Kapitalstruktur - fam.tuwien.ac.atsgerhold/pub_files/sem16/s_schroeckenfuchs.pdf · WACC= K EK V EK...

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Seminararbeit Kapitalstruktur ausgef¨ uhrt am Institut f¨ ur Finanz- und Versicherungsmathematik der Technischen Universit¨ at Wien unter der Anleitung von Ao. Univ. Prof. Dr. Stefan Gerhold durch Anna Schr¨ ockenfuchs 28. Februar 2016

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Seminararbeit

Kapitalstruktur

ausgefuhrt am Institut fur

Finanz- und Versicherungsmathematik

der Technischen Universitat Wien

unter der Anleitung von

Ao. Univ. Prof. Dr. Stefan Gerhold

durch

Anna Schrockenfuchs

28. Februar 2016

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 2

2 Kennzahlen zur Kapitalstruktur 3

3 Leverage Effekt 6

4 Irrelevanztheorem von Modigliani & Miller 11

5 Trade-off-Theorie 165.1 Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165.2 Konkurskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

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INHALTSVERZEICHNIS 1

Notation

Symbol Bedeutung

EK Eigenkapital

FK Fremdkapital

GK Gesamtkapital

Ui das Unternehmen i

Vi Marktwert des Unternehmens i

VEKiMarktwert des Eigenkapitals des Unternhemens i

VFKiMarktwert des Fremdkapitals des Unternhemens i

VGKiMarktwert des Gesamtkapitals des Unternhemens i

KEK Eigenkapitalkostensatz

KFK Fremdkapitalkostensatz

WACC Weighted Average Cost of Capital

rEK Eigenkapitalrentabilitat

rGK Gesamtkapitalrentabilitat

i Fremdkapitalzinssatz

CAPM Capital Asset Pricing Model

rf risikofreier Zinssaatz

E[rM ] erwartete Verzinsung des durchschnittlichen Aktienmarktes

s Unternehmenssteuerrate (Korperschaftssteuer in O)

Xi erwartete periodische Erfolg des Unternehmens i

ρs Kapitalkostensatz fur den Unternehmenserfolg nach Steuern

ρk Kalkulationszinsfuß der Risikoklasse k

X erwartete periodische Erfolg der Risikoklasse k

I Interests

EBI Earnings before interests

EBT Earnings before taxes

EBIT Earnings before interests and taxes

EAI Earnings after interests

PV Present Value

TS Tax Shield

KK Kapitalkosten

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1 EINLEITUNG 2

1 Einleitung

Die Frage nach der optimalen Kapitalstruktur war vor allem in den 1950erund 60er Jahren ein wesentliches Thema in der Finanzierungstheorie. ImZentrum dieser Diskussion stand unter anderem das Irrelevanztheorem vonModigliani und Miller, ein Modell der neolkassischen Fianzierungstheorie.In der neoklassischen Fianzierungstheorie werden unter den Annahmen ei-nes vollkommen Kapitalmakrtes und risikoscheuer Investoren Finanzierungs-vorgange untersucht. Sie dient als wesentliche Grundlage fur neuere Theorien.Unter den Annahmen der neoklassichen Finanzierungstheorie besagt das Ir-rellevanztheorem, dass der Marktwert eines Unternehmens unabhangig vondesssen Kapitalstruktur gegeben ist. Er kann als Quotient des erwartetenperiodischen Erfolgs und des Kapitalzinsfußes dargestellt werden:

V =X

ρk

Neben des Irrelevanztheorems wird in dieser Seminararbeit auch die Trade-off-Theorie vorgestellt. In der Trade-off-Theorie geht durch die zusatzlicheBetrachtung der Besteuerung die Vollkommenheit des Kapitalmarktes ver-loren. In diesem Modell ist die Kapitalstruktur fur den Marktwert des Un-ternehmens serwohl von Relevanz. Dadurch ergibt sich die Frage nach deroptimalen Kapitalstruktur fur das Unternehmen.

1.1 Definition. Die gesamten zur Finanzierung eines Unternehmens benotig-ten Mittel unterteilen sich in

• die von Eigentumern bereitgestellten Mittel (=Eigenmittel) und

• die von Glaubigern bereitgestellten Mittel (=Fremdmittel).

Diese Aufteilung wird als Kapitalstruktur bezeichent.[6, S. 5]

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2 KENNZAHLEN ZUR KAPITALSTRUKTUR 3

2 Kennzahlen zur Kapitalstruktur

Nach dem deutschen Betriebswirt Wolfgang H. Staehle werden Kennzahlenals Verhaltniszahlen und absolute Zahlen, die in konzentrierter Form ubereinen zahlmaßig erfassbaren betriebswirtschaftlichen Tatbestand informie-ren, definiert. [1, S. 119]Kennzahlen geben Auskunft uber die aktuelle Lage eines Unternhemens unddurch den Vergleich mit den Vorjahreswerten auch uber dessen Entwicklung.Somit sind Kennzahlen ein nutzliches Instrument fur die Steuerung und Pla-nung und daher auch eine Hilfestellung fur wichtige Eintscheidungen in einemUnternhemen. Weiters werden sie auch zur Unternehmensbewertung heran-gezogen.Die wichtigsten Kennzahlen bezuglich der Kapitalstruktur werden hier kurzvorgestellt:

2.1 Definition. Die Gesamtkapitalrentabilitat (ROA - Return on As-sets) gibt die Verzinsung des gesamten Kapitaleinsatzes im Unternehmen an:

rGK =Jahresuberschuss+ i · FK

GK,

wobei der Jahresuberschuss mittels Gewinn-und Verlustrechnung (GuV) be-rechnet wird und i die Fremdkapitalzinsen bezeichnet. Das Gesamktkapital(GK) ist die Summe aus Eigenkapital (EK) und Fremdkapital (FK).

