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Junge Menschen gestalten ländliche Räume Leitfaden zum Modellprojekt „Entwicklung eines Informations- und Kommunikationszentrums für junge Menschen“ am Beispiel Ivenack VERBRAUCHERSCHUTZ ERNÄHRUNG LANDWIRTSCHAFT

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Junge Menschen gestalten ländliche Räume

Leitfaden zum Modellprojekt „Entwicklung eines Informations- undKommunikationszentrums für junge Menschen“ am Beispiel Ivenack

VERBRAUCHERSCHUTZ ERNÄHRUNG LANDWIRTSCHAFT

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Schriftlich:Publikationsversand der BundesregierungPostfach 48 10 0918132 Rostock

Bonn, Mai 2005

IMPRESSUM

Herausgeber:Bundesministerium für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL)11055 Berlin

Autoren:Dr. Monika Putzing, Alexander KühlSÖSTRA Sozialökonomische StrukturanalysenGmbH, Berlin

Redaktion:

Scheunenberg 7 · 17153 IvenackTel. (039954) 2 57 34Fax (039954) 2 57 35E-Mail: [email protected]

Fotos:Regionales Jugendbüro IvenackFotos Jugendtag: Zelda Zonk

Satz, Layout, Kartografie,Druckmanagement:Lieps Verlag + Markting GmbHSchwedenstraße 25 · 17033 Neubrandenburg

Auflage: 5.000 Exemplare

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Junge Menschen gestalten ländliche Räume

Kapitel Seite

Vorbemerkung 05

Abwanderung der Jugend hinterfragtZukunftsfähigkeit ländlicher Regionen 05

Trotz Problemdruck wird nur unzurei-chend und nicht wirksam genug gehandelt 06

Neuer modellhafter Handlungsansatzsoll zur Übertragung anregen 06

Was vermittelt dieser Leitfaden undwen will er ansprechen? 07

1.

Das Modellprojekt „Entwicklung einesInformations- und Kommunikations-zentrums zur Gestaltung ländlicherRäume durch junge Menschen“ imÜberblick 09

1.1 Zielstellungen und Projektinhalte 09

1.2 Zielgruppen der modellhaften Projektarbeit 11

1.3 Regionalmanagement als methodi-scher Ansatz der Modellarbeit 11

1.4 Die Projektbeteiligten 12

1.5 Der regionale Kontext des Modellversuches 14

2.

Allgemeine Erfolgsfaktorender Projektumsetzung 17

2.1 Die institutionelle Umsetzungdes Modellprojektes 17

2.2 Inhaltlich-organisatorische Herangehensweisen 18

2.3 Die personelle Komponenteder Projektarbeit 23

3.

Projektaktivitäten – Zielstellungenund methodisches Herangehen 25

3.1 Verbesserung der Freizeitangebotemithilfe klassischer aber auch inno-vativer Ansätze 25

3.2 Verbesserung der Berufsperspektiven durch Seminare zur Berufsfrüh-orientierung 34

3.3 Einbeziehung junger Menschen indie Gestaltung ländlicher Räume 39

A) Zielgruppe: Regionale Akteure 41

Durchführung thematischer Workshops 41

Etablierung eines Runden Tisches „Jugendarbeit“ 44

Qualifizierung der Jugend- und Schulsozialarbeiter/innen 46

B) Zielgruppe: Jugendliche 48

Initiierung der JULEICA-Ausbil-dung in der Modellregion undModifizierung bestehender Kon-zepte 48

Vorbereitung und Durchführungdes ersten Jugendtages im Land-kreis Demmin 52

3.4 Aufbau der Jugendarbeit und Stär-kung regionaler Jugendverbands-strukturen 59

Beteiligung Ivenacker Jugendlicheran den Landjugendtagen in Wismarim Sommer 2002 59

Deutsch-Französisches Jugendtreffenim Juli 2004 60

4.

Zukunftsperspektiven des modell-haften Handlungsansatzes 63

!

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04 I 05

Das Ausmaß und die Strukturen der Abwan-derung junger Menschen aus ostdeutschenLandregionen signalisieren bereits heute unmit-telbaren Handlungsbedarf. Eine aktuelle Prog-nose des Berlin-Instituts zur Bevölkerungsent-wicklung diagnostiziert insbesondere für dasLand Mecklenburg-Vorpommern beträchtlicheVerwerfungen in der geschlechterspezifischenBevölkerungsstruktur. 2020 wird es hier, aberauch in anderen Landkreisen der neuen Bun-desländer, einen erheblichen Männerüberschussin der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigengeben, weil vorrangig Frauen und eben vorallem jüngere Frauen ihre Heimatregionen ver-lassen.1

Die Brisanz der Abwanderung der Jugendbesteht darin, dass sie heute zu einem gesell-schaftlichen Phänomen geworden ist und keineEinzelerscheinung darstellt. Im Interesse derZukunftsfähigkeit und Vitalität ländlicher Räumemuss darauf in einer Allianz aller gesellschaftli-chen Kräfte, also der von Bund, Ländern undvor allem der Regionen, reagiert werden.

Vorbemerkung

Abwanderung der Jugend hinter-fragt Zukunftsfähigkeit ländlicherRegionen

Die demografische Entwicklung vieler ländlicherRegionen Ostdeutschlands ist alarmierend,denn sie ist vor allem durch ein Merkmal ge-kennzeichnet – die Abwanderung von Jugend-lichen und jungen Erwachsenen.

Dieser Trend ist einerseits in die langjährigengenerellen Veränderungen der natürlichen Be-völkerungsentwicklung sowie der Wanderungs-bewegung eingebettet. Andererseits ist sie Aus-druck für besonders ungünstige Lebensbedin-gungen der jungen Generation. Wenn jungeMenschen aus ihren ländlichen Heimatregionenabwandern, hat das nicht nur die Konsequenz,dass viele von ihnen beispielsweise nach erfolg-reich absolvierter beruflicher Erstausbildungnicht wieder zurückkehren oder für sie die be-rufliche Integration nur außerhalb der Heimat-region gegeben ist.

Nachteilige Auswirkungen verbinden sich damitvor allem für die Perspektive: Die Bevölkerungaltert, und durch geschrumpfte nachwachsendeGenerationen beschleunigt sich der Trend zurVergreisung und entleeren sich nicht nur einzel-ne Dörfer sondern zum Teil ganze Landstriche.Auch das Erwerbspersonenpotenzial altert. AusSicht der Wirtschaft stellt das oft einen Stand-ortnachteil dar. Die demografische Entwicklungkann langfristig auch zu einem Nachwuchs- undFachkräftemangel führen. In einigen Bereichen –wie der Landwirtschaft – ist dieser bereits heutezu spüren. Das erschwert nicht nur betrieblicheNeuansiedlungen sondern auch die Existenzbe-dingungen bestehender Unternehmen. Somitziehen demografische Entwicklungen langfristignachteilige Konsequenzen für Wirtschaft, Ar-beitsmarkt und Sozialgefüge im ländlichen Raumnach sich. In der Endkonsequenz werden diedavon betroffenen Landregionen für junge Men-schen immer unattraktiver. Es vollziehen sich invielen ländlichen Gebieten der ostdeutschenBundesländer damit seit einiger Zeit Prozesse,die ihre Zukunftsfähigkeit in Frage stellen.

Vorbemerkung

1 Berlin Institut: Deutschland 2020. Die demografische Zukunft der Nation.Unter www.berlin-institut.de

!

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cen in regionale Entwicklungsprozesse einbrin-gen kann. Das versperrt oft die Möglichkeit fürengagierte Jugendliche, sich zu betätigen. Nichtselten ist es dieses Denken,das Jugendliche nichtan sich selbst glauben lässt und sie nicht ermu-tigt, eigenständig aktiv zu werden. Vor diesemHintergrund mangelt es vielen regionalen Ak-teuren auch an Konzepten, mit denen in Er-gänzung zu bisher Bewährtem neue Schrittegegangen werden könnten. Schließlich ist es oftauch die mangelnde Bereitschaft zum Risiko,sich Neuem zu stellen,was verhindert, der kom-plizierten Situation anders, vor allem aber mög-lichst wirkungsvoll gegenzusteuern. Damit ste-hen einer durchgreifenden Verbesserung derArbeits- und Lebensbedingungen für Jugend-liche auf dem Lande vielfältige Hemmnisse imWege: Neben wirtschafts- und arbeitsmarkt-strukturellen Gegebenheiten sind es nicht zu-letzt auch subjektive Sichtweisen maßgeblicherAkteure, die es im Interesse einer Problembe-wältigung zu überwinden gilt.

Neuer modellhafter Handlungsansatzsoll zur Übertragung anregen

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesminis-terium für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaft im Jahre 2002 das Modell-projekt „Entwicklung eines Informations- undKommunikationszentrums zur Gestaltung länd-licher Räume durch junge Menschen“ initiiert.

Eingedenk der Tatsache, dass die bisherigenStrukturen und Einzelangebote für Jugendlicheim ländlichen Raum offenbar unzureichend undwenig wirksam sind, der Landflucht zu begeg-nen, wurden zur Entwicklung praxisgerechterLösungswege neue methodische Herangehens-weisen erprobt, die vor allem darauf abzielensollen, Jugendlichen verbesserte Lebensbedin-gungen und ableitend daraus neue Lebenspers-pektiven in ihren Heimatdörfern zu eröffnen.Dazu nahm sich das Vorhaben insbesondere fol-gender Leitfragestellungen an:

Trotz Problemdruck wird nur unzu-reichend und nicht wirksam genuggehandelt

Dem Phänomen der Jugendabwanderung folgtein zweites: Während die Problematik als solcheauch in ihrer Tragweite be- und erkannt ist undin der Politik auf Ebene des Bundes, der Länderund der Regionen und Kommunen durchausthematisiert wird, besteht hinsichtlich einesGegensteuerns weiterhin Handlungsbedarf.

Insbesondere gilt es, für junge Menschen Le-bensperspektiven in den Dörfern zu entwickeln.Die besonderen Bedürfnisse und Belange derJugendlichen werden häufig nicht ausreichenderkannt. Oft ist das Bewusstsein dafür auch zuwenig ausgeprägt. Ebenso haben viele Jugendli-che selbst noch nicht erkannt, dass sie eineeigenständige Entwicklungsressource für ihreHeimatdörfer darstellen. So steht man dendemografischen Problemen vielfach recht hilf-los gegenüber. Oft werden die Kräfte dadurchvergeudet, indem die komplizierte Situationbeschrieben und beklagt wird. Es wird daraufverwiesen, dass mit dem herkömmlichenHerangehen keine wirklich durchgreifendenLösungen zu erreichen sind. Viel zu wenig wer-den die Ressourcen darauf konzentriert, neueIdeen und Herangehensweisen zu entwickelnund zu erproben, die ein wirksameres Gegen-steuern gestatten.

Für diese unbefriedigende Situation gibt es ver-schiedene Erklärungsansätze: All zu oft werdenfinanzielle Schwierigkeiten ins Feld geführt, diesuggerieren, dass man gerne würde, wenn mandenn nur könnte... Ungeachtet der angespann-ten Lage der öffentlichen Haushalte einerseitsund andererseits der Tatsache, dass Fragen derAbwanderung nicht allein auf der Ebene derDörfer und Landkreise lösbar sind, wirddadurch die Sicht auf tieferliegende Problemeverdeckt. Das betrifft die generelle gesell-schaftliche Einstellung gegenüber der Jugendund ihren Potenzialen.

Es herrscht nach wie vor ein Jugendbild in derGesellschaft vor, das dieser Gruppe keineHandlungs- und Mitwirkungskompetenz zubil-ligt. Jugendliche werden als Bedürftige und zuUmsorgende gesehen und nicht als eine Perso-nengruppe, die sich mit ihren eigenen Ressour-

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Mecklenburg-Vorpommern ist mit 76 Ein-wohnern pro Quadratkilometer das am gering-sten besiedelte aller deutschen Bundesländer.Damit zählt es gleichzeitig zu den struktur-schwächsten Gebieten der Bundesrepublik. DieAbwanderung der Bevölkerung und der Jugendinsbesondere hat inzwischen ein überdurch-schnittlich hohes Niveau erreicht. Insofern er-gibt sich hier eine Potenzierung demografi-scher, wirtschaftlicher, arbeitsmarktlicher undsozialer Probleme, die es als Modellregion prä-destinierten. Konkreter Projektstandort war imLandkreis Demmin die Gemeinde Ivenack. Hiernahm das mit dem Modell eingerichtete Regio-nale Jugendbüro Ivenack seinen Sitz (vgl. Abbil-dung 1).

Was vermittelt dieser Leitfadenund wen will er ansprechen?

Dieser Leitfaden vermittelt die im Rahmen desModellprojektes „Entwicklung eines Informa-tions- und Kommunikationszentrums zur Ge-staltung ländlicher Räume durch junge Men-schen“ gewonnenen Erfahrungen als Anregun-gen, Tipps und Empfehlungen für die ländlicheJugendarbeit.

Er versteht sich als Orientierung und prakti-sche Hilfestellung, mit welchen Aktivitäten undmethodischen Herangehensweisen die Jugend-arbeit mit ländlicher Regionalentwicklung fürbeide – die Jugendlichen wie auch die Region –sinnvoll und nutzbringend verknüpft werdenkann.

Viele der im Rahmen des Modellprojektes ent-wickelten Initiativen sind auch auf andereRegionen übertragbar. Soll diese Übertragbar-keit erfolgreich gelingen, ist eine Anpassung andie jeweiligen konkreten regionalen Rahmenbe-dingungen und Problemkonstellationen erfor-derlich. Das setzt eigene Kreativität, ein indivi-duelles Vorgehen der umsetzenden Personenaber auch das Einbringen der eigenen Erfah-rungen voraus. Im Interesse einer optimalenTransparenz und Offenheit wird ausdrücklichauch auf die im Modellversuch aufgetretenenProbleme verwiesen.

• Welche neuen Möglichkeiten gibt es, die Lebensbedingungen für Jugendliche in länd-lichen Regionen zu verbessern?

• Wie kann eine solche Identifikation und Verbundenheit mit der Heimat erreicht werden, die Jugendliche zum Bleiben bzw.zum Zurückkommen motiviert?

• Wie kann es gelingen, dass Jugendliche die Notwendigkeit erkennen, selbst etwas für die Entwicklung ihrer Region tun zu müs-sen und auch tun zu können?

• Welche Freiräume und Mitgestaltungsmög-lichkeiten benötigen sie, um an der Regio-nalentwicklung teilhaben zu können? Welche Partizipationsmodelle sind beson-ders jugendgemäß?

• Welche Effekte sind für die Jugendlichen,aber auch für die Entwicklung ihrer Heimat-dörfer erreichbar, wenn Jugendlichen Gele-genheitsstrukturen offen stehen, sich an derRegionalentwicklung aktiv zu beteiligen?

Um einer Lösung der bestehenden Problemenäher zu kommen, wurde nicht nur danach ge-fragt, was sondern auch wie dies zu bewerk-stelligen ist. Als neuer Ansatz stand dabei dieVerknüpfung von Jugendarbeit mit der Regio-nalentwicklung im Mittelpunkt. Gefragt wurdenicht nur, wie Regionalentwicklung zu gestaltenist, um Jugendlichen neue Lebensperspektivenvor Ort zu vermitteln. Erprobt wurde auch, wiedie Jugendlichen selbst an diesem Prozess aktivund eigenverantwortlich beteiligt werden, wiesie zu eigenem Handeln bewegt werden kön-nen.

Die Aktivitäten zur „Entwicklung eines Informa-tions- und Kommunikationszentrums zur Ge-staltung ländlicher Räume durch jungeMenschen“ wurden zwischen 2002 und 2004umgesetzt. Als Standort wurde angesichts derbesonderen Ausprägung der o. g. Problemebewusst eine ostdeutsche Landregion gewählt.Hier fiel die Entscheidung zugunsten des Bun-deslandes Mecklenburg-Vorpommern.

Vorbemerkung

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Daher richtet sich der Leitfaden vor allem ankommunalpolitische Gremien wie Gemeinde-vertreter/-innen und Abgeordnete des Kreis-tages, ebenso an politische Entscheidungsträ-ger-/innen wie Bürgermeister/-innen, und Land-räte/-innen. Angesprochen sind ferner Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter der Verwaltungen, die„von Amts wegen“ Berührung zum Themahaben z. B. die Vertreter/-innen des Jugend-amtes, Jugendpfleger/-innen, Jugendclubleiter/-innen wie ebenso die mit der Regionalent-wicklung und -planung beauftragten Personen.Auch Regionalmanager-/innen sollen Anregun-gen für ihre Arbeit erhalten. Alle ehrenamtlichTätigen, die etwas für und mit Jugendlichen inden Dörfern bewegen wollen, Interessenvertre-tungen für Jugendliche wie vor allem Landjugend-Organisationen und natürlich nicht zuletzt dieJugendlichen aus den Dörfern selbst sind herz-lich zum Nachschlagen eingeladen.

Angesprochen werden sollen aber nicht nur diebereits Aktiven bzw. zur Aktivität Entschlos-senen. Der Leitfaden will zugleich diejenigensensibilisieren, die sich gerade erst auf den Weggemacht haben, sich mit der kompliziertenProblematik auseinander zu setzen. Ihnen solldieser Leitfaden Mut machen und sie anregen,sich auf die skizzierten neuen Lösungspfade mitund für die Jugendlichen zu begeben. Der Leit-faden soll davon überzeugen, dass Jugendlichebereit und befähigt sind, sich mit den ihneneigenen Potenzialen an der ländlichen Regional-entwicklung aktiv zu beteiligen. Dazu benötigensie aber eine intensive Unterstützung sowieentsprechende Bedingungen vor Ort!

Damit soll nicht verschwiegen werden, wieschwierig und zeitintensiv sich die Umsetzungdes Projektkonzeptes gestaltet hat. Um interes-sierte Akteurinnen und Akteure nicht nur daraufeinzustimmen, dass die eine oder andere Hürdezu bewältigen sein wird, werden zugleich wert-volle Erfahrungen zur Problembewältigung zurVerfügung gestellt.

Mitunter ist trotz intensiver Bemühungen dergewünschte Erfolg auch nicht eingetreten. In die-sen Fällen wird zumindest hinterfragt, worin dieUrsachen zu sehen sind und welche anderenLösungswege in Frage kommen könnten. Dassoll Nachahmer/-innen helfen, Fehler und Irr-wege möglichst zu vermeiden und ihre Aktivi-täten zu optimieren.

Dieser Leitfaden wendet sich an ein breitesAkteursspektrum. Interessant dürfte er für alljene sein, die sich im weitesten Sinne mit Ju-gendarbeit einerseits und Regionalentwicklungandererseits, im Idealfalle in ihrer Verknüpfungbefassen – sei es beruflich, sei es ehrenamtlich.

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Aber auch die Lebensbedingungen gestalten sichaus der Sicht von Jugendlichen nicht immergünstig. Es gibt zwar seit vielen Jahren intensiveBemühungen, in den Dörfern Jugendtreffs zuerhalten, doch deren Angebote und auch dieÖffnungszeiten entsprechen nicht immer denWünschen und Bedürfnissen der jungen Gene-ration. Im kommerziel-len Bereich sind oft wei-te Wege zurückzulegen,um das Gewünschtewahr nehmen zu kön-nen. Das ist nicht nurmit Zeit, sondern auchmit finanziellen Aufwen-dungen (Fahrtkosten) ver-bunden. Auch einige Be-sonderheiten des Land-lebens widersprechendem Lebensgefühl vonso manchem Jugendli-chen.

Durch die Transparenzdes Dorflebens undauch durch die eineoder andere kulturelleTraditionen fühlen sichJugendliche teilweise ein-geengt. Schließlich gibtes junge Menschen, diegern dem nicht immermodernen Image desländlichen Raumes ent-fliehen wollen.

Angesichts dieser Le-bensrealität mit ihrenvielfältigen Einzelproblemen reichen eindimen-sionale Lösungsansätze nicht aus. Um den sehrkomplexen Problemlagen von Jugendlichen imländlichen Raum bedarfsgerecht entsprechen zukönnen, sind ebensolche komplexen, mehrdi-mensionalen Lösungsstrategien erforderlich.

Das Modellprojekt zur „Entwicklung einesInformations- und Kommunikationszentrumszur Gestaltung ländlicher Räume durch jungeMenschen“ 2 wurde zwischen Januar 2002und Dezember 2004 umgesetzt.

In den Jahren 2002/2003 lag die Trägerschaftbeim Bund der Deutschen Landjugend, imdritten Jahr der Laufzeit ging sie zur besse-ren Verortung an den LandjugendverbandMecklenburg-Vorpommern über. Gefördertwurde es durch das Bundesministerium fürVerbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-schaft. 2004 beteiligte sich das Ministeriumfür Ernährung, Landwirtschaft, Forsten undFischerei des Landes Mecklenburg-Vorpom-mern an der Finanzierung.

Nachfolgend wird das Modellprojekt von sei-nem konzeptionellen Ansatz her wie auchhinsichtlich seiner methodischen Umsetzungvorgestellt:

1.1 Zielstellungen und Projektinhalte

Die Motive, die Jugendliche zum Weggehen ausihrer Heimatregion veranlassen, sind vielfältig.In erster Linie sind es wohl die unzureichendenAusbildungs- und Erwerbsmöglichkeiten, dieviele junge Menschen zu diesem Schritt drän-gen. Für viele von ihnen stellt sich diese Fragebereits an der Schwelle zur beruflichen Erstaus-bildung infolge des geringen Angebotes an be-trieblichen Ausbildungsmöglichkeiten und deseingeschränkten Spektrums an Ausbildungs-plätzen – so fehlen hier vor allem Angebote zurAusbildung in den innovativen Branchen und inden neuen Berufen. Nach erfolgreich absolvier-ter Berufsausbildung ist es im ländlichen Raumebenfalls auf Grund seiner Strukturschwächesehr kompliziert, einen Arbeitsplatz zu finden.Zudem ist das Einkommensniveau geringer.

11. Das Modellprojekt „Entwicklung eines Informations- und Kommunikationszentrumszur Gestaltung ländlicher Räume durch junge Menschen“ im Überblick

1. Das Modellprojekt „Entwicklung eines Informations- und Kommunikations-zentrums zur Gestaltung ländlicher Räume durch junge Menschen“ im Überblick

2 Im Folgenden werden anstatt des vollen Titels „Informations- und Kommu-nikationszentrum zur Gestaltung ländlicher Räume durch junge Menschen“auch die Begriffe „Zentrum“ oder „Regionales Jugenbüro“ synonym verwandt.

Eröffnung am 17. Mai 2002

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3.

Um künftig besser in der Lage zu sein, die eigenen Interessen wahr zu nehmen und sichaktiv in regionale Entwicklungs- und Gestal-tungsprozesse einbringen zu können, sollte das Modellprojekt dazu beitragen, Jugendli-chen den Zugang zur „Welt der Politik“zu eröffnen.

Durch die Übergabe von Verantwortung oder die Erprobung von Mitbestimmungs-mechanismen sollten Jugendliche an die Funktionsweise politischer Prozesseherangeführt werden. Das sollte die Be-teiligten in die Lage versetzen, sich in dieLokal- und Regionalpolitik mit selbst ent-wickelten Forderungen und Vorstellungeneinzubringen. Im Rahmen des Modellprojek-tes konnten sich Jugendliche in geschützterAtmosphäre politischen Fragestellungennähern und mit Zusammenhängen der Ge-staltung des unmittelbaren Lebensumfeldesund politischem Engagement vertraut ge-macht werden.

4.

Schließlich verfolgte das Modellprojekt als eigenständiges Ziel, Jugendlichen Einblicke in die organisierte Verbandsarbeit unddie mit ihr verbundenen Gestaltungsmöglich-keiten zu vermitteln.

Perspektivisch wird damit angestrebt, die Trägerorganisation zu stärken, indem Jugend-verbandsstrukturen und Interessen-vertretungen in der Modellregion auf-und ausgebaut werden.

ein leitfaden

3 Nähere Ausführungen dazu sind im Kapitel 3 enthalten.4 Nähere Ausführungen dazu sind im Kapitel 3 enthalten.

Demzufolge wurde für das Modellprojekt einbreiter Handlungsansatz gewählt, der die Ju-gendlichen sowohl in ihrer Differenziertheit alsauch in der Vielfalt ihrer Lebens- und Problem-lagen berücksichtigt. Entsprechend wurden viereinerseits eigenständige, andererseits aber zu-gleich eng ineinandergreifende Zielkatego-rien gewählt:

1.

Im Wertesystem Jugendlicher steht eine in-teressante, abwechslungsreiche und sinnvolle Freizeitgestaltung oft an vorderster Stelle.Dem Rechnung tragend stellte die Verbes-serung der Freizeitangebote für Ju-gendliche eine eigenständige Zielstellung des Modellprojektes dar.

Dabei sollte Jugendlichen vor allem vermit-telt werden, dass und wie auf Eigeninitiative fußende Ideen einer aktiven Freizeitgestal-tung realisierbar sind. 3

2.

Eine ganz zentrale Grundlage für den Ver-bleib junger Menschen in der Region ist ihre berufliche Integration. Im Allgemeinen sind Jugendliche jedoch kaum orientiert, welche Berufe ihren Neigungen und Fähigkeiten ent-sprechen. Zudem fehlt es ihnen oft an Infor-mationen zu beruflichen Möglichkeitenin der Region.

Durch die Bereitstellung von Informationen,individuellen Hilfestellungen und dem Ange-bot von Seminaren mit qualifizierenden In-halten und Betriebsbesichtigungen war es ein weiteres Anliegen des Modells, die Ausbil-dungs- und Berufsperspektiven junger Men-schen in der Region zu fördern. Dabei galt es gegenüber den herkömmlichen Formen der Berufsfrühorientierung und -beratung alter-native, den individuellen Bedürfnissen der Jugendlichen besser entsprechende Ansätze zu finden und zu erproben.Ein wichtiger Aspekt dabei war die Ver-knüpfung von Angeboten der Berufs-frühorientierung und -beratung mitElementen der eher klassischen Ju-gendarbeit. 4

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Anzuzweifeln war ferner, dass bereits alleReserven in der Region ausgeschöpft warenund dass Klarheit darüber bestand, welcheneuen Akzente unter den gegebenen Bedin-gungen noch zu setzen möglich sind. Dabei soll-te es vorrangig um die Frage gehen, was in derArbeit mit und für Jugendliche erreicht werdenkann, wenn die Potenziale zusammengeführtund die vorhandenen Ressourcen besser auf-einander abgestimmt werden.

1.3 Regionalmanagement als metho-discher Ansatz der Modellarbeit

Methodisch orientierte sichdas Modellprojekt auf denAnsatz des Regionalmanage-ments. Dieser wurde be-wusst gewählt, weil er dieunterschiedlichsten ideel-len, materiellen und finan-ziellen Ressourcen einerRegion zu bündeln vermag.Angeknüpft wurde an denvielen positiven Ergebnis-sen, die in den letzten Jah-ren in zahlreichen Landre-gionen durch diesen Hand-lungsansatz erreicht werdenkonnten. Allerdings fand dieZielgruppe „Jugendliche“bislang kaum gesonderte Berücksichtigung beiden Aktivitäten von Regionalberatern/-innen.

Das Modell stellte sich daher die Frage, ob undinwieweit die Methoden, Mittel und Instrumen-te von Regionalberatung bzw. Regionalmanage-ment geeignet sind, die Zielstellungen des Mo-dellprojektes zu erreichen. Dabei war insbe-sondere die Frage zu beantworten, welche neu-en Gestaltungsspielräume sich mit diesem Her-angehen für die Problembewältigung eröffnen.

In dieser Komplexität war das Modellprojektbestrebt, insbesondere durch die Schaffung ent-sprechender Beteiligungsmöglichkeiten und-strukturen als methodischer Ansatz einenBeitrag zu leisten, die vor-Ort-Bedingungen fürdas Leben und Arbeiten Jugendlicher zu verbes-sern und dadurch den Verbleib in der Heimat-region attraktiv zu machen.

Wie die Ziele und Inhalte des Projektes bele-gen, ist es viel breiter angelegt, als sein Titel„Entwicklung eines Informations- und Kommu-nikationszentrums zur Gestaltung ländlicherRäume durch junge Menschen“ zunächst er-warten lässt. Das Regionale Jugendbüro Ivenackunterliegt nicht dem klassischen Verständnisund der allgemein üblichen Ausprägung vonJugendzentren oder Jugendclubs in den Dör-fern. Es versteht sich vielmehr als ein Zentrum,von dem Aktivitäten mit und für Jugendlicheausgehen, als Dreh- und Angelpunkt neuerDenk- und Handlungsansätze, wenn es umLandjugendliche geht und dabei insbesondereals Initiator in mehrfachem Sinne: sensibilisie-rende, bewusstsein-schaffende, impulsgebende,ideengebende und umsetzende Instanz zugleichzu sein.

