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KALKSANDSTEIN.Das Passivhaus.

Überreicht durch:Beratung:

KS-BayernKalksandsteinindustrie Bayern e.V.Rückersdorfer Straße 1890552 Röthenbach a.d. PegnitzTelefon: 09 11/54 06 03-0Telefax: 09 11/54 06 [email protected]

Kalksandsteinindustrie Nord e.V.Lüneburger Schanze 3521614 BuxtehudeTelefon: 0 41 61/74 33-60Telefax: 0 41 61/74 [email protected]

KS-OstKalksandsteinindustrie Ost e.V.Kochstraße 6 - 710969 BerlinTelefon: 0 30/25 79 69-30Telefax: 0 30/25 79 [email protected]

KS-SüdVerein SüddeutscherKalksandsteinwerke e.V.Heidelberger Straße 2 - 864625 Bensheim/BergstraßeTelefon: 0 62 51/10 05 30Telefax: 0 62 51/10 05 [email protected]

KS-WestKalksandsteinindustrie West e.V.Barbarastraße 7046282 DorstenTelefon: 0 23 62/95 45-0Telefax: 0 23 62/95 [email protected]

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Vorwort ______________________________________________________________ 3

Was ist ein Passivhaus? _______________________________________________ 4

Optimale Ausrichtung: Einfamilienhaus Herzogenaurach ________________________________________ 7

Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung _____________________________ 11

Energetische Berechnung _____________________________________________ 12

Klassisch münsterländisch: Reihenhauszeile mit Passivhaus in Alverskirchen _________________________ 13

Raumluftqualität und Lüftung __________________________________________ 17

Kosten, Wirtschaftlichkeit und Förderung ________________________________ 18

Architektur als Beitrag zur Landesgartenschau: Hofhäuser am Wasserband in Trier______________________________________ 21

Vakuum-Isolations-Paneele (VIP)________________________________________ 25

Kurzdarstellung von 12 Fallbeispielen ___________________________________ 26

Fenster _____________________________________________________________ 28

Bürogebäude im Passivhausstandard in Ellwangen _______________________ 29

Kosten versus Komfort und Behaglichkeit _______________________________ 33

Lüftungskonzept _____________________________________________________ 34

Heizung und sommerliche Kühlung _____________________________________ 34

Luft- und Winddichtheit _______________________________________________ 35

Behaglichkeit für 150 Kinder: Kindergarten Dohna __________________________________________________ 37

Wärmebrücken ______________________________________________________ 41

Nutzerverhalten______________________________________________________ 44

Genossenschaften im Passivhaus:Mehrfamilienhaus in Hamburg _________________________________________ 45

Marktaussichten _____________________________________________________ 49

Ausblick ____________________________________________________________ 50

Literatur ____________________________________________________________ 50

Kalksandstein. Das Passivhaus.

Stand: Januar 2006

Redaktion:Dipl.-Ing. S. Brinkmann, DurmersheimDipl.-Ing. B. Diestelmeier, DorstenDipl.-Ing. G. Meyer, HannoverDipl.-Ing. W. Raab, RöthenbachDipl.-Ing. O. Roschkowski, DuisburgDipl.-Ing. J. Schmertmann, BuxtehudeDipl.-Ing. H. Schwieger, Hannover

Autor: Dr. Burkhard Schulze Darup

Herausgeber: Bundesverband Kalksandsteinindustrie eV, Hannover

I-9034-06/01

Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen, jedoch ohne Gewähr.

Nachdruck auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung.

Schutzgebühr 5

Gesamtproduktion und © by Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf

Alle nicht gekennzeichneten Fotos:Dr. Burkhard Schulze Darup

INHALT

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VORWORT

Kalksandstein war von Anfang an dabei, als 1991 das erste Passivhaus in Deutschland in Darmstadt-Kranichstein gebaut wurde. Der Bau von Passivhäusern mit Kalksand-stein ist nicht nur gebaute Realität, sondern steht auch für hohe Wirtschaftlichkeit und Komfort. Dies belegen mehrere Hundert Kalksandstein-Objekte aus dem Wohn- und Nichtwohnbau, die in den vergangenen 15 Jahren erstellt wurden.

Experten und Branchenkenner schätzen, dass im Jahr 2010 etwa jedes fünfte Haus in Passivhausbauweise entstehen wird – einer der wenigen Märkte mit Zukunftschan-cen.

Passivhäuser sind besonders wirtschaftlich. Dabei spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle. Zum einen wird der Bau Energie sparender Gebäude gefördert, zum anderen stei-gen die Heizkosten und somit die Unterhaltskosten von Jahr zu Jahr weiter an. Dabei ist davon auszugehen, dass die Energiekostensteigerung in zum Teil schmerzhaften Sprüngen stattfinden wird. Die beste Versicherung dagegen ist frühzeitiges Investieren in Energieeffizienz und regenerative Energieversorgung – zum Beispiel durch den Bau eines massiven Passivhauses aus Kalksandstein.

Mit dem Prinzip der KS-Funktionswand (tragendes Kalksandstein-Mauerwerk mit hoher Rohdichte kombiniert mit außen liegender Wärmedämmung) sind vielfältige Gestal-tungsmöglichkeiten gegeben. Neben der häufig anzutreffenden Variante KS-Thermohaut (KS + WDVS) sind auch die Außenwandkonstruktionen zweischaliges Mauerwerk und KS-Vorhangfassade (KS + VHF) möglich. Durch den flexibel einstellbaren winterlichen Wärmeschutz lassen sich U-Werte von ca. 0,10 W/mK erzielen. Aufgrund seiner ho-hen Rohdichte sorgt der Kalksandstein als natürlicher Wärmespeicher auch während sommerlicher Hitzeperioden für angenehm niedrige Raumtemperaturen und damit hohe Behaglichkeit.

Bereits im Jahr 2000 veröffentlichte die Kalksandsteinindustrie die Broschüre „Pas-sivhäuser – Fallbeispiele“ und gab damit Bauherren und Planern Hilfestellung und Anregung für den Bau von Passivhäusern. Mit der vorliegenden Broschüre baut die Kalksandsteinindustrie ihren Know-How-Vorsprung weiter aus und besetzt dieses ak-tuelle Zukunftsthema.

Der HerausgeberHannover, im Januar 2006

VORWORT

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WAS IST EIN PASSIVHAUS?

WAS IST EIN PASSIVHAUS?

Passivhäuser sind durch einen sehr niedri-gen Energiebedarf bei hoher Behaglichkeit und bestem Komfort gekennzeichnet. Die Transmissions- und Lüftungswärmever-luste sind so gering, dass sie fast voll-ständig durch kostenlose „passive“ Ener-giebeiträge (nutzbare Energiegewinne) ausgeglichen werden. Das sind:

solare Gewinne durch Fenster undsonstige transparente Flächen,

Wärmeabgabe von Beleuchtung, Geräten und Prozessen sowie

Körperwärme der Personen im Gebäude.

Verbleibt nur ein minimaler Heizwärme-bedarf von ≤ 15 kWh/(m²a), so ist das Hauptkriterium für ein Passivhaus1) erfüllt. Der Begriff beschreibt einen technischen Standard, keinen Gebäudetyp. Dem Pla-ner erschließen sich durch die Anwendung der Energie sparenden Komponenten vor allem neue Möglichkeiten der Gestaltung, die Einschränkungen sind eher gering. Ausgerüstet mit ein wenig zusätzlichem energetischem Handwerkszeug erweitern sich die Spielräume für Entwurfskonzep-te. Durch eine sorgfältige Ausbildung der Gebäudehülle können gebäudetechnische Installationen reduziert werden und die Be-haglichkeit und der Komfort der Gebäude erhöht sich.

Zum Vergleich: Gebäude aus den sech-ziger Jahren und davor haben einen Heiz-wärmebedarf von 200 bis 300 kWh/(m²a), das entspricht ca. 20 bis 30 Litern Öl. In den achtziger Jahren wurden 10- bis 15-Liter-Häuser gebaut. Gebäude nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) er-reichen fast den Niedrigenergiestandard und liegen bei 5 bis 10 Litern − und das Passivhaus kann als 1,5-Liter-Haus be-zeichnet werden.

1) Die Anforderungen für Passivhäuser wurden entwi-ckelt in verschiedenen Arbeitskreisen und Unter-suchungen, die im Wesentlichen koordiniert und ausgeführt wurden durch das Passivhaus Institut Darmstadt, Dr. Wolfgang Feist, 64283 Darmstadt.

Entwurfs- und Konstruktionskriterien

Grundvoraussetzung ist eine hervorragen-de thermische Gebäudehülle. Die Kon-struktionen von Wand, Dach und Grund sollten einen Wärmedurchgangskoeffizi-enten von U < 0,15 W/(m²K) aufweisen. Vorteilhaft sind eine günstige Gebäude-geometrie, die Reduzierung der Wärme abgebenden Oberflächen im Verhältnis zum Heizvolumen (A/V-Verhältnis) durch eine kompakte Form des beheizten Be-reichs, große Bautiefe und den Verzicht auf Versprünge.

Der Wärmedurchgang für die Fenster in der Gesamtbetrachtung von Verglasung, Rahmen und Wärmebrücken sollte Uw ≤ 0,8 W/(m²K) betragen. Ein möglichst hoher Energiedurchlassgrad wirkt sich vorteilhaft aus, vor allem für die Südfenster ist ein Wert von g ≥ 50 bis 60 % anzustreben. Die Ausrichtung der Fensterflächen entschei-det über das Ausmaß der Wärmegewinne: Je geringer die Abweichung von der Süd-orientierung, desto günstiger. Möglichst weitgehende Verschattungsfreiheit dient der vollständigen Ausnutzung passiver So-largewinne.

Wärmebrückenfreiheit bei Außenmaßbe-zug der Transmissionsfläche muss Ziel der Detaillösungen sein.

Die Luftdichtheit der Gebäudehülle und eine schadensfreie Konstruktion sind die Voraussetzung für eine funktionierende Wärmerückgewinnung der Lüftungsan-lage mit minimierten Leckageverlusten.

Der Nachweis erfolgt mittels BlowerDoor-Test, der für Passivhäuser einen Luft-durchsatz unterhalb des 0,6-fachen Gebäudevolumens bei einem Differenz-druck von 50 Pa vorsieht (n50 ≤ 0,6 h-1).

Jahresheizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m2a)

maximale Heizwärmelast ≤ 10 W/m2, um auf ein gesondertes Heizsystem ver-zichten zu können

Wand, Dach und Fußboden: Wärmedurchgangskoeffizient U < 0,15 W/(m2K), Wärmebrückenfreiheit

Fenster UW ≤ 0,8 W/(m2K); g ≥ 50…60 %

Luftdichtheit: max. 0,6-facher Luftwechsel bei 50 Pa Druckdifferenz (n50 ≤ 0,6 h-1)

Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung mit einem Wärmebereitstellungsgrad ηWRG,eff ≥ 75 %, Stromeffizienz pel < 0,45 Wh/m3

Jahresprimärenergiebedarf für Heizung, Brauchwasserbereitung, Lüftung und Haushaltsstrom ≤ 120 kWh/(m2a)

Lüftung

Die Raumluftqualität muss oberste Priorität bei der Gebäudeplanung haben. Deshalb beinhaltet eine Energie sparende Planung zugleich immer die Anforderungen des gesundheitsverträglichen Bauens. Ziel ist es, Schadstoffeinträge und gesundheits-beeinträchtigende Einflüsse so gering zu halten, dass die Luftwechselrate durch den Kohlendioxidgehalt bestimmt wird, der dem Atemvorgang der Nutzer entspricht. Der Pettenkofer-Wert von 0,1 Vol-% CO2 sollte nicht überschritten werden. Daraus ergibt sich die Anforderung von 30 m³ Frischluft pro Stunde für jede Person (entspricht der Mindestanforderung nach DIN 1946 Teil 6) bei normaler Betätigung.

Ventilatorgestützte Lüftungsanlagen die-nen einem erhöhten Komfort und sorgen für eine hygienisch einwandfreie Raumluft. Mittels Wärmerückgewinnung über einen Wärmetauscher kann zudem Energie einge-spart werden. Folgende Parameter sind für eine passivhaustaugliche Lüftungsanlage Voraussetzung:

Wärmebereitstellungsgrad ηWRG,eff ≥ 75 %

Zulufttemperatur > 16,5 °C zur Erzielung von Behaglichkeit

Übersicht der wichtigsten Passivhaus-Kriterien

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450

400

350

300

250

200

150

100

50

0

kWh/

(m ≤

a)

Bestand WSVO 84 WSVO 95 EnEV Passivhaus3-Liter-Haus

KfW 60 KfW 40

HaushaltsstromLüfterstromWarmwasserHeizung

Primärenergie-Kennwerte von Baustandards

Stromeffizienz pel < 0,45 Wh/m³

weitgehende Dichtheit des Lüftungs-geräts

Schalldruckpegel in Wohnräumen < 25 dB(A)

2) Passivhaus Projektierungs Paket. Passivhaus Insti-tut Darmstadt, www.passiv.de

Energetische Berechnung und Anforderung an den Primärenergiebedarf

Die Einbeziehung der energetischen Ge-bäudesimulation bereits in der Vorent-wurfsphase ist Voraussetzung für eine wirtschaftliche Konzeption von Passivhäu-sern. Als Werkzeug dient das Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP)2), mit dem die Besonderheiten hoch energieeffizien-ter Gebäude rechnerisch äußerst exakt abgebildet werden können.

Primärenergieaufwand

Neben dem Aspekt des Energieverbrauchs für den Gebäudebetrieb ist die Betrachtung des Primärenergieaufwands für die Gebäu-deerstellung relevant.

Der zusätzliche Materialaufwand für den Passivhaus-Standard amortisiert sich im Vergleich zum Standard der EnEV bei günstig geplanten Gebäuden in einem Zeitraum von etwa einem Jahr.

Behaglichkeit und Raumklima

Hoch wärmegedämmte Außenbauteile er-füllen die bauphysikalische Behaglich-keitsanforderung nach einer hohen inne-

Restwärmebereitstellung

Der Passivhaus-Standard von 15 kWh/(m²a) ermöglicht einen Kostensprung zur Reduzierung der Investitionskosten, wenn ein gesondertes Heizsystem über-flüssig wird und das ohnehin vorhandene Zuluftsystem die erforderliche Heizwärme transportieren kann. Damit dies unter bauphysikalisch behaglichen Kriterien geschehen kann, muss die Auslegungs-Heizleistung unter 10 W/m² und die ma-ximale Temperatur im Wärmetauscher bei 50 °C liegen.

Zahlreiche Beispiele zeigen, dass ein deutlicher wirtschaftlicher Vorteil hin-sichtlich der Gestaltung der Heizanlage auch bei der Trennung von Lüftungs- und Heizungstechnik gegeben ist. Gerade bei gewerblich genutzten Gebäuden kommt als wichtiger ökonomischer Faktor hinzu, dass bei einer Passivhaus-Gebäudehül-le deutliche Einsparungen hinsichtlich der Gebäudetechnik – gerade auch für den Sommerfall – gegeben sind mit der Folge eines deutlich reduzierten Technik-aufwands. Dies eröffnet ein weiteres Einsparungspotenzial bei den Funktions-flächen und den daraus resultierenden Baukosten.

Zugleich dient das Programm als Qua-litätsnachweis, in dem die konstruktiven und energetischen Kennwerte zusammen-gefasst sind. Zudem wird die Erfüllung der Passivhaus-Kriterien nachgewiesen:

Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m²a) Primärenergiebedarf für Heizung, Klimatisierung, Warmwasserbereitung, Hilfsenergien und (Haushalts) – Strom ≤ 120 kWh/(m²a).

ren Oberflächentemperatur, die nahe an der Raumlufttemperatur liegt. Tauwasser und mithin Schimmelproblematik kann bei solchen Konstruktionen nicht auftreten.

Fenster mit einem U-Wert unterhalb 0,8 W/(m²K) weisen ausreichende Be-haglichkeitskriterien auf, ohne durch Heiz-wärme einen Ausgleich schaffen zu müs-sen. Strahlungs-Asymmetrien werden in Passivhäusern auf ein sehr komfortables Maß minimiert.

Als Folge der geringen Thermik und der minimalen Heizlast liegen auftretende Luftgeschwindigkeiten deutlich unter der Anforderungsschwelle von 0,15 m/s, in den meisten Bereichen unter 0,05 m/s. Die Lüftungsanlage erzeugt nur in sehr kleinen Einblasbereichen eine erhöhte Luftgeschwindigkeit, die bei richtiger Pla-nung aufgrund der geringen stündlichen Luftmengen keinerlei Zugempfinden auf-kommen lässt.

Sehr wesentlich für das Wohlbefinden ist die ständig erneuerte Frischluft. Dies hat nicht nur Vorteile für die Raumluftqualität. Es stellt sich auch eine kontinuierlich an-gemessene Raumluftfeuchte ein, da eine ständige Abfuhr der anfallenden (Wohn-)Feuchte im Gebäude sichergestellt ist. Auf- grund des relativ geringen erforderlichen Luftwechsels von etwa 30 m³/h pro Person fällt bei richtiger Planung an kalten Tagen die Raumluftfeuchte dennoch nicht in zu trockene Bereiche.

Die hohe bauphysikalische Behaglichkeit führt zu Wohlbefinden und besten hygieni-schen und gesundheitlichen Raumklima-

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WAS IST EIN PASSIVHAUS?

bedingungen. Dies schlägt sich nicht nur beim Wohnen in positiven Kommentaren der Bewohner nieder – auch bei gewerbli-chen Objekten ist durchaus eine Betrach-tung dieser „weichen“ Komfortfaktoren sinnvoll: Durch niedrigeren Krankenstand amortisieren sich nicht nur die geringen Mehrinvestitionen sehr schnell. Obendrein stimuliert ein komfortables Arbeitsumfeld ein positives Arbeitsklima.

Kostengünstige Passivhäuser

Der Kostenvergleich von Passivhauskom-ponenten gegenüber Standard-Technik nach EnEV stellt sich wie folgt dar:

Erhöhte Dämmstoffdicken sind von An-fang an rentierlich, wenn der konstruktive Aufwand niedrig gehalten werden kann.

Passivhaus-Fenster erzeugen derzeit noch 30 bis 50 % Mehrinvestitionen, in we-nigen Jahren werden es 15 bis 30 % sein.

chen Bereichen vom Raumprogramm bis zur Technik erzielt werden konnten. Dies führte zu äußerst günstigen Lösungen, die bereits bei den Investitionskosten mit üblichen Gebäuden konkurrieren konnten. Solche Synergieeffekte sind bei vielen ge-werblichen Gebäuden erzielbar, ebenso bei kommunalen Bauten wie Schulen, Pflege- und Altenheimen.

Bei der Betrachtung von Betriebs- und Finanzierungskosten liegt bereits bei heu-tigen Rahmenbedingungen unter Einbezie-hung der aktuellen Förderprogramme die jährliche Belastung von Passivhäusern in den meisten Fällen niedriger als die für Standardgebäude. Bei steigenden Energiepreisen wird sich dieser Effekt verstärken. Bereits nach einem kleinen Teil der Abschreibungszeit von z.B. 20 Jahren wird sich die wirtschaftliche Si-tuation völlig anders darstellen. Es kann sicher prognostiziert werden, dass auf die Lebenszeit gesehen Passivhäuser die mit Abstand wirtschaftlichere Variante gegenüber üblichen Gebäudestandards darstellen.

Lüftungstechnik dient nicht nur der Energieeffizienz, sondern in starkem Maß dem Komfort und der Raumluftqualität, für die in Fachkreisen für jedes Gebäude ventilatorgestützte Lüftung gefordert wird. Dadurch relativieren sich die 30 bis 70 €/m² für Zu-/Abluftanlagen. Bei Gewer-bebauten kann das Passivhaus-Konzept Einsparungspotenziale hinsichtlich der Raumluft-Technik (RLT) eröffnen.

