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Kapitel 1.2

Aussagenlogik: Semantik

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Ubersicht

1.2.1 Interpretationen der al. Formeln

1.2.2 Zentrale semantische Begri!e

1.2.3 Der semantische Folgerungsbegri!

1.2.4 Al. Formeln als Darstellungen Boolescher Formeln

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Ubersicht (Forts.)

Wir zeigen zunachst, wie sich der Wahrheitswert einer al. Formel ! aus denWahrheitswerten der in der Formel vorkommenden Aussagenvariablenbestimmen lasst (Kapitel 1.2.1).

Hierzu fuhren wir zunachst (Variablen-)Belegungen B ein, die denAussagenvariablen Wahrheitswerte zuordnen. Dann definieren wir induktivnach dem Formelaufbau korrespondierende Bewertungen B der al. Formeln,wobei wir die Junktoren durch die bereits in Kapitel 1.0 eingefuhrtenzugehorigen Wahrheitsfunktionen interpretieren.

Wir fuhren dann die zentralen semantischen Begri!e der Logik ein wieAllgemeingultigkeit und Erfullbarkeit von Formeln sowie den (semantischen)Folgerungs- und Aquivalenzbegri! fur Formeln, und erweitern diese Begri!eauf Formelmengen (Kapitel 1.2.2).

Schließlich beobachten wir, dass man al. Formeln als DarstellungenBoolescher Funktionen au!assen kann (Kapitel 1.2.3).

(In Kapitel 1.3 werden wir dann zeigen, dass sich jede Boolesche Funktionderart darstellen lasst.)

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1.2.1 Interpretationen der al. Formeln

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Belegungen der Aussagenvariablen

Sei im Folgenden V eine nichtleere (endliche oder unendliche) Menge vonAussagenvariablen und sei F (V ) = {! : V (!) ! V } die Menge der al. Formeln,die nur Variablen aus V enthalten.

DEFINITION. Eine Belegung B der Variablenmenge V ist eine AbbildungB : V " {0, 1} (wobei wir die Bits 0 und 1 als die Wahrheitswerte W und Finterpretieren).

Mit B(V ) bezeichnen wir die Menge aller Belegungen der Variablenmenge V .

NB: Fur endliches V gibt es 2|V | verschiedene Variablenbelegungen (wobei |V |die Machtigkeit von V - d.h. die Anzahl der Elemente von V - ist).

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Bewertungen der al. FormelnJede Belegung B einer Variablenmenge V induziert eine zugehorige Bewertung Bder al. Formeln in F (V ).

DEFINITION. Die zu der Belegung B : V " {0, 1} gehorende Bewertung B deraussagenlogischen Formeln in F (V ) ist induktiv wie folgt definiert (Ind(!)):

1. ! # A: B(A) := B(A)

2. ! # ¬": B(¬") := f¬(B("))

3. ! # (!1 $ !2): B(!1 $ !2) := f!(B(!1), B(!2))

Hierbei ist f! die Boolesche Funktion, die den Junktor $ interpretiert (s. Kapitel1.0). Es gilt also:

B(¬") = 1% B(")B(!1 & !2) = max(B(!1), B(!2))B(!1 ' !2) = min(B(!1), B(!2))B(!1 " !2) = 1 ( B(!1) ) B(!2)B(!1 * !2) = 1 ( B(!1) = B(!2)

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Bewertungen der al. Formeln: Notationen und Beispiel

NOTATION. Im Folgenden bezeichnen wir die von einer Belegung B induzierteBewertung B haufig einfachheitshalber ebenfalls mit B. Wir sagen, dass dieBelegung B die Formel ! wahr macht (falsch macht), falls B(!) = 1 (B(!) = 0)gilt.

BEISPIEL. Sei V = {A,B,C ,D} und sei die Belegung B : V " {0, 1} durch

B(A) = B(B) = B(D) = 1 & B(C ) = 0

gegeben und sei ! die Formel

! # ¬(A * C ) ' ¬D.

Dann gilt: B(!) = 0. Man zeigt, dies, indem man induktiv die Wahrheitswerte derTeilformeln " von ! bezuglich B bestimmt:

" A B C D (A * C ) ¬D ¬(A * C ) !B(") 1 1 0 1 0 0 1 0

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KoinzidenzlemmaBetrachten wir die Bewertung B(!) einer Formel ! bzgl. einer BelegungB : V " {0, 1}, wobei V (!) echt in V enthalten ist, so hangt der Wert von B(!)nicht von der Belegung B(A) der Variablen A ab, die nicht in ! vorkommen:

KOINZIDENZLEMMA. Seien Bi : Vi " {0, 1} (i = 0, 1) Belegungen, sei ! eineal. Formel deren Aussagenvariablen in V0 und V1 liegen, und stimmen B0 und B1

auf den in ! vorkommenden Variablen uberein (d.h. V (!) ! V0 + V1 undB0 ! V (!) = B1 ! V (!)). Dann gilt B0(!) = B1(!).

Beweis durch Ind(!):

1. ! # A: Dann gilt wegen A , V (!) nach Annahme B0(A) = B1(A). Also:

B0(!) = B0(A) = B0(A) = B1(A) = B1(A) = B1(!)

2. ! # ¬": Dann gilt nach I.V. B0(") = B1("). Also:

B0(!) = 1% B0(") = 1% B1(") = B1(!)

3. ! # !1 $ !2: Folgt analog aus der I.V.