1.2 Zielgruppen der modellhaften Projektarbeit

Zur Erreichung des ambitionierten Anspruchesrichtete sich das Modellprojekt an zwei Ziel-gruppen:Einerseits wandte es sich an die Jugendlichenselbst. Andererseits orientierte es sich auf alljene regionalen Akteurinnen und Akteure, dieentweder beruflich oder aus privaten Interes-sen heraus Berührungspunkte zu den Themen-komplexen „Jugendliche“ und „Regionalent-wicklung“ hatten. Und zugleich verstand sichdas Modell als Mittler zwischen Jugendlichenund dem regionalen Akteursspektrum.

Die zweite Zielgruppe war insofern zwingendeinzubeziehen, weil nur mit ihrer Hilfe in derRegion verbesserte Rahmenbedingungen fürdie Entwicklung von Jugendlichen zu setzensind. Zudem war fraglich, ob diese dafür ausrei-chend sensibilisiert waren und ob die Schwer-punkte immer richtig gesetzt waren.

1. Das Modellprojekt „Entwicklung eines Informations- und Kommunikationszentrums zur Gestaltung ländlicher Räume durch junge Menschen“ im Überblick

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• Inwieweit sind die sich bewerbenden Per-sonen mit den Interessen und Bedürfnissen von Jugendlichen vertraut?

• Haben sie Erfahrungen in der Jugendarbeit,Jugendverbandsarbeit, offenen Jugendarbeit?

• Haben sie einen Bezug zum ländlichen Raum?

• Haben die Bewerber/-innen Kenntnisse undErfahrungen auf dem Gebiet der Regional-entwicklung und -planung?

• Inwieweit sind bei ihnen die wichtigsten Regionalmanagement-Kompetenzen aus-geprägt? Verfügen sie über Eigenschaftenwie Verhandlungsgeschick, Moderations-fähigkeit, Konfliktmanagement, Personal-führung, Budgetverwaltung und ähnliches?

• Haben die Bewerber/-innen Erfahrungen mit Öffentlichkeitsarbeit?

• Können die Bewerber/-innen die erforder-liche (zeitliche und verkehrstechnische)Mobilität gewährleisten?

Die Stellenbesetzung auf Grundlage einesgründlichen Eignungs-Checks ist auch für Vor-haben unverzichtbar, die unmittelbar aus derRegion entstehen und für deren UmsetzungPersonen aus dem regionalen Umfeld einge-setzt werden sollen.

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dassPersonen aus „Gefälligkeit“ oder aus gutemGlauben heraus mit Aufgaben betraut werden,für die sie bei näherer Betrachtung eigentlichnicht geeignet sind. Guter Wille und Fleiß rei-chen hierfür nicht aus, sondern es bedarf einesgenau auf die Aufgaben zugeschnittenen Kom-petenzspektrums.

Wenn die Eignung nicht gewährleistet ist, be-steht die Gefahr, dass ein Vorhaben nicht imgewünschten Maße gelingt, im schlechtestenFalle misslingt bzw. abgebrochen werden muss.

Auch wenn von vornherein fest stand, Instru-mente und Methoden der Regionalberatungzum Tragen kommen zu lassen, war dennochnicht vorgegeben, wie die vier Zielkategorienim Konkreten umzusetzen waren. Dieser offe-ne Charakter war bewusst gewählt worden, umdie Kreativität zu fördern und Neues zu testen.Er diente den Beteiligten zugleich dazu, imRahmen einer Selbstevaluierung immer wiederzu hinterfragen, was im Projektverlauf wie ge-wünscht oder eben weniger gut verläuft. Dashat den Blick dafür geschärft, inwieweit einUmsteuern im Prozessverlauf erforderlichwurde. Der Verlauf des Modellprojektes sprichtdafür, dass bei einem offenen Charakter einer-seits und bei klaren Zielvorgaben andererseitsdie Umsetzung ergebnisorientiert und erfolg-reich gelingen kann.

Auch wenn im Rahmen des ModellprojektesMethoden, Mittel und Instrumente von Regio-nalberatung bzw. Regionalmanagement imMittelpunkt standen, kann nach dreijährigerProjektlaufzeit eindeutig festgestellt werden,dass diese auch von anderen Akteurinnen undAkteuren übernommen und erfolgverspre-chend angewandt werden können.

1.4 Die Projektbeteiligten

Zur Umsetzung des Modellprojektes wurdenzwei Personen eingesetzt, die aus Projektmit-teln finanziert wurden.

! Praxis-Tipp

Da von diesen Personen die gesamte vor-Ort-Arbeit zu leisten war, hing – wie bei anderenAktivitäten auch, egal ob auf haupt- oder ehren-amtlicher Basis – von deren „richtiger“ Auswahlmaßgeblich der Erfolg ab.

Hier hat sich als eine wichtige Erfahrung erwie-sen, für die Personalauswahl über klare Vorstel-lungen, möglichst konkrete Kriterien zu verfü-gen. Die Auswahlkriterien sollten sich nichtallein auf das Hinterfragen der fachlichen Eig-nung beschränken, sondern die Persönlichkeitder sich bewerbenden Personen in der Ge-samtheit erfassen. Es sollten vor allem folgendeAspekte zugrunde gelegt werden:

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! Praxis-TippWerden Personen eingestellt bzw. ehrenamt-lich mit einer Aufgabe betraut, die in denVorbereitungsprozess nicht integriert waren,dann kann dies aber nicht als gegeben voraus-gesetzt werden.Die im Modell praktizierte ausführliche undumfassende Einführung der ausgewählten Per-sonen, verknüpft mit einem kontinuierlichenMeinungs- und Erfahrungsaustausch, hat sichsehr positiv auf den Projektverlauf ausgewirkt.Im Ergebnis dieses Schrittes entstanden eineIdentifikation und ein Selbstverständnis gegenü-ber dem Aufgabenprofil, das dem Anliegen desVorhabens entsprach. Personen, die von ihrerAufgabe zu wenig wissen oder nur unzurei-chend von ihr überzeugt sind, werden nur ge-ringe Ausstrahlungskraft auf Multiplikatoren/-innenwirkung erzielen.

! Praxis-Tipp

Je schwieriger eine Aufgabe ist, um so wichtigerist es, die umsetzenden Personen nicht allein zulassen. Die Diskussion der bereits geleisteten,vor allem aber der anstehenden Arbeit hilft, denProjektalltag besser bewältigen zu können.Ebenso ist eine praxisorientierte Beratung alsElement der Qualitätssicherung zu betrachten.

Diese Funktion übernahmen im Modellprojektregelmäßige Teamberatungen. 5 Darunter sindZusammenkünfte des Trägers mit den für dieUmsetzung vor Ort eingestellten Projektver-antwortlichen, der zuständigen Vertreterin desBundesministeriums für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft sowie der Ein-richtung, die mit der wissenschaftlichen Be-gleitung des Modellprojektes 6 beauftragt wur-de, zu verstehen. Initiativen, die außerhalb einesModellprojekt-Kontextes stehen,werden sicher-lich nicht die o. g. Teamzusammensetzung auf-weisen, sie sollten sich aber vergleichbareKonsultationsgremien schaffen. Dafür solltemöglichst ein kleiner Kreis kompetenter, in derRegion aber auch weithin akzeptierter Perso-nen zusammengestellt werden, der als effizien-tes und flexibles Beratungsgremium fungierenkann und für den es keine thematischen Tabusgibt. Offenheit und gegenseitiges Vertrauenmuss die Atmosphäre derartiger Gremienkennzeichnen, wenn sie ihre Aufgabe voll aus-füllen sollen.

! Praxis-TippEs ist wichtig – so eine weitere Erfahrung – ,dem Bewerbungsverfahren ausreichend Zeiteinzuräumen. Überstürzte Entscheidungenbringen nichts und können sich sogar nachteiligauf die Umsetzung von geplanten Maßnahmenauswirken. Es ist besser, gründlich nach geeigne-ten Kandidaten/-innen zu suchen und daraufunter Umständen auch mehr Zeit zu verwen-den, als pünktlich zum offiziellen Starttermin„irgendeine“ Person präsentieren zu können.Dies ist auch immer dann wichtig, wenn eigen-ständig und selbstverantwortlich agiert werdenmuss. Das setzt seitens des Trägers ein hohesVertrauen in die mit der Aufgabe betrautenPersonen voraus.

Gefunden wurden letztlich zwei Personen, dieursprünglich aus der Region stammten, wenn-gleich nicht direkt aus dem Modell-LandkreisDemmin. Positiv schlug ebenfalls zu Buche, dasssie die Region kannten und mit der Mentalitätder dort lebenden Bevölkerung vertraut waren.

Die Sprache der Menschen zu sprechen, er-weist sich oft als eine wichtige Voraussetzung,um Zugang und Akzeptanz zu erreichen. DieProjektverantwortlichen waren durch Ausbil-dung und Beruf einige Jahre fern ihrer Heimatansässig. Dies wiederum brachte den Vorzugmit sich, anderswo gesammelte Sichten undErfahrungen in das Projekt einbringen zu kön-nen und nicht „betriebsblind“ zu sein. Die ge-lungene Mischung aus regionaler Verwurzelungund einer gewissen Distanz hat sich als sehrpositiv erwiesen.

Oftmals wird es als selbstverständlich betrach-tet, dass die von einem Träger mit der Um-setzung eines Vorhabens beauftragten Personendie Projektintentionen verinnerlicht haben.Dabei wird häufig unterstellt, dass diese in glei-cher Weise wie der Träger über Kenntnisse zumVorhaben verfügen und mit diesem ebenso wieer verwachsen sind.

1. Das Modellprojekt „Entwicklung eines Informations- und Kommunikationszentrums zur Gestaltung ländlicher Räume durch junge Menschen“ im Überblick

5 Auf diesen Treffen wurde in offener und kreativer Atmosphäre der Stand derProjektarbeit erörtert und eingeschätzt, es wurden weitere Arbeitsschwer-punkte festgelegt, Probleme diskutiert und gemeinsam Lösungen erarbeitet.Der Turnus für diese Zusammenkünfte wurde vom Bedarf abhängig gemacht.Aber die Abstände zwischen den Sitzungen waren in der Regel nie größer alsdrei Monate. Im Vorfeld wurde eine Tagesordnung festgelegt, sodass alle Be-teiligten gut vorbereitet waren.

6 Mit der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojektes war das BerlinerForschungsinstitut Sozialökonomische Strukturanalysen / SÖSTRA GmbHbeauftragt worden.

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Jugendlicher sowie ihrer wirtschaftlichen, ar-beitsmarktlichen und sozialen Problemlagen.Das ließ eine erste Eingrenzung auf das Bun-desland Mecklenburg-Vorpommern zu. DerGrobauswahl auf Ebene des Bundeslandes mus-ste aber eine weitere Konkretisierung desStandortes folgen. Bei der Entscheidung für dieGemeinde Ivenack im Landkreis Demmin (sieheAbbildung 1) schlug letztlich das Interesse unddie Unterstützungsbereitschaft des Bürgermeis-ters zu Buche. Maßgeblich war zudem das Vor-handensein einer baulich geeigneten und imDorf etwas abgelegenen, aber dennoch guterreichbaren Immobilie, in der das Zentrum,das heutige Regionale Jugendbüro Ivenack,errichtet werden konnte. In der Rückschaubleibt festzuhalten, dass vor allem die Wahl deskonkreten Projekt-Standortes sehr aufwändigwar, da intensive Recherchen erforderlich wa-ren. Als hilfreich haben sich Kontakte zu Ko-operationspartnern/-innen erwiesen, die Tippsund Empfehlungen gaben.

1.5 Der regionale Kontext des Modellversuches

Das Modell sollte aufgrund seiner Aufgabenstel-lung innerhalb eines bestimmten regionalen Be-zuges umgesetzt werden. Die Wahl fiel bewusstauf eine periphere, strukturschwache Region, inder sowohl hinsichtlich der Jugendarbeit alsauch der Regionalentwicklung ein erheblicherHandlungsdruck gegeben war.

Insofern war davon auszugehen, dass das Mo-dell unter vergleichsweise schwierigen Bedin-gungen realisiert werden musste. Für die Über-tragbarkeit der Ergebnisse wurde dies aber alsein entscheidender Vorzug betrachtet: Wasunter ungünstigen Bedingungen funktioniert,dürfte sich erst recht unter einfacheren Bedin-gungen gut realisieren lassen.

Das Auswahlverfahren der Modellregion orien-tierte sich zunächst an objektiven Kennziffernwie der Bevölkerungsdichte, der Abwanderung

ein leitfaden

Übersicht 1:Ausgewählte Kennziffern zur Charakterisierung der sozioökonomischen Lage im Landkreis Demmin

Bevölkerung

Bevölkerungsdichte 47 Einwohner/km2 [M.-V.: 76 E / km2]

Bevölkerungsentwicklung 1990: 103.406 Einwohner

in den Jahren 1990 -2002 2002: 91.216 Einwohner

Wanderungssaldo (2002) -14 / je 1.000 Einwohner (-1.286 Einwohner insges.)

Wanderungsbewegungen nach Alter (bis unter 30 Jahre)

und Anteil am Wanderungsgeschehen insgesamt 2000-2002: -1004 Einwohner (78 Prozent)

Erwerbstätigkeit

Arbeitslosenquote (Feb. 2004) 32,2 Prozent (13.769 Personen)

Anteil Langzeitarbeitsloser (Feb. 2004) 45,7 Prozent (6.303 Personen)

Arbeitslose unter 25 Jahren (Feb. 2004) 9,9 Prozent (1.366 Personen)

Arbeitsplatzdichte (Erwerbstätige im Inland je 1.000 Arbeitsplatzdichte (1999): Wirtschaftsleistung (1999):

Einwohner) und Wirtschaftsleistung: (Bruttoinlands- Landkreis Demmin: 348 Landkreis Demmin: 12.504 EUR

produkt in jeweiligen Preisen je Einwohner) Mecklenb.-Vorp.: 413 Mecklenb.-Vorp.: 16.500 EUR

Deutschland: 468 Deutschland: 24.650 EUR

Pendlersaldo (2001) -5.568 Personen

1000jährige Ivenacker Eiche

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Abbildung 1:Geografische Lage der Modellregion im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern

1. Das Modellprojekt „Entwicklung eines Informations- und Kommunikationszentrums zur Gestaltung ländlicher Räume durch junge Menschen“ im Überblick

Scheunenberg 7 · 17153 IvenackFon (039954) 2 57 34Fax (039954) 2 57 [email protected]

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ein leitfaden

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Mit der Einrichtung des Zentrums wurde auchder Arbeitsplatz für die Projektverantwortli-chen geschaffen. Hier bekamen sie einen eige-nen Raum, in dem die erforderliche Technik wiePC mit Internetanschluss,Telefon und Faxgerätzur Verfügung standen. Ein vollständig eingerich-teter Büroraum gestattete die Unterbringungvon Projektdokumenten und Materialien.

Zum anderen gehörte zumindest in den erstenbeiden Jahren auch ein Projektbeirat zur Ar-beitsstruktur des Modells. Originäre Aufgabedieses Gremiums ist die aktive Unterstützungdes Projektes insbesondere in der Region. Mitseiner Hilfe kann vor allem die politische Veran-kerung des Modells erreicht werden. Der imBeirat gebündelte Sachverstand kann helfen,Lösungsansätze für aufgetretene Probleme zudiskutieren, und seine institutionelle Anbindungkann dafür Sorge tragen, diese praktisch umzu-setzen. Entsprechend sorgfältig und vielschich-tig sind die Mitglieder dieses Gremiums auszu-wählen.Der Beirat sollte einmal im Halbjahr amProjektstandort tagen.

Eine grundlegende Fragestellung, vor der dasModellprojekt stand, war, wie möglichstschnell die erforderliche Akzeptanz und Ver-ankerung in der Projektregion gelingen kann.Die Problematik der regionalen Verortungstellt sich vor allem für Aktivitäten, die „vonaußen“ initiiert werden und in ein bestimm-tes regionales Umfeld „hineingetragen“ wer-den sollen.

Werden Initiativen mit einem regionalenBezug aus der Region selbst hervorgebracht,stellt sich diese Frage vermutlich nicht in dergleichen Weise wie bei externen Vorhaben,aber auch in diesem Falle besteht dasErfordernis, sich für neue Ideen Gehör undAkzeptanz zu verschaffen, um die entspre-chende Unterstützung zu erreichen. Unterdiesem Aspekt werden nachfolgend verallge-meinerbare methodische Handlungsansätzeaufgezeigt, die es bei der Durchsetzungneuer Ideen zu berücksichtigen gilt.

2.1 Die institutionelle Umsetzung des Modellprojektes

Wenn es um Verortung geht, dann kommt deminstitutionellen Aspekt eine wichtige Rolle zu.Im Modellprojekt „Entwicklung eines Informa-tions- und Kommunikationszentrums zur Ge-staltung ländlicher Räume durch junge Men-schen“ wurde dieser Problematik durch zweiHandlungsansätze entsprochen:

Zum einen ging es um den Sitz der Projekt-verantwortlichen – in diesem Falle der Regio-nalmanagerin und des Regionalmanagers. VonAnfang an war klar, dass die Projektarbeit nurdann erfolgreich verlaufen wird, wenn die um-setzenden Personen auch unmittelbar vor Ortihren Sitz haben, hier möglichst sogar wohnen.

22. Allgemeine Erfolgsfaktorender Projektumsetzung

2. Allgemeine Erfolgsfaktoren der Projektumsetzung

Das Regionale Jugendbüro Ivenack

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2.2 Inhaltlich-organisatorische Herangehensweisen

Neben institutionellen Aspekten meint Veror-tung aber auch, wie ein „extern“ initiiertesVorhaben auch inhaltlich-organisatorisch ambesten Fuß fassen kann.

• Durchführung einer Regionalanalyseund Ableitung von Handlungsbedarfen

Ein erster wichtiger Schritt muss darin beste-hen, die Modellregion im Rahmen einer detail-lierten Regionalanalyse genau kennen zu lernen,ihre Stärken und Schwächen zu identifizieren,um entsprechenden Handlungsbedarf abzulei-ten. Das dient dazu, sich über die Region zuinformieren, Problemlagen auszuloten, Akteuremit ihrem Aufgaben- und Interessenspektrumsowie ihren Verantwortlichkeiten und natürlichauch die Jugendlichen selbst kennen zu lernen.

Wichtig für das Modellprojekt war zudem, dasin der Region vorherrschende Meinungsbildeinzufangen. Von Interesse war, etwas darüberzu erfahren, welche Angebote es vor Ort fürJugendliche gibt, inwieweit dabei innovative An-sätze praktiziert werden, wie die Gruppe derJugendlichen als Akteur gesehen wird, und nichtzuletzt galt es zu erfahren, wie die Stimmungs-lage in Bezug auf das Modellvorhaben selbst ist– eher offen und kooperativ oder eher abwar-tend und distanziert-pessimistisch. Um sichüber die Region ein erstes Bild zu machen, wur-den verschiedene Zugänge genutzt: Ein Elementwar das intensive Studium der regionalenTagespresse. Hilfreich war auch, dass die Pro-jektverantwortlichen ihren Wohnort in die Re-gion verlegten, wenngleich nicht direkt in dieGemeinde Ivenack.

Um die Region systematisch zu erschließen,wurde gleich in den ersten Wochen nach Pro-jektstart eine Vorstellungs-Runde durch die Pro-jektverantwortlichen absolviert. Die Wahl fielzunächst auf jene Akteure/-innen, die zum dama-ligen Zeitpunkt als die wichtigsten Koopera-tionspartner/-innen betrachtet wurden. Dasstellte einen gewissen Einstieg in das regionaleAkteursspektrum dar, und wie erhofft, wurdendarüber im Folgenden weitere Kontakte ver-mittelt.

! Praxis-TippFür vergleichbare Vorhaben sind derartigeGremien zu empfehlen. Je nach Art und Dimen-sion beabsichtigter Initiativen sind dabei durch-aus auch andere Konstruktionen denkbar.

Beispielsweise kann die skizzierte Funktion auchvon einem Trägerverein oder einem Freundes-kreis wahrgenommen werden. Um die ange-strebte Wirksamkeit derartiger Institutionen zuerreichen, ist zu gewährleisten, dass möglichstall jene regionalen Akteur/-innen einbezogenwerden, die für das Gelingen des Vorhabensmaßgeblich sind.

! Stolpersteine

Das Modellprojekt vermittelt beispielsweise dieErfahrung, dass es schwierig war, mit der Ju-gendthematik Vertreter/-innen aus der Wirt-schaft und der Politik für die Mitarbeit im Pro-jektbeirat zu erreichen.

Sicherzustellen ist daher für eine aktionsgebun-dene Gremienarbeit, dass vor allem jene Per-sonen darin eingebunden werden, die über Ent-scheidungsbefugnisse und damit die erforderli-che Durchsetzungskraft verfügen. Denn letzt-lich können Empfehlungen oder Beschlüsse nurso zur Umsetzung gebracht werden.

Im Modellprojekt hat sich das von einigen Bei-ratsmitgliedern praktizierte Stellvertreterprin-zip als problematisch erwiesen. So wurden vonden institutionellen Beiratsmitgliedern teilweiseMitarbeiter/-innen zu den Sitzungen entsandt,die zwar über Sach- aber keine Entscheidungs-kompetenzen verfügten. Unter diesen Bedin-gungen gelang zwar ein interessanter Meinungs-und Erfahrungsaustausch, die Umsetzungsre-levanz war aber nicht gewährleistet. Um solcheProbleme zu vermeiden, müssen im Vorfeldklare Absprachen mit den Projektpartnern/-in-nen getroffen werden. Dazu gehört, sich aufeine Zielstellung für dieses Gremium zu ver-ständigen. Die Beteiligten müssen auch wissen,was von ihnen erwartet wird, wenn sie fürdiese Gremien gewonnen werden sollen. Eben-so sind die konkreten Aktivitäten der Beirats-mitglieder verbindlich zu vereinbaren.

ein leitfaden

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Wenngleich die Regionalanalyse in jedem Falleeine zentrale Einstiegsbedingung darstellt, sobleibt sie eine durchgängige Aufgabe währendder gesamten Projektlaufzeit. Dieses Erforder-nis ergibt sich beispielsweise durch einen per-sonellen Wechsel in einem Verwaltungsbereichoder weil ein neuer Akteur in der Region Fußfasst. Dadurch können sich kurzfristig die Um-setzungsbedingungen verändern – und positivoder negativ beeinflusst werden. Auf derartigeWandlungen muss umgehend reagiert werden.Das ist wichtiger Bestandteil der Qualitäts-sicherung.

• Entwicklung einer Handlungsstrategie

Um ein ziel- und ergebnisorientiertes Handelnder Projektverantwortlichen zu gewährleisten,galt es eine Strategie zu entwickeln. Im mo-dellhaften Projektgeschehen kristallisierten sichfolgende Verfahrensweisen als zentrale Elemen-te heraus:

Erstens: Mit der ursprünglichen Festlegung derAufgabenstellungen war zwar eine wichtige Ori-entierung für die modellhafte Projektarbeit ge-geben, es bedurfte aber dennoch einer Präzi-sierung und Konkretisierung der zunächstrecht allgemein gehaltenen Zielstellungen. Dieswar unter mehreren Gesichtspunkten notwen-dig. Zum einen waren anfänglich nur grobe, ver-gleichsweise allgemein gehaltene Zielstellungenfür das Projekt vorgegeben.Diese galt es nun zupräzisieren. Zum anderen war es erforderlich,die Projektziele an die regionalen Bedingungenanzupassen. Sicherlich sind Visionen sinnvoll,aber sie müssen letztlich als praktisch umsetz-bare und erreichbare Einzelziele definiert wer-den. Das ist nicht nur für die Motivation derUmsetzenden, sondern auch für die Glaubwür-digkeit und Akzeptanz des gesamten Projektesin der Region wichtig. Auch für diesen Schritthaben sich die gemeinsamen Teamberatungen alsein wichtiges Arbeitsinstrument erwiesen.

Die Ausdifferenzierung der Zielvorstel-lungen erfolgte ein halbes Jahr nach Beginnder Projektarbeit als Brainstorming bei einerTeamberatung.

In Bezug auf die Regionalanalyse kam dem Mo-dell der Umstand zugute, dass ihm eine wissen-schaftliche Begleitung zur Seite stand. Ihre Auf-gabe war unter anderem, eine Regionalanalysevorzunehmen und in Form eines Berichtes zurVerfügung zu stellen. 7

Resümierend lässt sich festhalten, dass sich diegewählte Synthese zwischen Kennenlernen derRegion, ihrer Probleme und Akteure, Vorstel-lung des Projektvorhabens und unmittelbarerKontaktaufnahme zu potenziellen Partnern/-innen als günstiger „Einstieg“ in die Region er-wiesen hat. Dieser multifunktionale Charakterdürfte die Anlaufphase des Modellprojektes be-schleunigt haben. Hilfreich für vergleichbareInitiativen wären sicherlich auch eine Auftakt-veranstaltung und eine von Beginn an breiteund intensive Öffentlichkeitsarbeit.

! Praxis-Tipp

Diese analytische Arbeit ist auch für Projekt-initiativen unverzichtbar, die aus der Regionselbst entstehen. Wenngleich sich dieser Auf-wand durchaus minimieren lässt, weil eineumfangreiche Regionalkenntnis vorliegt und fürganz konkrete Sachvorhaben sicherlich nichtimmer eine allumfassende Regionalanalyse er-forderlich ist, sollte der dafür erforderliche Auf-wand dennoch nicht unterschätzt werden.

Die für eine konkrete Initiative relevanten Da-ten und Fakten zusammenzutragen, stellt kei-nen Selbstzweck dar, sondern soll helfen, ande-re Akteure/-innen vom eigenen Anliegen zuüberzeugen und zur Unterstützung zu gewin-nen. „Harte“ Argumente erweisen sich in derRegel als sehr hilfreich, den bestehenden Hand-lungsbedarf überzeugend zu vermitteln. Auchein über eine Umfrage mögliches Meinungsbildder Bevölkerung kann helfen, die notwendigeAkzeptanz und aktive Unterstützung zu errei-chen. Und noch ein interessanter Nebeneffektentsteht: Oft wird das relevante Wissen erst-mals strukturiert aufgearbeitet, und alle Inte-ressierten haben die Möglichkeit, den gleichenInformationsstand zu erlangen. Auch das hilft,andere für die eigene Idee zu sensibilisieren undzum Mitmachen zu bewegen.

2. Allgemeine Erfolgsfaktoren der Projektumsetzung

7 Vgl. SÖSTRA GmbH: Der Landkreis Demmin. Zu Chancen und Risiken für Jugendliche auf dem regionalen Ausbildung- und Arbeitsmarkt – Zwischen-bericht im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojektes „Entwicklung eines Informations- und Kommunikationszentrums zur Ge-staltung ländlicher Räume für Jugendliche“, Berlin, März 2002.

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! Praxis-Tipp

Die Strategieentwicklung kann durch Rasteroder Checklisten erleichtert werden: Herange-hensweisen und Arbeitsschritte können dabeiden Zielen zugeordnet werden, ebenso zeitli-che Ablaufpläne. So ein „living document“ kannnicht nur jederzeit ergänzt und präzisiert wer-den, es kann zugleich als Hilfsmittel zur Pro-zessbeobachtung und -kontrolle herangezogenwerden.

Drittens: Zu einer Grundregel des methodi-schen Herangehens erfolgreicher Projektarbeitgehört, aktiv auf Andere zuzugehen. Das trifftsowohl auf die Jugendlichen als auch auf dieregionalen Akteure zu. Es darf nicht er- undgewartet werden, dass die in der RegionAnsässigen den Weg zu den Projektverant-wortlichen finden. Das wird in der Regel kaumpassieren – denn nicht die Anderen haben einAnliegen, sondern die Projektverantwortlichen!

Viertens: Um sich in einer Region verorten undletztlich die gesteckten Ziele erreichen zu kön-nen, sind Partner und Verbündete zu suchen.

! Praxis-Tipp

Die Erfahrungen des Modells besagen, dass dieKontaktaufnahme sehr behutsam erfolgen soll-te. Um Akzeptanz zu finden, darf den regionalenAkteuren kein „Spiegel“ vorgehalten werden.Damit werden Türen sehr schnell wieder zuge-schlagen. Vielmehr muss ihnen Anerkennung,Akzeptanz und Verständnis entgegengebrachtwerden. Es muss bei den Beteiligten das Gefühleiner gleichberechtigten Partnerschaft vorherr-schen. Das eigene Anliegen muss beim Gegen-über als Angebot zur Diskussion und als Ein-ladung zum Mitmachen verstanden werden, dasRaum dafür lässt, sich in den Prozess mit eige-nen Vorstellungen und Ideen einbringen zu kön-nen. Es ist also alles zu vermeiden, was zu einerDiskreditierung oder zu einem Gesichtsverlustdes Anderen führt. Diese Problematik wird oftunterschätzt, sie hat aber starken Einfluss aufVerlauf und Vorankommen von Initiativen. DieseBehutsamkeit hat nichts mit „faulen Kompro-missen“ zu tun, denn ein Sich-Einstellen aufeinen Partner bedeutet nicht, von seinen Zielenabzugehen, vielmehr ist es ein methodischerAnsatz, einen Weg zur Umsetzung auszuloten.