Heizungstechnik wird kostengünstiger durch die geringe Heizwärmelast mit der Folge minimierter Technik in der Zentrale und einem deutlich vereinfachten Verteil-system.

Bei gewerblichen Gebäuden kann die dort übliche Klimatechnik durch das Pas-sivhaus-Konzept überflüssig werden, was zu deutlichen Einsparungen führt.

Passivhäuser erzeugen gegenüber ei-nem Standardgebäude Mehrinvestitionen von 5 bis 15 %. In zahlreichen Fällen wurde allerdings dokumentiert, dass durch kon-sequente Planung Einsparungen in zahlrei-

GLOSSAR

3-Liter-Haus: Gebäude mit einem Heiz-wärmebedarf von höchstens 30 kWh/(m2a). Es handelt sich um keinen ge-schützten Begriff und es gibt auch ab-weichende Definitionen, bezogen auf den Heizenergiebedarf oder den Primär-energiebedarf.

Ein Nullheizenergiehaus ist ein Gebäu-de ohne Verbrauch an fossilen Ener-gieträgern, d.h. der Heizwärmebedarf wird über regenerative Energieträger gedeckt.

Von einem Nullenergiehaus spricht man, wenn sich diese Betrachtung nicht nur auf das Heizen, sondern auch auf die Bereiche Warmwasserbereitung und Haushaltsstrom bezieht.

Ein PlusEnergieHaus weist in der Bilanz einen Energieüberschuss auf. Im Allge-meinen werden bei diesen Gebäuden Passivhaus-Technologien hinsichtlich der Gebäudehülle und der Lüftungs-technik zur Minimierung des Heizwär-mebedarfs eingesetzt, darüber hinaus wird in hohem Umfang eine Versorgung mit regenerativen Energieträgern durch-geführt.

Energiebezugsfläche: Fläche, auf die sich der Kennwert eines Energiebilanz-verfahrens bezieht. Sie wird nach EnEV aus dem Volumen abgeleitet und ist vor allem bei kleineren Gebäude meist deutlich größer als die tatsächliche Wohn- und Nutzfläche.

Energiedurchlassgrad (g-Wert): Kenn-zahl von Gläsern, die angibt, wie viel Prozent der auf die Scheibe treffenden Sonnenenergie diese durchdringt. Je höher der g-Wert ist, desto mehr solare Wärmegewinne erhält das Haus durch die Fenster.

Heizwärmebedarf: Notwendige jähr-liche Wärmezufuhr eines Gebäudes [kWh/m2a] zur Aufrechterhaltung nor-maler Innenraumtemperaturen bei nor-malen äußeren Klimabedingungen und normalem Luftwechsel. Er ergibt sich aus Transmissionswärmeverlus-ten, Lüftungswärmeverlusten, solaren Wärmegewinnen und internen Wärme-gewinnen.

Interne Wärmegewinne: Energiegewinne aus der Abwärme von elektrisch betriebe-nen Geräten, von anderen Wärmequellen wie Gasherden und von in den Räumen lebenden Menschen.

Lüftungswärmebedarf: Wärmebedarf für die Erwärmung der Frischluft.

Solare Wärmegewinne: Nutzbare Sonnen-energie, die durch transparente Bauteile ins Haus gelangt.

Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert): Gibt den Wärmestrom in Watt an, der durch einen Quadratmeter eines Bauteils bei einer Temperaturdifferenz zwischen innen und außen von 1 Kelvin fließt.

Wärmeleitfähigkeit (λR-Wert): Gibt an,

welche Wärmemenge durch eine Fläche von 1 m2 eines Baumaterials von 1 m Dicke strömt, wenn die Temperaturdiffe-renz zwischen den beiden Seiten 1 Kelvin beträgt. Die Maßeinheit ist W/m·K. Je größer der λR-Wert ist, desto besser leitet das Material Wärme.

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EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH

Architekten Thomas Meyer, Cadolzburg, und Burkhard Schulze Darup, Nürnberg

Südansicht: Alle Aufenthaltsräume sind segmentbogenförmig nach Süden geöffnet

OPTIMALE AUSRICHTUNG!

Einfamilienhaus HerzogenaurachZunächst gab es ein wunderschönes Grundstück am südöstlichen Rand des Herzogenauracher Ortsteils Welkenbach, das frisch aufgelegte Förderprogramm des Stadtrats in Höhe von 5.000 € pro Passivhaus, und – das war der Wermuts-tropfen – das Grundstück lag diagonal zur Südausrichtung. Sicher wäre es möglich gewesen, die ortstypische eingeschossige Bebauungsform mit Satteldach aufzuneh-men und dieses Konzept energetisch zu optimieren. Es ging aber zugleich um kos-tenoptimierte Planung: Das Budget sollte ausreichen, eine ganze Menge Wünsche für eine fünfköpfige Familie zu erfüllen –und trotzdem den Passivhaus-Standard zu erreichen. Es sollten große Zimmer für die Kinder sein, ein zentraler Wohn-bereich, eine separate Küche mit beque-mem Essbereich, viel Abstellfläche, eine Rückzugsmöglichkeit für die Eltern, ein Arbeitszimmer und ein Gästezimmer.

Das größte Einsparpotenzial liegt im ersten Planungsabschnitt. Deshalb wurde

zunächst das Raumprogramm auf den Prüf-stand gestellt: Die drei letzten Funktionen wurden zu einem kombinierten Arbeits- und Gästezimmer zusammengefasst und die Eltern bekamen einen abgeschlossenen großzügigen Schlafbereich abseits von den schon sehr selbstständigen Kindern. Durch diese Art des Entwurfsprozesses konnten die Baukosten so weit gesenkt werden, dass die Passivhaus-Komponen-ten in das Budget passten – zumindest, wenn keine zusätzlichen Aufwendungen erforderlich wurden, z.B. für das Ausglei-chen einer ungünstigen Ausrichtung durch erhöhte Dämmstoffdicken.

Also ging es an die konsequente Opti-mierung der energetischen Rahmenbe-dingungen. Die Dreiecksform mit der seg-mentbogenförmigen Südfassade ermög-licht nicht nur die Südausrichtung aller Aufenthaltsräume, sondern schafft durch den Dachverlauf einerseits angemessen niedrige Räume bei den nördlich gelege-nen Kellerersatzräumen und andererseits ausreichend Höhe für Hochbetten bzw. Spielebenen in den Kinderzimmern. Der Versatz zwischen Erdgeschoss und Dach-geschoss mit der gegenläufigen Dach-fläche ermöglichte nicht nur eine opti-mierte Ausbalancierung der EG- zu den OG-Flächen, sondern wurde seitens der Herzogenauracher Baubehörde wohlwol-lend als hinreichendes Attribut an die umgebende Bebauung gewertet, um eine Genehmigung für diese Passivhaus-Form geben zu können.

Gebäudehülle & Konstruktion Die Außenwandkonstruktion wurde klas-sisch erstellt: 17,5 cm Kalksand-Planstein mit 32 cm Wärmedämm-Verbundsystem

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EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH

Die Flächen mit NO- und NW-Ausrichtung haben nur kleine Fenster

Nordansicht mit deutlich erkennbarer Dachkonstruk-tion: Brettschichtholz 6/40 cm

Anschluss der Außenwand zum Dach auf der Nordseite

Grundriss des Obergeschosses – drei Kinderzimmer, Gäste- und Abstellraum

mit λR = 0,040 W/mK. Der resultierende U-Wert liegt unter 0,12 W/(m²K). Entgegen der bereits oft angewandten tragenden Bo-denplatte mit lückenlos umfassender un-terer Dämmlage ergab sich in diesem Fall eine kostengünstigere Ausführung der Gründung mit Streifenfundamenten. Dem-entsprechend liegt die gesamte Dämmung mit 25 cm PS oberhalb der Betonplatte, unter dem Estrich. Der U-Wert liegt unter 0,14 W/(m²K).

Die Dachkonstruktion stellt aufgrund des Gebäudezuschnitts ein kleines Kunst-werk dar, das aber für den Zimmerer ein-fach und kostengünstig mit Brettschicht-holz im Querschnitt 60/400 mm zu erstel-len war. Die Aussteifung der hohen Hölzer erfolgt durch die obere Schalungslage bzw. Windrispen. Zur Dämmung wurde Zellulose eingeblasen. Der resultierende U-Wert liegt fast bei 0,1 W/(m²K).

Die Fenster wurden als Passivhaus-Kunststofffenster ausgeführt mit einem sehr günstigen Uw von 0,78 W/(m²K) und einem g-Wert von 50 %. Die segmentbo-genförmigen Fenster auf der Südseite wurden jeweils durch ein kleines Kopp-lungsprofil verbunden, um einen dichten Anschluss zu erzielen.

Die Wärmebrückenermittlung erfolgte im Rahmen der Passivhaus-Projektierung. Auf-grund des Außenmaßbezuges ergibt sich in der Summe ein negativer Wert.

Hinsichtlich der Luftdichtigkeit wurde bei Detailplanung und Ausführung sehr sorgfältig gearbeitet. Der Bauherr führte einen Teil des Innenausbaus in Eigen-leistung durch und legte großen Wert auf qualitativ hochwertige Arbeit, so dass beim Blower-Door-Test ein n50-Wert von 0,3 h-1

gemessen wurde.

Im Erdgeschoss finden neben Küche und Wohn-/Essbereich ein Hauswirtschaftsraum und das Elternschlafzimmer Platz

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EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH

Schnitt durch das Einfamilienhaus

Regeldetail Bodenplatte – WandOptimale Ausrichtung der Solarkollektoren

Lüftungsgerät: Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung

LüftungDas ursprünglich ausgeschriebene Lüf-tungskonzept wurde im Zuge der Vergabe und Ausführung grundlegend geändert, da die ausführende Lüftungsfirma den Bauherrn von einem anderen System überzeugte. Bei dem nun eingebauten Lüftungssystem verläuft die Leitungsfüh-rung unter dem Estrich mit Luftauslässen im Bereich der Heizflächen und nicht, wie ursprünglich geplant, mit Wickelfalzrohren in Verbindung mit kurzer Leitungsführung und Verteilung über Weitwurfdüsen.

Das Zu-/Abluftgerät mit Wärmerückge-winnung erhält die frische Außenluft über einen Erdwärmetauscher mit 25 m Länge, der in gut 2 m Tiefe mit Gefälle zu einem Revisionsschacht bei der Ansaugung verlegt ist.

Heizung & Warmwasserbereitung

Die Wärmebereitstellung erfolgt mit einer Gas-Brennwerttherme, die in den Solar-Schichtenspeicher integriert ist. Da-durch konnte eine sehr raumsparende Installation erfolgen, die nur eine Fläche von einem Quadratmeter einnimmt. Die Energieversorgung erfolgt durch Propan-

gasflaschen. Eine Flasche mit 33 kg hält in der Hauptheizzeit ca. 3 Wochen – inkl. Warmwasserbereitung für fünf Personen. Die Heizzeit beginnt üblicherweise im November und endete laut Angabe des Bauherrn im Jahr 2005 Mitte Februar.

Die Solarthermie-Anlage wurde als fas-sadenintegrierter Flachkollektor mit 10 m² Absorberfläche erstellt. Durch die vertikale Ausrichtung erhöht sich die Ausbeute im Winterhalbjahr, während beim höchsten Sonnenstand die solare Ausbeute geringer wird. Das wirkt sich angesichts der für den Sommerfall überdimensionierten Fläche angenehm auf die Stillstandszeiten aus.

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EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH

Projektdaten

Objekt Frei stehendes Einfamilienhaus

Bauherr Familie Rubruck

Ort 91074 Herzogenaurach

Wohn-/Nutzfläche 163 m² inkl. Nebenräume (nicht unterkellert)

Konstruktion

Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 32 cm WDVS aus Polystyrol mit λR = 0,040 W/(mK)U-Wert = 0,12 W/(m²K)

Bodenplatte Stahlbetonbodenplatte mit Streifenfundamenten, 25 cm Estrichdäm-mung (10 cm mit λR = 0,035 W/(mK), 15 cm mit λR = 0,040 W/(mK)), U-Wert = 0,14 W/(m²K)

Dach Tragwerk Brettschichtholz 60/400 mm, 40 cm Zellulosedämmung mit λR = 0,040 W/(mK), U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Fenster Kunststofffenster Uw = 0,78 W/(m²K), g-Wert = 50 % Fabrikat: Eurotec

Eingangstür Passivhaustür Uw = 0,8 W/(m²K) Fabrikat: Variotec

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung der WärmebrückenΔUWB = -0,01 W/(m²K)

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n50 = 0,30 h-1

Gebäudetechnik

Lüftung Fabrikat Pluggit, Lüftungsverteilung unter dem Estrich, Erdreichwärmetauscher mit Rohrdurchmesser 160 mm Länge: 25 m, PE-Leitung 2,5 m tief

Heizung und Warmwasser

Gas-Brennwert-Therme, Fabrikat Solvis-Max in Verbindung mit 10 m² Fassaden-Solarkollektoren und 400 Liter Schichtenspeicher

Übertragung Heizwärme

Heizkörper an den Lüftungsauslässen

Baukosten 1.100 €/m² Wohn-/Nutzfläche

Baujahr Fertigstellung 2002

Architekten Architekturbüro ArchitekturbüroDr. Burkhard Schulze Darup Thomas Meyer90475 Nürnberg 90556 Cadolzburgwww.schulze-darup.de

Bilanzierung des Heizwärmebedarfs

FensterLüftung

WandDachGrund

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45

Gewinne

Verluste

HeizwärmebedarfSolarstrahlung

Interne Wärmequelle

13,8 18,4 10,6

13,2 6,1 3,9 14,5 5,1

kWh/(m2a)

Die Küche neben dem Wohn-/Essbereich

ResümeeDie Familie fühlt sich in ihrem Haus rund-um wohl. Natürlich gibt es Nachteile, die sich aus der wunderbar ländlichen Lage ergeben – so staubt es bisweilen landwirt-schaftsbedingt oder es gibt mal ein paar Tage eine Mückenplage.

Stimmen zum Haus: „Wir leben mit der Sonne, sie beglei-tet uns den Tag über von Fenster zu Fenster, das bringt eine wunderbare Lebensqualität!“„In der vorherigen Wohnung hatte ich immer geschwollene Augen wegen einer Allergie, im Passivhaus habe ich das nicht mehr.“„So hell und trotzdem geborgen und freundlich…“„Ganz angenehm gute Luft, keine Atembeschwerden wie in vielen an-deren Häusern.“ (Opa, 85 Jahre, bei einem Besuch)„Durch die Glasfront fühle ich mich fast, als wäre ich draußen. Und trotz-dem ist es total behaglich warm.“„Sehr angenehme gleichmäßige Tem-peratur im ganzen Haus, sowohl im Winter wie auch im Sommer.“„Das Haus ist ja schon ein komisches Modell“ (Nachbarin nach einem Jahr Stillschweigen).

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ZU-/ABLUFTANLAGEN MIT WÄRMERÜCKGEWINNUNG

ZU-/ABLUFTANLAGEN MIT WÄRMERÜCKGEWINNUNG

Die Reduzierung der Lüftungswärmever-luste über eine Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung ist eine der wesent-lichen Maßnahmen, um den niedrigen Energieverbrauch eines Passivhauses zu erreichen und zugleich für die Bewohner einen hohen Komfort und gute Raumluft-qualität zu erzielen. Durch die Lüftungsan-lage wird die Wärme der Abluft über einen Wärmetauscher auf die hereinströmende Außenluft übertragen. Um den hohen ener-getischen und technischen Ansprüchen eines Passivhauses gerecht zu werden, müssen das Gerät und die damit verbun-dene Anlage folgende Kriterien1) erfüllen.

1. Behaglichkeitskriterium: Eine minimale Zulufttemperatur von 16,5 °C wird vom Gerät ohne zusätzliche Einrichtungen auch bei einer Außenlufttemperatur von -10 °C erreicht.

2. Effizienzkriterium (Wärme): Effektiver trockener Wärmebereitstellungsgrad ηWBG,t,eff (≥ 75 %, am Laborprüfstand mit balancierten Massenströmen auf der Außen-/Fortluftseite gemessen.

3. Effizienzkriterium (Strom): Elektrische Leistungsaufnahme des Gerätes inklusive Steuerung jedoch ohne Frostschutzhei-zung ≤ 0,45 W/(m3/h) bei einer externen Pressung von 100 Pa.

4. Dichtheit und Dämmung: Leckvolu-menströme ≤ 3 % des mittleren Volu-menstromes des Wohnungslüftungsge-rät-Einsatzbereiches entsprechend den DIBt-Richtlinien sowohl für Unter- als auch Überdruck.

5. Abgleich und Regelbarkeit: Disbalan-ce von maximal 10 % für Außen- und Fortluftmassenstrom (bei Aufstellung des Gerätes innerhalb der wärmege-dämmten Gebäudehülle) bzw. Zuluft- und Abluft-Massenstrom (bei Aufstellung des Gerätes außerhalb der wärmegedämmten Gebäudehülle).

6. Schallschutz: Schalldruckpegel im Aufstellraum ≤ 35 dB(A), in Wohnräumen

1) Passivhaus Institut Darmstadt: Anforderungen - Zertifizierung von Lüftungsanlagen, Kriterien für die Beurteilung der Eignung von Lüftungsanlagen als Passivhaus-geeignete Komponente: www.passiv.de2) z.B. Fabr. Rehau

unter 25 dB(A) und in Funktionsräumen unter 30 dB(A).

7. Raumlufthygiene: Das Zentralgerät ein-schließlich Wärmeübertrager sollte einfach zu inspizieren und zu reinigen sein. Der Filterwechsel kann vom Betreiber (kein Fachpersonal) selbst durchgeführt werden, Filterqualitäten:

Außenluftfilter als Feinfilter (F7), Anordnung frontständig

Abluftfilter als Grobfilter (G4)

Filterüberwachung durch Druckdifferenz-messung an den Filtern, halbjährlicher Filterwechsel. Wird das Gerät im Sommer nicht betrieben, soll der Filter vor der Wie-derinbetriebnahme gewechselt werden. Der Gerätehersteller hat entweder durch Gerätebestandteile oder durch obligato-risch beigefügtes Zubehör dafür Sorge zu tragen, dass die Raumlufthygiene nach dem neuesten Erkenntnisstand sicher-gestellt wird.

8. Frostschutzschaltung: Auch bei winter-lichen Extremtemperaturen (-15 °C) muss sowohl ein Zufrieren des Wärmeübertra-gers als auch das Einfrieren eines hydrau-lischen Nachheizregisters ausgeschlossen werden. Beim ungestörten Frostschutzbe-trieb muss die reguläre Funktion des Ge-rätes dauernd sichergestellt sein (keine Außenluftunterbrechungsschaltung).

ErdwärmetauscherDurch einen Erdwärmetauscher, der die Außenluft vorwärmt, kann der Wirkungs-grad einer Zu-/Abluftanlage mit Wärme-rückgewinnung verbessert und vor allem das Einfrieren des Wärmetauschers ver-hindert werden. Es kann handelsübliches Rohrmaterial, z.B. Kabelschutzrohre HD-PE, KG-Rohr oder spezifisches Material für Erdwärmetauscher verwendet werden2). Als Querschnitte sind in Abhängigkeit von der Luftmenge für den Bereich einer Wohnein-heit DN 150 oder DN 200 zu wählen. Die Länge und Anordnung ergibt sich aus der Anforderung an die minimale Lufttempe-ratur am Wärmetauscher des Gerätes. 15 bis 40 m Rohrlänge werden üblicherweise ausgeführt. Je höher die Erdüberdeckung (möglichst > 2,00 m oder Führung unter-halb der Bodenplatte) und je besser leitend das umgebende Erdmaterial ist (z.B. gut verdichtetes lehmiges Material), desto günstiger ist der Wirkungsgrad. Die Lei-tungen sollten mit mindestens 2 % Gefälle zu einem Reinigungsschacht verlegt sein

und mit einem Ansaugfilter ausgestattet sein. Zudem ist sicherzustellen, dass eine Reinigung möglich ist und jederzeit eine hygienisch einwandfreie Situation gegeben ist.