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1.2.2 Zentrale semantische Begri!e

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Zentrale semantische Begri!e: Uberblick

Jede Belegung B der Variablen einer al. Formel ! fuhrt zu einer BewertungB(!) von B, gibt also eine mogliche Interpretation von !. Wir fuhrenhierauf nun die Begri!e der Allgemeingultigkeit, Erfullbarkeit undWiderspruchlichkeit von al. Formeln zuruck:

! Die Formel ! ist allgemeingultig, wenn alle Belegungen ihrer Variablendie Formel wahrmachen.

! Die Formel ! ist erfullbar, wenn zumindest eine der Belegungen ihrerVariablen die Formel wahrmacht.

! Die Formel ! ist widerspuchlich, wenn keine Belegungen ihrer Variablendie Formel wahrmachen.

Weiter definieren wir die (semantische) Implikation und Aquivalenz furFormelpaare. Dabei impliziert eine Formel ! eine Formel ", wenn jedeBelegung, die ! wahrmacht auch " wahrmacht, und ! uns " sindaquivalent, wenn sie von denselben Belegungen wahrgemacht werden, alsobzgl. aller Interpretationen denselben Wahrheitswert haben.

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Zentrale semantische Begri!e: Uberblick (Forts.)

Wir werden dann ausfuhrlich auf grundlegende Eigenschaften dieserKonzepte eingehen und wichtige Beispiele geben.

In Kapitel 1.2.3 werden wir die Begri!e der Erfullbarkeit und dersemantischen Folgerung (d.h. Implikation) auf Formelmengen ausdehnen.

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Definition der zentralen semantischen Konzepte der AL (1)DEFINITION 1. Sei ! eine al. Formel.

(i) ! ist allgemeingultig (oder logisch wahr oder eine Tautologie; kurz: ag[!]),falls jede Belegung der Variablen in ! die Formel ! wahrmacht, d.h. falls

Fur alle B : V (!) " {0, 1} gilt B(!) = 1.

gilt.

(ii) ! ist erfullbar (kurz: erfb[!]), falls es zumindest eine Belegung der Variablenin ! gibt, die die Formel ! wahrmacht, d.h. falls

Es gibt (zumindest) ein B : V (!) " {0, 1} mit B(!) = 1.

gilt.

(ii) ! ist kontradiktorisch(oder widerspruchlich; kurz: kd[!]), falls es keineBelegung der Variablen in ! gibt, die die Formel ! wahrmacht, d.h. falls

Fur alle B : V (!) " {0, 1} gilt B(!) = 0.

gilt.

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Definition der zentralen semantischen Konzepte der AL (2)

DEFINITION 2. Seien ! und " al. Formeln.

(i) ! und " sind aquivalent (kurz: ! aq "), falls

Fur alle B : V (!) - V (") " {0, 1} gilt B(!) = B(").

gilt.

(ii) ! impliziert " (kurz: ! impl "), falls

Fur alle B : V (!) - V (") " {0, 1} gilt: B(!) = 1 . B(") = 1.

gilt.

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Zusammenhange zwischen ag, erfb und kd

Die Begri!e der Allgemeingultigkeit, der Erfullbarkeit und der Widerspruchlichkeithangen wie folgt zusammen:

LEMMA 1.

(i) Ist ! allgemeingultig, so ist ! auch erfullbar:

ag[!] . erfb[!]

Die Umkehrung gilt jedoch i.a. nicht.

(ii) ! ist genau dann allgemeingultig, wenn ¬! kontradiktorisch ist:

ag[!] ( kd[¬!]

(iii) ! ist genau dann erfullbar, wenn ! nicht kontradiktorisch ist:

erfb[!] ( nicht kd[!]

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Zusammenhange zwischen ag, erfb und kd:Beweis von Lemma 1

Der positive Teil der Aussage (i) und die Aussage (iii) folgen direkt ausDefinition 1.

Dass in (i) die Umkehrung nicht gilt, zeigt das Beispiel der atomarenFormeln ! # A. Diese sind erfullbar, da es die Belegung B(A) = 1 gibt, die! wahrmacht. ! ist aber nicht allgemeingultig, da die Belegung B "(A) = 0die Formel ! falsch macht.

Behauptung (iii) folgt unmittelbar aus Definition 1 und der Definition derBewertungen: Wegen V (!) = V (¬!) genugt es zu beobachten, dass

B(!) = 1 ( B(¬!) = 0

fur jede Belegung B : V (!) " {0, 1} gilt.

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Allgemeingultigkeit und Erfullbarkeit von Disjunktionenund Konjunktionen

LEMMA 2.

(i) Eine Konjunktion ! ' " ist genau dann allgemeingultig, wenn die beidenKonjunktionsglieder ! und " allgemeingultig sind:

ag[! ' "] ( ag[!] und ag["]

(ii) Sind die Formeln ! und " allgemeingultig, so auch deren Disjunktion !&":

ag[!] und ag["] . ag[! & "]

Die Umkehrung gilt jedoch i.a. nicht.

(iii) Eine Disjunktion ! & " ist genau dann erfullbar, wenn zumindest eines derDisjunktionsglieder ! und " erfullbar ist:

erfb[! & "] ( erfb[!] oder erfb["]

(iv) Ist die Konjunktion ! ' " erfullbar, so sind auch deren Konjuktionsglieder !und " erfullbar: erfb[! ' "] . erfb[!] und erfb["]Die Umkehrung gilt jedoch i.a. nicht.