Die Eigenkapitalrentabilitat (ROE - Return on equity) gibt die Verzin-sung des eingesetzten Eigenkapitals an:

rEK =Jahresuberschuss

EK.

2.2 Definition. Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens gibt dasVerhaltnis von Eigen- zu Fremdkapital an:

V GU =FK

EK

Je hoher der Verschuldungsggrad, desto abhangiger ist das Unternehmen vonFremdkapitalgeber.

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2 KENNZAHLEN ZUR KAPITALSTRUKTUR 4

2.3 Definition. Der Weighted Average Cost of Capital (WACC -gewichtete durchschnittlicher Kapitalkostensatz) ist eine Discounted-Cash-Flow Methode zur Unternehmensbewertung oder zur Bewertung einzelnerInvestitionsprojekte. Weiters wird damit eine marktgerechte Verzinsung si-muliert. Der WACC-Wert errechnet sich wie folgt:

WACC = KEK ·VEK

VGK

+KFK ·VFK

VGK

· (1− s),

wobei

• s ist die Unternehmenssteuerrate. Unter den Modellannahmen des Ir-relevanztheorems wird diese jedoch nicht beachtet, also s = 0

• KEK bezeichnet den Eigenkapitalkostensatz, welcher sich nach demCAPM berechnet. Er stellt die von den Aktionaren geforderte Ver-zinsung ihres Kapitals fur das unternehmerische Risiko dar und ist imAllgemeinen hoher als der Fremdkapitalkostensatz.

• KFK bezeichnet den Fremdkapitalkostensatz.

Um die Eigen- und Fremdkapitalkostensatze zu berechnen geht man davonaus, dass das Risiko in eine Kapitalgesellschaft zu investieren, durch Vergleichmit marktublichen Zinsen quantifiziert werden kann. Man unterscheidet zwi-schen:

2.4 Definition. Als objektives Risiko bezeichnet man das Risiko inden durchschnittlichen Aktienmarkt zu investieren. Es ist die Differenz zwi-schen einem risikofreien Zinssatz rf (ublicherweise wird dazu der Zinssatz furStaatsanleihen mit garantierter Zinszahlung und Ruckzahlung verwendet)und der erwarteten Verzinsung des durchschnittlichen Aktienmarkts E[rM ].

Das subjektive Risiko ist das Risiko, in ein bestimmtes Unternehmenszu investieren. Zur Berechnung des subjektiven Risikos wird der β-Faktorherangezogen. Der β-Faktor zeigt wie stark sich die Kurse des ausgewahltenTitel eines Unternehmens nach oben oder nach unten bewegen, wenn derGesamtmarkt um einen Prozentpunkt nach oben oder nach unten ausschlagt.Der β-Faktor ist also ein Maß der Volantilitat des Titels.

Der Eigenkapitalkostensatz wird nach dem CAPM durch die Multiplikati-on des objektiven mit dem subjektiven Marktrisikos und der anschließendenAddition des risikofreien Zinssatzes berechnet:

KEK = rf + β · (E[rM ]− rf )

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2 KENNZAHLEN ZUR KAPITALSTRUKTUR 5

Um den Fremdkapitalkostensatz zu berechnet wird der effektiven Zins furzinskostendes Fremdkapital den im jeweiligen Land geltenden Ertragssteuer-satz (27.5% in Osterreich) nach unten korregiert.

2.5 Beispiel. Es wird ein Unternehmen, welches Finanzdienstleistungenin Osterreich anbietet, betrachtet:

• VEK

VGK= 51.85% und VFK

VGK= 48.15%

• rf = 0.009

• E[rM ] = 0.071

• β = 0.79

• effektiver Zins fur FK = 0.014

• Ertragssteuersatz = 0.2705

Wie oben beschrieben errechnet sich der Eigen- und Fremdkapitalkostensatzwie folgt:

Eigenkapitalkostensatz:

KEK = rf + β · (E[rM ]− rf ) = 0.009 + 0.79 · 0.062 = 0.05798

Fremdkapitalkostensatz:

KFK = 0.014 · 0.7295 = 0.010213

Somit ergibt sich folgendern WACC-Wert:

WACC = KEK ·VEK

VGK

+KFK ·VFK

VGK

= 0.03498

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3 LEVERAGE EFFEKT 6

3 Leverage Effekt

3.1 Definition. Der Leverage Effekt beschreibt die Hebelwirkug desFremdkapitals auf die Eigenkapitalrentabilitat.Unter der Annahme, dass die Gesamtrentabilitat rGK und die Fremdkaital-zinsen i unabhangig von der Kapitalstruktur bzw. vom Verschuldungsgradgegeben sind, gilt folgender Zusammenhang:

rEK = rGK + (rGK − i) · FKEK

,

wobei durch FKEK

der Verschuldungsgrad eines Unternehmens definiert ist.

