Kapitel 1 – Einführung - geoweb.at · Ausgabe 2007 VORARBEITER 1 Vermessungskunde . VORARBEITER...

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Dipl.-Ing. Manfred Huber www.geoweb.at Ausgabe 2007 VORARBEITER 1 Vermessungskunde

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Ausgabe 2007

VORARBEITER 1

Vermessungskunde

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Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 3 1.1 Einteilung der Vermessungskunde 3 1.2 Aufgaben der Vermessungskunde 3 1.3 Ziel dieser Veranstaltung 3 2 Grundlagen 4 2.1 Maßeinheiten 4 2.2 Winkelmaße 4 2.3 Maßstab 6 2.4 Steigung 6 2.5 Fehlerarten 8 2.6 Arbeitsblatt 9 3 Streckenmessung 10 3.1 Messmittel 10 3.2 Messmethoden 13 3.3 Genauigkeit der Streckenmessung 17 4 Winkelmessung 20 4.1 Der Theodolit 20 4.2 Nivelliergerät 22 4.3 Genauigkeit der Winkelmessung 22 5 Nivellement 23 5.1 Höhensysteme 23 5.2 Messmittel 24 5.3 Messmethoden 28 5.4 Genauigkeit des Liniennivellements 34 ANHANG A Topographie 36 B Topographie-Übersicht 37 C Höhenfestpunkte in Wien 38 D Quellen- und Literaturverzeichnis 39 E Angaben zum Autor 39

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1 Einführung

1.1 Einteilung der Vermessungskunde Die Vermessungskunde wird in zwei unterschiedliche Bereiche unterteilt:

Die Höhere Vermessungskunde befasst sich mit der globalen Erdmessung und mit der Grundlagenmessung ganzer Staaten (= Landesvermessung), wobei die Erdkrümmung berücksichtigt werden muss. Dabei müssen Refraktion (= Lichtbrechung), meteorologische Daten wie Druck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie das Schwerefeld der Erde in die Berechnungen einbezogen werden.

Die Niedere Vermessungskunde umfasst Vermessungen in kleineren Gebieten, wobei der Ausschnitt der Erdoberfläche als Ebene betrachtet wird. Dieser Bereich umfasst die Vermessung der Erdoberfläche in ihrer Detailform und die Ingenieurgeodäsie (= Absteckung sowie Überwachung von Hoch- und Tiefbauten)

1.2 Aufgaben der Vermessungskunde Die Vermessungskunde befasst sich vorwiegend: a. mit der Vermessung und Berechnung von Teilen der Erdoberfläche und ihrer

Darstellung in Karten und Plänen (= Aufnahme) b. mit der Übertragung von graphischen oder rechnerischen Daten aus Plänen

oder Karten in die Natur (= Absteckung)

1.3 Ziel dieser Veranstaltung Die Teilnehmer sollen folgende Punkte beherrschen: 1. richtiger Umgang mit den Vermessungsgeräten (Aufstellung, Ablesung, Pflege) 2. Höhenbestimmung (Planung, Durchführung, Auswertung) 3. einfache Absteckungsarbeiten 4. Flächen- und Massenbestimmung

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2 Grundlagen

2.1 Maßeinheiten Längenmaß

Einheit: das Meter, Einheitszeichen [m]

Ableitungen: 1 m = 10 dm = 100 cm

1000 m = 1 km

Flächenmaß

Einheit: der Quadratmeter, Einheitszeichen [m²]

Ableitungen: 1 m² = 100 dm² = 10.000 cm²

1 km² = 100 ha = 10.000 a = 1.000.000 m²

Raummaß

Einheit: Kubikmeter, Einheitszeichen [m³]

Ableitungen: 1 m³ = 1.000 dm² = 1.000.000 cm²

1 dm² = 1 l

2.2 Winkelmaße Hier gibt es keine festgesetzt, internationale Einheit — es bestehen mehrere Möglichkeiten:

2.2.1 Altgradmaß

Das Altgradmaß wird in Grad [ ° ], Minuten [ ' ] und Sekunden [ '' ] unterteilt, wobei folgendes gilt:

1 ° = 60 ' = 3600 ''

Vollkreis: 360 °

Bei der rechnerischen Verwendung des Altgradmaßes müssen die Minuten und Sekunden in Nachkommastellen umgerechnet werden:

Beispiel 678,127

3600

12

60

471272174127

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2.2.2 Neugradmaß

Dieses Maß wird in Gon [g], Neuminuten [c] und Neusekunden [cc] unterteilt, unterscheidet sich aber vom Altgradmaß insofern, dass es eine Zehnerteilung besitzt. Dadurch entfällt eine Umrechnung wie beim Altgradmaß.

cccg 100001001

Vollkreis: 400

g

Dieses Winkelmaß wird vorwiegend in der Vermessungskunde verwendet.