Eine gute Alternative stellt ein Sole-Luft-Wärmetauscher [1] dar. Dabei wird eine Erdleitung mit Sole durchströmt und die so gewonnene Erdwärme vor dem Lüf-tungsgerät mittels Wasser-Luft-Wärmetau-scher auf die angesaugte Außenluft der Lüftungsanlage übertragen. Die Anlage ist einfach herstellbar und mittels einer kleinen Umwälzpumpe gezielt regelbar.

Zentralgerät einer Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung für Einfamilienhäuser

Lüftungszentrale für ein Gebäude mit ca. 1000 m2 Nutzfläche

Lüftungszentrale für ein Bürogebäude mit über 5000 m2 Nutzfläche

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ENERGETISCHE BERECHNUNG

ENERGETISCHE BERECHNUNG

Für den Energiebedarf eines Gebäudes werden bereits beim Vorentwurf die wich-tigsten Festlegungen getroffen. Deshalb sollte schon in diesem Stadium eine be-gleitende Untersuchung zur thermischen Bauphysik und zum Jahresheizwärmebe-darf durchgeführt werden. Üblicherweise wird das Berechnungsverfahren nach EN 832 / DIN V 4108-6 eingesetzt, das der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu Grunde liegt. Baulicher Wärmeschutz und Heizungsanlagentechnik können auf diesem Weg simuliert und während des gesamten Planungsprozesses optimiert werden.

Die hohe Wirtschaftlichkeit des Passiv-hauses basiert auf den hohen Anforde-rungen an den baulichen Wärmeschutz, wodurch die Anlagentechnik kostengüns-tig realisierbar ist.

Es ist sinnvoll, für Gebäude mit ex-trem niedrigem Jahresheizwärmebedarf Programme zu verwenden, bei denen die spezifischen Anforderungen erfasst werden können. Mit dem Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP)1) liegen seit Jahren im Bereich der Planung hoch energieeffizienter Gebäude sehr gute Erfahrungen vor. Bei mehreren hundert Gebäuden wurden Rechenergebnisse durch später durchgeführte Energiever-brauchs-Messungen bestätigt.

Jahres-Heizwärmebilanz für ein charakteristisches Passivhaus: den Transmissionswärmeverlusten durch Wand, Grund, Dach, Fenster und Wärmebrücken und Lüftungswärmeverlusten stehen die nutzbaren Gewinne gegenüber: solare Gewinne, interne Wärme und der resultierende Heizwärmebedarf, der beim Passivhaus unter 15 kWh/(m²a) liegt

1) Passivhaus Projektierungs Paket. Passivhaus Institut Darmstadt, www.passiv.de

0 10 20 30 40 50

FensterWärmebrückenLüftungsverluste

WandDachGrund

Gewinne

Verluste

14,8

kWh/(m2a)

13,2 10,9

9,2 6,4 3,3 13,5 0,4 6,1

Jahres-Heizwärmebilanz für ein charakteristisches Passivhaus

HeizwärmebedarfSolarstrahlung

Interne Wärmequelle

Es handelt sich um ein Excel-Programm auf Grundlage der EN 832, bei dem zu-nächst wie bei den Rechenwegen nach EnEV zur Ermittlung der Transmissions-wärmeverluste die Außenoberflächen der Wärme übertragenden Gebäude-hülle mit Bauteilaußenmaßen sowie die entsprechenden U-Werte eingegeben werden. Sehr genau können dabei zur Ermittlung der solaren Gewinne die Rah-menbedingungen der Fenster inklusive der vorliegenden Verschattung erfasst werden. Wärmebrücken werden mit ih-ren Wärmebrückenverlustkoeffizienten längenbezogen eingegeben.

Lüftungswärmeverluste und interne Ge-winne sind auf einfachem, aber sehr prä-zisem Weg ermittelbar. Dabei sind Stan-dardwerte im Programm vorgegeben, die jedoch alternativ mit sehr hoher Tiefenschärfe individuell ermittelt wer-den können und somit die Spezifika des Passivhauses sehr genau abbilden.

Aus diesen Eingaben ergeben sich u.a. der Jahresheizwärmebedarf sowie die Heizwärmelast und eine Beurteilung des sommerlichen Wärmeschutzes. Die Berechnung erfolgt auf der Basis der En-ergiebezugsfläche, also der tatsächlich beheizten Fläche.

Darüber hinaus sind Rechenblätter zur Ermittlung des Warmwasserbedarfs sowie des Hilfs- und Haushaltsstrombe-darfs enthalten. Als Ergebnis werden Primärenergiekennwert und CO2-Emis-sionen ermittelt. Die EnEV-Berechnung erfolgt mit nur geringen Zusatzangaben parallel auf der gleichen Datenbasis.

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REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN

KLASSISCH MÜNSTERLÄNDISCH!

Reihenhauszeile mit Passivhaus in AlverskirchenEin Haus im Münsterland zeichnet sich vor allem durch eines aus: die Verblender an der Fassade. Die Architekten Johannes Schrief und Helmut Weber-Jasinski wagten sich mit dem Passivhaus in Alverskirchen auf ein bisher wenig bearbeitetes Feld vor: Passivhaus in zweischaliger Bauweise.

Gebäudehülle & Konstruktion Zum Planungszeitpunkt gab es für die Architekten keine Standard-Konstruktion für die zweischalige Passivhausaußen-wand mit Verblendern. Eher einfach war die Festlegung der Tragkonstruktion aus Kalksandstein. Als Tragsystem wählten sie KS-Planelemente mit einer Dicke von nur 15 cm. Die Verblendschale ist 9 cm dick. Am schwierigsten war die Suche

Johannes Schrief und Helmut Weber-Jasinski, a.l.s.o. Architekten, Münster

nach einem Dämmmaterial mit niedrigem Lambda-Wert. Die Wahl fiel auf Phenol-harzhartschaum mit λR = 0,022 W/(mK)1). 18 cm Dämmstoffdicke wurden geplant, wobei zwei je 9 cm dicke Platten stoßver-setzt verlegt werden sollten.

Der Hersteller der Mauerwerksanker führ-te einen statischen Nachweis, da gegen-über DIN 1053-1 der Schalenabstand er-

höht wurde. 10 Edelstahlanker mit 4 mm Durchmesser pro m² Fassadenfläche waren erforderlich. Die daraus resultierenden punktförmigen Wärmebrücken mit einer Fläche von insgesamt 0,02 m² nahm man in die Wärmebrückenberechnung auf.

Zuerst wurden die Dübelanker in die Tragschale aus Kalksandstein eingesetzt, anschließend die Wärmedämmplatten an-gesetzt, die Löcher für die Anker gebohrt und dann die Wärmedämmplatten über die Anker geschoben. Zur Minimierung der Wärmebrückenwirkung der Anker wur-den die Löcher in den Wärmedämmplatten mit Ortschaum verfüllt. Das Aufmauern der Verblendschale erfolgte in gewohnter Weise.

Die Gründung erfolgte mit einer 15 cm dicken Stahlbetonbodenplatte auf einer 5 cm dicken Sauberkeitsschicht und umlau-fender Sohlendämmung. Über der Feuchte-isolierung wurde im Bereich von Elektro-

Nordansicht des Passivhauses in zweischaliger Bauweise

1) Fabr. Kooltherm K8, Fa. Sitek, nach Zulassung Z-23.12-1389

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REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN

leitungen 2 cm Dämmschüttung aus Perlite und darauf 14 cm Phenolharzhartschaum-platten mit λR = 0,025 W/(mK) ausgeführt. Darüber folgt die Estrichschicht mit 6 cm Dicke.

Die Dachkonstruktion basiert auf dem Standard der Nachbarhäuser mit einem Sparrenquerschnitt von 8/24 cm. Zu-sätzlich wurde unterhalb der Sparren ein Holz mit 10 cm Konstruktionshöhe aufgedoppelt und die gesamte Kon-struktionshöhe zuzüglich eines weiteren Lattungsbereichs mit einer resultieren-den Dämmstoffdicke von 38 cm mit Mineralwolle mit λR = 0,035 W/(mK) gedämmt. Daraus ergibt sich ein U-Wert von 0,11 W/(m²K).

Für die Fenster wählte man Passivhaus-Kunststofffenster mit einem sehr günsti- gen Uw von 0,78 W/(m²K) und einem g-Wert von 50 %.

Die Wärmebrückenermittlung wurde im Rahmen der Passivhaus-Projektierung detailliert durchgeführt.

Hinsichtlich der Luftdichtheit ergab sich beim abschließenden Blower-Door-Test ein n50-Wert von 0,6 h-1.

Lüftung, Heizung & WarmwasserbereitungDas Lüftungsgerät befindet sich im Erd-geschoss. Die Ansaugung der frischen Außenluft erfolgt über einen 40 m langen Erdwärmetauscher, der mit Gefälle zu ei-nem Revisionsschacht im Ansaugbereich ausgeführt ist. Die hausinterne Verteilung erfolgt über Wickelfalzrohre. Die Zuluft wird über Weitwurfdüsen in die Aufenthaltsräu-me geführt. Abluftseitig reicht ein sehr kompaktes Rohrnetz, da Küche, Bad, WC und Abstellraum räumlich optimiert zuein-ander angeordnet sind.

Die Heizwärme wird für die gesamte Reihenhauszeile durch einen kleinen Gas-brennwertkessel bereit gestellt, der im Technikraum im Dachgeschoss des Pas-sivhauses positioniert ist. Die Erfassung und Abrechnung erfolgt über Wärmemen-genzähler.

Die Wärmeübertragung auf die Räume erledigt im Wesentlichen das Heizregister in der Zuluftleitung des Lüftungssystems.

Grundriss Erdgeschoss

Fensterbereich an der Südfassade Wärmedämmplatten am unteren Anschluss

Foto

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REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN

Schnitt durch das Gebäude

Mauerwerksanker vor Anbringen der Dämmplatten in „Igelstellung“

Lüftungsgerät im Abstellraum Heizzentrale für die drei Reihenhäuser im Dach-geschoss des Passivhauses

Anbringen der Wärmedämmplatten

Im Bad und Dachgeschoss wurden im Zuge der Lüftungs- und Heizungsauslegung zusätzliche Heizkörper projektiert. Die Nut-zung zeigt, dass durch die thermische Schichtung im Gebäude der DG-Heizkörper nie benutzt wird. Im Wohnzimmer dagegen wäre die Option auf einen etwas erhöhten thermischen Komfort von einzelnen Bewoh-nern gelegentlich erwünscht. „Das machen wir dann mit Kerzen!” merkte der Bauherr an. Dieser Kommentar war übrigens nicht scherzhaft gemeint: Die Heizwärme von einem halben Dutzend Kerzen entspricht dem Bedarf des Wohnzimmers.

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REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN

Warmwasser wird für das Passivhaus bivalent durch Solarthermie und bei Bedarf durch die Gasbrennwerttherme bereitgestellt über einen Schichtenspei-cher mit 700 Litern Wasserinhalt. Der Solarkollektor wurde als Flachkollektor mit 11 m² Fläche erstellt.

ResümeeTrotz der Besonderheiten der zweischa-ligen Wandkonstruktion (erhöhter Scha-lenabstand 20 cm, Wärmedämmung aus Phenolharzhartschaum) wurde das Passivhaus mit einem sehr guten Kosten-Nutzen-Verhältnis erstellt. 1.030 € pro m² Wohnfläche stellen einen hervorragenden Wert dar, der auch bei Gebäuden nach EnEV-Standard nicht ohne Weiteres er-reicht wird. Zugleich strahlt das Gebäude für den Besucher eine sehr freundliche und offene Atmosphäre aus, so dass man sich dort auf Anhieb wohl fühlt.

Projektdaten

Objekt Reihenhauszeile mit Passivhaus

Bauherr Marlene Hommernick

Ort 48351 Alverskirchen

Wohn-/Nutzfläche 144 m² Wohn-/Nutzfläche, II + D, nicht unterkellert

Konstruktion

Außenwand 1,5 cm Putz, 15 cm Kalksandstein Planelemente, System KS Plus, 18 cm Phenolharzhartschaum, Fabrikat Kooltherm K8, λR = 0,025 W/(mK), aktueller Rechenwert λR = 0,022 W/(mK), 9 cm VerblenderU-Wert = 0,13 W/(m²K)

Bodenplatte Oberbodenbelag Parkett bzw. Fliesen, 6 cm Estrich 14 cm Hartschaumdämmung Phenolharzhartschaum mit λR = 0,025 W/(mK)2 cm Ausgleichs-Dämmschüttung Perlite im Bereich von LeitungenFeuchteabdichtung, 15 cm StahlbetonbodenplatteU-Wert = 0,14 W/(m²K)

Dach Gipskartonbekleidung mit Unterkonstruktion, Dampfbremse als luftdich-tende Ebene, 38 cm Mineralwolldämmung mit λR = 0,035 W/(mK), diffusionsoffene Unterspannbahn, Lattung, Dacheindeckung U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Fenster Kunststofffenster Fabr. Veka Topline PlusUw = 0,78 W/(m²K), g-Wert = 50 %

Eingangstür Holztür, passivhauszertifiziert, Fabr. Variotec Thermosafe Uw = 0,8 W/(m²K)

Wärmebrücken Detaillierte Wärmebrückenberechnung im Rahmen der PHPP-Berechnung: ΔUWB = -0,02 W/(m²K)

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n50 = 0,6 h-1

Gebäudetechnik

Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabr. Aerex Recco-Box ComfortVerteilung mit Wickelfalzrohr, Zuluft-Auslässe als Weitwurfdüsen,Erdwärmetauscher 40 m, Durchmesser 200 mm

Heizung und Warmwasser

Gas-Brennwertkessel für die gesamte Reihenhauszeile für Heizung und Warmwasserbereitung, beim Passivhaus zusätzlich 11 m² Flachkollektor und Schichtenspeicher mit 700 l

Übertragung Heizwärme

Heizwärmeverteilung als Luftheizung über das Lüftungssystem

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.030 €/m² Wohn-/Nutzfläche

Baujahr 2002

Architekten a.l.s.o. Architekten, Johannes Schrief & Helmut Weber-Jansinski,48155 Münster, www.also-architekten.de

Planung Gebäudetechnik

Energietechnik Baron, Dipl.-Ing. Frank Fechner, 48161 Münster

Energieberatung Ingenieurbüro Stappen + Gödde, 33428 Harsewinkel

Bilanzierung des Heizwärmebedarfs

FensterLüftung

WandDachGrund

Gewinne

Verluste

14,1 16 10,7

10,3 4,5 2,8 17,2 6,2

kWh/(m2a)

0 10 20 30 40 50

HeizwärmebedarfSolarstrahlung

Interne Wärmequelle

Treppenpodest

Wohnzimmer

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RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG

Die Lüftung von Gebäuden erfüllt vor allem zwei Aufgaben:

Frischluftzufuhr zum Ausgleich von Schadstoffbelastungen durch - Schadstoffe aus Baumaterialien, ins- besondere Ausbaumaterialien, Ein- richtungsgegenständen und Möbeln, - Luftverunreinigungen durch Haus- staub, - nutzerbedingte Belastungen aus Haushaltsgegenständen, Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln, Haushaltschemikalien, - Stoffwechselprodukte der Nutzer aus Atmung, Transpiration etc.

Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit durch

- Begrenzung der relativen Luftfeuchte auf einen behaglichen und gesund- heitsverträglichen Bereich von 35 bis 65 % relative Feuchte,

- Abtransport der in den Räumen an- fallenden (Wohn-)Feuchte,

- Vermeidung von Kondensatanfall und Schimmelbildung an Bauteilen.

Manuelle Fensterlüftung kann diesen Aufgaben nur bedingt gerecht werden. Durch Erfahrungen mit gut ausgeführ-ten Lüftungsanlagen und zahlreiche Ver-gleichsmessungen hinsichtlich der Raum-luftqualität hat sich in den letzten Jahren zunehmend die Fachmeinung etabliert, dass bei Neubauten und Modernisierun-gen grundsätzlich ventilatorgestützte Lüf-tungsanlagen installiert werden sollten.

Bei der Auslegung von Lüftungsanla-gen müssen folgende Aspekte berück-sichtigt werden:

Ausschlaggebend ist der Kohlen-dioxidgehalt der Raumluft, weil dieser Wert durch die Nutzer verursacht und nicht veränderbar ist. Ein CO2-Gehalt von 0,1 Vol.-% (Pettenkofer-Wert) sollte nicht überschritten werden. Bei völliger Ruhe sind dazu für einen erwachsenen Menschen etwa 20 m³ Frischluft pro Stunde erforderlich, bei leichter Arbeit etwa 30 m³. Damit korrespondiert die Mindestanforderung DIN 1946 Teil 6 von 30 m³ Frischluft pro Stunde für jede Person bei normaler Betätigung.

Schadstoffe und gesundheitsbeein-trächtigende Einflüsse müssen so ge-ring gehalten werden, dass durch die so festgelegte Luftwechselrate (LWR) Rest-Schadstoffe ausreichend abgeführt werden. Es muss dafür gesorgt werden, dass eine ausreichende Durchströmung jedes einzelnen Raumes entsprechend seiner Nutzung gegeben ist.

Am Beispiel einer Wohneinheit mit 120 m² Wohnfläche wird das Lüftungs-konzept dargestellt. Die frische Außenluft wird in die Aufenthaltsräume geführt. Da-bei ist darauf zu achten, dass die Räume

Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für eine Wohnung

Wohnfläche 120 m2, LWR gesamt 0,4 h-1

AufenthaltsräumeLWR gesamt 0,5 - 0,8 h-1

Flure Sanitär etc.LWR 2,0 h-1

Wohnen

Zimmer 1

Zimmer 2

Zimmer 3

Zuluftgesamt120m3/h

Über-ström-bereich

Bad

WC/Abst.

Küche

Abluft60 m3/h

Abluft20 m3/h

Abluft40 m3/h

75 m2 20 m2 25 m2 Anpassen des Luftwechsels in Betriebs-/Leerzeiten 150 %…100 %…20 %

AufenthaltsräumeLWR gesamt 0,6 - 2,0 h-1

Verkehrs-fläche

Sanitär etc.LWR 2,0 h-1

Büro 1

Büro 2

Büro 3

Büro 4 …

Zuluftpro Pers.30m3/h

Über-ström-bereich

Lager

Technik

Sanitär

Abluftnach DIN

Abluft

Abluft

RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG

Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für ein Büro

Messergebnisse Passivhäuser Nürnberg: Summe der flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) [2]. Durch Einsatz der Lüftungsanlagen wird ein schnelles Abklingen der Schadstoffwerte erreicht

14.02.00 18.03.00 30.04.00 28.05.00 29.06.00 14./19.07.00

21.09.00 19.12.00 10./11.07.01

12.12.01 13.01.02

2.500

2.000

1.500

1.000

500

0

BAUPHASE

TVOC Gesamtsumme ohne Pentan in µg/m3

Haus 1Haus 2

Haus 3Haus 4

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möglichst vollständig durchlüftet wer-den und möglichst keine Kurzschluss-Luftströme entstehen.