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Allgemeingultigkeit und Erfullbarkeit von Disjunktionenund Konjunktionen: Beweis von Lemma 2Da die Beweise der einzelnen Teile sehr ahnlich sind, beweisen wir nur Teil (ii):

ag[!] oder ag["] . Fur alle B : V (!) " {0, 1} gilt B(!) = 1oder

Fur alle B : V (") " {0, 1} gilt B(") = 1(Definition von ag)

. Fur alle B : V (! & ") " {0, 1} gilt B(!) = 1oder

Fur alle B : V (! & ") " {0, 1} gilt B(") = 1(Koinzidenzlemma)

. Fur alle B : V (! & ") " {0, 1} giltB(!) = 1 oder B(") = 1

(Trivial)

(Weiter auf der nachsten Folie)

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Allgemeingultigkeit und Erfullbarkeit von Disjunktionenund Konjunktionen: Beweis von Lemma 2 (Forts.)

. Fur alle B : V (! & ") " {0, 1} giltB(! & ") = 1

(Induktive Definition der Bewertungen)

. ag[! & "](Definition von ag)

In der obigen Folgerungskette lassen sich alle Implikationen bis auf die rotmarkierte umkehren. Dass die Umkehrung i.a. nicht korrekt ist zeigt folgendesBeispiel:

Setzt man ! :# A und " :# ¬A, so ist ! & " # A & ¬A allgemeingultig, da fur

jede Belegung B von V (! & ") = {A} entweder B(A) = 1 oder B(¬A) = 1 gilt,

also B(! & ") = B(A & ¬A) = max(B(A),B(¬A)) = 1. Wie wir bereits gesehen

haben, ist aber weder A noch ¬A allgemeingultig.

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Beispiele von Tautologien

Wir geben nun eine Reihe von Tautologien an, die haufig verwendeten logischenGesetzen entsprechen:

LEMMA 3. Die folgenden al. Formeln sind Tautologien:

(i) A & ¬A (Tertium non datur)

(ii) A " A (Selbstimplikation)

(iii) A " A & B (Hintere Abschwachung)

(iv) A ' B " A (Vordere Abschwachung)

(v) (A " B) ' (B " C ) " (A " C ) (Kettenregel)

(vi) (A & B) ' (A " C ) ' (B " C ) " C (Gesetz der Fallunterscheidung)

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Beispiele von Tautologien: Beweis von Lemma 3Zum Nachweis, dass eine Formel ! eine Tautologie ist, zeigt man, dass jedeBelegung B von V (!) die Formel ! wahrmacht. Hierzu berechnet man induktivdie Werte B(") fur alle (oder fur geeignete) Teilformeln " von ! (wobei fur dievorkommenden Variablen A der Wert von B(A) gerade durch die Belegungfestgelegt ist).

Wir fuhren dies fur die Formel ! # (A " B) ' (B " C ) " (A " C ) aus Teil (v)exemplarisch aus, wobei in der folgenden Tabelle die einzelnen Zeilen denmoglichen Variablenbelegungen entsprechen und wir " :# (A " B) ' (B " C )setzen:

B(A) B(B) B(C ) B(A " B) B(B " C ) B(A " C ) B(") B(!)0 0 0 1 1 1 1 10 0 1 1 1 1 1 10 1 0 1 0 1 0 11 0 0 0 1 0 0 10 1 1 1 1 1 1 11 0 1 0 1 1 0 11 1 0 1 0 0 0 11 1 1 1 1 1 1 1

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Implikation und Aquivalenz: Syntax vs. Semantik

Nachdem wir uns die Allgemeingultigkeit und Erfullbarkeit naher angesehenhaben, wenden wir uns nun Implikation und Aquivalenz zu. Wir beobachtenzunachst, dass diese Begri!e die semantischen Entsprechungen der syntaktischenImplikation und Aquivalenz sind, die durch die Junktoren " und * reprasentiertwerden:

LEMMA 4. Seien ! und " al. Formeln.

(i) ! impliziert " genau dann, wenn die Formel ! " " allgemeingultig ist:

! impl " ( ag[! " "]

(ii) ! und " sind genau dann aquivalent, wenn die Formel ! * "allgemeingultig ist:

! aq " ( ag[! * "]

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Implikation und Aquivalenz: Beweis von Lemma 4

Wir beweisen den ersten Teil des Lemmas (Beweis des zweiten Teils: Ubung).Dabei sei B die Menge aller Belegungen von V (!) - V (").

! impl " ( / B , B : B(!) ) B(")(Nach Definition von impl und dem Koinzidenzlemma)

( / B , B : B(! " ") = 1(Nach Definition der Bewertungen B und dem Koinzidenzlemma)

( ag[! " "](Nach Definition von ag und dem Koinzidenzlemma)

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Implikation und Aquivalenz: Einfache Eigenschaften

Als nachsten beschreiben wir den Zusammenhang zwischen Implikation undAquivalenz, und zeigen, dass beide Relationen reflexiv und transitiv sind und dieAquivalenz zusatzlich symmetrisch. Die Implikation ist also eine Praordnung aufden al. Formeln und die Aquivalenz eine Aquivalenzrelation. Hierbei gilt fur eine2-stellige Relation R (in Infixschreibweise):

R is reflexiv, falls x R x fur alle x gilt.

R is transitiv, falls fur alle x , x , z mit x R y und y R z auch x R z gilt.

R ist symmetrisch, falls fur alle x , y mit x R y auch y R x gilt.

LEMMA 5. (BEWEIS: Ubung)

(i) A impl A und A aq A

(ii) A impl B und B impl C . A impl C undA aq B und B aq C . A aq C

(iii) A impl B und B impl A . A aq B

(iv) A aq B . B aq A

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Boolesche Gesetze

Eine weitere einfache Beobachtung uber die Aquivalenz ist, dass diese dieBooleschen Gesetze (= Axiome der Booleschen Algebren) erfullt.