Fur die Herleitung der Leverage Formel, werden die Eigen- und Gesamtka-pitalrentabilitat, welche im Kapitel 2 vorgestellt wurden, verwendet:

Setzen wir die Definition der Eigenkapitalrendtabilitat in die der Gesamtka-pitalrentabilitat ein, so erhalten wir:

rGK =rEK · EK + i · FK

EK + FK.

Die Multiplikation von (EK + FK) auf beiden Seiten egibt

rGK · EK + rGK · FK = rEK · EK + i · FK.

Indem wir nun den Ausdruck rEK · EK isolieren und auf der anderen SeiteFK herausheben erhalten wir:

rEK · EK = rGK · EK + (rGK − i) · FK.

Durch die Division von EK ergibt sich nun die Leverage Formel.

Aus der obigen Formel ist ersichtlich, dass der Verschuldungsgrad die Eigen-kapitalrentabilitat beeinflusst. Je mehr Fremdkapital ein Unternehmen auf-nimmt, desto hoher wird der Verschuldungsgrad, und desto hoher ist auchdie Hebelwirkung. Hierbei unterscheiden wir zwischen einem positiven undeinem negativen Hebel:

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3 LEVERAGE EFFEKT 7

3.2 Definition. Bei einem positiven Hebel nehmen wir an, dass die Ge-samtkapitalrentabilitat rGK großer ist als die Fremdkapitalzinsen i. Dahergilt: (rGK − i) > 0.Es gilt nun, dass durch die Aufnahme von Fremdkapital, die Eigenkapital-rentabilitat steigt:

↑ rEK = rGK + (rGK − i)︸ ︷︷ ︸>0

·FKEK

↑ .

Hingegen bei einem negativen Hebel nehmen wir an, dass die Gesamtka-pitalrentabilitat rGK kleiner ist, als die Fremdkapitalzinsen i. Daraus folgt:(rGK − i) < 0.Es gilt nun, dass durch die Aufnahme von Fremdkapital, die Eigenkapital-rentabilitat jedoch sinkt:

↓ rEK = rGK + (rGK − i)︸ ︷︷ ︸<0

·FKEK

↑ .

3.3 Beispiel. Ein Unternehmen hat ein Gesamtkapital von e 200 Mio,welches sich aus e 100 Mio Eigenkapital und e 100 Mio Fremdkapital zu-sammensetzt.Die Gesamtkapitalrendite rGK betragt 15% und die Fremdkapitalzinsen isind 10%.Die Eigenkapitalrentabilitat kann nun wie folgt berechnet werden:

1. mittels Definition:

EBI - Earnings before interests: GK · rGK = 200 · 0.15 = 30

Interests I: FK · i = 100 · 0.1 = 10

EAI - Earnings after interests: EBI − I = 30− 10 = 20

Eigenkapitalrentabilitat rEK : EAIEK

= 20100

= 0.2

2. mittels Leverage Formel:

rEK = rGK + (rGK − i) · FKEK

= 0.15 + (0.15− 0.1) · 100100

= 0.2

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3 LEVERAGE EFFEKT 8

Durch die Aufnahmen von Fremdkapital und die gleichzeitige Ausschuttungeiner Sonderdividende um den selben Betrag andert sich nur die Kapital-struktur des Unternehmen, das Gesamtkapital bleibt dabei unverandert.Da in diesem Beispiel die Gesamtrentabilitat großer als die Fremdkapitalzin-sen ist, wird erwarten, dass sich durch die Aufnahme von Fremdkapital, dieEigenkapitalrentabilitat erhohen.

Das Unternehmen nimmt nun e 90 Mio an Fremdkapital auf und schuttetgleichzeitig um den selben Betrag eine Sonderdividende aus. Danach teiltsich das Gesamtkapital des Unternehmens in e 10 Mio Eigenkapital unde 190 Mio Fremdkapital auf. Fur die Eigenkapitalrentabilitat folgt nun:

1. mittels Definition:

EBI - Earnings before interests: GK · rGK = 200 · 0.15 = 30

Interests I: FK · i = 190 · 0.1 = 19

EAI - Earnings after interests: EBI − I = 30− 19 = 11

Eigenkapitalrentabilitat rEK : EAIEK

= 1110

= 1, 1

2. mittels Leverage Formel:

rEK = rGK + (rGK − i) · FKEK

= 0.15 + (0.15− 0.1) · 19010

= 1.1

Wie erwartet hat sich die Eigenkapitalrentabilitat durch die Aufnahmen vonzusatzlichem Fremdkapital erhoht (110% > 20%).