2.2.3 Bogenmaß

Das Bogenmaß benützt man zur Angabe von Winkeln in unbekannten Maßzahlen und wird als das Verhältnis von Kreisbogen b zur Länge seines Radius r definiert:

r

barc

rb

Vollkreis: 2

Beispiel gegeben: mr 00,27 , mb 412,42

gesucht:

Lösung: 5708,100,27

412,42

Aufgabe 1 gegeben: mr 50,23 34907,0

gesucht: b

Praktische Anwendungsgebiete sind vor allem im Straßenbau zu finden: Kreisverkehr Übergangsbogen bei Auf- oder Abfahrten, Gleisanlagen Grundstücksgrenzen, wenn die Bauordnung Kreise zulässt

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2.2.4 Umrechnungen

Die Umwandlung von einem Gradmaß zu einem anderen Gradmaß erfolgt am einfachsten über den Vollkreis:

Altgrad Neugrad gg

8,18360

4001717

Altgrad Bogenmaß 296706,0360

21717

Aufgabe 2 Berechne die Bogenlänge b, wenn der Radius r = 20,00 m beträgt und ein Winkel von 28°,648 eingeschlossen wird.

2.3 Maßstab Der Maßstab bezeichnet das Verkleinerungsverhältnis des Planes oder der Karte im Vergleich zur Natur. Dieses Verhältnis wird mit einer Bruchzahl ausgedrückt, z.B. 1 : 100

Die gebräuchlichsten Maßstäbe in der Vermessungskunde:

Für Detailpläne: 1 : 100, 1 : 200, 1 : 500 Für Übersichtskarten, Kataster: 1 : 1000, 1 : 2000 Kartenwerke aus der Monarchie: 1 : 1440, 1 : 2880

Graphische Maßstäbe:

2.4 Steigung Das Steigungsverhältnis ist immer das Verhältnis der Höhe zur Länge:

l

hs

lsh s

hl

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Man kann das Steigungsverhältnis auch in Prozent (%) oder Promille (‰) angeben:

100% l

hs 1000‰

l

hs

Umformungen: 100

lsh

s

hl

100

Beispiel Berechnung von Zwischenhöhen:

ml 00,12 mh 96,0 08,0

00,12

96,0

l

hs

ml 00,91 ?1 h mlsh 72,000,908,011

Aufgabe 3 Berechne die fehlenden Werte:

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2.5 Fehlerarten Alle Messungen müssen mit einer bestimmten Genauigkeit ausgeführt werden. Da völlig fehlerfreie Messungen nicht möglich sind, werden die Messungen mehrmals wiederholt. Die Messfehler, die dabei entstehen können, unterteilt man in drei Gruppen:

2.5.1 Grobe Fehler

Sie treten durch eine Fehlleistung des Beobachters auf und liegen im Allgemeinen weit über der Messgenauigkeit. Sie werden durch Kontrollmessungen aufgedeckt und können durch entsprechende Sorgfalt des Beobachters vermieden werden.

Beispiel: Ablesefehler, Ziffernsturz

2.5.2 Systematische Fehler

Diese Fehler verfälschen das Messergebnis stets in eine Richtung (positiv oder negativ) und sind von einem oder mehreren Parametern abhängig (z.B. Temperatur, Luftdruck, Instrumentenjustierung,…) Sie lassen sich durch die Wahl geeigneter Meßmethoden, durch sorgfältige Eichung der Messgeräte sowie durch Verwendung entsprechender mathematischer Formeln weitgehend ausschalten. Beispiel: Streckenmessung mit Stahlmaßband ― es entsteht auf Grund eines Temperaturunterschiedes eine Längenänderung

2.5.3 Zufällige Fehler

Das sind alle nicht groben und nicht systematischen Fehler. Sie sind zufallsbedingt, d.h. sie treten als positive und negative Zahl auf und variieren sehr unregelmäßig im Betrag. Sie werden u.a. hervorgerufen durch die begrenzte Schärfe der menschlichen Sinne und der Unvollkommenheit der Messinstrumente. Beispiel: Lattenablesung beim Nivellement (Schätzen der mm)

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2.6 Arbeitsblatt Umrechnung von Neugrad in Altgrad

356,9765 g =

77,1234 g =

122,4637 g =

256,7654 g =

Umrechnung von Altgrad in Neugrad

17° 19’ 56’’ =

310° 43’ 13’’ =

42° 12’ 34’’ =

146° 37’ 16’’ =

Maßstab

Maßstab Plan Natur

1: 50 2,6 cm

1 : 10.000 7,4 cm

1 : 250.000 4,3 cm

1 : 100 10,30 m

1 : 25 4,10 m

1 : 2880 51,84 m

12,0 cm 24,00 m

3,6 cm 72,00 m

15,0 cm 7,50 m

Steigung

l1 h1 s (%) l h

46,00 m 6,70 % 526,374 m

410,00 m -0,87 % 526,374 m

33,70 m 62 cm 15,22 m

88 cm 2,87 % 3,918 m

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3 Streckenmessung

3.1 Messmittel 3.1.1 Maßband Maßbänder sind auch heute noch geeignete Strecken-Messgeräte. Sie bestehen meist aus Stahl oder Invar (64,4% Eisen und 35,6% Nickel), wobei die ersten 10 cm meist in Millimeter geteilt sind. Um eine gute Spannung zu gewährleisten, sind entsprechende Halterungen angebracht. Zu beachten sind vor allem die unterschiedlichen Bandanfänge:

Bei vielen aufeinander folgenden Maßen arbeitet man mit Durchlaufmessungen: sie liefern eine höhere Genauigkeit und man nützt die gesamte Maßbandlänge aus.