Dies scheint auf den ersten Blick relativ spätgewesen zu sein. Zu bedenken ist aber, dass dieFestlegung realistischer Einzelziele nicht nureine umfangreiche Regionalkenntnis, sondernauch erste praktische Umsetzungserfahrungenvoraussetzt.

Zweitens: Die Bestimmung konkreter Zielstel-lungen erfolgte zunächst sehr ausdifferenziert,und es lag eine Vielzahl an Vorschlägen auf demTisch. In einem anschließenden Arbeitsschrittmussten daher Prioritäten erarbeitet werden.Das bedeutete, sich auf das Wesentliche zukonzentrieren und das Machbare auszuloten.Für die Verständigung auf Schwerpunkte sindebenfalls Teamberatungen sehr wichtig. Hierkann diskutiert und eine Entscheidung getroffenwerden, wie es in der kommenden Projektlauf-zeit weiter gehen sollte.

Zu einer Strategie gehören aber nicht nur diefestzulegenden Ziele, sondern auch Vorstellun-gen zu ihrer Erreichung. Damit geht es schließ-lich um das Wie für das weitere Vorgehen:methodische Zugänge,Wege, Mittel und Instru-mente. Diese sind zielkonkret zu entwickeln.

ein leitfaden

Ausflug in die Umgebung mit tunesischen Jugendlichen

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Nur wenn etwas von den in der Region Agie-renden „angenommen“ wird, kann Nachhaltig-keit erreicht werden.Dieses Ergebnis ist eigent-liches Ziel und Erfolgskriterium von Regional-beratung.

Achtens: Eine wichtige Erfolgskomponente ist,sich mit einem Vorhaben in die regionalen Ge-gebenheiten einzupassen. Ein Überstülpenvon Aktivitäten und Prozessen kann der Um-setzung eher schaden als nützen. Hier sind Sen-sibilitäten und Stimmungslagen sehr genau zubeobachten. Für den erfolgreichen Verlauf desModellprojektes hat es sich als günstig erwie-sen, dass sich die Projektverantwortlichen ih-rem Selbstverständnis nach in einer Rolle sa-hen, keine Konkurrenz- oder sogar Gegenange-bote in der Region zu unterbreiten, sondernvielmehr Ergänzendes, Zusätzliches anzubieten.

Das hat merklich die Akzeptanz der Initiativengefördert, denn keiner der anderen Akteure/-innen fühlte sich in seinem bisherigen Tun kriti-siert oder gar diskreditiert. Die behutsame Ein-ordnung in das Bestehende beschreibt das, washeute oft mit folgenden Worten umschriebenwird: „Die regionalen Akteure sind dort abzu-holen, wo sie stehen. Sie müssen im Prozessmitgenommen werden.“

Neuntens: Im Interesse der Nachhaltigkeit mo-dellhafter Projektarbeit sollten neue Struktu-ren sparsam und nur dann geschaffen wer-den, wenn dies unverzichtbar ist. Das Einrichtenbeispielsweise neuer Gremien ist nicht per seals ein Qualitätsmerkmal zu betrachten. Viel-mehr gilt es in solchen Fällen genau abzuschät-zen, wie stark das regionale Interesse und dieMitwirkungsbereitschaft ausgeprägt sind undwelche „Überlebenschancen“ es gibt, wenn dasModellprojekt ausläuft, die Region mit den imRahmen der Projektarbeit initiierten Aktivitä-ten auf sich allein gestellt sein wird. Mangelt esan Akzeptanz und Unterstützung vor Ort, istdie Wahrscheinlichkeit hoch, dass die geschaffe-nen Strukturen nach diesem Zeitpunkt früheroder später nicht mehr funktionsfähig sein wer-den.

Fünftens: Zum erforderlichen Fingerspitzenge-fühl gehört auch, sich auf die Spezifik der ein-zelnen Partner/-innen einzustellen. Oft ist eineindividuelle Ansprache nötig, gilt es die stetskonkrete Interessenschnittstelle zu finden unddamit überhaupt erst einmal die Basis für eineZusammenarbeit zu identifizieren.

Für die Überwindung der Akzeptanzschwelle istes ebenfalls wichtig, die eigenen Ziele, Aufgabenund Interessen klar zu definieren und möglichstkonkrete Vorstellungen für eine Zusam-menarbeit zu transportieren.

Sechstens: Das Modellprojekt vermittelt dieErfahrung, dass eine ziel- und ergebnisorientier-te Zusammenarbeit mit anderen Akteur/-innenimmer eines konkreten Gegenstandes bedarf.

Konkrete Sachfragen und einzelne Projektideenbilden eine gute Voraussetzung für Koopera-tion. Mit einem konzipierten Projekt wird nichtnur das Ziel klar umrissen, auch die Wege undmethodischen Zugänge sind festzulegen. Da einProjekt, sei es noch so „klein“, immer ein kom-plexes Gebilde ist, gibt es hier gute Möglich-keiten der Arbeitsteilung.Wer welchen Partübernimmt, muss im Detail abgesprochen wer-den. Ein fehlender konkreter Bezug hat zurFolge, dass bestehende Kooperationsabsichtenzumeist auf der Ebene des Allgemeinen stehenbleiben. Auch die gegenseitige Vorteilsnahmegilt es permanent zu kommunizieren, denn Er-folge müssen „geteilt“ werden.

Siebtens: Wenn es um Partnerschaften geht –so weitere Erkenntnisse des Modellprojektes,sind nicht nur Vorleistungen in diesen Prozesseinzubringen, sondern es gilt auch, sich auf eine„Politik der kleinen Schritte“ einzustellen.Kooperation erweist sich als ein mehrstufigerProzess. Der oft gewünschte „große Wurf“ ge-lingt in der Realität nur selten. Offenheit undTransparenz, Ehrlichkeit und Vertrauenverleihen einer Zusammenarbeit Stabilität. Eshandelt sich um einen Prozess des Werdensund Wachsens. Je stärker die Identifikation mitden Zielen und Einzelinitiativen des eigenenVorhabens auch bei den Partner/-innen gelingt,desto günstiger sind die Chancen, die Initiativeund Verantwortung schrittweise in die Händeder Akteure vor Ort abzugeben.

2. Allgemeine Erfolgsfaktoren der Projektumsetzung

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Elftens: Die Erreichung der angestrebten Pro-jektziele setzt auch das Prinzip der Freiwil-ligkeit voraus. Kooperationsabsichten müssenimmer als ein Angebot zum Mitmachen vermit-telt werden. Die Angesprochenen dürfen sichnicht unter Druck gesetzt fühlen. Es hängt sehrvom Geschick und der Überzeugungskraft derProjektverantwortlichen ab, wie es gelingt, dieeigenen Ideen zu transportieren. Den größtenErfolg auf der Suche nach Verbündeten wird esdann geben, wenn den Angesprochenen dasGefühl vermittelt wird, so vor allem eigene Zie-le erreichen zu können.

Zwölftens: Eine weitere verallgemeinerbare Er-fahrung ist, für den Projektfortgang stets offenund flexibel zu bleiben. Das verhindert, sich aufeinen Irrweg zu begeben. Für Alternativen offenzu sein bedeutet auch, Mut zu eventuell erfor-derlichen Umsteuerungen zu haben.

Dies wurde beispielsweise durch in das Modellintegrierte Reflexionsschleifen, Formender Selbstevaluation unterstützt.Wichtige Hilfs-mittel dafür waren die rationelle Dokumenta-tion des Projektverlaufes, die Entwicklungeines Indikatorensets zur Ergebnis- und Erfolgs-kontrolle wie auch die turnusmäßigen Teambe-ratungen.

Dreizehntens: Zum methodischen Repertoirelebensweltorientierter Ansätze gehört auch einhohes Maß an Hartnäckigkeit.

Es darf nicht davon ausgegangen werden, dasses nach einem positiven Erstkontakt „automa-tisch“ weiter läuft. Die Initiative ist wiederholtdurch die Projektverantwortlichen zu ergreifen.Auch eine personelle Stabilität bei den Au-ßenkontakten ist wichtig. Es ist bekannt, dassKooperations- und Netzwerkbeziehungen inerster Linie auf persönlichen Kontakten undeinem Vertrauensverhältnis beruhen. Diesebereits für den Wirtschafts- und den Politik-bereich oft betonte Binsenweisheit gilt unein-geschränkt auch für projektbezogene Arbeit inden Regionen.

Zehntens: Dem Modellprojekt lag ein aktivie-render Handlungsansatz zugrunde, der Mitwir-kung und Partizipation einschloss. Dieanzusprechenden Zielgruppen sollten motiviert,mobilisiert und zu eigenständiger Aktivitätangeregt und befähigt werden. Im Sinne der„Hilfe zur Selbsthilfe“ sollten ihnen Denk- undHandlungsansätze aufgezeigt werden sowiekonkrete Methoden und Instrumente als Hilfs-mittel angeboten werden.

Dies kam insbesondere gegenüber den Jugend-lichen zum Tragen. Es wurde hinterfragt, wie sieselbst als Ressource für den ländlichen Raumentwickelt werden können, wie ihnen eigenesEngagement zugleich Zukunftsperspektiven vorOrt vermitteln kann.

Die Aktivitätspotenziale der Jugendlichen galtes möglichst so zu entwickeln, dass sie sich mitihrer Situation aktiv auseinandersetzen können,dass sie in der Lage sind, eigene Interessen zudefinieren und zu artikulieren und sie die Er-kenntnis erlangen sowie Bereitschaft und Fähig-keiten entwickeln, sich in diesen kompliziertenEntwicklungsprozess ihrer Region aktiv einzu-bringen. Insofern wurde an Fragen derBewusstseinsbildung angesetzt. Damit wurdemit der bisher gängigen Praxis gebrochen, Ju-gendlichen „etwas Fertiges vorzusetzen“. Viel-mehr wurden Engagement und Ideen der Ju-gendlichen eingefordert und ihnen vielfältigeBeteiligungsmöglichkeiten und neue Freiräumegewährt. Es wurden damit solche Handlungs-ansätze initiiert, die die Identifikation Ju-gendlicher mit ihrer Heimatregion stärk-ten und darüber die Entscheidung zum Verbleibpositiv beeinflussen sollten.

ein leitfaden

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Um den Zielen und Aufgaben des Modells ent-sprechen zu können, sollte das Kompetenz-profil der mit der Umsetzung beauftragtenPersonen drei Anforderungsfelder umfassen:

• Zentrale fachliche Kernkompetenzen

Da eine Haupttätigkeit im Initiieren und derUmsetzung von Projekten liegt, sind „klassi-sche“ Kompetenzen des Projektmanagementsnotwendig. Das schließt analytische Fähigkeitwie auch konzeptionelles Arbeiten ein.

Projektarbeit bedeutet, einen intensiven Lern-prozess zu durchlaufen.Wesentlich ist auch dieFähigkeit, entstandene Konflikte durch die An-wendung von Methoden des Konfliktmanage-ments rechtzeitig zu entschärfen. Die zielorien-tierte Umsetzung von Projekten verlangt einGrundgerüst von Managementkompetenzen, umdas Akteursspektrum in seinen Aktivitäten zusteuern.Auch beratende Kompetenzen sind wün-schenswert. Schließlich ist ein Vertrautsein mitden Gegebenheiten der Region zwingend (re-gionale Gegebenheiten wie bestehende Pro-blemlagen, Akteurslandschaft usw.), jedoch soll-te dennoch eine gewisse Distanz vorhandensein. Das schärft den Blick für die Vorzüge einerRegion, aber auch ihrer Problemlagen undstärkt die Handlungsfähigkeit.

2.3 Die personelle Komponenteder Projektarbeit

Schließlich hängt der Erfolg von Projektarbeitdavon ab,über welche Qualifikationen und Kom-petenzen, über welche Persönlichkeitsmerk-male, Fähigkeiten und Erfahrungen die mit denProjektaufgaben betrauten Personen verfügen.Zusammenfassend kann hierzu festgehaltenwerden, dass die Multifunktionalität des Aufga-benspektrums eine beträchtliche Bandbreite anfachlichen Qualifikationen, aber auch viele Facet-ten sozialer und methodischer Kompetenzenerforderlich macht.

Wenn es um die Beteiligung junger Menschenan der Regionalentwicklung geht, stellt sich dasparallele Erfordernis, einerseits die Kompeten-zen und Befähigungen zu besitzen, um von denJugendlichen akzeptiert zu werden, andererseitsmüssen sie von den Erwachsenen des regiona-len Akteursspektrums angenommen werden.Damit muss ein Persönlichkeitsprofil gegebensein, mit dem sich beide Zielgruppen gleicher-maßen erreichen und als Partner/-innen gewin-nen lassen.

Dies erfordert eine Art doppeltes Einfüh-lungsvermögen und eine ausgeprägte Flexibili-tät. Denn es muss jede Zielgruppe gesondertangesprochen werden. Das bedarf nicht nur,jeweils den richtigen Ton zu finden, auch daskonkrete Auftreten und Vorgehen sind jeweilsan die einzelne Gruppe anzupassen. Bei Jugend-lichen kommt eine gewisse Lockerheit gut an.Sie werden am besten erreicht, wenn sie als„neutrale“ Person und unvoreingenommen be-trachtet werden. Die Kunst Jugendlichen gegen-über besteht in einer gut ausgewogenen Balan-ce zwischen der Überlassung von eigenen Frei-räumen sowie behutsamer Betreuung undBegleitung ohne Bevormundung und ohne ihreKreativität einzuschränken. Für sie ist das Ge-fühl wichtig, nicht allein gelassen zu sein, um siezu motivieren und zu aktivieren. Im Vergleichdazu legen viele regionale Akteure/-innen aufbestimmte Konventionen Wert. So ist es imUmgang mit der Verwaltung beispielsweisewichtig, die Hierarchien zu berücksichtigenoder auch Gepflogenheiten wie einen offiziellenSchriftwechsel zu wahren.

2. Allgemeine Erfolgsfaktoren der Projektumsetzung

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• Jugendspezifische Kompetenzen

Ein spezifischer Jugend-Kontext erfordert nocheinen zusätzlichen Kompetenzbereich: DieZielgruppe der Jugendlichen verlangt nachAkzeptanz, Vertrauen und Transparenz imUmgang mit ihnen.

Die besonderen Aktivitätspotenziale vonJugendlichen in den Projektverlauf einzubezie-hen, setzt Kenntnis und praktische Handhab-barkeit partizipativer Ansätze in der Jugendar-beit voraus.

Schließlich sollte nicht das Alter der Projekt-verantwortlichen außer Acht gelassen werden.Das Modellprojekt hat gezeigt, dass sie junggenug sein sollten, um von den Jugendlichen mitder entsprechenden Autorität angenommen zuwerden. Im Interesse der notwendigen Akzep-tanzerreichung bei den regionalen Akteuren/-innen ist es aber auch wichtig, dass sie über einbestimmtes Maß an beruflicher und aufgrunddes Alters auch an Lebenserfahrung verfügen.

• Persönliche Kompetenzen

Das breit gefächerte Aufgabenspektrum ver-langt einen hohen Grad an Selbstorganisation.Die Akzeptanz in der Region lässt sich ohne eingewisses Grundmaß an Kontaktfreudigkeitnicht herstellen.

Bestimmt durch die hohe Umsetzungsorientie-rung ist auch Verhandlungsgeschick notwendig.Als persönliche Anforderungen stehen zudemKreativität und die Fähigkeit zum „Querden-ken“, vernetztes Denken sowie Teamfähigkeit.Grundsätzlich sollte eine weitreichende Ver-trauenswürdigkeit ausgestrahlt werden. DerCharakter der Tätigkeit verlangt zudem einhohes Maß an zeitlicher Flexibilität. Ebenso sindFrustrationstoleranz, Entscheidungsfreudigkeitund Risikobereitschaft sowie Anpassungs- bzw.Lernfähigkeit notwendig.

Diese Bilanzierung allein bis hierher belegt, diemit dem Modellprojekt verbundenen Anforde-rungen setzen die sogenannten „Multi-“ bzw.„Allroundtalente“ voraus.

ein leitfaden

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Im Rahmen der drastischen Einsparungserfor-dernisse der öffentlichen Haushalte steht zu-nehmend die Frage des Erhaltes dieser Jugend-einrichtungen auf der Tagesordnung. Vor diesemHintergrund muss nach neuen Wegen zur Er-haltung einer Freizeitinfrastruktur für Jugendli-che gesucht werden.

Ungeachtet der intensiven Bemühun-gen, für Jugendliche Freizeitangebotevorzuhalten, entsprachen diese aller-dings nicht immer den Vorstellungender Jugendlichen. Infolge der Abhän-gigkeit von arbeitsmarktpolitischerFörderung gab es einen häufigenWechsel der zur Betreuung einge-setzten Personen – ein Umstand, dernicht gerade begünstigend auf die Ju-gendarbeit wirkt. Außerdem warnicht in jedem Falle der Einsatz vongenau für diese Tätigkeit geeignetenPersonen gewährleistet. Das beein-trächtigte mitunter die Qualität derJugendarbeit und führte bis zu nichtimmer bedarfsgerechten Öffnungszei-ten der Jugendeinrichtungen.

Zweitens:Bedarf an neuen Akzentenin der Freizeitgestaltung Um bestehende Defizite in der regionalen Ju-gendfreizeitarbeit abzubauen und ein höheresNiveau an Eigeninitiative der Jugendlichen ein-zufordern, stellten die Projektintentionen aufneue Wege in der Jugendfreizeitgestaltung ab.

Im Kern ging es um die Verknüpfung der Ju-gendfreizeitarbeit mit Bildungselementen einer-seits sowie dem Partizipationsansatz anderer-seits. Damit ging das Konzept des Modell-projektes weit über den klassischen Ansatz derJugendarbeit hinaus. Oft geht es kaum um mehr,als Jugendlichen einen Aufenthaltsraum zurVerfügung zu stellen. Vor diesem Hintergrundverstand sich das Regionale Jugendbüro in Ive-

Nachfolgend werden einzelne Projektinitiati-ven des Regionalen Jugendbüros vorgestellt.Dabei konzentrieren sich die Aussagen dar-auf, welche Vorgehensweisen sich hier be-währt haben und demzufolge wert sind, auchauf andere Regionen übertragen zu werden.Zugleich wird auf Probleme aufmerksam ge-macht, die sich im Projektverlauf ergebenhaben und deren Lösungsansatz vorgestellt.

3.1 Verbesserung der Freizeit-angebote mithilfe klassischer aber auch innovativer Ansätze

Der Freizeitbereich hat für Jugendliche einenhohen Stellenwert. Er verkörpert nicht nur einGrundbedürfnis, für viele Jugendliche ist er derLebensmittelpunkt schlechthin.Demzufolge soll-te jugendzentrierte Projektarbeit stets auchdiesen Aspekt gebührend berücksichtigen.Landjugendliche sind bei der Wahrnehmungihrer Freizeitinteressen im Gegensatz zu den inden Städten lebenden Jugendlichen zudem vorbesondere Mobilitätsprobleme gestellt. Da sieeigenständig nur bestimmte Distanzen über-winden können, ist es für sie außerordentlichwichtig, Freizeitangebote in für sie erreichbarerNähe vorzufinden. Den Intentionen des Modell-projektes lagen vor allem drei Aspekte zugrun-de, Freizeitaktivitäten als gesonderten Wir-kungsbereich zu betrachten:

Erstens:Gefahr des Wegbrechens der vorhandenenInfrastruktur für Jugendfreizeitangebote In der Modellregion gab es – wie in vielen ande-ren Gebieten der neuen Bundesländer auch –ein nahezu flächendeckendes Angebot an Jugend-einrichtungen in den Dörfern. Die Personalkos-ten dieser Einrichtungen wurden im Wesentli-chen über Instrumente der aktiven Arbeits-marktpolitik, bis in die jüngste Zeit insbesonde-re über Arbeitsbeschaffungs- und Strukturan-passungsmaßnahmen abgedeckt.

33. Projektaktivitäten – Zielstellungenund methodisches Herangehen

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Weihnachtsfeier 2002 mit Projektpar tnern, Jgdl., Eltern

Veranstaltung zum Thema Drogenprävention März 2003

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nack vor allem als ein Bildungs- und Kompe-tenzzentrum zur Jugendfreizeitarbeit. Jugend-liche konnten hier zu Workshops, Werkstatt-gesprächen etc. zusammenkommen, um Fragenund Probleme der Jugendarbeit zu diskutierenund Anleitung zum Handeln in ihre Heimat-gemeinde mitzunehmen (z. B. Wie kann mitwenig Geld etwas auf die Beine gestellt wer-den? Wie können Jugendliche Amtsträger voneiner Idee überzeugen? usw.).

Drittens:Schlüsselrolle der Jugendfreizeitarbeit, umJugendliche an neue Themen heranzuführen Die Erfahrung aus Ivenack lehrt, dass es vor al-lem Angebote für die Freizeitgestaltung waren,die zunächst den Zugang zu den Jugendlichenaus der Region ermöglicht haben. Damit habendie Jugendlichen erkannt, dass das Projekt aufihre Interessen abzielt und sie nun mehr Mög-lichkeiten zur Freizeitgestaltung bekommen.

Das hat die Jugendlichen Vertrauen in die Pro-jektumsetzenden vor Ort fassen lassen. Auf die-ser Grundlage hat sich der Freizeitbereich alsgut geeignet erwiesen, Jugendliche auch für an-dere Themenfelder bzw.Tätigkeiten zu sensibi-lisieren und zur Teilnahme zu motivieren, für diesie ohne diesen „Umweg“ im allgemeinen eherschwer zu interessieren sind. Von daher hat derFreizeitbereich die Rolle einer Art „Schalter-stelle“ übernommen. Das Interesse an Neuemaber eben auch der offene und vertrauensvolleUmgang zwischen den Projektverantwortlichenund den Jugendlichen hat sie für Verknüpfungenmit den anderen Zielkategorien des Modell-projektes aufgeschlossen gemacht.

Welche konkreten methodischen Handlungs-ansätze wurden im Rahmen des Modellpro-jektes erprobt und lassen sich übertragen?Wie gelang deren Umsetzung und mit wel-chen Problemen waren die Projektverant-wortlichen vor Ort konfrontiert? Diese Fra-gen sollen nachstehend vor allem in ihremzeitlichen Verlauf diskutiert werden, umInteressierten einen detaillierten Einblick indas Vorgehen der Ivenacker Projektverant-wortlichen zu vermitteln:

ein leitfaden1. Wie ist es gelungen, die Idee vom

Modellprojekt an die Jugendlichenheranzutragen?

Nach erteiltem Startschuss für das Modellpro-jekt standen die Projektverantwortlichen zu-nächst vor der Frage, wie die Jugendlichen überdas Modellvorhaben informiert und wie derenInteresse dafür geweckt werden konnten.

• Hier besagen die Erfahrungen des Modellpro-jektes, dass es in einem ersten Schritt erforder-lich ist, direkt auf die Jugendlichen zuzugehen,sie an ihren Orten aufzusuchen. Als ein geeig-neter Weg dafür erwies sich, den Kontakt zuden umliegenden Schulen sowie zu den bereitsbestehenden Jugendeinrichtungen aufzuneh-men. Sicherlich ist auch das Aufsuchen derJugendlichen an ihren sonstigen Treffpunkten –sei es der Bahnhof, die Bushaltestelle oderirgendein anderer Platz (z. B. Sportplatz) – gutgeeignet, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Esdarf nicht abgewartet werden, bis Jugendlichezufällig von dem Vorhaben Kenntnis bekommen,und erst recht darf nicht davon ausgegangenwerden, dass die Jugendlichen von sich aus aufdie Projektverantwortlichen zugehen.

• Nachdem der Kontakt zu den Jugendlichenhergestellt war, kam es darauf an, bei ihnenNeugier zu wecken. Einerseits war es für dieProjektverantwortlichen keine leichte Situati-on, denn in diesem sehr frühen Stadium lagnoch nichts Fassbares vor, an dem sich dieJugendlichen orientieren konnten.Andererseitswar das Vorstellen einer Vision ein guter me-thodischer Ansatz, das Interesse der Jugend-lichen zu wecken. Hier dürfte für sie vor allem„das Andere“ von Bedeutung gewesen sein.Kaum ein Jugendlicher aus der Region war bis-her eingeladen worden, sich mit einer neuenIdee von einer Jugendeinrichtung selbst mit aufden Weg zu machen.

• Die Jugendlichen in dem Prozess der konzep-tionellen Arbeit für ein neues Jugendfreizeitzen-trum mitzunehmen, bedeutete in dieser Phaseder Projektarbeit vor allem auch, ihre An-sprüche und Wünsche an dieses kennen zu ler-nen. Dafür erhielten die interessierten Jugend-lichen mehrere Gelegenheiten. Zum einenkonnten sie in den Schulen und Jugendclubs derRegion ihre Vorstellungen anonym an einem

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26 I 27

chen tatsächlich angesprochen fühlt und inwie-weit die Bereitschaft zur aktiven Beteiligungausgeprägt sein würde. Diese erwies sich alseine regelrechte Entschei-dungsfrage, da es zu diesemZeitpunkt um wahre „Pio-nierarbeit“ ging. Einige Ar-beiten, wie die Reparaturder Heizungsanlage und derFenster wurden von pro-fessionellen Firmen durch-geführt, alles andere wurdeweitgehend in Eigenleistungder Jugendlichen vollführt.Das betraf die Müll- undSchuttbeseitigung aus demGebäude,Teile des Umbaus(z. B.Wände einziehen) wieauch die Renovierung bishin zur Einrichtung der Räu-me. Hier hatten die Jugend-lichen vielfältige Möglich-keiten, ihre Vorstellungendurchzusetzen.

Sie bestimmten unter Nut-zung demokratischer Ab-stimmungsverfahren unter-einander die Größe undfarbliche Ausgestaltung ih-rer eigenen Aufenthaltsräume,und sie sorgten in einer auf-wändigen Sammelaktion imDorf aber auch bei Verwandtenund Bekannten für Mobiliar. ImErgebnis war erstaunlich, wiehoch das Engagement der be-teiligten Jugendlichen war undwas sie alles zuwege gebrachthaben (bis hin zum Fernseherund zur Musikanlage). Die vonanderen ausgesonderten undfür das Regionale Jugendbürogesponserten Einrichtungsge-genstände haben außerdem ver-deutlicht: Chick und Moderni-tät haben hier gar keine Rollegespielt, die Ansprüche derMitwirkenden orientierten sichan der Realität. Der Stolz aufdas Geschaffene, das Bewuss-tsein, nunmehr ein „eigenesReich“ zu haben, dominierte.

extra angebrachten schwarzen Brett anbringen.Zum anderen wurden im damaligen DorfclubIvenack wiederholt Gesprächsrunden durch dieProjektverantwortlichen organisiert, in denendie Beteiligten gemeinsam ein plastisches„Dorfmodell der Zukunft“ nach der Methode„planning for real“ 8 entwickelten und das seinenPlatz im später bestehenden Regionalen Jugend-büro fand.

! Praxis-Tipp

• Ebenfalls von erheblicher Bedeutung war eszu diesem Zeitpunkt, die Eltern der Jugendli-chen über das Vorhaben in Kenntnis zu setzenund auch sie zur Kooperation zu gewinnen. Da-mit konnten nicht nur Fragen geklärt werdenoder Erfahrungen der Eltern einfließen. Ebensowichtig war es, die Offenheit der Eltern gegen-über dem Projekt zu erreichen, denn letztlichhaben sie großen Einfluss darauf, ob ihre Kinderdas Angebot annehmen oder nicht.

Interessanterweise konnte im weiteren Verlaufder Projektarbeit beispielsweise beobachtetwerden, dass ein Zusammenhang zwischen inden dörflichen Vereinsstrukturen aktiven Elternund der Bereitschaft ihrer Kinder zum Engage-ment im Zentrum besteht.

2. Wie war es möglich, Jugendliche am Aufbau des Zentrums zu beteiligen?

In Vorbereitung auf das Modellprojekt war zwareine geeignete Immobilie gefunden worden, abersie war zu diesem Zeitpunkt nicht bezugsfertig.Es gehörte allerdings zum Projektkonzept, erstim Laufe der modellhaften Arbeit das Zentrumbaulich herzurichten und jugendgemäß auszu-statten. Dass hier Arbeit auf die Interessiertenzukommen würde, wurde ihnen deutlich gesagt.Den Jugendlichen sollte – wie im allgemeinenüblich – nichts Fertiges vorgesetzt werden, son-dern bereits in dieser Phase sollte ihnen de-monstriert werden, dass eigenes Mittun wichtigist und zu einer besseren Identifikation mit demGeschaffenen führt.