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3 LEVERAGE EFFEKT 9

FK/EK

rEK

0 5 10 15 200 5 10 15 20

0.0

0.4

0.8

1.2

Abbildung 1: Wie im obigen Beispiel wird ein Unternehmen mit einem Ge-samtkapital von e 200 Mio betrachtet. Im folgenden wird der Verschuldungs-grad FK

EKvariiert. Mit dieser Abbildung wird nochmals deutlich, dass die

Eigenkapitalrentabilitat rEK linear mit dem Verschuldungsgrad ansteigt.

Der Leverage Effekt ist ein zentraler Askpekt auf der Suche nach einer opti-maler Kapitalstruktur.

Gehen wir von der Annahme aus, dass die Gesamtrentabilitat und die Fremd-kapitalzinsen konstan, undabhangig von der Kapitalstruktur beziehungsweisevom Verschuldungsgrad des Unternehmens sind, so beantwortet sich die Fra-ge nach dem optimalen Verhaltnis von Eigen- zu Fremdkapital wie folgt: EinUnternehmen sollte danach streben sich ausschließlich durch Fremdkapitalzu finanzieren.

Es gibt jedoch eine Begrenzung des Leverage Effektes. Durch die zusatzli-che Aufnahme von Fremdkapital wird zwar Liquiditat geschaffen, es kannjedoch auch das Risiko der Insolvenz erhoht werden. Um dieses Riskio zukompensieren werden wahrscheinlich die Eigenkapitalgeber hohere Renditenfordern. Weiters sind die Moglichkeiten zur Kreditaufnahme beschrankt, weilbeispielsweise Sicherheiten zur Absicherung eines Kredites fehlen. In weiterer

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3 LEVERAGE EFFEKT 10

Folge von starker Fremdkapitalaufnahme nimmt die Verzinsung von Fremd-kapital zu und kann dazu fuhren, dass die durchschnittlichen Fremdkapi-talzinsen die Gesamtkapitalrentabilitat ubersteigt. Folglich ist ein negativerHebel gegeben, der die Eigenkapitalrendite sinken lasst.Nach einer extrem hohen Fremdkapitalquote zu streben macht somit be-triebswirtschaftlich keinen Sinn. Dabei ist zu beachten, dass die

”ubliche

Hohe“ der Fremdkapitalquote branchenabhangig ist. Beispielsweise habt dieAutomobilindustrie eine durchschnittlich Fremdkapitalquote von cirka 39 %wohingegen Kreditinstitute eine hohe Fremdkapitalquote von ungefahr 85 %aufweisen konnen.

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4 IRRELEVANZTHEOREM VON MODIGLIANI & MILLER 11

4 Irrelevanztheorem von Modigliani & Miller

Das Irrelevanztheorem geht zuruck auf die in 1958 publizierte Arbeit (”The

Cost of Capital, Corporation Finance and the Theory of Investment“) derbeiden Okonomen Franco Modigliani und Merton H. Miller, die dafur imJahr 1990 mit dem Nobelpreis fur Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnetwurden.Das Modigliani und Miller (MM) Theorem wird als Grundstein fur finanzi-elle Entscheidungen eines Unternehmens gesehen. [2, S.50] Es ist eines derwichtigsten Modelle in der Finanzwirtschaft und dient noch heute als Grund-lage der modernen Kapitalmarkttheorie. MM geht davon aus, dass das Zieleines Unternehmens die Maximierung des Reichtums ihrer Aktionare (share-holders) ist. Dabei ist der Wert eines Unternehmens der Preis, den das Un-ternehmen am Markt hat.

4.1 Definition. Ein Kapitalmarkt ist ein Markt fur mittel- und langfris-tige Kapitalanlagen und -aufnahmen (Laufzeit von mehr als einem Jahr).

Modellannahmen: [6]

1 ein vollkommener KapitalmarktEin theoretischer Kapitalmakrt ist vollkommen, wenn er folgende dreiEigenschaften erfullt:

– Homogene Erwartung und RationalverhaltenAlle Marktteilnehmer treffen ihre individuellen Entscheidungenaufgrund der gleichen, allgemein bekannten Erwartungen uber dieZukunft. Es gibt also keine assymetrischen Informationen.

– Mengenanpasserverhalten und perfekter WettbewerbDer Preis fur jeden Zahlungsstrom ist gleich unabhangig davon,ob die Wirtschaftssubjekte als Kaufer oder Verkaufer auftreten.Soll- und Habenzinsen sind identisch und dieser Zinssatz wird alsKalkulationszinssatz bezeichnet. Kredite stehen in unbegrenzterHohe und zu jedem Zeitpunkt zur Verfugung.

– TransaktionslosigkeitJede Handlung hat keine Kosten, die aus der Handlung selbsthervorgehen. Es gibt keine Steuer, keine Insolvenzkosten und keineAbwicklungskosten.