Der Zuluftbereich hat in diesem Fall eine Fläche von etwa 75 m², was bei 120 m³/h einem mittleren Luft-wechsel von 0,66 h-1 entspricht. Das entspricht bei manueller Lüftung einer ausgiebigen Querlüftung alle eineinhalb Stunden. Die Luft wird durch den Überströmbereich (Flure, Treppenraum, Nebenräume, ungenutz-te Teile von offenen Wohnräumen) in die Ablufträume geleitet. Die Lüftungs-anforderungen werden dort vollständig erfüllt: Küche 40 bis 60 m³/h, Bad 40 m³/h und WC 20 m³/h. Der Luft-wechsel über die gesamte Fläche be-trägt im vorliegenden Fall etwa 0,4 h-1.

Bei kleineren Wohneinheiten mit höhe-rer Belegungsdichte pro m² ist von höheren Raten auszugehen, bei groß-zügigen Wohnungen oder Häusern mit geringer Personenbelegung kann bis zu einem Wert von 0,3 h-1 reduziert werden.

Bei Nicht-Wohnnutzungen gilt das Prinzip in gleicher Form: Qualität und Energieeffizienz eines Lüftungssys-tems hängen davon ab, wie geschickt Zuluftbereich (Arbeitsbereich, Aufent-haltsräume), Überströmzone und Ab-luftbereich festgelegt werden (Sanitär-, Neben-, Technikräume und vor allem Räume mit hoher interner Wärmelast zur Reduktion der sommerlichen Kühl-last).

Lüftungsanlagen sollten in einfachs-ter Form die Möglichkeit bieten, die Luftwechselrate zu regeln. In Abhän-gigkeit von Nutzung und Belegungs-dichte kann die geförderte Luftmenge geändert werden. Bei Wohnnutzungreicht im Allgemeinen eine Drei-Stufen-Regelung mit Auslegungsvolumen, abgesenktem Betrieb und Bedarfslüf-tung. Bei komplexeren Anlagen kann die Stimmigkeit der Regelung sehr stark über das Funktionieren des Ener-giekonzepts entscheiden. So kann bei Büronutzung außerhalb der Betriebs-zeiten eine starke Absenkung bis hin zur Abschaltung gewählt werden.

Bei zahlreichen Raumluftmessungen wurde belegt, dass durch ventilatorge-stützte Lüftungsanlagen die Raumluft-qualität signifikant verbessert wird.

KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND FÖRDERUNG

KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND FÖRDERUNG

Die jährliche Steigerung der Heizkosten betrug seit 1990 im Mittel 7 %. Es ist davon auszugehen, dass die Steigerungs-rate nach oben gehen wird, solange eine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern gegeben ist. Bei stark steigender Nach-frage der Industrie-Schwellenländer und unsicherer globalpolitischer Situation der Hauptförderländer ist es eine Frage der volkswirtschaftlichen Entwicklungs-fähigkeit und Friedenssicherung, dass die Industrieländer kurzfristig sinnvolle Strategien zur Begrenzung ihres Energie-bedarfs auf den Weg bringen.

Der Gebäudebereich bietet sich dafür besonders gut an, denn dort sind Ein-sparungen durch Effizienzverbesserung bei sehr gutem Kosten-Nutzen-Verhält-nis möglich. Es ist zu beachten, dass Investitionsentscheidungen für 30 bis 80 Jahre tragen müssen: Der energetische Standard eines Gebäudes sollte also mindestens in 20 Jahren noch so aktuell sein, dass bei den dann zu erwartenden Energiekosten keine teuren Nachbesse-rungen erfolgen müssen: Bei 5 % jährli-cher Steigerung liegen die Kosten dann bei 0,14 € pro kWh, bei – realistischen – 7 % sind es 0,21 €. De facto ist davon auszugehen, dass es sich nicht um eine kontinuierliche Entwicklung handeln wird, sondern dass die Energiekostensteige-rung in zum Teil schmerzhaften Sprüngen stattfinden wird. Die beste Versicherung dagegen ist frühzeitiges Investieren in Energieeffizienz und regenerative Ener-gieversorgung.

MehrinvestitionenDas Passivhaus-Konzept ist deshalb so erfolgreich, weil einerseits konsequent auf Energieeffizienz und die Entwicklung optimierter Komponenten gesetzt wird. Auf der anderen Seite werden diejenigen Techniken angewandt, die wirtschaftlich möglichst günstig zu bewerten sind. Vo-raussetzung ist eine Optimierung der Kosten bei der Gebäudeplanung. Für die Konstruktionen der gedämmten Hül-le gilt die Maxime: Raum für Dämmung schaffen ohne konstruktiven Mehrauf-wand. Daraus resultieren höchst wirt-schaftliche Beträge für die Mehrinves-titionen. In der Tafel werden beispiel-haft Kostenansätze dargestellt – wobei darauf hinzuweisen ist, dass auf dem Markt oftmals durch Angstpreise oder

unangemessen hohe Angebote von An-bietern deutlich höhere Mehrinvestitio-nen entstehen.

Passivhausfenster kosten derzeit 30 bis über 50 % mehr als Standardfenster, die Tendenz ist jedoch deutlich fallend und wird in wenigen Jahren bei 15 bis 30 % Mehrinvestitionen liegen.

Den Investitionen für die Zu-/Abluft-anlage mit Wärmerückgewinnung sind die Kosten für eine Abluftanlage gegenüber zu stellen, die für die Raumlufthygiene in Fachkreisen als ohnehin erforderliche Maßnahme gesehen wird. Bei gewerb-lichen Bauten ist dieser Aspekt schon weitestgehend in die Planungspraxis um-gesetzt, beim Wohnungsbau wird dies in den nächsten Jahren geschehen.

Den Mehrinvestitionen für die Passiv-haus-Technik stehen Einsparungen ge-genüber:

Die Heizwärmeübertragung kann auf-grund der minimierten Heizleistung unter 10 W/m² durch die Lüftungsanlage über-nommen werden oder mit reduziertem Aufwand für Leitungen und Heizflächen.

Bei Kühlbedarf kann Betonkernakti-vierung für Heizung und Kühlung glei-chermaßen verwandt werden.

Die Heizzentrale fällt deutlich kleiner aus als bei Vergleichsbauten und die Technik ist deutlich kostengünstiger.

Da die Kühllast ebenfalls deutlich ge-senkt werden kann, ist für zahlreiche Anwendungen bei gleich bleibend ho-hem thermischen Komfort der Verzicht auf herkömmliche teure Klimatechnik möglich. Aufgrund des geringeren Technikein-satzes reduzieren sich Funktionsflächen z.T. deutlich.

WirtschaftlichkeitBeispielrechnungen auf der Grundlage der Investitions-Kennwerte aus der Tafel führen für ein Einfamilienhaus (125 m² WF) zu Mehrinvestitionen gegenüber ei-nem Haus nach EnEV-Standard in Höhe von 12.000 € (90 €/m²), bei einem vergleichbaren Reihenmittelhaus sind es weniger als 9.000 € (70 €/m²). Rele-vant ist jedoch nicht die Betrachtung der Investitionskosten, sondern der daraus

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KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND FÖRDERUNG

resultierenden monatlichen Belastung in-klusive der Betriebskosten. Im Bild wird das Ergebnis für die beiden Gebäude dargestellt: Aufgrund der KfW-Förderung (s.u.) liegen die Finanzierungskosten für die Passivhaus-Ausführung günstiger als für die EnEV-Variante.

Nochmals günstiger können Funkti-onsbauten abschneiden, wenn ohnehin erforderliche Maßnahmen oder Kom-fortanforderungen durch Synergieeffek-te der Passivhaus-Technik belegt werden können: So bieten Alten- und Pflegehei-me extrem günstige Voraussetzungen, da einerseits hoch effiziente Lüftungstech-nik ohnehin erforderlich ist und zudem sehr günstige Rahmenbedingungen durch die KfW-Förderung gegeben sein können. Zahlreiche Bürogebäude sind in Passivbauweise mit höchstem Komfort errichtet worden ohne den Einsatz klas-sischer aufwendiger Klimatechnik. Dort können hohe Einsparungseffekte erzielt werden, welche die Mehrinvestitionen im Bereich der Gebäudehülle mehr als aufwiegen.

Es ist erfreulich festzustellen, dass in den letzten Jahren viele kostengünstige Passivhäuser mit hoher architektoni-scher Qualität erstellt worden sind. Die Vereinigung von Ökonomie und Ökologie hat im Bereich der Passivhäuser bereits stattgefunden!

FörderungEnergieeffizientes Bauen wird geför-dert. Die Rahmenbedingungen sind im Internet unter www.kfw-foerderbank.de einzusehen. Weiterhin sollte recher-chiert werden, ob Landesprogramme oder kommunale Fördermöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Eine umfassende Recherche von Förder-programmen bietet der BINE-Informati-onsdienst mit seinem Programm „FIS-KUS“ www.bine.info sowie die Förder-mitteldatenbank für Endverbraucher der fe.bis GmbH unter www.foerderdata.de.

Dämmdicke / Standard Mehrinvestition1)/m² Bauteil-FlächeEnEV Passivhaus

Außen-wand

12-16 cm 24-30 cm 9,30 € 0,70 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl. konstruktiver Aufwand 0,20 €/m²

Dach 20-25 cm 30-40 cm 7,65 € 0,60 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl. konstruktiver Aufwand 0,15 €/m²

Boden-platte

10-15 cm 20-25 cm 8,30 €

0,80 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl. konstruktiver Aufwand 0,30 €/m²

Fenster U = 1,3-1,6 U = 0,8 70-120 € 30 bis über 50 % Mehrinvestition für Passivhaus-Fenster

Wärme-brücken

0,05 W/(mK)

0,00 W/(mK)

– bei optimierter Planung kostenneutral

Luft-/ Wind-dichtheit

3,0/1,5 h-1 0,6 h-1 – Qualitätssicherung auch bei EnEV-Standard erforderlich

Lüftung Abluft2) Zu/Abluft WRG

20-40 € Mehrinvestition pro m² Wohn-/Nutzflä-che gegenüber der Abluftanlage

Heizung bis zu –20 € Minderkosten pro m² Wohn-/Nutzflä-che; Einsparung von Funktionsfläche

Investitions-Kennwerte bei optimierter Planung

1) Baukosten Kostengruppe 300+400 nach DIN 276 ohne Mehrwertsteuer2) Aus Hygiene- und Komfortgründen sollte grundsätzlich ventilatorgestützte Lüftung durchgeführt werden; Abluftanlage 15-30 €/m²

Vergleich des Passivhaus- und EnEV-Standards hinsichtlich der monatlichen Belastung für ein Einfamilienhaus, Reihenmittelhaus, Altenheim und Bürogebäude: Bei optimaler Planung sind bereits heute Passivhäuser wirtschaftlich

Einfamilienhaus

10

8

6

4

2

0

proMonat

Reihenmittelhaus Altenheim BürogebäudeEnEV Passivhaus EnEV Passivhaus EnEV Passivhaus EnEV Passivhaus

Strom

Wasser

Heizung

Warmwasser

Finanzierung

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ARCHITEKTUR ALS BEITRAG ZUR LANDESGARTENSCHAU

Hofhäuser am Wasserband in TrierÖkologie und Ökonomie sowie soziale Nachhaltigkeit, Ästhetik und Dynamik kristallisierten sich als Hauptforderungen eines Workshops zum Konversionsgelände Petrisberg heraus. Eingeladen hatten das Finanzministerium Rheinland-Pfalz und die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg EGP die Bauakteure der Region, um Pla-nungsleitlinien für den Architekturbereich der Landesgartenschau 2004 in Trier zu entwickeln.

Als eines der Leitprojekte aus dieser Aufgabenstellung entwickelte die Lam-berty Architekten GmbH in Kooperation mit engagierten Investoren Hofhäuser als Abschluss von zwei gewerblich genutzten Gebäudezeilen „am Wasserband“. Die Be-zeichnung ist äußerst korrekt, suggeriert aber eine deutlich größere Wasserfläche, als das wunderschön gestaltete kleine Becken neben dem Gebäudezug wirklich ist.

Harald Lamberty, Trier

Das Gebäudekonzept gibt Antworten auf alle Workshop-Anforderungen: Pas-sivhaustechnik für Ökologie & Ökonomie, Verbindung von Wohnen und Arbeiten bzw. Generationen übergreifendes Wohnen in dem Doppel-Gebäude mit vielen Nutzungs-varianten für die Anforderung der sozialen Nachhaltigkeit. Die Ästhetik war den Ar-

chitekten ein besonderes Anliegen – und hohe Dynamik bewies die Bauleitung, als nach vier Monaten Winterbauzeit in den letzten zwei Wochen vor der Eröffnung der Landesgartenschau das Pensum von sechs Wochen abgearbeitet werden musste.

Ansicht der Gesamtbebauung vom Wasserband

Nordwestansicht

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Gebäudehülle & KonstruktionIn der städtebaulich verdichteten Situation suchten die Architekten für die Giebelwand nach einer möglichst schlanken Lösung mit Passivhaus-Qualität, um das schmale Grundstück möglichst effektiv nutzen zu können. 20 cm Einsparung beim Wandauf-bau brachten für die beiden Gebäude ein Mehr an 12 m² Wohnfläche. Die Lösung lag in der Wahl des Wandaufbaus mit 17, 5 cm Kalksandstein und einem Wärme-dämm-Verbundsystem unter Einsatz von Vakuumdämmung (VIP). Die sonstigen Flä-chen erhielten ein konventionelles WDVS mit 30 cm Dämmung. Der resultierende U-Wert lag bei jeweils 0,12 W/(m²K).

Die Kellerdecke über der Tiefgarage ist unterseitig mit 8 cm Mineralwolleplatten gedämmt. Oberhalb der Stahlbetondecke befinden sich weitere 18 cm PS-Wärme-dämmung unter dem schwimmenden Est-rich. Der U-Wert beträgt hier 0,13 W/(m²K). Im Bereich des Gebäudes mit der Boden-platte wurde zum Erdreich 8 cm Perimeter-dämmung eingesetzt.

Das Flachdach ist als Zimmermannskon-struktion ausgeführt. Die Dämmung der Vollsparren erfolgt zuzüglich Aufdachdäm-mung mit einer Gesamtdämmstoffdicke von 35 cm, mittlerer U-Wert = 0,11 W/(m²K). Die extensive Dachbegrünung über der Abdichtung schließt den Aufbau ab.

Schnitt

Die Fenster wurden als Passivhaus-Kunststofffenster ausgeführt. Die Mon-tage erfolgte in der Dämmebene, d.h. die Innenkante des Fensters schließt mit der Außenkante des Mauerwerks ab. Sowohl ein guter Uw-Wert von 0,78 W/(m²K) wurde realisiert als auch ein äußerst positiver g-Wert von 60 %, um eine möglichst güns-tige Ausnutzung der solaren Gewinne zu erhalten.

Südostfenster zum Hof

Luft- und Winddichtheit stellen für das Architekturbüro seit Jahren Routine dar, so dass aufgrund der vorgegebenen Details und der sorgfältigen handwerklichen Arbeit beim Blower-Door-Test ad hoc ein n50-Wert von 0,4 h-1 erreicht wurde.

Bild

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Rohbau

Lüftung, Heizung & WarmwasserDie Gebäudetechnik ist auf engstem Raum von 1,5 m² untergebracht: Mit dem Wärme-pumpenkompaktaggregat werden Lüftung und Wärmerückgewinnung gesteuert. Die integrierte Kleinstwärmepumpe stellt die Restwärme aus der Fortluft für Heizen und Warmwasser bereit. Über einen Schichten-speicher wird das System bivalent mit der Solarthermieanlage verbunden. Die Über-tragung der Heizwärme auf die Räume erfolgt einerseits durch ein Wasser-Luft-Heizregister in der Zuluft. Darüber hinaus dient eine Wandflächenheizung im Bereich der Gebäudetrennwand als Heizung mit mi-nimalem Temperaturniveau.

Die Verteilung der Lüftungsleitungen im Gebäude erfolgt mit Wickelfalzrohren in einem zentralen Schacht. Kurze horizon-tale Anbindungsleitungen führen in die jeweiligen Räume, wobei die Zuluft über Weitwurfdüsen in die Aufenthaltsräume eingeleitet wird. In Sonderfällen wird die Luft in Flachkanälen in der Dämmlage un-ter dem Estrich geführt. Die Überströmung auf die Flur- und Abluftbereiche erfolgt bei den Türen auf besonders elegante Art: Die raumhohen Türelemente weisen unten und oben symmetrische Abstände von jeweils 1,5 cm zu Boden und Decke auf. Das wirkt optisch angenehmer als Stan-dardtüren, die unten deutlich erkennbar gekürzt sind.

Installationswand – zu Demonstrationszwecken für die Landesgartenschau „freigelegt“

GrundrissTechnikzentrale mit Wärmepumpenkompaktaggregat

Einfassung des Fensters durch die Vakuumdämmung

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Die Ansaugung der Außenluft erfolgt über Erdwärmetauscher mit 30 m Länge und einem Durchmesser von 200 mm. Die Leitungen der beiden Häuser verlaufen über Kreuz, so dass jeweils beim gegen-über liegenden Gebäude die Ansaugung erfolgt.

Das Gebäudetechnik-Konzept wird ab-gerundet durch ein hochwertiges BUS-System für die Elektroinstallation.

ResümeeIm Zuge der Landesgartenschau erhielten die beiden Gebäude hohe Aufmerksamkeit – das zeigten nicht nur die Besucherströ-me, sondern auch mehrere Preisverlei-hungen. Besonders hervorzuheben ist die Auszeichnung der Gebäudezeilen im Rahmen des Architekturpreises, den die Architektenkammer Rheinland-Pfalz alle fünf Jahre vergibt.

Bleibt zu hoffen, dass die Architekten auf den zahlreichen freien Flächen des Baugebiets noch viele weitere ebenso ästhetische wie energieeffiziente Gebäu-de planen werden und darüber hinaus Nachahmer finden!

Projektdaten

Objekt Hofhäuser als Reihenhäuser zweier Gebäudezeilen im Gebiet der Landesgartenschau Petrisberg

Bauherr Eigentümergemeinschaft Hans Ohlinger & Siegfried Ruppert

Ort 53842 Trier

Wohn-/Nutzfläche Am Wasserband: 170 m²Rückseite: 130 m²

Konstruktion

Außenwand Dünnlagenputz, 17,5 cm Kalksandstein, Giebelseite: Vakuumdämmung, Fabrikat: STO / Sonstige Flächen: 30 cm WDVS, U-Wert = 0,12 W/(m²K)

Bodenplatte/Kellerdecke

Bodenbelag, 6 cm Estrich, 18 cm PS-Wärmedämmung mit λR = 0,035 W/(mK), 25 cm Stahlbetondecke, über Tiefgarage: 8 cm Mineralfaser-platten, Bodenplatte: 8 cm Perimeterdämmung, U-Wert = 0,13 W/(m²K)

Dach Gipskartonplatten, 8 cm Luftraum für Leitungsführung, Dampfbremse und Luftdichtungsebene als PE-Folie, 20 cm Sparren, Mineralwolledäm-mung mit λR = 0,035 W/(mK), Aufsparrendämmung PS 15 cm mit λR = 0,035 W/(mK), Abdichtung, extensive Dachbegrünung, U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Fenster Passivhaus-Kunststofffenster, Fabrikat: VEKA Topline PlusUw = 0,78 W/(m²K), g-Wert = 60 %

Eingangstür Passivhaustür, Kunststoff, Uw = 0,8 W/(m²K)

Wärmebrücken Wärmebrückenoptimierung im Rahmen der Planung der Vakuumdämmung durch Fa. STO; ΔUWB = 0,00 W/(m²K)

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n50 = 0,4 h-1

Gebäudetechnik

Lüftung/Heizung/Warmwasser

Wärmepumpenkompaktaggregat, Fabrikat: Aerex, Erdreichwärmetauscher 30 m mit Durchmesser 200 mm,Solarschichtenspeicher, Fabrikat: IVT/Rohr Latento

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.350 €/m² Wohnfläche

Baujahr November 2002 bis 22. April 2003 (Eröffnung der Landesgartenschau)

Architekt Harald Lamberty Architekten GmbH54294 Trier, www.lamberty-architektur.de

Planung Gebäudetechnik

Aerex-Haustechnik-Systeme, Eisdorf

Bilanzierung des Heizwärmebedarfs

FensterLüftung

WandDachGrund

Gewinne

Verluste

15,4 36,3 11,6

11,1 4,45,3 37,5 5,1

kWh/(m2a)

0 10 20 30 40 50 60 70

HeizwärmebedarfSolarstrahlung

Interne Wärmequelle

Treppensituation

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VAKUUM-ISOLATIONS-PANEELE (VIP).