Anmerkung: Zugkraft des Bandes und die Eichtemperatur sind am Maßband aufgeprägt.

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3.1.2 Messrad Das System ist sehr einfach: die Messlänge wird mit einem Rad abgefahren, die gemessene Länge wird über ein mechanisches Getriebe auf ein Zählwerk übertragen und kann sofort über eine Anzeige abgelesen werden. Es hat sich vor allem im Asphaltstraßenbau durchgesetzt. Vorteile: es ist nur eine Person zur Messung notwendig man kann auch die Bogenlänge messen man kann sehr schnell auch große Strecken messen Nachteile: es ist eine ebene Unterlage notwendig (über Erd- und Schotterhaufen kann

nicht gemessen werden) es ist eine horizontale Ebene notwendig (man benötigt keine Schrägstrecken) geringe Messgenauigkeit 3.1.3 Nivellier oder Theodolit

Beide Geräte besitzen im Messfernrohr nicht nur ein Fadenkreuz, sondern auch einen Ober- und Unterfaden. Zielt man auf eine Messlatte, kann die Distanz näherungsweise bestimmt werden:

O – U [cm] D [m]

29,5 cm 29,5 m

3.1.4 Elektro-optische Messgeräte Diese dienen zur Messung von Strecken mit sehr hoher Genauigkeit. Das Distanzmessgerät wird auf einem Theodoliten montiert oder ist bereits fix eingebaut (= Tachymeter). Im anzumessenden Ziel wird ein Reflektor (= Prisma) aufgestellt, das den ausgesandten Infrarot-Strahl zum Distanzmessgerät reflektiert.

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Theodolit und Distanzmesser Bei normalen Theodoliten (optisch, elektronisch) kann ein externes Distanzmessgerät aufgesetzt werden. Sie verwenden Infrarot als Lichtquelle und es muss ein Prisma verwendet werden. Da der Messteil zusätzlich einen elektronischen Rechner beinhaltet, können Schrägdistanzen mit Hilfe des Vertikalwinkels sofort in horizontale Strecken oder Höhenunterschiede umgerechnet werden.

Tachymeter Das Distanzmessgerät ist im Fernrohr eingebaut. Bei Verwendung eines Prismas wird normalerweise unsichtbares Licht (Infrarot) verwendet. Bei Verwendung ohne Prisma (= reflektorloses Messen) wird Laserlicht benötigt – am Ziel wird ein roter Punkt sichtbar.

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Lasergeräte Eine gute Alternative zum Maßband besteht in der Verwendung eines Distomaten — ein handliches Laser-Messgerät. Da diese Geräte mittlerweile eine Distanz von 200 bis 300 m bestimmen können, sind sie für viele Aufgaben sehr gut geeignet. Die Horizontierung erfolgt über eine Libelle. Nachteilig ist, dass bei Sonnenschein der Laserpunkt nur schwer zu erkennen ist.

3.2 Messmethoden 3.2.1 Direkte Streckenmessung

Die Messung kann horizontal oder schräg erfolgen. Um aus einer schrägen Messung eine horizontale Strecke berechnen zu können, muss entweder der Höhenunterschied h der Streckenendpunkte oder der Neigungswinkel γ bestimmt werden:

22sin hssd cos sh

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3.2.2 Indirekte Streckenmessung

Sie wird dort angewendet, wo die direkte Streckenmessung nicht möglich ist: wenn ein Sichthindernis vorhanden ist wenn die zu messende Strecke nicht begehbar ist wenn das anzumessende Ziel nicht erreichbar ist Rechtwinkeliges Hilfsdreieck Dabei stellt man sich in einem dritten Punkt so auf, dass die beiden Seiten im rechten Winkel zueinander stehen. Realisiert wird dies mit einem Winkelprisma.