2 Das gesamte Sachvermogen des betrachteten Wirtschaftssystems gehortden Kapitalgesellschaften.

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4 IRRELEVANZTHEOREM VON MODIGLIANI & MILLER 12

3 Die Investoren sind rational und risikoscheu. Sie fordern fur unsichereAnlagen eine hohere Rendite als fur sichere.

4 Konzept der RisikoklassenZwei Unternehmen Ui und Uj gehoren zu einer Risikoklasse, wenn

Xi

E[Xi]=

Xj

E[Xj],

wobei Xi,j den unsicheren, periodischen Erfolg des Unternehmens i be-ziehungsweise j und E[Xi,j] = X i,j den Erwartungswert des periodi-schen Erfolgs bezeichnet

4.2 Definition. Arbitrage ist der gleichzeitige Kauf und Verkauf einesVermogenswertes, um von einem Preisunterschied zu profitieren.Es ist ein Handel, der durch die Ausnutzung der Preisunterschiede identi-scher oder ahnlicher Finanzinstrumente auf verschiedenen Markten oder inunterschiedlichen Formen profitiert. Arbitrage besteht als Folge von Markt-Ineffizienzen.

4.3 Definition. Der Marktwert eines Unternehmens i, Vi, der Risiko-klasse k ist die Summe aus dem Marktwert vom Fremdkapital VFKi

und vomEigenkapital VEKi

.

4.4 Theorem. Der Marktwert eines Unternehmens ist unabhangig von sei-ner Kapitalstruktur.

Beweis. Betrachte zwei Unternehmen Ui und Uj der selben Risikoklasse kmit gleichem erwarteten Periodenerfolg: X = X i = Xj.Dabei sei Ui ausschließlich mit Eigenkapital und Uj sei mit Eigen- und Fremd-kapital finanziert. Fur die Marktwerte der beiden Unternhemen gilt also:

Vi = VEKiVj = VEKj

+ VFKj

In den Modellannahmen sind wir von einen vollkommenen Kapitalmarkt aus-gegangen. Eine Eigenschaft dieses Kapitalmarktes ist, dass keine Arbitragemoglich ist. Diese Eigenschaft werden wir verwenden, um zu zeigen, dassVi = Vj und somit der Marktwert eines Unternehmens unabhangig von sei-ner Kapitalstruktur ist. [6, S. 10ff]

Angenommen Vi > Vj.Wir gehen davon aus, dass ein Investor einen Anteil a am Unternehmen Ui,welches nach unserer Annahme uberbewertet sei, halt. Dieser Investor geht

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4 IRRELEVANZTHEOREM VON MODIGLIANI & MILLER 13

nun wie folt vor:Im ersten Schritt verkauft er seine Anteile am Unternehmen Ui, wofur er a·Xerhalt. Im zweiten Schritt beteiligt sich der Invester mit a ·X am Unterneh-men Uj.

Mitteleinsatz t=0: Einkommen t=1:

1. a · VEKi= a · Vi −a ·X

2. −a · (VEKj+ VFKj

) a · (X − i · VFKj) + a · i · VFKj

= −a · (Vj − VFKj) + a · VFKj

∑a · (Vi − Vj) > 0 0

Der Investor kann, wie in der obigen Tabelle dargestellt, einen identischenErtrag unter Einsatz eines um a · (Vi − Vj) geringeren Auszahlungsbetrageserzielen. Damit ist ein positiver Arbitragegewin in der Hohe von a · (Vi− Vj)moglich. Dies ist jedoch ein Widersruch zur Modellannahme eines vollkom-menen Kapitalmarktes.

Angenommen Vj > Vi.Diesmal hat der Investor ursprunglich einen Anteil a am Eigenkapital Unter-nehmen Uj, welchen er im ersten Schritt verkauft und anschließend aus demVeraußerungserlos und dem aufgenommen Fremdkapital a · i · VFKj

beteiligtsich der Invester an dem Unternehmen Ui. Dadurch ist ein positiver Arbitra-gegewinn in der Hohe von a · (Vj − Vi) moglich, was wieder im Widerspruchzur Modellannahme eines volkommenen Kapitalmarktes steht.

Mitteleinsatz t=0: Einkommen t=1:

1. a · VEKj= a · (Vj − VFKj

) −a · (X − i · VFKj)

2. −a · VEKi= −a · Vi a ·X

3. a · VFKj−a · i · VFKj

∑a · (Vj − Vi) > 0 0

q

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4 IRRELEVANZTHEOREM VON MODIGLIANI & MILLER 14

4.5 Theorem. Aus dem ersten Theorem folgt, dass auch die durchschnittli-chen Kapitalkosten eines Unternehmens unabhangig von der Kapitalstrukturdes Unternhemnes sind. Sie sind identisch mit den Kapitalkosten Ki einesausschließlich mit Eigenkapital finanzierten Unternehmens Ui :

Ki = WACC = KEK ·VEK

VGK

+KFK ·VFK

VGK

(1)

4.6 Theorem. Die Eigenkapitalkosten (= Eigenkapitalrendite) eines Unter-nehmens sind eine lineare steigende Funktion des Verschuldungsgrades.