Ein nächster entscheidender Schritt beim Auf-bau des Zentrums verband sich daher mit derspannenden Frage, wer sich von den Jugendli-

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

8 „Planning for real“ ist eine gemeinwesenorientierte Planungsmethode. Sie entstand in der Arbeit der britischen Neighbourhood Initiatives. Sie findet inzwischen auch in Deutschland zunehmend Verbreitung. Es wird ein transportables Modell eines bestimmten Gebietes (Dorf oder Stadtteil) hergestellt und an vielen Orten gezeigt, um Bürger/-innen über die Zukunft ihres Wohnortes miteinander ins Gespräch zu bringen. Diese Methode ist sehr komplex und umfasst u. a. auch eine Versammlung, bei der das Modell im Mittelpunkt steht. Hier können die Teilnehmenden Veränderungswünsche auf dem Modell markieren.Anschließend werden dieVorschläge gemeinsam nach Dringlichkeit und zeitlicher Möglichkeit sortiert und auch eine Zuordnung von Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten in einem Aktions-plan sichtbar gemacht. Danach werden Arbeitsgruppen gebildet, die sich um die Umsetzung kümmern und sich wieder treffen.Wichtig ist, dass schon nach kurzer Zeit erste Erfolge sichtbar werden. Es soll darum mit kleinen Veränderungen begonnen werden.

Jugendraum im Frühjahr 2002

Jugendraum im Herbst 2002

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rung von Fahrten, insbesondere aber dieTeilnahme an den Landjugendtagen im Sommer2002 in Wismar hervorzuheben. Das war fürviele Jugendliche nicht nur etwas völlig Neues,zudem brachte ihnen der übernommeneSecuritydienst in Wismar hohe Anerkennungund damit Selbstbestätigung. 9

• Nicht unwichtig war für die Integration vonJugendlichen in das Projekt auch das hoheTempo, mit dem sich das Zentrum entwickel-te. Damit wurde berücksichtigt, dass Jugend-liche schnell Veränderungen und Ergebnissesehen wollen. Sie können nicht lange vertröstetoder hingehalten werden – ansonsten verlierensie das Interesse. Das Modellprojekt war offizi-ell im Januar 2002 gestartet worden, im Mai desgleichen Jahres wurde das Zentrum offiziell ein-geweiht.

• Schließlich erwies sich der Umgang derProjektverantwortlichen mit den Jugend-lichen als ein eigenständiger Faktor, diese zurMitarbeit im Zentrum zu bewegen. Die Ju-gendlichen wurden vom Projektteam ernst ge-nommen, sie wurden von ihnen grundsätzlichals gleichberechtigte Partner betrachtet. Einesolch partnerschaftliche Zusammenarbeit hat-ten die Jugendlichen im Umgang mit Erwachse-nen zuvor offensichtlich kaum erlebt. DieseSeriösität, die Verlässlichkeit auf das mit denJugendlichen Abgesprochene sowie ein hohesMaß an Transparenz im Handeln der Projekt-mitarbeiter/-in wirkten ebenfalls stark motivie-rend für Jugendliche, sich einzubringen. Derschnelle und unkomplizierte Zugang der Pro-jektverantwortlichen dürfte sich aber auch ausder Tatsache erklären, dass sie die Sprache derJugendlichen sprachen, ihren „Nerv“ trafen, sichauf die Lebenswelt dieser Personengruppe vor-behaltlos einließen. Insgesamt aber hat sichdiese Form der Zusammenarbeit als ein Pro-zess erwiesen. Bevor die Jugendlichen ihreBereitschaft zur Mitarbeit signalisierten, war eingegenseitiges Kennenlernen erforderlich. Esbedurfte einer gewissen Anlaufphase bis den Ju-gendlichen die Konzeption des Zentrums nähergebracht werden konnte und sie daraus eineBedeutung für ihre Belange ableiten konnten.

• Schließlich zielten die Bemühungen des Mo-dells in dieser Phase darauf ab, möglichst einenfesten Kreis von Jugendlichen an das Zen-

Für die anfänglich zu leistende Aufbauarbeitfanden sich 8 bis 10 Jugendliche bereit.Werden ihre Motive zum Mitmachen analy-siert, dann ergeben sich verschiedene Er-klärungsansätze, die vor allem auf das me-thodische Vorgehen der Projektverantwort-lichen zurückzuführen sind:

• Erheblich motivierend dürfte die vorangegan-gene Ermittlung der Wünsche der Jugend-lichen im Dialog gewesen sein. Was das Zen-trum für die Jugendlichen zunächst am meistenattraktiv machte, war die Möglichkeit, eineneigenen Aufenthaltsort zu haben. Zudem ver-mittelten ihnen die vorangegangenen Kontaktezu den Projektverantwortlichen die Sicherheit,hier zumindest in Teilen dem nachgehen zukönnen, was sie interessiert und wofür sie ananderen Plätzen keine Gelegenheit haben.

• Ebenfalls von großer Bedeutung für die Ju-gendlichen dürfte die ihnen gegenüber einge-räumten Mitbestimmungs- und Mitgestal-tungsmöglichkeit gewesen sein. Für viele vonihnen stellte dieser kooperative bzw. Partizipa-tionsansatz eine völlig neue Erfahrung dar.

• Sehr motivierend für die Beteiligung der Ju-gendlichen am Aufbau und an der Arbeit desZentrums haben auch einige vom Projektteamunterbreitete, von den Jugendlichen so zu-nächst nicht eingebrachte, für sie aber neuar-tige Angebote gewirkt. Als solch eine positivwahrgenommene Erfahrung ist die Durchfüh-

ein leitfaden

9 Vgl. Abschnitt 3.4

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müssen (z. B.Anerkennung von Autoritäten un-ter den Jugendlichen oder von demokratischgetroffenen Entscheidungen, Ausführung vongestellten Aufgaben usw.).

! Praxis-Tipp ! Stolperstein

Die Wahl des Clubrates erwies sich als eineerste wichtige Bewährungsprobe für die perso-nelle Stabilität des Zentrums. Zum damaligenZeitpunkt gab es zwei Jugendcliquen, die dieseEinrichtung gern für sich vereinnahmt hätten.Diese verbalen Auseinandersetzungen – die imWesentlichen zwischen einer Gruppe jüngererund einer Gruppe älterer Jugendlicher geführtwurden – wurden von den Projektverantwort-lichen schnell erkannt und sehr behutsam mo-deriert. Ein Element dieses Prozesses war auch,in die Bildung des Clubrates einzugreifen. DasRegionale Jugendbüro Ivenack verstand sichvon Anfang an als offen für alle Jugendlichen.Durch das Eingreifen der Projektverantwort-lichen bei der Clubrats-Gründung wurde eineausgeglichene Kräftekonstellation hergestellt.Dies zeigt, dass die Übertragung von Verant-wortung auf die Jugendlichen nicht dem Selbst-lauf überlassen werden darf, sondern behutsammoderiert werden sollte.

Und wichtig ist hierbei auch zu bedenken: DerProzess, Jugendlichen zunehmend Verantwor-tung zu übertragen, war mit der Gründung desClubrates lediglich eingeleitet worden. DerPartizipationsansatz war damit aber noch längstnicht durchgesetzt. Es galt also, weitereStrategien zur noch stärkeren Eigenbeteiligungder Jugendlichen, zur weiteren Stärkung ihrerAktivitätspotenziale zu entwickeln.

! Stolperstein

Den Partizipationsgedanken anzuregen, erwiessich aber nicht nur als ein internes Problem,auch von außen wurde er zum Teil sehr kritischgesehen. Als besonders umstritten erwies sichbei einigen Gemeindevertretern, aber auch beieinigen Eltern die den Jugendlichen übergebeneSchlüsselgewalt. Hier machten die schlimmstenSzenarien die Runde. Die größte Angst bestanddarin, dass sich das Zentrum zu einem unkon-trollierten Umschlagplatz für Drogen ent-wickeln könnte.

trum zu binden, eine „Kernbelegschaft“ zu bil-den. Dabei wurde von der Erkenntnis ausge-gangen, dass es schwierig ist, Jugendliche aufDauer zu motivieren. Bekanntlich unterliegt derEinsatz Jugendlicher starken Schwankungen.

Insbesondere durch eine Mund-zu-Mund-Pro-paganda über die Netzwerke der Jugendlichenist es unter diesen Bedingungen gelungen, zu-nehmend mehr Jugendliche für die Mitarbeit imZentrum zu gewinnen. Heute hat das Zentrumtäglich etwa 20 Stammbesucher/-innen.

3. Wie ist der Übergang vom Hinein-schnuppern zur Bereitschaft, längerfristigaktiv mitzumachen, gelungen?

Als sich ein relativ fester Stamm an mitarbei-tenden Jugendlichen abzuzeichnen begann, tatsich die Frage auf, wie es mit der Integrationund Identifikation der Jugendlichen weiter ge-hen sollte.Welche Aufgaben sind zu bewältigen,um sicher zu stellen, dass die Jugendlichen län-gerfristig an das Zentrum gebunden werdenkönnen, um so auch eine gewisse personelleStabilität bei den Besucherinnen und Besuchernzu erreichen?

Das war ein entscheidender Moment, um ver-stärkt den Partizipationsgedanken im Pro-jekt zum Tragen kommen zu lassen. Es beganndie Suche nach geeigneten Ansätzen, bei denJugendlichen gezielt bestimmte, sie auf ihr künf-tiges Leben vorbereitende Fähigkeiten zu ent-wickeln, ihnen neue Sichtweisen zu vermitteln.Einer zunächst eher passiven Einbeziehung derJugendlichen in die Zentrumsarbeit wurde zu-nehmend deren aktive, fordernde Integration indas Modell entgegengesetzt. In diesem Kontextwurde vom Projektteam im Herbst 2002 bei-spielsweise die Bildung eines Clubrates an-geregt. Den in dieses Gremium integriertenJugendlichen wurden einige Verantwortlich-keiten wie etwa die Schlüsselgewalt über dasObjekt, die Zuständigkeit für Ordnung etc.übertragen. Das sollte dazu beitragen, beiJugendlichen Verantwortungsbewusstsein zuentwickeln, Elemente der Selbstorganisation zuerproben. Auch die Entwicklung einer Reihesozialer Kompetenzen ist gegeben, wenn Kon-fliktsituationen erkannt und bewältigt werden

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Freizeitfahr t im Sommer 2002

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tiiert. Hier wurde zur Diskussion gestellt, wel-che Angebote sich die Anwesenden zurFreizeitgestaltung wünschen würden. Einwesentliches Ziel, was damit zunächst erreichtwerden sollte, war, die Jugendlichen noch festeran das Zentrum zu binden.

Der Prozess der Ideenfindung wurde von denProjektverantwortlichen eingeleitet und mode-riert. Charakteristisch für die Startphase war,dass diese erste Anstöße gaben und konkreteIdeen vorschlugen. Mittels einer sensiblen Mo-deration ging die „Ideenproduktion“ aber zu-nehmend an die Jugendlichen über, die dieseRolle auch umgehend annahmen. Im Ergebnisder Diskussionen lag ein breites Spektrum anVorschlägen vor, das in dieser Vielfalt allerdingsnicht umsetzbar war. Damit war in diesemProzess ein weiterer Schritt erforderlich – derder Prioritätensetzung. Die Moderation derProjektverantwortlichen hat dazu geführt, dassletztlich solche Ideen in die engere Wahlkamen, die vor allem den Projektintentionenentsprochen haben. Zugleich lenkten dieProjektverantwortlichen die Jugendlichen dar-auf, in ihre Überlegungen einzubeziehen, wie dieeinzelnen Aktivitäten letztlich umgesetzt wer-den könnten. Dabei wurde von Anfang an dieEigeninitiative der Jugendlichen eingefordert.

Neben den individuellen Aufenthaltsmöglichkei-ten im Zentrum, wurde damit schrittweise einezweite Sphäre geschaffen: die nach den eigenenVorstellungen der Jugendlichen organisiertenAngebote zur Freizeitgestaltung. Interessant istdabei, dass viele Freizeitwünsche der Jugendli-chen sehr bodenständig waren. Das spricht da-für, dass Jugendliche sich offenbar recht gut anden Realitäten orientieren können und selbstein Modellprojekt nicht dazu verleitet, völligüberzogene Vorstellungen zu entwickeln.

Viele Wünsche der Jugendlichen zur Freizeitge-staltung waren vor allem im traditionellen Be-reich angesiedelt. So wollten die Jugendlichenbeispielsweise einen Tanz-Kurs, einen Selbstver-teidigungskurs für Mädchen, und sie wolltenebenfalls gemeinsam kochen. Auch ein Kino-Projekt stand auf dem Programm, ebensoFahrten und Exkursionen. Allein damit wurdeeine Angebotsvielfalt erschlossen, die es so bis-her in der Region nicht gegeben hatte.Teilweisewurde dabei mit professionellen Partnern gear-

! Praxis-Tipp Hier haben die Projektverantwortlichen sehroffensiv reagiert. Zum einen wurde mit denJugendlichen selbst gesprochen, wobei ihnenklar gemacht wurde, dass ein Missbrauch derübertragenen Verantwortung zur Schließungführen dürfte und dass letztlich ein reibungslo-ser Ablauf im Zentrum der beste Garant fürdessen weiteres Bestehen sei. Zum anderengingen sie auf die erwachsenen Kritiker zu. Bis-her ist es zu keinen nennenswerten Zwischen-fällen in der Arbeit der Einrichtung gekommen:Die Selbstorganisation der Jugendlichen hatsich bewährt.

4. Wie wurde für das Zentrum einkonkretes Profil ausgeprägt?

Schließlich stand das Regionale Jugendbüro Ive-nack vor der Aufgabe, ein eigenständiges Profilzu entwickeln. Dabei ging es nicht einfachdarum, einen „etwas anderen“ Aufenthaltsortfür Jugendliche darzustellen, sondern Jugendli-chen neben einem eigenen Raum zur gemeinsa-men Kommunikation und zum „Abhängen“ vorallem alternative Freizeitangebote zu unterbrei-ten, die die herkömmlichen Jugendclubs in denDörfern so nicht vorhalten konnten.

Um das Profil der neuen Jugendeinrichtung all-mählich zu schärfen, wurden durch die Projekt-verantwortlichen offene Diskussionsrundenmit den jugendlichen Besuchern/-innen undnatürlich mit den Mitgliedern des Clubrates ini-

ein leitfaden

Kochabend im Winter 2002

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Der PC-Pool

Im Jugendbüro Ivenack gab es einen Raum, dermit sechs internettauglichen und untereinandervernetzten Computern ausgestattet war. DieEinrichtung dieses Pools beschränktesich nicht auf den Erwerb der erfor-derlichen Hard- und Software sowiedes Mobiliars und der Bereitstellungder Kommunikationswege. Es warenauch Maßnahmen zur Wahrung desJugendschutzes einzuleiten. Hier wur-de vor allem der Zugang zu jugendge-fährdenden Internetadressen gesperrt.

Dieser sogenannte PC-Pool stand in-teressierten Jugendlichen währendder Öffnungszeit des Zentrums zurVerfügung und sollte ihnen beispiels-weise bei der Erledigung von Haus-aufgaben, der Suche nach Ausbil-dungsstellenangeboten sowie derErstellung von Bewerbungsunterla-gen behilflich sein. Die Computerwurden zwar intensiv genutzt, aberin Anbetracht der Mobilitätspro-bleme vieler Jugendlicher handelte essich bei den Nutzer/-innen um einerelativ geschlossene Gruppe aus Ivenack undeinigen benachbarten Dörfern. Daher wurdedas gemeinsame Spielen an den PCs zuneh-mend zu einer Lieblingsbeschäftigung derJugendlichen. Zur besseren Auslastung wurdeder PC-Pool daher zunehmend stärker in ande-re Aktivitäten des Regionalen Jugendbüros ein-gebunden – beispielsweise zur Erstellung vonBewerbungsunterlagen im Rahmen der Semina-re zur Berufsfrühorientierung. 10

Cafébetrieb

Auf Wunsch der regelmäßigen Besucher/-innendes Zentrums wurde Anfang des Jahres 2003auch ein eigenes Café eingerichtet. Wie schonbei der Instandsetzung und Einrichtung desZentrums selbst, griffen die Jugendlichen tat-kräftig mit zu als es um die Herrichtung desRaumes und dessen Ausstattung ging. Tischewurden beispielsweise aus alten Kabeltrom-meln gebaut, Stühle und sonstige Sitzgelegen-heiten erneut in einer Sammelaktion aus derRegion zusammengetragen. Lediglich der Tresenwurde professionell hergestellt.

beitet. So führte die Volkshochschule Demminbeispielsweise den Tanz- und den Selbstvertei-digungskurs durch. Die Jugendlichen musstenbei der Umsetzung dieser Ideen auch ihren ei-genen Beitrag leisten. Beispielsweise absolvier-ten für das Kinoprojekt zwei Jugendliche einenLehrgang, der sie zu Filmvorführungen befähig-te. Die beiden Projektverantwortlichen zogendie erforderlichen Fäden im Hintergrund –etwa durch die Herstellung der Kontakte, odersie übernahmen schon allein aufgrund ihrerMobilität viele organisatorische Fragen wie dieBeschaffung der Technik und des Filmmaterials.

Und auch sonst standen sie den Jugendlichenbei Bedarf mit Rat und Tat zur Seite. Im Verlaufeder Projektarbeit haben sich die Bedingungenfür Filmvorführungen verbessert, da das Regio-nale Jugendbüro ein Vorführgerät von der örtli-chen Schule geschenkt bekam. Dennoch gibt esim Zentrum Kinovorstellungen nur zu ausge-wählten Zeiten, zumeist im Rahmen speziellerVeranstaltungen. Das hat zum einen mit demZeitbudget der dafür zuständigen und qualifi-zierten Jugendlichen zu tun. Zum anderen gibtes in der Region keine Programmkino-Kultur.Jugendliche bevorzugen es, im Kino die neustenFilme anzuschauen. Und inzwischen ist dieDVD-Technik für ein „Heimkino“ nicht nur kos-tengünstiger sondern auch wesentlich wenigeraufwändig.

Neben diesen relativ klassischen fanden vorallem auf Anregung der Projektverantwort-lichen aber auch neue, innovative Angebote zurFreizeitgestaltung Eingang in das Profil desZentrums. Kennzeichnend war die Integrationvon Bildungselementen in die Freizeitangebote.Ausgegangen wurde dabei von der Überlegung,dass sich die Freizeit zwar sehr gut für die eige-ne Bildung bzw.Weiterbildung und damit für diepersönliche Entwicklung eignet, in der Praxisder Jugendfreizeitarbeit diese Verknüpfung aberoft nicht erfolgt. Im Rahmen des Projektes wur-den diesbezüglich beispielsweise folgendeInitiativen angestrengt:

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Bewerbungstraining im BFO-Seminar

Ar tikelrecherche im Journalismus-Seminar

10 Vgl. Abschnitt 3.2

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Eines hat sich im Ergebnis aber vor allem erge-ben: Jugendliche sind für innovative Angeboteum so offener, je besser es gelingt, diese jugend-gemäß zu gestalten. Dabei müssen sich Bildungund Spaßfaktor keineswegs ausschließen – wieoft angenommen wird.

Abschließend soll noch auf drei Problemehingewiesen werden:

! Stolperstein

Erstens:Wenngleich es ein wesentliches Ziel des Modell-projektes war, so viele Jugendliche wie möglichzu erreichen, so war es letztlich doch mit denMobilitätsproblemen vieler Jugendlicher kon-frontiert. Die im ländlichen Raum gegebenenEntfernungen, die sich für Jugendliche im All-gemeinen nur im Rahmen der Fahrraddistanzallein bewältigen lassen, haben den Kreis dertäglichen Besucher/-innen relativ stark be-grenzt. Daher waren in die Tagesarbeit desZentrums hauptsächlich Jugendliche aus Ivenackund der unmittelbaren Nachbarschaft einge-bunden. Um den Aktionsradius auszudehnen,hätte ein Fahrdienst organisiert werden müs-sen, was selbst im Rahmen des Modellprojektesnicht leistbar war. Nur bei größeren, kreisweitangelegten Veranstaltungen des RegionalenJugendbüros war es möglich, das Mobilitätspro-blem zu lösen.

Zweitens:In der Laufzeit des Modellprojektes war dasZentrum von der Abwanderung Jugendlicherselbst betroffen. Um eine Ausbildung zu begin-nen, verließen einige der aktivsten Jugendlichendie Region und standen damit für die täglicheArbeit im Zentrum, im Clubrat oder für einzel-ne Projektaktivitäten wie den Kinobereich nichtmehr zur Verfügung. Positiv fiel auf, dass es siebei Besuchen in der Heimat stets auch in dasRegionale Jugendbüro zog, es für sie ein Stückweit Heimat geworden war, an das sie sich ge-bunden fühlen. Nicht einfach war allerdings, diedamit entstandenen personellen Lücken zuschließen. Als spezifisches Problem erwies sich,dass Jugendliche nachrückten, die aus Alters-gründen nicht an der Aufbauarbeit des Zen-trums beteiligt waren und von daher nicht der-art stark mit ihm verwachsen waren wie die„Pioniergeneration“.

Hier haben nicht nur die Jugendlichen Gelegen-heit, Getränke zu konsumieren, auch Besucher/-innen, die ins Zentrum zu organisiertenVeranstaltungen kommen, können diesen Ser-vice nutzen.

Der Einrichtung dieses Cafés lag die Idee dersogenannten Juniorbetriebe zugrunde. Danachsollte es von den Jugendlichen des Zentrumsweitgehend eigenständig organisiert und ver-waltet werden. Jugendliche besorgen die Ge-tränke, tätigen Einnahmen und entscheiden überderen Verwendung. So werden sie an Prinzipienwirtschaftlicher Tätigkeit herangeführt. Ähnlichwurde im Übrigen auch im Rahmen des Kino-projektes verfahren. Die Besucher/-innen derFilmvorführungen mussten Eintritt bezahlen.Vom eingenommenen Geld wurden die ent-standenen Kosten (z. B. zum Ausleihen) begli-chen, und über den Gewinn entschieden die amProjekt beteiligten Jugendlichen.

Wenngleich die Idee des Juniorbetriebes vonden Jugendlichen vom Prinzip her aufgegriffenund angenommen wurde, ist der Cafébetrieballerdings nicht durchgängig. Das liegt wenigeram Desinteresse oder der Unlust der Jugend-lichen. Vielmehr sind es vor allem bestimmteUmstände wie etwa die Unbeheizbarkeit desRaumes oder der enge finanzielle Spielraum dersich regelmäßig im Zentrum aufhaltenden jun-gen Leute (sie bringen ihre Getränke von zuHause mit), weshalb das Café letztlich nur zuausgewählten Anlässen geöffnet wird.

Aber auch mittels vieler Einzelaktionen ist esden Projektverantwortlichen gelungen, für vieleJugendliche Neues aufs Land zu holen. EinBeispiel für die Heranführung an neue Er-lebnisse und Erfahrungen ist die Organisationvon Theater- und Kabarettveranstaltungen.Allein beim Kabarettabend waren ca. 50 Ju-gendliche anwesend, und ihre Reaktion waruneingeschränkt positiv und verlangt nachWiederholung derartiger Angebote.

Die dargestellten Beispiele belegen, dass es viel-fältige Möglichkeiten gibt, Jugendlichen auf demLande neue Erfahrungswelten zu eröffnen. Da-bei zeigt sich, wie wichtig es ist, die bestehendeInteressenvielfalt der Jugendlichen zu berück-sichtigen. Nicht jede/r interessiert sich für alles.

ein leitfaden

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Das macht deutlich, wie wichtig es ist, übergeeignete methodische Herangehensweisen imgleichen Maße wie unter den Jugendlichen auchunter den Erwachsenen, dem regionalen Ak-teursspektrum, die erforderliche Akzeptanz zuerreichen. Das unterstreicht die Notwendig-keit, als Projektverantwortliche auf die anderenzuzugehen, sie über Zielstellungen und Metho-den gut zu informieren, Konkurrenzgedankenauszuräumen. Diese Offenheit erleichtert es,die Bereitschaft zu Kooperation und Vernet-zung zu erreichen.

Was wurde nach drei Jahren Projektlaufzeitin Bezug auf das Regionale Jugendbüro Ive-nack als Jugendfreizeiteinrichtung erreicht?

Auf einen Nenner gebracht, ist festzustellen,dass das Zentrum sich von einer stark instand-setzungsbedürftigen Immobilie zu einem Ju-gendzentrum entwickelt hat, das ein sehr viel-fältiges und inhaltlich auch weitgehend neuarti-ges Angebot vorhält. Ein mit dem Zentrum ver-gleichbares Angebot für Jugendliche ist in derRegion nicht vorhanden. Dies hat dazu beige-tragen, die Jugendlichen an eine größere kultu-relle Vielfalt heranzuführen. Dieser Mehrwertdes Zentrums für die Jugendlichen in der Mo-dellregion ergibt sich aus der spezifischen Ziel-stellung, die sich an konkreten Grundsätzenausrichtet. Den meisten Jugendclubs der Regionfehlt eine Zielsetzung, an welcher sich die prak-tische Arbeit orientieren könnte. Daher unter-liegt deren Arbeit zumeist den Zwängen desAlltags und bleibt wenig zielorientiert. Es fehlenhier oft Ansätze einer jugendspezifischen pro-blemorientierten Jugendarbeit. Die vorhandeneklare Zielorientierung wie die Gewährleistungvon Gestaltungs- und Freiräumen für Jugend-liche unterscheiden das Zentrum von den inder Region anzutreffenden Jugendclubs. DasRegionale Jugendbüro mit seinen vielenEinzelaktivitäten ist Beweis dafür, dass es erfolg-reich gelingen kann, Jugendliche zu aktiver Mit-arbeit zu motivieren und ihnen durch eigenesTun Erfahrungen zu vermitteln, die es ihnen aufihrem weiteren Lebensweg gestatten, selbstbe-wusster und eigenständiger handeln zu können.Das schafft gute Voraussetzungen dafür, dassauch die Jugendlichen selbst in der PerspektiveVorstellungen darüber entwickeln, wie sie sichihre Region vorstellen und wie sie sich zur Er-reichung ihrer Visionen einbringen können.

Das dürfte sich bei der Jugendarbeit aber als eingrundsätzliches Problem erweisen: Es ist be-kannt, dass Jugendliche in ihren Interessen zumTeil recht unstetig sind oder aufgrund ihrer Ent-wicklung durch Umzug o. ä. aus der Arbeit aus-scheiden müssen.Vor diesem Hintergrund dürf-te die Nachwuchssicherung in der Jugendarbeitim Vergleich zu anderen Bereichen ein nochgrößeres Problem sein.

! Praxis-Tipp

Auch um eine laufende Initiative nicht zu ge-fährden, muss der Nachwuchs gesichert sein.Hier kommt es auf die Sensibilität und dasGeschick der Projektverantwortlichen an, im-mer auch die nachrückenden Jugendgruppen imBlick zu haben und sie auf entsprechende Auf-gaben vorzubereiten. Der dafür erforderlicheAufwand sollte nicht unterschätzt werden. Zumeinen müssen jüngere Jahrgänge angesprochenund für eine Mitarbeit gewonnen werden, zumanderen ist deren Einarbeitung erforderlich, beider sie ebenfalls unterstützt werden müssen.

! Praxis-Tipp ! Stolperstein

Drittens:Das Projektvorhaben ist gerade in seiner Anlauf-phase nicht immer auf ungeteilte Zustimmunggestoßen. Beispielsweise bei der/dem einen oderanderen Jugendclubleiter/-in war teilweise dieBefürchtung zu spüren, das Modell könnte denklassischen Angeboten den Todesstoß verset-zen. Hier war es wichtig, über ein offenes undehrliches Gespräch, das von den Projektverant-wortlichen gesucht wurde, Klarheit zu schaffenund Ängste zu nehmen. Das Hauptargumentder Projektverantwortlichen bestand darin, sichnicht als Konkurrenzangebot zu verstehen, mitdem das Ziel verfolgt werde, alles bisher Er-reichte in der Jugendfreizeitarbeit in seiner Be-deutung in Frage zu stellen. Hilfreich war ferner,den zeitlich befristeten Charakter des Modell-vorhabens zu betonen und herauszuarbeiten,dass hier Erfahrungen gesammelt werden soll-ten, die anschließend allen interessierten Jugend-freizeiteinrichtungen zur Nachahmung zur Ver-fügung gestellt werden sollen. Aber es gab auchviele Jugendclubleiter/-innen, die dem Modellsehr positiv gegenüberstanden und sich vonAnfang an als deren Partner/-innen verstanden.

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

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vielfältige Berufslandschaft, und unklar ist eben-so, welche Voraussetzungen für welchen Berufmitzubringen sind.