VAKUUM-ISOLATIONS-PANEELE (VIP)

Vakuumdämmung ermöglicht eine fünf- bis zehnmal geringere Dämmschichtdi-cke als übliche Dämmstoffe bei gleichem Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert). Sie basiert auf der Entwicklung des Phy-sikers James Dewar, der im Jahr 1890 den Zwischenraum von doppelwandigen Glasgefäßen auf 10-6 mbar extrahierte – das Prinzip der Thermoskanne. Soll die-ses Prinzip auf ebene Flächen (im Bau-bereich) übertragen werden, muss vor al-lem das Problem der Druckkräfte gelöst werden, die aufgrund des Vakuums ent-stehen. Bei Vakuum-Isolations-Paneelen [3] geschieht dies mittels nanoporöser Füllmaterialien aus gepresstem Pulver, Glasfasern oder offenporigem Schaum. Durch die extrem kleinen Hohlräume von etwa 100 nm (= 0,0001 mm) reicht ein mäßiges Vakuum von 1 mbar, um die Wärmeleitung über das Gas in diesen Materialien zu unterdrücken.

Am günstigsten verhalten sich nano-poröse Pulverkerne aus pyrogener Kie-selsäure. Erst bei Nachlassen des Va-kuums auf 100 mbar verdoppelt sich die Wärmeleitfähigkeit der Dämmung, bei vollständigem Versagen liegt der Lamb-da-Wert immer noch unter 0,02 W/(mK). Hochbarrierefolien aus mehreren Lagen verschiedener Kunststoffe mit dünner Metallbeschichtung hüllen das Material ein.

Auf der Grundlage von Tests wird mit solchen Konstruktionen für das Vaku-

um eine Standzeit von 30 bis 50 Jahren belegt.

VIP-Dämmung ist deutlich teurer als konventionelle Dämmung und wird des-halb sinnvollerweise vor allem in Son-derbereichen eingesetzt: zur Wärmebrü-ckenreduktion in schwierigen Fällen, als Paneel für Fenster und Türen und beim Flächen sparenden Bauen – Beispiel Trier-Petrisberg.

Es muss mit vorkonfektionierten Plat-ten gearbeitet werden und die Hülle darf nicht beschädigt werden. Die Detailpla-nung muss sehr präzise erfolgen. Befes-tigungen müssen in den Stoßbereichen der Platte erfolgen. Zudem bilden die Ränder der Platten erhöhte Wärmeüber-gänge – insbesondere dann, wenn Fu-

gen verbleiben. Dies wird am besten durch eine versetzte zweite Lage ausge-glichen.

Wenn man bedenkt, dass noch vor wenigen Jahren die Anwendung von VIP als eher theoretische Möglichkeit gesehen wurde, so zeigen ausgeführte Gebäude [4], dass die Vakuum-Technik in der nächsten Zeit einen Stammplatz unter den Dämm-Materialien gewinnen kann. Sollte es möglich sein, für das Vakuum eine Trägerstruktur zu entwi-ckeln, die ohne eine umfassende Folie auskommt, und somit Bearbeitung und Durchdringungen auf der Baustelle er-möglicht, könnte dies die Grundlage für eine völlige Revolutionierung der Dämm-technologie darstellen.

Modell einer zweischaligen Außenwand mit VIP- Dämmung

Anbringen der VIP-Dämmung VIP-Dämmung im Bereich der Fenster

Erforderliche Dämmschichtdicken zum Erreichen des Passivhausstandards von U = 0,15 W/(m2K) in Verbindung mit einer 17,5 cm KS-Wand mit RDK 1,8

400

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λR [W/(mK)]

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KURZDARSTELLUNG VON 12 FALLBEISPIELEN

Kindertagesstätte (2004), 01326 Dresden-Loschwitz, Außenwand: KS-Thermohaut/VorhangfassadeEntwurf: wurm architektur, 88214 Ravensburg und 01796 Pirna, www.wurm-architektur.de

Einfamilienhaus (2003), 24626 Groß Kummerfeld, Außenwand: zweischaliges MauerwerkEntwurf: Systembau Jürgen von Rönn, 21706 Drochtersen,www.passivhaus-roenn.de

Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (2004), 04668 Schkortitz, Außenwand: KS-ThermohautEntwurf: BMB Baubetreuung Kettner, 04668 Grimma,www.kettner-haus.de

Pflege- und Wohnheim (2003), 30559 Hannover, Außenwand: KS-ThermohautEntwurf: Dipl.-Ing. Architekt Thomas Torlach, Art-plan Architektur- und Ingenieurbüro, 30175 Hannover, www.art-plan.de

Reihenhäuser (2002), 33330 Gütersloh, Außenwand: zweischaliges MauerwerkEntwurf: Architekten Hauer & Kortemeier, 33332 Gütersloh, www.hauer-und-kortemeier.de

Doppelhaus (2001), 33739 Bielefeld, Außenwand: KS-ThermohautEntwurf: Architekten Gabrysch & Partner, 33615 Bielefeld, www.gp-architekten.de

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KURZDARSTELLUNG VON 12 FALLBEISPIELEN

Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (2003), 72379 Hechingen Außenwand: KS-Thermohaut und Vorhangfassade,Entwurf: Architekturbüro Brietzke, 72147 Nehren

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Seminargebäude ELAN (2005), 90762 FürthAußenwand: KS-ThermohautEntwurf: Thomas Meyer, 90556 Cadolzburg, und Dr. Burkhard Schulze Darup, 90475 Nürnberg, www.schulze-darup.de

Mehrfamilienhaus (2003), 70376 Stuttgart, Außenwand: KS-ThermohautEntwurf: Rainfried und Hana Rudolf, 70499 Stuttgart, www.rh-rudolf.de

Einfamilienhaus (2002), 86559 Adelzhausen, Außenwand: KS-ThermohautEntwurf: Dipl.-Ing. (FH) Werner Friedl, Architekturbüro Werner Friedl, 86559 Adelzhausen, www.architekt-friedl.de

Büro- und Verwaltungsgebäude (2002), 89081 Ulm, Außenwand: VorhangfassadeEntwurf: oehler + arch kom architekten ingenieure, 75015 Bretten, www.archkom.de

Einfamilienhaus (2002), 91077 Neunkirchen a. Brand, Außenwand: KS-ThermohautEntwurf: Architekturbüro Trykowski, 96158 Frensdorf,www.trykowski.de

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FENSTER

FENSTER

Transparente Flächen bilden die wärme-technisch schwächsten Bauteile eines Gebäudes mit dem höchsten Wärme-durchgang. Dies gilt für die längste Zeit der Heizperiode – für die Nächte und die strahlungsarmen Tage. Durch die solare Einstrahlung kann jedoch in der Gesamtbilanz ein Wärmegewinn durch die Fensterfläche gegeben sein. Voraus-setzung dafür ist eine günstige Ausrich-tung, weitgehende Verschattungsfreiheit, eine optimierte Größe der Fensterflächen und eine sehr gute Ausführung von Ver-glasung, Rahmen und Einbaudetails.

Auf dem Markt sind inzwischen meh-rere Dutzend passivhauszertifizierte [5] Fenstertypen erhältlich. Der Fenster-U-Wert (Uw) liegt dabei unter 0,8 W/(m²K), im eingebauten Zustand unter 0,85 W/(m²K). Ermittelt werden die Werte für ein Standardfenster von 1,23 / 1,48 m (b/h).

Folgende Aspekte sind bei den Fens-tern zu beachten:

Verglasung mit Ug ≤ 0,7 W/(m²K),

wärmebrückenminimierter Randver-bund der Verglasung mit einem ther-misch optimierten Abstandshalter aus Kunststoff oder Edelstahl (mit einer sehr geringen Wandstärke unter 0,2 mm) und einem daraus resultierenden Verlustkoef-fizienten Ψg im Bereich von 0,035 W/(mK),

Rahmenausführung mit einem mög-lichst niedrigen Fensterrandverbundko-effizienten ΨF,

hoher Glaseinstand des Randverbun-des in den Rahmen,

Wärmebrückenreduzierung beim Ein-bau durch hohe Rahmenüberdeckung mit Dämmung [6].

Da der Randverbund den kältesten Be-reich des Fensters bildet, haben groß-flächige Fenster bei gleicher Ausführung die besten wärmetechnischen Eigen-schaften. Bei Fensterteilungen, Sprossen und kleinen Fensterformaten liegen die UW-Werte durchaus 0,05 - 0,1 W/(m²K) schlechter. Bei der Berechnung des Heizwärmebedarfs wird im Rahmen der PHPP-Berechnung der Einzelnachweis der Fenster durchgeführt [7]. Fenstergrößen-optimierung im Vorentwurfsstadium sollte

allerdings nicht nur hinsichtlich der thermi-schen Optimierung durchgeführt werden. Ebenso wichtig sind Formate, die kosten-günstig gefertigt werden können, was von Hersteller zu Hersteller variieren kann.

Vorteilhaft für das Erreichen des Passiv-haus-Standards ist ein möglichst günstiger Energiedurchlassgrad der Scheiben – vor allem der südausgerichteten Fenster – von mindestens 50 %, im Optimalfall 60 %.

Zudem ist es sehr hilfreich, die Verschat-tungssituation genau zu betrachten und beim Entwurf zu optimieren: Dabei sind neben Verschattungen aus der umgeben-den Topografie, Gebäuden und Bäumen auch gebäudeeigene Aspekte wie Über-stände, Versprünge sowie die Tiefe der Fensterleibungen zu beachten. Ein nicht unwesentlicher Bonus kann sich in der Berechnung ergeben, wenn die Leibungen seitlich angeschrägt sind und dadurch die schräg einfallende Solarstrahlung besser nutzbar wird.

Passivhausfenster verbessern den bis-her bauphysikalisch schwächsten Punkt von Gebäuden so grundlegend, dass bei üblichen Fensterhöhen kein thermischer Ausgleich durch Heizkörper vor den Fens-tern zur Erzielung ausreichender Behaglich-keit mehr erforderlich ist. Bei sehr kalten Außentemperaturen fallen die Werte an der Innenseite der Scheiben kaum unter 16 bis 17 °C. Aufgrund dessen ist es mög-lich, bei Passivhäusern die Heizwärmezu-fuhr vollständig von den bisher gängigen Behaglichkeitsanforderungen zu trennen. Die Wärmezufuhr kann also auch über die

1) Messwerte/Werte nach Bundesanzeiger2) Oberflächentemperatur der Scheibe innen bei –15 °C Außentemperatur und 20 °C Raumlufttemperatur

Kunststofffenster mit Passivhaus-Zertifizierung

Holz-Alu-Fenster

Verglasungs-Standards

Bezeichnung U-Wert1)

W/(m²K)Fül-lung

Metalloxid-Beschich-tung

g-Wert Energie-durchlass

TL Licht-durchlass

Oberflächen-temperatur2)

Einfachverglasung 5,2/5,8 nein nein 92 % 94 % -1,8 °C

Zweifach-Isolier-verglasung

2,6/3,0 Luft nein 77 % 79 % 9,8 °C

Zweifach-Wärme-schutzverglasung

1,1/1,2 Argon ja 60 % 76 % 15,4 °C

Dreifach Wärme-schutzverglasung

0,6/0,7 Argon ja 50-55 % 66 % 17,5 °C

Dreifach Wärme-schutzverglasung

0,5/0,6 Kryp-ton

ja 43-48 % 66 % 18,1 °C

Dreifach Wärme-schutzverglasung

0,6/0,7 Kryp-ton

ja 60 % 75 % 17,5 °C

Lüftungsanlage oder Heizkörper auf der Innenseite der Gebäude erfolgen.

Fenster erhalten beim Passivhaus als Gestaltungselemente neue Aspekte – die beschriebenen Anforderungen können Auswirkungen auf den Entwurf haben. Viele gebaute Passivhäuser zeigen inzwi-schen, dass die Architektursprache da-durch nicht eingeschränkt, sondern dass durch sie bei konsequenter Anwendung eher noch mehr gestalterischer Freiraum gegeben wird.

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BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN

BÜROGEBÄUDE IM PASSIVHAUS-STANDARD

EllwangenDie Baulücke lag vis-à-vis vom Büro des Architekten Hariolf Brenner in einem städ-tebaulich sensiblen Bereich der Innenstadt von Ellwangen. Als er den Zuschlag für das Grundstück erhielt, begeisterte er zunächst Partner aus seinem geschäftli-chen Umfeld für die Idee des Passivhaus-Projektes. Zur Umsetzung bildeten sie eine Bauherrengemeinschaft. Der Planungspro-zess stellte aufgrund der besonderen Lage hohe Anforderungen an den Architekten. Die Zweigeschossigkeit der umliegenden Gebäude mit den Dachaufbauten sollte übernommen werden. Um hinreichende Geschossfläche zu erhalten, wurde das Dachgeschoss des neuen Gebäudes als zurückgenommenes Geschoss in der dritten Ebene interpretiert. Es liegt knapp unter der Grenze der Vollgeschossigkeit. Durch das Hanggrundstück konnte ein Teil des Untergeschosses ebenfalls für eine Büronutzung aktiviert werden. Diese Maßnahmen führten in der Summe zu einem guten wirtschaftlichen Ergebnis.

Architekt Hariolf Brenner

Ansicht Nordwest

Neben den Räumen für die beteiligten Partner konnte so Raum zur zusätzlichen Vermietung geschaffen werden.

Gebäudehülle & Konstruktion Das Gebäude wurde mit 17,5 cm Kalk-sandstein erstellt. Der Wärmeschutz erfolgte mit 26 cm Wärmedämm-Verbund-system mit λR = 0,040 W/(mK) aus Polysty-rol. Der resultierende U-Wert beträgt 0,15

W/(m²K). Innenseitig wurde die Oberfläche geschlämmt – die sanft durchscheinende Steinstruktur gibt den Innenräumen eine besondere Note.

Die Konstruktion der Bodenplatte er-folgte als tragende Stahlbetonplatte auf einer Dämmschicht von 8 cm Perimeter-dämmung. Die Wärmedämmung oberhalb besteht aus 12 cm Phenolharzhartschaum-platten mit λR = 0,025 W/(mK) unter dem Estrich. Durch den Aufbau wurde ein U-Wert von 0,16 W/(m²K) erreicht.

Lageplan

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BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN

Das Dach wurde mit TJI-Trägern (40,6 cm hoch) erstellt, mit Vollsparrendämmung aus Mineralfasern. Die Luftdichtung erfolgt durch eine PE-Folie. Im Lattungsbereich unter den Gipskartonplatten wurde noch-mals 24 mm Mineralfaser eingebracht. Die Dacheindeckung erfolgte mit Betondach-steinen, wovon auf der Südostseite ein großer Teil mit Photovoltaik-Beschichtung als PV-Dachstein ausgebildet wurde. Die Unterkonstruktion der Eindeckung erhielt eine erhöhte Konterlattung, um für die Photovoltaikanlage eine möglichst gute Hinterlüftung zu gewährleisten.

Grundriss Erdgeschoss

Die Fenster sind als passivhaus-zertifi-zierte Holzfenster mit Kork-Kerndämmung ausgeführt, im Bereich von Pfosten-Riegel-Konstruktionen als Holz-Alu-Konstruktion. Der Glasvorbau auf der Nordwestseite ist vor allem aus städtebaulichen Gründen erstellt und dient darüber hinaus dem Schallschutz. Als temporär nutzbarer Bereich wird er von den Nutzern des Ge-bäudes gerne angenommen. Der Bereich wird nicht geheizt und liegt außerhalb der thermischen Hülle.

Entsprechend liegen die Zugangstüren in Passivhaus-Ausführung zwischen Glas-vorbau und Hauptbaukörper. Die Türen wurden vom Schreiner in T-30-Ausführung mit Dreifachwärmeschutzverglasung G-30 in Passivhaus-Qualität gefertigt.

Die Durchführung der Detailplanung und Ausführung erfolgte sehr sorgfältig hinsichtlich der Wärmebrückenoptimierung und Luftdichtheit. Bereits beim ersten Blo-wer-Door-Test unterschritt der n50-Wert mit 0,5 h-1 deutlich den Zielwert. Die Messung wurde mit drei Geräten für das gesamte Gebäude in einem Zug durchgeführt.

Treppenhaus Rohbau von Südost Anbringen des WDVS

Holzfenster in Verbindung mit Pfosten-Riegel-Konstruktion in Passivhaus-Ausführung

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BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN

Lüftung, Heizung & WarmwasserbereitungEine zentrale Zu-/Abluftanlage mit Wär-merückgewinnung wurde im rückwärtigen Bereich des Untergeschosses installiert, der aufgrund des Hanggrundstückes nicht für Büroräume nutzbar ist. Die Außen-luftansaugung erfolgt über ein Register von 25 Leitungen DN 100 à ca. 12 m Länge unterhalb der Bodenplatte, die als Erdwärmetauscher wirksam sind. Das Zentralgerät befördert ein stündliches Luftvolumen von 1.700 m³. Die Verteilung erfolgt über Wickelfalzrohre. Bei den ver-tikalen Schächten wurde der Brandschutz mittels Brandschotts in den Geschossde-cken gelöst. Die Luftmengenregelung kann getrennt für vier Zonen nach Luftqualität durchgeführt werden.

Die Heizwärmebereitstellung erfolgt mit einer kleinen Gas-Brennwerttherme, die von 4 bis 11 kW modulierend gefahren wer-den kann. Die Übertragung der Wärme wird mit jeweils einem Heizregister in jeder der vier Verteilstränge durchgeführt und über die Luft auf die Räume verteilt. Statische Heizflächen wurden nicht installiert.

Die Erfahrungen mit dem Heizsystem sind sehr gut. Es herrscht eine hohe thermische Behaglichkeit in den Büroräu-men. Diskussionspunkt ist allenfalls die Abschaltung der Anlage über das Wochen-

Ansicht Südost

Gastherme für das Gesamtgebäude

Weitwurfdüse im Bereich der abgehängten Decke zur Verkleidung der Lüftungsleitungen

Anschluss der Register des Erdwärmetauschers

Zentrales Lüftungsgerät, ausgelegt auf 1.700 m3/h Vertikale Verteilungsleitung der Lüftungsanlage

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BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN

ende. Diese führt zu einer Temperaturab-senkung, die durch die fehlenden internen Lasten verstärkt wird. In der Nacht zum Montag schaltet die Anlage ein und schafft nahezu im ganzen Gebäude bis zum Ar-beitsbeginn die Solltemperatur.

Der Heizwärmebedarf war im Rahmen des PHPP mit 10,8 kWh/(m²a) berechnet worden. In der ersten Heizsaison wurde ein Wert von 11,5 kWh/(m²a) gemessen. Theorie und Wirklichkeit stehen also in hohem Einklang.