Wie in Kapitel 2 in der Definition des WACC beschrieben, konnen die Ei-genkapitalrentabilitat und der Eigenkapitalkostensatz als die Verzinsung desEigenkapitals interpretiert werden. Analog gilt, dass die Gesamtkapitalrenta-bilitat und der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz, mit der Ver-zinsung des Kapitals indentifiziert werden kann. Somit lasst sich dieses Theo-rem mit dem Leverage Effekt, den wir im vorherigen Kapitel behandelt habenerklaren.Betrachten wir nochmals die Gleichung (1) und drucken mit Hilfe dieser denEigenkapitalkostensatz KEK aus:

KEK = Ki + (Ki −KFK) · VFK

VEK

Daraus lasst sich ableiten, dass die von den Eigenkapitalgebern geforderteRendite KEK den Eigenkapitalkosten eines rein eigenfinanzierten Unterneh-mens Ki zuzuglich eines Risikoaufschlages fur das zusatzliche Kapitalstruk-turrisiko (Ki −KFK) · VFK

VEKentspricht.

In diesem Kapitel wurde dargestellt, dass unter den am Anfang vorausge-setzten Modellannahmen, der Marktwert eines Unternehmens und dessendurchschnittlichen Kapitalkosten unabhanging von der Kapitalstruktur sind.Der Wert eines Unternehmens der Risikoklasse k kann also wie folgt darge-stellt werden:

V = VEK + VFK =X

ρk

wobei ρk, der Kalkulationzinsfuß der Risikoklasse k, mit den durchschnittli-chen Kapitalkosten identifiziert wird.

ρk = WACC =KEK · VEK +KFK · VFK

VGK

=X

VGK

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4 IRRELEVANZTHEOREM VON MODIGLIANI & MILLER 15

Im Allgemeinen ist Rentabilitat als Verhaltnis einer Erfolgsgroße zum einge-setzten Kapital definiert. Die rechte Seite der obigen Gleichung kann somit alsRentabilitat oder Verzinsung des Gesamtkapitals interpretiert werden. Mitder schon in Kapitel 2 erwahnten Interpretation der durchschnittlichen Kapi-talkosten als marktgerechte Verzinsung des Kapitals ist die obige Gleichungschlussig.

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5 TRADE-OFF-THEORIE 16

5 Trade-off-Theorie

Im Gegensatz zu Irrelevanzteorem werden in der Trade-off-Theorie nun dieSteuern sehrwohl betrachtet. Wir gehen von einem unvollkommenen Kapi-talmarkt aus.Der Begriff Trade-off beschreibt in diesem Kontext den Kompromiss zwischenden durch den hohen Verschuldungsgrad verursachten Steuervorteil und dasdadurch erhohte Konkursrisiko.Die Trade-off Theorie beschreibt den Einfluss der Unternhemnesbesteuerung,des Financial Distress und der Konkurskosten auf den Unternehmenswert.Dabei wird davon ausgegangen, das das Unternehmen eine optimale Zielka-pitalstruktur anstrebt. Der Verschuldungsgrad wird so lange erhot, bis derUnternhemnswert maximal ist. [4]Werden nun wieder zwei Unternehmen derselben Risikoklasse betrachtet, soergibt sich der Marktwert eines teilweise fremdfinanzierten Unternehmens Uj

wie folgt:Vj = VEKj

+ VFKj= Vi + PV (TS)− PS(KK)

wobei,

• Vi = VEKiist der Marktwert eines ausschließlich mit Eigenkapital fi-

nanzierten Unternehmens Ui

• PV (TS) bezeichnet den Present Value des Steuervorteils (Tax Shield)und

• PS(KK) bezeichnet den Present Value der Kosten, die aufgrund deserhoten Konkursrisikos enstehen.

5.1 Steuern

Insbesondere wird in diesem Kapitel der Einfluss der Korperschaftssteuer imZusammenhang mit der Kapitalstruktur untersucht.

Annahmen:

• Unternehmenserfolge werden mit dem konstanten Steuersatz s besteu-ert.in Osterreich ist das die Korperschaftssteuer (KOSt, s = 25%)

• Es werden zwei Unternehmen Ui und Uj derselben Risikoklasse be-trachtet. Diese Unternehmen haben demnach den gleichen periodischenErfolg X.

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5 TRADE-OFF-THEORIE 17

• Das Fremdkapital wird mit dem Zinssatz i verzinst.

• ρs bezeichnet den Kapitalkostensatz fur den Unternehmenserfolg nachSteuern.

Somit ist der Marktwert eines ausschließlich mit Eigenkapital finanziertenUnternehmens gegeben durch:

Vi =X · (1− s)

ρs(2)

Um den Marktwert eines teilweise fremdfinanzierten Unternehmens Uj zuermitteln, muss beachtet werden, dass die Fremdkapitalzinsen vor der Be-steuerung abgezogen werden.Dazu betrachten wir zuerst ein Beispiel:

5.1 Beispiel. Es werden wieder zwei Unternehmen Ui und Uj derselbenRisikoklasse betrachtet, deren erwartete periodische Erfolg X (In diesem Bei-spiel wird er als EBIT, earnings before interest and taxes, interpretiert.)e 5 Mio betragt. Die Fremdkapitalzinsen i betragen 5%. Ziel ist es nun dieUnternehmenssteuer zu berechnen. In weiterer Folge ist zu erkennen, dassdie Kapitalstruktur einen Einfluss auf die Hohe der Steuer hat.