Zweitens: Unabhängig von der Tatsache, dassberufsorientierende Angebote sowohl seitensder Schulen als auch der Arbeitsverwaltung un-terbreitet werden, sind erhebliche quantitativewie qualitative Defizite in diesem Angebot er-kennbar. Wie Erfahrungen verdeutlichen, man-gelt es nicht an der Bereitstellung von Infor-mationen schlechthin. Das Problem liegt zu-meist darin, wie es die Jugendlichen verstehen,mit dieser Informationsflut umzugehen undinwieweit sie in der Lage sind, diese zu verar-beiten. Erheblicher Bedarf besteht außerdem inBezug auf eine jugendspezifische Aufbereitungund auch darin, dass die Beratungsangebote zurBerufsorientierung häufig in zu geringem Maßeauf die konkreten Bedürfnisse und Wünscheder Jugendlichen eingehen. Schulische Angebotewie auch die Berufsberatung bei der Arbeits-verwaltung ähnelt oft einer Fließbandarbeit. Somancher Jugendliche hätte gern mehr als eindetailliertes ausführliches Beratungsgespräch.Zudem sind die Beratungsangebote im Allge-meinen theoretisch, es fehlt ein wirklich prakti-scher Einblick, der dem Jugendlichen ein realesBild von dem Beruf mit all seinen Vorzügen aberauch evt. weniger guten Seiten vermittelt.

Drittens: Jugendlichen mangelt es oft an regi-onalen Kenntnissen. Sie wissen häufig nicht, inwelchen Berufen in der Region ausgebildet wirdund welche Berufe in der Heimatregion eineÜbernahmemöglichkeit und damit eine Bleibe-perspektive bieten.

Bei einigen führt das „automatisch“ dazu, sichvon vornherein überregional zu orientieren. Beianderen wird deshalb von Anfang an ein starkeingegrenztes Berufsspektrum ins Auge gefasst.So erklärt sich zumindest zum Teil, wenn Un-ternehmen die sich Bewerbenden für ungeeig-net halten oder diese trotz der angespanntenAusbildungssituation über zu wenige Bewerbun-gen klagen. Letzteres betrifft – zurzeit zumin-dest in der Modellregion – die Landwirtschaft.Dieser Bereich hat erheblichen Nachwuchsbe-darf an gut ausgebildeten, hochqualifiziertenFachkräften. Lehrstellen bleiben besonders an-gesichts des schlechten Images des Agrarsek-tors unbesetzt.

3.2 Verbesserung der Berufs-perspektiven durch Seminarezur Berufsfrühorientierung

Das Problem, das Jugendliche heu-te wohl am häufigsten dazu drängt,ihre Heimatregion zu verlassen,sind die vor allem im ländlichenRaum fehlenden Ausbildungs- undBerufsperspektiven. Angesichts derTatsache, dass es zu Beginn desModellversuches im LandkreisDemmin um eine betrieblicheLehrstelle mehr als zweieinhalbmal so viele Bewerber/-innen gabund fast jede/r achte Arbeitslosejünger als 25 Jahre alt war, zeugtvom bestehenden Handlungsdruck.

Sicherlich ist es im Rahmen einesModellprojektes nicht möglich, dieerforderlichen Ausbildungs- und Ar-beitsplätze für Jugendliche zuschaffen, aber es kann bei der Eta-blierung jener Rahmenbedingungenunterstützend wirken, die Jugend-lichen dabei behilflich sind, sich indieser komplizierten Situation bes-ser orientieren und bedarfsgerech-

ter verhalten zu können. Zentrale Wei-chen dafür – so eine Erkenntnis ver-schiedener Untersuchungen – könnenbereits in der Vorbereitung auf die Ar-beits- und Berufswelt durch die Jugend-lichen gestellt werden.

Drei wesentliche Schwachstellen, die eineRegionalrecherche in Bezug auf die Berufsfrüh-orientierung offen gelegt hatte, dürften nichtnur für die Modellregion zutreffen:

Erstens: Viele Jugendliche fangen erst viel zuspät mit der Berufsorientierung an. Viel-fach schieben sie das Problem vor sich her. Amliebsten wollen sie angesichts der sie umgeben-den Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsproblemegar nicht damit konfrontiert werden.Viele vonihnen wissen nicht, welcher Beruf sie interes-sieren könnte, sie loten weder ihre Neigungen,noch ihre Stärken und Schwächen aus, um fürsich etwas Passendes zu finden. Außerdembesteht vielfach kein Überblick über die sehr

ein leitfadenBerufsorientierungsseminar Medienberufe

Berufsorientierungsseminar Landwir tschaft

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lichkeiten und deren breite Verwendbarkeiterkundigen konnten. Ferner wurden Berufe derLebensmittelindustrie vorgestellt, wofür zumBeispiel der Discounter „Netto“ als Koopera-tionspartner gewonnen werden konnte. In derRegel waren die Seminare aber auf ausgewählteBranchen und ihre Berufe ausgerichtet. Dasbetraf die Landwirtschaft (zwei Seminare), dentouristischen Bereich sowie die Medienbranche(zwei Seminare).

Anknüpfend an die skizzierten Defizite bei derherkömmlichen Berufsberatung sah das von denProjektverantwortlichen entwickelte Grund-konzept für Berufsfrühorientierungsseminareeine Kombination von theoretischer Informa-tion, Erfahrungsberichten aus der Praxis undvor-Ort-Erlebnissen in Form von Betriebsbe-sichtigungen, aber auch eigener praktischerBetätigung vor. Bei der auf den Tourismus ausge-richteten Veranstaltung konnten sich die Jugend-lichen beispielsweise hinter den Empfangstreseneines Hotels stellen und Gäste begrüßen undbetreuen. Das Landwirtschaftsseminar bot ih-nen Gelegenheit, in die Ställe hineinzugehenund beim Füttern der Tiere mit Hand an zulegen. Beim Medienseminar wiederum gab esKurse zum Bildbearbeitungsprogramm Photo-shop und zum Siebdruck. Auf einer Veranstal-tung, bei der eine Berliner Journalistin aus ih-rem Berufsleben berichtete, konnten die Jugend-lichen nicht nur alle sie bewegenden Fragenrund um das Journalisten-Metier stellen, sieerhielten hier zudem Gelegenheit, unter Nut-

Vor diesem Hintergrund fixierte das Modell-projekt als eine weitere eigenständige Ziel- undAufgabenstellung, einen Beitrag zur Verbesse-rung der Berufsperspektiven der Jugendlichendurch Information, Beratung und Qualifizierungzu leisten. Der Schwerpunkt wurde dabei aufdie Berufsfrühorientierung gelegt. Der spezifi-sche Akzent orientierte sich einerseits an derstärkeren Praxisnähe sowie andererseits an derbesseren Ausrichtung an den Bedürfnissen undErwartungen der Jugendlichen. Mit diesen neu-en Zugängen ging es weniger darum, das bereitsbestehende relativ umfangreiche Berufsbera-tungsangebot in der Region zu verdichten, etwaum regionale Lücken zu schließen, sondern viel-mehr um ein Komplementärangebot. Damitsollten bestehende Angebote keineswegs in Fra-ge gestellt, sondern sinnvoll ergänzt werden.

Der Gedanke, Jugendliche frühzeitiger, zielori-entierter und bewusster und lebendiger als bis-her üblich an die Vorbereitung auf das Berufsle-ben heranzuführen, dürfte auch aus regionalerSicht nicht uninteressant sein. Zum einen, weiles so gelingen kann, das Ausbildungsplatz-angebot und den Bedarf seitens der Jugend-lichen besser auszuloten. Das macht es demeinen oder anderen möglich, sich weiterhin aufseine Heimatregion zu orientieren und wirklichalles zu versuchen, hier beruflich Fuß zu fassen.Zum anderen bietet es jungen Leuten die Mög-lichkeit, so auch besser ihre Heimatregion ken-nen zu lernen. In der Bilanz kann eine bedarfs-gerechte Berufsfrühorientierung durchaus dazubeitragen, zumindest einige Jugendliche amWeggehen zu hindern, weil eine Ausbildungs-und Berufsperspektive im heimatlichen Umfeldvermittelt werden kann.

Als konkreter Handlungsansatz wurden imRahmen des Modellprojektes Seminare zurBerufsfrühorientierung konzipiert und in derpraktischen Umsetzung erprobt.Über das Regionale Jugendbüro Ivenack wur-den in den drei Projektjahren sieben Seminarezur Berufsfrühorientierung angeboten, die sichinhaltlich vor allem an den regionalen Gegeben-heiten orientierten. In zwei Seminaren wurdeversucht, das regionale Angebotsspektrum anbetrieblichen Ausbildungsangeboten zu umrei-ßen. Dazu wurde beispielsweise ein Bundes-wehrstandort besucht, bei dem sich dieJugendlichen auch über zivile Ausbildungsmög-

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Berufsorientierungsseminar Landwir tschaft – Besuch eines Familienbetriebs im Nachbardorf

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Außerdem boten diese Veranstaltungen die Mög-lichkeit, unter Nutzung des PC-Pools eine eige-ne Bewerbungsmappe zu erstellen. Dabei wur-den die Jugendlichen professionell beraten.Vielemerkten dabei, dass es gar nicht so schwer ist,wie zuvor vermutet. Schließlich wurden den Teil-nehmern/-innen Informationen über Unterstüt-zungsmöglichkeiten bei der Suche nach dem„richtigen“ Ausbildungsplatz vermittelt. Fürviele war es ein Aha-Erlebnis, wie viele Ange-bote und Einrichtungen es dafür gibt. Das Ge-fühl nicht allein dazustehen, tat vielen gut. Dashat Ängste genommen und Selbstvertrauen ge-schaffen und die Jugendlichen zu eigener Akti-vität motiviert. Ein weiterer interessanter Effekteines derart komplexen Herangehens war, dassdie Jugendlichen Gelegenheit erhielten, sichselbst, die eigenen Stärken aber auch Schwä-chen besser kennen zu lernen. Das Bewusstseinfür die Rolle des Berufes für die Persönlich-keitsentwicklung wurde gestärkt.

Die Seminare wurden durch die Projektver-antwortlichen in enger Zusammenarbeit mitanderen Kooperationspartnern/-innen aus derRegion vorbereitet und durchgeführt. Bei derWahl ließen sie sich zum einen davon leiten,welche Partner einen guten Zugang zu denJugendlichen – etwa in den Schulen oder Ju-gendeinrichtungen – haben. Die Lehrer bei-spielsweise erwiesen sich als ein wichtiger Wer-beträger für das Seminarangebot und ermög-lichten eine breite Streuung der Information andie Schülerschaft. Zum anderen richteten sichdie Kooperationen an den konkreten Themen-feldern der Seminare aus, daher wechseltendiese Partnerschaften auch von Seminar zuSeminar. Damit war es möglich, in den Semi-naren die Spezifika der einzelnen Berufe zu be-rücksichtigen.

Für den Großteil der Teilnehmenden stelltendiese Seminare Neuland dar. Die überwiegendeMehrheit der Jugendlichen war mit den Semina-ren zufrieden und signalisierte, dass derartigeVeranstaltungen stärker angeboten werdensollten. Für viele hatten sie wichtige Effekte inVorbereitung auf Ausbildung und Beruf. Be-deutung dabei hatte unter anderem, dass vieleJugendliche eine Vorstellung von der beruflichenPraxis bekommen haben.Wichtig waren für dieJugendlichen darüber hinaus die interessanteGestaltung, die Möglichkeit, Fragen beantwor-

zung des PC-Pools zu einem selbst gewähltenThema zu recherchieren, die Ivenacker Bevöl-kerung zu interviewen und die Ergebnisse ineinem selbst geschriebenen Artikel vorzustellen.

Viele der teilnehmenden Jugendlichen haben imNachhinein betont, dass dieser Praxiseinblick,die Möglichkeiten, etwas selbst ausprobieren zukönnen, für sie nicht nur sehr interessant wa-ren, sondern ihnen tatsächlich geholfen haben,ein Gefühl dafür zu bekommen, ob diese Tätig-keit etwas für sie wäre. Eine Berufsfrüh-orientierung zum Anfassen und Mitmachen warfür alle neu und fand insgesamt guten Anklang.

ein leitfaden

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andere Jugendliche kennen zu lernen und sichmit denen „über Gott und die Welt“ zu unter-halten. Dazu haben die Abende am Lagerfeuergute Gelegenheit geboten.

Bis auf die praktischen Teile der Seminararbeit,die Betriebsbesuche, wurden die räumlichenund technischen Kapazitäten des IvenackerZentrums genutzt.

! Stolperstein

Ein grundlegendes Problem konnte aber nurbedingt gelöst werden: die Übernachtung derJugendlichen in Ivenack. Das Haus verfügte we-der über Unterbringungsmöglichkeiten, nochüber die entsprechenden sanitären Anlagen. Diekleine Küche der Einrichtung vermochte gera-de eine Kaltverpflegung und Getränkeversor-gung. Im Sommer konnte als Kompromiss vorder Immobilie gezeltet werden, eine Wasch-gelegenheit bot das benachbarte Gemeinde-haus. Zur Versorgung konnte der Grill genutztwerden. Im Winter war diese Alternative ver-ständlicherweise nicht gegeben, so dass auf dieUnterbringung in anderen Objekten – bei-spielsweise einer Jugendherberge – ausgewi-chen werden musste. Das verursachte aber zu-sätzlichen Aufwand und erhöhte die Kosten.

! Praxis-Tipp

• In der Information zu derartigen Veranstal-tungen müssen deren Zielstellungen und inhalt-lichen Grundpfeiler sehr konkret beschriebensein. Das verhindert, dass Jugendliche mitfalschen Erwartungen an diesen Seminaren teil-nehmen. 11

Für den Erfolg der Seminararbeit ist es wichtig,eine sehr sorgfältige Auswahl der Jugendlichenvorzunehmen. Es geht nicht darum, irgendwel-che Jugendlichen für eine Teilnahme zu interes-sieren, sondern die richtige Zielgruppe zu errei-chen, also jene, die hinsichtlich der Berufswahlnoch auf der Suche sind und die sich aus eige-nem Interesse informieren wollen. Daher istder Zugang zur eigentlichen Zielgruppe sehrwichtig. Relevant sind hier die Schulen und Ju-gendeinrichtungen. Lehrer, sozialpädagogischesBetreuungspersonal wie auch die Mitarbeiter/-innen in den außerschulischen Jugendeinrich-tungen können durch eine gezielte Ansprache

tet zu bekommen, aber auch, dass alles leichtverständlich und „nicht so kompliziert“ war.Viele Jugendliche hatten von einigen Berufenein genaueres Bild erlangt. Ihnen war bewusstgeworden, wie wichtig es ist, sich über Berufezu informieren, und sie wollten gezielter weite-re Berufsbilder nachfragen. Das spricht dafür,dass die Seminare einen Beitrag leisteten, Ju-gendliche im Prozess der Berufsfrühorientie-rung zu aktivieren. Und einigen hat das Angebotdirekt geholfen, sich für einen bestimmten Be-ruf zu interessieren. Für einige war es eine per-sönliche Entscheidungshilfe, denn sie wissenjetzt besser, was sie wollen.

! Praxis-Tipp

Als wichtige Erfolgsfaktoren haben sichnach sieben thematisch unterschiedlichenSeminaren zur Berufsfrühorientierung fol-gende herauskristallisiert:

• Die Jugendgruppen sollten möglichst kleinsein, um intensiv mit jedem einzelnen arbeitenzu können. Bei einer Teilnehmer/-innen-Anzahlvon 16 bis 20 Personen sollte die Gruppe geteiltwerden. Ein Teil kann den theoretischen Teil (Be-werbungstraining und Erstellen einer Bewer-bungsmappe usw.) absolvieren, während der an-dere Teil sich im betrieblichen Bereich aufhält.

• Als geeigneter Zeitpunkt für die zweitägigenVeranstaltungen erweisen sich die Ferien. Dannmuss sich das Seminar nicht auf ein Wochen-ende beschränken, sondern kann mitten in derWoche durchgeführt werden.

Das hat zudem den Vorteil, dass die Schülervom Schulstress frei sind und sich gut auf dieInhalte konzentrieren können. Zum Teil ist esmitten in der Woche auch leichter, Betriebe zurBeteiligung zu gewinnen.

• Gerade bei Jugendlichen darf der Spaßfaktornicht zu kurz kommen. Reflektionen der teil-nehmenden Jugendlichen weisen auf deren gro-ßes Interesse hin, dabei auch Freizeit haben undunterhalten werden zu wollen. So kam im Rah-men des Medienseminars beispielsweise derBesuch der Müritz-Therme bei den Jugendli-chen sehr gut an. Nicht zuletzt ist es für siewichtig, derartige Veranstaltungen zu nutzen,

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

11 In den ersten Seminaren kam es leider vor, dass sich Mädchen und Jungen da-ran beteiligten, obwohl sie bereits feste Vorstellungen von ihrem Beruf hatten.Sie waren entweder von den Eltern gedrängt worden oder von Freund/-in zum Mitkommen überredet worden. Einige sahen es auch als kostengünstige Variante der Freizeitgestaltung an. Dass deren Interesse an den Inhalten nur bedingtgegeben war, hat mitunter zu Störungen geführt.

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Diese Erfahrungen vermitteln, wiewichtig hier vor allem die gründli-che Vorbereitung und ein intensi-ver Dialog mit allen Beteiligten ist.Der Aufwand dafür liegt rechthoch.

Zur Bilanz der bisherigen Seminare zurBerufsfrühorientierung bleibt festzuhalten, dassverschiedene Methoden einer jugendgemäßenund praxisnahen Berufsfrühorientierung erfolg-reich erprobt wurden. Damit liegt ein auch aufandere Regionen in Deutschland übertragbaresKonzept vor. Natürlich muss es an die regiona-len Gegebenheiten angepasst werden. Zudemist es erweiterbar und ausbaufähig.

So könnten beispielsweise Diskussionsrundenoder Foren zu jeweils speziellen Berufen orga-nisiert werden. Hier wäre es sinnvoll, Jugend-liche einzuladen, die gerade eine Ausbildung imbetreffenden Beruf absolvieren. Das Zentrumselbst bot dank des PC-Pools auch gute Mög-lichkeiten für Jugendliche, sich selbstständiggezielt Informationen über Berufe einzuholen.Ein Team könnte eigenständig unter anderemim Internet recherchieren, aber auch überInterviews mit Berufsberatern, Unternehmernoder Azubis selbst bzw. durch die Auswertungvorliegender schriftlicher Informationen solcheMaterialien zusammenstellen, die evt. die Be-dürfnisse der Jugendlichen besser treffen unddurch die jugendliche Autorenschaft vermutlichauch größere Akzeptanz unter den jugendlichenNutzern/-innen erreichen könnte. Denkbarsind auch organisierte Chats mit Jugendlichenaus anderen Regionen. Die noch stärkere Ver-knüpfung der Informations-, Beratungs- undQualifizierungsangebote mit der Eigeninitiativeder Jugendlichen könnte einen guten Beitragleisten, ihre sozialen Kompetenzen weiter aus-zuprägen.

gerade einzelner Jugendlicher, von denenbekannt ist, dass sie sich entweder für einenbestimmten Beruf interessieren oder nochgänzlich untätig bzw. unentschlossen sind, vielzum Erfolg derartiger Angebote beitragen.

• Ebenso sorgfältig wie bei den Jugendlichenmuss auch die Auswahl der beteiligten Betriebeerfolgen. Denjenigen, die ihren Betrieb und ein-zelne Tätigkeitsfelder vorstellen, muss klar sein,dass es um wesentlich mehr als reine Informa-tionsvermittlung zu Berufen geht. Sie müssen esverstehen, die Jugendlichen auch wirklich zuerreichen, sie zu begeistern. Berufsfrühorien-tierung sollte für die Teilnehmenden zu einemnachhaltigen Erlebnis werden, das außerdemnoch Spaß macht. Die Betriebe sind gezielt aufdie potenziellen Teilnehmenden einzustimmen.

• Schließlich musste auch für den Transport derJugendlichen gesorgt werden. Da sich an diesenSeminaren Jugendliche aus dem gesamtenKreisgebiet beteiligt haben, war nicht nur derWeg zum Regionalen Jugendbüro nach Ivenackzu organisieren, sondern auch der Transportzwischen den Seminarteilen. Hier zeigten dieProjektverantwortlichen großes Engagement:Sie holten die Teilnehmenden von zentralenTreffpunkten mit ihren PKWs ab bzw. brachtensie zum Ende der Veranstaltung wieder dorthin.Waren räumliche Entfernungen im Seminar-ablauf zu bewältigen, wurde dies ebenfalls durchindividuelle Fahrten der Organisatoren sichergestellt.

ein leitfaden

Berufsorientierungsseminar Medienberufe – Druckereirundgang

Berufsorientierungsseminar Landwir tschaft

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gruppe keine eigenen Potenziale zuschreibt undfolglich den Blick dafür versperrt, was für dieregionale Entwicklung erreichbar wäre, wenndiese stärker eingebunden werden würde. Es istdaher heute keineswegs eine Selbstverständ-lichkeit,

• Jugend als eine Bevölkerungsgruppe mit eigenen Interessen und Vorstel-lungen zu sehen,

• Jugend ein Recht auf eigene Artikula-tion zuzugestehen,

• Jugend als handelnde Akteursgruppezu betrachten, die selbstständig etwas auf die Beine stellen kann,

• Jugend das selbstverständliche Recht einzuräumen, an den regionalen Ent-wicklungsprozessen beteiligt zu werden.

Wenn von Partizipation die Rede ist, sind alsoverschiedene Facetten angesprochen.WirklichePartizipation ist aber erst durch die Kombina-tion der genannten Aspekte gegeben und kannauch nur so für eine Region produktiv gemachtwerden.

Die in der Praxis nahezu alltägliche Nichtbetei-ligung der Jugend an den regionalen Entwick-lungsprozessen war Anlass, den Partizipations-gedanken als weitere eigenständige Zielstellungin das Modellprojekt zu integrieren. Hierinwurde ein wichtiger Ansatz gesehen, Jugendli-

3.3 Einbeziehung junger Menschen in die Gestaltung ländlicher Räume

Im Bewusstsein vieler Menschen ist der Ge-danke, dass es einen Zusammenhang zwischenJugendlichen und der regionalen Entwicklunggibt, durchaus präsent. Erinnert sei an dieserStelle an die demografischen Konsequenzen, diedas Weggehen der Jugendlichen aus den Hei-matdörfern für diese hat. Der damit perspekti-visch fehlende Nachwuchs stellt früher oderspäter deren Überlebensfähigkeit auf die Tages-ordnung. Aber auch aus aktueller Sicht zeigensich Disparitäten: Junge Leute gehören zumDorfleben ganz einfach dazu, sie sorgen für eineausgewogene Bevölkerungs- und Sozialstrukturin einer Region. Sie prägen in vielfältiger Hin-sicht das Bild der Dörfer, denn nur wenn esdort Jugendliche gibt, sind auch Schulen, Jugend-einrichtungen und andere Angebote der sozia-len Infrastruktur erforderlich. Nicht zu verges-sen ist der „frische Wind“, den die Jugend häu-fig in das Dorfleben bringt. Damit geht es alsoauch um die gegenwärtige Vitalität und Attrak-tivität der Dörfer.

Das sind die allgemein bekannten und auch ak-zeptierten Verbindungsglieder zwischen Jugend-lichen einerseits und regionaler Entwicklung an-dererseits.Weit weniger im Bewusstsein veran-kert ist demgegenüber, dass es auch einen Zu-sammenhang zwischen der Entwicklung derRessource „Jugendliche“ und der des regiona-len Umfeldes gibt, dass Jugend einen eigenstän-digen Beitrag in die Regionalentwicklung ein-bringen kann. Hier aber ist bereits ein Ach-tungszeichen zu setzen: Das setzt nämlich dieBereitschaft voraus, sie daran beteiligen zu wol-len, interessierten Jugendlichen entsprechendeRahmenbedingungen dafür zu schaffen und siein diesem Prozess gezielt zu begleiten.

Die Beteiligung und direkte Partizipation Ju-gendlicher an der Regionalentwicklung mit Le-ben zu erfüllen, erweist sich in der Praxis aberbekanntlich als sehr schwierig. Hier dürfte sichdie Situation in der Modellregion nicht grundle-gend von der in anderen ländlichen Gebietenunterscheiden. Dreh- und Angelpunkt dieserProblematik ist das seit Jahrzehnten in der Ge-sellschaft vorherrschende Jugendbild. Es domi-niert ein Jugendbild, das dieser Bevölkerungs-

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Jugendpressekonferenz zum Thema Kommunalwahl im Gymnasium Loitz

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dies als eine Querschnittsaufgabe betrach-tet wird, der sich sowohl die Erwachsenen(regionale Akteure) als auch die Jugendlichenstellen müssen. Daher betrachtete das Modell-projekt beide als eigenständige Zielgruppen.

Die Erwachsenenwelt hat von der Jugend oftein sehr einseitiges und undifferenziertes Bild.Nicht selten wird ein problemorientiertes, ehernegatives Bild von der Jugend gezeichnet undwird sie im Großen und Ganzen als ein Stör-faktor gesehen, beispielsweise wenn eine Jugend-clique nach dem abendlichen Treff ihre Bier-dosen an der Bushaltestelle hat liegen lassen.Jugendliche werden in der Regel am Verhaltender Erwachsenen gemessen, ist das nicht kon-form, erfolgen Restriktionen (z. B. Schließungdes Jugendclubs). Es herrscht ein Denken vor,das die Erwachsenen für die Jugendlichen zusorgen haben – das schließt ein, für die Jugend-lichen zu denken und ebenso für diese zu han-deln. Das unterstellt, dass diese am besten wüs-sten, was für die Jugend gut ist. Damit bleibenJugendliche bei Entscheidungs- und Gestaltungs-prozessen in der Regel außen vor.

Dieses Bild hat natürlich auch viele Jugendlichein ihrem Verhalten geprägt und ist nicht geradedienlich, diese zu eigenem Engagement zu moti-vieren und zu mobilisieren. Werden sie aktiv,dann sehen sie sich häufig schnell vor Grenzengestellt. Ihre Einflussmöglichkeiten sind begrenzt,vorgetragene Wünsche scheitern oft – zumeistwird das mit finanziellen Engpässen begründet.Die Frage, was junge Menschen bewegt, ihrenLebensmittelpunkt in der Herkunftsregion zusuchen, wird oft nicht gestellt und noch selte-ner tatkräftig angegangen. Daher fühlen sichnicht wenige Jugendliche an den Rand der dör-flichen Gesellschaft gedrängt. In der Endkon-sequenz wollen viele nur noch weg! Wie sichzeigt, gibt es zahlreiche Hemmnisse, die esheute noch so schwierig machen, Jugendliche indie regionale Entwicklung zu integrieren. Diebestehenden Probleme können – so die Inten-tionen des Modellprojektes – nur durch die Ein-beziehung eines breiten Akteursspek-trums einer Lösung näher gebracht werden.

Bei dem Versuch, im Rahmen des Modellpro-jektes zielorientierte und praxisrelevante Hand-lungsansätze auszuloten und umzusetzen, warnatürlich davon ausgegangen worden, dass die-

che langfristig in die Lage zu versetzen, Trägereiner nachhaltigen Regionalentwicklung zu sein.Heute sollen die Weichen gestellt werden, umjunge Leute zur Partizipation zu motivieren, ih-nen methodische Herangehensweisen in diesemProzess zu vermitteln, Erfolgserlebnisse zu ver-schaffen und ihnen das Bewusstsein zu vermit-teln, dass ihr eigenes Mittun an der Regional-entwicklung auch in Zukunft unverzichtbar istund für alle nur positive Effekte mit sich bringt.

Dieses Anliegen verband sich zugleich mit derÜberlegung, dass eine verstärkte Einbindung Ju-gendlicher in regionale Entwicklungsprozessezu einer tiefgreifenden Auseinandersetzungmit den örtlichen Gegebenheiten zwingt.Diese Analyse kann neben der Aufdeckung vonDefiziten auch ein Erkennen von Möglichkeitenim Rahmen der angetroffenen Situation bein-halten. Auch ein verstärktes Mitspracherechtbei der Gestaltung von Raum und Zukunft kanndazu beitragen, ihrerseits neue Bindungen undtiefergehende Identifikationen zur Heimatre-gion aufzubauen. Dies kann letztlich ihre Ent-scheidung, vor Ort zu bleiben oder zumindestnach absolvierter Ausbildung zurückkehren zuwollen, positiv beeinflussen.

Um das Problem möglichst ergebnisorientiertanzugehen, war auch die Frage zu klären, wiedas am besten zu bewerkstelligen sein könnte.Diesbezüglich bestand von Anfang an Klarheitdarüber, dass sich die Beteiligungschancen fürJugendliche nur dann verbessern lassen, wenn

ein leitfaden

Jugendpressekonferenz zum Thema Kommunalwahl mit Regionalpolitikern des Landkreises

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Zweitens: Im Kreisgebiet gab es in der Jugend-arbeit zwar zahlreiche Akteure, doch diese agier-ten im Wesentlichen isoliert voneinander. Folg-lich hat die Situationsanalyse ein Defizit an Ver-netzung von Akteuren, vor allem der hier prä-senten Träger und ihrer Aktivitäten in der Regionergeben.