Warmwasser wird im Bürogebäude nur in geringem Umfang benötigt – im Bereich von Teeküchen und WCs. Deshalb wurde bewusst auf eine zentrale Anlage mit den daraus resultierenden Anforderungen an Zirkulation und Einhaltung der Legionellen-Richtlinien verzichtet. Drei Elektrospeicher à 5 Liter erwiesen sich in diesem Fall auch primärenergetisch deutlich günstiger als die zentrale Variante.

Eine Regenwasserzisterne mit 10 m³ Volumen und eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) runden das ökologische Kon-zept ab. Die PV-Anlage wurde als dach-integrierte Anlage mit PV-Dachsteinen mit einer Leistung von 8,5 kWpeak ausgeführt. Der regelmäßig ermittelte Ertrag liegt bei einem Mittelwert von 7.500 kWh pro Jahr, was leicht über dem projektierten Soll liegt.

ResümeeDas Gebäude stellt ein hervorragendes Beispiel dafür dar, wie Passivhaustechnik mit günstigen Investitionskosten realisiert werden kann – eine angenehme Arbeitsat-mosphäre, hohen Nutzungskomfort und niedrige Betriebskosten inbegriffen!

Projektdaten

Objekt Bürogebäude für 28 Mitarbeiter

Bauherr BauherrengemeinschaftHariolf Brenner – Wolfgang Ebert – Fuchs & Partner

Ort 73479 Ellwangen

Wohn-/Nutzfläche 810 m² Nutzfläche, 3.023 m³ Rauminhalt

Konstruktion

Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 26 cm WDVS aus Polystyrol mit λR = 0,040 W/(mK), U-Wert = 0,15 W/(m²K)

Bodenplatte/Kellerdecke

Bodenbelag, 6 cm Zementestrich, 12 cm Phenolharzhartschaum mit λR = 0,025 W/(mK), Perlite Ausgleichsschicht, 30 cm Bodenplatte, 8 cm Perimeterdämmung, 30 cm Mineralstoffgemisch 0/56, U-Wert = 0,16 W/(m²K)

Dach Gipskartonplatten, 24 mm Mineralfasermatte, PE-Folie, 19 mm Span-platte, 40,6 cm TJI-Träger / Mineralwolle mit λR = 0,040 W/(mK), Scha-lung, diffusionsoffene Folie, Dacheindeckung, U-Wert = 0,10 W/(m²K)

Fenster Holzfenster mit Passivhauszertifizierung Fabrikat: Freisinger; Pfosten-Riegel Konstruktion, Fabrikat: Raico, Mittelwert Uw = 0,78 W/(m²K)

Eingangstür Passivhaus-Tür als Schreinerkonstruktion als T-30-Tür mit Dreifachwärmeschutzverglasung G-30

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung der Wärmebrücken

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n50 = 0,5 h-1

Gebäudetechnik

Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung mit Gegenstrom-Wärmetau-scher, Fabrikat: Lüfta 2000, Luftvolumen 1.700 m³/h, Luftmengenre-gelung für 4 Zonen nach Luftqualität, Ventilatoren Frequenzumrichter-geregelt, Erdreichwärmetauscher Verteilkanal Beton, Register aus 25 Kabelschutzrohren NW 100 unter der Bodenplatte

Heizung Heizwärmebereitstellung mit einer Heiztherme, Fabrikat: Viessmann Vitodens 200 modulierend 4-11 kW,Heizwärmeübertragung ausschließlich mittels Zuluftnachheizung

Warmwasser 3 Elektrospeicher à 5 Liter

Regenwasser Regenwasserzisterne 10 m³

Photovoltaik PV-Anlage mit 8,5 kWpeak als PV-Dachstein (Fabr. Braas), mittlerer jährlicher Ertrag 7.500 kWh

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.220 €/m² NF

Baujahr Juni 2000 – September 2001

Architekt Hariolf Brenner, 73479 Ellwangenwww.architekt-brenner.de

Planung Gebäudetechnik

novatech – Planungsgruppe74405 Gaildorf

Bilanzierung des Heizwärmebedarfs

Gewinne

Verluste

10,8 16,8 12,2

9,5 3,1 1,9 19,6 5,6

kWh/(m2a)

0 10 20 30 40 50

FensterLüftung

WandDachGrund

HeizwärmebedarfSolarstrahlung

Interne Wärmequelle

Passivhaustür zum Treppenhaus

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KOSTEN VERSUS KOMFORT UND BEHAGLICHKEIT

Verschattung des Innenhofes

KOSTEN VERSUS KOMFORT UND BEHAGLICHKEIT

Die bisher gebauten Bürogebäude in Passivbauweise zeigen, dass mit gerin-gem technischen Aufwand eine hohe Behaglichkeit geschaffen werden kann. Aufgrund der bauphysikalisch einwand-freien Gebäudehülle ergibt sich für alle Bereiche ein hoher thermischer Komfort mit ausgeglichenen Temperaturen und minimaler Luftbewegung.

Die Gebäudetechnik fällt deutlich kos-tengünstiger und platzsparender aus als bei Standardgebäuden mit vergleichba-rem bauphysikalischen Komfort. Voll kli-matisierte Bürogebäude mit hohen Glas-anteilen benötigen bis zu 25 % ihrer Flä-che für Funktionsflächen – das EnerGon benötigt gerade einmal 5 %.

Durch das Steinbeis-Transferzentrum Energietechnik an der Fachhochschule Ulm, Prof. Obert und Herr Lindemann werden Energiekonzept und bauphysi-kalische Rahmenbedingungen wissen-schaftlich begleitet. Planung und Realität passen gut zusammen – und der Komfort für die Benutzer wird belegt.

Das EnerGon in Ulm ist ein Bürogebäude für 420 Mitarbeiter, www.EnerGon-Ulm.de

Frische Luft im Atrium

Fassadendetails Erschließungswege

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LÜFTUNGSKONZEPT

LÜFTUNGSKONZEPT

Beim EnerGon, dem Bürogebäude der Software AG Stiftung, Darmstadt, mit 6.500 m² Bürofläche, wird die Luft durch drei Edelstahlrohre angesaugt und über ein knapp 30 m langes Betonrohr mit 180 cm Durchmesser zur Lüftungszen-trale im Untergeschoss geleitet. Die Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung ist beim EnerGon aufgrund der deutlichen räumlichen und entwurflichen Vorteile als Kreislaufverbundsystem gestaltet mit Zu-luftsystem im Keller und Abluftstrecke im Dachgeschoss. Das System ist auf 28.000 m³/h ausgelegt und erreicht einen Wärmebereitstellungsgrad von 65 %, der sich durch die Nutzung von Erdsonden auf ca. 80 % erhöht.

Die Zuluft wird vor allem durch die beiden vertikalen Luftkanäle in das Atrium gefördert, von wo sie durch die Innenfassade bzw. durch ein Rohrsystem in den Decken in die außen gelegenen Räume geleitet wird. Dort befindet sich das Abluftsystem, durch welches die jeweiligen Luftvolumina der einzelnen Räume geregelt wird.

Lüftungszentrale im Untergeschoss

Zuluftführung

Ansaugung der frischen Außenluft

HEIZUNG UND SOMMERLICHE KÜHLUNG Da die Heizwärmelast bei Passivhäusern unter 10 W/m² liegt, kann die erforderli-che Heizwärme auf sehr einfache Weise zugeführt werden. Im EnerGon erfolgt dies auf zwei Wegen: Die Zuluft wird er-wärmt durch Erdwärmesonden, Wärme-rückgewinnung und im Bedarfsfall durch Fernwärme. Die wesentliche Heizleistung wird durch Betonkerntemperierung (BKT) bereitgestellt. Für die BKT wird die Abwär-me der Kältemaschinen und bei erhöh-tem Bedarf Fernwärme genutzt.

Die BKT leistet gleichzeitig den wesent-lichen Teil der sommerlichen Kühlung: Das zirkulierende Wasser wird mit einer Vorlauftemperatur von 18 °C durch das Rohrsystem in den Betondecken gelei-tet. Eine niedrigere Temperatur ist nicht sinnvoll, da es zu Kondensatproblemen führen würde. Gespeist wird die Kühlung aus den Erdsonden mittels einer einfa-chen Pumpe und eines Wärmetauschers zwischen den beiden Wasserkreisläufen. Die resultierende Arbeitszahl für diese Art der sommerlichen Kühlung weist den hervorragenden Wert von 18 auf.

Wärmetauscher für die Heizfunktion der Betonkerntemperierung von 6.500 m2 Bürofläche

Einfachste Pumpentechnik für die Kühlung mittels Betonkerntemperierung mit hoher Arbeitszahl von 18

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LUFT- UND WINDDICHTHEIT

LUFT- UND WINDDICHTHEIT

Luftdichtheit fordert die Energieeinspar-verordnung (EnEV) in § 5 und präzi-siert die Anforderungen in Anhang 4: Bei einer Druckdifferenz zwischen In-nen und Außen von 50 Pascal darf der gemessene Volumenstrom 3 h-1 nicht überschreiten – bezogen auf das beheizte Luftvolumen. Bei Gebäuden mit raumlufttechnischen Anlagen gilt der Grenzwert von 1,5 h-1. Ansons-ten wird auf den Stand der Technik verwiesen. In DIN 4108, Teil 7 wird die Luftdichtheit von Bauteilen und An-schlüssen behandelt und es werden Planungs- und Ausführungsempfehlun-gen gegeben.

Bei Passivhäusern gelten erhöhte An-forderungen an die Luftdichtheit: Der n50- Wert beträgt ≤ 0,6 h-1.

Eine luft- und winddichte Ausführung bewirkt für den Nutzer zahlreiche Vor-teile:

Vermeidung von baukonstruktiven Schäden, die aufgrund von Kondensat-anfall bei Abkühlung der durchströmen-den Luft in Leckagebereichen entstehen können

funktionsfähige Wärmedämmung, de-ren Wirkung nicht durch Luftströme re-duziert wird

effizienter Luftschallschutz ohne Sen-kung des Schalldämm-Maßes durch Undichtheiten

höhere Luftqualität ohne unkontrollierte Luftströme, die Schadstoffe und Fasern aus Konstruktionen oder durch die Thermik aus tiefer gelegenen Räumen (z.B. Mikro-organismen) eintragen

gezielte Luftwechselraten durch Lüf-tungsanlagen statt Luftaustausch durch Winddruck oder Thermik (hoher Luftaus-tausch nur in unerwünschten Wettersitu-ationen wie bei starkem Wind und in sehr kalten Witterungsperioden)

nahezu vollständiger Luftwechsel über den Wärmetauscher der Zu-/Abluftanlagen – Leckage-Luftwechsel von 0,1 h-1 entspre-chen Lüftungswärmeverlusten von etwa 5 bis 7 kWh/(m²a)

thermischer Komfort durch Vermeidung von Zugerscheinungen, Kaltluftseen und vertikale Temperaturschichtung

verringerter Heizenergieverbrauch

Der Nachweis der Dichtheit eines Gebäu-des nach DIN EN 13829 wird mittels eines Blower-Door-Tests durchgeführt. Durch ei-nen Ventilator in einer dicht eingebauten Blower-Door wird eine Druckdifferenz er-zeugt. Der resultierende Luftvolumenstrom für die Unterdruck- als auch Überdruck-messung wird für die Druckdifferenz von 50 Pascal ermittelt. Gewöhnlich liegen die beiden Werte eng beieinander, sofern kein Klappenventil-Effekt einer Leckage vorliegt oder die Windeinflüsse zu hoch sind. Der Mittelwert ist der gemessene n50-Wert. Bei Unterdruck können mittels Anemometer, durch Nebel oder Infrarot-Thermografie Leckagen festgestellt werden.

Die Kosten von Blower-Door-Messungen liegen für eine Wohneinheit bzw. ein Haus bei etwa 300 bis 600 € und umfassen die Installation der Messtechnik, die Be-gehung des Gebäudes zur Feststellung der Leckagen sowie ein Messprotokoll, in dem der n50-Wert dargestellt wird.

Der Test sollte ausgeführt werden, so-bald alle luftdichtenden Bauteile einge-baut sind, jedoch bevor die darüber lie-genden Verkleidungen ausgeführt wer-den, üblicherweise nach Fenstereinbau, Ausführung der Dampfbremse und des Innenputzes. Sind Handwerker erstmals bei solch einem Bauvorhaben involviert, ist es empfehlenswert, sie zur Messung einzuladen. Die Erfahrung zeigt, dass die Nachbesserung von Luftundichtheiten während des Blower-Door-Tests am ziel-

führendsten sind. Selbst detaillierteste Mängelprotokolle können Handwerkern nicht in der Deutlichkeit die Leckagen nahe bringen, wie dies mit Anemometer oder Nebelröhrchen während des Tests gezeigt werden kann.

Undichtheiten treten üblicherweise an folgenden Stellen auf:

nicht verputzte Flächen und Durchdrin-gungen im Außenmauerwerk und dop-pelschaligen Haustrennwänden, z.B. hin-ter Vorwandinstallationen, Anschlüssen von Trockenbauwänden, unsaubere Putz-anschlüsse zum Boden im Bereich des Estrichs etc.

Anschlüsse zwischen massiven Bautei-len und Leichtbaukonstruktionen; hierbei ist zu beachten, dass Anschlüsse auch bei den vorhersehbaren Setzungen und Bewegungen dicht bleiben müssen

Anschlüsse von Dichtungsmaterialien innerhalb von Leichtbaukonstruktionen

jede Form von Durchdringung bei Holz-konstruktionen, z.B. Anschluss von Pfetten, Zangen etc. bei Dachstühlen, Anschlüsse von Gauben, Deckenauflagern etc.

Fensteranschlüsse zum Rohbau rund-um sowie Fugen zwischen Stockrahmen und Fensterflügel; besonders anfällig sind Haustüren an den oberen und un-teren Anschlagsseiten; Dichtheit ist im Allgemeinen nur durch Abschließen der Haustür zu erreichen

Elektrodosen und Leerrohre, welche die dichtende Putzebene von Außenbauteilen durchdringen oder innerhalb des Gebäu-des in einen unbeheizten Bereich führen (z.B. Leerrohre zum Keller)

Installationsleitungen von Sanitär, Hei-zung und Lüftung, die dichtende Ebenen durchstoßen; auf eine schadensträchtige Entwässerungs-Dachentlüftung kann z.B. mittels einer internen Entlüftung verzichtet werden

Diese Liste stellt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Gute Ergebnisse wer-den nur dann erzielt, wenn bereits beim Entwurf auf ein einfaches Gebäudekon-zept geachtet wird, bei der Werkplanung die Details hinsichtlich der Dichtheit optimiert werden und bei der Bauüber-wachung gezielt die Handwerker zur sorgfältigen Arbeit angehalten werden.Blower-Door-Messung

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KINDERGARTEN DOHNA

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KINDERGARTEN DOHNA

BEHAGLICHKEIT FÜR 150 KINDER!

Kindergarten DohnaEine wunderschöne Architektur empfängt den Besucher beim Betreten des Grund-stücks: Ein roter Kubus umrahmt die freund-liche Südfassade mit den transparenten Flächen, die den Bedürfnissen der Kinder in den dahinter liegenden Räumen an-gepasst sind. Beim zweiten Hinschauen entpuppt sich der rote Part der Südfas-sade als vollflächiger Fassadenkollektor, farblich perfekt den Verkleidungselemen-ten der seitlich angrenzenden Flächen angepasst.

Beim Betreten des Gebäudes eröffnet sich ein großzügiges Foyer. Jedes Kind hat sofort den Überblick, wo sich sein Gruppen-raum auf den beiden Ebenen befindet. Der Raum wird offensichtlich gern und intensiv genutzt. Mit dem offenen und freundlichen Entree ist es den Architekten gut gelungen, eine angemessene Empfangssituation für einen großen Kindergarten mit fast 150 Plätzen zu schaffen, in dem sich jedes Kind auf Anhieb wohl fühlt. Acht Gruppenräume decken verschiedene Bedarfssituationen vom Krippenplatz über integrative Gruppen bis hin zu Vorschulplätzen ab. Sie strahlen durch Architektur und Ausstattung eine in-dividuelle anheimelnde Atmosphäre aus.

Günther Rentzsch und Olaf Reiter, Dresden

Sehr schön ist jeweils die Verbindung zu den Sanitärbereichen gelöst, die in einem direkt angrenzenden Raum durch eine transparente Glas-Regalwand in den Gesamtraum eingebunden sind und zu-gleich für die Kinder einen abgeschlosse-nen Raum bilden. Verglaste Flächen begin-nen erst ab einer Höhe von 1,50 m.

Gebäudehülle & KonstruktionDer Kindergarten entstand nach dem großen Hochwasser von 2002 neu und ist konstruktiv auf diese besonderen Bedingungen ausgerichtet. Er wurde als

Der Kindergarten Dohna

Südostansicht des Gebäudes – Fassadenkollektor und seitliche Verkleidungselemente sind optisch kaum zu unterscheiden

Massivbau aus 17,5 cm dicken Kalksand-steinen mit Vorhangfassade errichtet. Auf-grund des Hochwasserschutzes erfolgte die Gründung mittels massiver Bohrpfähle in Verbindung mit einer Stahlbeton-Boden-platte. Die Dämmung befindet sich voll-ständig oberhalb dieser Konstruktion mit einer Dicke von 280 mm. Darüber schließt sich der Estrich (6 cm) mit dem jeweiligen Bodenbelag an.

Die elegante Außenverkleidung mit rot beschichteten zementgebundenen Spanplatten stellt eine eher untypische Fassadenvariante massiver Kalksand-steinwand-Konstruktionen dar. Die Däm-mung erfolgte mit 30 cm Zellulose. Als

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KINDERGARTEN DOHNA

Tragsystem für den Dämmbereich wurden Doka-Träger ohne chemischen Holzschutz als vorgehängtes Holzrahmenbauelement verwandt. Die innere Beplankung erfolgte mit einer Holzweichfaserplatte.

Die Dachkonstruktion besteht eben-falls aus Doka-Trägern von etwa 300 mm Höhe. Die gesamte Konstruktionshöhe wurde mit Zellulosefasern gedämmt. Unterseitig befinden sich die jeweilige Deckenbekleidung mit Unterkonstruktion und die luftdichtende Ebene. Oberseitig er-folgte der Abschluss der Dämmung durch Holzweichfaserplatten, worüber sich die Hinterlüftungsebene anschließt. Darüber befindet sich eine Schalung mit Abdichtung sowie eine Dachbegrünung.

Die transparenten Flächen wurden mit Holzfenstern in Passivhaus-Ausführung ausgeführt. Die gleiche thermische Quali-tät erhielten die Außentüren. Der Windfang stellt ein wesentliches energetisches Ele-ment zur Reduzierung der Wärmeverluste aufgrund der hohen Besuchsfrequenz beim Bringen und Holen der Kinder dar.

Grundriss des Kindergarten-Gebäudes

Die Wärmebrücken wurden ermittelt und die Konstruktion in dieser Hinsicht opti-miert. Das Gleiche gilt für die Detailaus-bildung hinsichtlich der Luftdichtigkeit. Der Bauprozess wurde mit Qualitätssicherung in Form von Blower-Door-Tests begleitet. Der schließlich gemessene n50-Wert be-trugt 0,5 h-1.

LüftungDie Gebäudetechnik wurde auf geringstem Platz oberhalb der nördlichen Gruppen- und Verwaltungsräume im Shedbereich unter-gebracht. Für die Lüftungstechnik steht dennoch eine großzügige Strecke mit bes-tens angepasstem Querschnitt zur Ver-fügung: Ausgehend vom kombinierten Au-ßen-/Fortluftelement reihen sich Schall-dämpfer, Lüftungsgerät mit Rotations-wärmetauscher sowie die gebäudeseitige Schalldämpfung und die Verteilung auf die verschiedenen Gebäudebereiche aneinan-der. Das Lüftungsvolumen beträgt 2.100 m³/h, was in etwa 15 m³/h und Kind bei Vollbelegung entspricht.