Die Berechnung erfolgt mit dem Pythagoräischen Lehrsatz. Sind mehrere Sichthindernisse vorhanden, können auch mehrere Hilfsdreiecke hintereinander konstruiert werden:

22 bas

22bcas

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Ähnliches Hilfsdreieck

Zwei Dreiecke ABC und DEF sind ähnlich, wenn die Verhältnisse der Seitenlängen gleich sind:

':':':: cbacba oder ':':': ccbbaa

Die Winkel sind identisch! 1. Fall: beide Endpunkte sind begehbar, die Strecke s kann nicht gemessen

werden

a. in Punkt B aufstellen und einen rechten Winkel abstecken Punkt C

b. Strecke von B nach C beliebig verlängern Punkt D

c. rechten Winkel in Punkt D so abstecken, dass neuer Punkt E in der Flucht

von A und C liegt d. die Strecken a, a' und s' messen

Die Lösung ergibt sich aus den Seitenverhältnissen: ''

sa

as

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2. Fall: Die Strecke s kann nicht direkt gemessen werden

a. man stellt sich in einem beliebigen Punkt C auf und bestimmt die beiden Seiten a und b

b. man verkürzt die Seite a um einen ausreichenden Abstand y

a A'

c. man berechnet y

b und reduziert die Seite b B'

d. die Strecke s' zwischen A' und B' kann gemessen werden

e. die gesuchte Seite s ergibt sich aus: ''

sa

as

Anmerkung: y kann beliebig gewählt werden, y

aaa ' ,

y

bbb '

Die Kontrolle erfolgt über die Seite b.

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3.3 Genauigkeit der Streckenmessung 3.3.1 Maßband

Der klassischen Fehler sind Durchhang, Schrägmessung und Temperatur (bei Stahlmaßbändern). Weitere Fehlerquellen sind Anhalte-, Ablesefehler und Schreibfehler.

Durchhang

Bestimmung von Radius R

222 shRR

h

shR

2

22

Bestimmung von Winkel α

R

ssin

Bestimmung der Bogenlänge d

2 Rd

Richtwerte

Strecke Durchhang Fehler

15 m 0,075 m (= 0,5%) 1 mm

15 m 0,15 m (= 1%) 4 mm

15 m 0,30 m (= 2%) 16 mm

30 m 0,15 m (= 0,5%) 2 mm

30 m 0,30 m (= 1%) 8 mm

30 m 0,60 m (= 2%) 32 mm

Temperaturausdehnung

Berechnung der Ausdehnung f

Ttdf 0000115,0

α .... Ausdehnungskoeffizient t .... Temperatur bei Messung T .... Eichtemperatur d .... abgelesene Strecke

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Richtwerte

Strecke Temperatur Fehler

15 m 0 ° + 7 mm

15 m 10 ° + 3 mm

15 m 20 ° 0 mm

30 m 30 ° - 3 mm

30 m 40 ° - 7 mm

Schrägmessung

222 hds

22 hds

Richtwerte

Strecke Höhenunterschied Fehler

15 m 0,15 m (= 1%) 1 mm

15 m 0,30 m (= 2%) 3 mm

15 m 0,45 m (= 3%) 7 mm

30 m 0,30 m (= 1%) 2 mm

30 m 0,60 m (= 2%) 6 mm

30 m 0,90 m (= 3%) 14 mm

Kombination aus den systematischen Fehlern Die Messung einer Strecke von s = 30 m erfolgt bei einer Außentemperatur von 40°, einem Schrägdistanzfehler von 2% und einem Durchhang von 1%. Daraus ergibt sich: 30,000 m + 0,008 – 0,007 + 0,006 = 30,007 m

Der Fehler beträgt also 7 mm.

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3.3.2 elektro-optische Distanzmesser

Die Genauigkeit hängt vorwiegend von der Atmosphäre ab und kann durch bestimmte mathematische Formeln berücksichtigt werden.

LEICA TPS800 LEICA TCA 1201M

3500 m (Prisma), 250 m (Folie) > 8000 m auf 1 Rundprisma

2 mm + 2 ppm / 5 mm + 2 ppm 2 mm + 2 ppm

1 s / 0,15 s 3 s Reichweite Messgenauigkeit (Fein/Tracking) Messdauer (Fein/Tracking)

3.3.3 Lasergeräte (Leica Disto A5)

Reichweite 0,05 – 200 m

(bei größeren Entfernungen müssen Zieltafeln verwendet werden)

Messgenauigkeit 2 mm (bis 30 m Entfernung)

Durchmesser Laserpunkt auf 10 m 6 mm

auf 30 m 50 mm

auf 100 m 60 mm Lasertyp Laserklasse II, 635 nm, < 1 mW

3.3.4 Geometrieprobleme bei reflektorloser Distanzmessung Mit zunehmender Distanz wird auch der Durchmesser des Lichtkegels größer. Dadurch können erhebliche Ungenauigkeiten in der Distanzmessung entstehen.

Außenkante

Innenkante

Schräg zur Mauer

Objekte, die Nahe dem Zielstrahl angeordnet sind, können ebenfalls gefährlich werden – vor allem gut reflektierende Objekte (Verkehrstafeln, ...). Man kann das Problem minimieren, indem man kleine Prismen (Zieltafeln) oder Reflexfolien verwendet.