Ansetzend an diesem Defi-zit sah es das Modellprojektdaher als eine Aufgabe an,einen Beitrag zur Zusam-menführung und Bünde-lung der vorhandenen Res-sourcen zu leisten. In re-gionalen Netzwerkaktivitä-ten wurde ein Schlüssel fürweitere Fortschritte in derJugendarbeit gesehen. Sodürfte es erst auf dieserGrundlage möglich sein,perspektivisch ein Leitbildfür die Jugendarbeit in derRegion zu entwickeln, umdaraus wiederum strate-gisch-konzeptionelle Hand-lungsansätze abzuleiten.Folgende Aktivitäten derProjektverantwortlichenwaren dabei von zentralerBedeutung:

• Durchführung thematischer Workshops

In einem ersten wichtigen Schritt hatten dieProjektverantwortlichen zahlreiche bilateraleKontakte zur gesamten Breite des kreislichenAkteursspektrums aufgebaut. Bereits innerhalbdes ersten Jahres seiner Laufzeit hatte sich dasModell durch konkrete Aktivitäten wie denAufbau und die Inbetriebnahme des RegionalenJugendbüros sowie die durchgeführten Semina-re zur Berufsfrühorientierung in der Region be-kannt und auch einen gewissen Namen ge-macht.

Akzeptanz wurde schrittweise mit den er-brachten Leistungen erreicht. Das zunehmendtiefere Eindringen in die Region führte auchdazu, einerseits die Problemlagen immer besserzu erkennen, und andererseits kristallisiertensich die Handlungserfordernisse immer an-schaulicher heraus.

se Problemkonstellationen nicht von heute aufmorgen verändert werden können. Daher stell-te sich das Vorhaben das Ziel, dafür zunächstwichtige Grundlagen zu schaffen, quasi einenAnfang zu machen, einen Nährboden zu berei-ten, auf dem in den kommenden Jahren aufge-baut werden kann. Diese Grundlagen betrafenvor allem den ideellen Bereich. Damit war klar,dass die Hauptarbeit in Bezug auf einen Be-wusstseinswandel zu leisten war, denn lang-fristig galt es, eine neue Sichtweise auf dieRessource „Jugend“ durchzusetzen. Da dies be-kanntlich ein schwieriger und langfristiger Pro-zess ist, wurde hinterfragt, wie dieser unter-stützt werden könnte. Hier hatte die Regional-analyse folgende Fragen aufgeworfen:

Welche materiell-institutionellen Rahmenbe-dingungen sind gegeben bzw. müssten ge-schaffen werden, um den Prozess zu beför-dern?

Welche konkreten Aktivitäten sind geeignet,die beide Zielgruppen von der Sinnhaftig-keit und dem Nutzen des Modellanliegenszu überzeugen?

Nachfolgend wird dargestellt, welche konkre-ten Initiativen von den Projektverantwortlichenin den zurückliegenden drei Jahren unternom-men wurden:

A) Zielgruppe: Regionale Akteure

Die zu Beginn des Modellprojektes durchge-führte Regionalanalyse brachte zwei wichtigeBefunde hervor, die für die Projektverantwort-lichen im Folgenden handlungsleitend waren:

Erstens: Trotz hoher Raten abwandernder Ju-gendlicher und solcher ohne Perspektive aufdem regionalen Arbeitsmarkt fanden die Belan-ge Jugendlicher auf der politischen Agenda derVerantwortlichen im Landkreis nicht die ange-messene Berücksichtigung. Keine übergreifendeZielstellung im Sinne eines ressortübergreifen-den Leitbildes thematisierte die Probleme derJugendlichen und versuchte, die vorhandenenRessourcen entsprechend zu konzentrieren. Ei-ne Konsequenz dieses nicht gegebenen Leitbil-des war das Fehlen tragfähiger konzeptionellerVorstellungen und Handlungsstrategien imBereich der Jugendarbeit.

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

„Neue Wege in der Arbeit mit Jugendlichen im LK Demmin“

Workshop im Mai 2003

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! Praxis-Tipp Insgesamt hat sich ein sensibles Zugehen auf dieeinzelnen Akteure bzw. -gruppen als erfolgrei-cher Weg erwiesen. Deren jeweilige Interessen-lagen müssen bewusst wahrgenommen undhinterfragt werden. Entsprechend sind spezifi-sche Zugangs- und Handlungsstrategien, ak-teursgerechte Argumentationsweisen undÜberzeugungsarbeit abzuleiten, wenn diese alsPartner gewonnen werden sollen.

Anfang des Jahres 2003, also ca. ein Jahr nachProjektbeginn, war ein Punkt erreicht, der es imInteresse weiterer Fortschritte zwingend erfor-derlich machte, eine Organisationsform zu fin-den, durch die die verschiedensten regionalenAkteure an einen Tisch geholt werden konnten.Als Instrument wurde durch die Projektverant-wortlichen ein thematischer Workshop gewählt.

Am 16. Mai 2003 fand ein Workshop zum The-ma „Neue Wege in der Arbeit mit Jugendlichenim Landkreis Demmin“ statt. Aus heutiger Sichtkann diese Veranstaltung als der entscheidendemethodische Schritt, als eine Art Durchbruchauf dem Wege zur regionalen Vernetzung be-wertet werden. In dessen Vorfeld wurden dieInhalte und Hauptfragestellungen mit Koopera-tionspartnern/-innen debattiert, und auch dasJugendamt war in die Planung einbezogen.

Die außerordentlich positive Reaktion über-raschte selbst die Projektverantwortlichen.Wiewichtig diese Veranstaltung aus der Sicht vielerregionaler Akteure war, zeigte sich nicht nur ander Anzahl der Anmeldungen (60 Teilnehmen-de), sondern vor allem an der Stimmungslageder Beteiligten. Die Mehrzahl der Teilnehmen-den äußerte sich im Ergebnis uneingeschränktpositiv und sehr hoffnungsvoll. Der Workshopwurde im Wesentlichen als ein Aufbruch emp-funden, künftig in der kreislichen Jugendarbeitvoranzukommen, und er hatte von daher fürdie meisten Anwesenden eine motivierendeund mobilisierende Wirkung.

Eine interessante Erfahrung, die die Projektver-antwortlichen bereits frühzeitig machen mus-sten, betraf den differenzierten Zugang einzel-ner Akteure bzw. Akteursgruppen zur Jugend-problematik:

! Praxis-Tipp

Es gab eine Gruppe von Akteuren, die dem Mo-dell von Anfang an aufgeschlossen und koope-rationsbereit gegenüber stand. Wird versucht,diese Gruppe auf einen Nenner zu bringen,dann zeigt sich, dass dies vorrangig selbst zeit-lich befristete Projektinitiativen waren und un-ter einem gewissen Legitimations- und Erfolgs-druck standen – in etwa vergleichbar zum Ive-nacker Modellprojekt.Typische Kennzeichen fürdiese waren, dass sie Schnittstellen zu den Ziel-stellungen des Modells aufwiesen und zur Um-setzung ihrer jeweils eigenen Aufgaben selbstauf der Suche nach geeigneten Partnern waren.Ebenfalls charakteristisch für sie war, dass siegewisse Akzeptanzprobleme hatten, denn siewaren nicht in bestehende, feste Strukturen ein-gebunden, sie wiesen einen geringen Grad derInstitutionalisierung auf und verfügten oft auchnicht über eine gesicherte Finanzierung.

Eine zweite Gruppe von Akteuren signalisiertezwar formal Kooperationsbereitschaft, bezogaber in der Praxis eine eher abwartendeHaltung gegenüber dem Modellprojekt, undeine aktive Beteiligung blieb begrenzt. Eine der-artige Distanz ließ sich vor allem für Teile deröffentlichen Verwaltung, politische Entschei-dungsträger, insbesondere aber für die Wirt-schaft beobachten. Gerade dies erwies sich fürdas Vorankommen des Modells als relativ pro-blematisch, da es sich hier um jenes Akteurs-spektrum handelt, in dem die regionalen Ent-scheidungsbefugnisse gebündelt sind.

Die durchaus differenzierte Haltung der regiona-len Akteure gegenüber dem Modellprojekt „Ent-wicklung eines Informations- und Kommunika-tionszentrums zur Gestaltung ländlicher Räumefür Jugendliche“ widerspiegelte unterschiedli-che Interessenlagen, aber auch voneinander ab-weichende Erfahrungen und Erwartungen.Hierbei dürfte es sich um einen Tatbestand han-deln, der prinzipieller Natur ist und durch Pro-jektakteure generell in Rechnung gestellt wer-den muss.

ein leitfaden

Eröffnung des Workshops

Arbeitsgruppe Qualifizierung im Workshop

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! Stolperstein

Zu den Teilnehmenden gehörten im AllgemeinenMitarbeiter/-innen von Trägerinstitutionen,Ver-waltungsbereichen etc.. Die Anwesenheit vonEntscheidungsträgern aus dem Bereich derJugendarbeit blieb allerdings stark begrenzt.Dashatte Konsequenzen für die Umsetzung der aufder Veranstaltung erarbeiteten Handlungsem-pfehlungen. Deren Verbindlichkeit war demzu-folge nicht gewährleistet. Welche Fortschritteim Weiteren erreichbar waren, hing davon ab,inwieweit die Anwesenden Gelegenheiten hat-ten, die Workshopergebnisse an die jeweiligen„Chefetagen“ weiterzugeben und welche Ak-zeptanz diese dort fanden. Daher blieben dieProjektverantwortlichen des Modells als Initia-toren und Moderatoren des Netzwerkspro-zesses auch weiterhin gefordert.

! Stolperstein

Eine weitere Frage rankte sich um die künftigeStellung des Modellprojektes und seiner Mitar-beiter/-in. Mit dem Workshop richteten sichplötzlich alle Hoffnungen auf die Projektverant-wortlichen aus Ivenack. Es war das Bestrebenvieler regionaler Akteure erkennbar, das Regio-nale Jugendbüro mit möglichst vielen der anste-henden Aufgaben zu betrauen. Einerseits kanndies als Indiz einer gelungenen Verortung undWertschätzung der seinerseits in die Region ein-gebrachten Kompetenzen betrachtet werden.Andererseits zeigt sich darin aber auch das Be-streben vieler Akteure aus der Modellregion,sich nicht neue, zusätzliche Aufgaben undVerantwortlichkeiten aufzubürden.

Hier ist das Regionale Jugendbüro in den AugenVieler das willkommene „Mädchen für alles“.Dies könnte dafür sprechen, dass bestimmteübergreifende Aufgaben vom Akteursspektrumzum Teil nicht erkannt, zum Teil aber auch nichtausgefüllt werden können, oft auch nicht ausge-füllt werden wollen. In diese bestehende Lückeist das Zentrum vorgedrungen und hat es alseine wesentliche Chance erkannt. Zudem zeigtsich in dieser Dienstleistungs-Funktion auch derbesondere Mehrwert des Regionalen Jugendbü-ros für die Region. Keine andere Institution warzu diesem Zeitpunkt bereit oder in der Lage,die dem Zentrum anvertrauten Aufgaben zu

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Der große Erfolg dieses Workshops dürftesich vor allem aus Folgendem erklären:

1.

Die Veranstaltung hatte ein sehr breites Ak-teursspektrum zusammengeführt und bot daher für viele Teilnehmende Gelegenheit,sich persönlich kennen zu lernen.

2.

In Fachbeiträgen wurden Informationen und Anregungen (z. B.Vorstellung von Modellen koordinierter Jugendarbeit in anderen länd-lichen Regionen und alternativer Finanzie-rungskonzepte) vermittelt, die dem Work-shop zugleich den Charakter einer Qualifi-zierungsveranstaltung gaben.

3.

Es war ausgehend von einer aktuellen Situ-ationsdarstellung Raum für einen offenen Meinungs- und Erfahrungsaustausch gegeben.Diese Möglichkeit wurde von vielen der An-wesenden als besonders hilfreich empfun-den.Viele von ihnen konnten zum erstenMal solch eine Plattform für die eigene Ar-beit nutzen.

4.

Es bestand Einigkeit darüber, dass es zur Ver-besserung der Jugendarbeit im Kreis viel zu tun gibt.Von den Anwesenden wurden kon-krete Handlungsempfehlungen zur Diskus-sion gestellt.

5.

Im Ergebnis der Diskussion wurden Festle-gungen fixiert, wie es weiter gehen sollte.Diese wurden praktisch auch als Auftrag an die Projektverantwortlichen des Modellsformuliert.

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allgemeines Interesse an der Bildung eines Kreis-jugendringes, aber weder entsprechende Be-schlüsse noch konkrete offizielle Schritte sindbislang erfolgt.

Als übergreifende Fragestellung dürfte hier we-niger interessant sein, wie dieser Prozess in derModellregion im Detail vonstatten gegangen ist,verallgemeinerbar sind aber die hierbei vomRegionalen Jugendbüro gewonnenen Erfahrun-gen in Bezug auf die Bildung und regionale In-stallierung von Gremien sowie die Verankerungund Umsetzung von Neuerungen. Dazu kannFolgendes vermittelt werden:Um etwas Neues in einer Region erfolgreichauf den Weg zu bringen, reichen weder Interes-senbekundungen Einzelner noch deren individu-elle Aktivitäten aus. Vielmehr ist eine klarePositionierung der zuständigen Entscheidungs-träger erforderlich. Bleibt diese politische Wil-lensbekundung aus und steuern die Zuständi-gen dementsprechend auch nicht in die richtigeRichtung, ziehen sich die Prozesse im bestenFalle in die Länge, im schlechtesten Falle laufensie sich irgendwann tot. So können Aktivitäts-potenziale lahm gelegt und bestehende Chan-cen vertan werden.Welche konkrete Form diedafür zu schaffenden Gremien haben, ist dabeirelativ unerheblich – ein Runder Tisch, ein För-derkreis, -verein oder Freundeskreis – entschei-dend ist vor allem, dass von den regionalenAkteuren/-innen jene ins Boot geholt werdenkönnen, durch die das Vorhaben in seiner Um-setzung unmittelbar unterstützt wird. Dies-bezüglich sind die Erfahrungen des RegionalenJugendbüros Ivenack leider eher negativ:

! Stolperstein

Aus der Aufbruchstimmung des bereits ange-sprochenen Workshops vom Mai 2003 herauswurde unter maßgeblicher Beteiligung des Regio-nalen Jugendbüros – aber ohne öffentlich-amtli-chen Auftrag und ohne direkte Unterstützungder politisch Verantwortlichen – der „RundeTisch Jugendarbeit“ ins Leben gerufen. Es fandsich zwar sporadisch ein Kreis interessierterund auch fachlich kompetenter Personen zu-sammen, aber angesichts der fehlenden öffentli-chen Legitimation waren zum einen Zielstellungund Auftrag dieses Gremiums nicht klar genugformuliert und zum anderen fehlten in diesemKreis die Entscheidungsträger.

übernehmen. Damit zugleich erhebt sich diekomplizierte Frage, wie weit sich die Projekt-verantwortlichen in diesen Prozess integrierenlassen sollten. Die unentbehrliche Dienstleister-Funktion des Jugendbüros durfte im Interesseder Nachhaltigkeit der ins Leben gerufenen Ver-änderungen sicherlich nicht soweit gehen, dassdie Netzwerkarbeit ausschließlich von ihm ge-tragen wird. Hier war es unverzichtbar, einenAnsatz zu finden und durchzusetzen, der dieFortsetzung der Prozesse auch nach Auslaufendes Modellprojektes garantiert.

• Etablierung eines Runden Tisches „Jugendarbeit“

Demmin war in Mecklenburg-Vorpommern dereinzige Landkreis, in dem es keinen Kreisju-gendring gab. Bereits durch die Zusammenar-beit des Regionalen Jugendbüros mit dem Ju-gendhilfeausschuss des Landkreises und zusätz-lich bekräftigt durch den Workshop vom Mai2003 wurde an das Modellprojekt die Aufgabeherangetragen,einen „Runden Tisch“ zur Jugend-thematik ins Leben zu rufen und sich um diemit der Etablierung eines Kreisjugendringes ver-bundenen inhaltlichen und organisatorischenFragen zu kümmern. Dieses Gremium solltevor allem die dafür erforderlichen Vorarbeitenleisten. Als kurzes Fazit an dieser Stelle bleibtnach ca. 1,5 Jahren intensiver Arbeit ein unbe-friedigender Verlauf dieser Initiativen festzuhal-ten: Inzwischen besteht zwar in der Region ein

ein leitfaden

Arbeitsgruppe Vernetzung im Workshop

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Für die Arbeit dieses Gremiums spielte dasZentrum eine unverzichtbare Rolle. Wenngleichdie Meinung weit verbreitet war, dass das Re-gionale Jugendbüro mehr oder weniger imAlleingang in Sachen Kreisjugendring aktiv wer-den sollte, waren die Projektverantwortlichenschon im Interesse der Nachhaltigkeit bestrebt,die Verantwortung für diesen Prozess auf dieSchultern mehrerer regionaler Akteure zu ver-teilen.

Von daher war dieser kooperative Ansatz auchdurchaus richtig gewählt. Der spezifische Bei-trag des Zentrum bestand darin, den ständigenKontakt zu den einzelnen Beteiligten zu halten,die Treffen zu organisieren und einen inhaltlich-konzeptionellen Input zu leisten. Das Zentrumbot zudem die räumlichen Möglichkeiten fürdie Treffen.

Damit ist die Frage nach dem spezifischen Platzsolcher unabhängigen Institutionen wie es dasRegionale Jugendbüro darstellt, innerhalb regio-naler Vernetzungsprozesse angesprochen. Un-bestreitbar ist, dass von ihnen wichtige Impulseausgehen, sie in der Lage sind, regionale Ent-wicklungsprozesse aktiv mitzugestalten undderen Vorankommen zu unterstützen. Wennaber die Rahmenbedingungen dafür nicht opti-mal sind, bleiben derartige Institutionen in ihrerWirksamkeit zwangsläufig begrenzt. Ein noch sogroßes Engagement und ein noch so beträchtli-cher Input kann fehlenden politischen Willenund unzureichende Einbindung in die regionalenEntscheidungsstrukturen nicht kompensieren.

! Stolperstein

Und es hat sich noch ein weiterer Aspekt derGrenzen für ein aktives Mittun aufgetan: Zwarfindet die Kompetenz der Projektverantwort-lichen unter immer mehr regionalen Akteurenuneingeschränkte Anerkennung, aber einerinstitutionellen Einbindung – wie beispielsweiseder Mitgliedschaft im neu besetzten Jugendhil-feausschuß des Landkreises – stand die für Mo-dellprojekte ungesicherte (Weiter-)Finanzierungund damit die unklare Perspektive des Regio-nalen Jugendbüros im Wege.

Das neu eingerichtete Gremium trug im Rah-men seiner Arbeit viele interessante Informatio-nen und Ideen zusammen. Um die Möglich-keiten zur Etablierung eines Kreisjugendringesauszuloten sowie diesen Prozess inhaltlich undorganisatorisch vorzubereiten,wurden beispiels-weise verschiedene Modelle anderer Landkreiseanalysiert.

Auch an einer Mustersatzung wurde gearbeitet.Die Gruppe befasste sich ebenfalls mit Frageneiner zu initiierenden Leitbildentwicklung mitder Fokussierung auf die regionale Jugend.Damit wandelte dieser „Runde TischJugendarbeit“ seine Funktion von einem reinenVorbereitungsgremium in Sachen Kreisjugend-ring hin zu einem Ort, von dem auch wichtigeImpulse für eine konzeptionelle und inhaltlicheWeiterentwicklung der kreislichen Jugendarbeithätten ausgehen können.

! Stolperstein

Letztlich blieb die Wirksamkeit dieses Kreisesbegrenzt, da es nicht gelang, seine Ideen an dieregionalen Entscheidungsträger rückzukoppeln.Ein Merkmal der am „Runden Tisch“ Beteiligtenbestand nämlich darin, dass diese zwar alle sehrengagiert und inhaltlich kompetent waren, aberletztlich keine Entscheidungsbefugnis besaßen.

Der „Runde Tisch“ war damit nicht in der Lage,Beschlüsse zu fassen und diese zur Umsetzungzu bringen.Vor diesem Hintergrund hat sich dasGremium zunehmend zu einem interessantenDebattierclub und einer persönlichen „Spiel-wiese“ einzelner Personen entwickelt. Aufgrundseiner personell-strukturellen Verfasstheit wares aber nicht in der Lage, den Prozess durch-greifend und nachhaltig voranzubringen. Damitwurde die Umsetzung innovativer Handlungs-ansätze ausgebremst.

Das „Auf-der-Stelle-Treten“ hat bei einigen Be-teiligten „Ermüdungserscheinungen“ hervorge-rufen.Wirklich funktionieren und einen Prozessvoranbringen können nur jene Gremien, die aufder Grundlage eines bestehenden öffentlichenInteresses eine klare Aufgabenstellung habenund aus der sich die entsprechende personelleZusammensetzung ableitet. Entscheidend istdabei die Kopplung von fachlicher Kompetenzund Durchsetzungsfähigkeit der Beteiligten.

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

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auf diese Weise konnte ganz konkret diskutiertwerden. Das schloss ein, auch Experten/-innenaus der Region für die Weiterbildungsveranstal-tungen zu gewinnen.Dies aufgreifend wurde vom Ivenacker Modell-projekt zur Bedarfserhebung ein Fragebogenzum Qualifizierungsbedarf erarbeitet und analle Träger in der Region versandt. Der hoheRücklauf motivierte, im Zentrum eine Informa-tionsveranstaltung durchzuführen, die von über40 Interessenten/-innen besucht wurde. Derhier artikulierte Teilnahmewille veranlasste dieProjektverantwortlichen dazu, auf dieser Grund-lage einen Weiterbildungszyklus für Jugend- undSchulsozialarbeiter/-innen aus dem LandkreisDemmin als eine weitere Vernetzungsinitiativezu konzipieren und umzusetzen.

Ziel der Weiterbildung war es, die lokalen Struk-turen im Landkreis Demmin zu fördern bzw. zu

• Qualifizierung der Jugend- und Schulsozialarbeiter/-innen

Ebenfalls ein wichtiges Thema auf dem Work-shop vom Mai 2003 war die Qualitätssicherungin der Jugendarbeit des Landkreises. Die Teil-nehmenden hatten herausgearbeitet, dass zumeinen ein großer Bedarf an kontinuierlichemInformationsaustausch, besserer Vernetzung, re-gelmäßigem Erfahrungsaustausch und Weiterbil-dung besteht. Zum anderen wurde festgestellt,dass bisher keine im Landkreis befindliche Ein-richtung ein solch, genau auf diese Komplexitätausgerichtetes Angebot bereit hält. Gewünschtwurde außerdem ein Qualifikationsansatz, dervor allem auf die regionalen Gegebenheiten ab-stellt. Das sollte es ermöglichen, die Bildungs-module immer genau auf das eigene regionaleUmfeld zu orientieren, was der Situationsana-lyse und Bewertung einerseits und der Pro-blemfindung andererseits sehr dienlich war,denn

ein leitfaden

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Auch in der Organisation gab es Veränderun-gen. Es besteht nun die Möglichkeit, dieWeiterbildung innerhalb der Woche durchzu-führen.

! Stolperstein

Trotz des deutlich spürbaren Interesses an der-artigen Weiterbildungsangeboten erweist sichdie Finanzierung als ein Knackpunkt. Der zwei-te Zyklus, in dessen Rahmen ab November2004 erneut 80 Unterrichtsstunden absolviertwerden, erhebt pro Teilnehmenden einen Kos-tenbeitrag in Höhe von 200 Euro. Die Trägerlehnen eine Übernahme dieser Kosten ihrer-seits ab, und auch viele der in der JugendarbeitTätigen scheuen sich vor der privaten Geldaus-gabe.

Die Finanzierungsprobleme beider Seiten ha-ben ihren Ursprung im Wesentlichen in derüber die Instrumente der Arbeitsmarktpolitikfinanzierten Jugendarbeit, sie sind damit syste-mischer Natur: Träger haben kein originäresInteresse daran, auf Zeit Beschäftigte aus eige-nen Mitteln zu qualifizieren. Ebenso fehlt es vie-len dieser zeitlich befristet Beschäftigten in derJugendarbeit angesichts ihrer kurzfristigen Be-schäftigung und zudem ihrer unklaren Perspek-tive an einer Motivation zur Weiterbildung.

Bilanzierend kann festgehalten werden, dass re-gionale Netzwerkarbeit ein längerfristiger undrecht komplizierter Prozess ist. Um hierbei vor-anzukommen, sind vor allem ein entsprechen-der politischer Wille und zugleich die Einbezie-hung von Entscheidungsträgern unverzichtbar.Es muss eine klar formulierte Ziel- und Aufga-benstellung als Arbeitsgrundlage definiert wer-den. Geschieht das nicht, kann der Prozess insStocken geraten oder sogar gefährdet werden.

Auf jeden Fall besteht die Gefahr, Ressourcenzu vergeuden und Chancen ungenutzt zu las-sen. Die durch das Modellprojekt auf den Weggebrachte Netzwerkarbeit in der Region hattrotz aller Schwierigkeiten eine ausbaufähigeGrundlage für eine langfristige Anlage und qua-litative Fortentwicklung der Jugendarbeit ge-schaffen.

festigen und wichtige Anregungen für die Arbeitin den Schulen aber auch im Bereich der Be-rufsvorbereitung, der Berufsorientierung, derBenachteiligtenförderung und der Jugendhilfezu vermitteln. Mit der Volkshochschule Demminkonnte ein Partner mit hoher Erfahrung undUmsetzungskompetenz gefunden werden. Sieverfügte als anerkannter Bildungsträger übervielfältige Erfahrungen und war in der Lage,Bildungsangebote kostengünstig zu unterbrei-ten. Das Regionale Jugendbüro selbst konnteseine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, eshat diesen Prozess koordiniert sowie die erfor-derliche Informations- und Öffentlichkeitsarbeitgeleistet.

Zur Erreichung der Zielstellung wurde ein ers-ter Weiterbildungszyklus entwickelt, in dessenRahmen über rund zehn Monate an einemSonnabend im Monat (insgesamt 80 Stunden)Jugend- und Schulsozialarbeiter/-innen sowiestaatlich anerkannte Erzieher/-innen befähigtwurden, sich in der Methode der kollegialen Be-ratung zu bilden und Erfahrungen auszutau-schen, Kenntnisse in der Mediation als ein Ver-fahren zur Konfliktlösung zu erweitern sowieandere persönliche Strategien zum Umgang mitStresssituationen zu entwickeln. Die Qualifizie-rung vermittelte nicht nur theoretisches Wis-sen, sondern bot auch Gelegenheit zur Selbst-erfahrung und damit eine praxisorientierte Kom-ponente.

Die positive Resonanz nicht nur der an den Ver-anstaltungen Beteiligten, sondern auch der Trä-ger veranlasste die Projektverantwortlichen,das Weiterbildungskonzept zu präzisieren undneue Elemente aufzunehmen. Um noch besserden Bedarf auszuloten, wurden noch währenddes ersten Weiterbildungszyklus die Teilnehmen-den sowie verschiedene Träger mündlich undschriftlich befragt. Damit kann im Weiterennicht nur der individuelle Bedarf der Mitarbei-ter/-innen berücksichtigt werden, auch die spe-zifischen Qualifizierungsinteressen der Trägerkönnen nunmehr Eingang in das Programm fin-den. Anknüpfend an dem weiterhin bestehen-den Bedarf, eigene Erfahrungen auszutauschenwurden Projektmanagement, Öffentlichkeitsar-beit und auch Fragen der Kooperation in der Ju-gendarbeit als neue Themenbereiche in das Pro-gramm aufgenommen.

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

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• Initiierung der JULEICA-Ausbildung in derModellregion und Modifizierung bestehen-der Konzepte

Die Card für Jugendleiter/-innen – kurz JULEI-CA genannt – wurde auf der Grundlage einerVereinbarung der Obersten Landesjugend-behörden vom 13. November 1998 mit Wirkungvom 01. Januar 1999 bundesweit eingeführt.