Wir formulieren diese Gesetze zunachst fur die Mengenlehre. Hierbei sei V einebeliebige nichtleere Grundmenge, A,B,C Teilmengen von V und A dasKomplement von A (relativ zu V ; d.h. A = {x , V : x 0, A}). Wie ublichbezeichnen - und + Vereinigung und Durchschnitt und 1 die leere Menge.

A + B = B + A und A - B = B - A KommutativgesetzeA + (B + C ) = (A + B) + C AssoziativgesetzeA - (B - C ) = (A - B) - C

A - A = A = A + A IdempotenzgesetzeA + (B - C ) = (A + B) - (A + C ) DistributivgesetzeA - (B + C ) = (A - B) + (A - C )A + (B - A) = A = A - (A + B) Absorptionsgesetze

A - A = V und A + A = 1 Komplementgesetze

A = A und 1 = V und V = 1(A + B) = A - B De Morgansche Gesetze(A - B) = A + B

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Boolesche Gesetze (Forts.)

Die Booleschen Gesetze ubertragen sich von der Mengenlehre auf dieAussagenlogik, wenn wir folgende Ersetzungen vornehmen:

Mengenlehre Aussagenlogik

Teilmenge A von V Aussagenvariable A= aqA ¬A

A + B A ' BA - B A & B1 A ' ¬AV A & ¬A

Es gilt also:

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Boolesche Gesetze (Forts.)

LEMMA 6 (Boolesche Gesetze). Die folgenden Formeln sind allgemeingultig:

A ' B aq B ' A und A & B aq B & AA ' (B ' C ) aq (A ' B) ' CA & (B & C ) aq (A & B) & CA & A aq A und A ' A aq A

A ' (B & C ) aq (A ' B) & (A ' C )A & (B ' C ) aq (A & B) ' (A & C )

A ' (B & A) aq A und A & (A ' B) aq AA & ¬A aq A & ¬A und A ' ¬A aq A ' ¬A

¬¬A aq A¬(A ' ¬A) aq A & ¬A und ¬(A & ¬A) aq A ' ¬A

¬(A ' B) aq ¬A & ¬B¬(A & B) aq ¬A ' ¬B

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Boolesche Gesetze - Beweis von Lemma 6

Die Booleschen Gesetze fur die AL in Lemma 6 lassen sich aus den jeweilsentsprechenden Booleschen Gesetzen der Mengenlehre mit Hilfe der folgenden(Ruck-)Ubersetzung ableiten:

Da in den betrachteten Formeln ! nur die Variablen A, B und C vorkommen, alsoV (!) ! {A,B,C} gilt, genugt es Belegungen dieser Variablen zu betrachten.

Definieren wir V := B({A,B,C}) als die Menge aller dieser Belegungen undordnen wir einer Formel ! die Menge ! := {B , V : B(!) = 1} der Belegungenzu, die ! wahrmachen, so gilt nach Definition der Aquivalenz (mit demKoinzidenzlemma):

(1) ! aq " ( ! = "

Weiter gilt nach Definition der Bewertungen

(2) !! & " = ! - " und !! ' " = ! + " und !¬! = !

sowie(3) !A & ¬A = V und !A ' ¬A = 1.

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Boolesche Gesetze - Beweis von Lemma 6 (Fortsezung)

Dass sich mit Hilfe dieser Definitionen und Beobachtungen die BooleschenGesetze fur AL direkt aus den korrespondierenden Booleschen Gesetze derMengenlehre ergeben, illustrieren wir am Beispiel des 1. Distributivgesetzes:

A ' (B & C ) aq (A ' B) & (A ' C )

( !A ' (B & C ) = !(A ' B) & (A ' C ) (nach (1))

( A + (B - C ) = (A + B) - (A + C ) (nach (2))

(Ende Beweis Lemma 6)

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Einige weitere Aquivalenzen

Die in Lemma 6 aufgelisteten Booleschen Gesetze fassen die wichtigstensemantischen Aquivalenzen von mit Hilfe der Junktoren ¬, & und ' gebildetenFormeln zusammen. Von den Gesetzen fur die anderen Junktoren " und *betrachten wir hier noch die Distributivgesetze fur " und & bzw. " und ':

LEMMA 7.

(i) A " B & C aq (A " B) & (A " C )

(ii) A " B ' C aq (A " B) ' (A " C )

(iii) A & B " C aq (A " C ) ' (B " C )

(iv) A ' B " C aq (A " C ) & (B " C )

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Beweis von Lemma 7

Wir beweisen nur Teil (iii) des Lemmas und uberlassen die anderen ahnlicheinfachen Beweise als Ubung.

Es genugt fur eine gegebene Belegung B der vorkommenden Variablen zu zeigen,dass

B(A & B " C ) = 1 ( B((A " C ) ' (B " C )) = 1

gilt. Dies zeigt man wie folgt:

B(A & B " C ) = 1( B(A & B) ) B(C ) nach Definition der Bewertungen( max(B(A),B(B)) ) B(C ) nach Definition der Bewertungen( B(A) ) B(C ) und B(B) ) B(C )( B(A " C ) = 1 und B(B " C ) = 1 nach Definition der Bewertungen( B(A " C ) ' (B " C ) = 1 nach Definition der Bewertungen

Alternativ kann man Lemma 7 auf die Booleschen Gesetze in Lemma 6zuruckfuhren, indem man die Aquivalenz ! " " aq ¬! & " verwendet.Wir werden hierauf in Abschnitt 1.3 genauer eingehen.

