxen. Ge- pflegtes Fußwippen als natürlicher Reflex ist die zwangsläufige Folge. An wen richtet sich also die Elation? Mit dem kleinen schicken Regallautsprecher aus Bochum kann die Suche nach dem idealen Klang für manchen Audiophilen beendet sein. Dieses Breitbandsys- tem mit allerlei technischen Fines- sen kann über Jahre erfreuen. Tipp zum Schluss: Die Elation reagiert recht sensibel auf den angeschlos- senen Verstärker. Ein Partner- schaftstest im Vorfeld ist Pflicht. Sehr gut: Röhrenverstärker kön- nen aufgrund des recht hohen Wirkungsgrads und des gutmüti- gen Impedanzverlaufs auch den Betrieb aufnehmen. Die Elation ist in der Standardausführung weiß und kostet im Paar 4.580 Euro. Website: www.highend-design-lautsprecher.de Einer für alles – ein Breitbandkonzept Je mehr umso besser? Nicht unbedingt! Man kann sich auch auf das Wesentliche konzentrieren. Wie der Bochumer Thomas Scherer mit seinem Lautsprecher Elation. ELATION HiFi

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53 JAZZTHETIK 01+02.14 Thomas Scherer

Von Peter Steinfadt

Der Audiophile sucht den idealenKlang für die eigenen vier Wände.Um diesem hehren Ziel möglichstnahe zu kommen, gibt es idealty-pisch zwei Strategien. Die ersteorientiert sich an der Maxime»schneller, höher, weiter«, spieltalso die komplexe und kostenin-tensive Technologiekarte aus. Diezweite ist der genaue Gegenent-wurf: die Konzentration auf dasWesentliche frei nach dem Motto»weniger ist mehr«. Thomas Sche-rer, der Schöpfer der kleinen Breit-bandlautsprecher namens Elation,ist ein Verfechter der Einfachheitund Klarheit.

Im Regallautsprecher des inBochum ansässigen Unterneh-mens Scherer Audio Engineeringgoutiert das Auge schon auf denersten Blick den Minimalismus derKonstruktion. Wie, keine Bänd-chenhochtöner, keine separatenTreiber für den Bass-, Mitten- undHochtontransport? Und das sollfunktionieren? Die Antwort ist ein-fach wie das Gesamtkonzept: Ja,und wie! Frei im Raum aufgestellt,mit vielleicht ein wenig Abstand zuden Rück- und Seitenwänden, istdie Elation in der Lage, den Hörermit einer äußerst glaubhaften Dar-stellung der Musik zu verzaubern.Doch bevor wir uns der Musikwidmen, noch ein wenig Techno-Talk. Das geschlossene Gehäusemit einem Gesamtvolumen vonnur 10 Litern ist aus skandinavi-schem Birkenmultiplexholz. Das

Material wird verbunden mit einersteinähnlichen Oberfläche namensGetaCore, einem acrylgebundenenMineralwerkstoff. Das sieht nichtnur unglaublich schick aus, son-dern hat auch handfeste konstruk-tive Gründe: Das Gehäuse mini-miert Eigenresonanzen, schaukeltsich also nicht selbst auf.

Das Ergebnis des mit einemWirkungsgrad von 90dB/5W/2mangegebenen Produkts ist einesehr neutrale, »richtige« Darstel-lung der Musik. Den berühmt-be-rüchtigten Verfärbungen vonBreitbandlautsprechern wird vonScherer konstruktiv der Garaus ge-macht. Da der kleine Lautspre-cher-Kerl Schwerstarbeit leistet –er muss ja alle Musiksignale ganzauf sich allein gestellt in Schallwel-len umwandeln -, hat ThomasScherer ihm als unverzichtbaresArbeitswerkzeug eine ausgeklügel-te passive Entzerrung vor dieMembran gesetzt. Die präzise ge-wickelten Spulen und Kondensato-ren ermöglichen einen sehr ausge-wogenen Frequenzgang. Ein Fakt,den das Ohr dankbar aufnimmt.

In der live eingespielten Auf-nahme Night And the City vonCharlie Haden und Kenny Barron(Verve, 1998) zeigt sich die größteStärke der Elation: die unglaubli-che Räumlichkeit hinsichtlich Tie-fe und Weite und die völlige Ge-löstheit der Musik von denLautsprechern. Hier klebt keinTon am Boxenholz, ja, man ist fastgeneigt zu behaupten, man könneum Charlies sparsam gezupften

Bass herumwandern und die per-lenden Pianotupfer von KennyBarron förmlich mit den Händenwie Seifenblasen auffangen. Auchdie wunderbar eingefangene Club-atmosphäre inklusive leisem, aberdeutlich vernehmbarem Gläser-und Geschirrgeklapper stellt dieElation glaubhaft in den Raum.Spielt da Musik aus der Konserve?Oder doch live dabei inmitten ei-

nes intimen Jazzkonzerts? Die Ela-tion ist auch ein Illusionsinstru-ment und lädt ein, die Augen beimGenuss von Musik zu verschlie-ßen.

Die Veröffentlichung Isle ofMagic der italienischen Band MopMop (Agogo Records, 2013), si-cher eine der interessantesten Ver-öffentlichungen des laufenden Jah-res, ist von einem ganz anderenKaliber. Das nach vorne abge-mischte Vibrafon überzeugt mitWärme im Grundton, der musika-lische Teppich aus diversen Per-

cussion-Instrumenten erklingtüber die Elation nie anämischdünn. Ein Lautsprecher mit hohenAuflösungsqualitäten und körper-hafter Darstellung. Der gepflegteVoodoo-Jazz, aber auch Soul undAfrobeat aus dem Mop-Mop-Uni-versum grooven lässig funky undhypnotisch aus den Boxen. Ge-pflegtes Fußwippen als natürlicherReflex ist die zwangsläufige Folge.

An wen richtet sich also dieElation? Mit dem kleinen schickenRegallautsprecher aus Bochumkann die Suche nach dem idealenKlang für manchen Audiophilenbeendet sein. Dieses Breitbandsys-tem mit allerlei technischen Fines-sen kann über Jahre erfreuen. Tippzum Schluss: Die Elation reagiertrecht sensibel auf den angeschlos-senen Verstärker. Ein Partner-schaftstest im Vorfeld ist Pflicht.Sehr gut: Röhrenverstärker kön-nen aufgrund des recht hohenWirkungsgrads und des gutmüti-gen Impedanzverlaufs auch denBetrieb aufnehmen. Die Elation istin der Standardausführung weißund kostet im Paar 4.580 Euro.

Website: www.highend-design-lautsprecher.de

Einer für alles – ein Breitbandkonzept Je mehr umso besser? Nicht unbedingt! Man kann sich auch auf dasWesentliche konzentrieren. Wie der Bochumer Thomas Scherer mit seinem Lautsprecher Elation.

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