Leuchtende Farben und helles Holz schaffen eine freundliche Atmosphäre

Detailansicht: Verschnitt des südlichen Haupt-gebäudes mit dem Dach über dem Foyerbereich

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KINDERGARTEN DOHNA

Detail Sockelanschluss

Die Verteilleitungen sind verkleidet und für den Betrachter nicht wahrnehmbar. Die Querung des Foyers erfolgt oberhalb des Windfangs. Die Verteilung in den Gruppenräumen ist in eine Akustikdecke integriert. Die Zuluftdurchlässe befinden sich im Allgemeinen in zentralen Berei-chen dieser Decken. Abluftbereich ist jeweils der angrenzende Sanitärbereich. Das großvolumige Foyer wird über einen eher geringen gerichteten Volumenstrom in Verbindung mit dem Luftaustausch über die offenen Verbindungen zu den Gruppen-räumen belüftet.

Heizung & Warmwasserbereitung

niedrigen Temperaturniveaus im Heizkreis. Die Wandflächenheizung, die an den Innen-wänden des Gebäudes verlegt ist, weist einen Vor-/Rücklauf von 38/30 °C auf.

Die Wärmebereitstellung wird unterstützt durch eine Solarthermieanlage mit vollflä-chigem Fassadenkollektor auf der Südsei-te des Kindergartens mit einer Fläche von 75 m². Das Holzrahmensystem des Kol-lektors ermöglicht eine einfache passge-rechte Einfügung in die Fassade. Die rote Einfärbung der Absorber entspricht exakt dem Farbton der Fassadenverkleidung. Der farblichen Gestaltung werden 20 % Wirkungsgradverlust geopfert.

Die Heizung des gesamten Komplexes erfolgt durch eine Wärmepumpe im Kühlschrank-Format, die thermische Leistung beträgt 16,5 kW

Solar- und Warmwasserspeicher platzoptimiert in einem Abstellraum

Zentralgerät der Lüftungsanlage mit Rotationswärmetauscher und gebäudeseitiger Schalldämpfung – das Lüftungsvolumen beträgt 2.100 m3 pro Stunde

Verteilung der Lüftungsleitungen in einem Gruppenraum inkl. Schalldämpfung: Rechts wird der Zuluftdurchlass montiert

Auf der Stirnseite des Gebäudetechnik-Bereichs befindet sich die komplette Heiztechnik in Form einer Wärmepumpe

mit 16,5 kW thermischer Leistung im Mini-Kühlschrank-Format. Der Primär-kreislauf wird gespeist durch zwei 100 m tiefe Bohrpfähle mit 15 cm Durchmesser und jeweils zwei Kreisläufen mit Leitungen DN 25. Die Temperatur des Glykols liegt bei ca. 4 °C im Vorlauf und 0 °C im Rück-lauf. Die projektierte Jahresarbeitszahl für die Heizung beträgt 4,5 aufgrund des

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KINDERGARTEN DOHNA

Die Wärmespeicherung erfolgt in einem gesonderten Bereich im Obergeschoss auf engstem Raum integriert in einen Abstellbereich unterhalb des Heiz-/Lüf-tungsraums.

ResümeeDas Gebäude zeigt in einer sehr schönen Form, wie Gestaltung, Funktionalität und Energieeffizienz miteinander verbunden werden können. Hoher Komfort wird mit wenig Technik erreicht. Bei der Betrach-tung drängt sich der Eindruck auf, dass die Passivhaus-Komponenten keine Last für die Planer dargestellt haben, sondern im Gegenteil Sprungbrett zu einer rundum gelungenen Architektur waren.

Eingangsbereich des Foyers mit Windfang

Projektdaten

Objekt Kindergarten und Kindertagesstätte, 01809 Dohna

Bauherr Stadtverwaltung Dohna

Ort 01809 Dohna

Wohn-/Nutzfläche

1.036 m² Nutzfläche

Konstruktion

Außenwand 1,5 cm Lehmputz, 17,5 cm Kalksandstein, RDK 1,8, 30 cm Doka-Träger ohne chemischen Holzschutz als vorgehängtes Holzrahmenbauelement gedämmt mit Zellulosedämmung, 3,5 cm Holzweichfaserplatte, Außenverkleidung mit beschichteten zementgebundenen Spanplatten; U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Bodenplatte 1,5 cm Parkett, 6 cm Estrich, 28 cm Polystyrol mit λR = 0,040 W/(mK), Bitumenbahn, 25 cm NormalbetonU-Wert = 0,14 W/(m²K), Gründung mit Bohrpfählen

Dach Deckenbekleidung mit Unterkonstruktion, Dampfbremse / luftdichtende Ebene, Doka-Träger ohne chemischen Holzschutz mit Zelluloseausfachung 300 mm, Holzweichfaserplatten, Hinterlüftungsebene, Schalung mit Abdichtung, Dachbegrünung, U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Fenster Dreifachverglasung mit gedämmten Holzrahmen Uf-Wert = 0,94 W/(m²K), Uw-Wert = 0,8 W/(m²K), Ug-Wert = 0,6 W/(m²K)

Eingangstür Dreifachverglasung mit gedämmten Holzrahmen, Uw-Wert = 0,8 W/(m²K)

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung im Rahmen des PHPP

Luftdichtheit Blower-Door-Messung n50 = 0,5 h-1

Gebäudetechnik

Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabrikat: GEA Happel Com 4, Lüftungsvolumen 2.100 m³/h (15 m³/h pro Kind bei Vollbelegung); Erdwärmetauscher

Heizung und Warmwasser

Wärmepumpe mit 16,5 kW thermischer Leistung, Fabrikat: Viessmann, Primärkreislauf gespeist durch 2 x 100 m Bohrpfähle; Solarthermieanlage mit Fassadenkollektor (75 m²) mit fassaden-angepasster bordeauxroter Absorberfläche;Fabrikat: Sachsensolar AG, Dresden

Übertragung Heizwärme

heizseitig Wandflächenheizung mit Vor-/Rücklauf 38/30 °C

Sanitärbereich Regenwassernutzung

Baukosten 1.589 €/m² Wohn-/Nutzfläche (Kostengruppe 300+400)

Baujahr Fertigstellung September 2004

Architekten Architekturbüro Reiter & Rentzsch, 01109 Dresden, www.reiter-rentzsch.de

Planung Gebäudetechnik

Ingenieurbüro Thomas Hoffmann, 01129 Dresden

FensterLüftung

WandDachGrund

Gewinne

Verluste

13,8 18,4 10,6

13,2 3,96,1 14,5 5,1

kWh/(m2a)

0 10 20 30 40 50

HeizwärmebedarfSolarstrahlung

Interne Wärmequelle

Bilanzierung des Heizwärme-bedarfs

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Blick auf die Treppen des Foyers

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WÄRMEBRÜCKEN

WÄRMEBRÜCKEN

Die Energieeinsparverordnung ermöglicht den pauschalen Ansatz von Wärmebrü-cken bei der energetischen Berechnung. Die ermittelten U-Werte werden nach DIN V 4108-6 um 0,10 W/(m²K) erhöht. Bei Anwendung von Wärmebrückendetails, die im Beiblatt 2 dargestellt werden, kann der Ansatz auf 0,05 W/(m²K) halbiert werden.

Beide Lösungen sind für den Nachweis von Passivhäusern nicht geeignet, da dort im Allgemeinen deutlich günstige-re Wärmebrückenlösungen angewandt werden müssen. Dies gilt sowohl um die

Passivhaus-Anforderungen zu erzielen als auch um bauphysikalisch einwandfreie Lösungen zu erhalten.

Die Bauteillängen der einzelnen Wärme-brücken müssen in einem detaillierten Re-chengang ermittelt werden. Sie werden jeweils mit dem längenbezogenen Wärme-durchgangskoeffizienten Ψ [W/(mK)] multipliziert und aufsummiert. Sind die Ψ-Werte für die angewandten Konstruk-tionen bekannt – z.B. aus einem Wärmebrü-ckenkatalog –, ist der Aufwand eher gering. Die Berechnung von individuellen Wärme-brücken erzeugt Kosten in Höhe von 250 bis 500 € pro Wärmebrücke.

Im Passivhaus Projektierungs Paket werden die Wärmebrücken im Arbeitsblatt „Flächen” ermittelt und die Längen und Ψ-Werte eingetragen. Das Ergebnis wird dann selbsttätig in den weiteren Rechenvorgang eingebunden, z.B. für die Berechnung der Heizwärme und der Heizwärmelast.

Für Kalksandstein-typische Details liegt ein Wärmebrückenkatalog für Passivhaus-Details vor, Bezug über www.kalksandstein.de

Anschluss Bodenplatte – Außenwand

Anschluss Kellerdecke – Außenwand, unbeheizter Keller

Anschluss Bodenplatte – Außenwand, nicht unterkellert

λ [W/mK]

a = 200 mm

a = 250 mm

a = 300 mm

0,99 Ψ = 0,181

Ψ = 0,172

Ψ = 0,162

0,33 Ψ = 0,066

Ψ = 0,069

Ψ = 0,070

λ [W/mK]

a = 200 mm

a = 250 mm

a = 300 mm

0,99 Ψ = 0,079

Ψ = 0,072

Ψ = 0,065

0,33 Ψ = 0,008

Ψ = 0,010

Ψ = 0,012

λ [W/mK]

a = 200 mm

a = 250 mm

a = 300 mm

0,99 Ψ = 0,076

Ψ = 0,069

Ψ = 0,063

0,33 Ψ = 0,012

Ψ = 0,012

Ψ = 0,013

λ a

a

a

a

a

a

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WÄRMEBRÜCKEN

Traufe – Außenwand

Ortgang – Außenwand

Anschluss Kellerwand – Innenwand EG, unbeheizter Keller

λ [W/mK]

a = 200 mm

a = 250 mm

a = 300 mm

0,99 Ψ = 0,269

Ψ = 0,243

Ψ = 0,221

0,33 Ψ = 0,125

Ψ = 0,107

Ψ = 0,094

a = 200 mm

a = 250 mm

a = 300 mm

b = 200 mm

Ψ = - 0,084

Ψ = - 0,080

Ψ = - 0,076

b = 240 mm

Ψ = - 0,073

Ψ = - 0,067

Ψ = - 0,061

b = 280 mm

Ψ = - 0,060

Ψ = - 0,052

Ψ = - 0,044

a = 250 mm

a = 300 mm

a = 350 mm

b = 250 mm

Ψ = - 0,014

Ψ = - 0,022

Ψ = - 0,028

b = 300 mm

Ψ = - 0,016

Ψ = - 0,023

Ψ = - 0,029

b = 350 mm

Ψ = - 0,016

Ψ = - 0,022

Ψ = - 0,028

λ

b

a

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WÄRMEBRÜCKEN

Fenster – Brüstung

Fenster – Sturz

Fenster – Leibung

a = 0 mm

a = 20 mm

a = 40 mm

b = 200 mm

Ψ = - 0,022

Ψ = - 0,013

Ψ = - 0,003

b = 250 mm

Ψ = - 0,027

Ψ = - 0,017

Ψ = - 0,006

b = 300 mm

Ψ = - 0,030

Ψ = - 0,020

Ψ = - 0,009

a = 20 mm

a = 40 mm

a = 60 mm

b = 200 mm

Ψ = - 0,071

Ψ = - 0,078

Ψ = - 0,085

b = 250 mm

Ψ = - 0,069

Ψ = - 0,077

Ψ = - 0,085

b = 300 mm

Ψ = - 0,067

Ψ = - 0,075

Ψ = - 0,084

a = 200 mm a = 250 mm a = 300 mm

Ψ = - 0,067 Ψ = - 0,064 Ψ = - 0,061

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NUTZERVERHALTEN

NUTZERVERHALTEN

Passivhäuser sind äußerst nutzerfreund-lich und komfortabel. Die Bewohner schätzen die hohe Behaglichkeit auf-grund der guten Gebäudedämmung. Zu-dem werden die Lüftungsanlagen als an-genehm empfunden. „Die Luft ist frisch und klar, wenn ich nach Hause komme,“ ist die durchgängig positive Auskunft von Passivhaus-Bewohnern, die seit einiger Zeit in ihrem neuen Haus mit Lüftungs-anlage wohnen „Nicht wie früher, als ich jedes mal beim Nachhausekommen die Fenster aufreißen musste.“

Das Öffnen der Fenster ist natürlich nach wie vor möglich und in der Über-gangszeit sowie im Sommer eindeutig sinnvoll und geboten.

Zahlreiche Untersuchungen belegen aus sozialwissenschaftlicher und technischer Sicht, dass Passivhäuser von ihren Bewoh-nern angenommen werden. Sie kommen ohne hohen Eingewöhnungsaufwand mit den Gegebenheiten bestens zurecht. Eine kurze Anleitung für die wenigen Besonder-heiten ist hilfreich. Dort sollten z.B. folgen-de Punkte beschrieben werden:

Lüftungsanlage: Einstellung des Luft-wechsels, Filterwechsel, zusätzliche Fens-terlüftung außerhalb der Heizzeit

Heizung: Umgang mit der Restwärme-bereitstellung, Einfluss der Raumtempera-tur

Dichtheit der Gebäudehülle: z.B. War-tung von Fenstern und Haustüren

Nutzen der Komfortfaktoren des Passivhauses

Das System Passivhaus ist fehlertole-rant hinsichtlich des Verhaltens der Be-wohner. Durch gelegentliches manuelles Lüften oder erhöhte Raumtemperaturen steigt der Energieverbrauch nur in sehr geringem Maß.

Das wird belegt durch zahlreiche Un-tersuchungen über den Heizenergiever-brauch von Passivhäusern. Es zeigt sich ein immer wiederkehrendes Spektrum mit Abweichungen nach unten und oben. Diese symptomatische Gauß'sche Ver-teilungskurve ist unabhängig vom ener-getischen Standard und gilt für Bestands-gebäude wie für extrem Energie sparen-de Häuser. Der Mittelwert pendelt sich im Bereich des berechneten Heizener-giebedarfs ein.

Blick ins Atrium des EnerGon-Gebäudes in Ulm

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MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG

GENOSSENSCHAFT IM PASSIVHAUS

Mehrfamilienhaus in HamburgÜber zwölf Jahre wuchs die Initiative des gemeinsamen Wohnprojektes in der Tele-mannstraße in Hamburg. Es waren sechs Initiatorinnen und ein Mann, die sich regel-mäßig trafen und Pläne schmiedeten. Weitere Mitbewohner(Innen) wurden ge-sucht. Es gab sechswöchige Schnupper-phasen mit wöchentlichen Treffen. Als sich schließlich die Gruppe formiert hatte und ein Grundstück gefunden wurde, sprangen überraschend wenig Beteiligte ab. In der nun folgenden Planungs- und Bauphase blieb die Gruppe stabil. Das Grundstück liegt in einem lebendigen Gründerzeitge-biet in Hamburg-Eimsbüttel am Ende einer verkehrsberuhigten Sackgasse: Urbanität pur und gleichzeitig sehr ruhig gelegen.

Im März 1999 lobte die Baugruppe ei-nen kleinen Architektenwettbewerb aus. Das Büro Dittert & Reumschüssel erhielt schließlich die Beauftragung für die Pla-nung eines Gebäudes, in dem „vielfältige Begegnung der Bewohner möglich ist“. Es begann ein spannender partizipierender

Christine Reumschüssel und Thomas Dittert, Hamburg

Das Mehrfamilienhaus in der Hamburger Telemannstraße – initiiert und gebaut von einer Genossenschaft

Ansicht von Südosten vom Kinderspielplatz neben dem Anwesen

Planungsprozess mit dem Ziel, möglichst viele der individuellen Wünsche der künfti-gen Bewohner unterzubringen und mitein-ander zu verbinden. Die Organisation der Gruppe als Genossenschaft unterstützte den gemeinsamen Planungsgedanken und senkte das Potenzial an Individualinteres-sen in der späteren Umsetzungsphase.

Das Ergebnis ist nicht nur in baulicher Hinsicht vorbildhaft, auch die Bewohner fühlen sich miteinander wohl: „Es besteht ein gutes nachbarschaftliches bis freund-schaftliches Verhältnis!“

Angesichts dieser vielen Aspekte war die Anforderung, das Gebäude als Passivhaus zu realisieren, für die Architektin eine eher geringe Herausforderung – und das, ob-wohl dieser Wunsch erst aufkam, nachdem der Entwurf bereits fertig gestellt war.

Gebäudehülle & KonstruktionDas Gebäude wurde als Massivbau mit einer Außenwandkonstruktion aus Kalksandstein, System KS-Quadro, 17,5 cm dick mit 30 bis 35 cm Wärmedämm-

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MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG

Verbundsystem mit λR = 0,0035 W/(mK) errichtet. Der resultierende U-Wert liegt bei 0,10 W/(m²K).

Die Dämmung unterhalb der Kellerdecke erfolgt aus Brandschutzgründen (Tiefgara-ge) mit Mineralwollplatten in 30 cm Dicke, die unterseitig verspachtelt wurden.

Die Wärmebrückenoptimierung erwies sich im Bereich des Außenwandanschlus-ses zur Decke über der im Kellergeschoss weiter nach außen gezogenen Tiefgarage als äußerst anspruchsvoll. Die Lösung erfolgt durch eine Minimierung der De-ckenauflager auf einzelne Auflagerpunkte, so dass die Dämmung in allen anderen Bereichen vollflächig durch den Decken-bereich hindurch geführt werden kann. Nach gleichem Schema wurden Anschluss-punkte der Kellerwände zur KG-Decke ausgeführt. Nicht tragende Innenwände im Keller enden am unteren Anschluss zur durchgehenden Dämmung, da an die Kellerräume keine Schallschutzanforderun-gen gestellt sind.

Die Dachkonstruktion besteht aus ei-ner Stahlbetondecke mit außen liegender Gefälledämmung von 30 bis 50 cm. Der resultierende U-Wert beträgt im Mittel 0,10 W/(m²K).

Die Fenster wurden als Kunststofffens-ter mit einem mittleren Uw-Wert nach Pas-sivhaus-Projektierung von 0,87 W/(m²K) erstellt. Der Wert für den Rahmen beträgt Uf = 0,77 W/(m²K) und für das Glas Ug = 0,7 W/(m²K) bei einem g-Wert von 53 %.

Die Wärmebrückenberechnung erfolgte im Rahmen der Passivhaus-Projektierung

durch das Passivhaus Institut Darmstadt. Bei einer Wärmebrücken-Gesamtlänge des Gebäudes von immerhin 528 m wird ein sehr günstiger mittlerer Ψ-Wert von 0,01 W/(mK) erreicht. Nicht enthalten sind darin die Wärmebrücken zum Keller-bereich, die aufgrund der oben beschrie-benen Maßnahmen auf eine Länge von nur 57 m reduziert wurden, allerdings bei ei-nem mittleren Ψ-Wert von 0,25 W/(mK).

Die Luftdichtheit wurde mit Blower-Door-Tests pro Wohnung ermittelt. Dabei erwiesen sich die Leckagen zwischen den Wohnungen über die Schächte als die schwierigsten Detailpunkte. Während anfangs noch mehrere Messungen pro Wohnung erforderlich waren, konnten die

letzten Wohnungen jeweils auf Anhieb ab-genommen werden. Der mittlere n50-Wert beträgt 0,3 h-1.