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4 Winkelmessung

4.1 Theodolit Der Theodolit dient zum Messen von Richtungen, und zwar horizontal und vertikal. Er kann zusätzlich mit einem elektrooptischen Distanzmesser ausgestattet werden (als Aufsatzmodell oder bereits fix eingebaut).

4.1.1 Aufbau

4.1.2 Dosenlibelle

Für das grobe Dosenlibelle vorgesehen. Das ist ein zylindrisch zugeschmolzener Glaskörper mit einem kugelförmig geschliffenem Deckglas. Dieser Körper ist bis auf eine kleine Luftblase mit Alkohol oder Äther gefüllt.

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4.1.3 Fernrohr und Strichplatte

Damit das Fernrohr, das mit dem Vertikalkreis verbunden ist, auf ein Ziel genau eingestellt werden kann, beinhaltet es neben verschiedenen Linsen auch ein feines Strichkreuz.

Vor Messbeginn muss das Strich- oder Fadenkreuz scharf eingestellt werden. Dazu muss das Fernrohr gegen einen hellen Hintergrund gerichtet und auf unendlich fokussiert werden. Anschließend wird der Okularring so lange gedreht, bis das Fadenkreuz scharf erscheint. Aber Achtung: Während des Messvorganges darf diese Einstellung nicht verändert werden.

4.1.4 Horizontalwinkelmessung

Bei der einfachen Winkelmessung werden die Richtungen zu zwei oder mehreren Zielpunkten gemessen und durch die Differenzbildung die Winkel bestimmt:

Der Winkel errechnet sich aus der Differenz zwischen rechter und linker Richtung. Ist dieser Wert negativ, so muss ein Betrag von 400

g addiert werden (die Nullrichtung des Theodoliten liegt genau zwischen den beiden Richtungen)

LR

RLRL 400)(400

Beispiel R = 168 g L = 77 g δ = 168 – 77 = 91

g

R = 68 g L = 377 g δ = 400 – 377 + 68 = 91

g

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4.2 Nivelliergerät Wie beim Theodoliten kann durch Differenzbildung ein Winkel abgelesen werden, da normalerweise jedes Nivelliergerät eine Winkelanzeige besitzt. Näheres siehe nächstes Kapitel (Nivellement)

4.3 Genauigkeit der Winkelmessung Die Genauigkeit hängt von der Zielweite ab. Mit Hilfe des Bogenmaßes und dem Radius (= Zielweite) kann der Fehler berechnet werden:

400

2 g

rb

Mit den Werten r = 100 m und = 0,001

g ergibt sich ein Wert für den Bogen von b = 1.6 mm. Will man also eine Genauigkeit von 1 mm erreichen, wird eine Winkelgenauigkeit von 0.0005

g auf 100 m benötigt.

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5 Nivellement

5.1 Höhensysteme Unter einem Nivellement versteht man die Bestimmung der Höhe eines Punktes mit Hilfe horizontaler Zielstrahlen. Ausgangspunkt ist dabei immer ein Bezugspunkt bzw. eine Bezugsebene mit bekannter Höhe:

Die Höhe eines beliebigen Punktes ist sein vertikaler Abstand von dieser Bezugsebene. 5.1.1 Absolute Höhen Sie beziehen sich in Österreich auf das amtliche Höhenfestpunktnetz, das wiederum vom durchschnittlichen Meeresspiegel bei Triest abgeleitet ist. Seit 2005 wird das Höhensystem von Triest nach Amsterdam verlegt.

Als Stabilisierung von Höhenfestpunkten werden u.a. verwendet: horizontale Höhenbolzen (meist an Hauswänden) vertikale Höhenbolzen (meist auf Brücken und gemauerten Zäunen) KT-Steine Bolzen, Rohre, Nägel für lokale Höhenpunkte Topographien für absolute Höhen liegen normalerweise am Gemeindeamt auf, da der Bürgermeister 1. Bauinstanz ist. Sonderfall Wien: In Wien gibt es neben dem amtlichen System auch noch das so genannte Wiener Null. Das ist das amtliche System der Gemeinde (Magistrat) und wird vom Adria-Pegel abgeleitet, indem ein bestimmter Wert von 156,680 m abgezogen wird. Achtung: Andere Einrichtungen wie Kanal und Wasser verwenden kein Wiener Null. Im Zweifelsfall sollte man sich vorher erkundigen, welches Höhensystem benötigt wird.

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5.1.2 Relative Höhen Darunter versteht man Höhen, die von einem privaten Bezugspunkt abgeleitet sind. Für diesen Punkt kann eine beliebige Höhe angenommen werden. Für die Stabilisierung muss beachtet werden, dass keine Verschiebung zugelassen wird, daher soll die Bezugshöhe außerhalb des Baustellenbereiches stabilisiert werden. Bei Kleinbauten werden oft die Höhen von Kanaldeckel, Gehsteigoberkanten und dgl. als Ausgangshöhe verwendet. Hier werden Höhen insbesondere für die Bauklasse verwendet.