Ui Uj

EK: e 80 Mio e 40 Mio

FK: e 0 e 40 Mio

EBIT: e 5 Mio e 5 Mio

-I: e 0 e 2 Mio

=EBT: e 5 Mio e 3 Mio

KOSt: e 1.25 Mio e 0.75 Mio

Durch die Aufnahme von Fremdkapital werden Zinszahlungen fallig. DieseFremdkapitalzinsen vermindern den Erfolg und somit die abzufuhrende Steu-er um e 0.5 Mio. Dieser steuerliche Vorteil wird Tax Shield (TS) genannt.

Im nachstehenden Fall betrachten wir nun welcher Betrag den Kapitalge-bern nach Berucksichtigung der Steuern zufließt. Dabei ist, wie oben schon

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5 TRADE-OFF-THEORIE 18

erwahnt, zu beachten, dass Eigenkapitalgeber erst nachrangig bedient wer-den: [5, S. 5f]

Ui Uj

FK-Geber: 0 i · VFK

EK-Geber: X · (1− s) (X − i · VFK)(1− s)= X · (1− s)− i · VFK + s · i · VFK

Insgesamt: X · (1− s) X · (1− s) + s · i · VFK

Die Steuerbelastung ist bei einem teilweise fremdfinanzierten Unternehmenum dem Term s ·i ·VFK (=TS) geringer als bei einem vollkommen eigenfinan-zierten Unternehmen. Dieses Tax Shield kommt den Kapitalgebern zugute.Somit ist der Marktwert eines teilweise fremdfinanzierten Unternehmens gleichder Summe vom Makrtwert eines vollkommen eigenfinazierten Unternehmensund vom Barwert (Present Value) des durch die anteilige Fremdfinazierungbewirkten Steuervorteils:

Vj =X · (1− s)

ρs+s · i · VFK

i= Vi + s · VFK = Vi + PV (TS) (3)

5.2 Bemerkung. Leverege EffektNach dem Theorem 4.6 ist im Irrelevanztheorem von Modigliani und Millerdie Eigenkapitalrendite eines Unternehems eine linear steigende Funktion desVerschuldungsgrades. Diese Eigenschaft gilt auch im Modell der Trade-off-Theorie: [5, S. 8]Fur die Herleitung der Leverege Formel mit Beachtung der Besteuerung wer-den zunachst die Eigenkapitalrenditen eines vollkommen eigenfinanziertenUnternehmens r

EKj

i und die eines teilweise fremdfinanzierten UnternehmensrEKj errechnet:

Fur ein teilweise fremdfinanziertes Unternehmen gilt:

rEKj

j =(X − i · VFK) · (1− s)

VEKj

(4)

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Mit Hilfe der Gleichung (2) konnen die durchschnittlichen Kapitalkosten ei-nes vollkommen eigenfinanzierten Unternehmens, als Quotient des versteu-erten erwarteten Periodenerfolgs und des Marktwertes des UnternehmensVi = VEK dargestellt werden:

rEKi = ρs =

X · (1− s)VEK

.

Mit Einbeziehung der Gleichung (3) erhalten wir folgenden Ausdruck fur dieEigenkapitalrendite:

rEKi = ρs =

X · (1− s)Vj − s · VFK

.

Formen wir den gerade erhaltenen Ausdruck fur die Eigenkapitalrendite um,so ergibt sich fur den versteuerten erwarteten Periodenerfolg folgende Dar-stellung:

X · (1− s) = ρs · (Vj − s · VFK). (5)

Wird nun (5) in (4) eingesetzt und beachten wir dabei dass Vj = VEKj+VFK ,

so ergibt sich die gewunschte Darstellung:

rEKj

j =ρs · (VEKj

+ VFK − s · VFK)− i · VFK · (1− s)VEKj

rEKj

j = ρs + (1− s) · (ρs − i) ·VFK

VEKj

Wie in Kapitel 2 in der Definition des WACC beschrieben, konnen hier dieEigenkapitalrendite und die Eigenkapitalkosten als Verzinsung des Eigenka-pitals interpretiert werden. Daraus lasst sich analog zur Interpretation vonTheorem 4.6 ableiten, dass die von den Eigenkapitalgebern geforderte Ren-dite r

EKj

j den Eigenkapitalkosten eines rein eigenfinanzierten Unternehmensρs = rEK

i zuzuglich eines Risikoaufschlages fur das zusatzliche Kapitalstruk-turrisiko (1− s) · (ρs− i) · VFK

VEKjentspricht. Da (1− s) < 1 fallt dieser Risiko-

aufschlag bei einer Existenz der Besteuerung um den Faktor (1− s) geringeraus und somit ist auch die Hebelwirkung im Vergleich mit dem Modell vonModigliani und Miller schwacher.