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Die Einsetzungsregel

Die vorangehenden Lemmata 3 und 5-7 hatten wir scharfer formulieren konnen,indem wir die dort vorkommenden Aussagenvariablen A,B,C durch beliebige al.Formeln !1, !2, !3 ersetzt hatten. Dass dies generell moglich ist, besagt diefolgende Einsetzungsregel:

LEMMA 8 (EINSETZUNGSREGEL). Ist die al. Formel ! allgemeingultig, so istauch die al. Formel !["/A] allgemeingultig, die aus ! durch (simultanes)Ersetzen aller Vorkommen der Variablen A in ! durch die Formel " entsteht.

BEMERKUNG: Formal lasst sich !["/A] durch Ind(!) definieren:

! # An: !["/A] #"

" falls An # A

! (# An) falls An 0# A

! # ¬!1: !["/A] # ¬!1["/A]

! # !1 $ !2: !["/A] # !1["/A] $ !2["/A]

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Die Einsetzungsregel: BeweisAnnahme: ! sei allgemeingultig und B : V (!["/A]) " {0, 1} sei eine beliebigegegebene Belegung der Variablen in !["/A].

Zu zeigen: ($) B(!["/A]) = 1

Kommt die Variable A in ! nicht vor, so gilt !["/A] # !. Wegen derAllgemeingultigkeit von ! ist ($) also trivialerweise erfullt.

Im Folgenden durfen wir daher annehmen, dass A in ! vorkommt.

Sei also V (!) = {A,B1, . . . ,Bn} und V (") = {C1, . . . ,Cm}, und damitV (!["/A]) = {B1, . . . ,Bn,C1, . . . ,Cm}.

Definiere die Belegung B " : V (!) " {0, 1} durch

B "(A) := B(") und B "(Bi ) = B(Bi )

Wegen ag[!] gilt B "(!) = 1. Zum Nachweis von ($) genugt es also

($$) B "(!) = B(!["/A])

zu zeigen.

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Die Einsetzungsregel: Beweis (Fortsetzung)

Wir beweisen ($$) durch Ind(!):

! ist eine AV: Dann muss ! # A (also !["/A] # ") gelten und daher:

B "(!) = B "(A) wegen ! # A= B(") nach Definition von B "

= B(!["/A]) wegen !["/A] # "

! # ¬!1: Dann gilt !["/A] # ¬!1["/A], wobei nach I.V.B "(!1) = B(!1["/A]). Also:

B "(!) = B "(¬!1) wegen ! # ¬!1

= 1% B "(!1) nach Definition der Bewertungen= 1% B(!1["/A]) nach I.V.= B(¬!1["/A]) nach Definition der Bewertungen= B(!["/A]) wegen !["/A] # ¬!1["/A]

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Die Einsetzungsregel: Beweis (Ende)

Wir beweisen ($$) durch Ind(!) (Fortsetzung):

! # !1 $ !2: Diesen Fall fuhrt man im Wesentlichen ebenfalls auf dieI.V. zuruck:

Es gilt !["/A] # !1["/A] $!2["/A], wobei B "(!i ) = B(!i ["/A]) nachI.V. gilt, falls A in !i vorkommt. Kommt A in !i nicht vor, so giltjedoch B "(!i ) = B(!i ["/A]) ebenfalls. In diesem Fall gilt namlichV (!) ! {B1, . . . ,Bn} und !i # !i ["/A]. Da B und B " auf denVariablen Bi ubereinstimmen gilt also B "(!i ) = B(!i ) nach demKoinzidenzlemma und damit (wegen !i # !i ["/A])B "(!i ) = B(!i ["/A]).

Also:

B "(!)= B "(!1 $ !2) wegen ! # !1 $ !2

= f!(B "(!1),B "(!2)) nach Definition der Bewertungen= f!(B(!1["/A]),B(!2["/A])) s.o.= B(!1["/A] $ !1["/A]) nach Definition der Bewertungen= B(!["/A]) wegen !["/A] # !1["/A] $ !2["/A]

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Die Ersetzungsregel

Zum Abschluss betrachten wir noch die Ersetzungsregel. Diese besagt, dass wirdurch Ersetzen von Teilformeln einer Formel # durch aquivalente Formeln eine zu# aquivalente Formel erhalten:

LEMMA 9 (ERSETZUNGSREGEL). Sei ! * " allgemeingultig. Dann ist auch# * #("/!) allgemeingultig.

Hierbei bezeichnet #("/!) eine (i.a. nicht eindeutig bestimmte) Formel #!, dieaus # durch Ersetzen einiger (von keinem bis alle) Vorkommen der Teilformel !durch " entsteht.

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Die Ersetzungsregel: Beispiel zur Definition von !("/#)

Seien

# :# ¬(A & ¬¬A) " (¬A & A) und ! :# ¬A und " :# ¬¬A

Dann tritt ! an 2 Stellen als Teilformel von # auf:

# :# ¬(A & ¬¬A) " (¬A & A)

Die Formel #("/!) hat also eine der folgenden 4 moglichen Gestalten (keinVorkommen ersetzt, erstes Vorkommen ersetzt, zweites Vorkommen ersetzt, beideVorkommen ersetzt):

¬(A & ¬¬A) " (¬A & A)¬(A & ¬¬¬A) " (¬A & A)¬(A & ¬¬A) " (¬¬A & A)¬(A & ¬¬¬A) " (¬¬A & A)

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Die Ersetzungsregel: Formale Definition von !("/#) undBeweisidee

Formal definiert man die Menge Sub(#, !,") aller Varianten #("/!) von # durchInd(#), wobei wir die folgenden beiden Falle unterscheiden:

Ist ! # #, so gilt in jedem Fall Sub(#, !,") = {#, "}.