Diese Card ersetzt den seit 1982 ausgestelltenJugendleiterausweis und soll die Position der eh-renamtlich Tätigen stärken, indem es die für dieJugendarbeit Verantwortlichen dazu anregen soll,Unterstützungsmöglichkeiten für ehrenamtlicheJugendleiter/-innen bereitzustellen. Die Ausstel-lung der JULEICA erfordert eine entsprechen-de Qualifikation. Die Card selbst bildet denNachweis über die erworbene Fähigkeit, vielfäl-tige Aktivitäten mit Kindern und Jugendlicheneigenverantwortlich zu gestalten. So könnenJugendliche beispielsweise eine Jugendeinrich-tung weitgehend in Selbstverwaltung führen.Dieser amtliche, bundesweit anerkannte Aus-weis für ehrenamtlich Tätige stellt insoweitauch eine Legitimation für die Card-Inhaber/-innen gegenüber den Teilnehmenden an den An-geboten und deren Eltern aber auch gegenüberstaatlichen und nichtstaatlichen Stellen dar. 12

Demmin war der einzige Landkreis im Bundes-land Mecklenburg-Vorpommern, in dem dieseQualifizierung nicht kontinuierlich angebotenwurde. Zudem war – wie bereits angemerkt –die kreisliche Jugendarbeit massiv von Mittel-kürzungen betroffen, und es bestand die Gefahreines flächendeckenden Wegbrechens von Ein-richtungen. Mit einer JULEICA-Qualifizierungverband sich in dieser komplizierten Situationdie Chance, die Schließung vieler Jugendeinrich-tungen durch die gezielte Förderung des ehren-amtlichen Engagements hauptsächlich von Ju-gendlichen zu verhindern. Zugleich war ange-strebt, dass die JULEICA-Ausbildung künftiglandesweit einheitlich erfolgt. Bislang gestaltetejeder umsetzende Akteur in Mecklenburg-Vorpommern seine JULEICA-Ausbildung ange-sichts der bestehenden Gestaltungsspielräumeindividuell und mit unterschiedlicher Qualität.

B) Zielgruppe Jugendliche

Parallel zur Arbeit mit den regionalen Akteurenwar es eine zentrale Aufgabenstellung des Mo-dellprojektes, geeignete Ansätze zu finden, Ju-gendliche selbst zu aktiver Mitwirkung an derRegionalentwicklung zu bewegen und derenAktivitätspotenziale schrittweise zu entwickeln.

Der Umsetzung des dem Modell zugrunde lie-genden Partizipationsgedankens dienten vorallem die nachfolgend vorgestellten Initiativen.

ein leitfaden

Fragebogen zur Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs

12 Vgl. www.Juleica.net

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eine Jugendgruppe in Jugendfreizeiteinrich-tungen. Bislang erfolgte die Qualifizierungvorrangig unter dem Gesichtspunkt der Be-gleitung auf Jugendfahrten.

2. Es wurden konkrete Zielstellungen defi-niert. Die JULEICA soll die Teilnehmenden befähigen,• die ihm anvertrauten Kinder und Jugend-

lichen zu leiten und gegenüber Einrichtun-gen, natürlichen Personen und staatlichen Organen zu vertreten,

• die rechtlichen Bedingungen der Jugend-arbeit zu kennen und zu beachten,

• Regelungen der Förderung außerschuli-scher Jugendarbeit anzuwenden.“ 14

3. Die Inhalte orientieren sich an den Vorga-ben des Landes:• Qualifikation für Leitungsfunktionen

(Kommunikation, Moderation) • Methoden der Jugendarbeit (Gruppenarbeit,

Projekte, Freizeitmaßnahmen) • pädagogisches, soziologisches und psycho-

Vor diesem Hintergrund wurde von den Pro-jektverantwortlichen in enger Zusammenarbeitmit Projektpartnern/-innen ein Qualifizierungs-konzept erarbeitet, das einen komplexen kon-zeptionellen Rahmen für diese Qualifizierungim Landkreis Demmin darstellt. 13 Damit sollzugleich eine landesweite Diskussion zu einemganzheitlichen Ausbildungskonzept und zurAusprägung von Qualitätsstandards für dieQualifizierung Ehrenamtlicher angestoßen wer-den. So wird beispielsweise angestrebt, konkre-te Zielstellungen für die Ausbildung zu definie-ren, sich auf die erforderlichen Inhalte undMethoden der Qualifizierung sowie das Anfor-derungsniveau seitens der Trainer/-innen zuverständigen.

Das vom Regionalen Jugendbüro Ivenackentwickelte Konzept beinhaltet folgendeElemente:

1. Ein umfassender Geltungsbereich ist vorge-sehen: Es geht v. a. um die Befähigung zurÜbernahme von Verantwortung für

48 I 49

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

13 Konzption zur JULEICA-Ausbildung vom Regionalen Jugendbüro Ivenack,(siehe Seite 51)

14 Vgl. ebenda

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ten werden, wobei hier vor allem an diePraxiserfahrungen der Jugendlichen ange-knüpft werden soll. Das entspricht einerweitergehenden Begleitung der Jugendlichenauch nach Erhalt der JULEICA.

7. Für die Qualifizierung wurde ein umfang-reiches Zeitvolumen vorgesehen: DerGrundkurs umfasst 50 Std.Damit werden dieVorgaben des Sozialministeriums (minde-stens 35 Stunden) deutlich überschritten.

8. Die Qualifizierung ist sehr praxisnah ange-legt. Die JULEICA-Inhaber/-innen erhalteneine ausreichende praktische und theore-tische Befähigung.

Unter dem Gesichtspunkt der stärkeren Betei-ligung Jugendlicher an der Regionalentwicklungist aber vor allem ein weiterer Gedanke diesesKonzeptes von Bedeutung: Das Regionale Ju-gendbüro verfolgte das Ziel, im Ergebnis derAusbildung eine Gruppe sehr engagierter undbesonders kompetenter Jugendlicher bilden zukönnen (Multiplikatoren-Pool), mit denen künf-tig auch spezielle regionale Projektaktivitäten(z. B. eine Initiative zur Regionalentwicklung)durchgeführt werden können. Nach rundeinem Jahr mit Qualifizierungsveranstaltungenbesteht dieser Pool aus rund 30 Jugendlichendes Landkreises Demmin.

! Praxis-Tipp

Mit diesem Herangehen sind vor allem für„fitte“ Jugendliche Partizipationsgelegenheitengeschaffen worden, also für jene Jugendlichen,die für sich selbst den Anspruch haben, sich inregionale Entwicklungsprozesse einbringen zuwollen.

Gerade für sie soll es einen Anreiz darstellen,dadurch noch enger mit der Heimatregion zuverwachsen. Dieses Herangehen leitete sich ausdrei Überlegungen der Projektverantwortlichenab: Erstens ist bekannt, dass es vor allem die„fitten“,mobilen, flexiblen jungen Leute sind, dieihre Heimatdörfer als erste verlassen. Es sindvor allem diese Jugendlichen, die vor Ort oftnicht die gewünschten Betätigungsmöglichkei-ten finden.

logisches Basiswissen (Gruppenprozesse,Entwicklungsphasen)

• Rechtsfragen(Jugendschutz,Aufsichtspflicht)

• Organisation(Planung, Durchführung, Finanzierung)

• Erste-Hilfe-Kurs • Jugendpolitik (Partizipation in Gremien,

Interessenvertretung).

Insbesondere der letzte Aspekt geht merklichüber die Empfehlungen des Sozialministeriumshinaus.

4. Die Auswahl von Dozenten/-innen er-folgt nach professionellen Gesichtspunkten.Sie müssen selbst über eine entsprechendeQualifikation und Erfahrungen verfügen.Damit wird in Rechnung gestellt, dass dieProfessionalität der Lehrkräfte maßgeblichüber die Qualität der Ausbildung entscheidetund auch im ehrenamtlichen Wirken derJULEICA-Inhaber/-innen nachwirkt.

5. Neu in der Ausbildung ist der Methoden-mix: „Methodisch sollen verschiedenste pä-dagogische Formen angewandt werden, z. B.Medienpädagogik (Arbeiten mit Medien wieVideokamera), Spielpädagogik („Spielmobil“der Landjugend Mecklenburg-Vorpommern).Grundelement ist stets die Mitwirkung derteilnehmenden Jugendlichen, welche an allenrelevanten Entscheidungsprozessen beteiligtwerden sollen. Der Ablaufplan sieht dafürFeedbackrunden, Auswertungsgespräche,das gemeinsame Aufstellen von Regeln unddas Entwickeln eigener Ideen für die Frei-zeitgestaltung vor.“ Ferner ist das Konzeptso angelegt, dass den Jugendlichen ausgebil-dete Betreuer zur Seite stehen und als An-sprechpartner für die Mitarbeiter/-innen derAusbildungseinrichtung dienen, dadurch kön-nen sich die Referenten ausschließlich inhalt-lichen Aufgaben widmen.

6. Die Gültigkeit der Jugendleitercard ist aufzwei Jahre begrenzt.17 Eine Verlängerung umjeweils zwei weitere Jahre wird an zwei Be-dingungen geknüpft – die aktive Arbeit derInhaber/-innen als Jugendleiter/-innen sowiederen Beteiligung an weiterführenden Lehr-gängen. Es gibt sogenannte Auffrischungs-lehrgänge, in denen neue Themen angebo-

ein leitfaden

17 Die Empfehlung des Sozialministeriums sieht eine Gültigkeit von drei Jahren vor.

Jugendleiterausbildung

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3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Konzeption zur JULEICA - Ausbildung vom Regionalen Jugendbüro Ivenack

1. Ausgangssituation Im Landkreis Demmin wirken derzeit 38 freie Träger in derJugendarbeit, davon betreiben 20 Träger zurzeit 56 Jugend-freizeiteinrichtungen (Stand: erstes Halbjahr 2003). In deneinzelnen Einrichtungen arbeiten fast ausschließlich Mitar-beiter, welche aus der Landesinitiative für Jugend- undSozialarbeit, Mitteln des Landkreises und der jeweiligenGemeinden finanziert werden. Über das Arbeitsamt geför-derte Stellen im Jugend- und Sozialarbeiterbereich wurdenseit diesem Jahr stark gekürzt. Die noch verbliebenen ABM-Stellen laufen im September dieses Jahres aus, damit sindvoraussichtlich 10 Jugendclubs im ländlichen Raum vonSchließung bedroht. Durch die komplementäre Finanzie-rungsweise ist jedoch auch der Bestand einer Vielzahl ande-rer Stellen über längere Sicht hinaus gefährdet, da z. B.Gemeinden ihren Finanzierungsanteil in Zukunft nicht mehrbereitstellen können.

Angesichts dieser Entwicklungstendenzen ist eine koordi-nierte Gesamtstrategie gefragt, um die möglichst flächen-deckende Versorgung der Jugendlichen nach § 11 KJHGweiter landkreisweit gewährleisten zu können.

Das Regionale Jugendbüro Ivenack hat sich mit seinenKooperationspartnern von der RAA Waren (RegionaleArbeitsstellen für Jugendhilfe, Schule und interkulturelleArbeit Mecklenburg-Vorpommern e. V.), mit seinem MobilenBeratungsteam für Demokratische Kultur Greifswald, undder Beteiligungskampagne M-V dieser Problematik ange-nommen, um gemeinsame Lösungsansätze zu entwickeln.

2. Zielstellung Die derzeitige Situation im Landkreis Demmin wird alsChance gesehen, ehrenamtliches Engagement, hauptsächlichvon Jugendlichen, gezielt zu fördern. Mit einer speziell aufden Landkreis zugeschnittenen Ausbildung zum Jugendleiterund zur Jugendleiterin soll eine Möglichkeit geschaffen wer-den, bei der Jugendliche Kompetenzen in der Mitarbeit inKinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen erwerben können.

Durch die Übernahme von Verantwortung soll es einerseitsmöglich werden, in den einzelnen Einrichtungen zusätzlicheKapazitäten zu schaffen, die die Hauptamtlichen entlastenund andererseits von Schließung bedrohte Einrichtungen inEigeninitiative weiterzuführen. Dass diese Zielstellung einenlängeren Prozess darstellt, ist den Initiatoren klar.

Die Aufgeschlossenheit, Partizipationsmodelle in den jeweili-gen Jugendclubs zu verankern, muss sowohl von den Jugend-lichen, als auch von den Mitarbeitern häufig erst erlerntwerden. In der zeitgleichen Fortbildung für hauptamtlicheJugend- und Sozialarbeiter im Landkreis Demmin durch dasRegionale Jugendbüro Ivenack, können Inhalte wie Mitbe-stimmung und Eigenverantwortung thematisiert werden.Eine Sensibilisierung der Mitarbeiter in diesem Bereich kanndann gewissermaßen an der Basis wirken.Aber auch Bürgermeister/innen in den Gemeinden soll plau-sibel dargestellt werden, dass in der Ausbildung der ehren-amtlichen Mitarbeit von Jugendlichen viele Chancen für diedörfliche Entwicklung liegen.

Jugendliches Engagement vermeidet den Leerstand vonRäumlichkeiten, steigert die Bereitschaft zur Teilnahme anGestaltungsprozessen, befördert die Kommunikation zwi-schen den Generationen, erhöht die Identität mit dem Dorfund fördert ein konstruktives Auseinandersetzen mit demregionalen Umfeld.

Einige Bürgermeister wandten sich im Vorfeld bereits an dieInitiatoren, da sie Partizipationsstrukturen, kombiniert mitjugendlichem Engagement, als einen Weg zur Sicherstellungder Attraktivität in der Gemeinde für Jugendliche sehen. DieFokussierung liegt demzufolge bei Jugendlichen, welcheJugendfreizeiteinrichtungen im ländlichen Gebiet besuchen.

3. Besonderheit Mittels des amtlichen, bundesweit anerkannten Ausweisesfür ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, JULEI-CA, sollen Jugendliche einen legitimierten Nachweis ihrererworbenen Qualifikation erhalten. Die JULEICA wird vomLandesjugendring Mecklenburg-Vorpommern erteilt. DerAusbildung zur JULEICA liegt eine Empfehlung des Sozial-ministeriums Mecklenburg-Vorpommern zugrunde.

Eine explizite Ausbildung zur JULEICA für Jugendfreizeit-einrichtungen gibt es noch nicht. Daher betreten die Initia-toren Neuland. Der Landesjugendring und andere Institu-tionen in Mecklenburg-Vorpommern weisen jedoch daraufhin, dass dieser Bereich in stetiger Entwicklung begriffen istund durch den zu erwartenden weiteren Abbau von Mittelnim Jugend- und Sozialetat an Bedeutung gewinnen wird.

Der innovative Ansatz, eine praxisnahe Qualifizierung vonJugendlichen direkt an der Basis zu verankern, soll neueImpulse in der ländlichen Jugendarbeit setzen. Die dabeigemachten Erfahrungen sollen ausführlich dokumentiert undan andere Institutionen und Initiativen weitergegeben wer-den. Damit soll ein Beitrag zur umfassenderen Konzept-erstellung einer JULEICA für Mecklenburg-Vorpommern,wie vom Landesjugendring anstrebt, geleistet werden.

4. Verlauf Der erste von den Initiatoren organisierte JULEICA - Kurserfolgt in den Herbstferien vom 13. - 17. Oktober 2003 imSchullandheim Wildberg und an einem anschließendenWochenendseminar kurze Zeit später. Es wird angestrebt infestgelegten Abständen sowohl mit den Teilnehmern desersten Kurses, als auch mit anderen Jugendlichen Auf-frischungslehrgänge zu bestreiten und neue Themen einzu-binden. Durch den Erwerb von Kompetenzen und gezeig-tem Engagement empfehlen sich die Jugendlichen potentiel-len Arbeitgebern vor Ort. Zudem knüpfen sie im Rahmenihrer Aktivitäten Kontakte zu regionalen Akteuren, die ihnenEinblicke ins Berufsleben gewähren und somit orientierendwirken. Es soll ermöglicht werden, mit einem Personenkreisüber längere Zeit zu arbeiten und sich somit neueAktivierungspotenziale zu erschließen.

5. Exemplarischer Ablauf und Zeitansatz siehe Ablaufplan

Jugendleiterausbildung mit der Beteiligungskampagne M-V

Jugendleiterausbildung

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• Vorbereitung und Durchführung des erstenJugendtages im Landkreis Demmin

Trotz vielfältiger Initiativen des Zentrums, Ju-gendliche an eine aktive Mitwirkung an die siebetreffenden Belange heranzuführen, stand einkonkretes, über die Gemeinde Ivenack hinaus-gehendes und publizitätswirksames Vorhabenaus, mit dem Jugendliche einen eigenen Beitragzur Regionalentwicklung leisten konnten undsollten. Bis dahin hatten sich die Aktivitäten imWesentlichen darauf konzentriert, auch bei denJugendlichen die dafür erforderlichen Voraus-setzungen zu schaffen – wie es beispielsweisemit dem spezifizierten Konzept der JULEICA-Ausbildung angestrebt worden war.

Daher wurden die Kräfte des Regionalen Ju-gendbüros im Jahre 2004 verstärkt im Interesseeines kreisweiten Jugendprojektes gebündelt.Die Projektverantwortlichen suchten vor allemnach einer Idee, die die Jugendlichen begeistertund ihnen demonstriert, dass auch im ländli-chen Raum etwas los sein kann und es möglichist, Neues zu machen. Zugleich sollte aber auchden Erwachsenen signalisiert werden, dass Ju-gendliche in der Lage sind, mit eigenen Ideen

Zweitens wird bei den vielfältigen Förderange-boten für Jugendliche oftmals genau diese Grup-pe ausgeblendet. Die Förderung, ob auf demGebiet der Arbeitsmarkt- oder der Jugendpo-litik, konzentriert sich im Wesentlichen auf dieGruppe der benachteiligten Jugendlichen.Völligaußer Acht bleiben oft jene Jugendlichen, diekeine sichtbaren Probleme haben und beidenen davon auszugehen ist, dass sie alleine,ohne externe Hilfe „zurecht kommen“. DiePolitik schlussfolgert daraus in der Regel, dassfür diese Gruppe der Jugendlichen kein Unter-stützungsbedarf gegeben sei. Sollen aber geradedie für die regionale Entwicklung unverzichtba-ren Aktivitätspotenziale in der Region gehaltenwerden, dann gilt es das Augenmerk eben ver-stärkt auf diese zu richten. Diese Förderlückeversuchte das Modellprojekt nicht zuletzt mitdem skizzierten Konzept zur JULEICA-Ausbil-dung zu schließen.Drittens schließlich spielte die Überlegung eineRolle, dass sich Jugendliche sicherlich am bestenvon ihren Altersgenossen/-innen für etwas be-geistern lassen dürften. Die im JULEICA-Poolvertretenen Jugendlichen sollten deshalb zu-gleich eine Funktion als Multiplikatoren/-innenin der Jugendarbeit wahrnehmen.

ein leitfaden

Jugendleiterausbildung Rückblick der JULEICA-Inhaber/-innen nach einem Jahr

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zu fördern, wurden in diesen Arbeitsschritt ge-zielt Bildungselemente integriert. Zur Umset-zung dieses methodischenAnsatzes wurden unter Be-teiligung der 16 Jugendli-chen drei gesonderte Ar-beitsgruppen gebildet. Eineerste widmete sich der Öf-fentlichkeitsarbeit und demSponsoring. Es wurde nichtnur theoretisch-konzeptio-nell gearbeitet, die Jugend-lichen waren auch in dieUmsetzung unmittelbar ein-bezogen. So erarbeitetensie beispielsweise einenFlyer für das Event undbesuchten anschließend denVerlag, in dem dieser pro-duziert werden sollte. DieJugendlichen erhielten inZusammenarbeit mit denMitarbeiter/-innen des Ver-lages Gelegenheit, den Flyernoch professioneller zugestalten. Zugleich konntensie den Verlag besichtigenund sich einen Eindrucküber die dort erforderli-chen Arbeiten verschaffen. Daskam einem speziellen Angebotder Berufsfrühorientierung gleich.Die Mitglieder dieser Arbeits-gruppe bereiteten auch eineRadiosendung vor und führtendiese in Zusammenarbeit mitdem Bürgerradio Malchin selbstdurch. Dabei machten sie aufden bevorstehenden Jugendtagaufmerksam. Eine zweite Ar-beitsgruppe nahm sich sport-lichen und kulturellen Fragenan. Sie überlegte, was auf demJugendtag am besten bei denJugendlichen ankommen könn-te. Zur Organisation traf siesich beispielsweise mit demKreissportjugendverband. Alssehr anspruchsvoll erwies sichauch die Ausgestaltung derinhaltlichen Angebote, die aufdem Jugendtag unterbreitet werden sollten. An-gedacht waren dazu thematische Workshops,

und Kräften etwas auf die Beine zu stellen. DerErfolg solch einer ersten Jugendinitiative sollteletztlich die Bedingungen im Kreis verbessernhelfen, damit Jugendliche künftig verstärkt ander regionalen Entwicklung beteiligt werdenund mit Unterstützung der im Kreisgebiet Ver-antwortlichen möglichst ein eigenes Regional-entwicklungsprojekt durchführen können. Inso-fern sollte es für alle zu einem Schlüsselereigniswerden.

Damit war zunächst die Idee geboren, einJugend-Event zu organisieren, die letztlich zumersten Jugendtag des Landkreises Demmin aus-gebaut wurde.

Mit dieser Grundidee wandten sich die Projek-tverantwortlichen vor allem an Jugendliche ausdem JULEICA-Pool, angesprochen wurden aberauch junge Leute aus Jugendclubs der Region.Ebenso wurden hier die guten Kontakte desModellprojektes zu den Schulen genutzt. DieIdee von einem Jugend-Event stieß bei den An-gesprochenen auf eine sehr positive Resonanz.Die ihnen eingeräumte Möglichkeit, sich nichtnur an der organisatorischen Vorbereitung, son-dern vor allem auch an der Entwicklung derinhaltlichen Angebote dieser Veranstaltung zubeteiligen, wurde als interessante Herausfor-derung betrachtet und verstärkte offenbarnoch die Bereitschaft, daran mitzuwirken.

Die Vorbereitungsgruppe bestand aus 16 Jugend-lichen. Die konzeptionelle Arbeit begann in denSommerferien im Juli 2004 in den Räumlichkeitendes Zentrums. In einem ersten Schritt stecktendie Beteiligten den ungefähren Rahmen ab: Einewichtige Ausgangsprämisse war, mit dem Ju-gendtag die vielfältigen Interessenlagen der Ju-gendlichen anzusprechen, um so möglichst vielevon ihnen für eine Teilnahme zu interessieren.Daher sollte es neben sportlich-kulturellen An-geboten auch spezielle thematische Angebote ge-ben, in denen die Jugendlichen ihre Fragen losund ihre Erfahrungen einbringen, in denen sie sichaber zugleich auch praktisch betätigen konnten.

Nachdem dieser Rahmen abgesteckt war, wur-de in die Detailarbeit gegangen. Hierbei wurdeder Beteiligungsgedanke vertieft, sodass einnoch intensiveres Engagement seitens der Ju-gendlichen gefordert war. Um die Kreativitätund das Engagement der Beteiligten zusätzlich

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Jugendtag – Workshop kreatives Schreiben

Jugendtag – Transpor t mit der Demminer Verkehrsgesellschaft

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für die es in einem ersten Schritt konkreteThemen zu finden galt. Jeder Jugendliche dieserdritten Vorbereitungsgruppe hatte Gelegenheit,Vorschläge zu unterbreiten – und diese wurdeintensiv genutzt. Am Ende war erstaunlich, wieviele und interessante Ideen die Jugendlichenselbst eingebracht hatten. Als das Machbareausgelotet war, ging es an die weitereKonkretisierung. Was die Workshops betrifft,galt es auch den Gesamtablauf zu gestalten, sichGedanken über die Raumaufteilung und dieAusstattung mit Technik zu machen und vieleweitere Fragen zu klären. Zur Unterstützungder inhaltlich-konzeptionellen Arbeit inVorbereitung auf die Workshops hatten dieProjektverantwortlichen inzwischen auch Ko-operationspartner/-innen angesprochen. Daswaren zum Beispiel Vertreter/-innen von Ju-gendeinrichtungen oder Jugendprojekten ausder Region. Diese wurden ebenfalls in die Bera-tungen mit den Jugendlichen einbezogen.

Im Zeitraum Juli 2004 bis Oktober 2004 wurdeauf diese Weise ein komplettes Programm fürden ersten Jugendtag des Landkreises Demminerarbeitet. Im Nachhinein bleibt erfreulicher-weise zu konstatieren, wie begeisterungsfähigund mit welch hohem Engagement sich die ander Vorbereitung beteiligten Jugendlichen in die-sen Prozess eingebracht haben. Die Jugendli-chen waren damit nicht nur viele Tage ihrerFerienzeit beschäftigt, später fanden die regel-mäßigen Vorbereitungstreffen an den Wochen-enden statt. Damit können die Voraussetzungenfür ein größeres regionales Entwicklungspro-jekt von und für Jugendliche durchaus als güns-tig bewertet werden.

Auch wenn sich so viele Jugendliche an derVorbereitung des Jugend-Events beteiligt haben,hatten die beiden Projektverantwortlichen den-noch alle Hände voll zu tun. Es blieb für sienicht dabei, den Vorbereitungsprozess angesto-ßen und erste Inputs vermittelt zu haben. Ihnenoblag auch zu inhaltlichen Fragen die Modera-tion. Außerdem waren sie bei der organisatori-schen Umsetzung stark gefordert. Neben derEinladung zu den einzelnen Vorbereitungstref-fen wurden von ihnen die Kooperationspartner/-innen angesprochen. In ausführlichen Gesprä-chen mit den für die professionelle Moderationvorgesehen Personen wurden zuzüglich zu deninhaltlichen Zielstellungen für die einzelnen

ein leitfaden

Jugendtag – das Vorbereitungsteam (Dritte von links: Melanie Postleb, stellver tretende Projektleiterin)

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pend in Gang kommt. Selbst für die engagiertenModeratoren/-innen war es schwierig, die Dis-kussion lebendig zu gestalten. In der Konse-quenz präsentierten die Politiker/-innen ihreStandpunkte, die die Jugendlichen mit zuneh-mender Dauer der Diskussion kaum noch er-reichten. Zugleich haben aber auch die Jugend-lichen selbst Schwierigkeiten, sich gegenüberder Politik zu artikulieren, ihre Positionen dar-zulegen, auszuargumentieren und zu verteidi-gen. Dass Jugendliche derartige Gelegenheitennicht wahrnehmen, hat seine Ursachen oft we-niger in einem Desinteresse gegenüber der Po-litik. Vielmehr dürften bestimmte Ängste undUnsicherheiten als auch kaum vorhandene Er-fahrungen eines ungezwungenen wie kontinu-ierlichen Austausches beider Gruppen dafürausschlaggebend sein.

Der erste Jugendtag des Landkreises Demminkam mit einem vergleichsweise geringen Budgetaus. Es flossen die Kapazitäten des Modellpro-jektes ein, und es wurde in hohem Maße ehren-amtliche Arbeit geleistet. Auch die Koopera-tionspartner/-innen brachten Eigenleistungenein. Finanziell hat sich die Stiftung DeutscheKinder- und Jugendhilfe im Rahmen ihres Klein-projekteprogramms beteiligt. Im Rahmen derSponsorengewinnung stellten verschiedene Fir-men Sachpreise für die Sportveranstaltungoder Arbeitsmaterialien für die Workshops zurVerfügung. Großzügig wurde die Veranstaltungdurch einen in der Region ansässigen Discoun-ter auch mit Lebensmitteln versorgt. Dadurchkonnte auf einen Teilnahmebeitrag für die Ju-gendlichen verzichtet werden

! Praxis-Tipp

Zu den wichtigen logistischen Fragen, die maß-geblich zum Erfolg der Veranstaltung beigetra-gen haben, gehörte vor allem die Organisationeines Fahrdienstes – was sich im Übrigen als einsehr aufwändiger Arbeitsschritt erwiesen hat.Hierfür wurde mit der Verkehrsgesellschaft desLandkreises Demmin zusammengearbeitet. Eswurden in Abstimmung vier verschiedene Bus-linien konzipiert, die die Jugendlichen an bestim-mten Treffpunkten zu genau festgelegten Zeitenabholten bzw. absetzten. Als Treffpunkte wur-den entweder Haltstellen des ÖffentlichenPersonennahverkehrs oder Jugendclubs festge-

Workshopthemen auch ablauftechnische undmethodische Fragen der Umsetzung im Detailabgeklärt. Bei der Auswahl der Partner/-innenwurde vor allem darauf geachtet, dass wirklichSpezialisten/-innen und in der Jugendarbeit er-fahrene Personen gewonnen wurden.

Der erste Jugendtag des Landkreises Demminfand am 16. Oktober 2004 unter Schirmherr-schaft des Landwirtschaftsministers des LandesMecklenburg-Vorpommern statt. Es war im Vor-feld mit ca. 100 teilnehmenden Jugendlichen ge-rechnet worden, gekommen waren aber rund200. Die Veranstaltung fand in der GemeindeIvenack statt. Dazu wurden die Räumlichkeitendes Zentrums selbst aber auch anderer Gebäu-de genutzt. Die in der Gemeinde Ivenack neuerbaute Traditionshalle bot Platz für eine um-fangreiche Präsentation diverser im LandkreisDemmin wirkender Jugendeinrichtungen, -pro-jekte und -verbände. Kleine Räume wurden fürdie thematischen Workshops genutzt.

Angeboten wurden zum einen Themen, die denFreizeitbereich betrafen: DJ, Graffiti, Theater,Radio, eine Schreib- und eine Medienwerkstatt.Zum anderen wurden aber auch folgendeWorkshops angeboten: Bewerbung mit demInternet, Zielfindung bei der Berufs- undStudienwahl, Jugend im ländlichen Raum, Be-teiligung Jugendlicher an der Gemeindearbeit,Erfahrungsaustausch für hauptamtliche Jugend-und Schulsozialarbeiter/-innen.