5.2 Konkurskosten

Im vorherigen Abschnitt wurde festgestellt, dass durch die Aufnahme vonFremdkapital, also durch einen hoheren Verschuldungsgrad, der Unterneh-menswert aufgrund des steuerlichen Vorteils steigt. Gleichzeitig ist jedoch zubeachten, dass durch einen hoheren Verschuldungsgrad auch die Insolvenz-wahrscheinlichkeit zunehmen kann.

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5.3 Definition. Ein Unternehmen hat Zahlungsschwieirigkeiten oderist Illiquide, wenn fallige Zahlungsverpflichtungen aufgrund eines Mangel anliquiden Mitteln nicht mehr erfullt werden konnen.

Eine Uberschuldung liegt vor, wenn das Vermogen die Schulden nicht mehrdeckt und somit ein negativer Eigenkapitalbetrag errechnet wird.

Ist ein Unternehmen in den zuvor erwahnten finanziellen Schwierigkeiten undgibt es keine positive Fortbestandsprognose, so ist es Insolvenz und verpflich-tet innerhalb von 60 Tagen einen Insolvenzantrag zu stellen. Es werden nunfolgende Verfahrensarten kurz vorgestellt [3]:

• Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung

• Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung

• Konkursverfahren

Das vorangige Ziel dieser Verfahren ist die Fortfuhrung des Unternehmens. Istdies nicht moglich, so kommt es zur Liquidation, wobei das noch vorhandeneVermogen des Schuldner liquidiert und unter allen Glaubigern gleichmaßigaufgeteilt wird.

Ein Sanierungsverfahren kann nur vom Schuldner selbst beantragt werden.Weiters muss dieser einen Sanierungsplanvorschlag vorlegen, den die Mehr-heit der Glaubiger zustimmen muss.Bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung verpflichtet sich derSchuldner mindestens 30 % der Verbindlichkeiten innerhalb von 2 Jahrenzuruckzuzahlen. Im Falle eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltungsind es nur 20 % . Es wird dabei vom Gericht ein Sanierungsverwalter be-stellt, welcher im Verfahren die wirtschaftliche Lage des Unternehmens pruftund die Geschaftsleitung uberwacht.

Ein Konkursverfahren wird eroffnet, wenn der Schuldner vor Eroffnung desInsolvenzverfahrens keinen Sanierungsplan vorlegt und ein ausreichendes Ver-mogen zur Deckung der Anlaufkosten vorhanden ist. Dabei wird das Unter-nehmen von einem Insolvenzverwalter weitergefuhrt.Es konnen direkte und indirekte Insolvenz- bzw. Konkurskosten entstehen[4, S. 33ff]:

Direkte Kosten treten im Zusammenhang treten mit einem gerichtlichenVerfahren auf und sind in Gesetzen und Verordnungen festgelegt. Zu den di-rekten Kosten gehoren beispielsweise Gutachterhonorare oder Kosten eines

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Insolvenzwalters oder gerichtliche Verfahrenskosten.

Indirekte Kosten resultieren aus der Veroffentlichung der finanziellen Schwie-rigkeiten eines Unternehmen, welche im Gegensatz zu den direkten Kostenschwer zu erfassen sind. Beispiele hierfur sind die Kosten aus der Verschlech-terung der Geschaftsbeziehungen zu Lieferanten und Kunden, Kosten die da-durch entstehen, dass wichtige Mitarbeiter das Unternehmen verlassen oderUmsatzeinbußen, weil an der Zuverlassigkeit des Unternehmens als Lieferantgezweifelt wird. Diese indirekten Kosten konnen wesentliche Auswirkungenauf das betriebswirtschaftliche Ergebnis haben und schon lange vor einer di-rekten Insolvengefahrdung entstehen.

Abbildung 2: [4, S. 37]

Zusammfassend wurde festgestellt, dass der Marktwert eines Unternehmensunter Einbeziehung der Steuern sehrwohl von der Kapitalstruktur abhangsein kann,da durch die Erhohung des Verschuldungsgrades ein steuerlicherVorteil ensteht. Allerdings ist zu berucksichtigen, dass bei einem weiterhinzunehmenden Verschuldungsgrad dieser steuerliche Vorteil durch die im Rah-men einer Insolvenz auftretenden indirekte und direkte Kosten eingedammtwird (siehe Abblidung 2).

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LITERATUR 22

Literatur

[1] Rainer Bramsemann. Kennzahlengestutztes Controlling. LIT, 2004.

[2] Michael Dempsey. Stock Market, Investments and Corporate Behavior -A Conceptual Framework of Understanding. Imperial College Press, 2016.

[3] Dr. Gunther Feuchtinger. Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten.2016.

[4] P.D.M. Nelles and J. Hermanns. Optimale Kapitalstruktur und MarketTiming: Empirische Analyse Borsennotierter Deutscher Unternehmen.Gabler Edition Wissenschaft. Deutscher Universitatsverlag, 2007.

[5] Prof. Dr. Harmut Schmidt. Relevanz der Kapitalstruktur. 2003/04.

[6] Prof. Dr. Harmut Schmidt. Irrelevanz der Kapitalstruktur. 2004/05.