5.2 Messmittel 5.2.1 Nivelliergerät

Das Nivelliergerät (Nivellier) ist ein optisch-mechanisches Messinstrument und besteht im Wesentlichen aus deinem Dreifuß mit Fußschrauben und einer Dosenlibelle (=Unterbau) sowie einem Fernrohr mit Röhrenlibelle bzw. einem Kompensator (= Oberbau).

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Das Nivellier wird mit Hilfe der Dosenlibelle grob horizontiert., die Feineinstellung erfolgt entweder über eine Röhrenlibelle (ähnlich wie beim Theodoliten) oder wird durch einen internen Kompensator ersetzt (= automatische Nivelliere, heutzutage Standard-Ausführung). Der Kompensator ist ein frei schwingendes Element, das geringe Restneigungen beseitigt. Da durch die Lagerung der bewegliche Teil stecken bleiben kann, sollte vor Messbeginn der Kompensatorknopf gedrückt werden. Dieser löst eine Schwingung aus und es kann im Fernrohr die Bewegung beobachtet werden.

Anmerkung: In der technischen Beschreibung eines Nivellier wird der Winkel angegeben, den ein Kompensator ausgleichen kann.

5.2.2 Lasergerät Lasergeräte können wie normale Nivelliere verwendet werden, doch an Stelle einer Visureinrichtung wird ein Laserstrahl verwendet. Durch die Sichtbarkeit des Laserstrahls am angezielten Objekt ist am Gerät kein Beobachter notwendig. Unterschieden wird zwischen Richtstrahl- und Rotationslaser.

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Richtstrahl-Laser Sie werden vor allem im Kanal-, Tunnel- und Brückenbau (für die Einrichtung der Schalung) sowie zur Fassadeneinmessung verwendet. Eine automatische Erdkrümmungskorrektur kann dabei aktiviert werden.

Rotationslaser Sie senden einen Richtstrahl aus, der sich ständig um 400g dreht. Am Lattenstandpunkt ist ein Detektor angebracht, der das Lasersignal aufnimmt.

Einsatzgebiete sind vor allem Aushubarbeiten sowie die Errichtung von Böden, Decken und Estriche (Innenbereich)

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5.2.3 Zubehör

Nivellierlatten Die Genauigkeit des Nivellements hängt auch von den verwendeten Latten ab. Da die meisten Materialien temperaturabhängig sind, kann sich die Länge der Latten verändern. Außerdem kann die aufgebrachte Skala bereits bei der Herstellung Unregelmäßigkeiten aufweisen. Aus diesem Grund werden für Präzisions-messungen Latten mit zwei voneinander unabhängigen Skalen verwendet.

Für digitale Nivelliere gibt es Latten, die automatisch einen Wert identifizieren, wenn der Laser auf die Latte trifft. Der Beobachter muss keine Messwerte ablesen, da der entsprechende Lattenwert mit Hilfe des Lasers zum Nivellier transferiert und gespeichert wird.

Anmerkung: Vergleichbar mit einer Scanner-Kassa im Supermarkt.

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Lattenrichter

Sie dienen dazu, die Latte vertikal einzurichten. Dies ist notwendig, um die Genauigkeit der Ablesung zu erhöhen. Sie bestehen aus einem Winkeleisen, auf deren Außenseite eine Dosenlibelle befestigt ist. Der Winkel wird an die Latte gehalten und diese so lange geschwenkt, bis die Dosenlibelle eingespielt ist.

Lattenuntersatz

Diese auch als "Frösche" bezeichneten Untersätze dienen dazu, den zu messenden Höhenpunkt (Zwischenpunkt) in Lage und Höhe konstant zu halten. Sie werden vor Verwendung mit den Füßen in den Untergrund getreten, damit dieser nicht verrutschen kann.

5.3 Messmethoden 5.3.1 Ablesung Im Fernrohr ist ähnlich dem Theodoliten ein Fadenkreuz angebracht, das mit dem anzuzielenden Punkt in Deckung zu bringen ist. Danach ist der auf der Latte abgelesene Wert zu notieren, wobei bei den für den Bau herkömmlichen Latten die Millimeter zu schätzen sind. 5.3.2 Liniennivellement durch Hin- und Rückmessung

Unter einem Liniennivellement versteht man die Messung des Höhenunter-schiedes zwischen zwei oder mehreren Punkten bzw. die Übertragung der Höhe eines Punktes auf andere Punkte. Lattenstandpunkte = Standpunkte, die eine Höhe bekommen sollen. Nivellierstandpunkte = Standpunkte, in denen der Nivellier steht und von dem die

Lattenwerte abgelesen werden. Er soll immer in der Mitte der beiden Latten stehen und die beiden Zielstrahlen sollen annähernd in einer Geraden liegen.

Siehe auch Kapitel "Genauigkeit des Nivelliers".