Andernfalls gilt:

# # A: Sub(#, !,") = {#}

# # ¬#1: Sub(#, !,") = {¬#!1 : #!1 , Sub(#1, !,")}

# # #1 $ #2: Sub(#, !,") = {#!1 $ #!2 : #!i , Sub(#i , !,")}

Mit dieser formalen induktiven Beschreibung der moglichen Gestalten von #("/!)lasst sich das Ersetzungslemma leicht durch Ind(#) zeigen: s. Ubungen.

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1.2.3 Der semantische Folgerungsbegri!

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VorbemerkungenIn der Untersuchung einer mathematischen Theorie gehen wir in der Regel voneiner (moglicherweise unendlichen) Menge von Axiomen (den Grundsatzen derTheorie) aus und betrachten die Aussagen, die aus diesen logisch folgen (dieTheoreme oder (Lehr-)Satze der Theorie). Um den hierbei verwendetensemantischen Folgerungsbegri! zu definieren, mussen wir den bereits eingefuhrtenFolgerungsbegri!

! impl " (d.h. " folgt aus !)

von einer Formel ! auf eine Menge T von Formeln verallgemeinern.

Gleichzeitig verallgemeinern wir den Erfullbarkeitsbegri! von Formeln ! aufFormelmengen T und zeigen, dass sich der Folgerungbegri! auf denErfullbarkeitsbegri! zuruckfuhren lasst. Hierbei nennen wir eine Formelmenge Terfullbar, wenn es eine Belegung gibt, die alle Formeln in T wahrmacht.

Im Folgenden sei T stets eine (moglicherweise unendliche) Menge von al. Formelnund V (T ) sei die Menge aller Variablen, die in den Formeln aus T vorkommen,d.h.

V (T ) =#

!#T

V (!)

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Erfullbarkeit von Formelmengen: Definition

Wir betrachten zunachst den verallgemeinerten Erfullbarkeitsbegri! fur(nichtleere) Formelmengen:

DEFINITION 1. Sei T 0= 1 eine nichtleere Menge al. Formeln mit VariablenmengeV (T ).

(i) Eine Belegung B : V (T ) " {0, 1} macht die Formelmenge T wahr (kurz:B " T ), falls B alle Formeln ! in T wahrmacht, d.h. wenn gilt:

/ ! , T : B(!) = 1

(ii) Die Formelmenge T is erfullbar (kurz: erfb[T ]), wenn es eine Belegung Bvon V (T ) gibt, die T wahrmacht.

Es gilt also:

erfb[T ] ( 2 B , B(V (T )) : B " T ( 2 B , B(V (T )) / ! , T : B(!) = 1

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Erfullbarkeit von Formelmengen: Bemerkungen

BEMERKUNG 1. Enthalt T nur eine Formel ! (d.h. T = {!}), so macht B dieFormelmenge T genau dann wahr, wenn B die Formel ! wahrmacht. Schreibenwir statt B " {!} kurz B " !, so gilt also

B " {!} ( B " ! ( B(!) = 1

Es folgt, dass die Formelmenge T = {!} genau dann erfullbar ist, wenn dieFormel ! erfullbar ist. Die Erfullbarkeit fur Formelmengen verallgemeinert daherdie Erfullbarkeit fur Formeln.

BEMERKUNG 2. Ist T erfullbar, so ist o!ensichtlich jede Formel ! , T erfullbar.Die Umkehrung gilt jedoch i.a. nicht, da die Erfullbarkeit von T verlangt, dass eseine Belegung gibt, die gleichzeitig alle ! in T wahrmacht. Z.B. ist T = {A,¬A}nicht erfullbar, da es keine Belegung B von V (T ) = {A} gibt, die A und ¬Awahrmacht (da B(A) = 1 g.d.w. B(¬A) = 0). Die beiden Formeln A und ¬A inT sind aber beide erfullbar (namlich A wird von der Belgung B(A) = 1wahrgemacht und ¬A wird von der Belegung B "(A) = 0 wahrgemacht).

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Erfullbarkeit von Formelmengen: Bemerkungen (Forts.)

BEMERKUNG 3. Fur endliche, nichtleere Formelmengen lasst sich dieErfullbarkeit auf die Erfullbarkeit von Formeln zuruckfuhren:

Fur T = {!1, . . . ,!n} gilt namlich

erfb[T ] ( erfb[!1 ' · · · ' !n]

(Dies ergibt sich unmittelbar aus der Definition, da nach Definition derBewertungen B(!1 ' · · · ' !n) = 1 genau dann gilt, wennB(!1) = · · · = B(!n) = 1 gilt.)

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Der semantische Folgerungsbegri!

DEFINITION 2. Eine al. Formel ! folgt aus einer (moglicherweise leeren oderunendlichen) Menge T von al. Formeln (kurz: T " !), falls jede Belegung B vonV (T ) - V (!), die T wahrmacht, auch ! wahrmacht, d.h., falls gilt:

/ B , B(V (T ) - V (!)) [B " T . B " !]

BEISPIELE. Es gilt {A} " A und {A} " A & B aber {A} 0" ¬A und {A} 0" A ' B.(Hierbei bezeichnet T 0" !, dass ! nicht aus T folgt.)