Interessanterweise wurden alle Themenbe-reiche von den anwesenden Jugendlichen ange-nommen, wenngleich sich die erstgenanntenThemen mit Abstand als die „Renner“ erwie-sen. Vor den Workshops fand eine Jugendpres-sekonferenz statt, nach den Workshops einVolleyball- und Fußballturnier.

! Stolperstein

Als eine besonders interessante Erfahrung die-ser Veranstaltung erweist sich wie es einerseitsPolitikern/-innen gelingt, auf Jugendliche zuzuge-hen und wie die Jugendlichen andererseits de-ren Angebote zur gemeinsamen Diskussion an-nehmen. Hier hat sich gezeigt, dass ein kon-struktiver Dialog zwischen Politikverantwort-lichen und Jugendlichen mitunter nur schlep-

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Jugendtag –Workshop Berufs- und Studienwahl

Jugendtag – junges ensemble bar th

Jugendtag – Graffiti-Workshop

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Neben derartigen „Highlights“ wurden im Rah-men des Modellprojektes aber auch viele „klei-nere“ Initiativen durchgeführt, die der Durch-setzung des Partizipationsansatzes Rechung tru-gen. Eine gute Gelegenheit dazu bot beispiels-weise die am 13. Juni 2004 stattgefundene Kom-munalwahl. In Vorbereitung auf die Erstwähler-schaft der Jugendlichen organisierte das Regio-nale Jugendbüro für die Schüler der 11. und 12.Klassen eine Jugendpressekonferenz unter demMotto: „Jugend und Kommunalpolitik im Land-kreis“. Da es eine gute Zusammenarbeit derProjektverantwortlichen mit den Schulen gege-ben hatte, war diese Veranstaltung nicht nur gutbesucht, die Teilnehmenden stellten infolge einerguten inhaltlichen Vorbereitung durch die Leh-rer/-innen auch sehr viele und sehr interessan-

legt. Sofern Bedarf bestand, wurde der Trans-port bis bzw. von dort durch die Eltern organi-siert. Damit war auch deren Beitrag für den Er-folg der Veranstaltung maßgeblich.

Die Veranstaltung kann als sehr erfolgreich be-wertet werden. Dafür spricht sowohl die guteResonanz unter den teilnehmenden Jugend-lichen als auch das ungeteilt positive Echo inder Region. Die Regionalpresse berichtete aus-führlich. Der Erfolg ermutigte die Initiatoren/-innen zu der Idee, den Jugendtag zu einer re-gelmäßigen Veranstaltung werden zu lassen.Eine Gemeinde hat für 2005 bereits Interessebekundet, Austragungsort des zweiten Ju-gendtages des Landkreises Demmin werden zuwollen.

ein leitfaden

Flyer Jugendtag Flyer Jugendtag

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! Praxis-Tipp

1. Es ist gar nicht so schwer, Jugendliche zumMitmachen zu gewinnen. Dies hat sich zum Teilleichter als bei Erwachsenen erwiesen, da Ju-gendliche wesentlich offener und unkonventio-neller und damit in ihrem Denken noch nichtso „festgefahren“ sind.

2. Die Beteiligung von Jugendlichen an Prozes-sen der regionalen Entwicklung zeigt positiveEffekte. Es lohnt sich also, in die Entwicklungder Aktivitätspotenziale der Jugendlichen zu „in-vestieren“.

te Fragen. So mussten die für diese Pressekon-ferenz gewonnenen Politiker/-innen zu den ver-schiedensten Themen Rede und Antwort stehen.

14 Tage später wurde vom Regionalen Jugend-büro gemeinsam mit der BeteiligungskampagneMecklenburg-Vorpommern ein Planspiel orga-nisiert, bei dem eine Kommunalwahl von A bisZ simuliert wurde. Das sollte den beteiligtenJugendlichen einen hautnahen Einblick in die beiWahlen ablaufenden Prozesse vermitteln. Da-her wurden beispielsweise zu folgenden FragenSzenarien durchgespielt: Wie wird eine Parteioder eine Wählerinitiative gegründet? Wie wirdein Wahlprogramm aufgestellt? Wie kann manzu einem Wahlkandidaten werden und warumist es wichtig, dass sich die Kandidaten in derÖffentlichkeit vorstellen? Welche Aufgabe hateine Wahlkommission? Wie wird gewählt? Wiewerden die Stimmen ausgezählt? usw.

Sollen die Erfahrungen aus den skizziertenAktivitäten des Regionalen Jugendbüros zu-sammengefasst werden, dann bleibt festzu-halten:

In den zurückliegenden Jahren der modellhaf-ten Projektarbeit ist in der Arbeit mit Jugend-lichen vieles in Bewegung gekommen. Ihnenwurden nicht nur auf ihre Lebens- und Pro-blemlagen besser abgestimmte Angebote un-terbreitet.

Insbesondere über neue, innovative Ansätze istes gelungen, ihnen Partizipationsgelegenheiteneinzuräumen und ihre Aktivitätspotenziale freizu legen und durch die Bereitstellung vonMitwirkungsmöglichkeiten gezielt zu ent-wickeln. Damit hat der bisherige Projektverlaufpraktisch unter Beweis gestellt, dass dieMethoden und Instrumente des Regionalmana-gements durchaus geeignet sind, die bestehen-den Probleme in der Arbeit mit und von Ju-gendlichen aktiv und offensiv anzugehen.

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Vorbereitung des Jugendtages

Jugendtag – Eröffnung

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Entscheidend ist auch die Unterstützung durchdie Eltern. Haben Jugendliche vielfältige Interes-sen, Betätigungsfelder und Verpflichtungen, fälltes ihnen mitunter schwer, kontinuierlich dabeizu bleiben. Dies ist vor allem ein Problem beisehr engagierten und „fitten“ Jugendlichen.

6. Beteiligung fördert bei vielen Jugendlichendie Persönlichkeitsentwicklung. Zum Teil konn-ten sie dadurch einen regelrechten Sprung inihrer individuellen Entwicklung vollziehen.

Beispiele aus dem JULEICA-Pool belegen, dassjede/r Jugendliche etwas für sich aus dieserQualifizierung gemacht hat und dabei zugleichin der Lage war, dies an die jeweils individuellenVorstellungen und Bedingungen eigenständiganzupassen.

! Praxis-Tipp

3. Die Offenlegung und Nutzung der Potenzialeder jungen Generation ist allerdings nicht zum„Nulltarif“ zu haben.Partizipation erfordert nichtnur, diesen Prozess anzuschieben, sondern ihnauch längerfristig intensiv zu begleiten, zu betreu-en und zu moderieren.Werden die Jugendlichenzu schnell wieder „allein gelassen“, besteht dieGefahr, dass einmal angeschobene Beteiligungs-prozesse schnell wieder ins Leere laufen.

4. Begleitung und Betreuung von Beteiligungs-prozessen setzt personelle Stabilität voraus.Wichtig ist, dass Jugendlichen ihnen bekannteund vertraute Kontaktpersonen als Ansprech-partner/-innen zur Seite stehen.

5. Begleitung und Betreuung von Beteiligungs-prozessen ist auch deshalb sehr wichtig, weildas Engagement von Jugendlichen vielen Ein-flussfaktoren unterliegt und es von daher mit-unter schwer zu kalkulieren ist. Hier spielenbeispielsweise Freundschaften eine große Rolle,durch die Jugendliche mitgezogen werden oderauch nicht.

ein leitfadenJugendtag – Jugendpressekonferenz

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Damit stand das Regionale Jugendbüro Ivenackvor der Aufgabe, geeignete Wege zu finden, Ju-gendliche an die organisierte Jugendverbands-arbeit heranzuführen. Angesichts der kompli-zierten Sachlage war es nicht primäres Ziel, ei-ne eigene Ortsgruppe der Landjugend zu grün-den.Vielmehr ging es im Interesse der Nachhal-tigkeit vorrangig darum, die Jugendlichen anverbandliche Institutionen heranzuführen, siedamit bekannt zu machen und aufzuzeigen, wel-che Aktivitäten von einem Jugendverband aus-gehen und welche Mitwirkungsmöglichkeitenbestehen. Es wurde also sehr behutsam vorge-gangen, die Jugendlichen sollten sich keineswegsin die Jugendorganisation hineingedrängt fühlen.

Entsprechend sensibel wählten die Projekt-verantwortlichen die konkreten Schritte aus.Meilensteine in der Arbeit des Zentrums wa-ren dabei folgende:

• Beteiligung Ivenacker Jugendlicher anden Landjugendtagen in Wismar imSommer 2002

Die Projektverantwortlichen unterbreitetenbereits in einer sehr frühren Phase der ArbeitIvenacker Jugendlichen den Vorschlag, die imSommer 2002 durchgeführten Landjugendtagein Wismar aktiv zu unterstützen. Der Vorschlagstieß auf positive Resonanz und so machte sichein Projektmitarbeiter mit einer Gruppe vonJugendlichen auf den Weg nach Wismar. InZusammenarbeit mit dem LandjugendverbandMecklenburg-Vorpommern übernahmen diesewährend der Landjugendtage einen Veranstal-tungs- und Ordnungsdienst. Hier waren sie bei-spielsweise im Bereich des Bühnenaufbaus undbei der Aufstellung sonstiger technischer Aus-stattungen tätig. Damit sorgten sie für einenreibungslosen Ablauf der mehrtägigen Veranstal-tung. Dazu wurden sie mit speziellen T-Shirtseingekleidet.

Für viele der beteiligten Jugendlichen war diesdie erste Berührung mit der organisierten Land-jugendbewegung. Völlig ungezwungen konntensie während der Veranstaltung diese Organisa-tion kennen lernen. Zugleich konnten dieJugendlichen neue Einblicke in den Ablauf vonGroßereignissen und die damit verbundenenAktivitäten gewinnen.

3.4 Aufbau der Jugendarbeit und Stärkung regionaler Jugend-verbandsstrukturen

Ein wichtiger Beitrag, die Lebensbedingungenvon jungen Menschen im ländlichen Raum zuverbessern, kann von Jugendorganisationen ge-leistet werden. Sie bieten einen günstigen Rah-men, die spezifischen Interessenlagen und Wün-sche dieser Bevölkerungsgruppe zu berücksich-tigen und zugleich für praktische partizipativeGestaltungsoptionen.

Trotz dieser Möglichkeiten ist das Interesse Ju-gendlicher an einer Mitgliedschaft in der organi-sierten Landjugend nur bedingt gegeben. Ähn-lich wie auch in den anderen ostdeutschen Bun-desländern sind die Mitgliederzahlen im Landju-gendverband Mecklenburg-Vorpommern nochrelativ gering. Das hat sicherlich viele Gründe:Einer davon ist die mangelnde Tradition. UnterDDR-Bedingungen hatte es eine spezielle Inte-ressenvertretung für Landjugendliche nichtgegeben. Viele junge Menschen beobachten anihren Eltern Vorbehalte, im Falle einer organi-sierten Mitgliedschaft evt. vereinnahmt zu wer-den. Dieses Problem ergibt sich vor allem dann,wenn Leitbilder und Visionen von Organisatio-nen nicht klar genug erkennbar sind. Zudemwird häufig hinterfragt, welche MöglichkeitenOrganisationen und Verbände überhaupt haben,das Leben positiv zu verändern – noch dazu,wenn es darum geht, regionale Besonderheitenzu berücksichtigen.

Aber gerade Letzteres steht bekanntlich ineinem engen Zusammenhang zur Mitglieder-stärke derartiger Zusammenschlüsse. Will derLandjugendverband seine Aufgaben künftig bes-ser wahrnehmen, dann bedarf es seiner perso-nellen Stärkung und Profilierung. In einer Situa-tion, in der Jugendliche in beträchtlichen Dimen-sionen das Land verlassen, stellt es eine großeHerausforderung dar, Jugendliche für eine Mit-gliedschaft zu interessieren und sie zu aktivenMitgliedern zu entwickeln. Daher wurde derAufbau der Jugendarbeit und die Stärkung regio-naler Jugendverbandsstrukturen in der Modell-region als eine vierte, eigenständige Zielstellungin das Modellprojekt aufgenommen.

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

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Ein weiterer Höhepunkt war die Durchführungeines zehntägigen Deutsch-Französischen Ju-gendtreffens im Sommer 2004.

Thematischer Gegenstand der Veranstaltungwar, den teilnehmenden Jugendlichen Einblickein das „Leben in ländlichen Regionen“ zu ver-mitteln. Dieses Motto sollte helfen, selbst vomLande kommenden Jugendlichen einen noch tie-feren Zugang zu geben und Einblick in ihre eige-ne Lebenssphäre zu verschaffen. So verbrach-ten die Teilnehmenden beispielsweise einen Tagin einem Gutsdorf in der Nähe von Wismar, indem die Bewohner vorrangig auf Eigeninitiativefußende Lebensformen entwickelt haben undim Alltag tatsächlich erfolgreich praktizieren.Bei Besuchen in Bundes- und Landesministerienerhielten die Jugendlichen Informationen überstaatliche Einflussmöglichkeiten auf die Ent-wicklung ländlich geprägter Räume. Die Ge-legenheit, Fragen zu stellen, wurde intensiv ge-nutzt.

Bei allen Bildungsangeboten kamen der Spaß-und Unterhaltungsfaktor und die eigene Krea-tivität nicht zu kurz. Beispielsweise künstlerischausprobieren konnten sich die Jugendlichen inden unterschiedlichsten Workshops. Hier wur-den beispielsweise die Bereiche Fotographie,Zeichnen und Graffiti angeboten.

Die Jugendlichen konnten sich außerdem inverantwortlicher Rolle bewähren und sichzudem gegenseitig besser kennen lernen. IhreArbeit war leistungsorientiert.

Die ihnen anvertrauten verantwortungsvollenAufgaben erfüllten die Jugendlichen zur vollstenZufriedenheit der Veranstalter. Seitens des Re-gionalen Jugendbüros wurde für die in Wismarmitarbeitenden Jugendlichen eine Zeltfahrt andie Ostsee organisiert – sozusagen als Aner-kennung und Dankeschön für die geleistetegute Arbeit.

Die Jugendlichen konnten ein Gefühl dafür ent-wickeln, welche Kräfte in ihnen stecken, wennihnen nur Gestaltungsräume geboten werden.Diese Erfahrung konnte nachfolgend auch in dasZentrum transferiert werden und trug hierganz entscheidend zur Herausbildung einerKerngruppe von Jugendlichen bei. Zugleichkonnte in der Erfüllung gemeinsamer Aufgabender innere Zusammenhalt gestärkt werden. ImNachhinein kann die Integrationskraft dieserVeranstaltung und einiger anderer Fahrten alsbeträchtlich eingeschätzt werden.

• Deutsch-Französisches Jugendtreffenim Juli 2004

ein leitfaden

Zirkus-Workshop auf dem deutsch-französischen Jugendtreffen

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Im Ergebnis des Wirkens des Modellprojekteshat es – wie aufgezeigt wurde – vielfältigeAktivitäten gegeben, Jugendliche aus der Mo-dellregion an die organisierte Jugendverbands-arbeit heranzuführen.

Das seitens der Projektmitarbeiter/-in sehr be-hutsame und verantwortungsvolle Vorgehen hatdazu geführt, dass der Landjugendverband fürdie Jugendlichen nunmehr keine unbekannte In-stitution mehr ist.

Der Verband konnte sich den Jugendlichen alsinteressanter Partner präsentieren, der etwasfür die unterschiedlichsten Interessen undGeschmäcker bereit hält. Das hat gute Grund-lagen für weitere gemeinsame Aktivitäten ge-schaffen.

Hierbei entstanden eigene Kunstobjekte. ImRahmen eines Zirkusworkshops wurde von denJugendlichen unter professioneller Anleitung eineigenes Programm einstudiert und nach mehr-maligen Proben öffentlich vorgestellt. Damit botdas reichhaltige und abwechslungsreiche Pro-gramm jedem Beteiligten die Möglichkeit, eigeneWünsche und Ideen umzusetzen.

Die gemeinsame Arbeit wie auch die Freizeit-gestaltung förderte in hohem Maße die Kom-munikation untereinander und das Gruppen-verhalten. Einen guten Einstieg dafür bildeten zuBeginn des Treffens Kennenlern- und Sprachani-mationsspiele. Sprachbarrieren konnten durcheine Dolmetscherin behoben werden. Bei derZimmerbelegung wurden deutsche und franzö-sische Jugendliche gemischt untergebracht, waszusätzlich zur Kommunikation angeregt hat.

Fahrten in die Bundeshauptstadt Berlin und dieLandeshauptstadt Schwerin erhöhten den Er-lebnischarakter, Freizeitunternehmungen wieDiskobesuch oder Baden, Sport und Spielewurden jeweils als Gruppe vorgenommen. Ob-wohl es keine Pflichtveranstaltungen gab, wardie Beteiligung aller stets gewährleistet.

! Praxis-Tipp

Das Deutsch-Französische Jugendtreffen wurdevon allen Jugendlichen als ein großes und sehrschönes Erlebnis eingeschätzt. Dazu dürfte imWesentlichen der eher aktivierende statt kon-sumierende Programmansatz beigetragen haben.

Andere Jugendliche in ungezwungener Atmos-phäre und dadurch auch andere Länder, andereMentalitäten und Sichtweisen kennen zu lernen,war für viele eine interessante neue Erfahrung.Da jeden Abend eine Auswertung des Tageserfolgte und eingebrachte Änderungsvorschlä-ge umgesetzt wurden, gelang es, möglichst nahan den Bedürfnissen und Wünschen der Ju-gendlichen zu sein. Für den Erfolg der Ver-anstaltung spricht letztlich vor allem der aus-drückliche Wunsch der Jugendlichen wie auchder Organisatoren, im nächsten Jahr unbedingteinen Gegenbesuch in Frankreich vorzuneh-men.

3. Projektaktivitäten – Zielstellungen und methodisches Herangehen

Zirkus-Workshop auf dem deutsch-französischen Jugendtreffen

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ein leitfaden

Jugendtag – Workshop Malen und Zeichnen Jugendtag – Fußballturnier

Jugendtag – B. Hille (Regionales Jugendbüro) im Gespräch mitDr. T. Backhaus (Landwir tschaftsminister MV) und R. Lüker(Bürgermeister Gemeinde Ivenack)

Jugendtag – Volleyballturnier

Jugendtag – Jugendpressekonferenz

Jugendtag – DJ-Workshop

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das von der Richtigkeit und der Bedeutung derZielstellung und des konzeptionellen Herange-hens. Es ist als ein Bekenntnis zu betrachten,den eingeschlagenen Weg zielgerichtet weiterzu verfolgen, die erreichten Ergebnisse vor Ortzu festigen und die in den letzten Jahren gewon-nenen Erfahrungen schrittweise auch anderenländlichen Regionen zugänglich zu machen.

Mit der Fortführung der Projektaktivitäten ver-bindet sich die Frage, wie sich das RegionaleJugendbüro Ivenack künftig profilieren könnte.Dafür sind zwei Funktionsweisen entwickeltworden, die sowohl ihre Bedeutung für die re-gionale Ebene haben als auch landes- und bun-desweite Dimensionen aufzeigen. Letztlich wirdes für das Regionale Jugendbüro Ivenack abernur dann eine Perspektive geben, wenn es ge-lingt, diese Visionen an die Realitäten anzupassen.

Im Einzelnen bestehen dazu folgendeFunktionsweisen:

1.

Das Jugendbüro als Aufbaustätte einesMultiplikatoren-Pools

Der Multiplikatoren-Pool muß durch weiterekonkrete Projekte betreut und gesteuertwerden. Projektideen in den Bereichen Ju-gendarbeit, Dorf- oder Regionalentwicklungsollen im Landkreis Anwendung finden undImpulse zur Diskussion und Übertragbarkeitgeben (siehe Kap. 3, JULEICA-Ausbildung).

Ein kontinuierliches und innovatives Bil-dungsangebot ist für eine weitere Mobili-sierung Jugendlicher zur Gestaltung ihresUmfelds notwendig. Jugendliches Engage-ment vermeidet Leerstand von Räumlich-keiten, steigert die Bereitschaft zur Teilnahmean Gestaltungsprozessen, befördert die Kom-munikation zwischen den Generationen,erhöht die Identität mit dem Dorf, fördert

Modellprojekte sind meist dadurch gekenn-zeichnet, dass sie einer gut ausgestatteten,jedoch begrenzten Finanzierung unterliegen.Das zieht die Frage nach sich, was von ihnenbleibt, wenn die Förderung ausläuft. Dahersind Visionen, wohin sich befristete Initiativenperspektivisch entwickeln könnten, wichtig.

Die Nachhaltigkeit von Projektaktivitäten um-schließt sowohl inhaltliche Fragen als auch ihrefinanzielle Absicherung. In der Arbeit vielerProjekte findet die Nachhaltigkeitsperspektiveleider keine Berücksichtigung, oder sie wirderst viel zu spät thematisiert. Häufig ist auch zubeobachten, dass die Einheit von Inhalten undFinanzierungsalternativen nur unzureichend be-achtet wird. Meist konzentrieren sich die Ak-teure auf inhaltliche Fragen und verlieren da-rüber die Finanzierungsproblematik aus demAuge. Hierzu lehren die Erfahrungen des Mo-dellprojektes, das für diesen Leitfaden Patestand, dass beide Aspekte zum einen zusam-mengedacht und zum anderen parallel forciertwerden müssen. Ein potenzieller Geldgeberfragt vor allem nach Zielen, Aufgaben und In-halten angedachter Vorhaben. Außerdem musseine Idee immer auch in dessen „Finanzierungs-philosophie“ passen. Und schließlich ist inRechnung zu stellen, dass eine Projektidee oftauch dann noch weiterentwickelt, neu akzentu-iert oder strukturiert, einfach an diese Inten-tionen angepasst werden muss, wenn bereitsein Geldgeber gefunden werden konnte.

Nach drei Jahren erfolgreicher modellhafter Ar-beit gibt es gute Aussichten, durch einen Finan-zierungsmix die Fortführung des Regionalen Ju-gendbüros Ivenack zu ermöglichen. Dafür wur-den Gelder bei dem von der Bundesregierungaufgelegten Förderprogramms „Civitas“ bean-tragt. Weiterhin soll eine in Aussicht gestellteFinanzierung aus Projektgeldern des Landesju-gendamtes Mecklenburg-Vorpommern und desLandkreises Demmin erfolgen. In Zeiten immerknapper werdender öffentlicher Mittel zeugt

44. Zukunftsperspektiven des modellhaften Handlungsansatzes

4. Zukunftsperspektiven des modellhaften Handlungsansatzes

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2.

Das Jugendbüro als Netzwerkstellefür Jugendarbeit

Das Regionale Jugendbüro sollte auch weiter-hin grundlegende Fragen mit Jugendbezugthematisieren und entsprechende Aktivitä-ten initiieren, koordinieren und steuern. DerMehrwert für die Region könnte in der Rolleeines innovativen Dienstleisters bei denThemen Qualitätsstandards, Fortbildung,Qualifizierung, Leitbildentwicklung und Ver-netzung in der Jugendarbeit liegen. Jugend-arbeit sollte dabei über die klassischenFelder hinaus eine Vielfalt an Themen beinhal-ten, die Jugendliche im ländlichen Raumbetreffen. Die bedarfsgerechte Ergänzungund Bereicherung vorhandener Strukturen/Angebote unter Einbindung bestehender Res-sourcen gilt hier als die Grundlage effektiverRegionalentwicklung.

Ein erheblicher Beitrag zur Regionalentwick-lung kann mit dem Erschließen kommunalerBereiche geleistet werden, konkret bei derUmsetzung eines Verbundmodells der offenenJugendarbeit.Angeregt wird, dass sich mehre-re Gemeinden zu einem Verbund zusammen-schließen, die dann gemeinsamen einen „Ju-gendkoordinator“ anstellen. Durch die Kofi-nanzierung mehrerer Gemeinden kann ein grö-ßeres Finanzvolumen geschaffen werden. Die-sen Prozess gilt es zu initiieren und zu steuern.

Im Bereich der Berufsorientierung sind neuestrategische Partner notwendig, um effektivkreisspezifische Defizite zu beheben und Ori-entierungs- und Beratungsangebote beimÜbergang Schule – Beruf zu schaffen. NeueWege in der Zusammenarbeit zwischen Schu-le und gesellschaftlichem Umfeld, insbeson-dere Jugendarbeit können modellhaft im Land-kreis initiiert werden. Die mit der Bildungvon Ganztagsschulen verbundene Öffnungder Schulen bietet Chancen, die es zu nutzengilt. Die Vernetzung im Bereich der Jugend-arbeit voranzutreiben und zu stabilisieren istim Landkreis nach wie vor erforderlich.Wün-schenswertes Ziel ist die Gründung einesKreisjugendrings. Der Weg dorthin solltejedoch klar handlungsorientiert sein, d. h.über die gemeinsame Zielfindung und die er-gebnisorientierte Zusammenarbeit.

eine konstruktive Auseinandersetzung mitdem regionalen Umfeld und unterstützt dieAktivitäten in Jugendfreizeiteinrichtungen.

Ein Pool qualifizierter Jugendlicher bietet au-ßerdem Chancen für die Unterstützung derLandjugend und anderer interessierter Ju-gendverbände, die sich regional verankernmöchten. Ein Beitrag zum Aufbau von Ju-gendverbandsarbeit im Landkreis – bisher istaußer Sportjugend, Jugendfeuerwehr, Kircheund Arbeiterwohlfahrt kein Jugendverbandaktiv – kann demnach die Zusammenführungvon Jugendverbänden und Jugendlichen sein.

Projektaktivitäten 2005:

• konkretes Projekt mit Multiplikatoren-Pool entwickeln (analog zum Jugendtag 2004)

• zwei Seminarangebote für Jugendliche ent-wickeln und umsetzen; Inhalte: jugendrele-vante, geschlechtsspezifische Themen, soziale/politische Kompetenzen, Präventionsarbeitgegen Fremdenfeindlichkeit

• Schaffung von Angeboten für Jugendliche, dieauf neue Erfahrungswerte abzielen, d. h. eineKulturveranstaltung wie Lesung/Konzertsowie eine internationale Jugendbegegnung

• Vermittlung zwischen Multiplikatoren-Poolund interessierten Jugendverbänden durchkontinuierlichen Informations- und Erfah-rungsaustausch, d. h. monatliche Rundmails,regelmäßige Treffen

• Unterstützung der Landjugend bei JULEICA-Schulungen in der Region, d. h.Vermittlungvon Kontakten, Räumlichkeiten, Öffentlich-keitsarbeit, inhaltliche Gestaltung einzelnerModule.

ein leitfaden

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• Unter Einbeziehung des Mobilen Beratungs-teams für demokratische Kultur (MBT) dieKoordinierung und Vermittlung von Präven-tionsarbeit gegen Rechtsradikalismus undFremdenfeindlichkeit im Landkreis mitgestal-ten, d. h.Vermittlung von Kontakten, Räum-lichkeiten; gemeinsame Organisation/Durch-führung eines Seminars (siehe oben).

• Entwicklung bedarfsgerechter Module fürhaupt- und ehrenamtliche Akteure derJugendarbeit, insbesondere für Jugend- undSchulsozialarbeiter/-innen, d. h. regelmäßigeFachveranstaltungen für Erfahrungsaus-tausch, Ressourcenbündelung,Weiterbildung.

• Entwicklung eines Fortbildungs- und Be-gleitangebotes für Jugendliche in Ein-Euro-Jobs.

• Know-how-Transfer an Akteure der Regio-nalentwicklung und Jugendarbeit, d. h. inten-sive Pressearbeit, Beteiligung an Fachveran-staltungen, Mitarbeit in landesweitenGremien.

Projektaktivitäten 2005:

• Erfahrungs- und Informationsaustausch/pro-jektbezogene Zusammenarbeit/ Strategie-entwicklung mit den regionalen Akteurender Jugendarbeit, z. B. Initiierung und Mode-ration des „Runden Tisches Jugendarbeit desLandkreises Demmin“, z. B. Engagement inder „Planungsgruppe Jugend“ des Landkrei-ses Demmin.

• Verbundmodelle für Jugendarbeit im Land-kreises Demmin initiieren, d. h. Kontakt-aufnahme/Verhandlungen mit interessiertenGemeinden, Start eines Verbundmodells.

• Schaffung neuer Angebote der praxis- undhandlungsorientierten Berufsfrühorientie-rung für die Region, unter Einbeziehungschulischer und außerschulischer Jugend-bildung.

Dafür sind ein arbeitsfähiges Netzwerk imBereich Schule – Jugendhilfe – Wirtschaftaufzubauen und infrastrukturelle Schwie-rigkeiten zu überwinden.

4. Zukunftsperspektiven des modellhaften Handlungsansatzes

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