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Beispiel: Liniennivellement durch Hin- und Rückmessung Von einem bekannten Höhenpunkt A soll die Höhe des Punktes 1 ermittelt werden:

Ablauf: man stellt das Nivellier auf und liest am Punkt A einen Lattenwert ab (= Rücklesung 1) man wendet das Fernrohr und liest am Punkt 1 einen Lattenwert ab (= Vorlesung 1)

Nun kann man die Höhe des Punktes 1 bestimmen, indem man zur Höhe von A die Rücklesung addiert und die Vorlesung subtrahiert:

vorrückHH A 1

aus Kontrollgründen stellt man das Nivellier nochmals auf und liest die Werte in

umgekehrter Reihenfolge ab, d.h. man bestimmt die Höhe von A von Punkt 1 aus:

vorrückHH A 1

Als Ergebnis sollte natürlich wieder die Ausgangshöhe von A errechnet werden.

Messprotokoll:

Punkt rück vor

A 2,704 200,000 m

1 0,353

1 0,562

A 2,901

Berechnung: Man bildet zuerst die Summe aller Rück- und aller Vorlesungen:

266,3562,0704,2rück 254,3901,2353,0vor

Diese beiden Werte sollten 0 sein (der Höhenunterschied zwischen beiden Punkten ändert sich ja nicht).

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Der Gesamtfehler ergibt sich also aus der Differenz:

mvorrückf 012,0254,3266,3

Dieser Gesamtfehler hat im Grunde keine Aussagekraft, da dieser Wert sehr groß werden kann, je länger die Nivellierstrecke ist. Daher wird dieser Gesamtfehler durch die Anzahl n der Nivellierstandpunkte dividiert und man erhält die Genauigkeit eines Standpunktes:

mn

ff S 006,0

2

012,0

Nun kann die Höhe des Punktes 1 endgültig berechnet werden, indem man den Standpunktfehler berücksichtigt:

mfvrHH SA 345,202006,0353,0704,2000,200111

Kontrolliert wird die Berechnung durch die Bestimmung der Höhe von A vom Punkt 1 aus:

mfvrHH SA 000,200006,0901,2562,0345,202221

Natürlich können auch die Höhen von mehreren Punkten bestimmt werden, indem man entlang einer Schleife von Punkt A ausgehend wieder dorthin zurückkehrt:

Die Messmethode und die Berechnung bleiben dabei gleich:

Punkt rück vor

A 0,615 290,371 m

1 1,207

1 1,335

2 0,670

2 1,030

3 0,988

3 0,983

A 1,118

3,963 3,983

mf 020,0983,3963,3 mf S 005,04

020,0

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Berechnung der Höhen:

mfvrHH SA 784,289)005,0(207,1615,0371,290111

mH 454,290005,0670,0335,1784,2892

mH 501,290005,0988,0030,1454,2903

Kontrolle: mH A 371,290005,0118,1983,0501,290

5.3.3 Liniennivellement mit 2 Festpunkten

Diese Aufgabe unterscheidet sich von einer Nivellementschleife dadurch, dass nicht auf den gleichen Höhenfestpunkt zurückgekehrt wird, sondern auf einen zweiten Höhenfestpunkt abgeschlossen wird.

Bei der Berechnung des Fehlers f muss natürlich der Höhenunterschied zwischen den beiden Festpunkten berücksichtigt werden:

vorrückHHf BA

Die Bestimmung der Höhen erfolgt genauso wie im vorigen Beispiel.

Aufgabe 4 gegeben ist folgendes Messprotokoll

Punkt rück vor

A 1,687 123,471 m

1 1,032

1 0,455

2 1,901

2 2,309

3 2,010

3 1,427

B 1,988 122,442 m

Berechne kontrolliert die Höhen der Punkte 1 bis 3.

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5.3.4 Liniennivellement mit Seitpunkten

Beim Nivellement werden nicht nur Höhen benötigt, die durch Rück- und Vormessung bestimmt werden, sondern es werden von einem Nivellierstandpunkt mehrere Höhen eingemessen.

Es werden zu bestimmten (frei gewählten) Punkten Rück- und Vorlesungen durchgeführt. Mit diesen Messungen wird der Gesamtfehler f und der Standpunktsfehler fS bestimmt. Anschließend werden zu diesen Punkten die Höhen berechnet. Erst jetzt können die Höhen der restlichen Punkten (= Seitpunkte) bestimmt werden. Im Messprotokoll wird für die Seitpunkte eine eigene Spalte geführt.