Lüftung, Heizung & WarmwasserbereitungDie Gebäudetechnik wurde in einer klei-nen Dachtechnikzentrale mit etwa 20 m² Funktionsfläche zusammengefasst. Die Lüftungsanlage als Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung wurde als zentra-le Anlage erstellt. Das Luftvolumen ist ausgelegt nach der Vollbelegung des Gebäudes mit 45 Personen à 30 m³/h.

Grundriss 1. ObergeschossLaubengang

Ansicht Nordost: Treppenhaus und Laubengangbereich

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MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG

Die Ansaugung erfolgt über Dach, daran schließen sich in kompakter Bauweise das elektrische Vorheizregister für den Frost-schutz des Wärmetauschers, die Filter und der Gegenstromwärmetauscher sowie die Ventilatoren an. Die Verteilung erfolgt in der Zentrale auf drei Stränge, wovon zwei vertikal in eigenen Schächten nach unten geführt werden. Der dritte Strang läuft horizontal innerhalb der gedämmten Hülle über der obersten Geschossdecke zu insgesamt fünf weiteren vertikalen Schächten. Der Brandschutz erfolgt mit-tels Deckenschotts, Fabr. Geba, in den Geschossdecken. An die Schächte, die ein-zeln je Wohnung geführt sind, wurden keine Brandschutzanforderungen gestellt.

Die Verteilsysteme sind aufgrund der sehr individuellen Grundrisse in jeder Wohnung unterschiedlich gelöst. Das Rohrsystem besteht aus Wickelfalzroh-ren, die Verteilung auf die Räume erfolgt mit Weitwurfdüsen, um möglichst geringe Rohrlängen realisieren zu können.

Für die Wärmeübergabe wurde je Woh-nung ein Heizregister in der Zuluftführung des Lüftungsnetzes installiert, dessen Temperatur individuell in mehreren Stu-fen in der Wohnung geregelt werden kann. Darüber hinaus kann durch einen Ein-Aus-Schalter die Zuluftmenge temporär über einen Volumenstromregler auf eine erhöhte Stufe gestellt werden, um eine höhere Wärmemenge zuführen zu können. Durch das Betätigen eines Bedarfstasters in der Küche wird die Luftmenge für 15 bis 30 Minuten erhöht. In den Bädern befinden sich zusätzliche Heizkörper, die mit Thermostatventilen geregelt werden. In einzelnen weiteren Räumen wurden Heizleitungen vorbereitet, die Heizkörper sind allerdings meist nicht montiert.

Die Inbetriebnahme der Lüftung mit präziser Einstellung der Luftvolumenströ-me und der Heizregister erweist sich als aufwendig. Während in einem Teil der Wohnungen die Anlage planungsgemäß funktioniert, mussten in einigen Wohnun-

Technikzentrale mit Gasbrennwerttherme Lüftungs-Zentralgerät

Lüftungstrasse auf dem Querbau

Schnitt

gen die Regelungseinstellungen nachge-bessert werden.

Die Einflussnahme der Mieter auf die Raumtemperatur bietet nicht den Komfort von Heizkörpern, die in jedem Raum ein-zeln geregelt werden können. Die Architek-ten haben deshalb bei einem Folgeprojekt die Trennung zwischen Lüftungsanlage und Heizungsverteilung als Alternative mit hö-herem Regelungskomfort gewählt.

Die Wärmebereitstellung für Heizung und Warmwasserbereitung erfolgt mit-tels eines Gas-Brennwertkessels in der Technikzentrale mit 60 kW Leistung in Verbindung mit einem Pufferspeicher mit 1.000 Litern Inhalt. Die Leistungsausle-gung erfolgte nach den Anforderungen der Warmwasserbereitung, die Heizung hätte nur ein Gerät mit 15 kW erfordert.

Anschlüsse für eine Solarthermie-Anla-ge wurden vorgesehen. Die Anlage wurde allerdings noch nicht installiert.

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Treppenhaus

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MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG

ResümeeDas Gebäude funktioniert bestens als Passivhaus, obwohl die Ausrichtung alles andere als günstig ist: Eine schattige Süd-ostseite durch üppigen Baumbestand und die Straßenseite nach Nordwesten mit den Laubengängen, die in angenehmster Form die gewünschten vielfältigen Begegnungen ermöglichen. Die Bewohner strahlen un-tereinander eine hohe Harmonie aus, die Kinder fühlen sich wohl und haben viel Raum.

Stimmen zum Haus „Das Gebäude hat ein angenehm ausgeglichenes Wohnklima: im Sommer kühl, im Winter ange-nehm ohne kalte Abstrahlung von Außenwänden.“ „Der sommerliche Wärmeschutz ist sehr gut, sogar im Supersom-mer 2003 war es sehr ange-nehm!“„Selbst im Dachgeschoss ist es an heißen Tagen angenehm kühl – beim Kies auf dem Dach habe ich 52 °C gemessen und direkt darunter bei mir in der Wohnung 21 °C.“ „Der Schallschutz ist gut. Es gibt keine Störgeräusche, da hört man eine Nadel aufditschen!“„Zu Anfang musste ich bisweilen ein Fenster öffnen, es war in dem Gebäude einfach zu ruhig – und Ruhe war ich nicht mehr gewöhnt.“Eine blinde Bewohnerin machte der Architektin das schönste Kom-pliment: „Ich habe mich sofort nach dem Umzug in dem Gebäu-de zu Hause gefühlt und gleich in der ersten Nacht wunderbar geschlafen“.

Projektdaten

Objekt Mehrfamilienhaus im Genossenschaftswohnungsbau

Bauherr Schanze e.G.

Ort 20255 Hamburg

Wohn-/Nutzfläche

18 Wohneinheiten1.540 m²

Konstruktion

Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 30-35 cm WDVS aus Polystyrol mit λR = 0,035 W/(mK) innen und außen verputzt, U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Kellerdecke Stahlbetondecke mit 30 cm außen liegender Mineralwolldämmung mit λR = 0,040 W/(mK) zur Tiefgarage, innen schwimmender Estrich auf Tritt-schalldämmung 4 cm mit λR = 0,040 W/(mK), U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Dach Stahlbetondecke mit 30–50 cm außen liegender Gefälledämmung, innen verputzt, U-Wert = 0,11 W/(m²K)

Fenster Kunststofffenster, Fabrikat: Rehau, Uf-Wert = 0,77 W/(m²K) ψg = 0,035 W/(mK), Uw-Wert = 0,87 W/(m²K), Ug-Wert = 0,7 W/(m²K), g-Wert = 53 %

Eingangstüren Türen und Glasfassade des Treppenhauses (unbeheizter Bereich) mit Zweischeiben-Wärmeschutzverglasung, Türen zu den Wohnungen als passivhauszertifizierte Holztüren Uw = 0,85 W/(m²K)

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung und Berechnung der Wärmebrücken im Rahmen der PHPP-Berechnung durch das Passivhaus-Institut Darmstadt; ΔUWB = 0,02 W/(m²K)

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n50 = 0,3 h-1

Gebäudetechnik

Lüftung zentrale Dachlüftungszentrale, Komponenten: Fabrikat Lüfta mit Gegenstrom-Wärmetauscher; Volumenstrom-Regelung je Wohnungdezentral je WE Volumenstromregler und Heizregister zur individuellen Volumen- und Heizungssteuerung

Heizung & Warm-wasser

Gas-Brennwertkessel, Fabrikat: Paradigma, Leistung 60 kW (Auslegung nach Warmwasseranforderung), 1.000-l-Ein-Schichtenspeicher (vorbereitet für Einbindung einer Solarthermie-Anlage)

Übertragung Heizwärme

dezentrale Warmwasser-Heizregister in der Zuluftführung je Wohnung inkl. Temperaturregelung

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.350 €/m² (zzgl. Tiefgarage)

Baujahr 2003

Architekten Architektur & Stadtentwicklung Dittert & Reumschüssel20354 Hamburg, www.dr-architekten.de

Planung Gebäu-detechnik

InnovaTec Energiesysteme GmbH

Sonstiges gasbeheizte Gemeinschafts-Waschmaschinen

Bilanzierung des Heizwärmebe-darfs

FensterLüftung

WandDachGrund

Gewinne

Verluste

15 6,1 11,1

9 1,92,3 14,7 4,4

kWh/(m2a)

0 10 20 30 40 50

HeizwärmebedarfSolarstrahlung

Interne Wärmequelle

Laubengang mit Balkonqualität

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MARKTAUSSICHTEN

MARKTAUSSICHTEN

Die Entwicklung der Passivbauweise ver-läuft – wie schon zehn Jahre zuvor die Niedrigenergietechnik – in exponentiellen Schritten. Niedrigenergiebauweise stellt durch die EnEV inzwischen nahezu den aktuellen Baustandard dar. Die Passiv-hausentwicklung brachte in den ersten zehn Jahren eine jährliche Verdoppelung fertig gestellter Wohneinheiten.

Die Prognose für energieeffizientes Bauen ist eindeutig: Angesichts der Ressourcen- und Klimasituation ist ei-ne forcierte Weiterentwicklung unum-gänglich. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung hängt allerdings von zahl-reichen Faktoren ab:

Die Passivhaustechnik ist erprobt und wurde so gut wie keine andere Ener-gieeffizienztechnologie im Bereich des Bauens wissenschaftlich begleitet mit rundum positiven Ergebnissen. Dadurch entwickelten sich für Gebäudehülle und Lüftungstechnologie Lösungen, die auf Jahre den Stand der Technik darstellen werden. Sie bieten eine Optimierung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses beim ener-gieeffizienten Bauen, das aber durch die Komponentenhersteller – z.B. von Fens-tern – noch verbessert werden muss.

Gebäudetechnik kann bei Passivhäu-sern in vielfältiger Weise eingesetzt wer-den. Durch die geringe Heizlast und den hohen bauphysikalischen Komfort sind sehr einfache Lösungen möglich. In diesem Bereich werden in den nächs-ten Jahren zahlreiche Innovationen zu erwarten sein, wobei weitsichtige Her-steller die Kosten für bisherige Systeme deutlich senken, durch die Übernahme des Gesamtpakets Heizung – solar/regenerativ – Lüftung – Regelung ihren Marktanteil dennoch deutlich steigern werden.

Zahlreiche Komplementärtechniken zur Passivbauweise wie KfW-40-Häuser, 3-Liter-Häuser, Ultra-Häuser, Plusenergie-häuser etc. unterscheiden sich bei kon-sequenter Ausführung im Allgemeinen kaum in Gebäudehülle und Lüftungstech-nik, sondern setzen besondere Akzente bzw. weitere Optimierungen durch gebäu-detechnische Maßnahmen.

Förderstrategien sollten analog zur Technik- und Kostenentwicklung wirken. Langfristig angelegte degressive Förderbe-dingungen entsprechen dieser Entwicklung und wirken zugleich investitionsanreizend. Die vorliegende KfW-Förderung könnte in diesem Sinn fortgeschrieben werden.

Da die Bauwirtschaft in weiten Teilen eher beharrend agiert, muss in diesem Sinn gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Quali-fizierung durchgeführt werden, beginnend an den Universitäten bis zur berufsbe-gleitenden Weiterbildung von Planern, Handwerk und Immobilien- und Finanz-dienstleistern. Akteure der Bauwirtschaft sollten ihrerseits Initiative und Verantwor-tung übernehmen. Wichtig ist es, neben der Energieeinsparung und energiepoliti-schen Sicherheit die weichen Faktoren des energetischen Bauens wie Behaglichkeit, Raumluftqualität und Komfort zu kommu-nizieren.

Die zu erwartende deutliche Heizkosten-entwicklung wird in Sprüngen verlaufen –die politischen, volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen könnten eine solche Vehemenz entwickeln, dass ein

extrem hoher Umsetzungsdruck für Ener-gieeffizienz entstehen wird. Es ist nicht absehbar, inwieweit dieser Entwicklung durch rechtzeitige politische Weichen-stellungen allzu schmerzhafte Spitzen genommen werden können.

Eine Untersuchung über das Markpo-tenzial für Passivhäuser [8] kommt zu dem optimistischen Ergebnis, dass „im Jahre 2010 nahezu jedes fünfte neu ge-baute Haus in Passivhausbauweise und zu-sätzlich jedes dritte Haus in 3-Liter-Haus-Bauweise realisiert wird. Bei Sa-nierungen wird der Wärmebedarf etwa jedes zehnten Hauses auf mindestens 3-Liter-Haus-Niveau gesenkt”.

Bei den zugrunde liegenden Exper-teninterviews war dabei durchgängige Meinung, dass „die Passivhaus-Bau-weise die größte Zukunft hat, vor allem aufgrund des geringen Heizwärmever-brauchs, hohen Wohnkomforts und der geringen Mehrkosten.” Bereits heute gebe es eigentlich keinen Grund, mit einem schlechteren Energiestandard zu bauen.

Potenzial jährlich errichteter Passivhäuser, 3-Liter-Häuser und auf 3-Liter-Niveau sanierter Häuser bis 2010 (Deutschland, Szenario TREND) [8]

100.000

90.000

80.000

70.000

60.000

40.000

30.000

20.000

10.000

0

WEpro Jahr

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

3-Liter-Häuser

Passivhäuser

auf 3-Liter-Haus Niveau sanierte Häuser

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AUSBLICK UND LITERATUR

AUSBLICK

Die Passivhaus-Technologie hat in den letzten Jahren zu einem energetischen Quantensprung geführt. Wie schön wäre es, wenn sich im Verkehrsbereich mit ähnlichem Tempo die Entwicklung vom 10-Liter-Auto nicht nur zum 5- und 3-Liter-Gefährt vollzogen hätte, sondern sogar das 1,5-Liter-Auto schon auf dem Markt wäre. Bei den Gebäuden sind wir innerhalb von 25 Jahren vom 20-Liter- zum 1,5-Liter-Haus gelangt. Das faszinierendste daran ist die Tatsache, dass die zugrunde liegenden Techniken durchweg einfach und in der Breite an-wendbar sind. Zudem ermöglichen sie ein großes Maß an Kreativität. Dies be-trifft sowohl die architektonische Gestal-tung als auch die Vielfalt der technischen Lösungskonzepte.

Und die weitere Entwicklung wird span-nend bleiben. Es ist überhaupt nicht da-von auszugehen, dass sich die techni-schen Innovationen verlangsamen wer-den. In allen Bereichen sind weitere Entwicklungen abzusehen:

1. Die Dämmung der Gebäudehülle im Bereich um U = 0,1 W/(m²K) wird durch die breite Markteinführung geeigneter Produkte einfacher und kostengüns-tiger. Wärmebrückenminimierung und Luftdichtungskonzepte werden zur Re-gel und durch entsprechende Produkte unterstützt. Dämm-Materialien werden auf ihre Primärenergiebilanz und Um-weltverträglichkeit hin weiter optimiert. Schließlich wird es zusätzliche Materia-lien geben, wie z.B. Vakuumdämmung oder Nano-Technologie, die schlanke Konstruktionen ermöglichen.

2. Verglasungen und Rahmentechnik waren der Motor für die energetische Fortentwicklung. Die Angebotspalette wird sich ausweiten und die spezifischen Kosten werden in dem Maß niedriger, wie diese Produkte auf die Main-Stream-Li-nien der Hersteller gelangen. Weitere Optimierungen bei Gläsern und Rahmen werden folgen.

3. Für die Gebäudetechnik bietet die Energieeffizienz eine ungeheure Chance. Die klassischen Kesselkonzepte der letz-ten 50 Jahre werden durch völlig neue integrale Gebäudetechnikstrukturen ab-gelöst werden. Dabei wird dezentrale Kleinst-Technik im 1-kW-Bereich vernetzt werden mit dezentralen Nahwärmever-

bünden bei abnehmender Bedeutung von zentraler Großtechnik. Wärme-Kraft-Kopp-lung wird über die Brennstoffzellenent-wicklung in den nächsten Jahren in jeder Anforderungsgröße verfügbar sein. Re-generative Energieerzeugung wird durch die geringen Leistungsanforderungen an Marktanteil stark zunehmen und kann durch dezentrale Strukturen jeweilige Standorte mit ihren individuellen Vorteilen nutzen; seien es Solarthermie, Biomasse-technik, Wind-, Wasserkraft, Photovoltaik oder Sonstige.

4. Energiemanagement wird in einem freien Energiemarkt als zusätzlicher Motor für dezentrale Energieerzeugung wirken. Durch die Entwicklungen bei der Gebäu-detechnik werden zahlreiche Gebäude einen Überschuss an Energie anbieten. Durch Vernetzung und Lastmanagement wird eine krisensichere Energieversorgung ohne hohe zentrale und kostenintensive Vorhaltungskapazitäten ermöglicht.

5. Facility Management wird für alle Gebäude eine wirtschaftliche Selbstver-ständlichkeit.

Die Versöhnung von Ökonomie und Öko-logie ist eine immanente Folge dieser Entwicklung. Viele gebaute Projekte be-legen dies. Es ist davon auszugehen, dass minimalenergetische Anforderungen in 10 bis 20 Jahren den üblichen Baustandard darstellen werden. Da unsere Investitions-entscheidungen im Immobilienbereich zu Festlegungen für 30 bis 80 Jahren führen, können nur weitsichtige Lösungen bei der heutigen Planung betriebs- und volkswirt-schaftlich sinnvoll sein.

Im Bereich der energetischen Sanie-rung des Gebäudebestands vollzieht sich derzeit ebenfalls eine Entwicklung zu erhöhter Energieeffizienz bis hin zum Faktor 10: Das sanierte Gebäude verbraucht nur noch ein Zehntel der ursprünglichen Energiemenge. Während Zubau auch bei optimalen energetischen Standards immer noch eine zusätzliche Belastung der Umwelt darstellen wird, bietet der Sanierungsbereich die Mög-lichkeit, Verbesserungen zu bewirken und eine deutliche Entlastung des Res-sourcenverbrauchs herbeizuführen. Eine Steigerung der Sanierungstätigkeit von derzeit knapp 2 % jährlich auf über 3 % des Gebäudebestandes bei energetisch sinnvollen Standards wird zudem einen wichtigen Konjunkturschub für die regional strukturierte Bauwirtschaft geben.

LITERATUR

[1] Michael, K.: Erfahrungen mit sole-durchströmten Erdwärmetauschern. – NEI, Detmold www.nei-dt.de/Downloads/Sole-EWT.pdf

[2] Schulze Darup, B. (Hrsg.): Passiv-haus-Projektbericht Energie & Raum-luftqualität. – Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Nürnberg 2002

[3] www.vip-bau.de, ZAE Bayern, Würz-burg

[4] Neben dem dargestellten Projekt Trier-Petrisberg u.a. Passivhäuser Ber-senbrück und Neumarkt-Voggen-thal, Sanierung RMH München-Har-laching

[5] Auflistung passivhaus-zertifizierter Fenster durch das Passivhaus Institut Darmstadt unter: www.passiv.de

[6] Feist, W. (Hrsg.): Passivhaus-Fenster. – Arbeitskreis kostengünstige Passiv-häuser, Protokollband Nr. 14

[7] Passivhaus Projektierungs Paket (PHPP), Arbeitsblätter „Fenster” und „Verschattung”, Passivhaus Institut Darmstadt

[8] Bühring, A.; Leuchtner, J.; Krug, P.; Schüle, R.: Marktpotenzial für Passiv-häuser und 3-Liter-Häuser. – Fraun-hofer ISE / Energieagentur Regio Freiburg 2004

[9] Schulze Darup, B.: Energieeffiziente Wohngebäude. – BINE Informations-dienst, 2. Auflage, Köln 2004

[10] Schulze Darup, B.: Umweltverträgli-ches Bauen und gesundes Wohnen. – Arbeitsblätter zum Wohnungsbau, Bände 6 und 7, Oberste Baubehör-de im Bayerischen Staatsministeri-um des Innern, 2. Auflage, München

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KALKSANDSTEIN.Das Passivhaus.

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