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Der semantische Folgerungsbegri!: einfacheBeobachtungen

BEMERKUNG 4. Ist T die leere Menge, so macht (trivialerweise) jede Belegungjede Formel in T wahr (da es keine Formeln in T gibt). Also:

1 " ! ( ag[!]

Dies zeigt, dass der Folgerungsbegri! eine Verallgemeinerung desAllgemeingultigkeitsbegri!s ist.

In Zukunft schreiben wir statt 1 " ! kurz " !. Es gilt also

" ! ( ag[!]

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Der semantische Folgerungsbegri!: einfacheBeobachtungen (Forts.)BEMERKUNG 5. Fur 1-elementiges T = {!} stimmt der semantischeFolgerungsbegri! mit der semantischen Implikation uberein:

{!} " " ( ! impl "

Schreiben wir statt {!1, . . . ,!n} " " kurz !1, . . . ,!n " ", so gilt allgemeiner furendliches nichtleeres T :

!1, . . . ,!n " " ( !1 ' · · · ' !n " " ( !1 ' · · · ' !n impl "

Hiermit lasst sich die Beobachtung aus dem letzten Abschnitt, dass sich diesemantische Implikation mit Hilfe des Junktors der Implikation und derAllgemeingultigkeit darstellen lasst, namlich

! impl " ( ag[! " "]

auf endliche Formelmengen T verallgemeinern:

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Der semantische Folgerungsbegri!: einfacheBeobachtungen (Forts.)Lemma 1. Es gilt

!1, . . . ,!n " " ( ag[!1 ' · · · ' !n " "] ( ( " !1 ' · · · ' !n " ")

BEWEIS. Es gilt

!1, . . . ,!n " "( !1 ' · · · ' !n " " (Bemerkung 5)( !1 ' · · · ' !n impl " (Bemerkung 5)( ag[!1 ' · · · ' !n " "] (Lemma 4 in Abschnitt 1.2.2)

Schließlich beobachten wir noch, dass der Folgerungsbegri! monoton ist:

BEMERKUNG 6. Der semantische Folgerunsgbegri! ist monoton. D.h. es gilt

T ! T " & T " ! . T " " !

(Dies folgt unmittelbar aus der Definition)

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Semantische Folgerung vs. Erfullbarkeit

Wie wir gezeigt haben, lasst sich fur endliches T 0= 1 der Folgerungsbegri! aufden Allgemeingultigkeitsbegri! zuruckfuhren. Wie wir nun noch zeigen werden,lassen sich fur beliebiges (moglicherweise unendliches) T Folgerungsbegri! undErfullbarkeit wechselseitig aufeinander zuruckfuhren:

LEMMA 2 (Folgerung vs. Erfullbarkeit).

(i) T " ! ( nicht erfb[T - {¬!}]

(ii) T 0" ! ( erfb[T - {¬!}]

Da (ii) die Kontraposition von (i) ist (modulo doppelter Verneinung), genugt es(i) zu beweisen:

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Semantische Folgerung vs. Erfullbarkeit

BEWEIS VON LEMMA 2 (i).

T " !

( / B , B(V (T ) - V (!)) [B " T . B " !] (Definition von ")

( 0 2 B , B(V (T ) - V (!)) [B " T & B 0" !] (klar)

( 0 2 B , B(V (T ) - V (!)) [B " T & B " ¬!] (Definition der Bewertungen)

( 0 2 B , B(V (T ) - V (!)) [B " T - {¬!}] (klar)

( nicht erfb [T - {¬!}] (Definition von erfb)

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Semantische Folgerung vs. Erfullbarkeit

Umgekehrt lasst sich fur nichtleeres T die Erfullbarkeit von T auf denFolgerungsbegri! zuruckfuhren:

LEMMA 3 (Erfullbarkeit vs. Semantischer Folgerung). Fur T 0= 1 sind folgendeAussagen aquivalent:

(i) erfb[T ]

(ii) 0 2 ! [T " ! und T " ¬!]

(iii) 2 ! [T 0" !]

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Semantische Folgerung vs. Erfullbarkeit

BEWEIS VON LEMMA 3.

(i) . (ii). Dies zeigt man durch Kontraposition:

! Annahme: es gabe eine Formel ! mit T " ! und T " ¬!.! Nach Definition bedeutet dies, dass jede Belegung B, die T wahrmacht

auch ! und ¬! wahrmacht.! Da es keine Belegung gibt, die sowohl eine Formel als auch deren

Negation wahr macht, folgt dass keine Belegung T wahrmacht.! Also: T ist nicht erfullbar.

(ii) . (iii). Nach Annahme (ii) gilt T 0" A oder T 0" ¬A fur jede Variable A.Also gilt (iii) fur ! :# A oder ! :# ¬A.

(iii) . (i). Gelte T 0" !. Nach Definition gibt es dann eine Belegung B, diezwar T wahrmacht nicht aber !. Aus Ersterem folgt aber direkt, dass Terfullbar ist.

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1.2.4 Al. Formeln als Darstellungen Boolescher Formeln

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Die von al. Formeln dargestellten Booleschen Funktionen

Al. Formeln kann man als Darstellungen Boolescher Funktionen au!assen:

DEFINITION 1. Sei ! eine al. Formel mit V (!) ! {A0, . . . ,An$1}. Die von !dargestellte (definierte) n-stellige Boolesche Funktion f!,n ist definiert durch

f!,n(i0, . . . , in$1) = Bi0,...,in!1(!)

wobei die Belegung Bi0,...,in!1 : {A0, . . . ,An$1}"{ 0, 1} durch

Bi0,...,in!1(Aj) = ij (j = 0, . . . , n % 1)

gegeben ist.