Punkt rück vor seit

A 0,615 290,371 m

1 1,207

1 1,335

2 0,670

3 1,974

4 1,121

2 1,030

5 0,988

6 1,476

5 0,983

B 2,974 288,475 m

3,963 5,839

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Zuerst werden die Punkte 1, 2 und 5 bestimmt:

mf 020,0839,5963,3475,288371,290

mf S 005,04

020,0

mfvrHH SA 774,289005,0207,1615,0371,290111

mH 434,290005,0670,0335,1774,2892

mH 471,290005,0988,0030,1434,2905

Kontrolle: mHB 475,288005,0974,2983,0471,290

Jetzt können auch die Seitpunkte höhenmäßig bestimmt werden:

Die Punkte 3 und 4 wurden innerhalb einer Rückvisur zu Punkt 1 gemessen, daher wird auch die Höhe von 1 verwendet:

msrHH 035,289974,1335,1774,2893213

msrHH 888,289121,1335,1774,2894214

Punkt 6 wurde zur Rückvisur nach Punkt 2 gemessen, also wird hier die Höhen von Punkt 2 verwendet:

msrHH 988,289476,1030,1434,2906326

5.3.5 Flächennivellement

Für manche Aufgaben ist es notwendig, viele Höhen in einem kleinen Gebiet schnell zu bestimmen. Die einfachste Aufnahmemethode ist jene eines Flächennivellements. Die Aufstellung erfolgt über einen Punkt, von dem aus zu einem (oder zwei) bekannten Punkten eine Rücklesung erfolgt.

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Eine Kontrolle wie bei einem Liniennivellement ist hier nicht möglich. Trotzdem können zumindest einige Punkte kontrolliert werden: durch eine zweite Aufstellung werden ein paar ausgewählte Punkte nochmals

eingemessen durch die Aufstellung eines zweiten Gerätes werden mehrere Punkte

gleichzeitig gemessen (= aufwändigeres Verfahren) Ein detaillierter Lageplan, in dem die Höhen eingetragen werden, dient meist als Grundlage für das Flächennivellement.

5.4 Genauigkeit eines Liniennivellements Die Genauigkeit hängt von der Aufstellung und Justierung des Nivelliers, der verwendeten Geräte und der Genauigkeit der Ablesung ab. Prinzipiell sollte man mit dem Nivellier in der Mitte zweier Lattenstandpunkte stehen, da sich dadurch auftretende Aufstellungsfehler eliminieren:

Fehler f tritt auf beiden Seiten auf – er verschwindet bei der Differenzbildung

Fehler f ist unterschiedlich – nach der Differenzbildung bleibt ein

Restbetrag 12 fff übrig.

Weiters soll die Latte vertikal gehalten werden. Schrägstellungen quer zur Visur können vom Beobachter gesehen werden, in Visurrichtung aber nicht. Hier werden die Ablesungen verfälscht.

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Die Hin- und Rückvisur sollte annähernd auf einer Geraden liegen.

Abb.: falsche Messanordnung Abb.: richtige Messanordnung

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A Topographie

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B Topographie-Übersicht

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C Höhenfestpunkte in Wien

Adresse: https://www.wien.gv.at/M41_HFP/internet

Suchergebnis: Punktliste für Zug 187

Punkt Adresse Kartenblatt MZK 1:1000

Höhe (Wiener Null)

Art Zug-Nummer

DFN 19, Grinzinger Allee 28 101091 54,868 m B 187 233

DFQ 19, Huschkagasse 1 101092 69,525 m N 233 187

DOQ 19, Delugstraße 2 100091 61,609 m N 187

DOR 19, Ettingshausengasse 10 100092 97,058 m K 187

JOE 19, An den langen Lüssen 3 101092 73,215 m N 187

JOF 19, An den langen Lüssen 13 101092 79,827 m N 187

JOG 19, An den langen Lüssen 19 100092 85,251 m N 187

JOH 19, Wenckebachgasse 29 100092 84,170 m N 187

JOI 19, Aslangasse 21 100092 83,284 m N 187

JOJ 19, Aslangasse 55 100092 87,020 m N 187

JOK 19, Aslangasse 87 100092 90,151 m N 187

JOL 19, Ettingshausengasse 1 100092 96,918 m N 187

JOM 19, Stefan-Esders-Platz 100092 90,389 m N 187

JON 19, Stefan-Esders-Platz 6 100091 82,458 m B 190 187

JOP 19, Kaasgrabengasse 52 100091 72,341 m N 187

JOR 19, Leopold-Steiner-Gasse 30 100091 67,514 m K 187

JOS 19, Delugstraße 20 100091 71,240 m K 187

JOU 19, Paradisgasse 67 101091 56,378 m N 187

JOV 19, Paradisgasse 65 101091 54,425 m N 187

MXH 19, Kaasgrabengasse 19 100091 66,622 m N 187

Wiener Null = Adria – 156,680 m

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D Quellen- und Literaturverzeichnis

Großmann Walter, Heribert Kahmen: Vermessungskunde I. Verlag deGruyter, Berlin 1985 Großmann Walter, Heribert Kahmen: Vermessungskunde II. Verlag deGruyter, Berlin 1985 Firmenprospekte der Firma Leica, Trimble Austrian Map, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen

E Angaben zum Autor

Dipl.-Ing. Manfred Huber Raimundgasse 22, Haus 2 2331 Vösendorf eMail: [email protected] Internet: www.geoweb.at