Gilt V (!) = {A0, . . . ,An$1}, so schreiben wir statt f!,n auch einfach f!.

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Bemerkungen (1)

BEMERKUNG 1: Die Boolesche Funktion f!,n gibt also gerade die Wahrheits-werte von ! bzgl. der moglichen Belegungen der Variablen A0, . . . ,An$1 an.Dabei erhalt man f!,n(i0, . . . , in$1) indem man die Variablen Aj (soweit diese in !vorkommen) mit dem Wahrheitswert ij belegt und dann ! bzgl. dieser Belegungauswertet.

Fur eine Belegung B der Variablen A0, . . . ,An$1 gilt also:

f!,n(B(A0), . . . ,B(An$1)) = B(!)

Die schon fruher angegebene Bewertungstabelle einer Formel ! (siehe z.B. dieTabelle im Beweis von Lemma 3 in Abschnitt 1.2.2) ist also gerade dieWertetabelle der Funktion f!,n.

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Bemerkungen (2)

BEMERKUNG 2. Durch Umbenennen der Variablen in einer Formel ! kann manimmer V (!) = {A0, . . . ,An$1} erreichen, wobei n die Anzahl der in !vorkommenden Variablen ist. Modulo dieser Umbenennung stellt also jede al.Formel ! mit n Variablen eine eindeutig bestimmte n-stellige Boolesche Funktiondar.

BEMERKUNG 3. Die von einer Formel ! mit V (!) ! {A0, . . . ,An$1} dargestellten-st. Boolesche Funktion f!,n lasst sich alternativ wie folgt durch Induktion nachdem Aufbau von ! definieren (wobei $x = (x0, . . . , xn$1) , {0, 1}n):

(f1) ! # Ai : fAi ,n($x) = xi

(f2) ! # ¬": f¬",n($x) = f¬(f",n($x))

(f3) ! # "0 $ "1: f"0!"1,n($x) = f!(f"0,n($x), f"1,n($x))

(Die Aquivalenz der beiden Definitionen zeigt man leicht durch Ind(!).)

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Beispiele

Fur die Formeln !1 # ¬A0, !2 # A0 & A1, !3 # A0 ' A1, !4 # A0 " A1

und !5 # A0 * A1 gilt gerade f!1 = f!1,1 = f¬, f!2 = f!2,2 = f%,f!3 = f!3,2 = f&, f!4 = f!4,2 = f' und f!5 = f!5,2 = f(.

Die Formeln "0 # (A0 ' ¬A0) und "1 # (A0 & ¬A0) stellen die konstantenBooleschen Funktionen mit Wert 0 bzw. 1 dar:

f"i ,n(i0, . . . , in$1) = i (fur n 3 1 und i , i0, . . . , in$1 ) 1)

Die Formel ! # (A0 ' ¬A1) & (¬A0 ' A1) stellt die EXOR-Funktion(exklusives oder) dar. D.h. f! = fEXOR:

x0 x1 fEXOR(x0, x1)0 0 00 1 11 0 11 1 0

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Die von einer Formel dargestellte Boolesche Funktion unddie zentralen semantischen Begri!eDie in Abschnitt 1.2.2 eingefuhrten zentralen semantischen Begri!e lassen sichmit Hilfe der von den al. Formeln dargestellten Funktionen wie folgt beschreiben:

SATZ 1. Seien ! und " al. Formeln, in denen hochstens die VariablenA0, . . . ,An$1 vorkommen. Dann gilt:

1 erfb[!] ( 2 $x , {0, 1}n : f!,n($x) = 1

2 ag[!] ( / $x , {0, 1}n : f!,n($x) = 1

3 kd[!] ( / $x , {0, 1}n : f!,n($x) = 0

4 ! impl " ( / $x , {0, 1}n : f!,n($x) ) f",n($x)

(d.h.: / $x , {0, 1}n : f!,n($x) = 1 . f",n($x) = 1)

5 ! aq " ( / $x , {0, 1}n : f!,n($x) = f",n($x)

(d.h.: / $x , {0, 1}n : f!,n($x) = 1 ( f",n($x) = 1)

BEWEIS. Dies folgt unmittelbar aus der Definition von f!,n bzw. f",n.

Mathematische Logik (WS 2011/12) Kapitel 1.2: Aussagenlogik: Semantik 56 / 57

Page 57: Kapitel 1.2 Aussagenlogik: Semantik - math.uni-heidelberg.de · Ubersicht (Forts.)¨ Wir zeigen zun¨achst, wie sich der Wahrheitswert einer al. Formel ϕ aus den Wahrheitswerten

Abschließende Bemerkungen

Nach dem vorhergehenden Satz stellen aquivalente Formeln dieselbenBooleschen Funktionen dar. Die Darstellung einer Booleschen Funktiondurch eine al. Formel ist also nicht eindeutig, sondern zu jeder BooleschenFunktion f , die sich durch eine Formel ! darstellen lasst (d.h. f = f!), gibtes unendlich viele Formeln, die f darstellen (z.B. die zu ! aquivalentenFormeln ! & !, ! & ! & !, . . . ).

Im nachsten Abschnitt werden wir zeigen, dass sich jede Boolesche Funktiondurch eine al. Formel darstellen lasst. Dabei genugt es sogar sog. BoolescheFormeln zu betrachten, d.h. al. Formeln, in denen die Junktoren " und *nicht vorkommen.

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